Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Das Huhn Im Parlament der Dinge Autorin und Regie: Barbara Eisenmann Redaktion: Wolfgang Schiller Produktion: Deutschlandfunk/SWR 2020 Erstsendung: Dienstag, 03.11.2020, 19.15 Uhr Wiederholung: Dienstag, 27.09.2022, 19.15 Uhr Es sprachen: Marina Behnke, Frieder Butzmann, Fritzi Haberlandt, Wilfried Hochholdinger und Michael Rotschopf Ton und Technik: Frieder Butzmann Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - ATMOSTIMMENDURCHEINANDER (Menschen und Hühner haben sich in einem Saal versammelt. Es ist laut, ein surreales Tohuwabohu aus chorischen Sequenzen, Hühnersounds und anderen Geräuschen, die im Lauf des Stücks mal mehr und mal weniger präsent sind) PARLAMENTSSTIMME Da, da kommen sie, die Hühner. Auch die Fragen und Probleme drängen jetzt herein. Der ganze Hybridhuhnkomplex. Alles ist jetzt da, verteilt sich im Halbrund. Da vorne die Landwirte, hinten die Industrie, der Heterosiseffekt, die ammoniakgeschwängerte Luft, alle Augen aller Tiere, die systemischen Schmerzen. Ganze Chöre schieben sich herein. Die Antibiotika, der Hitzestress und alle Zahlen. CHORSTIMME Wir, die Hybridhühner. Wir, die Legehennen. Wir, die Masthühner. O-TON (Geiselhart) Ihr müsst nur hinhören, die Hühner sprechen mit euch. CHORSTIMME Wir, die Urgroßeltern. O-TON (Petschow) Im Prinzip ist es ein Lebewesen, was in einer Neonatur leben kann und nicht in dem, was man sonst als Natur bezeichnen würde. CHORSTIMME Die Großelterntiere. O-TON (Winnige) Dieser Vogel hat ja keine Alternative. CHORSTIMME Eltertiere. O-TON (Idel) Am Hybridhuhn kann man ja ungeheuer viel festmachen, was unser kapitalistisches System charakterisiert. CHORSTIMME Wir, die Endprodukte. O-TON (Günther) Also lasst mir doch meine Ruhe, also ich will ja einfach nur ein Huhn sein. CHORSTIMME Endprodukte. Endprodukte. Endprodukte ... O-TON (Haferbeck) Befreite Hybridhühner leben und blühen auf, und sie sind dann ganz Huhn, befreit aus den Augiassställen dieser Republik. CHORSTIMME Endprodukte. Endprodukte. Endprodukte ... BÜROKRATIESTIMME Das Huhn. Im Parlament der Dinge. Ein Feature von Barbara Eisenmann PARLAMENTSSTIMME Hybridhühner unterschiedlicher Herkunft. Da die Legehybride. Und dort die Masthybride. Hier vorne die Legehennenhalter, dort die Mäster. Ganz hinten britische Geologinnen und Archäologen, die im Brathähnchen das Symboltier des Anthropozän sehen. Und da: Das Huhn der Zukunft. Und hier links die Kritikerinnen eines zerstörerischen Agrobusiness. Sie alle wollen verhandeln. Im Parlament der Dinge. CHORSTIMME Wir, die Legehybride. Wir, die Brüder der Legehennen, geschlüpft und vergast. PARLAMENTSSTIMME Da, eine Gruppe schmächtiger Hühner, läuft ziellos hin und her. CHORSTIMME Wir, die Elterntiere der Brathähnchen, die ein Leben lang hungern. PARLAMENTSSTIMME Und dort drüben Hühner / CHORSTIMME / wir, die Großelterntiere / PARLAMENTSSTIMME / die verwirrt an Kabeln picken. CHORSTIMME Wir, die Großeltern werden in die ganze Welt geflogen. CHORSTIMME Ich, das arme hybride Huhn. PARLAMENTSSTIMME Unzählige Hühner und ihre Verbündeten, ihre falschen Freundinnen, die Profiteure, das ganze Hybridhuhnkollektiv. CHORSTIMME Man behandelt uns wie Dinge. Dinge. Dinge. Dinge ... O-TON (Haferbeck) Zum Verständnis: Hybridhühner sind ausschließlich nach zwei Leistungsparametern genetisch verunstaltet worden: hohe Legeleistung, bei bis zu 300 Eier pro Jahr, und eine hohe Fleischleistung in der Turbomast, bei 35 Tagen erreichter sogenannter Schlachtreife. PARLAMENTSSTIMME Das ist Edmund Haferbeck, Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung bei PETA, Deutschlands größter Tierrechtsorganisation. O-TON (Günther) Und so sind ja heute zwei ganz stark voneinander abweichende Hauptgenetiken eigentlich entstanden. PARLAMENTSSTIMME Und das ist Inga Günther. Sie ist Agrarwissenschaftlerin und arbeitet im Auftrag von Landwirtinnen und Landwirten als Geschäftsführerin einer gemeinnützigen GmbH namens Ökologische Tierzucht. O-TON (Günther) Einmal die Masthühner, die ja, sage ich mal, mit dem Ausgangstier, mit dem Huhn, was ursprünglich im Regenwald lebt und ein knappes Kilo wiegt, nichts mehr zu tun hat. Also ein praktisch komplett flugunfähiger Vogel mit einer riesigen Brust und tatsächlich auch sehr viel physiologischen Schwierigkeiten, ja auch überhaupt diesen Körper am Leben zu erhalten. Und auf der anderen Seite eben diese richtig spezialisierte Legehenne mit über 300 Eiern im Jahr. Wenn man sich das überlegt, wo das Tier herkommt, sagen wir mal, mit zwei Gelegen à 15 bis 20 Eiern im Jahr, dann ist es eine enorme Leistungssteigerung. PARLAMENTSSTIMME Es sind unzählige Hybridhühner da, eine uniforme Masse normierter Körper. ATMOSTIMMENDURRCHEINANDER Vernichtung genetischer Vielfalt ... PARLAMENTSSTIMME Braune und weiße Legehennen, aber auch Masthuhnküken. BÜROKRATIESTIMME "Broiler, die ohne menschliche Intervention nicht mehr überlebensfähig wären, übertreffen als Masse die aller anderen Vögel auf der Erde." PARLAMENTSSTIMME Das ist die Stimme der wissenschaftlichen Daten und der Zahlen. BÜROKRATIESTIMME Und dieser neue morphologische Typ symbolisiert den beispiellosen Umbau der Biosphäre der Erde, weil die Knochenmasse der toten Hühner zum wichtigsten Fossil in den Sedimenten, den Schichten an der Erdoberfläche werden wird, schreiben britische Geologen und Archäologen in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science. O-TON (Petschow) Ich glaube, das ist tatsächlich wirklich ein gutes Symbolbeispiel für ein Lebewesen des Anthropozän, was eigentlich selber gar nicht so leben kann, sondern nur unter diesen künstlichen Bedingungen hochgezogen wird. PARLAMENTSSTIMME Das ist Ulrich Petschow, ein Wirtschaftswissenschaftler vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung. O-TON (Petschow) Dieses Hybridhuhn bzw. diese neuen Züchtungen sind einerseits erschlagend für die Biodiversität in dem Bereich und sind auf der anderen Seite mit für Klimaschäden eben auch verantwortlich. PARLAMENTSSTIMME Ist das Hybridhuhn also auch ein Symboltier für die menschengemachte Zerstörung des Planeten durch ein auf Wachstum, Effizienz und Gewinnmaximierung getrimmtes Wirtschaftssystem? O-TON (Petschow) Na ja, es ist ja im Prinzip erst mal ein technischer Begriff, wo man durch bestimmte Züchtungsformen aus zwei Linien sozusagen das Optimale herausholt und wo man zwei Effekte hat, also sozusagen einen, wirklich die Leistung aus den beiden Linien zusammenzuführen und gleichzeitig die intellektuellen Eigentumsrechte zu sichern, weil in der Folge mit diesen Hühnern nicht mehr weiter gezüchtet werden kann. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Abhängigkeit ... Zuchtmonopol ... ZITATOR EW Group Es gibt hier einen Einwand. PARLAMENTSSTIMME Ja, bitte! ZITATOR EW Group Ich möchte nun und im Verlauf unserer Verhandlungen aus einer Stellungnahme der EW Group vorlesen, ein global tätiges deutsches Tierzuchtunternehmen aus Visbek in Niedersachsen. PARLAMENTSSTIMME Bitte! ZITATOR EW Group "Da es für Tiere keinerlei Patentschutz gibt können auch keine Lizenzen vergeben werden. Aufgrund des Züchterprivilegs ist jeder Käufer von Zuchttieren berechtigt, mit diesen Tieren weiterzuzüchten." BÜROKRATIESTIMME Züchterprivileg: erlaubt Züchtern von Nutzpflanzen die Verwendung von geschützten Sorten. In der Tierzucht gibt es kein Züchterprivileg, weil es keine geschützten Rassen gibt. PARLAMENTSSTIMME Was heißt das überhaupt: Züchtung von Hybridhühnern? O-TON (Düesberg) Wir züchten die über verschiedene Generationen hinweg immer wieder in der eigenen Familie auf eine Eigenschaft hinaus. PARLAMENTSSTIMME Judith Düesberg, eine Biologin und Ökologin vom Genethischen Netzwerk, ein Verein, der kritisch über Entwicklungen im Biotechnologiesektor informiert. O-TON (Düesberg) Z.B. bei den Hühnern hätten wir eine Hühnerlinie mit einer besonders großen Brust z.B., die wirtschaftlich relevant ist, und eine andere Hühnerlinie, die wir reinerbig züchten, die besonders schnell wächst, ja. Also wir haben zwei verschiedene Eigenschaften und wir haben zwei Linien, die wir reinerbig züchten, so dass es besonders wenig Diversität innerhalb des Genoms gibt. Das ist wichtig. Wenn wir jetzt von beiden Linien ein Vatertier und ein Muttertier nehmen und diese beiden miteinander kreuzen, dann kommt es zu dem sogenannten Heterosiseffekt. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Heterosis ... Heterosiseffekt ... O-TON (Düesberg) Und dann kriegt die erste Folge der Nachkommen, nur die allererste, kriegt beide dieser Eigenschaften, die sich meistens auch noch mal verstärken. Das ist sozusagen die wirtschaftlich relevante Generation, die kann gut genutzt werden, weil sie z.B. dann eine große Brust hat und gleichzeitig schnell wächst ja, sie vereinigt diese beiden Eigenschaften. Das Wichtige jetzt ist, dass diese Eigenschaften nur in dieser einen einzigen Generation vorhanden sind. CHORSTIMME Endprodukte. Endprodukte. Endprodukte. Endprodukte. O-TON (Düesberg) Würde jetzt dieses gleiche Tier noch einmal verpaart werden mit einem Geschwistertier oder was anderem, dann kommt die gesamte Diversität der Gene wieder zum Vorschein, und all diese wirtschaftlich relevanten Eigenschaften würden verloren gehen. Also nur in einer Generation hat dieses Tier die wirtschaftlich interessanten Eigenschaften. PARLAMENTSSTIMME Einige der aktiveren Tiere flattern mit den Flügeln. KAPITALSTIMME Es ist der Geflügelindustrie gelungen, den Heterosiseffekt sehr erfolgreich auf das Huhn anzuwenden, ganz ohne gentechnische Veränderungen am Erbgut des Huhns vorzunehmen. PARLAMENTSSTIMME Das ist die Stimme des Geflügelkapitals. PARLAMENTSSTIMME Und da, das ist Anita Idel. Sie ist Tierärztin, Hochschuldozentin und Publizistin und setzt sich seit Jahrzehnten kritisch mit dem industriellen Agrarsystem auseinander. O-TON (Idel) In der Tierzucht und speziell jetzt natürlich, weil da ist es am weitesten fortentwickelt, bei der Hybridzucht von Hühnern, da braucht es ja auch gar keine Patente, da reicht ja die Tatsache, dass sich das Erbgut dieser Hybridlinien, einerseits jetzt für die sogenannten Legehennen und andererseits für die Masthühner, in den Händen ganz weniger Global Player befindet. Und damit man sich das so ein bisschen vorstellen kann, die haben jetzt unterschiedliche dieser Hybridlinien, und jede dieser Linien ist jetzt für ne bestimmte gewünschte Eigenschaft, die letztendlich alle natürlich was mit immer schneller, schneller, immer mehr, mehr zu tun haben, und die haben dann die Foundergeneration. Das sind dann sozusagen die Tiere, mit denen man mal angefangen hat. KAPITALSTIMME Das kostbarste Kapital der Industrie. PARLAMENTSSTIMME Ihr Betriebsgeheimnis. KAPITALSTIMME Wenn Sie so wollen. O-TON (Idel) Das ist mindestens so gut wie ein Patentrecht. Der Vorteil daran ist, man muss sein Eigentumsrecht gar nicht einfordern, das ist sozusagen biologisch gegeben. KAPITALSTIMME In der Tat. PARLAMENTSSTIMME Da drüben, eine Gruppe weißer Hühner. CHORSTIMME Wir, die allererste Generation, eingesperrt in Hygienebunkern. PARLAMENTSSTIMME Und da, eine Gruppe brauner Vögel. CHORSTIMME Wir, die Elterntierküken, werden nach Lateinamerika und Asien verkauft. KAPITALSTIMME Das sind wirtschaftliche Überlegungen. PARLAMENTSSTIMME Und mitten in der Gruppe ein einzelnes Huhn. Es streckt sich. CHORSTIMME Ein weibliches Elterntier produziert im Durchschnitt 100 weibliche Nachkommen. KAPITALSTIMME Sehen Sie, was ich meine! PARLAMENTSSTIMME Und dort ein schneeweißer Hahn. Sein hochroter Kamm steht senkrecht. CHORSTIMME Ein Zuchthahn kann 28 Millionen Nachkommen produzieren. KAPITALSTIMME Rechnen Sie es durch! BÜROKRATIESTIMME Weltweit kontrollieren heute 4 Konzerne die genetischen Ressourcen des Huhns und inzwischen auch die anderer Nutztiere. O-TON (Haferbeck) In keinem anderen agrarindustriellen Komplex gibt es eine derartige konzentrierte Fusion wie in der Geflügelindustrie. BÜROKRATIESTIMME Zuvorderst ist da die deutsche EW Group GmbH, hinter der die Unternehmerfamilie Erich Wesjohann steht. Die EW Group ist Weltmarktführer in der Geflügelgenetik. Zu ihr gehören als Tochterunternehmen die Lohmann Tierzucht GmbH, führend in der Genetik von weißen Legehennen, und Aviagen, führend in der Genetik von Masthähnchen und Puten. Aviagen hat 2017 von der französischen Groupe Grimaud, zweitgrößter Geflügelgenetikkonzern, dessen Tochterunternehmen Hubbard aufgekauft, ein Masthähnchenzüchter. Zur EW Group gehört im Übrigen auch Aquagen, der weltgrößte Lachszüchter. O-TON (Haferbeck) Der Bruderkonzern unter Paul Heinz Wesjohann hat sich auf die Geflügelproduktion konzentriert; bekannteste Marke Wiesenhof, ca. 2,2 Milliarden Euro Jahresumsatz. BÜROKRATIESTIMME Lassen Sie mich fortfahren! An zweiter Stelle steht, wie bereits erwähnt, die französische Groupe Grimaud. Zu ihr gehört als Tochterunternehmen u.a. Novogen, ein Legehennenzüchter. KAPITALSTIMME Man nennt das heute Livestock Genetics. BÜROKRATIESTIMME Nicht umsonst heißt der drittgrößte Geflügelgenetikkonzern, ein niederländisches Unternehmen, Hendrix Genetics. Zu ihm gehören als Tochterunternehmen u.a. ISA, führend in der Genetik von braunen Legehennen, Hybro, führend in der Genetik von Masthähnchen, und Hybrid, der zweitgrößte Putenzüchter. KAPITALSTIMME Nun man wächst durch Akquisitionen und organisiert sich als Holding. BÜROKRATIESTIMME Zu guter Letzt der US-amerikanische Konzern Tyson, weltgrößter Fleischverarbeiter. Zu ihm gehört als Tochterunternehmen u.a. Cobb-Vantress, führend in Masthähnchengenetik. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Erbgut als Konzerneigentum ... Privatisierung unserer Lebensgrundlagen ... BÜROKRATIESTIMME Neben der Tierzucht umfassen die Aktivitäten der nun ja im Grunde müsste man sagen Biotechnologiekonzerne im Übrigen auch den Bereich Tierernährung, also Futterzusatzstoffe, und die Bereiche Tier- und Humangesundheit, also Medikamente und Impfstoffe / CHORSTIMME Wir, die Impfstofflieferantinnen. Wir, die Eierproduzentinnen. Wir, die Impfstofflieferantinnen. Wir, die Eierproduzentinnen. PARLAMENTSSTIMME War es nicht Herbert Hoover, der 1929 Präsident der USA wurde, der mit dem Versprechen von Autos und Hühnern für alle seine Wahlkampagne bestritt? BÜROKRATIESTIMME "A chicken in every pot and a car in every garage", das war sein Slogan. PARLAMENTSSTIMME Ein Huhn in jedem Topf und ein Auto in jeder Garage. Könnte man also von einem Huhn des Fordismus sprechen? Herr Petschow! O-TON (Petschow) Ja, das Huhn spielt ne ganz bedeutende Rolle. Also einerseits haben wir Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts so eine Revolution, dass die Mendelschen Gesetze wieder entdeckt wurden, dass man mit Biologie anders umgehen konnte, dass Maishybride entwickelt worden sind, die dann auch einen großen Markterfolg hatten, und dass man eben auch bei Tieren, insbesondere bei oder allein bei Hühnern es auch geschafft hat, Hybridhühner zu schaffen, in noch einer instabilen Form, aber so von der Idee her war das ein wichtiger Punkt, wo man begonnen hat. KAPITALSTIMME In der Tat. O-TON (Petschow) Und der zweite Punkt, der wichtig war, sind sozusagen die gesellschaftlichen Grundlagen, die sich so spätestens in den zwanziger Jahren in den USA entwickelt haben, wo so ein gewisser Wohlstand entstanden ist, wo Geflügel überhaupt eine Rolle gespielt hat, in dem Sinne, dass Leute sich Hühner leisten wollten und konnten. Aber tatsächlich marktrelevant wurde es dann in den fünfziger Jahren, weil dann dort es gelungen ist, das zu stabilisieren, damit es eben tatsächlich auch in Massenproduktion eben funktioniert. KAPITALSTIMME Man nennt das auch Modernisierung. Stichwort: Hybridtechnologie. Eine großartige Entdeckung. Weil die Landwirte das Tiermaterial / PARLAMENTSSTIMME / Tiermaterial? / KAPITALSTIMME / die Küken; sie beziehen die Küken, hochproduktives Tiermaterial, seither bei den großen Zuchtkonzernen. PARLAMENTSSTIMME Sie meinen, sie müssen sie immer wieder nachkaufen, wie Saatgut nachgekauft werden muss? KAPITALSTIMME Wenn Sie so wollen. PARLAMENTSSTIMME Es ist als ob alle Hühner gleichzeitig die Augen aufrissen. Das Kapital erscheint für einen Moment wie ein Gespenst. Und schon ist es wieder weg. O-TON (Petschow) Ja die Hühnerzucht hat sich genau durch die Hybridisierung sehr früh, sehr schnell konzentriert. Und jetzt ist die Frage, wer ist denn an dem System Huhn beteiligt? Und am Anfang war das ganz wichtig, dass Maisfirmen, die Hybridmais hergestellt haben, dass die sofort in den Hühnermarkt auch eingestiegen sind, aufgrund dieser Technik der Züchtung. Die haben auch sehr frühzeitig geschaut, wie kann das Produktionssystem so zerlegt werden, dass sozusagen alle mehr oder weniger Zulieferer sind. KAPITALSTIMME Das vertikale Integrationssystem, eine großartige Erfindung. BÜROKRATIESTIMME Vertikale Integration: Eine Form der Organisation, die es einem Unternehmen erlaubt, seine Wertschöpfung durch die hierarchische Verkettung von Betrieben zu optimieren; im vorliegenden Fall der von Urgroßelternbetrieben, Großelternbetrieben, Elternbetrieben für die Bruteierzeugung, Brütereien, Aufzuchtbetrieben und Schlachtereien. O-TON (Petschow) Also normalerweise würde man sagen, es gibt einen Markt, es gibt Austauschprozesse, und die sind mehr oder weniger gleichberechtigt, auf der gleichen Ebene. Und hier gibt es eben ganz klare Machtstrukturierungen, wer wie was macht, das ist alles vertraglich geregelt und nicht über irgendwelche Spotmärkte geregelt. KAPITALSTIMME Freie Märkte, wo sich Anbieter und Nachfrager treffen, nein! In der Geflügelbranche funktioniert das anders. Wegen der biologischen Blockaden, der Heterosiseffekt, Sie erinnern sich?! ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Monopolisierung ... KAPITALSTIMME Selbstverständlich herrscht Wettbewerb. Jeder kauft, was er kriegen kann und hätte gern 100% Marktanteil. Aber miteinander haben ein Handvoll Konzerne den Markt eines globalen Huhns geschaffen. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Ausschaltung der Marktwirtschaft ... KAPITALSTIMME Selbst die Chinesen müssen sich die Küken bei einem der großen Player besorgen. Außer einem entenartigen Broiler mit gelbem Fett, der für den Weltmarkt völlig uninteressant ist, haben sie nichts Vergleichbares anzubieten. O-TON (Petschow) Diejenigen, die am Anfang den Markt entwickeln konnten, die Züchtungsverfahren entwickeln konnten, sind dann eben am Markt auch stark geblieben. Und insofern ist es zwar kein Monopol, aber es gibt sehr wenige Unternehmen, die miteinander auf Augenhöhe agieren und die mehr oder weniger implizit auch sich verständigen darüber, wie geht es weiter. PARLAMENTSSTIMME Hier, Francisco Marí von Brot für die Welt, ein evangelisches Hilfswerk, das gegen Hunger, Armut und Ungerechtigkeit kämpft. Er ist Experte im Bereich globaler Agrarhandel. O-TON (Mari) Deswegen ist es auch ein Modell für die zukünftige moderne Landwirtschaft, dass tatsächlich in einem der Besitz quasi der Großelterntiere bis zum Supermarkt letztendlich dominiert werden kann von den Entscheidungen der Konzerne und die Bäuerinnen und Bauern, die ja früher eigentlich im Zentrum standen, eigentlich letztendlich nur abhängig Beschäftigte sind. PARLAMENTSSTIMME Und da, Tobias Winnige. Er hat einen Mastbetrieb, 6 Hallen à 50.000 Masthybride. O-TON (Winnige) Mal 6 sind das dann 300.000 Hühnchen. Okay, das ist quasi tatsächlich hier meine Farm. Und also alle Hardware gehört mir hier, und ich kaufe die Küken selber, ich kaufe das Futter selber, hab die freie Wahl von, von Futter- und Kükenlieferanten, und verkaufe meine Tiere an den Schlachthof. Somit ist die komplette Verantwortung für die Tiere in meiner Hand. Und ja, mein Ziel ist es, hochwertiges Protein fürs Volk möglichst günstig zu produzieren, und dabei wenn es geht, gerne auch noch n´bisschen Geld verdienen. Logisch. KAPITALSTIMME Wer so groß ist, hat größere Spielräume in der Welt der vertikalen Integration. PARLAMENTSSTIMME Da, eine weitere Stimme aus der Geflügelbranche. Es ist die von Richard Geiselhart, Geschäftsführer der Landkost-Ei GmbH, zu der die GmbH Spreenhagener Vermehrungsbetrieb für Legehennen gehört. Es handelt sich um einen der größten deutschen Eierproduzenten und Eiervermarkter. O-TON (Geiselhart) Wir betreiben nicht auf einem Standort Eierproduktion, sondern wir haben ja Hühnerhaltungen, Eierproduktion, also sprich Hühnerställe, von Mecklenburg-Vorpommern, von der Ostsee bis nach Bayern runter. Und da haben wir natürlich ganz viele Betriebe, die zum Teil uns selber gehören, die wir zum Teil gepachtet haben, manche behalten die Hühner für uns im Lohn. D.h. da gehören die Hühner uns und Futter usw., und der Landwirt, der stellt seine Arbeit zur Verfügung. Also da gibt es alle verschiedenen Modelle. KAPITALSTIMME Da sehen Sie es, das vertikale Modell ist hochflexibel. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Agroindustrielle Konzernabhängigkeiten ... O-TON (Geißelhart) Ein Lohnhalter, der hat den Stall und der stellt seine Arbeit zur Verfügung, und er stellt auch die Energie und die Kotabnahme, die Wochenbeschäftigung und Einstreumaterial und solche Dinge, das stellt er alles zur Verfügung. Das ist seine Dienstleistung. In diesem Konstrukt gehören die Legehennen uns, also wir liefern die Legehennen, und er muss auch nicht bezahlen, das ist unser Eigentum. Und gleichzeitig liefern wir auch Futtermittel, die muss er auch nicht bezahlen. Und für diese Leistung, für diese Dienstleistung, die er erbringt, dafür bekommt er pro Ei einen gewissen Betrag. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Ja, das ist Turbolandwirtschaft ... PARLAMENTSSTIMME Frau Günther! O-TON (Günther) Mittlerweile hat die Industrie, die Lebensmittelindustrie, hat das Geheimwissen darüber, wie Nahrung erzeugt wird, und der Landwirt liefert letztendlich nur noch Rohstoffkomponenten und bekommt vorgeschrieben, was er für Geld dafür bekommt. Und das ist eine total perfide Situation. O-TON (Geißelhart) Das ist eigentlich eine ganz gute Geschichte, vor allem auch für die Bauern; das minimiert den Bauern des Risiko, also da liegt ein Teil vom Betriebsrisiko, vom Geschäftsrisiko, liegt bei uns, vor allem Preisrisiko. Der Landwirt hat natürlich das Risiko, dass die Hühner gut Eier produzieren, weil je mehr Eier er verkauft oder abliefert, umso mehr bekommt er natürlich von diesem Lohnhaltungsgeld, und da hat er natürlich großes Interesse und wir auch. Und das ist natürlich im Endeffekt eine Win-Win-Situation. KAPITALSTIMME Das Gleiche ist für die Masthuhnbranche zu sagen. O-TON (Günther) Also ist auch immer bisschen verrückt zu glauben, dass man sich immer nur nach diesem aktuellen Wirtschaftssystem richten muss als Landwirt. Nein, ganz im Gegenteil. PARLAMENTSSTIMME Frau Günther, die ein Huhn für die Zukunft züchtet, ein sog. Zweinutzungshuhn, das wirtschaftlich Eier legt und Fleisch ansetzt, will vor allem die Bauern und Bäuerinnen von ihrer Abhängigkeit im vertikalen System befreien. O-TON (Günther) Aus der Industrie kommt einem immer nur entgegen, mach das auf keinen Fall. Du kannst es außerdem auch nicht als Landwirt. Du hast überhaupt nicht das Know-how, und lass uns das mal machen. BÜROKRATIESTIMME Die EW Group hat im Übrigen auch ein Zweinutzungshuhn gezüchtet: das sog. Lohmann Dual. ZITATOR EW Group Ja, genau. "Unsere sogenannte Dualhenne legt etwa 20% weniger Eier. Diese sind zudem deutlich kleiner. Auf der anderen Seite zeigen die Hähne ein zu geringes Fleischansatzvermögen und verbrauchen im Vergleich zu spezialisierten Rassen mehr als doppelt so viel Futter. Das hat einen sehr negativen Effekt auf den CO2-Footprint. Die Erzeugung von Eiern und Fleisch mit Zweinutzungsrassen ist somit schlicht nicht nachhaltig und wird auch aus diesem Grund von unseren Kunden kaum akzeptiert." O-TON (Günther) Ich konzentriere mich auf die Landwirte, die anrufen und sagen, ich will´s anders machen. Und mit denen entwickeln wir dann Konzepte, o. k. wie kann´s anders gehen, unabhängig von dieser Integrationsgeschichte; das ist ne Katastrophe. PARLAMENTSSTIMME Ein Huhn, ein schönes Tier, weiß mit schwarzen Einsprengseln, stürzt sich auf seine Artgenossinnen. CHORSTIMME Wir sind hocheffiziente Fressmaschinen. BÜROKRATIESTIMME In den Neunzehnhundertfünfzigerjahren wogen Masthühner nach etwa 120 Tagen circa 1,5 kg. Heutige Masthybriden erreichen dieses Gewicht bereits innerhalb von 30 Tagen oder sogar schneller. Das Verhältnis von Fleischansatz zu Futtereinsatz wird Futterverwertung genannt. CHORSTIMME Wir Broiler werden heute fünfmal schwerer als vor 70 Jahren. Wir leben maximal 6 Wochen. In einer Untersuchung haben sie uns 3 Wochen länger leben lassen. Es sind siebenmal so viele von uns gestorben wie in den ersten 6 Wochen. Wir sind Industrieprodukte mit eingebautem Verfallsdatum. KAPITALSTIMME Na ja, Sie wissen doch sicher, dass zwei Masthybridherkünfte, Ross und Cobb heißen diese großartigen Futterverwerter, nicht nur den deutschen Masthuhnmarkt beherrschen. BÜROKRATIESTIMME Es handelt sich bei Ross und Cobb um zwei den deutschen Markt, aber auch andere Märkte beherrschende Produktmarken: Aviagens Marke heißt Ross, gehört zur EW Group. Tysons bzw. Cobb-Vantress´ Marke heißt Cobb. Beide Zuchtlinien gibt es, wie soll man sagen, in unterschiedlichen Anfertigungen für jeweils spezifische Nachfragen. Cobb 500 und Ross 308 sind die jeweiligen Weltbestseller der Unternehmen. PARLAMENTSSTIMME Da, Herr Winnige, der Großmäster. Er hat beide Masthuhntypen in seinen Hallen und weiß Bescheid. Bitte! O-TON (Winnige) Der Cobbvogel ist etwas robuster und hat dafür ne schlechtere Futterverwertung. Der produziert gutes Fleisch, im Zweifel etwas zu teuer. Er frisst, der hat einen zu hohen Erhaltungsbedarf für sich selber. Der Ross hingegen ist in jeglicher Hinsicht anspruchsvoller, schafft es aber auch, Fleisch effizienter zu produzieren in gleicher Qualität. Er lässt einfach weniger Fehler im kompletten System zu, er reagiert schneller auf Fehler, die ich selber im Zweifel mache. BÜROKRATIESTIMME 2015 wurde in einer Untersuchung der Marktanteil für Ross und Cobb in Deutschland auf 95-97% beziffert. Um sich überhaupt eine Vorstellung von der Größenordnung zu machen: 2019 wurden in Deutschland 620,5 Millionen Masthühner geschlachtet. Und hier noch eine weitere Zahl: 2012 wurden weltweit knapp 60 Milliarden Masthühner geschlachtet. Es wird davon ausgegangen, dass es sich dabei vorwiegend um Ross und Cobb handelt. KAPITALSTIMME Hähnchenfleisch ist eindeutig ein Wachstumssektor, die Sache ausbaufähig. Indien z.B., ein noch ganz jungfräulicher Markt. PARLAMENTSSTIMME Herr Marí, der Handelsexperte von Brot für die Welt! O-TON (Marí) Die indische Bevölkerung ernährt sich ja weder von Fisch noch von Huhn, isst ja nach wie vor auch bewusst und auch gesund vegetarisch, also durch das große Angebot an Hülsenfrüchten, abgesehen davon, dass sie natürlich Millionen von Hungernden haben, das kommt natürlich leider auch dazu, haben sie, was ihre kulturellen, also weder Rind zu essen, was die Hinduseite, und weder Schwein, was die muslimischen Bevölkerungen in Indien angeht, entdecken sie Huhn. BÜROKRATIESTIMME Es gibt in Indien allerdings ein Futtermittelproblem. Soja kann wegen der Böden dort nicht angebaut werden. Und Weizen konkurriert mit Hülsenfrüchten. Man muss wissen, die Futterkosten machen ca. 80% der Gesamtproduktionskosten aus. O-TON (Marí) Und das weiß natürlich die europäische Geflügelindustrie und drängt natürlich die Europäische Union, und Frau Merkel ist ja dauernd dort und möchte endlich mit Herrn Modi endlich mal den europäischen Markt, den indischen Agrarmarkt, das ist unser nächster großer Markt, der ja inzwischen von der Bevölkerung her so groß ist wie der chinesische Markt. PARLAMENTSSTIMME Was heißt das? Die EU produziert dann Hühner für Indien? KAPITALSTIMME Es geht hier um die tierischen Nebenprodukte. BÜROKRATIESTIMME Man muss wissen, die westlichen Konsumenten favorisieren Hähnchenbrust. Schätzungen zufolge handelt es sich bei 60-80 % des in der EU verzehrten Hähnchenfleischs um Brustfleisch. Die Frage ist also: Was passiert mit den Schlachtnebenerzeugnissen? PARLAMENTSSTIMME Hälse, Füße, Innereien? BÜROKRATIESTIMME Seit BSE, umgangssprachlich Rinderwahnsinn, ist es verboten, sie zu Tiermehl zu verarbeiten. Die Entsorgung kostet jetzt also Geld. Und deshalb werden die Reste, von gesunden Tieren wohlgemerkt, sog. genießbare Schlachtnebenerzeugnisse / PARLAMENTSSTIMME / genießbare Schlachtnebenerzeugnisse? / BÜROKRATIESTIMME / diese, diese genießbaren Schlachtnebenerzeugnisse werden jetzt exportiert. Seit 2000 ist der Export von Hähnchenteilen der Zollnummer 020707ff, sog. "genießbarer Abfall", vor allem nach Afrika gestiegen. In einer Veröffentlichung des Verbandes der Betriebe tierischer Nebenprodukte heißt es: "Der Export von Schlachtnebenprodukten in weniger begüterte Länder beeinträchtigt dort die lokale Fleischproduktion." Und weiter: "In den importierenden Ländern können diese Waren starke Destabilisierungen der Märkte hervorrufen." Ganz neue Zahlen hat das US-Landwirtschaftsministerium 2019 veröffentlicht. Die EU-Exporte von gefrorenen Hähnchenteilen und essbaren Abfällen haben sich demzufolge in den letzten zehn Jahren auf 1,35 Millionen Tonnen verdreifacht. Und noch ein Wort zur kleinbäuerlichen Produktion: Afrikanische Hühnerhalter von lokalen Hühnerrassen, also keine Hybridtiere, haben bereits zu Anfang der Zweitausender Jahre darauf hingewiesen, dass sie mit den sehr billigen Importen von gefrorenen Hühnerteilen nicht konkurrieren können. Nur ein Beispiel: In Kamerun mussten laut Stichproben etwa 90% der Hühner haltenden Betriebe aufgeben. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Exportüberschüsse im globalen Norden ... ruinierte Kleinbäuerinnen im globalen Süden ... O-TON (Marí) Und es ist einfach so, dass die Konsumentin, die viel zahlen will für die Hähnchenbrust, teilweise damit schon 70-80% des gesamten Produktionsaufwandes, der gesamten Produktionskosten bezahlt hat. KAPITALSTIMME In der Tat. Und deshalb wird auch die Langmast immer interessanter. PARLAMENTSSTIMME Langmast? Herr Winnige! O-TON (Winnige) Dat Tier, so wie wir es hier verladen, hat ungefähr ein Durchschnittsgewicht von 2,3 kg / KAPITALSTIMME / die sog. Mittellangmast. O-TON (Winnige) Dazu muss man sagen, die ersten Tiere werden mit ca. 1,7 kg geschlachtet, das leichteste Tier, das ist der, der erste Vorgriff / KAPITALSTIMME / die sog. Kurzmast. O-TON (Winnige) / Det sind die Griller. KAPITALSTIMME Die Griller? O-TON (Winnige) Das sind kleinere Tiere, die im Stück angeboten werden, die ungefähr 1,2 kg Gewicht haben. Wir verkaufen die Tiere ja mit Federn und Innereien lebend an den Schlachthof, und, und / PARLAMENTSSTIMME / und die schwereren sind die für die Brust? O-TON (Winnige) Die schwereren Tiere haben dann ein Gewicht von ca. 2,5, 2,6 kg. KAPITALSTIMME Ja und deren Brüste können hier vermarktet werden und auf den Weltmärkten für sehr wenig Geld die anderen Teile des Tiers. O-TON (Marí) Und dann kann man sich auch noch aussuchen, für welchen Preis man das in welchem Markt anbieten kann. KAPITALSTIMME Ja das nennt man dann Profite, die vom Himmel fallen. PARLAMENTSSTIMME Vom Himmel fallende Profite!? Was soll das sein? KAPITALSTIMME Extragewinne. O-TON (Marí) Und es kommt ja noch das absolut Absurde, dass wir ja auch noch massenhaft importieren, aber eben nur Hähnchenbrust, weil die Hühner, trotz allen Züchtungserfolgen, nicht zwei Brüste haben oder 40% ihrer Fleischkapazität in die Brust legen, sondern eben noch andere Teile haben. PARLAMENTSSTIMME Frau Idel, bitte! O-TON (Idel) Es gibt ja umwerfende Veränderungen im Geschmacksempfinden oder Nachfrageverhalten, was jetzt die Ernährung und gerade auch, was den Geflügelkonsum betrifft. Da ist es eben der Werbung gelungen, immer mehr das Brustfleisch als gesund zu titulieren. Und in dem Augenblick, wo das nachweisbar wurde im Käuferverhalten, hat die Zuchtindustrie natürlich sofort begonnen, tatsächlich speziell auf den Zuwachs dieses einen Organs, also des Brustmuskels zu züchten. CHORSTIMME Unsere Brüste wachsen viel zu schnell. Unsere Herzen und Lungen kommen nicht mit. Unsere Knochen zerbrechen. PARLAMENTSSTIMME Ein Huhn fällt um, ein kleines weißes. Und all die anderen wirken ermattet. BÜROKRATIESTIMME Noch kurz ein Wort zu Export/Import-Mustern. Aus Brasilien, nach den USA der weltweit größte Produzent von Hühnerfleisch, werden Hühnerbrüste auch nach Deutschland importiert und seit dem Tiermehlverfütterungsverbot aus dem Jahr 2000 auch immer mehr Soja. PARLAMENTSSTIMME Da, Reinhild Benning. Sie arbeitet bei Germanwatch, einer Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation, die sich für globale Gerechtigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen einsetzt. Frau Benning! O-TON (Benning) Wir konnten in unserer Untersuchung zeigen, Hähnchen der Hochleistungshybridlinien bedürfen des Sojas in der Fütterung, weil nur Soja aus Regenwaldregionen eine ganz spezielle Zusammensetzung hat an Eiweißkomponenten, an Aminosäuren. Bekommen sie diesen Importsoja nicht, haben sie auch geringere Leistungen oder haben sogar gesundheitliche Probleme unter Umständen. PARLAMENTSSTIMME Frau Benning ist Agrarexpertin und selbst Landwirtin. O-TON (Benning) Dieser Soja stammt meistenteils aus Regenwaldregionen. Und hier sehen wir doch einen deutlich negativen Einfluss auf Klima, auf Artenvielfalt, aber insbesondere auf die lokale Bevölkerung. ZITATOR EW Group Es gibt hier einen Einwnad. PARLAMENTSSTIMME Ja bitte, tragen Sie vor aus der Stellungnahme der EW Group! ZITATOR EW Group "Über die kontinuierliche Absenkung des Futteraufwands pro kg Zuwachs konnte eine erhebliche Verminderung des Ressourcenverbrauchs erreicht werden. Brauchte man in den Sechziger Jahren noch ca. 5kg Futter für einen 2 kg schweren Broiler, so ist dieses Gewicht heute mit lediglich 3 kg Futter erreichbar. Das weltweit durch diesen Zuchtfortschritt eingesparte Futter entspricht dem Ertrag einer Fläche, die fast dreimal so groß ist wie die Ackerfläche der gesamten Bundesrepublik Deutschland." PARLAMENTSSTIMME Ein Rasen geht durch die Hühner, ein Meer ruckelnder roter Kämme. Frau Günther, die Zuchtindustrie hält langsamer wachsende Rassen, Tiere wie Ihre Zweinutzungshühner, für weniger klimaeffizient sind, weil sie mehr Futter brauchen. O-TON (Günther) Na gut das ist ein Totschlagargument. Wir haben jetzt schon zum zweiten Mal einen Antrag gestellt, auch ans Bundeslandwirtschaftsministerium, um genau dieses Argument zu widerlegen. Es wird gesagt, ihr dürft die Züchtung gerne machen, aber den Themenbereich fördern wir nicht, da gibt´s kein Geld dafür. Immer wenn es darum geht, dass man sagt, es stimmt nicht, dass ein langsam wachsenderes Tier klimaschädlich ist, sondern ganz im Gegenteil ist dieses langsam wachsende Tier in der Lage, aus Resten der Nahrungsmittelproduktion, die wir heutzutage vernichten und Ressourcen verschwenden damit, da wäre es in der Lage, wirklich hochwertiges, also hochwertige Eier und Fleisch zu erzeugen. Und diese zwei Systeme, die muss man mal gegeneinander stellen und ausrechnen, was das eigentlich tatsächlich ausmacht. PARLAMENTSSTIMME Frau Idel! CHORSTIMME Das Huhn der Zukunft. PARLAMENTSSTIMME Frau Idel! O-TON (Idel) Wenn man sich klarmacht, da ist ein Lebewesen, das schlüpft aus dem Ei in der Brutmaschine und legt dann innerhalb von 30, 33, 35 Tagen zwei Kilo zu. Dann muss das natürlich mit einem Futter gefüttert werden, welches hochenergetisch und hoch proteinreich ist. Aber da muss man sich ja fragen, wie werden genau diese, eigentlich ja Lebensmittel, die wir hier ja zum Futtermittel machen, wie werden die erzeugt, was sind da die Umweltkosten. Und es wäre jetzt also ganz falsch, wenn man dann sagen würde, die Erzeugung dieses Futters würde heutzutage weniger Fläche in Anführungsstrichen verbrauchen. Es geht um die Intensität pro Quadratmeter, pro Hektar, was da eben an synthetischem Stickstoffdünger, an Pestiziden usw. eingesetzt wird und mit den entsprechenden Umweltfolgen bis hin zum Klima. Das kann man natürlich auch alles ganz anders rechnen, und dann steht das in so einem Nachhaltigkeitsbericht, dass eben diese armen Hybridtiere besonders nachhaltig und ressourcenschonend wären. ATMOSTIMMENDURCHEINANDER Also muss man schon auch mal betrachten: Emissionen von Keimen ... Staubgasen ... Ammoniak ... PARLAMENTSSTIMME Beißender Ammoniakgestank breitet sich aus. Aus der Stellungnahme der EW Group, bitte! ZITATOR EW Group "Wir wissen: Die Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl werden weiter an Bedeutung gewinnen. Auch die Verfügbarkeit von Ressourcen (z. B. Wasser, Nährstoffe etc.) wird ein wichtiger Einflussfaktor auf die weitere Entwicklung der modernen Geflügelzucht sein. Beide Aspekte werden bereits heute durch die Selektion auf effiziente Futter- und Wasserverwertung ... berücksichtigt." PARLAMENTSSTIMME Aber Trinken ist doch die elementarste Überlebensfunktion. O-TON (Winnige) Es gibt ständig Probleme jeglicher Art und Weise, und die werden auch alle geregelt. PARLAMENTSSTIMME Was ist mit dem Futterproblem? BÜROKRATIESTIMME Das Tiermehlverfütterungsverbot infolge der BSE-Krise hat dazu geführt, dass Hühner vegetarisch ernährt werden. O-TON (Günther) Und deswegen brauchen wir auch alle möglichen Zusatzstoffe, grad im konventionellen Bereich und im ökologischen Bereich übrigens auch, um diese Aminosäuren, die eigentlich nur im tierischen Eiweiß drin sind, also vor allem das Methionin ist immer ganz entscheidend bei den Hühnern, das irgendwie da einzubringen. Und da ist dann auch logisch, warum wir so viel Soja verfüttern müssen, weil Soja letztendlich der einzige pflanzliche Rohstoff ist, der diese Methioninkomponente mehr oder weniger gut ersetzen kann, aber eben auch nicht perfekt. Und das führt dazu, dass viele Hühner viel Bauchschmerzen haben und Stoffwechselprobleme und Durchfälle. Und das wiederum muss man dann behandeln. PARLAMENTSSTIMME Wir kommen jetzt zu einem wichtigen Punkt, das Antibiotikaproblem. BÜROKRATIESTIMME Eine im April 2019 vorgestellte Untersuchung von Hähnchenfleischproben aus großen Discountern im Auftrag der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch hat Folgendes zutage gefördert: "Von 59 Portionen Hähnchenfleisch - gekauft bei Lidl, Netto, Real, Aldi (Nord und Süd) sowie Penny - ist mehr als jede zweite Probe (genauer 56 Prozent) mit Antibiotika-resistenten Erregern belastet. Und mehr als jede dritte Probe ist kontaminiert mit Resistenzen gegen Reserveantibiotika". PARLAMENTSSTIMME Frau Benning! O-TON (Benning) Bereits seit 2006 ist in der ganzen EU verboten, Antibiotika an Tiere zu verabreichen, ohne dass ein Tierarzt sie verschrieben hat. Damit ist die Rolle der Tierärzte in der industriellen Tierhaltung eine neue geworden. Wir können feststellen, dass der Antibiotikaeinsatz bei Tieren nicht per se gesunken ist durch diese Maßnahme. Das hängt in Deutschland speziell auch damit zusammen, dass hierzulande der Tierarzt einmal daran verdient, wenn er Antibiotika verschreibt und diese Dienstleistung des Tierarztes vollführt, aber dann auch am Verkauf der Antibiotika. Denn in der Tierhaltung ist der Tierarzt zugleich Arzt und Apotheker. Das ist längst nicht in allen EU-Ländern der Fall. BÜROKRATIESTIMME In Deutschland beträgt der Antibiotikaeinsatz fast 90 mg pro Kilo Tier bzw. pro Kilo hergestelltes Fleisch. Österreich liegt bei der Hälfte: 46,8 mg. Dänemark unter der Hälfte: 39,4 mg. Und Schweden bei 11,8 mg. O-TON (Benning) Das haben zu verantworten vier Konzerne, das haben aus unserer Sicht nicht in erster Linie die Bauern und Bäuerinnen zu verantworten, die die Tiere halten. Denn ihnen ist im System der integrierten Fleischerzeugung kaum noch Entscheidungsspielraum gelassen. PARLAMENTSSTIMME Herr Winnige! O-TON (Winnige) Es ist nicht leicht, aber es ist durchaus lösbar, es ist nicht unmöglich. Also ich verzichte im Zweifel auf fünf, auf sechs Cent je Vogel, um dieses sicherzustellen, dass das Tier eben gesund ist und ohne Antibiotika an den Haken kommt. BÜROKRATIESTIMME Aus Erhebungen des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass bei Masthühnern die Hauptursache dafür, dass sie im Schlachthof als genussuntaugliche Tiere beurteilt und entsorgt werden, zuchtbedingte schmerzvolle Entzündungen sind. Rund 12 Millionen Hühner werden pro Jahr entsorgt. O-TON (Günther) Die meisten haben Bauchschmerzen, und das ist das Problem. CHORSTIMME Unsere kurzen Magen-Darm-Trakte verursachen Bauchschmerzen. O-TON (Günther) Bei den Hühnern geht es immer ganz stark um die Verdauung, die haben ja einen ganz kurzen Magen-Darm-Trakt, damit das Tier möglichst wenig frisst, aber das, was es frisst von sehr hoher Konzentration ist hinterher. Wenn die Tiere Schmerzen haben, fressen sie nicht. Wenn ich jetzt das Antibiotika gebe, verschwinden die Schmerzen, und die Tiere fressen wieder und nehmen deswegen besser zu. Was auch noch dazu kommt, ist, dass das Antibiotikum die Entzündungen in den Gelenken minimiert, weil die Tiere haben ja dadurch, dass sie so schnell so schwer werden, haben die Schmerzen in den Gelenken. Und deswegen kann natürlich theoretisch jeder Tierarzt hingehen und sagen, also nach tierärztlicher Indikation wäre das jetzt wichtig, dieses Antibiotikum zu geben, und dann darf man das natürlich. Nicht per se als Leistungsförderer schon so reinmischen, aber wenn der Tierarzt sagt, das wäre jetzt angesagt, dann kann man das natürlich als Landwirt machen. KAPITALSTIMME Wir haben definitiv kein Interesse an kranken Tieren. O-TON (Benning) Eine Lücke im geltenden Arzneimittelrecht ist, dass die Antibiotikaeinmischungen auf Verschreiben des Tierarztes nicht gemeldet werden. Denn was Pharmaunternehmen an Tierärzte abgeben, das wird dokumentiert. Was Pharmaunternehmen an Futtermittelkonzerne abgeben, wird nicht erfasst. Aus unserer Sicht eine Riesenerfassungslücke, denn europaweit betrachtet werden 40% aller Antibiotika in der Tierhaltung über Futtermittel verabreicht, und in Deutschland wird dieser Bereich nicht mal erfasst. ZITATOR EW Group Es gibt hier einen Einwand. PARLAMENTSSTIMME Aus der Stellungnahme der EW Group, bitte! ZITATOR EW Group "Durch eine ständige Selektion unserer Tiere auf Robustheit in unseren Zuchtprogrammen tragen wir dazu bei, den Einsatz von Antibiotika kontinuierlich zu verringern. ... Wir selbst arbeiten auf Basiszuchtebene seit Jahrzehnten ohne Einsatz von Antibiotika in unseren Zuchtbeständen." KAPITALSTIMME Die Geflügelindustrie hat kein Interesse an kranken Tieren. Sie hat sich übrigens auch erst vor kurzem an einer Untersuchung zur Verringerung von Antibiotikaresistenzen beteiligt. BÜROKRATIESTIMME An der sog. EsRAM Studie 2019. EsRAM steht für: "Entwicklung stufenübergreifender Reduktionsmaßnahmen für Antibiotikaresistente Mikroorganismen bei Masthähnchen". Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat diese Untersuchung mit 2,6 Millionen Euro gefördert. Wirtschaftspartner waren der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft / PARLAMENTSSTIMME die zentrale Lobbygruppe der hiesigen Geflügelindustrie / BÜROKRATIESTIMME / die EW Group / PARLAMENTSSTIMME / kennen wir / BÜROKRATIESTIMME / die Wiesenhof Geflügelkontor GmbH / PARLAMENTSSTIMME / gehört zur PHW-Gruppe der Unternehmerfamilie Paul-Heinz Wesjohann, Bruder von Erich Wesejohann, dessen Familie hinter der EW Group steht / BÜROKRATIESTIMME / die Brüterei Süd der Brüterei Weser-Ems GmbH / PARLAMENTSSTIMME / auch PHW-Gruppe / BÜROKRATIESTIMME / und das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co.KG. PARLAMENTSSTIMME Wie unabhängig kann so ein Forschungsprojekt sein? Frau Benning! O-TON (Benning) Also sowohl Germanwatch als auch andere Organisationen wie die Ärzte gegen Massentierhaltung oder das Pestizid-Aktion-Netzwerk haben sich entrüstet über dieses Forschungsprojekt. Dort sind 2,6 Millionen Euro hineingeflossen, Geld, für das auch wir Steuern gezahlt haben, ohne dass zivilgesellschaftliche Organisatorinnen eingebunden waren in die Fragestellungen, obschon wir intensiv zu diesen Themen arbeiten. Unsere langjährige Forderung lautet: Bitte untersuchen Sie ganz genau zum Beispiel anhand der Auswertung der realen Antibiotikagaben im Stall, welche Tierhaltung brauchen die wenigsten Antibiotika und weisen die geringsten Antibiotikaresistenzen auf. Bitte vergleichen Sie Tierhaltungsformen wie Strohauslauf, Weidezugang, Platzangebot pro Tier wie etwa im ökologischen Landbau oder beim Tierschutzlabel vom deutschen Tierschutzbund mit Intensivtierhaltungen, wie sie zu 99 % in Deutschland stattfinden. KAPITALSTIMME Noch mal, die Industrie hat definitiv kein Interesse an kranken Tieren. O-TON (Idel) Natürlich hat die Industrie kein Interesse an kranken Tieren, die sind aber nun mal untrennbar mit dieser einseitigen Selektion auf Hoch- und Höchstleistung verbunden, und das gilt für die Legehennen wie für das Mastgeflügel. KAPITALSTIMME Das Mantra der Industrie lautet: Leistung als Ausdruck von Gesundheit. PARLAMENTSSTIMME Herr Geiselhart, Geschäftsführer eines der größten Eier produzierenden Betriebe Deutschlands, bitte! O-TON (Geiselhart) Also ich bin der Meinung, dass ein Huhn in der heutigen Zeit oder die Hühner, mit denen wir arbeiten, dass die jeden Tag ein Ei legen müssen, also die sind so genetisch fast perfekt gezüchtet, dass die sowohl ein Ei legen können, aber auch eigentlich legen müssen. KAPITALSTIMME Sehen Sie! PARLAMENTSSTIMME Frau Idel! O-TON (Idel) Klar gibt es Leistung als Ausdruck von Gesundheit, aber gerade bei den extrem auf einseitige Leistung selektierten in Anführungsstrichen "Legehennen" oder in Anführungsstrichen "Masthybriden" ist es keine Ausnahme, dass Leistung trotz Krankheit erbracht wird. BÜROKRATIESTIMME Man muss wissen, dass man Hybridhühnern ihre Selbstregulierungsmechanismen weggezüchtet hat. O-TON (Idel) Es ist keine Ausnahme, dass eine Henne, die morgens noch ein Ei gelegt hat, nachmittags tot umfällt, wenn die sich jetzt nicht gerade den Hals gebrochen hat, dann war die morgens nicht gesund. PARLAMENTSSTIMME Ohne Medikamente, ohne hochenergetisches Futter und ohne eine ausgefuchste Licht- und Klimaführung, die Tiere sind extrem temperatursensibel, wären Hybridhühner gar nicht überlebensfähig. ZITATOR EW Group Es gibt hier einen Einwand. "Es ist uns völlig unverständlich, woher diese Behauptungen stammen. Sie entbehren jeder Grundlage. Unsere Tiere sind so überlebensfähig wie jedes andere Tier auch. Sie pflanzen sich auf natürliche Weise fort und können unter allen Haltungs- und Klimabedingungen gehalten werden." O-TON (Idel) Ähnlich wie dieser Satz "Leistung ist Ausdruck von Gesundheit" gibt es noch so ein anderes Mantra, welches ausdrückt, es liegt nie an der Zucht, es liegt nie an den einseitig auf Hochleistung ausgerichteten Zuchtzielen, sondern wenn eben ein Tierhalter gesundheitliche Probleme bei den Tieren hat, dann ist immer er schuld. Es war dann schon richtig mutig, ich glaube, das war 2007, da hat der damalige Referatsleiter im Bundeslandwirtschaftsministerium sehr selbstkritisch öffentlich auf einer Tagung gesagt, wir haben jahrzehntelang züchterisch bedingte Probleme, Krankheiten bei den Tieren und auch Verhaltensstörungen bei den Tieren, beantwortet mit Veränderungen in der Haltung, aber nie mit grundsätzlichen Konsequenzen in der Zucht. CHORSTIMME Das arme Hybridhuhn. O-TON (Haferbeck) Ihr wollt eine Zivilgesellschaft sein?! Ihr seid Massentierquäler und Massenmörder. Deutschland ist in punkto Tierschutz ein Schlusslicht sozusagen im zivilisierten Umfeld der Staaten. CHORSTIMME Die Griller. Die Brüste. Die Reste. PARLAMENTSSTIMME Hitzestress. Die Hühner hecheln, sie sind überhitzt. Man muss den Raumtechnikern sagen, sie sollen die Saaltemperatur herunterfahren und für frische Luft sorgen. Es stinkt bestialisch, die falschen und die echten Freundinnen des Huhns raufen sich die Haare, ein Riesentumult. CHORSTIMME Wir, die Fressmaschinen. Fressmaschinen. Wir, die Legeapparate. Legeapparate. PARLAMENTSSTIMME Über Seuchen und die Rolle, die zusammengepferchte, genetisch einförmige Hybridtiere, die geringe Abwehrkräfte haben, dabei spielen, haben wir noch gar nicht gesprochen. CHORSTIMME Wir haben es satt. Es ist genug. Wir haben es satt. Es ist genug. PARLAMENTSSTIMME Sie verhandeln weiter. BÜROKRATIESTIMME Das Huhn. Im Parlament der Dinge. Ein Feature von Barbara Eisenmann Es sprachen: Marina Behnke, Frieder Butzmann, Fritzi Haberlandt, Wilfried Hochholdinger und Michael Rotschopf Ton und Technik: Frieder Butzmann Regie: Barbara Eisenmann Redaktion: Wolfgang Schiller Eine Produktion des Deutschlandfunks mit dem Südwestrundfunk 2020. 1