Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Die grüne Mauer (4/5) Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Autorin: Bettina Rühl Regie: Anna Panknin Redaktion: Wolfgang Schiller Produktion: Deutschlandfunk 2024 Erstsendung: Dienstag, 25.06.2024, 19.15 Uhr Es sprachen: David Vormweg, Hüseyin M. Cirpici, Heiko Obermöller, Jochen Langner, Jean-Paul Baeck Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Thomas Widdig Faktencheck: Leo Becker, Johanna Klenke, Katrin Krautwasser, Linus Meyer, Lenny Münch, Patricia Peter und Sarah Schmidt Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - ATMO Rascheln von Tüte, Lunch auspacken und essen Autorin: Ali Mboudou ist ausgehungert, er freut sich über das gegrillte Hammelfleisch und das Baguette, das wir ihm mitgebracht haben. Abakar Tchere, der nach der langen Fahrt selbst Hunger hat, breitet das Fleisch auf einem großen Metallteller aus und lädt mit einer Geste zum Mitessen ein. O-TON Abakar Tchere Lui meme, il n'y a pas un marché à coté ici, comme on a amené la viande, il faut qu'on goute ensemble, et après, il serra a votre disposition. Sprecher 1: Ali hat keinen Markt in der Nähe, er kriegt nur selten Fleisch. Deshalb müssen wir erst einmal alle zusammen essen, danach können Sie ihn in Ruhe interviewen. ATMO Vögel, Wind Autorin: Abakar Tchere arbeitet für die Agentur der Großen Grünen Mauer im Tschad, er ist Förster und muss dafür sorgen, dass mit den Pflanzungen alles läuft. Er hat mich im November 2023 nach Tall begleitet, in einen Ort in der Nähe des Tschadsees, 300 Kilometer nördlich der Hauptstadt N'Djamena. Der Himmel ist hellbraun verhangen, die Luft voller Staub. Wir sitzen zusammen auf einer leuchtend roten Plastikmatte, neben uns der Fahrer Said Abdirahman. Und: Ali Mboudou, Gärtner und Hüter der Baumschule. Mboudou strahlt. Sein Chef Tchere kommt selten vorbei, überhaupt ist er häufig alleine. O-TON Ali Mboudou Sprecher 4: Früher haben wir hier mit vielen Leuten gearbeitet, ich bin als einziger übriggeblieben. Sprecher 3: Die grüne Mauer - Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Folge 4: Der Tschad - Die Träume der Förster Eine Feature-Reihe von Bettina Rühl Autorin: Der Tschad ist die vierte Station auf meiner Reise entlang der so genannten "Großen Grünen Mauer": einem Mosaik aus Bäumen und Grünflächen, das sich einmal quer über den afrikanischen Kontinent erstrecken soll, auf einer Länge von fast 8000 Kilometern. Das Ziel: den Vormarsch der Wüste aufzuhalten und das Überleben im Sahel trotz des Klimawandels weiterhin zu ermöglichen. Auch im Tschad. ATMO Baumschule Vögel, Wind Autorin: Tatsächlich wirkt die Baumschule im sandverschleierten Licht ziemlich verwaist. Nur in einer Ecke der großen eingezäunten Fläche wachsen Setzlinge in schwarzen Plastiktütchen. Nach dem Essen führen mich Ali Mboudou und Abakar Tchere herum. O-TON Abakar Tchere / Autorin On a un million des plants, si on veut vraiment couvrir toute la zone, ça peut prendre un million des plants ici, c'est pertinent. En 2012, quand il y a eu démarrage, Ici c'était 600.000 plantes qu' ils ont produit. Ils ont commencé à planter, planter, couvrier toute cette zone. Sprecher 1: Eine Millionen Setzlinge können wir hier produzieren. Das braucht man auch, wenn man die ganze Region aufforsten will. Als das Projekt 2012 anfing, haben wir allein in dieser Baumschule 600.000 Setzlinge im Jahr produziert. Die Leute haben angefangen, überall rundum zu pflanzen. O-TON Autorin Et on voit bien que le sable est à cO-Toné, n'est-ce pas? Autorin: Mir fallen die Sanddünen auf, die bis an den Zaum der Baumschule reichen. O-TON Abakar Tchere Heureusement il y a des plantations qui ont bloqué le sable, sinon, le sable aurait envahi le coin. Sprecher 1: Zum Glück haben wir sie mit Büschen befestigt, sonst hätte der Sand die Baumschule längst unter sich begraben. Autorin: Entlang der Trasse der Großen Grünen Mauer im Tschad gibt es fünf Baumschulen. Vor jeder haben Tchere und seine Teams einen Wasserhahn installiert, der für alle zugänglich ist. Jetzt haben die Menschen in den umliegenden Dörfern sauberes Trinkwasser. O-TON Abakar Tchere L'Agence ne se cantonne pas sur le reboisement. L'Agence appuie la communauté par les intrants agricoles, il leurs installe des fermes. Les wadis, on les transforme en ferme agricole communautaire qui occupe tout le monde. Avant où il y avait financement, l' Agence donnait même des petits ruminants a ces vulnérables. On leur donne un couple pour leur permettre de se multiplier, après pour se prendre en charge. Est de l'autre côté, dans la zone du Kanem, l'agence faisait venir les palmiers dattier de l'étranger pour le donner dans leur wadi. La même, ces palmeraies-là ont commencé même de donner déjà des fruits, et ils amènent souvent au marché. Sprecher 1: Die Agentur für die Große Grüne Mauer kümmert sich nicht nur um Aufforstung. Sie unterstützt die Gemeinden mit Saatgut und landwirtschaftlichen Geräten. Wir helfen den Menschen, landwirtschaftliche Betriebe zu gründen, auf denen alle zusammenarbeiten. Als die Agentur noch Geld hatte, haben wir denen, die am meisten Not litten, sogar Ziegen gegeben, jeweils ein Paar, damit die Tiere sich vermehren können. Wo es noch trockener ist, haben wir den Menschen Dattelpalmen gegeben, die sind inzwischen so groß, dass einige der Bauern die Früchte schon verkaufen. Von diesen Aktivitäten profitieren die Leute immer noch, sie arbeiten weiter und bringen ihre Ernte zum Markt. Das Problem ist nur, dass wir eigentlich in der gesamten Region hätten arbeiten sollen. Autorin: Doch seit 2020 sei mit allem Schluss, sagt Tchere: Die Agentur für die Große Grüne Mauer habe kein Geld mehr. Finanziert wird sie theoretisch von der Regierung des Tschad und ausländischen Gebern wie den Vereinten Nationen. O-TON Abakar Tchere Nous avons beaucoup, beaucoup de projets qu'on a initié. C'est comme une demande: on dépose des différents institutions, peut être que dans leur ligne, là il y a ce volet, mais jusque a aujourd'hui, on n a pas eu. Sprecher 1: Wir haben schon so viel angestoßen und würden gerne weitermachen, wir beantragen bei unterschiedlichen Gebern eine neue Finanzierung, aber bisher ohne Erfolg. ATMO Ali Unkrautzupfen Autorin: Ali Mboudou, der Gärtner der Baumschule, hat sich vor die Setzlinge gehockt und zupft das Unkraut aus den Pflanzbeuteln. Er ist behutsam, als wolle er die wertvollen Pflänzchen nicht beschädigen. Der Nachwuchs steht nach Alter und Größe geordnet in fünf unterschiedlichen Gruppen zusammen. Etwa 5000 Setzlinge seien es noch, schätzt Mboudou - nichts im Vergleich zur früheren Fülle. Tchere übersetzt ins Französische. O-TON Abakar Tchere Avant, il y avait plusieurs espèces qu'on produisait ici. On fait l'acacia raddiana, le citrus, le guyavier, on avait même fait des manguiers, on a les prosopis cineraria - bref toutes les espèces qui sont adapté dans la zone, nous on les fait. Sprecher 1: Früher haben wir unterschiedliche Arten gezogen. Wir hatten Akazien, Zitrusbäume und sogar Mangos, außerdem Prosopis cineraria - alle Arten, die für unsere Zone geeignet sind. Autorin: Tchere hat sich ein weißes Tuch um den Hals geschlungen, das er im Falle eines Sandsturms über das Gesicht ziehen kann. Dazu trägt er einen beigefarbenen Jeansanzug, er hat wie alle Förster im Tschad eine militärische Grundausbildung. Mboudou sieht in seiner blauen Jeans und einem grauen Hemd mit Nadelstreifen viel städtischer aus, eine Lesebrille hat er auf dem kahl gewordenen Kopf nach oben geschoben. 43 Jahre sei er alt, sagt Mboudou nach einigem Überlegen. ATMO Setzlinge gießen Autorin: Mboudou erzählt, dass er seit elf Jahren in der Baumschule arbeitet und weitermacht, obwohl sein Gehalt schon seit sieben Monaten ausgeblieben ist. Mboudou hat nicht sein gesamtes Leben in der kargen Region am Tschadsee verbracht. Zwischenzeitlich hat er sein Glück als Händler in der Hauptstadt versucht, aber der Gewinn war zum Leben zu mager. 2004 beschloss Mboudou, im benachbarten und erdölreichen Libyen nach Arbeit zu suchen, als Reinigungskraft verdiente er dort gutes Geld. Dann, 2011, begann in Libyen mit dem Sturz Gaddafis der libysche Bürgerkrieg. Mboudou floh nach Hause zurück. Als wenig später das Projekt der Großen Grünen Mauer begann und die Regierung dafür viele Arbeitskräfte einstellte, bewarb sich Mboudou um den Posten des Gärtners in Tall. Seit das Projekt zum Stillstand gekommen ist, schläft er ganz alleine hier draußen, damit niemand die Werkzeuge und Gerätschaften aus dem Wellblechschuppen stiehlt. O-TON Ali Mboudou Sprecher 4: Es fällt mir nicht leicht, alleine zu sein. Vor allem wenn ich daran denke, was alles passieren kann: Ich könnte krank werden oder sterben - und wäre hier alleine. Wenigstens ist die Baumschule nicht weit von der Piste entfernt, die Menschen aus dem Dorf schauen häufig vorbei um zu sehen, wie es mir geht. Sie passen auf mich auf. Autorin: Manchmal brächten ihm die Leute aus dem Dorf etwas zu essen vorbei. Oder ein Motorrad, das er dann repariert, er hat mal Mechaniker gelernt, das hilft ihm jetzt, zu überleben. Außerdem nutzt er eine Ecke der verwaisten Baumschule als Feld, dort wachsen Mais und etwas Gemüse. O-TON Ali Abakar Comme sa famille est d'ici, et lui aussi, il connaît le terrain. Comment est ce que ça a changé? Est ce qu'il y a même plus d'ensablement maintenant, dans les dix années depuis qu il est revenus, ou bien qu'est ce qu'il a changé dans la region? Autorin: Ich frage Mboudou, wie sich die Gegend verändert hat. Weil er in der Nähe aufgewachsen ist, kann er das gut beurteilen. O-TON Ali Mboudou Sprecher 4: Vor rund 10 Jahren war hier überall Sand. An manchen Stellen hatte er schon die Pisten blockiert, man kam nicht mehr durch. Durch die Aufforstung wurde es viel besser. Ich bin nicht der Einzige, der sagt, dass wir den Sand in den Griff bekommen haben, sie können auch andere fragen. Das Projekt hat viel zum Bessern verändert. Autorin: Sein Chef Tchere erzählt, dass er auch seit sieben Monaten nicht mehr bezahlt wird, die Regierung habe schon seit 2016 kaum noch in das Projekt investiert. Damals geriet das Land, das seit gut zwanzig Jahren Erdöl produziert, in eine Wirtschaftskrise, die Preise auf dem Weltmarkt waren eingebrochen. Die Regierung, seit Jahrzehnten autoritär geführt, hat bisher nichts getan, um sich aus der Abhängigkeit vom Erdöl zu befreien. Misswirtschaft hat das Problem verschärft. Das zentralafrikanische Land bleibt eines der ärmsten der Welt. Etwa 69 Prozent der Beschäftigten leben von der Landwirtschaft. O-TON Abakar Tchere Sinon au fond je comprends pas pourquoi le gouvernement ne veut pas financer. Ça, ça dépasse un peu mon entendement. Sprecher 1: Im Grunde verstehe ich nicht, warum die Regierung unsere Arbeit nicht finanziert. O-TON Autorin C'est aussi peut être à cause de la guerre? Autorin: Vielleicht liegt es am Krieg, frage ich ihn. O-TON Abakar Tchere Oui, donc c'est aussi ça, c'est aussi ça. Comme on a dit: le gouvernement beaucoup plus met l'accent sur le côté sécurité. Sprecher 1: Ja, das spielt natürlich auch eine Rolle. Es heißt ja oft, dass sich die Regierung vor allem auf Fragen der Sicherheit konzentriert. Autorin Im Norden kämpft die Armee seit Jahren gegen bewaffnete Rebellen. Darunter die so genannte "Front für Wandel und Eintracht im Tschad". Sie soll auch für den Tod des langjährigen Militärherrschers Idriss Déby verantwortlich sein, er starb 2021 bei einem Besuch an der Front. Anschließend übernahm ein Militärrat unter Führung seines Sohnes Mahamat Déby die Macht. Ein gewaltloser Militärputsch, den der Westen ohne Vorbehalt billigte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich 2021 bei Débys Beerdigung an der Seite des Nachfolgers. Frankreich unterhält in seiner ehemaligen Kolonie seit deren Unabhängigkeit 1960 einen seiner größten Militärstützpunkte in Afrika. Der Tschad gilt auch anderen westlichen Staaten als Anker der Stabilität. Und als wichtiger Partner im Anti-Terrorkampf gegen islamistische Gruppen im Sahel. Im Gegenzug sieht der Westen über Vieles hinweg. Die tschadische Regierung geht seit Jahrzehnten hart gegen Kritiker vor, außerdem bleibt sie der Bevölkerung die wichtigsten staatlichen Leistungen schuldig. In das Gesundheitssystem oder die Bildung investiert sie kaum, dafür umso mehr in das Militär, nämlich knapp 20 Prozent des gesamten Haushalts. Und auch zu wenig in das Projekt der Großen Grünen Mauer - dabei könnte gerade das dabei helfen, die Probleme des Landes zu lösen, meint Tchere. O-TON Abakar Tchere Si vraiment on occupe tout le monde, je pense que si tu arrives à te suffire, est ce que tu as envie d'aller à l'étranger pour chercher de l'argent ? ou est-ce que tu as envie de faire... comment on appelle ca? La rebellion. Ou aller dans les Boko Haram ou aller voler? Si déjà tu as tous les moyens. Donc effectivement, c'est même une solution si le gouvernement arrive à financer certains de ses programmes. En tout cas, il y aura atténuation de certaines choses. Sprecher 1: Wer hätte noch Lust, auf der Suche nach Arbeit und Geld ins Ausland zu gehen, wenn alle hier ihr Auskommen hätten? Wer wollte sich noch den bewaffneten Rebellen anschließen? Oder Boko Haram? Wer ließe sich noch überreden zu stehlen? Es wäre also tatsächlich eine Lösung, wenn die Regierung wenigstens einige Projekte im Rahmen der Großen Grünen Mauer finanzieren könnte. Zumindest würden unsere Probleme etwas kleiner. Autorin: Ich denke wieder an das, was mir schon auf früheren Stationen dieses Projekts in den Sinn gekommen ist: Wer im Sahel über Bäume spricht, redet auch über Menschen: Vielleicht geben Ali Mboudou und Abakar Tchere ihre Träume deshalb nicht auf: Sie können sich das einfach nicht leisten. O-TON Ali Mboudou Sprecher 4: Solange es die Agentur für die Große Grüne Mauer noch gibt, wird sie weiter Geld für das Projekt beantragen. Jedes Mal schöpfen wir neue Hoffnung, dass es eines Tages weitergeht. ATMO Rinder im Tschadsee Autorin: Ich stehe an einem der größten Seen Afrikas und sehe kaum Wasser. Den Rindern, die gerade zum Trinken in den Tschadsee laufen, reicht es nur bis zum Bauch. Ihren Durst stillen sie in einem schmalen Streifen am Ufer, schon ein paar Meter weiter wuchern schwimmendes Gras und andere Pflanzen. Niemand im Auto spricht die Sprache der Hirten hier: Kanuri. Einer versucht es erfolgreich mit Arabisch. Die Hirten reagieren zuerst reserviert. Die islamistische Miliz Boko Haram hat sich rund um den Tschadsee ausgebreitet, Fremde sind schnell verdächtig. Der Tschadsee, Lebensader für etwa 40 Millionen Menschen, verändert sich dramatisch. Die Gründe: extreme Trockenzeiten, Staudämme und die Übernutzung zum Bewässern von Feldern. Immer schon hatte der sehr flache Süßwassersee eine stark wechselnde Uferlinie. Der Klimawandel hat das verstärkt: Der See dehnt sich bei Starkregen aus, überflutet Felder und vernichtet Ernten - oder zieht sich in Dürrephasen zurück. Mit dramatischen Folgen für die Menschen rund um den See. Das Gewässer ist zwischen den Staaten Niger, Nigeria, Kamerun und Tschad aufgeteilt. Rund um den Tschadsee sind über drei Millionen Menschen auf der Flucht: vor den Folgen der Klimakrise, vor Armut und vor der Gewalt der Islamisten. O-TON Maloum Bouloum Sprecher 3: Die Milizionäre stehlen Rinder, wenn sie uns überfallen. Sofern sie die Gelegenheit haben, entführen sie auch Menschen. Sie zwingen die Entführten, mit ihnen zusammenzuwohnen und für sie zu kämpfen. Ich habe selbst miterlebt, wie sie Verwandte von mir verschleppt haben. Ich selbst hatte Glück. Die Milizionäre haben sogar einige getötet. Sie haben schon 100 Mitglieder meiner Familie entführt. Wie es denen geht und ob sie noch leben, weiß ich nicht. Autorin: Das erzählt mir der Bauer Maloum Bouloum wenig später, ein schlanker Mann mittleren Alters. Der Terrorismus ist für Bouloum nicht das einzige Problem: O-TON 17 Maloum Bouloum Sprecher 3: In diesem Jahr hat es nicht genug geregnet. Ich habe nur sechs Säcke geerntet, im vergangenen Jahr waren es 13. ATMO Maiskörner / Hof des Viehhalters Autorin: Er spricht bedächtig und wirkt tief traurig, fast wie ein gebrochener Mann. Er trägt einen weißen Turban und ein beiges Gewand, das an den Rändern bestickt ist. Bouloum kämpft gegen vieles auf einmal: gegen extreme Trockenheit, gegen zu viel Wasser, und gegen seine Angst vor Boko Haram. ATMO Klappern von Maiskörnern in der Schüssel. Stimmen von Kleinkindern, Babys, Husten, Frauenstimmen Autorin: Frauen und Kinder sitzen im Schatten einer Plane und knibbeln Maiskörner von den Kolben. Rundherum liegen Körner zum Trocknen in der Sonne. Den Mais hat Bouloum von einem halben Hektar geerntet, den er in der Nähe des Dorfes bestellt. Sein größeres Feld ist ein paar Kilometer entfernt - und für ihn unerreichbar: O-TON Maloum Bouloum Sprecher 3: Seit acht Jahren traue ich mich dort nicht mehr hin. Autorin: Er fürchtet, Milizionären von Boko Haram in die Arme zu laufen, sobald er das Dorf verlässt. Deshalb hält Bouloum auch seine Herde nahe am Dorf: ihm gehören 30 Rinder, 20 Ziegen und drei Schafe. Für die finde er nicht mehr genug Flächen zum Grasen. O-TON Maloum Bouloum Sprecher 3: Das liegt auch daran, dass der Wasserpegel des Sees wieder gestiegen ist. Einige unserer Weiden sind überflutet. Außerdem ist Boko Haram jetzt überall. Unsere Weiden sind entweder vom Wasser oder von Boko Haram besetzt. Was uns bleibt, reicht nicht für unsere Tiere. Autorin: Dabei ist oft zu lesen, dass der Tschadsee schrumpft, sogar verschwinden könnte. Aber die Sache ist komplexer. In den 1960er Jahren war das Gewässer tatsächlich fast so groß wie Sizilien: 25.000 Quadratkilometer. Dann sank der Wasserspiegel nach einer schweren Dürreperiode in den 1970er Jahren dramatisch, übrig blieben nicht einmal zehn Prozent der Fläche. Heute ist der ehemalige See eine Art Seenplatte, die aus vielen kleineren Gewässern und Inseln besteht. Wuchernde Pflanzen verkleinern die offene Wasserfläche zusätzlich. Der Klimawandel beschleunigt die Austrocknung: Weil die Temperaturen steigen, verdunstet mehr. Trotzdem steigt der Wasserspiegel seit Anfang der 2000er Jahre wieder leicht an. Vor allem in den Regenzeiten verändert die Landschaft sich stark, dann verbinden sich die kleinen Seen wieder zu größeren Flächen. Omar Mohamad El Hadji ist Landwirtschaftsberater der Regierung und beim Gespräch dabei, weil er ins Französische übersetzt. Jetzt möchte er etwas ergänzen. O-TON Omar Mohamad El Hadji Ces Boko Harams, se sont des gens qui sont dans les îles, ils viennent, ils s'installent, pour faire du mal aux gens. La montée de l'eau, si l'eau monte, ils vont trouver l'accès. Dans l'eau, il y a des herbes aussi, ils vont se cacher pour faire du mal aux gens. Ils vont faire leurs opérations, ils sont nocturnes. Ils sortent la nuit, ils viennent pour attaquer les gens, pour faire du mal, et ils rentrent. Sprecher 4: Die Mitglieder von Boko Haram haben die Inseln im See erobert. Von dort aus überfallen sie die Dörfer am Ufer. Bei hohem Wasserstand können sie mit ihren Booten leichter agieren, sie finden Deckung hinter den Pflanzen, die auf dem Wasser treiben. Nach ihren Angriffen ziehen sie sich wieder auf die Inseln zurück. Autorin: Aus Angst vor der Terrorgruppe wagen sich viele Menschen nicht mehr hinaus, dabei haben die Anrainer früher auch vom Fischen gelebt. Wegen des Klimawandels wuchern Pflanzen, die auf dem Wasser treiben, immer stärker - und machen das Fischen zusätzlich schwer. Dass Bouloum überhaupt ein Feld bestellen kann, verdankt er den Vereinten Nationen: Das UN-Welternährungsprogramm hat der Bevölkerung von Melea im Jahr 2020 geholfen, einen Polder zu schaffen: ein Gebiet, das eingedeicht ist und dadurch vor Hochwasser geschützt. Von der neu gewonnenen Fläche hat Bouloum einen halben Hektar bekommen. Davon überlebt er jetzt mit seiner Frau und den gemeinsamen zehn Kindern. O-TON Maloum Bouloum Sprecher 3: Andernfalls hätte ich meine Tiere verkaufen müssen. Autorin: Das wäre sein Ruin gewesen, denn im Sahel sind die Herden das gleiche, wie ein Sparkonto in Europa: Braucht eine Familie Getreide, andere Lebensmittel, Schulgeld oder Medikamente, verkauft sie so viele Tiere, wie dafür nötig. O-TON Betoudji Ngakoudji Je suis Betoudji Ngakoudji, accordé au programm resilience au niveau du PAM, je suis basé au sous-bureau du lac. Sprecher 1: Ich bin Betoudji Ngakoudji und arbeite für das Resilienzprogramm des WFP hier am Tschadsee. Autorin: Ngakoudji ist mit mir unterwegs, er zeigt mir die Projekte des Welternährungsprogramms in der Region. O-TON Betoudji Ngakoudji Souvent ici au lac, les communautés elles même ont tendance donc à créer des barrages artisanales à la main que elles-mêmes font de façon traditionnelle. Et ces barrages-là, part le phénomène de changement climatique, souvent, on a des périodes de fortes pluies, comme on en a connu récemment, en 2019 et en 2022. Et ces fortes pluis-là entraînent très souvent la destruction des barrages qui sont construits donc de façon artificielle par les communautés. Et donc le PAM intervient en renforçant ces barrages-là, en faisant une construction plus solide à la machine, et en mettant aussi sur ces barrages, donc des vannes permettant donc de régler la gestion de l'eau au niveau de ces barrages. Et cela permet donc aux communautés d'exploiter en toute sécurité leurs parcelles. Sprecher 1: Hier am See bauen viele Menschen mit einfachen Mitteln Dämme, um ihre Felder und Dörfer vor Hochwasser zu schützen. Durch den Klimawandel gibt es immer häufiger Starkregen, so wie in den Jahren 2019 und 2022. Diesen extremen Regenfällen halten die traditionellen Dämme oft nicht stand. Das WFP unterstützt die Gemeinden nun beim Bau, mit Hilfe von Maschinen können wir solidere Dämme errichten. Außerdem bringen wir Schleusen an, damit die Anwohner die Wassermengen regulieren können, die auf ihre Felder fließen. So können sie ihre Felder sicher bewirtschaften. Autorin: Bis Ende 2023 entstanden nach Angaben des Welternährungsprogramms auf diese Weise 6000 Hektar Ackerland - eine Fläche, doppelt so groß wie Borkum. Bis Ende 2024 sollen noch einmal 1000 Hektar wieder fruchtbar werden. Insgesamt rund 10.000 Familien sollen dadurch am Ende ein neues Stück Land auf einem der Polder bekommen haben. Darunter auch viele Flüchtlinge. Tausende weitere hoffen ebenfalls auf ein Feld im Schutz eines starken Deiches Der Maisbauer Bouloum bittet das Welternährungsprogramm, noch mehr Polder zu bauen, damit die Bevölkerung ausreichend Ackerland hat. Ich frage ihn, warum er nicht die tschadische Regierung bittet - immerhin sitzt deren Landwirtschaftsberater Omar El Hadji bei diesem Gespräch als Sprecher vor ihm. O-TON Maloum Bouloum Sprecher 4: Den Staat gibt es schon viele Jahre. Aber nur das WFP unterstützt uns. Autorin: Dass die Menschen vom Staat nichts mehr erwarten, höre ich im Tschad und anderen Sahelstaaten häufig. Viele haben resigniert, manche sind verbittert. ATMO Chinesisches Restaurant Autorin: Mich umschwirren chinesische Stimmen - in der Hauptstadt N'Djamena bin ich in einem chinesischen Hotel untergekommen. Die meisten anderen Gäste sind europäisch, die französischen oder internationalen Alternativen sind offenbar nicht nur mir viel zu teuer. Auf den Straßen in der Stadt hält man mich erstmals für eine Chinesin, deren Präsenz ist offenbar das, womit die Menschen hier rechnen. Chinesische Unternehmen haben unter anderem die Erdölproduktion von westlichen Firmen übernommen. Tatsächlich ist es das angenehmere Missverständnis. ATMO N'Djamena Verkehr Autorin: Morgens beim Joggen komme ich mehrfach an einem Straßenhändler vorbei, der mich offenbar für eine Französin hält. Er schreit mir zu, ich solle zusammen mit allen anderen Franzosen schleunigst verschwinden. Und unterstreicht, was er sagt, mit Gesten. In der Hauptstadt treffe ich Mboudous und Tcheres Chef, den Direktor der tschadischen Agentur für die Große Grüne Mauer, Kodou Choukou Tidjani. O-TON Kodou Choukou Tidjani Je suis natif du désert. La vie au désert, c'est très difficile. L'ensablement aujourd'hui ravage tout. Le changement climatique aussi emporte tout. Donc la vie devient de plus en plus difficile dans les coins très reculés. Sprecher 3: Ich bin in der Wüste geboren und weiß, wie schwierig das Leben dort ist. Der Vormarsch des Sandes zerstört mittlerweile alles. Der Klimawandel kommt noch hinzu. Das Leben wird in den abgelegenen Regionen immer schwieriger. O-TON Kodou Choukou Tidjani Moi, j'ai fini l'Université du Québec à Montréal en 2000, je suis rentré au pays. J'ai été intégré à la fonction publique en 2002 et une fois intégrée. Je gérais onze ministères. J'ai des des cinq ou six différents ministères. On m'a nommé DAF du Premier ministre, directeur administratif et financier du Premier ministre. Et après ça, je suis revenu t actuellement comme DG de la Grande Muraille Verte. Autorin: Tidjani erzählt, dass er in Kanada studiert hat und anschließend zurückgekommen ist. Seit 2002 steht er in den Diensten des Staates, hatte leitenden Funktionen in elf Ministerien, war zwischendurch für die Verwaltung und die Finanzen des Premierministers zuständig. Seit Anfang 2022 leitet er das Projekt der Großen Grünen Mauer. O-TON Kodou Choukou Tidjani Comment appellent les gens de PAM: La Grande Muraille verte est une muraille contre la faim. C'est pas seulement planter des arbres, c'est aussi planter les pôles ruraux, c'est à dire la fixation des gens dans leur contrée. C'est aujourd'hui surtout non seulement sur la fixation des sols, c'est la fixation du terroir, mais la fixation des hommes qui y vivent. S'il y a la volonté politique y est, s'il y a la bonne gouvernance qu'y est, - je crois que c'est réalisable. Sprecher 3: Die Leute vom UN-Welternährungsprogramm sprechen von einer "Mauer gegen den Hunger". Es geht ja nicht nur darum, Bäume zu pflanzen, sondern darum, ländliche Entwicklungszentren zu schaffen, um die Menschen in ihrer Heimat zu halten. Wir wollen nicht nur die Dünen stabilisieren, sondern die Menschen, die dort leben. Wenn der politische Wille da ist und eine gute Regierungsführung, dann halte ich diese Vision für realisierbar. Autorin: Daran aber, das räumt Tidjani ein, scheine es bisweilen zu mangeln. O-TON Kodou Choukou Tidjani Nous avons eu à gérer plusieurs projets au niveau de la GMV,... Et je crois que c'est la gestion de projet pendant les dix dernières années, elle n'est pas aussi aussi grande. Nous ne pouvons pas dire qu'on atteint plus de 30 % de projet à gerer. Sprecher 3: Wir haben Einiges auf die Beine gestellt, aber in den vergangenen zehn Jahren wurde das Projekt nicht gut geführt. Wir haben bis jetzt kaum ein Drittel von dem geschafft, was wir uns vorgenommen haben. O-TON Autorin Et combien d'argent, est ce que le Tchad a déjà investi dans le projet de la GMV? O-TON Kodou Choudou Tidjani Moi, je voudrais quand même vous dire que je ne peut pas avoir le chiffre exact, mais je peux savoir que le Tchad même sur le fonds propres à injecter au niveau de GMV plus de 6 milliards - 6 milliards je dis! - ça, c'est le fonds propres de l'Etat tchadien. En dehors des subventions, des dons et aussi des fois des financements des partenaires. Donc l'Etat a injecté beaucoup d'argent pour lancer cette structure qui ne devrait pas être à cette heure, à cette place là. Autorin: Wie viel Geld genau der Tschad schon in das Projekt investiert habe, könne er nicht sagen, jedenfalls mehr als sechs Milliarden zentralafrikanische Francs. Das wären umgerechnet etwa neun Millionen Euro - abgesehen von den Beiträgen unterschiedlicher internationaler Geldgeber. O-TON Kodou Choudou Tidjani Ce n'est pas l'argent qu'on a mis sur l'agence qui devrait faire normalement ce qui est fait sur le terrain. On est très, très loin. Sprecher 3: Gemessen an dem, was schon investiert wurde, sind die Ergebnisse vor Ort mager. Wir sind sehr, sehr weit von unseren Zielen entfernt. Autorin Donc l'argent est disparu. Autorin: Es ist also Geld verschwunden? O-TON Kodou Choudou Tidjani C'est évident, c'est évident, c'est évident. Et je dis ça avec empressement de cœur, parce que ça me fait mal, très mal, parce que je suis arrivé à faire tourner cette agence-là. Quand je suis arrivé dans cette agence, j'ai trouvé 3 millions de FCFA. 3 millions. C'est qu'on ne peut même pas payer les salaires des agents de l'agence. Sprecher 3: Das ist offensichtlich. Ich sage das, obwohl mir das im Herzen weh tut. Ich bin gekommen, um diese Agentur ans Laufen zu kriegen. Als ich meinen Posten übernommen habe, fand ich noch drei Millionen zentralafrikanische Francs vor, das reichte noch nicht einmal, um die Gehälter der Angestellten zu bezahlen. Autorin: Tidjani betont, die Gelder internationaler Geber seien korrekt verwendet worden. Und dass sich die Verhältnisse bereits ändern würden. O-TON Kodou Choudou Tidjani Donc, en six mois, j'ai pu capitaliser plusieurs millions pour qu'on puisse avancer. Aujourd'hui, les agences commencent à souffler. Moi, j'ai la ferme conviction que ce projet est un projet réalisable, mais avec vraiment un regard particulier mondiale, pas seulement africaine ou bien pas seulement pour les onze pays. Sprecher 3: Innerhalb von sechs Monaten konnte ich schon mehrere Millionen Francs für unser Budget sichern, damit wir vorankommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Projekt realisierbar ist. Wir brauchen dafür aber die Unterstützung der Welt, nicht nur Afrikas oder der elf beteiligten Länder. Autorin: Schließlich seien die Industrieländer für den Klimawandel verantwortlich, weil vor allem sie fossile Brennstoffe nutzen. Nach den jüngsten Zahlen trug der Tschad 2022 nur 0,006 Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß bei. Der gesamte afrikanische Kontinent hat einen Anteil von vier Prozent. Obwohl die Sahelstaaten die globale Klimaerwärmung kaum mit verursachen, sind die Folgen hier besonders spürbar: Die Temperaturen steigen hier 1,5 Mal schneller, als im globalen Durchschnitt. ATMO Schulhof St Etienne O-TON Aicha Mahamat Ahmat Je m'appelle Aïcha Ahmad Mohammad. Je suis en seconde S au lycée Collège Saint Etienne, âgé de quinze ans, et je suis aussi élève depuis cinq ans ici. Je suis presidente du club écologique du lycée Collège Saint Etienne. Sprecherin 1: Ich heiße Aïcha Ahmat Mohammad. Ich bin 15 Jahre alt und gehe in die 11. Klasse des Gymnasiums St. Etienne, ich besuche den naturwissenschaftlichen Zweig. Ich bin die Präsidentin des Umweltclubs an unserer Schule. ATMO Vogelstimmen im Garten am Lycee St Etienne O-TON Aicha Mahamat Ahmat Depuis ma naissance, j'aimais l'environnement. Je suis née aussi dans une ville verte et c'est pourquoi quand j'étais venue ici, j'avais vu que l'école était vraiment vide, aride et des trucs comme ça. Je me suis trop habituée avec les plantes, parce que durant toutes mes pauses, je passais ça sous les arbres. Et quand j'ai vu que l'établissement manquait un peu des arbres, je me suis décidée à être présidente dans le club écologique pour pouvoir plus faire de mes expériences, que j'ai vécu à ça. Et aussi aider l'établissement à avoir un environnement sain et un environnement non pollué, et aussi à avoir des élèves responsables vis à vis de leur environnement. Sprecherin 1: Ich habe die Umwelt immer schon geliebt. Ich wurde in einer Stadt im Tschad geboren, die viel grüner ist, als N'Djamena. Als wir hierhergezogen sind und ich auf diese Schule kam, fiel mir sofort auf, wie leer und trocken das Schulgelände ist. Vorher hatte ich meine Pausen immer im Schatten von Bäumen verbracht, und weil hier Bäume fehlten, habe ich beschlossen, Präsidentin unseres Umweltclubs zu werden. Ich möchte meine Erfahrungen einbringen und mithelfen, dass das Schulgelände sauberer wird. Und dass die anderen Schülerinnen und Schüler mehr Verantwortung für ihre Umwelt übernehmen. ATMO Schulhof Autorin: Viele junge Menschen im Tschad wollen sich nicht mehr allein auf ihre Regierung verlassen, auch nicht beim Kampf gegen die Folgen der Klimakrise. In den Schulen des Landes sind seit 2011 dutzende Umweltclubs entstanden, so wie der, den Aïcha leitet. Die Bewegung nennt sich "Grüne Zone im Sahel", kurz EVS. ATMO Schulhof Autorin: In einem Bereich des Schulhofes wachsen nun Neem-Bäume. O-TON Aicha Mahamat Ahmat On avait planté ca l'année passé, et c'était un don de l'ONG EVS, pour ameliorer le climat de notre etabilissement. Sprecherin 1: Die haben wir im vergangenen Jahr gepflanzt. Die Setzlinge haben wir von der Organisation EVS bekommen, damit das Klima auf unserem Schulhof besser wird. Autorin: Tatsächlich ist es hier angenehm, während die Luft über dem Schulhof schon jetzt am Vormittag glüht. An diesem Gymnasium machen bei dem Club rund 30 Schüler mit, die meisten sind Schülerinnen. ATMO Schulhof Unkraut Ja¨ten, Gießen, Singen Kurz frei, dann weiter unter dem Text Autorin: Jetzt nutzen sie die Pause, haben sich Spaten und zwei Gießkannen geschnappt, und pflegen ihre kleine Grünanlage. Ihre Schuluniformen - blauer Rock, weiße Bluse - scheinen sie bei den Arbeiten nicht zu stören. O-TON Aicha Mahamat Ahmat Quand j'ai des soucis et que je reste dans un environnement sain, calme, je me sens - wow. Parce que auparavant, quand c'était la date de mon anniversaire, bien sûr, il pleuvait. Le 9 septembre, il pleuvait. Mais cette année, il avait plu, mais c'était une petite quantité. Et en plus de tout ça, avant, il ne faisait pas chaud en septembre. Mais cette année, c'est du gâchis. On a aussi - comment on appelle - on peut dire que dans le désert du Tchad, il y a la famine également. J'ai vraiment pas vécu là-bas, mais j'ai des oncles là-bas où je les demande. Ils disent que ça ne va pas. Les habitants sont obligés d'utiliser trois litres par jour d'eau seulement pour se laver, pour la cuisine et tout. Alors que nous, ici, on gaspille très souvent de l'eau. Même moi j'ai remarqué ça. Alors j'ai arrêté de gaspiller l'eau. Et aussi d'interdire à ma famille d'utiliser les plastiques, et on trie également les déchets avant d'aller les jeter. Il y a certaines déchets, on les recycle, moi et mes frères. On fait ça chaque weekend. Et on aide aussi les gens du quartier à nettoyer le quartier, enlever les saletés du caniveaux. Sprecherin 1: Wenn ich mal Sorgen habe und wenn ich dann in einer sauberen, ruhigen Umgebung sein kann, dann fühle ich mich - wow. Ich habe am 9. September Geburtstag. Früher war das in der Regenzeit, und im September war es früher nicht sehr heiß. Letztes Jahr hat es rund um meinen Geburtstag nur ein bisschen geregnet, und die Temperaturen waren unerträglich. Außerdem hungern jetzt Menschen in den Wüstengebieten des Tschad. Ich habe nie in der Wüste gelebt, aber ein Teil meiner Familie wohnt dort. Meine Onkel erzählen mir, dass es dort kaum noch auszuhalten ist. Und dabei dürften die Menschen jetzt jeden Tag nur noch drei Liter Wasser verbrauchen, zum Waschen, Kochen und Trinken zusammen. Während wir hier in der Stadt sehr oft Wasser verschwenden. Ich achte inzwischen darauf, nichts mehr zu verschwenden. Und meiner Familie verbiete ich, Plastik zu benutzen. Wir haben angefangen, Müll zu sortieren. Meine Brüder und ich helfen außerdem den Leuten in der Nachbarschaft, unser Viertel sauber zu halten und den Dreck aus den Abwasserkanälen zu holen. ATMO Auf dem Hügel Ausschau nach Rindern O-TON Djeralar Miankeol Ceux-là, je crois ils viennent ici. Ca la, tu vois ? Au moins 500. Sprecher 2: Siehst Du die dahinten? Ich glaube, die kommen hierher. Das sind mindestens 500. Autorin: Ich stehe im letzten Tageslicht auf einem Hügel neben Djeralar Miankeol, wir halten Ausschau nach Rindern. Die Ebene ist bis zum Horizont grün, dicht an dicht stehen Büsche. Miankeol ist Agraringenieur und kämpft im Süden des Tschad seit Jahren für die Landrechte von Bäuerinnen und Bauern. Er hat eine zivilgesellschaftliche Organisation gegründet, sie heißt Ngaoubourandi, Regenbogen. Die Mitglieder wehren sich gegen Landraub durch Erdölunternehmen, gegen Korruption im Erdölsektor, und gegen jede unrechtmäßige Enteignung von Bäuerinnen und Bauern. O-TON Djeralar Miankeol La question foncière, le capital foncier, c'est un facteur d'existence. Sprecher 2: Die Landfrage hat bei uns existentielle Bedeutung. ATMO abends, Rinderherde zieht fressend vorbei an Djeralars Feld Autorin: Direkt neben dem Hügel hat Miankeol ein Feld, das er mir zeigt. Der Sohn eines Bauern ist Landwirt mit Leidenschaft. Miankeol ist groß und kräftig, man sieht ihm an, dass er zupacken kann. Außerhalb der Stadt Moundou im Süden des Tschad baut er Perlhirse, Mais und Gemüse an. Sein Land hat er eingezäunt, damit fremde Rinder und Ziegen sein Getreide nicht zertrampeln oder seine Ernte vernichten. Miankeol zeigt auf eine Lücke im Zaun, jemand hat den Stacheldraht zerschnitten. O-TON Djeralar Miankeol Tu vois, ils ont... ca ce n'est pas les traces des animaux, c'est les hommes. Des bouviers. Ils viennent - attention, il y a des épines, ça va te piquer... attends, je vais te prendre ça. Sprecher 2: Siehst Du hier - das sind nicht die Spuren von Rindern, sondern von Menschen. Von Hirten. Sie kommen und - pass auf! - Da sind Stacheln. Warte, ich drücke den Draht weg, damit Du durchkommst. ATMO Gehen über Miankeols Feld Autorin: Im Weitergehen erklärt mir Miankeol, die Hirten hätten den Zaun mit Absicht kaputt gemacht, damit die Rinder seine Hirse und den Mais fressen könnten. Im Tschad leben rund 69 Prozent der Menschen von Landwirtschaft oder Viehhaltung, in anderen Sahelländern ist der Anteil ähnlich hoch. Bauern und Viehhalter brauchen Land oder zumindest den Zugang dazu. Aber fruchtbares Land wird immer knapper: Weil die Bevölkerung wächst, und weil viele Flächen auch infolge des Klimawandels unbrauchbar werden und veröden. In vielen Sahelstaaten, auch im Tschad, kommt es immer öfter zu blutigen Konflikten zwischen Bauern und Viehhaltern. Die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Regierungen der Sahelstaaten sind deshalb mit den Folgen des Klimawandels noch gestiegen: Sie müssen die Verteilung der knappen Ressourcen managen, Konflikte schlichten und die vereinbarten Regeln durchsetzen. ATMO Gehen, Insekten Kurz frei, dann weiter unter dem Text Autorin: Wir blicken über grünes Buschland, hier regnet es viel, die Erde ist fruchtbar. Moundou ist 470 Kilometer von N'Djamena entfernt, und fast 800 Kilometer von der Baumschule in Tall, die nur dank der Aufforstung noch nicht von Sanddünen begraben wurde. Miankeol hat mehrere Rauchsäulen ausgemacht. Für die Nacht treiben die Hirten ihre Rinderherden jeden Abend zusammen und zünden ein Feuer zum Kochen an. Gras und Büsche wachsen hier hoch, wir kommen beim Gehen nur langsam voran. ATMO Miankeol im Gespräch mit den Hirten Autorin: Miankeol ruft den Männern den arabischen Gruß zu: Salam Aleikum, Friede sei mit Euch. Wir sind noch etliche Meter entfernt von dem Camp entfernt. Vielleicht sechzig Rinder stehen im Kreis, bewacht von etlichen jungen Männern. Ich folge dicht hinter Miankeol, weil ich aufnehmen will, was er sagt. O-TON Djeralar Miankeol Attendez, attendez, attendez. Celui-là, il est trop dangereux hein. Sprecher 2: Komm nicht so nah, diese Leute sind gefährlich. ATMO Djeralar Miankeol und Hirten Autorin: Die Hirten könnten bewaffnet sein. Miankeol möchte verhindern, dass die Hirten begreifen, dass ich Journalistin bin. O-TON Autorin Qu'est-ce qu'il dit? Autorin: Zwischendurch bitte ich ihn immer mal wieder um eine Übersetzung. Djeralar Miankeol J'essaie de leur faire comprendre que ça fait déjà 5 fois que les animaux sont allés manger dans mon champ de ferme là. Et maintenant, il a ramené un animal ici. J'essaie donc de leur faire comprendre que si une de ses vaches meurt là-bas, il ne va pas l'accepter. Je ne veux pas non plus que mon plant de millet soit détruit. C'est ce que j'essaie de leur dire. Sprecher 2: Ich habe den Hirten erklärt, dass schon fünf Mal Rinder zum Fressen in meine Felder eingedrungen sind. Und jetzt übernachten sie mit ihrer Herde hier, ganz in der Nähe meines Feldes. Ich habe ihnen gesagt, dass sie es ja auch nicht mögen würden, wenn eins ihrer Rinder sterben würde. Genauso wenig möchte ich, dass meine Hirsepflanzen zerstört werden. O-TON Djeralar Miankeol Ah! Non, je lui ai demandé pourquoi il n'y avait que des mâles. Il dit que c'est pour le commerce. C'est pour ça qu'il n'y a que des mâles. Sprecher 2: Ich habe ihn gefragt, warum er nur Stiere in der Herde hat. Er hat gesagt, dass sie die Rinder mästen und verkaufen, deshalb haben sie nur Stiere. O-TON Autorin À qui appartiennent-ils ? Autorin: Ich frage, wem die Herde gehört. Djeralar Miankeol Non, ils me disent que c'est pour les grands marchands et qu'ils ne sont pas concernés. Ils sont seulement engagés pour faire le travail. Bon, on va partir parce qu'ils ne coopèrent plus. On va partir, c'est tout. Ca n'a rien à voir avec les éleveurs. C'est des gens qui sont employés, c'est des marchands qui prennent les animaux et c'est des animaux, c'est que des mâles, hein. Sprecher 2: Sie sagen, dass die Tiere einem großen Händler gehören. Sie sind nur zum Hüten angeheuert. Aber lass uns gehen, sie sind misstrauisch geworden und wollen nichts mehr sagen. Das sind keine Viehzüchter, hier geht es nur um Kommerz, die Besitzer sind Viehhändler - sonst bestünde nicht die ganze Herde aus Stieren! ATMO Auto fahren Autorin: Da es dunkel wird, fahren wir Richtung Moundou zurück. Am Vortag hat es heftig geregnet, die unbefestigte Straße ist zum Teil schwer zu passieren. Miankeol zeigt auf ein Grundstück, an dem wir vorbeifahren. O-TON Djeralar Miankeol Sprecher 2: Der Besitzer hat früher für den Zoll gearbeitet. Autorin: Nach ein paar Metern zeigt Miankeol auf ein weiteres Grundstück: O-TON Djeralar Miankeol Ca aussi, c est un ancien militaire, il a pris tout ici, tu vois, ces animaux sont dedans. Sprecher: Das hier gehört auch einem Militär im Ruhestand. Dem gehört hier viel Land, seine Herde ist hinter der Mauer. ATMO Hintergrund Büro Autorin: Am nächsten Morgen sitzen wir im Büro der Organisation Ngaoubourandi, die Miankeol leitet. Miankeol trägt einen Zweiteiler aus einem bunt gemusterten afrikanischen Stoff. O-TON Djeralar Miankeol Moi j'ai des cartes, j'ai des cartes et des cartes Ici, c'est pour expliquer l'évolution des conflits, d'où est ce que ça vient, comment ça a évolué Sprecher: Ich habe einige Karten, an denen ich zeigen möchte, wie sich die Konflikte in den vergangenen Jahren entwickelt haben. ATMO Hintergrund Büro Autorin: Die Karten hat er sorgfältig aufgezogen und gerahmt, sie hängen an der Wand. O-TON Djeralar Miankeol Aujourd'hui on a des conflits partout, tous les jours en saison pluvieuse, la zone ici, on a toujours des cas d'assassinats, les bouviers qui sont armés, qui tuent des paysans, les paysans qui réagissent, et puis voilà - les cases qui sont brûlées etc etc. Pour mieux comprendre ce qui se passe ci au sud du Tchad, les conflits commencent à s'accentuer, commencent à évoluer. Il faudrait vraiment remonter dans le temps. Sprecher 2: Heute haben wir in unserer Region überall Konflikte, in der Regenzeit täglich: bewaffnete Viehhirten töten Bauern, die Bauern rächen sich, Hütten werden abgebrannt und anderes mehr. Um besser zu verstehen, was hier im Süden des Tschad passiert, muss man in der Zeit zurückgehen. Autorin: Der Süden des Tschad sei bestens für Landwirtschaft geeignet, früher habe es hier fast acht Monate im Jahr geregnet. O-TON Djeralar Miankeol Donc on a à partir de décembre, janvier, février, mars c'eet la saison sèche, on a récolté. Et donc les animaux, ils peuvent venir profiter des résidus de récoltes comme pâturage, et puis après ils partent. On appelle ça la transhumance. // 2:46 Donc dans les deux cas, chacun est gagnant gagnant. Sprecher 2: Zwischen Dezember und März war Trockenzeit, es wurde geerntet. Wenn die Ernte eingebracht war, kamen die Viehhalter aus dem Norden mit ihren Herden. Sie trieben die Tiere auf die Felder, dort fraßen sie die Überreste der Ernte, und düngten die Äcker mit ihrer Hinterlassenschaft. Danach zogen sie wieder in den Norden zurück. Das nennt man Transhumanz, Wanderviehwirtschaft. Beide Seiten haben davon profitiert. Autorin: Die Viehhalter hätten ihr Kommen vorab durch BO-Tonen angekündigt und gefragt, ob die Bauern bereit seien. Die traditionellen Dorfchefs hätten dann alle Einwohner alarmiert, dass nun die Herden kämen. Damit keine Felder zertrampelt wurden, gab es allen bekannte Vieh-Wanderwege, die nach gegenseitiger Absprache festgelegt wurden. Miankeol zeigt auf seine erste Karte: In den frühen 1980er Jahren habe es rund um Moundou drei solcher Wanderwege gegeben. O-TON Djeralar Miankeol Les politiques est venu rentrer dedans dans les années 90er. A partir de 90, avec le changement de régime, il y a des autorités qui ont commencé par s'installer ici en tant que gouverneur, en tant que préfet, et ils ont commencé à installer les éleveurs. Donc ils sont venus avec les pratiques ou la transhumance ou les ça repart, puis ils commencent par s'installer. Sprecher 2: In den 90er Jahren kam die Politik ins Spiel. Es gab es einen gewaltsamen Regimewechsel. Neue Behörden kamen, andere Gouverneure und Präfekte. Sie ließen sich hier nieder und fingen an, große Rinderherden zu halten. Die Herden zogen herum, wie in der Praxis der Transhumanz, aber statt nach der Trockenzeit wieder nach Norden zu wandern, fingen sie an, sich hier niederzulassen. Autorin: Das hatte noch nichts mit dem Klimawandel und der Trockenheit im Norden zu tun, meint Miankeol, sondern mit einer Mischung aus Macht und kommerziellem Interesse: Die meisten Vertreter des Staates stammten nun aus Volksgruppen, die traditionell Viehhalter waren und im Norden des Landes lebten. Nun führte ihr Amt sie in den Süden, die Praxis der Viehwirtschaft nahmen sie mit. In der kargen Landschaft des Nordens hatten die Viehhalter keine andere Chance, als mit ihren Herden auf der Suche nach Futter herumzuziehen. Im dicht besiedelten Süden mit seinen vielen Äckern sind Viehherden, die ganzjährig frei herumziehen und in die Felder laufen, eine Katastrophe. Und während die traditionellen Viehhalter früher Herden von 30 oder 50 Tieren hatten, hätten die Militärs oder Staatsangestellten das Geld für riesige Herden. O-TON Djeralar Miankeol C'est des milliers de tetes. Et maintenant, pour que des animaux soient mieux prO-Tonégés, ils vont armer maintenant les bouvier. Les bouvier ne respectent plus les règles sociales qui sont établies. Ce n'est plus une affaire des éleveurs - agriculteurs, c'est une affaire de ce qu'on appelle les néo éleveurs. C'est des gens qui ont un nom, ils ont le pouvoir, mais ils ont aussi des bouvier qui sont armés. Et comme ils ont le pouvoir, ils sont au dessus de la loi et ils y vont. Mais ils vont laisser les animaux qui vont nourrir gratuitement. Sprecher 2: Das sind Tausende von Köpfen. Damit die Tiere besser geschützt sind, bewaffnen sie die Viehtreiber. Und diese Viehtreiber halten sich nicht mehr an die sozialen Regeln, die einmal aufgestellt wurden. Hier geht es nicht mehr um eine Sache zwischen Viehzüchtern und Landwirten, sondern um sogenannte Neo-Züchter. Das sind Leute, die politische Macht haben und nebenbei Viehzucht betreiben. Da sie die Macht im Staat haben, stehen sie über dem Gesetz. Ihre Profite sind enorm, denn sie müssen für das Futter der Tiere ja nichts bezahlen. Autorin: Das Ziel sei die möglichst schnelle Mast, um die Rinder dann verkaufen zu könne. O-TON Djeralar Miankeol Un autre element économiques ici c'est que vous êtes à la frontière du Nigeria et du Cameroun. C'est plus facile de sortir des animaux, aller les vendre au Nigeria et au Cameroun. Ici, on vend bovins en ce moment là dans les 250. Un gros vers les 200, 250, 300.000. Mais vous allez au Nigeria ou Cameroun, à cO-Toné, le prix est doublé. Sprecher 2: Hier gibt es noch einen zweiten wirtschaftlichen Vorteil: Wir sind ganz in der Nähe der von Nigeria und Kamerun. Es ist ein leichtes, die Tiere über die Grenze zu bringen und dort zu verkaufen. Hier im Tschad kriegen Sie für ein Rind im Moment etwa 250.000 Francs, für ein ganz großes vielleicht 300.000. In Nigeria und Kamerun ist der Preis doppelt so hoch. Autorin: Er zeigt auf seine letzte Karte an der Wand: das Gebiet ist von Wanderwegen für die Herden durchzogen. Anders als früher würden sie aber nicht mehr zwischen Landwirten und Viehhaltern vereinbart, sondern von staatlichen Stellen verkündet. Die Bauern beschwerten sich oft, dass die Wege durch ihre Felder liefen. Die Vertreter des Staates erklärten dann, die Bauern hätten ihre Äcker verbotenerweise mitten auf den Wegen angelegt. O-TON Djeralar Miankeol Et quand les paysans ouvrent la bouche, on leur tire dessus. On les met en prison. Donc ceux qui sont, puisque vous allez, vous allez vous plaindre où ? Si vos champs se font detruiere, vous allez voir l'autorité locale qui est le sous préfet ou le préfet ou la brigade. Mais puisque eux même ici, soit eux-mêmes, ils sont des pratiquants, ou même eux même ils sont des amis des grands commerçants, ou bien eux mêmes, ils ont des oncles qui sont commerçants, qui sont a N'Djamena. Sprecher 2: Und wenn die Bauern den Mund aufmachen, wird auf sie geschossen, oder sie landen im Gefängnis. Wohin sollen sie gehen, um sich zu beschweren, wenn ihr Feld zerstört ist? Sie wenden sich an die örtlichen Vertreter des Staates, also an den Präfekten oder den stellvertretenden Präfekten oder den Kommandanten der Armee. Die halten entweder selbst große Herden, oder haben Freunde, die große Viehhändler sind, oder haben Verwandte, die Händler haben und in N'Djamena sind. ATMO Autofahrt Autorin: Am nächsten Tag fahre ich mit einigen Bauern durch die Dörfer rund um Moundou. Gilbert Djerekom will mir das Dorf zeigen, in dem er früher lebte - die Bewohner hätten vor zehn Jahren aufgegeben, weil große Viehherden ihre Ernten immer wieder vernichtet hätten. Wir kommen an einem Feld mit Sesam vorbei, in dem dutzende Rinder fressen, die Hirten stehen seelenruhig daneben. Der Anblick erscheint mir komplett unwirklich - der Anblick großer, freilaufender Herden ist mir bisher nur aus den kargen Regionen des Nordens bekannt, oder auf abgeernteten Feldern, wenn es auch im Süden trocken ist. Jetzt stehen sie inmitten von Pflanzen, die weit höher sind als sie selbst. In einem anderen Sesamfeld sehen wir aus Plastikplanen selbst gebaute Zelte: die Bauern übernachteten hier, erklärt Djerekom, um das Schlimmste zu verhindern. Er selbst sei aus der Gegend geflohen, nachdem er eine Todesdrohung erhielt. ATMO Gilbert/verfallenes Dorf Autorin: Er zeigt aus dem Auto heraus auf mehrere Ruinen. 12 Jahre, nachdem die Bewohner geflohen sind, hat der Busch sich das Dorf zurückerobert: Alles ist überwachsen, von den Häusern sind nur noch ein paar Steine zu sehen. So seien viele Dörfer fast verschwunden, sagt Djerekom. Dass irgendwo mal ein Dorf war, erkenne man am besten an den mächtigen Mangobäumen: sie markieren hier überall den Versammlungsplatz. Ich würde gerne mit Vertretern der Regierung über die Vorwürfe von Miankeol und den anderen Bauern sprechen, aber an die komme ich nicht heran. So bleibt, unwidersprochen, mein Eindruck zurück, dass die Vertreter des Staates Konflikte nicht schlichten, sondern schüren, und die Verteilung der Ressourcen nicht ohne Eigennutz regeln, sondern in erster Linie die eigenen Interessen bedienen. ATMO Ende Autorin: Im Frühjahr 2024 schreibe ich Abakar Tchere, mit dem ich in Tall in der Baumschule war. Ich frage ihn, ob sie wieder arbeiten, ob die Agentur für die Große Grüne Mauer wieder Geld hat. Ja, schreibt er zurück, viele Projekte seien angelaufen und es werde viel gepflanzt. Dank einer Finanzierung der Vereinten Nationen, darunter das Welternährungsprogramm. Ali Mboudou ist in der Baumschule nicht mehr allein, 600 Arbeiterinnen und Arbeiter seien jetzt wieder für die Große Grüne Mauer beschäftigt, Tagelöhner und Festangestellte. Außerdem zahle die Regierung nun schon länger wieder regelmäßig die Gehälter. Vielleicht hat also Kodou Choukou Tidjani nicht nur dahergeredet, der Direktor der tschadischen Agentur für die Große Grüne Mauer. Sondern kämpft tatsächlich dafür, das Projekt neu zu beleben. Sprecher In der nächsten Folge O-TON Ausblick Äthiopien Sprecher 3 Die grüne Mauer Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Feature-Reihe von Bettina Rühl Folge 4 - Im Tschad: Die Träume der Förster Es sprachen: Jean-Paul Baeck, Hüseyin Michael Cirpici, Jochen Langner, Claudia Mischke, Heiko Obermöller, Anna Panknin, David Vormweg und die Autorin Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Thomas Widdig Faktenckeck: Leo Becker, Johanna Klenke, Kathrin Krautwasser, Linos Meier, Lenny Münch, Patricia Peter und Sarah Schmidt Regie: Anna Panknin Redaktion: Wolfgang Schiller Die Recherche wurde gefördert von der Film und Medienstiftung NRW. Eine Produktion des Deutschlandfunks 2024 Alle Folgen auf hörspielundfeature.de, in der Deutschlandfunk App und im Podcast Dlf Doku. 32