Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Die Vertriebenen von Louisiana Wie Landzerstörung Indigene zur Umsiedlung zwingt Autor: Egon Koch Regie: Claudia Kattanek Redaktion: Nikolaus Steiner, Christiane Habermalz Produktion: WDR/HR/Deutschlandfunk/ORF 2023 Erstsendung: Dienstag, 05.12.2023, 19.15 Uhr Es sprachen: Es sprachen: Svenja Wasser, Jonas Baeck, Ralf Drexler, Justine Hauer, Axel Holst, Tom Jacobs, Claudia Mischke und Jürgen Sarkiss Technische Realisation: Olaf Dettinger Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Atmo: Sturm / Brandungswellen Atmo: Sirenensignal "Alarm" USA Gleichbleibender Dauerton Musik Wetterbericht Hurricane IDA (Sunday Today) Reporter Al Roker: This will most likely be one of the top five strongest landfalls ever ... 150 miles per hour winds and it is a beast just getting stronger ... and you can see a very angry body of water right now. And this system is just making its way through the gulf and toward us. Category 4. Sprecher: Nach Angaben des US National Hurricane Center erreichte der Wirbelsturm IDA über der Küste von Louisiana am 29. August 2021 mehr als 230 Kilometer in der Stunde, ein Sturm der Kategorie 4 - "extrem". Zu Kategorie 5 -"katastrophal"- fehlten nur 11 Kilometer in der Stunde. O-Ton: Lora Ann Chaisson The hurricanes are getting stronger, lasting longer. This last hurricane, IDA, it lasted for hours. Normally, a hurricane is in and out. How many we've had in the last few years? A lot. You never heard that before. And so, yeah, the land loss is significant. Voice Over Sprecherin 1: Die Wirbelstürme werden immer stärker und halten länger an. Dieser letzte Hurrikan, IDA, dauerte Stunden. Normalerweise ist ein Wirbelsturm schnell wieder vorüber. Wie viele hatten wir in den letzten Jahren? Der Landverlust ist beträchtlich. Musik Ansage: Die Vertriebenen von Louisiana Wie Landzerstörung Indigene zur Umsiedlung zwingt Feature von Egon Koch Atmo: Marina Isle de Jean Charles Wasserplätschern, Quietschen Holz, Taue Erzählerin: Rund 80 Meilen südwestlich von New Orleans sitzt Lora Ann Chaisson, Häuptling der United Houma Nation, auf der Terrasse der Marina ihres Vaters Theo auf der Isle de Jean Charles. Sie schaut in Richtung Nordwesten auf das Wasser hinaus. O-Ton: Lora Ann Chaisson I represent 19,000 citizens, and it's in six parishes or counties along the bayous, along the coast. After Hurricane IDA, the landscape really changed. The land disappeared. In 22 years, we've been through ten hurricanes. You know, That's a lot. That's a lot. I look out and see all the water and just hear two stories that my Dad used to walk to Montegut, and now that's all water right there. And it's right there. And so the water is coming in closer and closer. Voice Over Sprecherin 1: Ich vertrete 19.000 Bürgerinnen und Bürger in sechs Bezirken entlang der Bayous, entlang der Küste. Nach dem Wirbelsturm IDA hat sich die Landschaft wirklich verändert. Das Land ist verschwunden. In 22 Jahren haben wir zehn Hurrikans erlebt. Das ist viel. Ich schaue hinaus und sehe das ganze Wasser und denke gerade an die Geschichte, dass mein Vater früher nach Montegut gelaufen ist, und jetzt ist genau dort überall Wasser. Das Wasser kommt immer näher. Atmo: Wasser An Steg und Schiffsrumpf schwappendes Wasser, Vorbeifahrt Boot, Beschleunigung Boot Erzählerin: In den 1960er Jahren war die Isle de Jean Charles rund 11 Meilen lang und 5 Meilen breit. Heute ist sie etwa zwei Meilen lang und eine Viertelmeile breit. Die Landmasse ist in rund sechzig Jahren um 98 Prozent geschrumpft. Jeder Wirbelsturm hat mehr zerstörte Häuser zurückgelassen, nach jedem Hurrikan sind mehr Bewohner weggezogen. Auch Johnny Templet musste nach dem Wirbelsturm IDA fort. O-Ton: Johnny Templet My house was taken off the pillars and drove to the ground and toward all to show several pillars to the floor. I had two walls blown out on the house. One pulled out whenever it came on and down and the other one blown away. ... Whenever I left, I had the dog. I owned a pair of shorts and t shirt. And flip flops. I had two pairs of clothes. In a satchel. And I went to my sisters and which is up around Baton Rouge. And then. I had nothing. Voice Over Sprecher 4: Mein Haus wurde von den Pfeilern und zu Boden gerissen. Zwei Wände des Hauses sind umgeblasen worden. Eine wurde herausgerissen, als es losging, und die andere wurde weggeweht. Als ich wegging, hatte ich den Hund, kurze Hosen, ein T-Shirt und Badelatschen. In einem Schulranzen hatte ich zwei Kleidungsstücke. Damit ging ich zu meiner Schwester, die lebt oben in der Nähe von Baton Rouge. Ich hatte nichts. Erzählerin: Mit der Insel ist die überwiegend indigene Bevölkerung geschrumpft, von 300 Familien auf heute etwa ein Dutzend Menschen. Der Exodus schnitt die Stämme der Houma und Biloxi-Chitamachi-Choctaw von ihrer Lebensart, Tradition und Kultur ab. O-Ton: Lora Ann Chaisson Growing up when we were kids, we I mean, it was just all families. So you could go from next door to next door, from aunt to and to cousin or something. You know, it was all relatives. And when, you know, wedding would happen down here, you would just go up and down the street and visiting. Everybody was get together, you know, funerals. You know, there was so many different traditions that was happening and you don't see that any longer. Voice Over Specherin 1: Als wir Kinder waren, gab es hier nur Familien. Man konnte von Tür zu Tür gehen, von Tante zu Tante und zum Cousin. Überall waren Verwandte. Und wenn eine Hochzeit stattfand, besuchte man sie einfach. Alle kamen bei Beerdigungen zusammen. Es gab so viele verschiedene Traditionen, die sieht man heute nicht mehr. Erzählerin: Die Stämme haben vom Fischfang gelebt, an Land gejagt und wilde Früchte gesammelt. Geschäfte, Freikirchen, Obstbäume, Heilpflanzen und Wildtiere hat ihnen der Anstieg des Meeresspiegels geraubt. Aber vor allem die Gemeinschaft. Bei Zusammenkünften haben die Alten den Jungen Überlieferungen ihres Stammes weitergegeben und damit Identität geschaffen. Die Indigenen haben eine orale Tradition. Ohne Zusammenkünfte keine Geschichten, ohne Geschichten keine Vergangenheit - und keine Zukunft. Die Stämme sind vom Bundesstaat Louisiana anerkannt, aber nicht von Washington. So leben sie nicht in Reservaten, sondern verstreut in vielen Regionen. Der Verlust der Insel bedroht den Zusammenhalt noch weiter. Musik Atmo: New Isle, Vorbeifahrt Auto O-Ton: Chris Brunet It is September of 2022 I've been living in Gray and there is still some adjusting that is taking place. But I am with family and I am surrounded, you know, by the people I've known my whole life. So it's not like as if I'm among strangers. The thing that does it for me is not where I'm at, but is that I'm just in a different setting. Voice Over Sprecher 3: Seit September 2022 lebe ich in Gray, und ich muss mich immer noch ein wenig einleben. Aber ich bin mit meiner Familie zusammen und bin von Menschen umgeben, die ich schon mein ganzes Leben lang kenne. Es ist also nicht so, dass ich unter Fremden wäre. Aber ich befinde mich in einer anderen Umgebung. Erzählerin Rund ein Jahr nach Hurrikan IDA zog Chris Brunet in die aus dem Boden gestampfte Siedlung etwa 40 Meilen nördlich der Isle de Jean Charles. New Isle, diesen Namen haben die Bewohner der neuen Siedlung im Ort Gray gegeben, Neue Insel. 34 mehr oder weniger gleich aussehende Holzhäuser mit Giebeldächern stehen auf beiden Seiten der Straße, von kleinen Grundstücken umgeben. Sprecher: Die US-Regierung hat die Bewohner der Isle de Jean Charles als Klimaflüchtlinge eingestuft und finanziert seit 2016 im Rahmen der National Disaster Resilience Competition - Nationaler Wettbewerb für Katastrophen Resilienz - die Umsiedlung mit 48,3 Millionen US-Dollar. Zum ersten Mal wurden Steuergelder des Bundes für die Umsiedlung einer Gemeinde als Reaktion auf den Klimawandel bereitgestellt. O-Ton: Pat Forbes We have 34 families who have moved into their new homes at the New Isle. They were all in before Christmas of 2022. We only have three homes left to build for island residents. Those we hope to be done before the end of the year. Voice Over Sprecher 5: 34 Familien sind in ihr neues Zuhause auf der New Isle eingezogen, alle noch vor Weihnachten 2022. Wir haben nur noch drei Häuser für die Inselbewohner zu bauen. Wir hoffen, dass diese noch vor Ende des Jahres fertiggestellt werden. Erzählerin: Pat Forbes, Geschäftsführer des Louisiana Office of Community Development, leitet das Projekt Umsiedlung. Knapp 100 Menschen leben heute in New Isle. Atmo: New Isle Zikaden Musik Sprecher: Bereits in den 1830er Jahren wurden die Ureinwohner Louisianas durch den "Indian Removal Act" gezwungen, vom Festland Louisianas westlich des Mississippi an die Südküste zu fliehen. Schon damals zersplitterten ihre Stämme Erzählerin: Jetzt vertreibt sie der Landverlust abermals aus ihrer Heimat. Wieso gerade hierher, auf die zwei Quadratkilometer rund 64 Kilometer nördlich der Insel? Hundert Meter vom Highway 24 entfernt blicken die Bewohner nicht mehr auf das Marschland, sondern auf eine riesige blaue Chevron-Wartungsanlage, einen Funkturm und die Dächer eines anderen Wohngebiets. O-Ton: Pat Forbes That was a difficult decision, but ultimately the vast majority decided they wanted to be in the safer, higher, drier place. Then we looked at all the available pieces of land that might be appropriate and we put it to a vote of the residents. Where would they want the new community be? And this was overwhelmingly the spot that they chose. Voice Over Sprecher 5: Das war eine schwierige Entscheidung, aber letztendlich entschied sich die große Mehrheit für den sichereren, höheren und trockeneren Ort. Wir hatten uns alle verfügbaren Grundstücke angeschaut, die dafür in Frage kamen, und die Einwohner darüber abstimmen lassen. Wo sollte die neue Gemeinde angesiedelt werden? Mit überwältigender Mehrheit fiel die Wahl auf diesen Ort. Erzählerin: Lora Ann Chaisson, Häuptling der Houma, hat eine andere Sicht der Dinge. O-Ton: Lora Ann Chaisson The people were supposed to have a say so in the property going in. Look, the bus was supposed to pick them up, bring them to three different properties. But it was already it was already done because they had a actual sign that said, you know, housing is coming. And ... people didn't even look at the property. And then as soon as somebody questioned, they took that piece that that sign down. Voice Over Sprecherin 1: Die Leute sollten ein Mitspracherecht beim Grundstück bekommen. Der Bus sollte sie abholen und sie zu drei verschiedenen Grundstücken bringen. Aber die Wahl war vorher schon getroffen worden. Das Office of Community Development hatte ein Schild aufgestellt: "Hier entsteht Wohnraum". Als ein Houma eine Erklärung wollte, nahmen sie das Schild weg. Erzählerin: Fest steht: Am Ende stimmten die Meisten einer Umsiedlung zu. Das Gelände in Gray kostete 11,7 Millionen Dollar. Unter den Bewohnern ist der Rentner Johnny Templet der Einzige, der kein Indigener ist. O-Ton: Johnny Templet I was included because I was a resident and had been a resident for some time whenever this started. I guess primarily because HUD cannot or is not supposed to discriminate, you know, with regards to, you know, race and religion and anything else whenever it comes to their grants. I was the "resident white boy" among the indigenous people here. And the grant initially I deemed it a good thing, because there were people that were forced to move, because of, you know, water over the road, storms coming in through damage to their houses, and they needed something. And so they signed the papers and they moved in. Voice Over Sprecher 4: Ich wurde einbezogen, weil ich schon seit einiger Zeit auf der Insel gewohnt habe, als die Umsiedlung begann. Ich vermute, in erster Linie, weil das US-Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, wenn es um ihre Zuschüsse geht, weder Rasse noch Religion diskriminieren sollte. Ich war der "ortsansässige Weiße" unter den Indigenen. Den Zuschuss hielt ich anfangs für eine gute Sache, denn es gab Leute, die gezwungen waren, umzuziehen, weil Wasser über die Straße lief, Stürme ihre Häuser beschädigten. Sie brauchten etwas. Und so unterschrieben sie die Papiere und zogen ein. O-Ton: Chris Brunet On the day that we signed the closing papers. Well, my House on Isle of Jean Charles, became a camp because if I was going to be part of this resettlement, well, the new house had to be my primary resident. Voice Over Sprecher 3: An dem Tag, an dem wir den Vertrag unterzeichnet haben, wurde mein Haus auf der Isle de Jean Charles zu einem Ferienhaus. Um bei dieser Umsiedlung mitmachen zu können, musste ich das neue Haus zu meinem Hauptwohnsitz machen. O-Ton: Pat Forbes We do what are called buyouts or relocations. So our typical buyout is, we buy somebody out, we get them a new house somewhere else, and this place we tear down, give it to the local government and they keep it as a green space. In this particular case, the sense of place with this community is so, so strong. They, they literally their parents, grandparents, great grandparents all grew up on the island. So what we were able to do is allow them to maintain ownership of their property on the island and still provide a brand new home in a safer place. But yes, ... If, however, the structure gets blown over, they can't rebuild it. They can't rent it out to somebody to, to make money on it as a commercial. You know what I'm saying? I mean, we've already we've provided them a new house and it's not, it wouldn't be fair to let them make money now of this other piece of property that they had. Voice Over Sprecher 5: Wir führen so genannte Buyouts durch, Ausverkäufe. Unser typisches Buyout ist, dass wir jemanden das Eigentum abkaufen und ihm woanders ein neues Haus besorgen. Den alten Besitz reißen wir ab und geben den Platz der Gemeinde, die ihn als Grünfläche behält. In diesem speziellen Fall ist die Verbundenheit dieser Gemeinde mit dem Ort sehr, sehr stark. Sie, ihre Eltern, Großeltern und Urgroßeltern sind alle auf der Insel aufgewachsen. Wir konnten es ermöglichen, dass sie ihr Eigentum auf der Insel behalten, und ihnen trotzdem ein brandneues Haus an einem sichereren Ort bieten. Wenn das Gebäude auf der Insel jedoch umgeweht wird, dürfen sie es nicht wiederaufbauen. Sie dürfen es an keinen anderen vermieten, um damit Geld zu verdienen. Wir haben ihnen bereits ein neues Haus zur Verfügung gestellt, und es wäre nicht fair, sie jetzt mit diesem anderen Grundstück Geld verdienen zu lassen. Musik Atmo: Auto Starten Motor und Fahrt Erzählerin: Alle paar Wochen, wenn das Geld für den Sprit reicht, machen sich Chris und Johnny auf den Weg zur Isle de Jean Charles. Nach einer Stunde Fahrt ragen in der weiten, einst bewaldeten Marschlandschaft nur noch vereinzelt kahle, abgestorbene Bäume auf. Fast an der südlichen Spitze des Straßenortes Point-aux-Chene, Spitze der Eiche, zweigt rechterhand die Island Road ab. Auf dem niedrigen Deich blickt Chris auf eine gerade zwei Kilometer lange Straße, beidseitig von Böschungssteinen und Wasser gesäumt. O-Ton: Chris Brunet The road would get flooded till about almost where we are right here. And so you had to travel this road if you could, by car, but you had to go slow. And then whenever it got too bad, where you was either stuck on the island or of the island, it was something that we was used to. So if you lived down here on the coast that that's what you had to deal with. Because not only us suffered, you know, coastal flooding like that, but all other areas, take it from Terrebonne Parish to Mississippi out there, you know, felt that. Voice Over Sprecher 3: Die Straße wurde früher überflutet, bis hierhin, wo wir stehen. Man musste mit dem Auto fahren, wenn man konnte, aber man musste langsam fahren. Wir waren daran gewöhnt, wenn es zu schlimm wurde, saß man entweder auf der Insel oder auf dem Festland fest. Wenn man hier unten an der Küste lebte, musste man damit zurechtkommen. Nicht nur wir litten unter den Überschwemmungen an der Küste, sondern alle anderen Gebiete, von Terrebonne Parish bis Mississippi, bekamen das zu spüren. O-Ton: Bob Marshall The 2023 masterplan just came out. Why is sea level rising three times higher in Louisiana than the rest of the nation? In fact, one of the highest rates of any place in the world. Voice Over Sprecher 6: Der Masterplan 2023 wurde gerade veröffentlicht. Warum steigt der Meeresspiegel in Louisiana dreimal höher als im Rest der Nation? Das ist eine der höchsten Raten in der Welt. Erzählerin: Der Journalist Bob Marshall, Pulitzer-Preis-Gewinner, berichtet seit mehr als 35 Jahren für US-Zeitungen wie die Times-Picayune in New Orleans über Umweltprobleme in den Feuchtgebieten Louisianas. O-Ton: Bob Marshall We're sinking. At the same time, the sea is rising. The golf is rising twice as fast as the rest of the world's oceans. There are places here that have been sinking for decades at the rate of an inch every 30 months. That's 18 inches in 50 years, three feet in a century. Voice Over Sprecher 6: Wir sinken. Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel. Der Golf von Mexico steigt doppelt so schnell an wie der Rest der Weltmeere. Es gibt hier Orte, die seit Jahrzehnten alle 30 Monate um 2,54 Zentimeter sinken. Das sind 45,72 Zentimeter in 50 Jahren, 91,44 in einem Jahrhundert. Musik Erzählerin: Laut der US Wetter- und Ozeanografie Behörde, der National Oceanic and Atmospheric Administration, steigen die Meeresspiegel an folgenden Orten im Jahr: Sprecher: Grand Isle, Louisiana: 9.16 mm Miami: Florida, 4.03 mm Ijmuiden, Niederlande: 2.1 mm Manila, Philippinen: 14.54 mm Erzählerin: Überall in der Welt müssen sich Küstenregionen auf den Klimawandel einstellen - auch in Deutschland O-Ton: Karen Wiltshire Im Moment haben wir einen Meeresspiegelanstieg von in etwa 3,7 Millimeter pro Jahr. Das ist schon einer der höheren Werte für Europa, wobei also zum Beispiel die südirische Küste 4,4 Millimeter pro Jahr hat. Erzählerin: Die irische Umweltwissenschaftlerin Karen Helen Wiltshire leitet auf Sylt die Küstenforschung am Alfred-Wegener-Institut. O-Ton: Karen Wiltshire Wenn wir jetzt die ganzen Deiche nicht hätten und Deutschland hat ja mehr Deiche als jedes andere Land, dann wäre das Wasser bei jeder Sturmflut sehr, sehr viel weiter im Inneren. Also Bremen wäre regelmäßig unter Wasser. Und Hamburg hätte auch große Schwierigkeiten. Und ich habe mal die ganzen Werte für die ganze Welt zusammengestellt und festgestellt, dass so ein Land wie Bangladesch jetzt viel mehr leidet mit einem niedrigeren Meeresspiegelanstieg als zum Beispiel Holland, was aber eine genauso dichte Bevölkerung hat, weil eben die Deichvorsorge und diese riesigen Bauten das Wasser weghält, während in Bangladesch, dass dem so nicht ist, dann ist jede Sturmflut ein Desaster. Ein Holland ohne Deiche wäre das wie in Bangladesch. Erzählerin: Doch was die Niederlande rettet, schadet dem US-Bundesstaat Louisiana. Sprecher: Denn die erste Ursache für die hiesigen Überschwemmungen, weit vor dem Meeresanstieg durch die schmelzenden Eismassen, war der Deichbau am Mississippi nach der großen Flut 1927. O-Ton: Bob Marshall So what do you think would happen to a delta if you put levees on the river as it was crossing its delta? What do you think would happen to the Delta? Well, you're stopping the annual resupply of mud, so it's going to start sinking. It's not being replenished. But levees do something else when you put them on a wetland. And deltas are wetlands. If you put millions of tons of mud on that sponge, what do you think happens. It begins to sink down, compressing the upper layers of the sponge, blocking some of the subsurface transfer of water into the sponge, drying it out, increasing the rate of sinking and subsidence. Voice Over Sprecher 6: Was glauben Sie, was mit einem Delta passiert, wenn man den Fluss dort eindeicht? Man stoppt die jährliche Zufuhr von Sedimenten, also fängt es an zu sinken. Es wird nicht wieder aufgefüllt. Aber Deiche bewirken noch etwas anderes, wenn man sie in einem Feuchtgebiet errichtet. Und Deltas sind Feuchtgebiete. Was glauben Sie, was passiert, wenn man Millionen von Tonnen Schlamm auf diesen schwammigen Untergrund schüttet? Er beginnt abzusinken, komprimiert die oberen Schichten des Schwamms, blockiert einen Teil des unterirdischen Wassertransfers in den Schwamm, trocknet ihn aus, erhöht die Sinkgeschwindigkeit und das Absinken. Atmo: Zikaden Sprecher: 1933 wurde der Deich am Mississippi fertiggestellt. Etwa zur gleichen Zeit begann man im nur von Indigenen und der frankophilen Bevölkerung, den Cajuns, bewohnten Küstengebiet Louisianas im großen Stil nach Öl und Gas zu bohren. O-Ton: Bob Marshall Coastal zone, then and now is 90% privately owned, and so when Texaco, a company from Houston, which is now Chevron, came in with their own boats and met these Cajuns and got their mineral rights. And if a geologist for the Texas company said, I don't know a good place to drill for oil and gas might be a mile off, off Bayou du Pont, they would come in with a little wooden barge and a bucket dredge that's just a crane with a bucket and dig canal right to that spot. Voice Over Sprecher 6: Das Küstengebiet war damals und ist heute 90 Prozent in Privatbesitz. Als dann Texaco, ein Unternehmen aus Houston, das heute Chevron heißt, mit seinen Booten ankam und auf die Cajuns traf, bekam es deren Mineralienrechte. Und wenn ein Geologe der texanischen Firma sagte: Eine Meile vor dem Bayou du Pont könnte eine gute Stelle für Öl- und Gasbohrungen sein, kamen sie mit einem kleinen Holzkahn und einem Schaufelkettenbagger, und gruben einen Kanal bis zu dieser Stelle. Sprecher: Die Kanalbauten hatten Erosionen zur Folge. Erzählerin: Bislang sind diese die größte Ursache für den Landverlust. Doch das dürfte sich laut Expertinnen und Experten in den nächsten Jahren ändern: Dann wird der Anstieg des Meeresspiegels die Hauptursache für den Landverlust sein. O-Ton: Bob Marshall There have been a couple of misconceptions by headlines the world has been reading. And one is that Louisiana's wetlands coastal zone has been disappearing or vanishing. That's not true. They've been destroyed. It wasn't a natural process. We allowed the oil and gas industry to strip mine our wetlands, dig them up, throw them away. We allowed them to dredge more than 10,000 miles of canals across the coastal zone, letting in salt water, destroying the hydrology of the deltas we live on. Voice Over Sprecher 6: In den weltweiten Schlagzeilen waren einige falsche Behauptungen zu lesen. Eine davon ist, dass die Feuchtgebiete an der Küste Louisianas verschwunden sind. Das ist nicht wahr. Sie sind zerstört worden. Das war kein natürlicher Prozess. Wir haben der Öl- und Gasindustrie erlaubt, unsere Feuchtgebiete abzubauen, auszubeuten und wegzuschmeißen. Wir haben ihnen erlaubt, mehr als 10.000 Meilen von Kanälen in der Küstenzone auszubaggern, Salzwasser reinzulassen und die Hydrologie der Deltas, in denen wir leben, zu zerstören. O-Ton: Chris Brunet Like for us over here along the coast climate change is also made worse by man made decisions where man had made decisions, you know. But when it comes to the oil and gas industry, I cannot be so harsh because the oil and gas industry for, for, I know, for us over here on the island and other coastal communities, it has it has worked hand in hand where over here if you wasnt it built in the tug, you was captain of the tug. And so all that was provided for, you know, by the oil and gas industry. Voice Over Sprecher 3: Für uns hier an der Küste wird der Klimawandel auch noch durch Entscheidungen verschlimmert, die der Mensch um des Wohlstands willen getroffen hat. Aber wenn es um die Öl- und Gasindustrie geht, kann ich nicht so streng sein, denn sie hat mit uns hier auf der Insel und mit anderen Küstengemeinden Hand in Hand gearbeitet. Wenn ein Schlepper gebaut wurde, war man Kapitän des Schleppers. All solche Sachen wurden von der Öl- und Gasindustrie zur Verfügung gestellt. O-Ton: Bob Marshall Eventually, 50,000 oil and gas wells were drilled in our coastal zone. Most of these were accessed by canals. No protection at all until 1972, when Congress took the bold step, the Clean Water Act. So Section 404 of the Clean Water Act said you can't destroy wetlands even on private property without a permit. A permit said when you were finished using these canals, you had to fill them back in, return the area to the way you found it. That was never enforced by the state or federal government. Voice Over Sprecher 6: Schließlich wurden in unserem Küstengebiet 50.000 Öl- und Gasbohrungen durchgeführt. Die meisten von ihnen wurden durch Kanäle erschlossen. Bis 1972 gab es keinerlei Schutz, bis der Kongress den kühnen Schritt wagte und den Clean Water Act ratifizierte. Paragraf 404 des Clean Water Act besagt, dass man ohne Genehmigung keine Feuchtgebiete zerstören darf, auch nicht auf Privatgrundstücken. Eine Genehmigung wiederum sah vor, dass man sie nach der Nutzung dieser Kanäle wieder auffüllen und das Gebiet so zurückgeben musste, wie man es vorgefunden hatte. Das wurde von der Staats- oder Bundesregierung nie durchgesetzt. Sprecher: Die Öl- und Gasindustrie bezahlt Hunderte von Millionen Dollar Verbrauchssteuern und Pacht für das Bohr- und Förderrecht. Das Geld wird zwar für die Wiederherstellung der Küsten verwendet, reiche aber bei weitem nicht aus, um alle Schäden wieder zu beseitigen, kritisiert der Umweltjournalist Marshall. Auch an den Kosten der Umsiedlung beteilige sich die Industrie nicht. O-Ton: Chris Brunet About 2010, well, then that's whenever I didn't have no more trees close to my house anymore. Saltwater intrusion. Because, you know, they had no more landscape to slow down the water anymore. And so it just made its way to the roots and the trees began to dry out. And that was it. They died and faded away. So now that, the erosion is where it's at, we're left to the blunt of the challenges of the environment. Voice Over Sprecher 3: Seit 2010 habe ich keine Bäume mehr in der Nähe meines Hauses. Salzwasserintrusion. Es gab keine Landschaft mehr, die das Wasser verlangsamt hätte. Und so hat es sich einfach seinen Weg zu den Wurzeln gebahnt und die Bäume fingen an zu vertrocknen. Und das war's dann. Sie starben und verschwanden. Jetzt, wo die Erosion da ist, wo sie ist, sind wir der Umwelt schutzlos ausgeliefert. Atmo: Helikopter Erzählerin: Täglich fliegen viele Helikopter über die Isle de Jean Charles, sie bringen Besatzungen zu den über 4.000 Förderplattformen und Bohrinseln vor der Küste Louisianas, oder auf das Festland zurück. Die Böschungssteine liegen erst seit zwei, drei Jahren zu beiden Seiten der Island Road. Bevor sie 1953 gebaut wurde, musste der gesamte Transport von oder zur Insel mit Booten gemacht werden. Atmo: Autofahrt Erzählerin: An diesem Tag fährt Clarice Freelou seit über zwei Jahren zum ersten Mal über die Island Road. Sie ist Mitglied des Rats der United Houma Nation. Zuständig für den Bezirk Zwei, zu dem die Isle de Jean Charles gehört. O-Ton: Clarice Freelou As I drove in, I was pretty shocked to see the large stones, rocks on the side of the road and to see the intrusion of more water. I can see there is a difference from even two years ago. And what I seen was the houses that I remembered as being residents-houses they had been destroyed. It's not it's not what I like to see of this community, because at one point I remember coming here and and seeing all the homes and the people and the children on the sides. And I didn't see that. So it's heartbreaking. It's disturbing. And to see how close the Gulf really is to us. Voice Over Sprecherin 2 Als ich hierherfuhr, war ich ziemlich schockiert, die großen Steine und Felsen am Straßenrand zu sehen und festzustellen, dass immer mehr Wasser eindrang. Es ist anders als vor zwei Jahren. Ich sah die Häuser der Bewohner, die zerstört worden waren. Ich erinnere mich, als ich früher hierher kam, habe ich all die Häuser und Menschen und Kinder am Straßenrand gesehen. Und das habe ich heute nicht. Es ist herzzerreißend. Es ist beunruhigend, wie nah der Golf wirklich an uns dran ist. Musik Atmo: Autofahrt, Chris Brunet Chris: We're almost there. It's on the other side of the curve. Okay, you start slowing down right where that white truck is at. Right here. (Left.) Yeah, the drive. We're right here. Yeah. In the driveway? Yeah, it's our driveway. (This one?) That one right here. There. Erzählerin: Das verwitterte Holzhaus von Chris hat dem Wirbelsturm IDA widerstanden und steht noch auf seinen vier Meter hohen Stelzen. An der Seite des Treppenaufgangs hat er seinen weißen Wohnwagen geparkt. Nach dem Hurrikan war sein Haus unbewohnbar und er hat einige Monate im Caravan gelebt. Atmo: Autofahrt Automotor aus ... Signal O-Ton: Chris Brunet Feels good. Back home again. (Lachen) It's good whenever I can get back here and. And be on the island again, you know, for an afternoon, I really enjoy it. Voice Over Sprecher 3: Fühlt sich gut an. Wieder zu Hause. Es ist gut, wann immer ich hierher zurückkommen kann. Wieder auf der Insel zu sein, einen Nachmittag lang, das genieße ich wirklich. Erzählerin: Auf dem Grün vor dem Haus liegt Abfall verstreut. Im Abwassergraben vor der Straße steckt ein verblichenes Schild mit der Aufschrift: "Isle de Jean Charles is not dead. Climate Change sucks". Auf dem Grundstück auf der Straßenseite gegenüber sind nur noch Überreste eines gelebten Lebens zu sehen. Auf dem Sockel eines völlig zerstörten Hauses liegen eingerahmte Fotografien, in Plastik eingeschweißte Herrenhemden und volle Wasserflaschen. O-Ton: Chris Brunet I am a Choctaw Indian, and I belong to the Jean Charles Choctaw Nation. This is the place that I was raised. We've been here continuously for the last five generations. And so this is where it all begins for me. This is where my family roots are. This is where my Native American identity comes from. It is from over here. And this is where all my life experiences of good and bad come from. You know, those from my parents and those from my great grandparents and so forth. Voice Over Sprecher 3: Ich bin ein Choctaw-Indianer und gehöre der Jean-Charles-Choctaw-Nation an. Hier ist der Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Seit fünf Generationen sind wir hier ununterbrochen ansässig. Hier beginnt also alles für mich. Hier liegen die Wurzeln meiner Familie. Hier liegt der Ursprung meiner indianischen Identität. Von hier stammen alle meine guten und schlechten Lebenserfahrungen. Die meiner Eltern und die meiner Urgroßeltern. Erzählerin: Seit fast zweihundert Jahren nennen die Choctaw und Houma die Isle de Jean Charles ihr Zuhause. Auf der Insel haben die Mitglieder beider Stämme zumeist vom Fang von Fischen, Shrimps und Austern gelebt. O-Ton: Chris Brunet There's something about the landscape that just makes it a paradise. And for me, the island gives me that great sense of belonging, because there was a time in the day when you were not accepted because of who you were being Native American. So whenever the world was finished with you and you would come back home for whatever reason, but then you as back home with family, you're back where you belong. You was, you was back where you was not measured. Voice Over Sprecher 3 Die Landschaft hat etwas, das sie einfach zu einem Paradies macht. Die Insel gibt mir dieses großartige Gefühl der Zugehörigkeit, denn es gab eine Zeit, in der man als US-amerikanischer Ureinwohner nicht akzeptiert wurde. Wenn die Welt mit einem fertig war und man nach Hause kam, war man wieder da, wo man hingehörte, bei seiner Familie, wo man nicht bewertet wurde. Musik O-Ton: Johnny Templet On the island mostly what I did was watch the grass grow. Yeah, it was, that was my little piece of paradise. I didn't buy the property out there to to live there. I bought it to die there. And no noise, no traffic. You know, I would go to the marina on the weekends and just sit down there. That's, that's a show almost worth paying an admission for. You know, you watch people load their boats and unload their boats and, and, um, backing up and, uh, you know, uh, it can get comical at times. Voice Over Sprecher 4: Auf der Insel habe ich meistens zugesehen, wie das Gras wächst. Das war mein kleines Paradies. Ich habe das Grundstück da draußen nicht gekauft, um dort zu leben. Ich habe es gekauft, um dort zu sterben. Und kein Lärm, kein Verkehr. An den Wochenenden bin ich zur Marina gegangen und habe mich einfach dort hingesetzt. Das ist eine Show, für die es sich fast lohnt, Eintritt zu zahlen. Man sieht den Leuten zu, wie sie ihre Boote beladen und entladen und wie sie rückwärts fahren - es war manchmal komisch. Erzählerin: Zweihundert Meter vom Haus von Chris entfernt trifft Clarice Freelou in der Marina von Theo und Lora Ann Chaisson ein. Auch das Gebäude, das einen kleinen Laden beherbergt, steht auf hohen Stelzen und hat Wirbelsturm IDA getrotzt. Great Saltwater Fishing * Two Launches, steht auf dem Schild an der Fassade, Großartiges Salzwasserfischen * Zwei Anlegestellen. Clarice Feelou spekuliert mit Lora Ann Chaisson über die Gründe für die teure Erneuerung der schmalen Straße zur Insel. O-Ton: Lora Ann Chaisson The island road has rocks, millions of Dollars worth of rocks. What are you building? Right. You've been here before. You seen they didn't have these rocks, these rocks are new. And you so you spending millions of Dollars for these rocks for who? You didn't took the people off the island. So who are you building it for? What are you protecting the road for? Voice Over Sprecherin 1: An der Island Road liegen Böschungssteine im Wert von Millionen von Dollar. Was bauen Sie da? Du warst doch schon mal hier. Du hast gesehen, dass diese Steine vorher nicht da waren, diese Steine sind neu. Man gibt also Millionen von Dollar für diese Böschungssteine aus, nachdem man die Leute von der Insel geholt hat. Für wen bauen Sie sie also? Wozu schützen sie die Straße? O-Ton: Clarice Freelou I feel like they're just trying to get the Native American people off their lands to to take their lands and make it a sportsman's paradise for people with money, that this would be a community. After all the residents are gone it would be used as like a resort. And honestly, if it had been protected by the levee, the people of the island, the original people of the island, our people, could have lived here happily ever after, just like every other generation has done. But they took that away from them, so their children or grandchildren won't have the opportunity to grow up and learn the cultures of this bayou. So they're losing a lot. (10 Sek Atmo) Voice Over Sprecherin 2: Ich habe das Gefühl, dass sie nur versuchen, die Ureinwohner von ihrem Land zu vertreiben, um ihr Land zu einem Sportlerparadies für Leute mit Geld zu machen. Schließlich sind die Bewohner weg. Es würde zum Urlaubsort. Und ehrlich gesagt, wenn es durch den Deich geschützt worden wäre, hätten die Menschen von der Insel, die Ureinwohner, unser Volk, hier glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben können, so wie es jede Generation vorher getan hat. Das hat man ihnen aber weggenommen. So haben ihre Kinder oder Enkelkinder nicht die Möglichkeit, hier aufzuwachsen und die Kulturen dieses Bayou kennenzulernen. Sie verlieren viel. Atmo: Isle de Jean Charles O-Ton: Lora Ann Chaisson The state of Louisiana had a federal project called the Morganza to the Gulf Project, and it's a big levee project. And that levee actually started on Island Road, and it left this entire community out. So we would not be in the shape we're in right now if we would have been able to get that levee protection. But they left the tribal community out. Voice Over 1 Der Staat Louisiana führt ein Bundesprojekt mit dem Namen Morganza to the Gulf durch, ein großes Deichbauprojekt. Dieser Deich beginnt am Anfang der Island Road und lässt die gesamte Gemeinde außen vor. Wir wären also nicht in der Situation, in der wir uns jetzt befinden, wenn wir diesen Deichschutz hätten bekommen können. Aber sie haben die Stammesgemeinschaft außen vorgelassen. O-Ton: Henri Boulet As Morganza was being planned by the Corps of Engineers on the alignment, they had to look at communities along the coast and the amount of levee that was needed to incorporate every community or not. The Corps has to go through a process called the cost-benefit-analysis. So they have to evaluate the economic activity of that community, the amount of people living there versus the cost of running the system all the way out there and maintaining it for perpetuity. So generally you have to have a 1 to 1 cost benefit analysis to have a federal project fund. A particular element of a public works initiative that the cost at the time that the Corps was looking did not net the 1 to 1 cost benefit analysis. Voice Over Sprecher 5: Bei der Planung von Morganza durch das US Armee Ingenieurkorps wurde geprüft, wie viel Deich benötigt würde, um eine Küstengemeinde einzubeziehen. Das Korps machte eine Kosten-Nutzen-Analyse. Das heißt, sie mussten die wirtschaftliche Aktivität dieser Gemeinde, die Anzahl der dort lebenden Menschen und die Kosten für den Betrieb des Systems und dessen dauerhafte Instandhaltung bewerten. Im Allgemeinen muss eine 1-zu-1-Kosten-Nutzen-Analyse vorliegen, damit ein Bundesprojekt finanziert werden kann. Erzählerin: Henri Boulet ist der geschäftsführende Direktor der Morganza Action Coalition. Mit Partnern wie den US Army Corps of Engineers oder dem Terrebonne Levee & Conservation District setzt sich die Organisation für die bundesweite Genehmigung und Finanzierung des Morganza to the Gulf Hurricane Protection System ein. Die 1998 getroffene Entscheidung, die Isle de Jean Charles vom Deichschutzsystem auszuschließen, riss alte Wunden bei den Indigenen auf und rief erneut Misstrauen hervor. O-Ton: Chris Brunet Native Americans have always been displaced ever since the presence of, whenever Christopher Columbus discovered America for himself. The Native American, the red man, you know, began to be displaced because we were in his way. All right. And so we're this right here, because this resettlement involves also man made decisions. That's where my displacement comes from, where deciding what did good enough to save, it was said it would cost that $190 million to include the island in Morganza to the Gulf. But since they did a survey on the island and they saw that, you know, the property was only assessed that it's such an amount, the structure of their home, then the tax base and all of these years. So they said, well, iIt, does not justify the expense. Voice Over Sprecher 3: Die US-amerikanischen Ureinwohner wurden schon immer verdrängt, seit Christoph Columbus Amerika entdeckt hat. Die roten Menschen wurden verdrängt, weil wir ihnen im Weg waren. Hier sind wir nun, weil diese Umsiedlung auch durch menschliche Entscheidungen verursacht wurde. Die Ursache meiner Vertreibung ist, dass gesagt wurde, es würde 190 Millionen Dollar kosten, um die Insel in Morganza to the Gulf einzubeziehen. Aber nachdem sie eine Umfrage auf der Insel gemacht und sie das Eigentum, die Struktur der Häuser und die Steuerbasis ermittelt hatten, haben sie gesagt: Das rechtfertigt die Kosten nicht. Sprecher: Das U.S. Army Corps of Engineers gibt an, im Jahr 2013 hätten 23 Prozent der Haushalte auf der Isle de Jean Charles ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. O-Ton: Henri Boulet The Morganza to the Gulf hurricane risk reduction system, which is a 98 mile long levee system which will provide 200,000 people in my communities of Lafourche and Terrebonne Parishes. Flood protection from what the federal government calls the 100 year storm. So this is a storm that would only top the levees once in 100 years, supposedly. Storms are changing with climate change. You know, they're getting larger, they're getting more fierce. Voice Over Sprecher 5: Das Morganza to the Gulf Hurricane Risk Reduction System ist ein 98 Meilen langes Deichsystem, das 200.000 Menschen in den Gemeinden Lafourche und Terrebonne Schutz bieten wird. Schutz vor Überschwemmungen durch einen Sturm, der nach Einstufung der Bundesregierung die Deiche angeblich nur einmal in 100 Jahren überfluten würde. Aber mit dem Klimawandel verändern sich auch die Stürme. Sie werden stärker, sie werden heftiger. Atmo: Wasser, An Steg und Schiffsrumpf schwappendes Wasser, Möwen Erzählerin: Der Name "Terrebonne" bedeutet "gute Erde". Um ihr Land zu schützen, bezahlen die Bewohner der Gemeinde beim Einkaufen eine "sales tax", eine Verkaufsteuer. Von jedem Dollar werden 10 Cent für den Deichbau abgeführt. Bis zum Jahr 2035 soll der Deich mit seinen 21 Fluttoren für die Kanäle fertig sein. Zur Finanzierung fehlen Henri Boulet noch 1,7 Milliarden Dollar. Bob Marshall, der Umweltjournalist, wägt ab: O-Ton: Bob Marshall You have limited funds and you have, I don't know, 150 people say living in one place. And the levees, the circle levees would cost you $4 billion. While the cost per capita per person is extremely high, where that 4 billion might protect 20000 or 30000 people somewhere else. So what do you do? Now the Native Americans feel, we're outside the levees and we're not given anything. So. Yes. So now they know the ship has sailed. And they are not going to stop it. Voice Over Sprecher 6 Sie haben nur begrenzte Mittel zur Verfügung und sie haben, sagen wir, 150 Menschen, die an einem Ort leben. Und das Deichsystem kostet sie vier Milliarden Dollar. Die Pro-Kopf-Kosten sind extrem hoch, während diese 4 Milliarden vielleicht 20.000 oder 30.000 Menschen an einem anderen Ort schützen. Was soll man also tun? Die amerikanischen Ureinwohner finden sich außerhalb der Deiche wieder und haben das Gefühl, nichts zu bekommen. Sie wissen jetzt, dass der Zug abgefahren ist. O-Ton: Chris Brunet That idea to say, well, look, this place is not worth saving, okay? This place is not worth saving. But how much land has Louisiana lost and what we have left? Every inch that we have, every foot that we have is just so precious. Voice Over Sprecher 3: Einfach zu sagen, dieser Ort ist es nicht wert, gerettet zu werden?! Aber wie viel Land hat Louisiana verloren und was ist uns geblieben? Jeder Zentimeter, den wir haben, ist einfach so wertvoll. Musik O-Ton: Bob Marshall We've lost more than 2000 square miles of our bottom third in the last 80 years. Over Voice Sprecher 6: Wir haben in den letzten 80 Jahren mehr als 5180 Quadratkilometer unseres Bodens verloren. Sprecher: 5180 Quadratkilometer ist die Fläche von Trinidad und Tobago oder zwei Mal des Saarlands. Erzählerin: 90 Quadratkilometer wurden allein von der Isle de Jean Charles zerstört. Das entspricht 12605 Fußballfeldern. - Houma Häuptling Lora Ann Chaisson: O-Ton: Lora Ann Chaisson It's Corps of Engineer and the oil and gas that did this to us. I mean, this is they're doing we're in in our situation right now. I blame them. Voice Over Sprecherin 1: Das US-Ingenieurkorps, das entschied, dass hier kein Damm gebaut wird, und die Öl- und Gasindustrie haben uns das angetan. Derentwegen sind wir jetzt in der Situation. Ich gebe ihnen die Schuld. O-Ton: Bob Marshall The refugees so far are not really climate refugees because they're primarily oil and gas development refugees. But sea level rise is is accelerating at such a rapid pace that even the state scientists and engineers expect that to become the major problem to outpace the rate of subsidence within ten years. Voice Over Sprecher 6: Die Flüchtlinge sind nicht wirklich Klimaflüchtlinge, sie sind in erster Linie Öl- und Gasgewinnungsflüchtlinge. Aber der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich so schnell. Die staatlichen Wissenschaftler und Ingenieure gehen davon, dass dies innerhalb von zehn Jahren ein größeres Problem sein wird, als die Erosionen, also das Land, das immer weiter absinkt. Musik Erzählerin: Das schwache Brutto-Sozial-Produkt auf der Isle de Jean Charles, das die Bewohner vom Deichsystem ausschloss, ist auf Marginalisierung und Rassismus zurückzuführen, die die Ureinwohner in der US-amerikanischen Gesellschaft erfahren haben, unter anderem aufgrund der kaum vorhandenen Bildungschancen. O-Ton: Lora Ann Chaisson Our people and our elders have suffered. They have fought through racism. There were signs that said: no Indians allow, you know, I mean, we remember that. I mean, it's not that long as this generation that we had those signs. And, you know, my aunt was one of the first Houma graduates one out of five that graduated from the Indian high school, and she wanted to go to college. They wouldn't even let her go to college here in Louisiana because they said her diploma wasn't good. So she went to Detroit, then she went to Berkeley, then she came back as an engineer. But, you know, that's just to show you that right here, the prejudice here in this state here with our tribal people. Voice Over Sprecherin 1: Unsere Leute und unsere Ältesten haben gelitten. Es gab Schilder, auf denen stand: Keine Indianer erlaubt! Wir erinnern uns daran. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir diese Schilder hatten. Und meine Tante war eine der ersten Houma, eine von fünf, die die indianische High School abschlossen, und sie wollte aufs College gehen. Das ließ man sie hier in Louisiana nicht, weil man meinte, ihr Abschluss sei nicht gut genug. Also ging sie nach Detroit, dann ging sie nach Berkeley und kam als Ingenieurin zurück. Ein Beispiel dafür, wie groß die Vorurteile hier in diesem Staat gegenüber unseren Stammesangehörigen sind. Musik Atmo: Helikopter Erzählerin: 2002, vier Jahre nach der Entscheidung des Army Corps of Engineers, die Insel vom Morganza to the Gulf Deichsystem auszuschließen, stimmte der Biloxi-Chitimachi-Choctaw Tribal Council unter der Führung des damaligen Häuptlings Albert Naquin dafür, den Stamm auf das Festland umzusiedeln. An einen Ort, der das kulturelle Überleben des Stammes sichern sollte. Der mittlerweile umgesiedelte Choctaw Chris Brunet hatte seine Zweifel. O-Ton: Chris Brunet It's an idea that I was often on about, not sure of for the last 14 years of my life. Whenever Chief Albert started advocating that. So it took me a while to wrestle that down. Voice Over Sprecher 3: Diese Idee hatte ich in den letzten 14 Jahren oft im Kopf. Immer dann, wenn Häuptling Albert anfing, sie zu vertreten. Ich war mir nicht sicher. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich zur Umsiedlung durchringen konnte. Erzählerin: Im Laufe der Jahre entwarf der Stamm drei Pläne, wie sie die neue Gemeinde gestalten wollten. Alle wurden vom Staat Louisiana abgelehnt. Erst 2016 tat sich mit dem 48,3 Millionen Dollar Zuschuss von der Obama Regierung die Möglichkeit auf, das Projekt Umsiedlung mit dem Staat Louisiana umzusetzen. Pat Forbes, Leiter des Louisiana Office of Community Development. O-Ton: Pat Forbes We worked with Chief Albert and his folks, it was a great partnership. Our understanding through that process was that everyone on the island belonged to Chief Naquins tribe, the Biloxi-Chitamachi-Choctaw. Voice Over Sprecher 5: Wir arbeiteten von Anfang an mit Häuptling Albert und seinen Leuten zusammen. Es war eine großartige Partnerschaft. Wir gingen davon aus, dass jeder auf der Insel zum Stamm von Häuptling Naquins gehörte, der Biloxi-Chitamachi-Choctaw. Erzählerin: Erst durch eine Zeitungsveröffentlichung bekam der andere Stamm, die United Houma Nation, Kenntnis von dem Umsiedlungsprojekt. O-Ton: Lora Ann Chaisson I was on council at the time, we seen a newspaper and it said about this property, the resettlement property. But it didn't say nothing about Houma. I'm like, Whoa, wait a minute. There's also tribal citizens here. You can't play that game. It's a community. Pat Forbes, he is the community director and he had no clue. And so they had to stop and reevaluate the grant. Voice Over Sprecherin 1: Ich war damals im Stammesrat, als in einer Zeitung etwas über dieses Umsiedlungsgrundstück stand. Aber es stand nichts über uns Houma drin. Ich dachte mir, Moment mal. Es gibt hier auch Stammesangehörige der Houma. Das können sie mit uns nicht machen. Das hier ist eine Gemeinschaft. Der Projektleiter Pat Forbes hatte keine Ahnung davon. Und so mussten sie den Zuschuss neu bewerten. O-Ton: Pat Forbes There are members of the United Houma Nation. There are people who have no tribal affiliation. As such, we're obligated to help everybody on the island. Everybody who lives on the island, We can't say. What tribe are you in? I'm sorry, you can't have a home in the New Isle. You can't get a new safe place to live. That was never an option. And as such, we were not able to simply hand over the administration of the grant to Chief Alberts tribe. Voice Over Sprecher 5: Auf der Insel gibt es Mitglieder der United Houma Nation. Es gibt Menschen, die keine Stammeszugehörigkeit haben. Wir sind jedoch verpflichtet, jedem auf der Insel zu helfen. Wir können nicht sagen "Zu welchem Stamm gehörst du? Es tut mir leid, du kannst in New Isle kein Zuhause, du kannst keinen neuen, sicheren Ort zum Leben bekommen." Das war nie eine Option. Und deshalb konnten wir die Verwaltung des Zuschusses nicht einfach an Häuptling Alberts Stamm übergeben. Erzählerin: Zu diesem Zeitpunkt übernahm das Louisiana Büro für kommunale Entwicklung selbst die Verwaltung der 48,3 Millionen Dollar. Und änderte, so die Kritik vom damaligen Häuptling Naquin, bereits ab März 2016 grundlegend die Pläne der Biloxi-Chitimachi-Choctaw für die neue Siedlung. Musik Erzählerin: Der neue Plan sah kein Stammesmuseum mehr vor, kein Kulturzentrum, keine Turnhalle, keine Kindertagesstätte, keine Schulräume, keine Gemeinschaftsgärten, kein Ort zum Geschichtenerzählen und für Handwerksvorführungen. Weil sie die neue Siedlung nicht nach ihren Vorstellungen gestalten konnten, sahen die Indigenen ihr Recht auf Selbstbestimmung verletzt. O-Ton: Pat Forbes We started doing interviews with residents on an individual basis, with families. We also had public meetings, some that were just residents, some where we invited a broader group of stakeholders but always looking for what are the priorities. We included members of the tribe on the steering committee that designed the property. Voice Over Sprecher 5: Wir begannen, Interviews mit den Einwohnern, mit den einzelnen Familien zu führen. Wir haben auch öffentliche Versammlungen abgehalten, einige nur mit Bewohnern, zu anderen haben wir eine breitere Gruppe von Interessenvertretern eingeladen, aber immer auf der Suche nach dem Nötigen. Wir haben Mitglieder der Stämme in den Lenkungsausschuss aufgenommen, der hat das Grundstück entworfen. Erzählerin: Die harmonische Entwicklung, die bei Pat Forbes anklingt, hat Johnny Templet anders in Erinnerung. O-Ton: Johnny Templet Myself. Lora Ann Chaisson, Chris Brunet down the way, Aimie, his niece, ten of us that were on what they called the steering committee. Well until the steering committee started asking some hard questions. Where's the money? It was just disbanded. Voice Over Sprecher 4: Ich selbst. Lora Ann Chaisson, Chris Brunet, Aimie, seine Nichte, wir waren zehn Personen im so genannten Lenkungsausschuss. Bis der Lenkungsausschuss anfing, einige schwierige Fragen zu stellen. Wo ist das Geld? Es ist gerade alles weg. O-Ton: Pat Forbes We have enough money to do everything that we have to do. And we then started the process, the design process for the houses that would be in the community. And the way we did that was through a steering committee that was six residents. Every family had the option of picking one floorplan or another or another from the eligible for plans for their family size. They've picked their own colors for the outside, their own finishes for the inside, so that they can personalize the homes for themselves. Voice Over Sprecher 5: Wir haben genug Geld, um alles Nötige zu tun. Mit Hilfe des Lenkungsausschusses haben wir mit den Entwürfen der Häuser für die Gemeinde begonnen. Jede Familie hatte die Möglichkeit, den einen oder anderen Grundriss aus den in Frage kommenden Plänen auszuwählen. Sie haben ihre eigenen Farben für das Äußere und ihren eigenen Innenausbau ausgewählt, so dass sie die Häuser selbst gestalten konnten. Erzählerin: Die Sitzungen im Lenkungsausschuss zwischen Januar und September 2018 liefen auch in der Erinnerung von Houma Häuptling Lora Ann Chaisson weniger ausgewogen ab, als sie Pat Forbes schildert. O-Ton: Lora Ann Chaisson The Community Development Department. They were not nice to us. They, they lie to us. What really bothered me was with the steering committee, cause I requested for a budget. I wanted to know the budget, of where's the money going? I haven't yet to receive that from them. And I think that's so disrespectful, because I was sitting on that steering committee. Voice Over Sprecherin 1: Die Leute vom Büro für kommunale Entwicklung waren nicht nett zu uns. Sie haben uns angelogen. Was mich wirklich störte, war, als ich im Lenkungsausschuss wissen wollte, wie das Geld ausgegeben wird. Ich habe das Budget immer noch nicht von denen erhalten. Das ist einfach respektlos, weil ich in diesem Lenkungsausschuss saß. Musik Atmo: Naquin auf der Sitzung der regionalen Planungskommission von Houma-Terrebonne im Februar 2019 "We are all displaced at this moment.... We spent many many hours .... Try to make a plan for our community. It was supposed to be a model community. ... I name off of that project." Erzählerin: Auf der Sitzung der regionalen Planungskommission von Houma-Terrebonne im Februar 2019 wurden Misstrauen und wachsender Widerstand gegen den Plan des Community Development Department für die New Isle deutlich. "Der Staat hat sich das Geld unter den Nagel gerissen, und jetzt steht der Stamm wieder am Anfang", erklärte Albert Naquin. Erzählerin: Dennoch erteilte die Planungskommission die Genehmigung für die ersten Phasen der Erschließung des Teilgebiets. Atmo 25: Isle de Jean Charles Möwen, Helikopter Erzählerin: Die Zerstörung ihres Landes zwingt die Indigenen dazu, in andere Gebiete abzuwandern. Die Umsiedlung der Bewohner, weg vom Wasser, nach New Isle und viele andere Orte in der Region hat die weitere Zersplitterung der Stämme zur Folge. Die Houma Clarice Freelou: O-Ton: Clarice Freelou We do know that the problem is going to be that we're going to lose our culture. We're going to lose the closeness of our, our families that live on the Bayous in these small, close knit communities. We're going to lose that. It's a given. We're going to lose the medicinal plants. We're going to lose the basket weaving. We're going to lose our, our visitation. We need to stay connected because we are a family. This is all all these people are related one way or the other, and we need each other support. And if we don't have that. You know, it's a lonely place. It's going to be lonely. Voice Over Sprecherin 2: Wir werden unsere Kultur verlieren. Wir werden den Zusammenhalt unserer Familien, die in den Bayous in diesen kleinen, eng verbundenen Gemeinden leben, verlieren. Wir werden die Heilpflanzen verlieren. Wir werden die Korbflechterei verlieren. Wir werden unsere gegenseitigen Besuche verlieren. Wir müssen in Verbindung bleiben, denn wir sind eine Familie. Alle diese Menschen sind auf die eine oder andere Weise miteinander verwandt, und wir brauchen die gegenseitige Unterstützung. Und wenn wir die nicht haben, ist es ein einsamer Ort. Es wird einsam sein. Musik Atmo: Überfahrten Brücken Unrhythmisches, blechernes Klappern bei Überfahrt der Autos einer Hebebrücke Erzählerin: Trotz aller Bedenken, Beschwerden und Kritik, beginnt das Louisiana Office of Community Development im Mai 2020 mit dem Bau der Infrastruktur des Geländes am Highway 24. O-Ton: Pat Forbes The layout of the New Isle is already described a little bit the differentiation between the commercial space and the residential space. But it's also laid out around two bayous and some constructed water features. Water is a huge part of their culture. In addition to that we've built the community center and we're going to have the powwow grounds back behind there. And these are all things that the tribe wanted to make sure were part of this, because it gives them a place that frankly, they didn't have before. There was no place like that on Ile de Jean Charles. Voice Over Sprecher 5: Der Grundriss der New Isle kennzeichnet bereits die Trennung zwischen dem kommerziellen Raum und dem Wohnbereich. Der Ort ist auch um zwei Bayous und einige künstliche Wasserbereiche herum angelegt. Wasser ist ein wichtiger Teil ihrer Kultur. Wir haben das Gemeindezentrum gebaut und werden im hinteren Bereich das Gelände für das Powwow, für die Tänze und Gesänge, herrichten. Das sind alles Dinge, die der Stamm unbedingt mit einbeziehen wollte. Solche Orte gab es auf der Isle de Jean Charles nicht. Musik Erzählerin: Es gibt zwar Wasser, aber keine Fische. Keine Schule, keine Kita, kein Kulturzentrum. Was gutgemeint klingt, stellt sich nach der Umsiedlung nach New Isle als ein Projekt voller Tücken heraus. Vor allem für die Menschen, die von Sozialhilfe oder Rente wie Johnny Templet leben. O-Ton: Johnny Templet They want you to believe. Okay, well, we're giving you a house, okay? Then they put a mortgage and it's a five year mortgage and you pay the mortgage by living in the house for five years. Okay. But the mortgage also says that we are responsible for the taxes and we are responsible for the insurance and which understandable. You come to it. Voice Over Sprecher 4: Sie wollen uns glauben machen, wir geben euch ein Haus. Auf dem liegt aber eine fünfjährige Hypothek. Man zahlt die Hypothek ab, indem man fünf Jahre lang in dem Haus wohnt. Aber in der Hypothek steht auch, dass wir für die Steuern und die Versicherung verantwortlich sind. O-Ton: Pat Forbes It's a five year no cost mortgage for the residents. Every year they accrue 20% equity in the home. And at five years, of course, they'll have 100% equity in the home. We want to make sure that they are building an asset here for them and their families. But ideally, the community stays together, as we've said over and over again, That's a major objective of the program. And so I hope everybody decides to stay. But if they decide to sell their home, that's their prerogative. If they do that after two years, they'll get 40% of the proceeds and the state would get the other 60% and probably put it back into the community. Voice Over Sprecher 5: Es handelt sich um eine fünfjährige Hypothek ohne Kosten für die Bewohner. Jedes Jahr erhalten sie 20 Prozent Eigenkapital für ihr Haus. Nach fünf Jahren haben sie 100 Prozent Eigenkapital. Wir wollen sicherstellen, dass sie hier einen Vermögenswert für sich und ihre Familien aufbauen. Im Idealfall bleibt die Gemeinschaft zusammen. Wie wir immer wieder gesagt haben, ist das ein Hauptziel des Projekts. Und so hoffe ich, dass jeder beschließt zu bleiben. Aber wenn sie sich entscheiden, ihr Haus zu verkaufen, ist das ihr gutes Recht. Wenn sie das nach zwei Jahren tun, bekommen sie 40 Prozent des Erlöses, und der Staat würde die anderen 60 Prozent bekommen und wahrscheinlich wieder in die Gemeinde investieren. O-Ton: Chris Brunet Moving to a larger house, a more expensive house, that kind of worried me a little bit, like what would be the value of the property taxes? So I'm sure over there with the value of that house being 350,000 is going to be a whole lot more than what my value is over here, down here on the island. Voice Over Sprecher 3: In ein größeres und teureres Haus zu ziehen, machte mir ein wenig Sorgen. Wie hoch würde die Grundsteuer sein? Ich war mir sicher, dass die Steuer für dieses Haus bei 350.000 Dollar um einiges höher sein wird als der Wert meines Haues unten auf der Insel. O-Ton: Johnny Templet I've had two Market analysis done. They say that this house is worth $168,000. Brand new. My mortgage papers says $335,000. The problem is, is that they assign a value on this house that is over twice. Your insurance has to cover that amount of money. So the insurance is astronomical. Voice Over Sprecher 4: Ich habe zwei Marktanalysen machen lassen. Die besagen, auf dem offenen Markt wäre mein Haus 168.000 Dollar wert. Brandneu. In meinen Hypothekenpapieren steht: 335.000 Dollar. Das Problem ist, dass sie diesem Haus einen Wert geben, der doppelt so hoch ist. Die Versicherung muss diese Summe abdecken. Sie ist astronomisch. Sprecher: Beim Hauswert von 335.000 Dollar sind neben den Steuern etwa 3700 Dollar Versicherung im Jahr fällig. Erzählerin: Die Summe bereitet Johnny Templet Kopfschmerzen. O-Ton: Johnny Templet The first year was paid by the state. They made promises. That they will pay for the five years. We have nothing to that in writing. The only thing we have is a mortgage that says if we default by not paying the insurance or not paying the taxes. Voice Over Sprecher 4: Das erste Jahr wurde sie vom Staat bezahlt. Sie haben Versprechungen gemacht, dass sie für fünf Jahre zahlen werden. Wir haben aber nichts schriftlich. Das Einzige, was wir haben, ist eine Hypothek, die besagt, dass wir in Verzug geraten, wenn wir die Versicherung oder die Steuern nicht zahlen. Sprecher Der Hypothekenschuldner stimmt hiermit zu, für den Fall, dass ein Verzug eintritt und andauert, dass der Hypothekengläubiger rechtmäßig ermächtigt ist, ohne Aufforderung die belastete Immobilie zu beschlagnahmen und im Rahmen der Zwangsvollstreckung ohne Schätzung zu verkaufen. O-Ton: Johnny Templet Myself, I live of, of my Social Security. My income a year is about $14,800, a year. Now, out of that, I have to pay electricity and water and gas for my truck and insurance on my truck and Plus your food. Any medical bills I may have. Um, that all has to come out of less than $15,000 a year. Up here I'm gonna to be facing a tax bill of a thousand-1200 dollars. Yeah. Where do I come up with that after? Voice Over Sprecher 4: Ich lebe von meiner Sozialversicherung. Mein Jahreseinkommen beträgt etwa 14.800 Dollar. Davon muss ich Strom, Wasser, Benzin und die Versicherung für meinen Wagen bezahlen. Dazu kommen Essen, Arztrechnungen, die ich habe. Das alles muss aus weniger als 15.000 Dollar pro Jahr bestritten werden. Ich habe mit einer Steuerrechnung von 1.000 bis 1.200 Dollar zu rechnen. Woher soll ich das nehmen? Musik Atmo: Sturm Atmo: Sirenensignal "Alarm" USA Sprecher Nach einer Studie der Coastal Protection and Restoration Authority, der Behörde für Küstenschutz und -wiederherstellung, belaufen sich die Sturmschäden in der Küstenregion Louisianas im Jahr 2023 auf 5,5 Milliarden Dollar. Doppelt so viel wie noch 2017. - Der Umweltjournalist Bob Marshall: O-Ton: Bob Marshall That's one reason this area is in a huge insurance crisis. People can't afford insurance for their homes. Businesses are having trouble getting insurance. No insurance company wants to come here. (2 Sek Atmo) Voice Over Sprecher 6: Das ist einer der Gründe, warum es in diesem Gebiet eine große Versicherungskrise gibt. Die Menschen können sich keine Versicherung für ihre Häuser leisten. Und auch Unternehmen haben große Probleme, eine Versicherung zu bekommen. Atmo: Autos auf Highway Erzählerin: Das Louisiana Office of Community Development, beruhigt Pat Forbes, habe das niedrige Einkommen der Bewohner am Rand des Highway 24 bei der Planung bedacht. O-Ton: Pat Forbes You might say, well, then why do we have this space that's on the highway? But equally important to the success of this development is the ability to generate revenues to help these folks sustain their residents here for the long term. The community owns the property facing the highway. And so we can lease that property to businesses that can provide jobs to people who live at the New Isle. Voice Over Sprecher 5: Man könnte fragen, warum wir diesen Platz am Highway genommen haben. Ebenso wichtig für den Erfolg dieser Siedlung ist es, Einnahmen zu generieren, um die Bewohner hier langfristig zu halten. Die Gemeinde ist Eigentümerin des Grundstücks am Highway. Wir können dieses Grundstück an Unternehmen vermieten, die den Bewohnern der New Isle Arbeitsplätze anbieten. Erzählerin: Diese Perspektive kann sich eventuell jüngeren Bewohnern eröffnen, aber keinem Rentner wie Johnny Templet. Atmo: Nachrichten Überflutung Miami (WPLG Local 10) Moderator: He is live in Miami where most of the flooding there. Christian. Reporter Christian de la Rosa : What a mess this has been. So much rain has finally let up, but the damage is already done. Big question is how much more of this rain can the drainage systems in this particular area take?... Live in downtown Miami, I am Christian de la Rosa. O-Ton: Johnny Templet They've had seven years to do this. And they've failed. Miserably. They failed. And I'm just real sure all the money is gone. It took $47 million to move 34 family units. Residents on the island. Right now Downtown Miami get seawater in it. Frequently. Very frequently. Now if it takes $47 million to move 34 families. What's it going to take to move 500,000 out of Miami and rehouse and remove them? Okay. This is not the way. This was the money grap. Musik Voice Over Sprecher 4: Sie hatten sieben Jahre Zeit, das alles zu machen. Und sie sind gescheitert. Miserabel. Sie haben versagt. Und ich bin mir wirklich sicher, dass das ganze Geld weg ist. Es hat 47 Millionen Dollar gekostet, um 34 Familien, Bewohner von der Insel umzusiedeln. Und gerade jetzt dringt Meerwasser in die City von Miami rein. Häufig. Sehr häufig. Wenn es nun 47 Millionen Dollar kostet, 34 Familien umzusiedeln, was wird es kosten, 500.000 aus Miami umzusiedeln und sie neu unterzubringen. Das ist nicht der richtige Weg. Das war ein Geldgrab. O-Ton: Bob Marshall I've always said for a decade at least, that the new United States will finally wake up to the threat of climate change when the expense of real estate in Florida begins to be devalued. Voice Over Sprecher 6: Seit mindestens einem Jahrzehnt sage ich, dass die Vereinigten Staaten endlich aufwachen und die Bedrohung durch den Klimawandel erkennen werden, wenn die Immobilien in Florida an Wert verlieren. Musik Atmo: New Isle Zikaden O-Ton: Johnny Templet It is what it is. If I had it to do over again. No, I would not. If I could take my name off of those papers. Yes, I would. You know, but now I put myself in a position that I haven't been in, in 30 years. You know where my savings is depleted. Voice Over Sprecher 4: Wenn ich könnte, würde ich nicht nochmal umsiedeln. Wenn ich könnte, würde ich meinen Namen aus diesen Papieren streichen. Aber jetzt habe ich mich in eine Lage gebracht, in der ich seit 30 Jahren nicht mehr war. Meine Ersparnisse sind aufgebraucht. O-Ton: Chris Brunet There is a difference between a new house that was built and the home that I come from, which is Isle of Jean Charles. A new house was built. And I say it won't be 100% home because I feel displace. I'm not a refugee, I am displaced because of the challenges of my environment. Voice Over Sprecher 3: Es gibt einen Unterschied zwischen dem neuen Haus, das gebaut wurde, und dem Haus, aus dem ich stamme, dem auf der Isle de Jean Charles. Das neue Haus wird nie 100-prozentig mein Zuhause sein, weil ich mich vertrieben fühle. Ich bin kein Flüchtling, meine Umwelt hat mich vertrieben. Absage Die Vertriebenen von Louisiana Wie Landzerstörung Indigene zur Umsiedlung zwingt Feature von Egon Koch Es sprachen: Svenja Wasser, Jonas Baeck, Ralf Drexler, Justine Hauer, Axel Holst, Tom Jacobs, Claudia Mischke und Jürgen Sarkiss Technische Realisation: Olaf Dettinger Regieassistenz: Tim Müller Regie: Claudia Kattanek Redaktion: Nikolaus Steiner Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks mit dem Hessischen Rundfunk, dem Deutschlandfunk und dem Österreichischen Rundfunk 2023. 4