COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport 17.2.2012, 13.07 Uhr Ländersache Kultur (4a) Die Kulturpolitik der Bundesländer Brandenburg Autor Flemming, Axel Redaktion Julius Stucke Sprecher Simon Böer Regie Stefanie Lazai Sendung 17.02.12 - 13.07 Uhr - M A N U S K R I P T B E I T R A G - Brandenburgs finanzieller Spielraum ist gering. Die Schuldenbremse rückt näher, das Land darf sich bald kein neues Geld mehr leihen - außerdem läuft 2019 der Solidarpakt aus. Das wird auch die Kulturpolitik spüren, wenn auch nicht sofort. "Wir haben ja bei den letzten Haushaltsverhandlungen erreicht, dass der Kulturetat erhalten bleiben konnte und ich gehe auch davon aus, dass eine gute finanzielle Versorgung auch in der Zukunft gegeben sein wird." Kulturministerin Sabine Kunst meint, Brandenburg nutze seinen Spielraum in Sachen Kultur - durch eine eigenständige Ausrichtung der künftigen Förderpolitik. Das ist Zukunft - in der Vergangenheit ging es zuerst um den Aufbau neuer Strukturen: "Wir haben ja auch Besonderheiten hier im Bundesland durch die Entwicklung der Kultureinrichtungen und auch der kulturellen Aktivitäten nach 1989. Es ist über lange Jahre relativ viel Geld und Kraft hineingegangen in den Aufbau von Strukturen und überhaupt die Neufügung von Einrichtungen." Allerdings merkten viele Brandenburger, dass dem Ende der DDR auch ein Teil der kulturellen Infrastruktur zum Opfer fiel. Etwa die Kreiskulturhäuser - mit ihren regelmäßigen Veranstaltungen, von denen viele Orte in Brandenburg heute nur noch träumen können. Auch wenn die Ministerin die bestehende Vielfalt hervorhebt: "Es ist ja auch heute so, dass Brandenburg sich dadurch auszeichnet, sehr viel an kulturellen Aktivitäten zu haben. Wenn Sie jetzt an die vielfältigen Kulturfeste denken, an die freien Theatergruppen... die viel auch durch Eigeninitiative getragen, sich neu gegründet haben." Vielfältig ist die Museenlandschaft, rund 400 Museen gibt es, darunter auch einige Literatur-Häuser. Das Huchel-Haus in Wilhelmshorst, das Tucholsky-Museum in Rheinsberg und das Kleist-Museum in Frankfurt/Oder. Wolfgang de Bruyn ist dort seit fast fünf Jahren Direktor: "Es sind ganz bewusst auch in der Literaturlandschaft - und da zähle ich auch das Literaturbüro in Potsdam dazu, was sich um die Literatur in Brandenburg und darüber hinaus bemüht - sind Prämissen gesetzt worden." Das Kleist-Museum wird von der europäischen Union, vom Land und vom Bund gefördert. Wolfgang de Bruyn sieht da keinen Widerspruch oder gar Kompetenzgerangel: "Kultur ist Ländersache, aber es gibt ja die so genannte gesamtstaatliche Bedeutung. Und wenn diese gegeben ist, dann steigt der Bund ja auch ein. Wir haben das am Kleistjahr gesehen, wo wir alle Akteure versucht haben einzubinden, deutschlandweit und international. Und da wir ja auch vom Bund gefördert werden, versuchen wir schon die gesamtstaatliche Bedeutung unter Beweis zu stellen mit unsern Schätzen, die wir im Museum haben. Wir gehen einfach mit den Schätzen auf Tournee." Ein Konzept der Kulturpolitik zur Strategie 2012 listet künftige landespolitische Schwerpunkte auf: Regionale Identität etwa - und Tourismus. Für den wiederum entscheidend: Natur und kulturelles Erbe. Der Gedanke dahinter: "Wie entwickeln wir aus dem, was an Reichtum da ist eine sichtbare und auch nachhaltig bestehende kulturpolitische Landschaft, die jetzt ein bisschen gärtnerisch das verzieht, und weiterentwickelt, was in den letzten zwei Jahrzehnten neu gewachsen ist." Das Bild vom "Garten der Kultur" findet auch Andrea Hausmann passend, Professorin für Kulturmanagement an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. "Die Kulturpolitik ist der Dünger, dass es richtig schön sprießt. Ich denke wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass gespart wird. Und wir müssen uns fragen, wo können wir sparen, weil wir kommen nicht drum herum, das müssen wir tun. Wir müssen eben auch sagen an welchen Punkten ist Sparen kontraproduktiv. Wo wird das dazu führen, dass kulturelle Angebote eingestampft werden, die aber gesellschaftspolitische Bedeutung auch haben." Kleinere, unauffällige Projekte etwa, die im großen Angebot der Ballungszentren untergehen, sind auf dem Lande häufig die einzige Möglichkeit für die Bevölkerung, mit Kultur in Kontakt zu kommen. Freie Theatergruppen, aber auch Konzerte in den mehr als 1500 Dorfkirchen des Landes. Eine Besonderheit, die Brandenburg prägt ist: Berlin, mitten im Bundesland gelegen. Ein kultureller Magnet, der Brandenburg strukturiert: in den Speckgürtel und die periphere Provinz. (Hausmann) "Wenn man Wettbewerb als Chance sieht, dann muss man eben sich als nächstes fragen, wo kann ich etwas anbieten, was in meinem Bereich nachgefragt wird. Also Städte wie Frankfurt/Oder die müssen sich eben ihr Profil anschauen und dann überlegen, was habe ich für Einwohner, welche Struktur haben diese Einwohner und welche kulturellen Angebote muss ich da vorhalten. Es ist immer erst mal analytisch und strategisch vorzugehen, bevor ich dann etwas anbiete. Und das kommt sicherlich an der einen oder anderen Stelle zu kurz..." Kultusministerin Sabine Kunst zögert, bevor sie widerspricht: "Die Kultur dünnt nicht nach außen aus. Sondern wenn Sie sich die Aktivitäten auch über die Landkreise anschauen, so gibt es überall herausragende Projekte." Dennoch: Museumsdirektor de Bruyn würde sich für einige Ecken des Landes mehr kulturelle Unterstützung wünschen - eine Art "Zonenrandförderung", wie in der alten Bundesrepublik: "Das heißt, man hat die strukturschwachen unterbelichteten, nicht so in der Aufmerksamkeit stehenden Gebiete ganz bewusst finanziell unterstützt. Und Potsdam ist nicht das Land Brandenburg, Berlin-Potsdam hat eine eigene Wirtschaftskraft, kulturelle Kraft, und man muss sich glaube ich immer nachhaltig in Erinnerung rufen, also hier erfordert es Strategien für den peripheren Raum, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, sich wichtig zu machen mit den Potenzen, die man hat, um kulturelle Projekte auch hier im ostbrandenburgischen durchzusetzen." Potsdam als Landeshauptstadt bekam vom Land sogar bislang fünf Millionen Euro pro Jahr - für Leistungen, die es auch für das Umland erbringt. Dieses Geld wurde ersatzlos gestrichen. Oberbürgermeister Jann Jakobs: "Hier geht es nicht nur um Potsdam. Denn man muss sich vorstellen, dass mit Ausnahme von Potsdam alle kreisfreien Städte nicht in der Lage sind beispielsweise Fördermittel in Anspruch zu nehmen, weil es an der Ko-Finanzierung aus dem eigenen Haushalt fehlt. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand und daran muss sich was ändern." Etwas ändern muss sich vor allem in der Theaterlandschaft. Schon vor 10 Jahren wurde das Musiktheater in der Landeshauptstadt abgewickelt. Tobias Wellemeyer, Intendant des Hans-Otto-Theaters, Potsdam, führt mit dem Schauspiel ein Ein- Sparten-Haus, in Frankfurt Oder gibt es gar kein festes Ensemble: "Frankfurt/Oder beispielsweise hat sich von dieser uns damals doch alle in großen Zorn versetzenden Theaterabwicklung, denke ich noch nicht erholt, man sieht doch sehr gut, dass das lebendige Wirken und die Anwesenheit eines Ensembles in einem Stadttheater durch nichts zu ersetzen ist. Da gibt es eine Öffentlichkeitsarbeit, da gibt es Theater- Jugendclubs, da gibt es ästhetische Bildung, die geleistet wird, da gibt es Fördervereine. Und all das kann eine Art Gastspielbetrieb zur Gänze nicht ersetzen." 40 bis 50 Vorstellungen pro Jahr gibt das Hans-Otto-Theater außerhalb von Potsdam. In einem Theaterverbund sollen Potsdam, Brandenburg/Havel und Frankfurt/Oder zusammenarbeiten, dazu assoziiert die Bühnen in Cottbus, Schwedt und Senftenberg - soweit die Theorie: (Kunst) "Was nicht klappt, ist die Annahme dieser Angebote, jeweils in den Orten, in denen sie angeboten werden. So dass wir gerade auf der Suche sind, woran das liegt. Und dort noch mal mit den Produzenten und den Abnehmern diskutieren werden, was man da besser machen kann" Was bleibt festzuhalten? Brandenburgs Kulturszene ist durchaus vielfältig - nur findet diese Kultur überwiegend in den Städten statt - und Brandenburg besteht überwiegend...aus Land. Neben der Stadt-Land-Problematik besteht dringender Handlungsbedarf im Bereich der Theater und Orchester. Wie steht es um die Kulturpolitik in Brandenburg - ist sie mehr als ein beliebtes Partythema der gebildeten Öffentlichkeit? Vermutlich nicht einmal das. (Kunst) "Hier für Brandenburg ist es nicht geeignet, um auf Partys diskutiert zu werden. Nicht partytauglich, noch nicht, aber dann!" - E N D E -