COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Nachspiel 20.9.2009 MIT SCHEICHS UND SCHULDEN DIE ENGLISCHE PREMIER LEAGUE TROTZT DER WIRTSCHAFTSKRISE Von Martin Zagatta "They are going down" - Fangesang in Pub Die Stimmung ist ausgelassen im "Bishop Blaize" an der Chester Road. Doch die United- Fans, die hier in ihrem Lieblingspub in Manchester im Schatten des Old-Trafford- Stadions feiern, bejubeln nicht nur die eigene Mannschaft. Sie singen sich auch ihren Ärger von der Seele, dass ausgerechnet der so verhasste Lokalrivale Manchester City den englischen Meister nun zu überflügeln droht. Finanziell jedenfalls, seit arabische Investoren bei City eingestiegen sind und die ewige Nummer zwei in Manchester zum jetzt reichsten Fußball-Klub der Welt gemacht haben. "They are going down" "City steigt ab mit einer Million auf der Bank. Die gehen runter", so singen die United- Anhänger. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Während die City-Fans jetzt als Scheichs verkleidet ins Stadion kommen, mit Geldscheinen winken und ihre neu gekauften Stars anfeuern, bekommt der erfolgsverwöhnte Rivale die Finanzkrise zu spüren. Manchester United hat den Portugiesen Ronaldo, seinen besten Spieler, ziehen lassen müssen. Der Weltfußballer ist zu Real Madrid gewechselt, für die Rekordsumme von 94 Millionen Euro - ein Angebot, das der hochverschuldete englische Meister offenbar nicht ablehnen konnte, zum Leidwesen seiner Fans. United-Fan "Ich hätte mir gewünscht, dass sie mit dem Geld, das das eben kostet, einen Starspieler einkaufen, der Ronaldo ersetzen kann und die Tore macht, die Ronaldo für uns geschossen hat.? Stattdessen hat der Klub von Trainer Alex Ferguson Kasse gemacht in der Sommerpause. Unter dem Strich hat ManU diesmal gut 70 Millionen Euro an Spielerwechseln verdient. Der Verein, der seit einer feindlichen Übernahme vor vier Jahren einer us- amerikanischen Investoren-Familie gehört und dessen Schulden auf mehr als 750 Millionen Euro beziffert werden, trägt damit der Finanzkrise Rechnung. Die Premier League ist zwar immer noch die umsatzstärkste Fußball-Liga der Welt. Aber eine ganze Reihe der Klubs, die in England reichen Geschäftsleuten gehören, ist in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Allen voran West Ham United, der Traditionsverein aus dem Londoner Osten. Fast schon symbolisch, wenn die Fans im Upton Park ihre Mannschaft mit "forever blowing bubbles" empfangen, mit der Vereinshymne, in der wie seit 80 Jahren schon die Lust am Pusten von Seifenblasen besungen wird. "Blowing Bubbles" "Bubbles everywhere" - überall Seifenblasen, heißt es in der Hymne, die die Fans einst aus einem Musical übernommen haben. Wie solche Seifenblasen drohen aber auch die Träume von West Ham United zu platzen. Die Finanzkrise hat die Londoner am sichtbarsten getroffen von allen Premier-League-Vereinen. Der Trikot-Sponsor, ein Tourismusunternehmen, ist bankrott gegangen. Und schlimmer noch: West Ham war bis vor kurzem noch im Besitz von Björgulfur Gudmundsson. Der isländische Geschäftsmann, Präsident und Hauptaktionär des Geldinstituts "Landsbanki", soll 300 Millionen Euro verloren haben, als die Bank notverstaatlicht wurde. Inzwischen ist der Fußballklub von einer isländische Holding übernommen worden, in der sich die Gläubiger des früheren Besitzers zusammengetan haben. Die Anhänger und auch das Vorstandsmitglied Sir Trevor Brooking fürchten einen Ausverkauf. Sir Trevor Brooking "Natürlich wollen die Isländer einen Teil des Geldes zurück, das sie verloren haben. Aber sie müssen auch verstehen, dass der Verein dafür in der Premier League bleiben muss. Sonst geht das nicht. Finanziell erfolgreich zu sein, den Verlust wieder einigermaßen wettzumachen, das geht nur, wenn der Club die nächsten Jahre in der Premier League bleibt.? "Blowing Bubbles" Die Finanzmarktkrise macht aber nicht nur West Ham United zu schaffen. Da die meisten Vereine vermögenden Geschäftsleuten gehören, rund die Hälfte sogar schon Ausländern, leidet der englische Fußball besonders. Joe Lewis etwa, der von den Bahamas aus die Geschicke von Tottenham Hotspur bestimmt. Er soll bei dem Börsenabsturz mehrere hundert Millionen Pfund verloren haben. Selbst der FC Chelsea scheint nun an Grenzen zu stoßen. Schließlich hat der russische Öl-Milliardär Roman Abramowitsch, der den Londoner Verein vor fünf Jahren aufgekauft hat und bis vor kurzem als der reichste Mann im englischen Fußball galt, nach Schätzungen in der Finanzkrise einen zweistelligen Milliardenbetrag eingebüßt. Bruce Buck "Niemand ist immun gegen die Kreditkrise - das ist ein großes Problem, das uns alle betrifft - selbst mit einem Mäzen wie Roman Abramowitsch" Bruce Buck, der Chelsea-Vorsitzende, deutet Sparmaßnahmen an - völlig neue Töne von dem Verein, der, so klagen die Konkurrenten, die Ablösesummen und Spielergehälter ins Unermessliche getrieben hat. Die Londoner haben im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Verlust von mehr als 80 Millionen Euro ausgewiesen. Auch Manchester United und der FC Liverpool, der englische Meister und der Vizemeister, sind weiter in die roten Zahlen gerutscht. Dennoch ist die Premier League nicht nur die mit Abstand umsatzstärkste Fußball-Liga der Welt geblieben, sondern - so der Jahresbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte - auch die rentabelste. Dan Jones, bei dem renommierten Unternehmen für die Fußball-Bilanzen zuständig, rät den Klubs zwar ihre Kosten zu senken angesichts der Wirtschaftskrise. Er sieht die englische Liga aber auch auf einem guten Weg. Dan Jones "Die Fußballclubs erweisen sich grundsätzlich als ziemlich robust in der Rezession. In der Premier League wirkt es sich eigentlich nur aus, dass das britische Pfund an Wert verloren hat. Nur deshalb sind nur sieben und nicht noch mehr englische Vereine unter den führenden Zwanzig. Aber damit liegt die englische Liga immer noch vor jeder anderen. Auf dem Transfermarkt tut sich viel. Die Fernsehrechte sind begehrt, die Stadien trotz der Wirtschaftskrise voll. Ich denke Fußball bringt einfach Freude in das Leben der Leute in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, und deshalb kommen die Vereine ganz gut durch die Krise.? Manchester United gilt trotz seiner Schulden weiterhin als der wertvollste Sportverein der Welt. Wegen der Schwäche des Pfunds ist der englische Meister bei den Einnahmen aber hinter Real Madrid zurückgefallen. Den Premier-League-Klubs insgesamt ist es im vergangenen Jahr jedoch gelungen, ihren Vorsprung noch auszubauen, ihren Umsatz um ein Viertel auf fast zweieinhalb Milliarden Euro zu steigern. Vor allem die höher dotierten Fernsehübertragungsrechte sorgen für die Rekordzahlen, für Einnahmen, die um rund eine Milliarde höher sind als in der zweitplazierten deutschen Bundesliga. Fans singen "Rule Britannia" Rule Britannia ! Geld schießt Tore ! Die reichste Liga der Welt dominiert auch sportlich. Das Lied, mit dem sich die Insel einst als weltweite Kolonialmacht gefeiert hat, wird auch von den Fans in den Stadien mit Stolz gesungen. In den letzten drei Jahren haben es jeweils drei englische Teams in das Halbfinale der europäischen Champions League geschafft. In den letzten fünf Endspielen war mindestens ein englischer Verein vertreten. Auch wenn der FC Barcelona zuletzt die Königsklasse gewonnen hat und Real Madrid den Umsatz der Inselklubs noch übertrifft, so führt der Internationale Verband für Fußballgeschichte und - Statistik die Premier League weiterhin als die bei weitem beste Liga der Welt. Fans: "Rule Britannia" Der sportliche Erfolg und die Umsatzrekorde können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Spitzenvereine auf der Insel Verluste machen, weil sie für enorme Schulden aufkommen müssen. Die genauen Zahlen für die abgelaufene Saison liegen noch nicht vor. Aber selbst Manchester United hat 2007/2008, als die Mannschaft englischer Meister wurde und die Champions League gewonnen hat, ein Minus von rund 25 Millionen Euro gemacht. Der Grund: Zinszahlungen von mehr als 50 Millionen, Belastungen durch den riesigen Schuldenberg. David Triesman "Auch im Fußball gibt es mittlerweile derart hohe Schulden, dass man so nicht weitermachen kann und umdenken muss.? So warnt selbst Lord Triesman, der Vorsitzende des englischen Fußballverbandes. Die Außenstände der Premier League haben sich den jüngsten Statistiken zufolge in nur einem Jahr noch einmal um mehr als 400 Millionen Euro erhöht. Sie übersteigen inzwischen den Jahresumsatz bei weitem und belaufen sich auf mehr als dreieinhalb Milliarden Euro. Der Finanzinformationsdienst "Equifax" hält die Hälfte der Clubs für - so wörtlich - "technisch zahlungsunfähig.? "Blowing Bubbles" Mit mehr als zwei Milliarden entfällt der Löwenanteil der Schulden auf die "großen Vier", die den englischen Fußball seit Jahren dominieren. Chelseas Verbindlichkeiten werden mit mehr als 750 Millionen Euro angegeben , auch wenn der Großteil dieser Schulden als persönliches und nicht zurückzuzahlendes Darlehen des Klubeigners Abramowitsch deklariert worden ist. Besonders tief in den roten Zahlen steckt Manchester United. Dem bis vor kurzem fast schuldenfreien Verein wurden bei der Übernahme vor vier Jahren durch die amerikanische Glazer-Familie mehr als 700 Millionen Euro an Verbindlichkeiten aufgebürdet. Ähnlich ist es dem FC Liverpool ergangen. Die neuen Eigner, die US-Investoren George Gillet und Tom Hicks, haben dem weniger wohlhabenden Kultverein bei der Übernahme 2007 Schulden von mehr als 300 Millionen Euro übertragen - eine Last, die nach Ansicht von Keith Harris, Chef der Investmentfirma "Seymour Pierce", jetzt den sportlichen Erfolg des Vizemeisters gefährdet. Keith Harris "Ein Fußballklub sollte nicht Schulden in einer Höhe haben, die seine Zahlungsfähigkeit bedroht. Als Gillet und Hicks den Verein gekauft haben, war Liverpool noch schuldenfrei: Sie haben sich das Geld für den Kauf geliehen und dann refinanziert. Jetzt, wo sie eigenes Geld zuschießen müssen, wird es immer klarer - zum Leidwesen der Fans - dass Trainer Benitez nur sehr begrenzte Möglichkeiten gegeben werden, Spieler zu kaufen.? Um mit der Konkurrenz mithalten zu können, bräuchte der englische Rekordmeister ein ähnlich großes Stadion wie Manchester United oder Arsenal London. Doch Liverpools Eigentümer haben den versprochenen Bau einer neuen Arena wegen Geldknappheit erst einmal ausgesetzt. Für den Investmentberater Stephen Schechter, der sich um Anleihen für Fußballklubs kümmert, war das ein Warnsignal. Stephen Schechter "Da gibt es eine Menge Schulden und eine Menge unproduktiver Schulden. Ich glaube, dass ein Verein wie Liverpool in den nächsten zwei Jahren bankrott gehen könnte". Fans: You'll never walk alone Trotz der Geldsorgen haben die Liverpooler jetzt allerdings einen Rekordvertrag an Land gezogen. Der Traditionsverein kassiert von seinem neuen Trikotsponsor, einer Bank, künftig mehr als 20 Millionen Euro im Jahr. Richard Scudamore, der Chef der Premier League, kann sich bestätigt fühlen. Er hält die Warnungen, dass Klubs wie Liverpool überzogen haben, dass nach der Blase an den Finanzmärkten nun auch die Fußballblase zu platzen droht, für völlig übertrieben. Die Schulden, so meint er, sind durchaus "beherrschbar". Richard Scudamore "Die Einnahmen stimmen im Fußball. Das Geld fließt, und die, die die höchsten Schulden haben, haben Gott sei Dank auch große Einnahmen und Vermögenswerte.? Scudamore spricht von einem "Kreislauf des Erfolges". Und allen Warnungen zum Trotz hat sich bisher für jeden Vereinsbesitzer, der ausgestiegen ist oder zum Aufhören gezwungen wurde, auch jemand gefunden, der bereit war einzusteigen, meist für noch mehr Geld. Bestes Beispiel Manchester City. Der Klub aus dem Norden Englands wurde im vergangenen Jahr von einem Investmentfond erworben, hinter dem die Herrscherfamilie des Öl-Emirats Abu Dhabi steht. Der bisherige Eigentümer, Thailands nach Korruptionsvorwürfen gestürzter Ministerpräsident Thaksin, soll nach dem Einfrieren seiner Schweizer Konten nicht mehr flüssig gewesen sein. Die Araber haben angekündigt, Manchester City zum besten Verein der Welt zu machen und tatsächlich schon fast 250 Millionen Euro für den Kauf neuer Spieler ausgegeben, mehr als die deutschen Erstliga-Vereine zusammen in dieser Saison. "Wir haben wirklich tiefe Taschen", so hat Scheich Sulaiman Al-Fahim, der Repräsentant des Fonds in einem Interview mit der BBC geprahlt, "tiefe Taschen, wirklich sehr tiefe Taschen.? Sulaiman Al-Fahim Mit 40 Millionen Euro haben Manchester Citys neue Besitzer gleich nach der Vereinsübernahme dem FC Chelsea den brasilianischen Stürmer Robinho noch unter der Nase weggeschnappt, der bisher teuerste Transfer im englischen Fußball. Mittlerweile sind internationale Stars wie Emmanuel Adebayor aus Togo, Kolo Toure von der Elfenbeinküste, der Argentinier Carlos Tevez und der Paraguayer Roqué Santa Cruz hinzugekommen. Zudem der irische Nationaltorwart Shay Given und die englischen Nationalspieler Gareth Barry, Wayne Bridge, Shaun Wright-Phillips und Joleon Lescott. Die Man-City-Fans, die Anhänger der Blauen hoffen jetzt sogar, dem großen Lokalrivalen Man United, den Roten, Paroli bieten zu können: darauf habe man lange gewartet. Toll. Eine großartige Zeit, ein Blauer zu sein. Stimmen Man City Fans Der neue Besitzer der Blauen, Scheich Mansour, dessen "Abu Dhabi United Group" auch ein Hauptaktionär der Barclays-Bank ist, gilt als der reichste Mann in der Premier League. Er hat den Russen Roman Abramowitsch abgelöst; und die Finanzkrise wird die englische Fußball-Landschaft wohl noch weiter verändern. Anders als in der deutschen Bundesliga darf ein Investor die Mehrheit an einem Verein übernehmen. Rund die Hälfte der Premier-League-Klubs gehört inzwischen schon Ausländern. Investoren vom Persischen Golf haben zuletzt den FC Portsmouth aufgekauft und sogar Notts County aus der vierten Liga, den ältesten Fußballverein der Welt. Selbst Keith Harris, der Investmentbanker, der den Verkauf von Manchester City mit eingefädelt hat, hat da seine Bedenken. Keith Harris "Tatsache ist, dass die Clubs vor 40, 50 Jahren im Besitz von örtlichen wohlhabenden Geschäftsleute waren. Doch jetzt werden diese Multi-Millionäre von Milliardären verdrängt. Fragt sich nur, wie viele dieser Milliardäre es noch gibt. Ich glaube, dass sich das, was sich bei Manchester City tut, noch als abnormal herausstellen wird.? Fans "They are going down" Doch allem Spott und allen Zweifeln zum Trotz: die neuen Eigentümer von Manchester City peilen schon in dieser Saison die Qualifikation für die Champions League an. Sie haben angekündigt, in der Winterpause noch einmal mehr als 100 Millionen Euro für weitere Verstärkungen zur Verfügung zu stellen. Der Arsenal-Trainer Arsène Wenger nennt das "Finanzdoping.? Sein Verein, bei dem bisher keiner der Großaktionäre über die Mehrheit verfügt, steht finanziell relativ gut da. Die "Gunners" haben zwar auch rund 350 Millionen Euro Schulden. Mit dem Geld wurde aber der Bau eines neuen Stadions finanziert. Dafür gibt es einen langfristigen Kreditvertrag. Und Arsenal hat als einziger der großen Vereine nun über Jahre schon Gewinne gemacht, dadurch vor allem, so lobt der frühe Vizepräsident David Dein, dass Trainer Arsène Wenger auf Nachwuchsspieler setzt. David Dein - Arsenal "Arsène hat eingroßartiges Auge für Talente. Arsène verwandelt Wasser in Wein. Aber das wird immer schwieriger. Er hat jedes Jahr ein Hasen aus dem Hut gezaubert. Aber inzwischen gibt es weniger Hasen und weniger Hüte.? Sollten die Londoner aber nicht mehr unter die ersten Vier kommen, sich also nicht mehr für die Champions League qualifizieren, entgehen dem Klub Millionen. So werden Vereine, die vorsichtiger wirtschaften, von Manchester Citys neuem Reichtum unter Druck gesetzt - in der Premier League wie auch auf europäischer Ebene. Mehr als eine halbe Milliarde Euro haben die englischen Klubs in der Sommerpause in neue Spieler investiert - mehr als doppelt soviel wie etwa die Bundesliga, Summen, wie sie sonst nur die beiden spanischen Größen Real Madrid und der FC Barcelona ausgeben. Die UEFA, der Europäische Fußballverband, sieht darin schon eine Wettbewerbsverzerrung, genauso wie Sepp Blatter, der Präsident des Weltfußballverbandes FIFA. Sepp Blatter "Ich bin besorgt, weil die Premier League die stärkste Liga der Welt ist, und derart dominiert, dass die anderen Ligen Schwierigkeiten haben, mitzuhalten - bei dem Geld, das in England im Spiel ist. Der Einfluss von an Profit interessierten Investoren darf doch nicht so groß sein, dass die englischen Vereine über den anderen stehen. Wo kommen wir da hin?? Drohungen der UEFA, hochverschuldete Clubs von Wettbewerben wie der Champions League auszuschließen, laufen auf der Insel bisher aber ins Leere: Vereinen wie dem FC Chelsea oder Manchester City drohen keine Nachteile, solange ihre Verbindlichkeiten als nicht zurückzuzahlende Darlehen deklariert werden können. Solche Darlehen zu verbieten, sie als Schulden zu bewerten, fordert auch der Sportausschuss des britischen Parlaments bisher erfolglos. Die Parlamentarier nennen das Finanzgebaren der Premier- League-Vereine in ihrem jüngsten Bericht "besorgniserregend.? Der Sportminister Gerry Sutcliffe warnt sogar vor Insolvenzen. Sportminister Gerry Sutcliffe: "Wir sind um die Zukunftsfähigkeit des Fußballs besorgt. Da ist soviel Geld im Spiel. Da muss es Regeln geben für einen fairen Wettbewerb. Das müssen wir sicherstellen. Weil wir nicht wollen, dass Vereine bankrott gehen, dass Klubs an die Wand fahren.? David Scudamore dagegen, der Vorsitzende der Premier League, hält solche Warnungen für Panikmache. Er verweist darauf, dass noch keiner der Erstligaklubs bankrott gegangen ist. Für Scudamore ist die Premier League eine Geldmaschine, auch in finanziell schwierigen Zeiten. Zum Beleg verweist er auf die Rekordpreise, die die englische Liga ungeachtet der Krise für ihre Fernsehübertragungsrechte erzielt hat in ihren neuen Verträgen. Mit weit mehr als einer Milliarde Euro bekommen die englischen Teams fast dreimal soviel wie die Bundesliga, der Tabellenletzte auf der Insel fast genauso viel wie in Deutschland der Meister. Premier-League-Fußball wird mittlerweile in mehr als 200 Länder übertragen. Das Interesse ist vor allem auch in Asien riesengroß. Damit, so Scudamore, könne keine andere Liga mithalten. David Scudamore "Es geht um den ur-englischen Fußball, in englischen Stadien. Ein spezieller, ein schneller , ein wilder, ein temporeicher Fußball, mit weniger Freistößen als in Spanien oder Italien, mit weniger gelben Karten. Die Spieler hier stehen auf und machen weiter. Das ist englischer Fußball. Das hat Geschichte und Tradition, und dafür bezahlen die Leute weltweit. Das ist es, wenn Sie so wollen, was wir verkaufen." Obwohl der Stadionbesuch im Schnitt doppelt so teuer ist wie in Deutschland, sind die Spiele der Spitzenklubs fast immer ausverkauft. Die Nachfrage ist sogar so groß, dass es lange Wartelisten gibt. Beim FC Arsenal etwa warten zusätzlich zu den Dauerkartenbesitzern fast 50 000 weitere Interessenten auf ein Saison-Ticket, zum Teil seit Jahren. Fußball im Bezahlfernsehen ist ebenfalls kostspieliger als in Deutschland. Dennoch hat der Fernsehsender "Sky" in der Krise zugelegt und steuert in Großbritannien zehn Millionen Abonnenten an. Sky - Trailer Den Turbulenzen am Finanzmarkt scheint auch Manchester United zu trotzen. Der hochverschuldete Meister war in Problemen, nachdem sein Trikotsponsor "AIG" angekündigte hatte, den lukrativen Vertrag nicht zu verlängern. Die amerikanische Versicherungsgesellschaft ist vom Staat vor dem Zusammenbruch gerettet worden und kann sich die gut 15 Millionen Euro jährlich für den englischen Verein nicht mehr leisten. Statt die befürchteten Einbußen hinzunehmen, ist es ManU allerdings gelungen, einen neuen Partner zu finden. Und der zahlt jetzt sogar noch wesentlich mehr: Rund 23 Millionen jährlich lässt es sich der ebenfalls in den USA beheimatete Versicherungskonzern "Aon" kosten, dass sein Name ab der nächsten Saison auf den Trikots von Wayne Rooney und seinen Mitspielern erscheint. "Blowing Bubbles" Durch die Finanzkrise ist die Premier League hin- und hergerissen. Nimmt man Manchester City aus, haben die Vereine in der Sommerpause beim Wechsel der Spieler diesmal unter dem Strich sogar mehr eingenommen als ausgegeben. Diesem Sparkurs steht allerdings ein drastischer Anstieg der Gehälter gegenüber, um mehr als ein Viertel, auf mehr als eine Milliarde Euro, schon im vergangenen Jahr. Der FC Chelsea der die Spieler mit Abstand am besten entlohnt, hat die Bezüge seines Kapitäns, John Terry, gerade auf 160 000 Pfund erhöht, auf rund 180 000 Euro - in der Woche ! Dass Superstars wie Ronaldo oder Alonso vom FC Liverpool dennoch nach Madrid abgewandert sind, hat auch mit den Steuern zu tun. Die britische Regierung hat zur Haushaltssanierung beschlossen, den Spitzensteuersatz von 40 auf 50 Prozent zu erhöhen. In Spanien dagegen müssen ausländische Fußballer, so Mike Warburton vom Steuerbüro "Grant Thornton", noch nicht einmal die Hälfte zahlen. Mike Warburton "Fußballer sind eine sehr, sehr mobile Berufsgruppe - und können leicht auf den Kontinent wechseln. Diese Vorherrschaft, die wir mit der Premier League gehabt haben, ist in Gefahr aufgrund der neuen Steuerregelungen. Die Fußballer werden sich jetzt ganz genau überlegen, wo sie am meisten bekommen.? Die besten Nachwuchsspieler aus anderen Ländern anzulocken, dürfte den englischen Vereinen auch nicht mehr so leicht fallen. Jedenfalls hat die die FIFA dem FC Chelsea Neueinkäufe vorerst untersagt als Strafe dafür, dass der Londoner Club einen jungen Franzosen zum Vertragsbruch angestiftet haben soll. Die Premier League bekommt Gegenwind. Ihre besten Zeiten sind vorerst vorbei, meint der Investmentbanker Keith Harris, der kalkuliert, dass die Klubs in der Finanzkrise etwa ein Fünftel ihres Wertes verloren haben. Newcastle, inzwischen abgestiegen, sucht schon seit fast einem Jahr nach einem neuen Eigentümer. Und beim FC Portsmouth gibt es Zweifel , ob der neue Besitzer Sulaiman Al-Fahim, der zuvor die Übernahme von Manchester City organisiert hat, genügend Mittel bereit hält. Die Premier League, so Mihir Bose, der Sportchef der BBC, befindet sich in einer schwierigen Phase. Mihir Bose "Wir warten alle auf den reichen Geldgeber, der auftaucht wie Roman Abramowitsch und eine Menge Geld hinblättert. Aber mit Fußball als Teil der Weltwirtschaft ist das ein Traum, der zu platzen droht" "Blowing Bubbles" Ob das noch gut gehen kann, fragen sich jetzt auch die Fans im Upton Park. An West Ham United sind offenbar die Besitzer von Birmingham City interessiert, die wiederum dabei sind, ihren eigenen Klub an einen chinesischen Großaktionär zu verkaufen. An dem Londoner Traditionsverein hat zudem ein Investor aus Saudi Arabien Interesse angemeldet. Eine Fußballblase oder ein Wettbieten, das die beste Liga der Welt noch attraktiver macht ? Höchste Zeit jedenfalls, so findet Arsène Wenger, der Trainer von Arsenal London, dass den Auswüchsen, dass dem "Finanzdoping" ein Ende gemacht wird. Arsène Wenger "Meiner Meinung nach ist eine Kontrolle unerlässlich. Und die Mannschaften, die zu hoch verschuldet sind, müssen vom europäischen Wettbewerb ausgeschlossen werden. Die UEFA wird nicht daran vorbeikommen, die Finanzen der Klubs zu überprüfen, und verbindlich vorzuschreiben, dass jeder Klub mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln auskommen muss, dass sich die Klubs dazu verpflichten. Denn wenn das nicht passiert, kann das System sehr schnell zusammenbrechen. "Blowing Bubbles"