COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport 1.2.2012, 13.07 Uhr Wo bleibt Anhalt? Ein Bindestrichland mit langer Geschichte Von Harald Selke, Andreas Kampa und Susanne Arlt Script Ablaufplan M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD 800 Jahre Anhalt. Ein Jahrestag im Kalender und ein Ausschnitt im Radio. Am Mikrofon begrüßt Sie dazu Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Anhalt ist eine Region in Mitteldeutschland und begann als Grafschaft seinen langen Weg durch die Geschichte, der zum heutigen Bindestrichland Sachsen- Anhalt führte. Wir begrenzen uns nun an dieser Stelle auf einen Ausschnitt dieser langen Zeit, beginnen mit der Zeitenwende, also mit 1945. Sie wird uns von jenem 25. April 1945 durch die neuere Landesgeschichte von Sachsen-Anhalt führen, deren Teil Anhalt dieser Tage 800 Jahre alt wird. Harald Selke und Andreas Kampa haben das Material zusammengestellt. LR-l 800 Jahre Anhalt / Kampa & Selke - 16'48" TRENNER Musikakzent SPRECHER Am 25. April 1945 beginnt bei Torgau die Nachkriegszeit. Amerikanische und sowjetische Soldaten begegnen sich auf den Trümmern der zerstörten Elbbrücke. E 01 Alexander Silwaschko (Deutsche Übersetzung über O-Ton + Atmo) "Wir haben getanzt, wir haben Wodka und Champagner getrunken. Es war ein großes Fest. Das war der Sieg." SPRECHER Das einen Tag später nachgestellte Foto geht um die Welt - Russen und Amerikaner strecken sich die Hände entgegen. E 02 Delbert Philpott (Deutsche Übersetzung über O-Ton und Atmo) "Wir fühlten uns als Waffenbrüder, und wir schlossen uns in die Arme. Wir ließen unseren Gefühlen und unserer Freude freien Lauf, wie glücklich wir darüber waren, unser Ziel erreicht zu haben. Wir hatten nicht die leiseste Ahnung, dass sich die Dinge so verschlechtern würden!" SPRECHER Das Ende des Krieges steht auch hier am Beginn einer neuen Geschichte. Noch 1944 war die Provinz Sachsen von den Nationalsozialisten in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg aufgeteilt worden, der Regierungsbezirk Erfurt an Thüringen gefallen. Nach dem vereinbarten Rückzug der Amerikaner, die als Gegenleistung in Berlin West-Sektoren erhalten, fasst die sowjetische Militärverwaltung im Juli 1945 beide Gebiete und den Freistaat Anhalt unter dem Namen "Provinz Sachsen" zusammen. Nach den ersten freien Landtagswahlen 1946 wird sie zunächst in "Provinz Sachsen-Anhalt", mit den Regierungsbezirken Magdeburg, Halle-Merseburg und Dessau, umbenannt. Mit Inkrafttreten der Landesverfassung vom 10. Januar 1947 gilt die Provinz Sachsen-Anhalt auf sowjetischen Befehl staatsrechtlich als Land. TRENNER Musikakzent SPRECHER 20. Oktober 1946. Jeder wahlberechtigte Bürger kann an den freien und geheimen Wahlen im Land teilnehmen. Aus ihnen gehen die Liberalen und die Christdemokraten als Sieger hervor. Gemeinsam erreichen sie die Mehrheit im Landtag. Diese Konstellation gibt es in keinem anderen der Länder in der Sowjetischen Besatzungszone. Erhard Hübener wird am 4. Dezember 1946 zum Ministerpräsidenten gewählt und zugleich Justizminister. Die Amerikaner hatten ihn bereits im Mai 1945 als Landeshauptmann, die Sowjets zwei Monate danach als Präsidenten der Provinzialverwaltung eingesetzt. Damit steht ein bekannter Politiker der Weimarer Republik und Mitbegründer der LDP in Halle an der Spitze des Landes. Der hoch geachtete und in der Bevölkerung beliebte Politiker nutzt jeden noch so kleinen Spielraum, hält an seinem Demokratieverständnis fest.Sein Enkel, Dr. Erhard Hübener aus Kiel : E 04 Dr. Erhard Hübener "Spielräume gab es in dem Bereich der Bekämpfung der unmittelbaren Not, der Wiederherstellung einer einigermaßen funktionierenden Infrastruktur und dann in dem Aufbau der Verwaltung, die ja nebenbei auch noch von nationalsozialistischen Amtsträgern gesäubert werden musste. Vielleicht so ein kleines Beispiel: In allen ostdeutschen Ländern erhielten die so genannten ,nicht arbeitenden Hausfrauen' keine Lebensmittelmarken für Fett oder Fleisch - außer in Sachsen-Anhalt! Da hat es mein Großvater erreicht, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt wurde." SPRECHER Ministerpräsident Erhard Hübener ist in den Nachkriegsjahren der Hoffnungsträger für demokratisch legitimierte Politik in Sachsen-Anhalt. Aber nicht nur dort stößt er an Grenzen. E 05 Dr. Erhard Hübener "Seine Maxime war zu dieser Zeit damals, dass alle Entscheidungen gut waren, wenn sie der Einheit Deutschlands dienten, und umgekehrt alle Entscheidungen schlecht, wenn sie der Einheit Deutschlands nicht dienten. Und auf diesem Weg hat er zum Teil herbe Enttäuschungen erleben müssen. Die schlimmste davon war sicherlich die Münchener Ministerpräsidenten-Konferenz von 1947." SPRECHER Juni 1947. München. Hübener nimmt als einziger Politiker, der nicht der SED angehört, für die Sowjetische Besatzungszone an der Ministerpräsidenten-Konferenz teil. E 06 Dr. Erhard Hübener "Er hatte seinerzeit die Teilnahme der Ost-Ministerpräsidenten dem Marschall Sokolowski mit der Androhung seines Rücktritts abgetrotzt und musste dann in München erleben, dass einige der Ministerpräsidenten - nicht nur die aus Ost-, sondern auch die aus Westdeutschland - die Einheit Deutschlands gar nicht wollten oder nicht auf sie hinarbeiten durften. Das hat ihn grenzenlos enttäuscht." SPRECHER 1948 schließlich das politische Ende. Minister der Landesregierung werden verhaftet. Hübener protestiert mit seinem Rücktritt als Justizminister gegen die Repressalien und gegen die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitzern. Im Januar 1949 erklärt er als Ministerpräsident seinen Rücktritt zum Ende der Legislaturperiode - offiziell aus "altersbedingten" Gründen. Noch im Oktober geht er als Professor für Verwaltungskunde in den Universitätsbetrieb Halle und wird publizistisch tätig. Sachsen-Anhalt wird ein Land der DDR. TRENNER Musikakzent SPRECHER Am 23. Juli 1952 beschließt der Landtag die formale Auflösung des Landes. Sachsen-Anhalt wird in die Bezirke Magdeburg und Halle aufgegliedert. Hauptstädte der gleichnamigen Bezirke sind Halle und Magdeburg. Teile des ehemaligen Landes fallen den Bezirken Leipzig und Cottbus zu. Mit der Verwaltungsreform soll der "demokratischen Zentralismus" in den Städten und vor allem auf dem Lande durchgesetzt werden. Vielen Kleinbauern mit wenig Ackerfläche sind die LPG eine wirkliche Alternative, andere sehen rasch auch wirtschaftliche Vorteile. Schon bis 1948 werden im Zuge der Bodenreform 54 Betriebe in große Volkseigene Güter umgewandelt. Die Kollektivierung schreitet voran. E 08 Bauer aus Wendemark "Wir haben uns sehr oft unterhalten, da bei uns in unserer Gemeinde noch keine Produktionsgenossenschaft war und wir nun doch eingesehen haben, dass die Großraumwirtschaft einen besseren und mehr Ertrag bringt als wie die Einzelwirtschaft. Und wir wollen es auch unseren Frauen leichter machen als wie bisher." SPRECHER Doch es regt sich auch Widerstand gegen den stärker werdenden Druck. E 09 Landwirt aus Klein-Wanzleben "Ich bin alleine übrig geblieben, dann habe ich mir gesagt, ich muss die Flucht vorbereiten oder werd ich verschleppt. Und diesem Schicksal wollte ich aus dem Weg gehen." TRENNER Musikakzent SPRECHER Große Jugendobjekte sollen neuen Boden für die Landwirtschaft gewinnen. Die Trockenlegung der Wische in der östlichen Altmark von 1958 bis 1962 ist das Beispiel dafür. Die meisten Bauern sind skeptisch, aber sie ändern ihre Meinungen rasch. Ein Dorfschullehrer aus Wendemark über die Stimmung im Ort: E 10 Dorfschullehrer Wendemark, Juni 1958 "... sehr schön, denn man spürt, wir sind hier im Wischedreck nicht allein gelassen, sondern die Jugend aus den Städten, aus den Fabriken, aus dem ganzen Bezirk kommt und hilft uns, endlich mal einen entscheidenden Schritt vorwärts zu kommen." SPRECHER 1964 dreht der Deutsche Fernsehfunk der DDR darüber den heiteren Fernsehfilm: "Egon und das achte Weltwunder". TRENNER Musikakzent SPRECHER Die industriellen Voraussetzungen Sachsen-Anhalts, so für den Schwermaschinenbau im Raum Magdeburg-Schönebeck und insbesondere im Chemiedreieck Halle/Merseburg/Bitterfeld, sind bei Kriegsende mehr als ernüchternd. Karl Becker, letzter Forschungsdirektor in Leuna, erinnert sich: E 12 Karl Becker "Es ist ja völlig klar, dass Leuna eine kriegswichtige, vielleicht sogar kriegsentscheidende Einrichtung gewesen ist. Und es war zu erwarten, dass irgendwann die angloamerikanischen Bomber hier versuchen werden, diese Einrichtung zu zerstören. Es begann dann auch im Jahre 1944. Ich habe alle Angriffe miterlebt." SPRECHER Leuna wird wieder aufgebaut. Durch die traditionelle Großchemie wird der Bezirk Halle Ende der fünfziger Jahre besser gefördert als der Bezirk Magdeburg. Anfang November 1958 beschließt die Chemiekonferenz der SED das Chemieprogramm für die DDR. Die chemische Produktion ist bis 1965 zu verdoppeln, die DDR-Chemie mit der Wirtschaft der RGW-Staaten zu vernetzen. Der Chemieindustrie im Raum Halle-Leuna-Bitterfeld kommt eine besondere Bedeutung zu. Treibstoffe werden aus sowjetischem Erdöl gewonnen. Leuna wird zum Petrolchemischen Zentrum der DDR. Karl Becker ist auch dabei, als das für Millionen DDR-Bürger "anziehendste" Produkt Leunas auf den Markt kommt. E 13 Karl Becker "Die Amerikaner hatten ihr patentrechtlich geschütztes Nylon. Das Pendant dafür ist in Leuna entwickelt worden auf der Basis von Caprolactam, was dann letztendlich mündete in das Produkt, was unter dem Namen ,Perlon' bekannt geworden ist." TRENNER Musikakzent SPRECHER Arbeiten u n d leben. Wohnraum in Mitteldeutschland ist knapp. Der Wiederaufbau Magdeburgs zu einer sozialistischen Großstadt wird beschlossen. Am 10. Mai 1953 erfolgt die Grundsteinlegung. Magdeburgs Innenstadt wird - nach dem Vorbild der Berliner Stalinallee - mit großflächigen Wohnbauten im typischen sogenannten Zuckerbäckerstil bebaut. Und das große Wohnungsbauprogramm soll insbesondere in Halle seine schnelle Entsprechung finden. Am 15. Juli 1964 erfolgt unweit der Chemiegiganten Leuna und Buna die Grundsteinlegung für die Chemiearbeiterstadt Halle-West durch den 1.Sekretär der SED-Bezirksleitung. Er heißt Horst Sindermann. E 15 Horst Sindermann Manche sagen uns, ihr habt es recht eilig mit dem Abriss der alten Häuser. Wir haben Ihnen geantwortet: Ja, das stimmt, wir haben es wirklich eilig, weil wir großzügige Baufreiheit für die Erbauer von Halle-West brauchen, aber auch deshalb, weil es unseren Vorstellungen vom Sozialismus entspricht, wenn diese und andere Zeugen kapitalistischer Vergangenheit so schnell als möglich getilgt und statt ihrer solche Wohnverhältnisse geschaffen werden, in denen sich der Mensch wohl fühlen kann." SPRECHER Halle Neustadt, Ha-Neu, wird zum Schlagwort und Synonym für die Plattenbauweise. Dabei ist der Wohnungsbau zugleich politisches, soziales und kulturelles Programm. In der Praxis führt dies jedoch zur Reduzierung der Wohnflächen und zur Vernachlässigung der Pflege historischer Bauten. Einmalige historische Bauten von überragender Bedeutung für die deutsche Geschichte zerfallen mehr und mehr. Die Umweltbelastung durch die chemische Industrie wird unerträglich. E 16 "Wir sind ein Volk! Wir sind ein Volk! Wir sind ein Volk!" SPRECHER Stagnation, Wirtschaftskrise, Glaubwürdigkeitskrise; außenpolitische Isolierung, Ausreisewelle, die gewaltlose Wende, Runde Tische - Herbst 1989. Diskussionen in der Volkskammer der DDR. Reinhard Höppner, später Ministerpräsident, erinnert sich an Entwürfe des Runden Tisches in Berlin. Noch Anfang 1990 liegt die neue Verfassung für eine eigenständige DDR vor. E 17 Reinhard Höppner "Übrigens eine ganz originelle Lektüre, wenn man mal nachsieht, was da alles drin stand ... Und dann haben uns einfach die Ereignisse überholt. Also, es war so wenig Zeit, dass wir das gar nicht mehr geschafft hätten. Wir waren ja da angetreten und dachten, na ja, drei, vier Jahre DDR wirds schon noch geben mit Volkskammer und dergleichen mehr, und dann warens nur Monate." SPRECHER Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik verschwinden die Bezirke Halle und Magdeburg von der politischen Landkarte. Am 3. Oktober 1990 wird es wiederbegründet, das Land Sachsen-Anhalt. Volksabstimmungen in strittigen Gebieten sollen über die neue Landeszugehörigkeit entscheiden. Der Kreis Artern, der sich zum größeren Teil aus Gebieten sachsen-anhaltischer Kreise zusammensetzt, bekennt sich zu Thüringen. Der Kreis Jessen entscheidet sich als einziger der nicht zu den Bezirken Magdeburg und Halle gehörenden Kreise für Sachsen-Anhalt. TRENNER Musikakzent SPRECHER Bei allem Tempo - Sachsen-Anhalt gerät in der öffentlichen Wahrnehmung zum "Aschenputtel unter den fünf neuen Bundesländern". E 18 Bürger + Atmosphäre "Sag mir ein Bundesland, wo der Umbruch nach der Wende so tief wie bei uns war?! Die Fischköppe haben Natur, Sachsen Industrie, Fleiß, Thüringen Kultur ... Wir haben industrielles Brachland und rechtsradikale Schläger, nirgends gibt's schlimmere ökologische Erblasten aus DDR-Zeiten als in Wolfen und Bitterfeld! Wir haben Rekordarbeitslosigkeit trotz höchster Auslandsinvestition! Da stimmt doch was nicht!" SPRECHER Häufiger Wechsel der Landesregierungen prägt sie. Am 14. Oktober 1990 war der Landtag gewählt worden, 10 Monate später ist die CDU/FDP-Regierung unter Gerd Gies heillose zerstritten: E 19 Gerd Gies "Aus diesem Grunde habe ich heute vor der Fraktion die Vertrauensfrage gestellt. Das Ergebnis ergab, daß ich mich nicht auf das uneingeschränkte Vertrauen der Fraktion stützen kann. Aus diesem Grunde werde ich den Rücktritt meiner Regierung erklären." SPRECHER Den Kabinetten der Christdemokraten Werner Münch und Christoph Bergner ergeht es nicht anders. Drei Regierungen innerhalb von nur vier Jahren zerschlissen. Dann, am 4. Juli 1994, kommt es zu einer von der PDS tolerierten Landesregierung von SPD und Bündnis 90/Grüne. Ministerpräsident wird Reinhard Höppner, Schöpfer des rot-roten Magdeburger Modells: E 20 Reinhard Höppner "Immerhin, das Land haben wir 8 Jahre lang stabil regiert und durchaus auch erfolgreich, und das wäre nicht möglich gewesen ohne diese Konstellation, und die hat gut funktioniert." SPRECHER In kaum einem ostdeutschen Bundesland sind der Zusammenbruch der industriellen Basis und der Bevölkerungsverlust, insbesondere durch die Abwanderung vor allem junger Leute, nach der deutschen Wiedervereinigung so ausgeprägt. Höppner wird der Vorwurf nicht erspart, das Bild des "Jammer-Ossis" zu pflegen. Er wehrt sich dagegen, obwohl Sachsen-Anhalt die "Rote Laterne" unter den neuen Bundesländern bleibt. Dann die Wahlen 1998. E 21 Reinhard Höppner "'98 war ja noch ein besonderes Problem, das vergessen manche. '98 zog die DVU mit 13 % in den Landtag ein. Das war eigentlich für mich die größte Herausforderung, wie man damit umzugehen hatte. Daran sind ja dann auch die Gespräche mit der CDU gescheitert, die ja zur Fortführung dieser Minderheitsregierung geführt haben." SPRECHER Das Wahljahr 2002. Die Minderheits-Regierung unter Höppner wird deutlich abgewählt. Am 16. Mai 2002 tritt der Christdemokrat Wolfgang Böhmer die Nachfolge des Sozialdemokraten Reinhard Höppner an. Der Erwartungsdruck ist hoch. E 23 Wolfgang Böhmer "Also ein solcher Erwartungsdruck ist Chance und Belastung zugleich. Wenn man die Belastung sieht, könnte man Angst davor haben, wenn man die Chancen sieht, könnte man ihn als Vorteil betrachten." TRENNER Musikakzent SPRECHER Sachsen-Anhalt - Land der Grenzen, des Übergangs und der Extreme. TRENNER Musikakzent -ENDE Beitrag Selke/Kampa- MOD 800 Jahre Anhalt. Ginge es nach den Anhaltern, dann würde es das Bundesland Anhalt-Sachsen geben. Die Abkürzung hieße dann AS, aber das As stach nicht. Anderes auch nicht. Susanne Arlt schaute nach, was von Anhalt so geblieben ist. LR-k Anhalt? / Arlt - 2'45" Autorin Anhalt - vor 800 Jahren wurde die Grafschaft gegründet. Das Gebiet erstreckte sich einst vom Harz im Westen bis nach Dessau im Osten. Es ist eines der ältesten Territorien Deutschlands. Doch von der einstigen Region Anhalt ist heute kaum noch etwas übrig geblieben. Schuld an dieser Entwicklung haben - wie sollte es anders sein - die Politiker. Als vor sechs Jahren das sachsen-anhaltische Parlament beschloss, aus 21 Landkreisen elf zu machen, hatte vor allem Anhalt-Zerbst das Nachsehen. Der Landkreis sei geviertelt und auf andere Landkreise übertragen worden, sagt Dietrich Franke, pensionierter Oberkirchenrat. Dietrich Franke "Also wir sind zu einem Teil nach Wittenberg gegangen, wir sind zu einem Teil ins Jerichower Land, die Stadt Rosslau hat sich nach Dessau hinbewegt, und der Rest, der so genannte Altkreis Zerbst, ist nach Köthen gekommen." Autorin Dieser Rest inklusive Köthen musste mit Bitterfeld fusionieren und daraus entstand Anhalt-Bitterfeld. Auch wenn der neue Landkreis den Namen des alten Fürstengeschlechts noch in sich trage, viel Anhalt sei da nicht mehr drin, ärgert sich Franke und hat dafür nur eine Erklärung. Dietrich Franke "Ich würde ganz bissig sagen: Es war ihnen nicht wichtig." Autorin Mit ihnen meint er die Landesparlamentarier und die damalige Landesregierung. Als nämlich publik wurde, welche Kreise zusammengelegt werden sollten, rief das Dietrich Franke aus Anhalt-Zerbst auf den Plan. Er gründete eine Bürgerinitiative, sammelte Unterschriften mit dem Ziel, dass man statt Landesteile abzugeben, lieber neue hinzugewinnen und daraus den Regionalkreis Anhalt bilden sollte. Dietrich Franke "Wir haben versucht, die Regierung diesbezüglich freundlich darauf hin zu weisen, dass das doch etwas wäre auch in ihrem Sinne, in der Mitte also eine Region zu haben, die einmal wirtschaftlich und andererseits geschichtlich zusammenpasst. Als wir bei Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer in Magdeburg erschienen mit unseren mit unseren 15.000 Unterschriften, der uns landesväterlich, großväterlich da freundlich in der Strickjacke sitzend empfing, die zur Seite stellte und das war´s." Autorin Ein Regionalkreis wurde nicht gebildet, Anhalt stattdessen auf vier Landkreise verteilt. Und der Wörlitzer Winkel, zum dem das Gartenreich Dessau-Wörlitz gehört, das einst Fürst Leopold der III. Friedrich Franz erschaffen hat, ging an Wittenberg. Der Gipfel dieser Gebietsreform!, findet Dietrich Franke. Immerhin, eine Institution hält das alte Gefüge noch zusammen: die Evangelische Landeskirche Anhalt. Fragt sich angesichts der sinkenden Mitgliederzahl allerdings, wie lange noch? -ENDE Beitrag Arlt- MOD 800 Jahre Anhalt. Ein Jahrestag im Kalender und ein Ausschnitt im Radio. Susanne Arlt sowie Harald Selke und Andreas Kampa verschafften uns Über- und Einblicke. Morgen dann im Länderreport ab 13.07 Uhr : Viel Lärm um den Lärm. Flugzeuglärm und Bürgerkrach. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Sendung-