COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Im Wolfspelz Wie die Bremer Fußballhooliganband Kategorie C rechtsextreme Einstellungen bei Jugendlichen fördert Atmo Tastatur Autor Wer ein Konzert von Kategorie C besuchen will, muss zunächst ein Rätsel lösen. Preisfrage: Wo findet das Konzert überhaupt statt? Auf ihrer Internetseite kündigt die Band im Frühjahr dieses Jahres einen Auftritt in Berlin an. Datum? 18. Juni. Adresse in der Hauptstadt? Fehlanzeige. Der genaue Beginn? Wird verschwiegen. Atmo Telefon Autor So muss sich der Besucher bis zum Tag des Konzerts gedulden. Erst dann soll er eine Telefonnummer für weitere Informationen wählen, so empfiehlt es die Band auf ihrer Internetseite. Gesagt, getan: Am anderen Ende der Leitung geht ein Mann ohne Begrüßung ans Telefon. Wo also findet das Konzert statt? Der Mann will keine genaue Antwort geben. Er spricht von einer Kreuzung, einem Parkplatz, einem Supermarkt. Er spricht nicht von Berlin, sondern von Bernau, einer Kleinstadt bei Berlin. So bald der Besucher dort ankommt, könne er wieder anrufen. Sagt der Mann am Telefon. Atmo Auto Autor Nach vierzig Minuten Autofahrt und vielen Blicken auf die Karte ist der Besucher in Bernau angelangt. Am Schleusungspunkt, wie es in der Szene heißt. Der Parkplatz am Supermarkt ist leer, der Restaurantbesitzer an der Ecke weiß ebenso wenig wie ein Rentnerpaar an der Ampel. Ein Konzert? Eine Rockband? Kategorie C? Niemand will etwas wissen. Also noch mal: ein Anruf. Dieses Mal belohnt der Mann den zurückgelegten Weg und nennt den Ort des Konzertes: Der Besucher soll fünf Minuten weiterfahren. Nach Schönow, in die Dorfstraße, zum Alten Krug. Atmo Bernau Autor Warum machen es Kategorie C ihren Besuchern so schwer? Warum diese Geheimhaltung, diese konspirative Organisation? Die Band distanziert sich doch von politischen Verbindungen, will mit Rechtsextremismus nichts zu tun haben, das betont sie immer wieder. Ihre Mitglieder bezeichnen sich als Fußballrocker, als Fans, als Hooligans. Sie besingen Freundschaften, Zusammenhalt, Alkoholexzesse. Sie schwärmen von Schlägereien, ganz offen und unverblümt, aber eben nicht von politischer Propaganda. Auszüge aus ihrem musikalischen Schaffen, im Zentrum: der Fußball. Musik-Collage Kategorie C "Hakt euch ein, hakt euch ein und los. Wir sitzen alle in einem Boot..." "So sind wir und das ist unser Leben, so wird es immer weiter gehen." "Fußball war gestern, heute ist Sport, die Welle der Gewalt reißt uns fort. Wir sind in Form." "Wir sind Hools, wir werden uns ewig jagen, gegenseitig auf die Schnauze schlagen." Autor Kategorie C huldigen Gewalt, sie liefern vielen Hooligans einen Soundtrack. Ihre Melodien sind eingängig, ihr instrumentales Talent ist passabel. Bei vielen erlebnisorientierten Fans ist die Band deshalb beliebt. Auch darin bestehe eine Gefahr, sagt Jan Raabe. Der Sozialpädagoge aus Bielefeld hatte 2002 mit dem Düsseldorfer Soziologen Christian Dornbusch das Standardwerk über rechtsextreme Musik veröffentlicht. Beide erforschen seit den neunziger Jahren rechte Jugendkulturen. Jedes Jahr analysieren sie hunderte Lieder. Wo siedelt Jan Raabe die Fußballband Kategorie C an? O-Ton Jan Raabe "Kategorie C gehört für uns in diesen Bereich. Weniger wegen der Texte, die sie in den letzten Jahren auf ihren vergangenen Alben veröffentlicht haben, aber weil sie aus dieser Szene kommen. Weil der Sänger und Teile der Band eine Vergangenheit in diesem Bereich haben. Kategorie C erreicht tatsächlich ein breiteres Publikum wie einschlägige Rechtsrock-Bands, weil sie über das Thema Fußball kommen, weil sie halt nicht so offen politisch und nicht offen neonazistisch singen. Die Band als solche verstößt natürlich nicht gegen Strafrechtsnormen und da achtet sie drauf." Autor Seit Anfang der achtziger Jahre ist Musik ein wichtiges Propagandamittel für Rechtsextreme, geprägt wurde sie zunächst von der britischen Band Skrewdriver. Ende der neunziger Jahre erlebte der so genannte Rechtsrock einen Boom. Die millionenschweren Erlöse flossen zu einem großen Teil in die Szene zurück. Zuletzt kamen in Deutschland jährlich um die einhundert Tonträger auf den Markt. In den Liedtexten verherrlichen Bands den Nationalsozialismus, stacheln zu Rassismus an, stilisieren sich als Verfolgte. Auch die NPD hat die Musik als Mittel erkannt, das Identität stiftet: Auf ihren Schulhof-CDs will die Partei politische Inhalte unter Emotionen an Jugendliche vermitteln. Die Fußballband Kategorie C hingegen hält sich mit offenen Botschaften zurück. Der Rechtsrock-Experte Jan Raabe: O-Ton Jan Raabe "Das ist für uns ein Image- und ein Marketingtrick. Unseres Erachtens hat Kategorie C an einem bestimmten Punkt erkannt, dass man als eine Band, die offen rassistische, neonazistische Texte singt, aus einem bestimmten Milieu nicht herauskommt, also ab einer bestimmten Verkaufsschwelle stigmatisiert wird. Und da ist Politik dann hinderlich, da muss man zumindest bestreiten, dass man es ist." Autor Der Verfassungsschutz geht in Deutschland von rund 200 rechtsextremen Bands aus. Kategorie C gehören nicht dazu. Offiziell. Die Gruppe taucht in Verfassungsschutzberichten nicht auf, ihre Musik ist im freien Verkauf erhältlich. Mit ihrem Leitmotiv Fußball scheint sie erfolgreich zu sein. Und harmlos, auf den ersten Blick. Ihre Lieder wurden auf der Internetplattform Youtube bis zu zwei Millionen Mal abgerufen. Also doch Spaß statt Politik? Maren Brandenburger, Sprecherin des Verfassungsschutzes in Niedersachen. O-Ton Maren Brandenburger "Dass die Band Kategorie C, auch wenn wir sie nicht unter diese Kategorie fassen, dass diese Band aber dennoch deutliche Bezüge zum Rechtsextremismus hat. Die Tatsache, dass zum Beispiel im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht Kategorie C so namentlich als Band nicht benannt wird, bedeutet nicht, dass wir da nicht sehr aufmerksam hinschauen. Und gerade im Zusammenhang mit diesem Graubereich zwischen Hooliganismus und Rechtsextremismus gibt es einen regen Austausch zwischen den Verfassungsschutzbehörden und zwischen den Polizeibehörden. Und ich gehe auch mal davon aus, dass es insbesondere auch in der nächsten Zeit auch einen stärkeren Austausch dazugeben wird, denn es gibt ja doch sehr viele Anlässe, über Kategorie C immer wieder neu zu diskutieren." Atmo Polizeikontrolle Polizist: "Entschuldigung, wurden Ihre Personalausweise schon kontrolliert..." Autor Ein Anlass, über Kategorie C zu diskutieren, ist das Konzert am 18. Juni dieses Jahres in Schönow, dreißig Kilometer nördlich von Berlin gelegen. Ein Samstag, es ist früher Abend. Nach und nach nähern sich vollbesetzte Autos der kleinen Gemeinde, die Fahrer haben Anrufe und Schleusungspunkt hinter sich gebracht. Nun werden sie an der örtlichen Feuerwehr von der Polizei gestoppt. Zweihundert Meter weiter liegt der Alte Krug, dort soll das Konzert in wenigen Stunden über die Bühne gehen. Achtzig Polizisten aus Berlin und Brandenburg sind in Schönow unterwegs. Sie prüfen die Personalausweise der Besucher, kontrollieren Vorstrafen, suchen nach Waffen und verfassungsfeindlichen Symbolen. Polizeistreifen umfahren das Gelände und durchqueren die angrenzenden Dörfer. Anwohner blicken neugierig aus ihren Häusern. Sieht so das Umfeld von Fußballrockern aus? Atmo Polizeikontrolle Polizistin: "Das ist schon sehr verdächtig (Gelächter). Aber die Bierflaschen mitnehmen!" Autor Auf dem Vorplatz der Feuerwehr bildet sich eine Traube. Junge Männer mit kurz geschorenen Haaren. Einige sind vermummt, haben Tätowierungen auf Armen mit Pflastern bedeckt, andere tragen die Marke Thor Steinar, die beliebt ist bei Rechtsextremen. Auch eindeutig zweideutige Botschaften auf T-Shirts fallen ins Auge. Botschaften wie: "Blitzkrieg", "Hungrig, bissig, wild", "Nationaler Widerstand". Das Publikum wird von jungen Männern dominiert, die Polizei ordnet sie als Hooligans, Rechtsextreme und Rocker ein. Doch so einfach ist die Lage nicht immer: Viele Jugendliche fallen optisch nicht auf. Sie sind sportlich gekleidet und tragen Hemden ihrer Fußballvereine: des BFC Dynamo Berlin, des FC Hansa Rostock, von Lokomotive Leipzig. Bereitwillig zeigen sie ihre Ausweise und ziehen weiter zum Konzertort. Aggressiv sind sie nicht, sie scheinen sich an die Kontrollen gewöhnt zu haben. Atmo Bremen Fans: "Werder...! Werder...! Werder...!" Autor Wer verstehen will, warum die Gruppe Kategorie C Hooligans, Neonazis und unpolitische Fans anzieht, muss sich nach Bremen begeben, in die Heimat der Band. Ihr Sänger Hannes Ostendorf pflegte seine Leidenschaft für den SV Werder seit Anfang der neunziger Jahre bei der "Standarte", der ältesten Hooligan-Gruppe der Stadt. 1997 gründete er mit Freunden Kategorie C, benannt nach dem polizeilichen Begriff für Gewalt suchende Fans. Mitglieder der Band, von denen einige für klassische Rechtsrock- Gruppen gespielt hatten, setzten nun auf die Karte Fußball. Auf Themen wie Freundschaft, Loyalität, Gewalt. Und sie hatten Erfolg, erinnert Till Schüssler. Der 27- Jährige beobachtet die Werder-Szene seit langem und ist seit einem Jahr Fan- Beauftrager des Vereins. O-Ton Till Schüssler "Sicherlich gab es diverse Leute, die auch stolz darauf waren, dass es eine Bremer Hooligangruppe ist. Ich habe es zigfach in Zügen mitbekommen, wenn Leute ihre Ghettoblaster dabei hatten. Dass eben genau das die Musik war, die man gerne gehört hat. Und ganz viele Leute machten sich da eben überhaupt keinen Kopf drum, was das für eine politische Äußerung ist. Im Vordergrund stand eben eine Gewaltfaszination. Dieses Widerspenstige, das Antikommerzielle, das Gegen-den-Staat-sein, was da natürlich auch immer wieder in diesen Texten vorkommt, wird eben auch dafür genutzt, die Jugend einzufangen, mit solchen symbolträchtigen Aussagen." Autor Frontmann Hannes Ostendorf und seine Kollegen lassen eine schriftliche Interview- Anfrage für diese Sendung unbeantwortet. So müssen seine biografischen Eckdaten für ihn sprechen. Atmo Schreibmaschine Sprecher 1999: Kategorie C beteiligen sich an einer Liedsammlung mit dem Titel: "Die Deutschen kommen II". Darauf sind ebenfalls zu hören Bands wie "Stahlgewitter", "Kraftschlag" oder Landser, eine Gruppe, die 2005 als kriminelle Vereinigung verboten wird. Landser hatte den Abwurf von Bomben auf Israel propagiert. Autor 2001: Hannes Ostendorf tritt bei einer Feier der Borussenfront auf, einer rechtsextremen Hooligangruppe aus Dortmund. Sprecher 2006: Ostendorf singt vor der Justizvollzugsanstalt in Berlin-Tegel, aus Solidarität zu Michael Regener, dem damals inhaftierten Sänger von Landser. Autor Ebenfalls 2006: Ostendorf ist auf einer Liedsammlung vertreten mit dem Titel: "Zu Gast bei uns". Sein musikalischer Beitrag: "Deutschland dein Trikot". Musikausschnitt "Deutschland dein Trikot" "Deutschland dein Trikot. Das ist schwarz und weiß. Doch leider auch die Farbe deiner Spieler." Autor Offener Rassismus, der sonst in den Texten von Kategorie C nicht zu hören ist. Die CD, auf der das Lied erschienen ist, wurde 2006 eingezogen - wegen des "Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten sowie Gewaltdarstellungen". Ostendorf möchte auf dieses Lied nicht mehr angesprochen werden, es könnte seinen kommerziellen Erfolg gefährden. Er wehrt sich dagegen, als rechtsextrem bezeichnet zu werden. Schließlich trete er für keine Partei auf. So wie zum Beispiel sein Bruder Henrik Ostendorf. Der wurde im Dezember 2009 vorübergehend Geschäftsführer des Deutsche Stimme Verlages, in dem auch das Parteiorgan der NPD erscheint. Zuvor war Henrik Ostendorf 2007 mit einem Lastwagen auf Propagandatour gegangen, darauf prangte das Konterfei von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß. Musikausschnitt "Ha Ho He" Kategorie C "Wir scheißen drauf, was andere sagen, wir bleiben, wie wir sind, denn Fußball ist Fußball und Politik bleibt Politik - wo der Bessere gewinnt. Wenn die Schlacht beginnt - wo der bessere Gewinnt." Autor Die Band lässt Proteste der Antifa oder Kritik von Journalisten in die eigene Musik einfließen, mal direkt, mal indirekt, oft vorwurfsvoll, selten einsichtig. Musik-Collage Kategorie C "Kein Haftbefehl wird es je verhindern, sollen sie doch weiter lügen und gegen uns hetzen." "Meine Vergangenheit ist das, was man nicht rosig nennt." "Was stört es eine deutsche Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr schabt. Wir lassen uns in keine Ecke drängen, egal, wie tief ihr grabt." Autor Kategorie C vermarkten sich selbst als standhaft und rebellisch. Mehr als ein Dutzend Marken hat sich die Gruppe schützen lassen. Sie will nicht rechtsextrem sein, doch sie lässt sich mehrfach von rechtsextremen Plattenlabeln und Vertrieben unterstützen. So enthält das Impressum ihres Internetfanshops dieselbe Adresse wie ein niedersächsischer Versand, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Ein anderer Bruder von Hannes Ostendorf war lange Inhaber eines Bremer Geschäfts, in dem Marken vertrieben wurden, die bei Rechtsextremen beliebt sind. Atmo Schönow Konzertgast: "Kann er seine Kamera ausmachen dahinten?" Konzertgast 2: "Mach doch mal die scheiß Kamera aus jetzt!" Autor: "Die ist doch gar nicht an, er hält doch nach oben." Konzertgast 3: "Großes Nazikonzert, ganz schlimme Dinger." Autor Die ablehnende Haltung von Kategorie C gegenüber Kritikern hat sich auf viele Fans übertragen. In Schönow bei Berlin treffen am Samstagabend immer mehr Besucher ein. Am Straßenrand hat sich ein Kamerateam des Norddeutschen Rundfunks postiert. Die Reporterin wird von Gästen gemustert, einige zücken ihr Handy und fotografieren den Kameramann. Es ist ihre Art, sich zu wehren, denn sie wollen nicht gefilmt werden. Sie fühlen sich von Journalisten als Neonazis stigmatisiert. Über Politik möchten sie ungern sprechen. Atmo Schönow Autor Zwei junge Männer mit Glatze und schwarzen T-Shirts wollen nichts mit Politik zu tun haben. Ihnen gehe es bei Kategorie C um Spaß und Adrenalin. Doch diejenigen, die nicht in ihr Weltbild passen, lehnen sie ab. Für Jan Raabe ist das ein typisches Muster. Der 45 Jahre alte Sozialpädagoge untersucht seit den neunziger Jahren rechtsextreme Musik. O-Ton Jan Raabe "Es gibt eine weitverbreitete Einstellung, dass rechte Inhalte immer nur dann vorhanden sind, wenn ein Hitlergruß gezeigt wird, wenn die NPD dabei ist, wenn man ,Deutschland den Deutschen' hört. Der Politikbegriff wird verengt auf Wahlen und Parlament. Und dann sind sie natürlich nicht politisch und auch Kategorie C ist nicht politisch, weil die sagen ja nicht wie Landser: Wählt die NPD. Wenn man Politik natürlich als Politik formt eine Gesellschaft, als Wertehaltung, als Werteverständnis versteht, dann kann Kategorie C keine unpolitische Band sein." Atmo Schönow Konzertgast: "Gewalt gibt's doch auch beim 1. Mai. Da sagt keiner was." Autor: "Was sagt Ihr dazu, dass Kategorie C eine rechte Band sein soll?" Konzertgast 2: "Ist keine rechte Band. Hooligans! Aber es geht um Fußball und nicht um Adolf Hitler und solche Pisse." Autor: "Ihr akzeptiert ja nicht jeden, oder? Ihr akzeptiert zum Beispiel keine Linken..." Konzertgast: "Du nimmst ja auch nicht jede Frau, oder?" (Gelächter) Autor: "Ja, aber so einfach ist es doch nicht." Konzertgast 2: "Warum nicht? Genau dasselbe." O-Ton Jan Raabe "So wie Kategorie C das in seinen Liedern konstruiert, kann eine Gesellschaft eigentlich nur in einem diktatorischen System bestehen. Das eine ist: es gibt ein permanentes Freund-Feind, also es gibt immer nur das ,Wir' und das ,Die'. Es gibt nur die Abgrenzung und es gibt nur den Kampf. Also es gibt keine Diskussion, es gibt keine Vermittlung. Das ist natürlich gerade beim Thema Fußball angelegt: es gibt die eigene Mannschaft und es gibt die gegnerische Mannschaft. Das bezieht sich natürlich nicht nur auf Fußball, sondern auch auf die Polizei oder andere Feinde. Atmo Schönow Konzertgast: "Die einzigen, die Gewalt machen, sind die Linken. Chaostage, weißt du?" O-Ton Jan Raabe "Man kann nicht alles, was einem nicht passt, als Gegner betrachten, der zu bekämpfen oder zu vernichten ist. Eine Gesellschaft besteht in Austausch, in Diskussion, in Kompromisse machen." Autor Der Sänger Hannes Ostendorf will diese Argumentation nicht nachvollziehen, nicht offiziell. Beispielhaft für seine Haltung steht eine Videobotschaft, die er im Sommer 2009 im Internet auf Youtube niederlegt hat. Unmittelbar nach einem Verbot seines Konzerts in der Nähe von Rostock durch das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns. Ostendorf ist ein Mann von mächtiger Statur mit kurz geschorenen Haaren. Auf dem Video trägt er ein blaues T-Shirt der Marke "Erik and Sons", die beliebt ist bei Rechtsextremen. O-Ton Hannes Ostendorf "Auf unseren Konzerten kommt es weder zu Ausschreitungen noch zu politischen Handlungen, das wird von unserem Ordnungsdienst und von uns selbst sofort unterbunden. Aber der Staat lässt da nicht locker, vielleicht auch jetzt, weil Wahlen sind. Und so wird man halt kriminalisiert und so werden wir eben halt auch gezwungen, praktisch wieder in den Untergrund zu gehen. Also es wird einem nicht gedankt, dass wir offensiv nach vorne gehen, einen Kartenvorverkauf machen, die Hallen bekannt geben. Es wird einem nicht gedankt, sondern im Endeffekt wird es nur ausgenutzt, um Druck auf die jeweiligen Vermieter und Besitzer der Läden und der Kneipen und der Restaurants zu machen. Und teilsweise wird sogar mit Enteignung gedroht." Autor Ostendorf, angeblich ganz unpolitisch, spricht über Politik. Gern hätten wir mit ihm über sein Verständnis von Politik gesprochen, aber unsere Interview-Anfrage blieb unbeantwortet. So müssen wir Filmaufnahmen für ihn sprechen lassen, die dem Norddeutschen Rundfunk zugespielt wurden. Sie zeigen junge Männer während eines Konzerts. Männer mit freien Oberkörpern, die sich anfeuern, die den Hitlergruß zeigen und die Reichskriegsflagge schwenken. Ausschnitt "Frei, sozial und national! Frei, sozial und national!" Autor "Frei, sozial und national": Eine beliebte Parole bei Rechtsextremen. Die Sicherheitsordner der Band sieht man auf dem Video nicht eingreifen. Für die niedersächsische Verfassungsschützerin Maren Brandenburger ist das keine Überraschung. O-Ton Maren Brandenburger "Formal mag das so sein, dass der Bandleader sagt, er habe damit nichts zu tun, aber in dem Moment, wo ich weiß, wer da kommt zu meinen Konzerten, könnte man ja von einer Band auch verlangen, dass man sich plakativ, deutlich von Rechtsextremismus distanziert, zum Beispiel sagt: ,Wir sind für Multikulti', ,Wir treten ein für Völkerverständigung' und so weiter. Das machen ja zum Beispiel im Fußball die meisten Vereine. Das könnte ja zum Beispiel die Band Kategorie C auch tun. Sie tun es aber nicht." Autor Eine Distanzierung von Neonazis? Ein Bekenntnis zum Multikulturalismus? Eine andere Filmaufnahme zeigt Hannes Ostendorf auf der Bühne. Ausschnitt "Hoch auf dem gelben Wagen, sitz' ich beim Führer vorn. Vorwärts die Rösser traben, lustig schmettert das MG. Über Wiesen und Wälder leuchtet das Firmament. Ich tät ja so gerne noch bleiben, aber der Führer, der ruft!" Autor Hannes Ostendorf besingt den Führer und dessen lustig schmetterndes MG. Die 43- jährige Verfassungsschützerin Maren Brandenburger. O-Ton Maren Brandenburger "Wir sehen darin so einen Übergangsbereich, dass die Band Kategorie C sehr wohl auch mit rechtsextremistischen Themen, Inhalten und Argumentationsmustern spielt. Die bedienen das bewusst und das sehen wir anhand von solchen Videosequenzen. Es gibt also eine Durchmischung im Publikum und es gibt vor allen Dingen auch Überschneidungen im personellen Bereich. Das heißt, Rechtsextremisten sind auch mit bei der Organisation der Hooligankonzerte beteiligt im Hintergrund." Atmo Kaiserslautern Autor Eine Reise nach Kaiserslautern. Kategorie C hatten auf ihrer Internetseite für ein Konzert am 13. August dieses Jahres geworben. Der genaue Ort, die genaue Zeit: blieben wie immer offen. Die Band möchte potenziellen Protesten das Fundament entziehen. Das weiß auch Kalle Kreß. Der antifaschistische Aktivist aus Kaiserslautern hatte mit seinen Recherchen Wochen vor dem Konzerttermin begonnen. O-Ton Kalle Kreß "Das ist Bohren dicker Bretter, Das ist wie ein Hase- und Igel-Spiel. In Hochspeyer und in Dahn waren wir früher da als die." Autor Kalle Kreß demonstriert seit Ende der sechziger Jahre in Rheinland-Pfalz gegen NPD und Neonazis. Anfang August erfährt er von Informanten, dass Kategorie C am beworbenen Termin in der Grillhütte in Hochspeyer auftreten könnten, zehn Kilometer östlich von Kaiserslautern gelegen. Kreß setzt sich an seinen Schreibtisch, telefoniert Stunden lang. Die Kreisverwaltung weiß zwar von einer angemeldeten Geburtstagsfeier in Hochspeyer, aber dass es sich dabei um ein Konzert von Hooligans und Neonazis handeln soll: das weiß sie nicht. Der 59-jährige Kalle Kreß klärt die Behörde auf. O-Ton Kalle Kreß "Und nachdem wir dann Informationen nachgeschoben haben, die Leute informiert haben, um was es geht, was da war, auch die älteren Sachen da mal präsentiert haben. Und dann hat man den Vorvertrag, der wohl bestanden hat, hat man zurückgezogen - und die Grillhütte war weg." Autor Kategorie C müssen nicht das erste Mal ausweichen. In Rheinland-Pfalz wird die Band, die angeblich ganz unpolitisch ist, von der NPD unterstützt. Sascha Wagner, stellvertretender Landeschef der Partei, meldet für den Kurpark der Ortschaft Dahn eine Kundgebung an, ihr Thema: Sprecher "Fußballfans sind keine Verbrecher - gegen die zunehmenden Überwachungsmaßnahmen in Fußballstadien". Autor Von einem Konzert mit Hooligans und Neonazis ist keine Rede. Wieder informieren Kalle Kreß und seine Mitstreiter die Verwaltung, Kategorie C müssen erneut ausweichen. O-Ton Kalle Kreß "Weil bisher KC ja immer gesagt hat: ,Wir haben mit Politik nichts am Hut'. Und hier ist die NPD Antragsteller für Lokalität. Das ganze unter den Schutz des Parteiengesetzes zu stellen. Dieses Hase- und Igelspiel hat ja dahingehend funktioniert, dass Verwaltungen vorbereitet waren. Und sie nur noch in den Privatbereich ausweichen konnten." Autor Kalle Kreß erfährt erst am Nachmittag des 13. August, wo das Konzert stattfinden wird. Es sind noch wenige Stunden bis zum Beginn, zu wenig Zeit, um eine Gegenveranstaltung zu organisieren. Atmo Fans: "Ha Ho He Kategorie C! Ha Ho He Kategorie C!" Autor Kategorie C singen am Abend im Lambsbachtal, zwischen Bechhofen und Käshofen, an der Grenze zum Saarland. Auf einem privaten Wiesengrundstück des "Nationalen Widerstandes" feiern mehr als 800 Fußballfans, Hooligans, Neonazis. Das Ordnungsamt leitet daraufhin ein Bußgeldverfahren ein, denn dem Veranstalter hatte eine Schankerlaubnis gefehlt. Atmo Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Geschrei einer Frau Autor Ein Sichtungsraum der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Bonn. Zwanzig feste und über einhundert freie Experten sind für die Behörde tätig, die dem Familienministerium angegliedert ist. Sie entscheiden auf Antrag, ob bestimmte Tonträger, Filme oder Internetangebote aus dem Verkehr gezogen werden. Die Gründe: Gewaltverherrlichung, Anstachelung zum Rassismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus. So bald das Gremium einer Indizierung zustimmt, dürfen diese Medien nicht mehr beworben und an Jugendliche weitergegeben werden. Die Juristin Petra Meier ist stellvertretende Vorsitzende der Bundesprüfstelle, die auch einen Tonträger von Kategorie C indiziert hat. O-Ton Petra Meier "Die CD heißt Sportfrei 98. Das war 2008 hier ein Prüffall. Ist eingereicht worden aufgrund einer Polizeibehörde, die hier das Verfahren angeregt hat, und diese CD ist indiziert worden, ist als jugendgefährdend eingestuft worden. Und da hat das Gremium gesagt, dass ist zum einen eine Verrohung, dass eben die Mitleidsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen herabgesetzt werden kann, dadurch dass geschildert wird, was dort alles an Verletzungen jemandem zugeführt wird. Und es ist auch als zu Gewalttätigkeiten anreizend eingestuft worden. Das heißt: Es steht zu befürchten, dass Kinder und Jugendliche von solchen Texten auch darauf einstimmen lassen, dann eben auch selbst solche Gewalttätigkeiten durchzuführen." Auto Ein Tonträger von Kategorie C ist indiziert worden, die anderen sind weiter erhältlich. Wie also soll man der Band begegnen? Rechtsrock-Experte Jan Raabe und Verfassungsschützerin Maren Brandenburger. O-Ton Jan Raabe "Ich glaube mit einem Verbieten kommt man bei dem ganzen Phänomen von Rechtsrock nicht zu einem wirklichen Erfolg und bei Kategorie C schon gar nicht. Weil wir haben es mit einer Band zu tun, die ja weit unterhalb dessen operiert, was im klassisch strafrechtlichen Bereich verankert ist. Meines Erachtens braucht man hier noch mal viel mehr an Aufklärung und zivilgesellschaftlicher Gegenwehr, eine Aufklärung über: Was ist denn rechts?" O-Ton Maren Brandenburger "Eine Indizierung einer CD ist zwar wichtig als Signal, aber es verhindert nicht die Verbreitung. Übers Internet kommen junge Leute an rechtsextremistisches Material, spätestens über US-amerikanische Provider eingestellte Materialien. Von daher gehen wir den Weg, parallel zur Repression zu unseren Verfassungsschutzaufgaben gehört nun auch seit vielen Jahren die Prävention. Das heißt: Wir klären auf, wir spielen zum Beispiel solche Musik Schülern vor und diskutieren mit ihnen darüber." Atmo Tastatur Autor Informieren und Aufklären, dieses Motto verfolgt auch die Journalistin Christine Kröger. Für den Weser-Kurier berichtet sie regelmäßig über Hooligans, Rechtsextreme und kriminelle Rocker in Bremen, auch über Verflechtungen von Kategorie C in diese Milieus. Dem Sänger Hannes Ostendorf passt das gar nicht. Im Dezember 2004 setzte er eine Gegendarstellung im Weser-Kurier durch. Die Zeitung war zum Abdruck verpflichtet, unabhängig von deren Wahrheitsgehalt. Christine Kröger über Hannes Ostendorf: O-Ton Christine Kröger "Und warum hat ihn das besonders angefressen. Deshalb weil es in der Regionalzeitung in seiner Heimat stand, da, wo er eben auch versucht, noch in familiären, verwandtschaftlichen, nachbarschaftlichen Freundeszusammenhängen eben auch die unpolitische, bürgerliche Maske zu tragen. Dass die das dann lesen, die vielleicht nicht den Spiegel lesen und schon gar nicht irgendwelche Fachmagazine, das hat ihm wehgetan. Auf der anderen Seite ist es aber natürlich ganz extrem wichtig, dass sich eben auch regionale Medien damit beschäftigen." Autor Christine Kröger und ihre Kollegen haben vor der Bremer Bürgerschaftswahl im Mai dieses Jahres eine Sonderbeilage zum Thema Rechtsextremismus veröffentlicht, erstmals durften auch Jugendliche ab 16 wählen. Kröger galt für viele in der rechten Szene schon vor der Veröffentlichung als Feindbild. Einmal hatte sie ein CD-Cover von Kategorie C im Briefkasten ihrer Privatwohnung liegen, darauf zu sehen: gestählte Männer mit freien Oberkörpern, verziert mit dem Spruch: "Hier sind deine Freunde." O-Ton Christine Kröger "Die Führungsfiguren in dieser Szene sind zu klug, die würden also niemals auf einen Journalisten losgehen. Nichtsdestotrotz: Ich habe Angst insbesondere vor den Randfiguren. Dass ich im falschen Moment dem falschen Nachwuchshool über den Weg laufe, der vielleicht auch noch ein paar Bier intus hat. Und ansonsten Bedrohungen eher subtil, von hinten auf die Schulter geklopft, ich dreh mich um: ,Ich wollte nur mal dein Gesicht sehen, kannst dir ja denken warum'." Autor Der Weser-Kurier wird weiter über Kategorie C berichten. Die Band liefert Material auf ihrer neuen CD. Musikausschnitt "Antifa halt's Maul" "Bam, bam, bam, Antifa halt's Maul. Bam, bam, bam, Ihr seid der letzte Dreck. Bam, bam, bam, Antifa halt's Maul. Bam, bam, bam, wir hauen euch alle weg." Autor Sänger Hann es Ostendorf wollte für diese Sendung kein Interview geben. Doch auch ohne Aussagen ist seine Musik aussagekräftig genug. 1