Sonntag, 22. Dezember 2013 (20:05-21:00 Uhr), KW 51 Deutschlandfunk / Abt. Musik und Information - Wiederholung immer samstags 07:05-08:00 Uhr auf Dradio Wissen - FREISTIL "Störung hören" - Wenn Geräusche irritieren Eine Sendung von Florian Felix Weyh Redaktion: Klaus Pilger [Co-Produktion mit dem SWR] M a n u s k r i p t Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - ggf. unkorrigiertes Exemplar - 001 O-Ton Radio historisch Achtung! Sie hören jetzt eine Reihe von Störern des Rundfunks! 003 Genuit Störend sind alle Geräusche, die ein ganz bestimmtes Muster enthalten, also die durch zeitliche Muster oder aber auch durch Muster im Frequenzbereich unangenehm auffällig sind. 004 Klessen Der Bass bleibt am ehesten stehen, hat die wenigste Spannung, die Mitte zieht sich mal hoch und mal runter, und der Diskant verstimmt sich am ehesten. 006 O-Ton Radio historisch Zuerst hören Sie den übelsten Störer, gegen den es keine technischen Hilfsmittel gibt, von dem sie sich nur durch freundliches Belehren befreien können: den Rückkoppler! Ein Nachbar auf der Jagd nach Fernempfang hat den Rückkopplungsknopf - manchmal auch "Lautstärkeregler" bezeichnet - zu weit eingedreht. Er hört zwar auch dieses Heulen und Pfeifen in seinem Lautsprecher, weiß aber meist nicht, dass es genauso bei Ihnen und allen übrigen Nachbarn zu hören ist. Machen Sie es etwa auch manchmal so? 007 Genuit Also ein Piepen ist schon lästig genug. Wenn er auch noch ständig ein und ausgeschaltet wird, ist es noch lästiger. 008 Genuit Jeder sammelt, der mit der Akustik was zu tun hat, über den Lauf der Zeit jede Menge Geräuschdaten. Manche sind sehr schnell zu identifizieren, eben Heulen, Pfeifen, manche sind schon schwieriger wie Jaulen, Mahlen und auch Dröhnen, die genau zu identifizieren und abzugrenzen zu anderen Geräuschen, die vielleicht verwandt sind. Es ist lustig. Also ganz interessant fand ich einmal, wie das "Grunzen" entstanden ist. (Raumklang) Ich hab jetzt hier leider ... (Einspieler Knacksen) Oh, sind Übersteuerungen! Also es war eine elektrische Pumpe für das Bremssystem, die dieses Geräusch erzeugte. Wir waren gerade bei diesem Kunden, um dieses Projekt zu bearbeiten, also bei dem Hersteller dieses Bremssystems. Und da rief ein OEM an, ein Automobilhersteller. Sagte: "Ich steh hier mit euerm Wagen auf glatter Strecker, und jedes Mal wenn ich Gas gebe, grunzt euer Bremssystem wie ein Schwein!" SPRECHERIN Störung hören. SPRECHER Wenn Geräusche irritieren. SPRECHERIN Störung Hören. SPRECHER Wenn Geräusche irritieren. SPRECHERIN Ein Feature von Florian Felix Weyh 010 Lucadou Also es gibt einen eigentlich fast tragischen Fall, den meine frühere Kollegin, die Frau Doktor Zaratnik erlebt hat, als sie hier in Freiburg in ihre Wohnung einzog. Die wohnte da in so'm Mehrfamilienhaus mit fünf Stockwerken. Und als sie einzog, hat man ihr gleich gesagt, sie soll sich nicht wundern, da käme dann die Frau aus dem 5. Stock, und die würde ein bisschen spinnen. Also die käme da immer mit ihrem Doppelklingeln! Die Frau Zaratnik hatte einen Sohn, der immer da rein und rausrannte, wie das eben Kinder so tun, und der deswegen häufig klingeln musste, und prompt kam natürlich aus dem 5. Stock ne ältere Frau, so'n bisschen irritiert, und es war ihr auch irgendwie peinlich und sagte zur Frau Zaratnik, sie soll doch darauf achten, dass ihr Sohn nicht so oft klingelt, dieses Doppelklingeln würde sie doch so stören. Denn wenn er bei ihr klingelt, dann würd's bei ihr oben im 5. Stock auch klingeln. SPRECHERIN Dr. Walter von Lucadou, Psychologe, Physiker. Leiter der "Parapsychologischen Beratungsstelle", Freiburg im Breisgau. 011 Lucadou Und dann sagten die Leute: "Naja, also nehmen Sie das mal nicht ernst! Die Frau, die spinnt halt einfach." Aber naja, also meine Mitarbeiterin ist natürlich auf so was geeicht gewesen und gesagt: "Dann lasst uns doch überprüfen!" Ist also mit der Frau in 5. Stock, hat ihren Sohn beauftragt, unten zu klingeln, und das war so: Immer, wenn der unten bei ihr klingelte, klingelte es oben im 5. Stock auch! Daraufhin hat sie dann die Wohnungsbaugesellschaft angerufen, hat gesagt: "Hier liegt n technischer Fehler vor, das müssen Sie beheben." Sagten die: "Ach, das ist die Frau Soundso, ja die spinnt, da braucht man nicht drauf einzugehen!" Dann hat sie gesagt: "Ich bitt Sie, ich hab's selber überprüft!" - "Nein, nein, das ist technisch nicht möglich!" Und dann kam schließlich nach langem Hin und Her endlich mal ein Techniker und hat festgestellt, dass das falsch eingebaut war. Und die hat jahrelang drunter gelitten! SPRECHER "Vor Jahren bin ich wegen eines elektronischen Piepgeräuschs im Heizkörper des Schlafzimmers fast wahnsinnig geworden. Es tönte - in rhythmischen Abständen - permanent so laut wie der Wecker einer Digitaluhr. Der Heizungsfachmann sagte nur, als er es hörte: ‚Mein Gott, das ist ja schrecklich. Aber ich kann es mir nicht erklären. Es kommt nicht direkt von der Heizung.' Selbst durchs Ohropax war das Piepen damals zu hören. Trotzdem dachte ich: ‚Du musst damit leben.' Ich wurde immer nervöser, fast hysterisch. Einem befreundeten Psychoanalytiker erzählte ich davon. Er bat mich zu einem Beratungsgespräch. Nach 45 Minuten fasste er nachdenklich die Situation zusammen: ‚Die Heizung ist deine Mutter.'" SPRECHERIN Wolfgang Max Faust, 1993 verstorbener Kunstkritiker, in seinem Tagebuch "Dies alles gibt es also". SPRECHER "Ich ging nicht noch einmal zu ihm. Drei Wochen lang beschäftigte ich mich intensiv mit der Technik von Heizungsanlagen. Zum Schluss landete ich bei einem Ingenieur der BEWAG. Er hatte die Lösung. ‚In Ihre Heizung ist eine neue Pumpe eingebaut worden. Deren Elektronik reagiert auf die Frequenz-Morsezeichen, die die BEWAG mit 45.000 Hertz zum An- und Abschalten von elektrischen Anlagen in der Stadt - Ampeln, Straßenbeleuchtung, Schaltkästen - durchs Stromnetz schickt. Lassen Sie vor Ihre Heizungsanlage einen Frequenzkiller einbauen, dann haben Sie Ruhe.' Er hatte recht." 012 Kollmeier Ja, es gibt ne Reihe von Geräuschmustern, bei denen einem die Nackenhaare sich zu Berge stellen! Typisch ist das Kreidequietschen oder Zahnarztbohrer oder andere schrille Geräusche, die zum Teil ne gewisse Modulation, ne gewisse Rauhigkeit aufweisen und stark hochfrequent sind. Das heißt also, es gibt durchaus psychoakustische Maße, mit denen man die subjektive Empfindung von so was wie "Schärfe" beschreiben kann. Und das in Kombination - also ein rauer, hochfrequent betonter, scharfer Klang - wird oft als störend, als spitz empfunden. SPRECHERIN Professor Birger Kollmeier, Mediziner, Physiker. Leiter des "Hörzentrums Oldenburg". 013 Frauenstimme Die Natur hat dem Menschen eine Zunge, aber zwei Ohren gegeben. WH 014 Frauenstimme Die Natur hat dem Menschen eine Zunge, aber zwei Ohren gegeben. SPRECHER "Das Auge ist ein Herr, das Ohr ein Knecht. Jenes schaut um, wohin es will, dieses nimmt auf, was ihm zugeführt wird." - Jacob Grimm. 017 Radiovortrag historisch Wir beobachten mit Freuden, dass der Gehörssinn der Menschen sich zu verfeinern beginnt. Nicht zum Wenigsten verdanken wir das den technischen Erfindungen neuerer und neuester Zeit: dem Fernsprecher und - mehr noch - dem Lautsprecher. SPRECHERIN Auch die Stimme macht ein Geräusch. Sie agiert mit echten und falschen Tönen. Manchmal lässt sie mehr ahnen, als sie sagt. 018 Gutenberg Wir akzeptieren, wenn wir hören, da ist jemand in einer optimalen körperlichen Spannung, die Stimme ist nicht beeinträchtigt, dann hören wir die sogenannte "Indifferenzlage". Das ist, in den zwei Oktaven, die wir haben, in der unteren Oktave ungefähr ne Quint. In der sprechen wir, wenn wir normal gestimmt sind. Wenn ich die Indifferenzlage verlass, nach oben (hoch) bin ich aufgeregt, unsicher oder sogar aggressiv. (tief) Geh ich unten drunter, (normal) nehm ich diese Maske einer gespielten Souveränität an. 019 Klessen Ich selber, die so viel gelernt hat mit Tönen zu hören, Schwingungen zu hören, also ich kann auch schwer ertragen, wenn schrille Frauenstimmen da irgendwie am Anmarsch sind. Oder jemand - gerade Frauen, gerade Frauen! - nicht mit ihrer echten Stimme sprechen. 020 Gutenberg Wir akzeptieren, wenn jemand "natürlich" klingt. Hörbar unverstellt, hörbar "nicht gemacht". Das glauben wir dann! Alles andere glauben wir nicht. Hören Sie sich unsere Politiker an. Wenn die manchmal Würde, Überzeugtheit, Autorität aufsetzen - schon sind wir misstrauisch. Zu Recht! SPRECHER Professor Norbert Gutenberg, Institut für Sprechwissenschaft, Universität des Saarlandes. Stimmenexperte. 021 Klessen Die Ausgebildesten haben sicherlich die Schauspieler und die Sänger, und wenn ich zu Schauspielern, Sängern oder "Ausgebildete-Stimmen-Kunden" hinkomme, höre ich das auch sofort. Das ist sehr angenehm, und die sprechen mit ihrer Stimme ruhig, ausgeglichen oder mit viel Emotion auch, also nicht so "blablablaba" oder "iiiiiiii". SPRECHERIN Sylvia Klessen, Klavierbauerin und Klavierstimmerin, Berlin. 022 Klessen Richtig Primadonnen, meistens Sopran, hört man auch. Also die haben ja automatisch auch die Stimmlage etwas weiter oben - 024 Genuit Also die Lästigkeit von Geräuschen hängt sehr stark vom Kontext ab. Das heißt einmal: Wer ist der Verursacher des Geräusches? Wer ist der Empfänger des Geräusches? Welche Einstellung habe ich zum Geräusch? Weist das Geräusch auf einen Mangel hin, auf eine Gefahr hin? All diese ganzen Komponenten macht das in der Akustik sehr schwierig, einfach nur durch n Messgerät zu sagen: Das Geräusch ist gut oder nicht. 025 Genuit Schnippsgeräusche können sehr lästig sein. Das Knistern mit Pergamentpapier, das Öffnen eines Hustenbonbons im Konzert ... aber das ist natürlich auch schon wieder sehr stark kontextabhängig, dass ausgerechnet in einer Konzertdarbietung jemand anfängt, ein Hustenbonbon auszupacken. Das sind also alles kleine Geräusche. SPRECHER Professor Klaus Genuit. Gründer der Firma "Head Acoustics" in Herzogenrath bei Aachen. Spezialist für Sounddesign und Klangdiagnostik bei technischen Geräten. STIMME WEIBLICH Letzten Monat hab ich mir n neues Fahrrad gekauft, Trekkingrad, nicht billig, aber gegenüber meiner alten Klapperkiste n echter Quantensprung. Noch nie bin ich mit so viel Lust zur Arbeit gefahren wie jetzt gerade! Läuft alles wie geschmiert, die Kette surrt, die Bremsen greifen ohne zu quietschen. Alles geht leichter, weicher ... ja die Schaltung ist fast anschmiegsam. Ein irrer Spaß! Bis plötzlich dieses Knacken auftaucht. Ein ganz leises Klick-knick-knack! Ich schalte n paar Mal hin und her, weil ich denke, der Kettenwerfer hat sich verstellt, n Millimeter vielleicht. Doch das Knacken geht nicht weg. Es ist aber auch nicht immer da. Manchmal nur beim Losfahren, manchmal erst nach ner Viertelstunde. Ich hab die Sattelstütze im Verdacht: Aluminium im Stahl, das knarrt und knatscht, logisch! Also rutsch ich auf mei'm Hintern hin und her bis Ruhe ist. Aber nach fünf Minuten kommt das Klick-knick-knack wieder, als wär nix gewesen. Ich hasse dieses Fahrrad. Bin ich blöd oder was? 027 Bodden Das liegt daran, dass wir Menschen alle so langsam lernende und erfahrungsbasierte Menschen sind. Sie haben sich das Fahrrad neu gekauft, und haben gehört: "Au, klingt gut!" Alles läuft locker, alles läuft rund, alles perfekt! Und jetzt kommt plötzlich diese kleine Komponente dazu, die hören Sie! Die war vorher ja nicht da! Und alles, was so impulshaltig ist, Knacken, Klappern und sonst was angeht, assoziieren wir automatisch mit irgendwo schlechter Qualität oder einem Defekt! Das heißt, Sie haben sofort den Eindruck: Irgendwas geht da an meinem Fahrrad gerade kaputt. Und das wollen Sie natürlich rauskriegen, was das ist. Ein so simples, kleines Klicken, was manchmal technisch noch nicht mal auf einen Defekt hinweist, sondern auf irgend etwas, was einfach so funktioniert, kann eine solche Assoziation bis hin zu ner Panik bei den Leuten hervorrufen, dass sie wirklich panisch in Werkstätten fahren und sagen: "Mein Auto geht gerade kaputt!" Oder: "Mein Fahrrad ist kaputt. Was mach ich da jetzt?" SPRECHER Dr. Markus Bodden, Akustiker, Sounddesigner. Essen. STIMME MÄNNLICH Mir macht'n Zahnarztbohrer nichts aus. Wirklich nicht, ich bin nicht sehr schmerzempfindlich. Die stundenlange taube Backe nach ner Spritze finde ich viel unangenehmer als das bisschen Schmerz. Gut, das Geräusch ist nicht schön, aber das kann man ausblenden. Einfach wegkonzentrieren! Was ich aber überhaupt nicht schaffe, weil sich die Geräuschquelle quasi direkt gegen meine Ohren presst, ist, wenn sich der Zahnarzt von rechts und die Helferin von links über mich beugen. Dann deren Körpergeräusche zu überhören, das schaff ich nicht! Ich höre alles, und das ist wirklich peinigend! Neulich hätte ich beinah zum Zahnarzt gesagt: "Nun essen Sie erst mal was, bevor Sie mich hier mit leerem Magen traktieren und Ihnen die Hand ausrutscht!", weil es in ihm so laut knurrte. Und die Helferin wollte ich eigentlich gar nicht an mich ranlassen, denn was ich da aus ihrem Unterleib gluckern und glucksen hörte, klang echt gemein. Fast wie ... ich weiß nicht, ich bin kein Mediziner. Jedenfalls ansteckend klang es! Da bin ich heikel. 028 Gross Man kann auch die Darmgeräusche beispielsweise abhören und kann dort die Darmtätigkeit einfach kontrollieren. SPRECHER Professor Volker Gross, Fachbereich Medizintechnik an der Fachhochschule Gießen. 029 Gross Das ist ein Verfahren, was der Arzt auch aus der normalen Untersuchung kennt. Wenn beispielsweise Patienten einen Darmverschluss haben oder auch ... ja irgendwie an ner Entzündung des Darms leiden, dann haben sie entweder weniger oder mehr Darmgeräusche. 030 Koehler Auch der Darm spiegelt im Grunde genommen sein Innenleben eigentlich wider in Form der Geräuschphänomene. SPRECHER Professor Ulrich Koehler, Klinik für Innere Medizin, Universitätsklinikum Marburg. 031 Koehler Und wenn Sie eine Engstellung im Darm haben und nichts funktioniert mehr oder der Darm ist lahmgelegt durch bestimmte Medikamente, so haben Sie eine - im wahrsten Sinne des Wortes - Totenstille. SPRECHERIN Stille. SPRECHER Man kann schlecht hören. SPRECHERIN Dann ist das Hören gestört. SPRECHER Man kann gut hören. SPRECHERIN Dann stört einen vieles, was man vernehmen muss. SPRECHER Man kann zu gut hören. SPRECHERIN Das ist eine Strafe in Gestalt einer Begabung. Den meisten widerfährt allerdings eher das Gegenteil ... irgendwann. STIMME MÄNNLICH Also das mit dem Zahnarzt ist ja schon seltsam, weil ich sonst gar nicht sooo gut höre, ich meine, in lauten Kneipen - nicht wie hier jetzt, das geht! - oder in einer chaotischen Besprechung, wenn alles durcheinander quatscht, da entgeht mir schon manches. Okay, das ist vielleicht nicht so schlimm, man könnte sagen, das ist sogar gut, n Chef sollte nicht jeden Mist hören, den jemand aus seinem Team so von sich gibt. Hör drüber hinweg! Ist immer meine Devise gewesen: Hör drüber hinweg! Aber neulich hab ich doch gestutzt, als der Breuning sagte, ihm würde es am meisten Spaß machen, mit unseren drei Frauen intim zu arbeiten. Hä? War kurz davor, ihn zur Rede zu stellen, von wegen sexueller Belästigung und so. "Intim arbeiten", der hat sie wohl nicht alle! Er hatte natürlich gesagt: "Im Team." Ich glaub, ich hör wirklich nicht mehr so gut. Müsste mal was dagegen tun. 032 Telekom-Ansage Der folgende Gesprächsabschnitt kostet aus dem deutschen Festnetz nach dem Ton 99 Cent pro Anruf. 033 Kollmeier Unter einer bestimmten Telefonnummer, kann man den Hörtest per Telefon anrufen. Und dort kann man denn Zahlen im Störgeräusch hören. Und das wird, wenn man das richtig beantwortet hat - also die richtigen Zahlen auf der Telefontastatur eingegeben hat -, wird das immer schwerer. Und es wird dann herausgefunden, was kann man denn noch an Sprache unter schwierigen akustischen Situationen herausfinden. 035 Kollmeier Und zum Schluss gibt's drei Kategorien: Die grüne Kategorie, nach dem Motto: "Ihr Gehör ist genauso gut wie die meisten anderen." Eine orangene Kategorie, nach dem Motto: "Ihr Gehör ist etwas schlechter als bei den meisten Menschen." Und die rote Kategorie ist sozusagen: "Ihr Gehör ist deutlich schlechter als bei den meisten Menschen. 036 Hörtest-Ansage Dieser Hörtest kann natürlich nicht alle Aspekte Ihres Hörvermögens abdecken und ersetzt keine medizinische Diagnose. Wenn Sie trotzdem das Gefühl haben, schlecht zu hören, dann sollten Sie einen Hals-Nasen-Ohrenarzt oder Hörgeräteakustiker konsultieren. 037 Kollmeier Insbesondere Männer sind da ganz besonders spät dran, die sind im Durchschnitt zehn Jahre älter, bevor sie zum Hörgeräteakustiker gehen als Frauen. Obwohl Frauen und Männer ungefähr denselben altersabhängigen Hörverlust haben. Männer sind da sozusagen viel eitler. Oder denken: "Ja, ich brauch das noch nicht!" Oder: "Ich komm auch so zurecht!" SPRECHERIN Man kann schlecht hören. SPRECHER Dann hört man nichts von alledem, was einen stört. SPRECHERIN Man kann durchaus nicht alles hören wollen. SPRECHER Aber kann man wollen, etwas nicht mehr zu hören? SPRECHERIN Tinnitus. 040 Pantev Tinnitus ist ein Geräusch, das man aber nur subjektiv nachweisen kann, und es kann nur der Tinnitus-Patient darüber berichten. Man kann extern das Tinnitusgeräusch nicht messen. Es gibt auch ein objektives Tinnitus, was in der Schnecke entsteht, und dieses Geräusch kann man dann objektiv mit Hilfe eines Mikrophons messen. Dieses periphere Tinnitus gibt es aber in zwei bis fünf Prozent der Fälle. Das Meiste, was man hört, entsteht im Gehirn und ist nicht direkt objektiv messbar. SPRECHERIN Professor Christo Pantev, Biokybernetiker. Institut für Biomagnetismus und Biosignalanalyse, Universität Münster. 041 Pantev Das Erste ist natürlich, dass der Patient befragt wird. Er soll ja auch ein bisschen darüber erzählen, wie er sein Geräusch beschreibt. Dieses Geräusch kann man aber auch objektiv anpassen an einem externen Geräusch, so lange bis der Patient sagt: "So klingt es auch!" 043 Pantev Es gibt sicherlich einige Dutzend verschiedene Qualitäten dieses Tinnitusgeräusches. Also das kann ein Rauschen sein, das kann Klirren sein, und es kann auch einen tonalen Charakter haben. Tonalen Charakter heißt in diesem Fall, dass Sie mit Hilfe eines Tones am besten die Qualität - das, was Sie empfinden -, anpassen können. Und das ist auch der Fall, wo wir eine Methode zur Behandlung von Tinnitus entwickelt haben. Zur Behandlung von tonalem Tinnitus. 045 Teismann Ja, es ist wirklich ein großer Vorteil aus unserer Sicht, dass die Patienten Musik hören können, die sie gerne mögen! 047 Teismann Also wenn Sie die beiden Stücke miteinander vergleichen, das Original und das Modifizierte, dann hören Sie, dass die anders klingen. Das Modifizierte wird ein bisschen weniger druckvoll klingen, wenn Sie so wollen. Weil halt Energie rausgeschnitten wurde. Aber man gewöhnt sich da sehr schnell dran. Also es klingt nach wie vor wie genießbare Musik, an der man Spaß und Freude haben kann, und nach ein, zwei Minuten merkt man sozusagen nicht mehr, dass da was fehlt. SPRECHER Dr. Henning Teismann, Universität Münster. SPRECHERIN Das Team um Professor Pantev hat ein Verfahren entwickelt, mit spezieller, um bestimmte Frequenzen reduzierter Musik das Leiden am Ort seines Entstehens zu bekämpfen: im Gehirn, in den Nervenzellen. 048 Pantev Für uns als Neurowissenschaftler ist die Vorstellung, dass Tinnitus im Gehirn entsteht. Und aufgrund unserer Forschungen bis jetzt, dass eben die Ursache dafür ein Verlust an Inhibition ist. Jeder Neuron, wenn's erregt wird, gibt an die nächste Stufe diese Erregung weiter, aber gleichzeitig auch unterdrückt die Erregung seiner Nachbarn. Und das bewirkt eine Kontrastverstärkung. Und wir machen uns zunutze dieses Modell, um die Methode hier zu entwickeln. 050 Pantev Also: Wir nahmen Musik, es ist auch ein akustisches Signal, was ein sehr breitwandiges Spektrum hat, und da kamen wir mit der Idee, eine Lücke in der Musik zu schneiden. So dass die Tinnitusneuronen unbeeinflusst bleiben, aber ihre Nachbarn erregt werden, und die auf die Tinnitusneuronen einwirken! Und dadurch eben eine Inhibition-Verstärkung in den Tinnitushören-Regionen schaffen. Das haben wir uns ausgedacht und in eine doppel geblindete Studie untersucht, über fast zwei Jahre. Wir haben im Schnitt eine Verbesserung von etwa 25 Prozent festgestellt, also im Durchschnitt. Natürlich gibt es Leute, die bis zu 50 Prozent gehen, auch welche, die nur 10 Prozent haben. Das ist in der Biologie nicht selten. Es ist nicht alles gleich. SPRECHERIN Noch einmal langsam: Das Modell von Professor Pantev geht davon aus, dass die Störgeräusche beim Tinnitus von Neuronen erzeugt werden, die - nach einem ursprünglichen physikalischen Auslösereiz - nicht mehr zu senden aufgehört haben, obwohl der Reiz längst verklungen ist. Ihnen fehlt es an Inhibition - Hemmung. Man spart bei einer musikalischen Therapie nun diese Amok laufenden Neuronen aus, indem man die Frequenzen des lästigen Ohrgeräuschs aus dem Musikstück herausschneidet. Das verschont die Tinnitus-Neuronen mit neuen Signalen. Da die umliegenden Nervenzellen jedoch uneingeschränkt angesprochen werden, versuchen sie ganz naturgemäß nach Weiterleitung des jeweiligen musikalischen Signals ihre Nachbarneuronen zu inhibieren - damit also jene Regionen stillzulegen, die das Tinnitusgeräusch hervorbringen. So weit der überzeugende theoretische Gedanke. Aber wie viel Musik muss es sein? Eine Dauerbeschallung mit immer demselben Musikstück? 051 Pantev lacht Gute Frage! Also wir wollten unsere Patienten wirklich nicht quälen, indem immer das gleiche Stück vorspielen. Wir haben sie gebeten, ihre zwanzig liebsten CDs mitzubringen, die sie immer wieder mit Freude hören. Und diese zwanzig CDs wurden eben entsprechend verändert, individuell zu dem Tinnitus des Patienten, auf ein MP3-Player wieder draufgeladen, und sie instruiert, wie sie das benutzen sollen. Die sollten etwa eine bis zwei Stunden pro Tag hören. SPRECHERIN Doch was ist, wenn dieses auf den ersten Blick so leicht praktizierbare Modell von Laien am heimischen Computer nachgebastelt wird? Oder wenn es kommerzielle Anbieter ohne wissenschaftliche Begleitung offerieren? Professor Pantev hat da so seine Erfahrungen gemacht: 053 Pantev Unsere Arbeit erschien Anfang Januar. Ende Januar gab es schon eine Internetfirma, die das eben angeboten hat, und die hat's auch gesagt: "Naja, schicken Sie uns die Musik als MP3, und wir werden's machen, unsere Behandlung beruht auf die Ergebnisse einer Studie." Die haben unsere Studie zitiert, uns haben sie nicht kontaktiert, aber Tinnituspatienten sind sehr kritisch, weil die sehr lange diese Störung haben und die meisten von denen dies und das schon probiert haben. Und je mehr sie probieren, desto mehr verlieren sie auch ihren Glauben, dass etwas hilft. Und ich hoffe sehr, dass die sehr kritische Leute sind, die da sehr genau schauen, was da angeboten wird. STIMME WEIBLICH Hier, du hörst doch manchmal dieses Pfeifgeräusch, das da hab ich für dich ausgerissen, beim Frisör. Anzeige für'n Ohrenspray. (liest) "Isotonische Aurikular-Lösung auf der Basis von Meerwasser, einer mikrobiologisch kontrollierten Sterilfiltration unterworfen, assoziiert mit pflanzlichen Elementen der Papaya für den Hörkomfort." Also... Papaya in die Ohren? Ich mein, ich ess' das ja lieber. (kichert) Was? Ist Quatsch? Ja, sagt mein Mann auch. SPRECHERIN Jeder Körper birgt Klänge. Handelt es sich um einen biologischen Organismus, erzeugt er diese Klänge auch ohne Einwirkung von außen. Körperklänge verraten daher etwas über innere Prozesse. Wer ihnen aufmerksam lauscht, kann Störungen orten. STIMME WEIBLICH Du hast ja wahrscheinlich echt alles durch mit deinem Ohrensausen. Aber ich muss dir sagen, es gibt Schlimmeres! Wirklich! Ich mein an Körpergeräuschen, an Sachen, die ich höre und weiß, das bin ich selbst. Weil ich es selbst bin! Das macht es so schlimm! Da kann ich mich nicht rausreden: "Das ist wahrscheinlich die Heizung oder der Wind in der Türritze!" Ich weiß: Das kommt von mir. Aus meinen Bronchien. Und wenn ich erst anfange, es zu hören, weiß ich, gleich wird's schlimmer, dieses... du kennst das Wort überhaupt nicht, wetten? 054 Koehler Wir sagen Giemen, Giemen und Brummen. Wenn Sie einen Asthmatiker fragen: "Was ist denn Giemen und Brummen?", so könnte der Ihnen wahrscheinlich eine entsprechende Antwort geben. Das ist das Ziehen, wenn die Atemwege eng werden, wenn die Atemwege verlegt sind durch Schleim. Dann fängt der Patient an, ein pfeifendes Geräusch zu entwickeln. Das nennen wir Giemen. SPRECHERIN Ulrich Koehler, Universitätsklinikum Marburg, Fachbereich Pneumologie. 056 Koehler Der Asthmatiker reagiert ja beispielsweise auf bestimmte Allergene, und wenn die Allergene in die Lunge kommen, dann findet ein reflektorischer Weg statt, eine Entzündungsreaktion: Die Atemwege werden eng, die Atemmuskulatur zieht sich maximal zusammen, die Schleimhaut schwillt an. Und das Lumen, wodurch Sie noch atmen, ist deutlich kleiner, als es vorher gewesen ist. Und das heißt, wenn der Patient bei dem Ausatmen dann versucht, die Luft wieder aus seiner Lunge herauszubekommen, so fängt die Lunge an zu pfeifen. Denn das heißt, Sie müssen dieses Volumen durch diese Engstellung hindurchbekommen. Und wenn das Asthma richtig schwergradig ist, dann haben Sie sowohl ein Pfeifen in der Ein-, als auch in der Ausatemphase. SPRECHER Der menschliche Körper ist ein verschlossener Raum. Jahrtausende lang hat man nach Wegen gesucht, ihn zu erkunden. Lange bevor das Auge Einlass fand, warf das Ohr einen Bli... (verbessert sich) ... einen Lausch hinein. 058 Koehler Heutzutage haben wir eine hochtechnisierte Medizin. Aber wenn man mal 200 Jahre, 300 Jahre zurückdenkt, was haben unsere Vorgänger für Optionen gehabt, den Patienten zu analysieren? Sie haben ihre Hände gehabt, sie haben ihre Augen gehabt, und sie haben letztendlich versucht, mit einfachen Mitteln Diagnosen zu stellen. Und da man den Zugang zum Körper ja nicht hatte - und das war das ganz Besondere im 18. und 19. Jahrhundert - hat man physikalische Verfahren etabliert, das Beklopfen des Körpers und schlussendlich dann auch das Abhören mit Hilfe des Stethoskops, das ja nun mehr oder weniger jeder Doktor heute hat. 060 Koehler Das Stethoskop ... das ist eigentlich ne relativ triviale Idee gewesen, und Herr Laennec hat ne Papierrolle als Zylinder hergestellt - und hat so die Distanz zu dem Körper des Menschen hergestellt. Das heißt, nicht wie es früher gewesen ist, als man die direkte Auskultation, das direkte Abhören durchgeführt hat im Sinne dessen, dass man das Ohr ... der Arzt hat sein Ohr auf den Brustkorb des Patienten gelegt und hat dann gehört ... hat man jetzt erstmalig die indirekte Form der Auskultation dargestellt. SPRECHERIN Auskultation von Lateinisch "auscultare", abhorchen. Stethoskop von Griechisch "stethos", Brust und "scopein", inspizieren. Der Überlieferung nach wandte René Théophile Hyacinthe Laennec seine Rolle aus Papier erstmals bei einer jungen Frau an, deren Brust sich wegen ihrer Fettleibigkeit sonst schwer hätte abhorchen lassen. Zur Verblüffung des Arztes lieferte die Rolle ein deutlich besseres Hörergebnis als der direkte Kontakt mit dem Ohr. 061 Koehler Das Stethoskop ist dann im Laufe der Jahre zunehmend perfektioniert worden. Das war erst Holzzylinder, wo da ein Loch reingebohrt worden ist. Und dann ging das immer weiter, immer weiter bis zu diesen technischen Optionen, die wir heute einfach haben. SPRECHER Zum Beispiel die integrierte digitale Tonaufzeichnung, so dass die akustischen Befunde von mehreren Ärzten unabhängig voneinander beurteilt werden können. SPRECHERIN Laennec beschrieb sein Stethoskop zum ersten Mal 1819 in einem Lehrbuch. Bereits ein halbes Jahrhundert zuvor war allerdings in der Medizin die Methode der Perkussion aufgekommen, des Abklopfens körperlicher Hohlräume, vornehmlich der Brust. Nicht das Eigengeräusch interessierte dabei, sondern das Resonanzverhalten des Körpers. 063 Koehler Wenn ich die Geschichte erzählen darf, die ich sehr schön finde: Herr Auenbrugger, der der Erfinder der eigentlichen Perkussion ist, so ist das so gewesen, dass er bei seinem Vater gelernt hat, Weinfässer zu beklopfen, um den Flüssigkeitsspiegel festzustellen. Und dieses Verfahren hat Herr Auenbrugger nachher auch an seinen Patienten angewandt, um zu sehen, wie hoch steht beispielsweise im Brustkorb Flüssigkeit? SPRECHER In dem sie nichts zu suchen hat. 064 Koehler Da gehört normalerweise keine Flüssigkeit hin! Die Lunge ist im Brustkorb, die Lunge dehnt sich aus, in den Brustkorb gehört keine Flüssigkeit, nein! Das Ganze ist am Bauch im Übrigen ganz genauso. Wenn jemand eine Wassersucht hat, wie es auf Deutsch heißt, dann kann man diese Phänomene genauso durch die Perkussion, durch das Beklopfen des Bauches feststellen. SPRECHER Hörstörung. Störung hören. SPRECHERIN Man klopft und trommelt und lauscht: Stimmt alles, oder stört da was am Klang? SPRECHER Der Mensch ist gesund, der Mensch ist krank. SPRECHERIN Der Klang ist echt, der Ton ist falsch. Der Ton ist echt, der Klang ist falsch. SPRECHER Da stört noch was ganz anderes. Wo kommt es her? 066 O-Ton Radio historisch Achtung! Jetzt hören Sie ein weiteres Gerät der häuslichen Krankenpflege, ein Heizkissen mit automatischem Temperaturregler. 067 Lucadou Also mein berühmtes Beispiel, das brauch ich schon glaub ich nicht mehr erzählen, von dem jungen Mann, der mich anruft und sagt, er hört in seiner Wohnung immer ne leise, wispernde Stimme. Und auf meine Nachfrage, wo die herkommt, wird er ganz verlegen und sagt: "Ja, die kommt aus meinem Teekessel!" Und da denkt jeder, da will sich jemand einen Scherz erlauben! Oder der spinnt oder hat Halluzinationen. Aber in dem Fall wusste ich sofort, was es ist! Ich hab ihn dann gefragt: "Schauen Sie mal zum Fenster raus, gibt's in Ihrer unmittelbaren Nähe irgendwo einen starken Mittelwellensender?" Naja, und das war's dann! Also immer wenn der seinen Teekessel auf die Herdplatte stellte, konnte er Radio hören! Das ist ein rein physikalischer Effekt, wenn Sie zwei Metallplatten aufeinander legen, können Sie eben in der unmittelbaren Nähe eines starken Mittelwellensenders Radio hören. SPRECHER Walter von Lucadou. Parapsychologische Beratungsstelle, Freiburg. SPRECHERIN Bei verzweifelten Klienten sucht der skeptische Naturwissenschaftler zunächst einmal nach normalen Erklärungen ihrer scheinbar verschobenen Wahrnehmungen. Meist reicht das aus. Allerdings nicht immer. SPRECHER Schwingt, was ich höre, nur in meinem Kopf? SPRECHERIN Tinnitus. SPRECHER Oder ist es außerhalb meines Kopfes? Kann es nur ich hören? Hören es auch andere? Hat es eine natürliche Ursache? 068 Lucadou Ja, das ist eben genau die Frage! Also wir nennen übrigens diese Geräusche, die beim Spuk auftauchen, auch "Mimikry-Geräusche", denn sie hören sich meistens so an, als würde was Bestimmtes getan. Also entweder, dass jemand rumläuft. Die Leute sagen: "Ja, oben auf dem Dachboden ist jemand rumgelaufen, wir haben nachgeguckt, es war niemand da!" Oder - der Poltergeist geht gewissermaßen auch mit der Zeit - man hört irgendwo eine Schlagbohrmaschine, und die Leute denken: "Hoppla, sind Handwerker im Haus?" Gucken nach, ist niemand da! Auch neuere Sachen gibt's, dass jemand hört, wie der Computer hochfährt und diese typische Melodie von Microsoft auftaucht, und der denkt: "Ja, wer hat denn meinen Computer hochgefahren?" Guckt nach, ist nix da! Also diese Mimikrygeräusche täuschen sozusagen echte Vorkommnisse nach, und da erhebt sich natürlich sofort die Frage: Sind das Halluzinationen, akustische Halluzinationen? Die gibt's natürlich, da braucht man gar nicht drüber zu reden! Trotzdem glaube ich nicht, dass alle diese Geräusche, die bei Spukphänomenen auftreten, akustische Halluzinationen sind, vor allem deswegen nicht, weil ja da auch richtige Dinge passieren! Also ich bin tatsächlich schon in Wohnungen gestanden, da sah es aus, als hätte ne Bombe eingeschlagen, und die Leute sagen: "Wir haben das nicht gemacht!" Also das geht natürlich auch mit Geräuschen einher, wenn da Möbel umfallen und so weiter, und man weiß wirklich nicht so richtig die Ursache. Das heißt, wir kennen eigentlich die Ursache, aber wir kennen nicht den Mechanismus. 070 Lucadou Und da kommt natürlich sofort die Frage: Kann man diese Geräusche aufzeichnen? Das kann man natürlich nicht, wenn man nicht darauf vorbereitet ist! Und die meisten Leute sind natürlich in solchen Fällen nicht da drauf vorbereitet, und deswegen gibt's so gut wie keine Dokumente von solchen Geräuschen, die mit Spukfällen zusammenhängen. SPRECHER Die Sammlung "Okkulte Stimmen, mediale Musik" des Berliner CD-Labels "Supposé" versammelt dennoch einige wenige solcher Fundstücke. Zum "Spukfall Schleswig" vermerkt das Beiheft: SPRECHER "In der ersten Hälfte des Jahres 1968 kam es in einem Mietshaus in Schleswig zu Spukereignissen, in deren Mittelpunkt ein 13-jähriger Junge stand, der seit seinem fünften Lebensjahr als Pflegekind bei einem älteren Ehepaar lebte. Neben einigen ‚paranormal' anmutenden Objektbewegungen (...) hörte man Klopfgeräusche, die laut verschiedener Zeugen manchmal so stark waren, dass Couch oder Fußboden vibrierten, als ob ‚ein Presslufthammer' benutzt worden wäre." 071 Lucadou Wir wissen eigentlich, warum es spukt. Und wir haben auch n vernünftiges Erklärungsmodell. Aber dieses Erklärungsmodell ist kein reduktionistisches Modell. Übrigens die meisten medizinischen und psychologischen Theorien sind auch nicht reduktionistisch. Beim Spuk ist es so ein bisschen irritierend, weil ich wirklich nicht sagen kann, warum fliegt jetzt hier ein Gegenstand durch die Luft? Wo ich niemand entdeckt hab, dass er ihn geworfen hat? Oder warum ist da plötzlich ne Wasserlache und so weiter? Dann wird natürlich sofort die Frage gestellt: Wie soll das physikalisch funktionieren? Nun, das ist etwas, was ich nicht weiß! SPRECHERIN "Gegenstände bewegten sich wie ‚von selbst', unter anderem ein Tonband vor den Augen seines Besitzers, eines Journalisten ..." SPRECHER ... schreibt das CD-Beiheft über den "Klopfgeist von Thun", 1967. SPRECHERIN "... doch vor allem waren Klopfgeräusche zu hören, die im Aufeinanderfolgen und in der Lautstärke stark variierten. (...) Das gleichfalls hörbare Kichern und Lachen der beteiligten Personen lässt auf ein vergnügliches Geschehen schließen, doch insgesamt war der Fall dramatisch und zuletzt ein ‚öffentliches Ärgernis', das zur Evakuierung der Wohnung durch die Behörden und Unterbringung der Familienmitglieder an verschiedenen Orten führte." 073 Lucadou Aber was ich genau weiß, ist, dass ein Spuk ne Art dramaturgische oder dramatische Umsetzung ist eines psychischen Problems, eines Problems, was die Betroffenen selbst nicht sehen können! Das ist das Entscheidende! Man kann wirklich mit großer Sicherheit sagen, dass Spukphänomene psychosomatische Reaktionen sind, die gleiche Funktionen haben wie psychosomatische Reaktionen, nur dass sie eben nicht im eigenen Körper stattfinden, sondern etwas außerhalb. Also ich würd so sagen: Es gibt so ein Kontinuum zwischen einem Spuk im eigenen Körper, dann ist es ne psychosomatische Reaktion, meinetwegen wie ein psychosomatisches Asthma oder psychosomatisches Rheuma oder psychosomatische Magenbeschwerden. Und der Spuk, da ist es halt außerhalb. 074 Klessen Was vielleicht in die Parapsychologie mit eingegliedert werden könnte, ist dass durch starke Heizung auch beim Klavier im Winter sich zum Beispiel ein Ton sehr stark verstimmen kann oder wegrutscht bei nem alten Klavier. Und dann kann das so "Bummm!" machen. Oder der Resonanzboden reißt, und der ist ja ungefähr n Zentimeter dick, das ist also schon ne ganze Menge, und wenn der reißt durch starke Trockenheit, dann macht das auch ein ganz starkes "Peng!"-Geräusch, immer einfach so mitten in der Nacht. Und gerade wenn das auch im nicht gedämpften Bereich ist, schallt das und hallt das denn sehr lange nach. 076 Lucadou Also wir haben bisher noch keinen einzigen Spukfall gehabt, wo wir nicht rausgefunden haben, wo das Problem war! Es ist allerdings schon vorgekommen, dass die Leute sozusagen nix davon hören wollten. Und gesagt: "Nein, nein, ich hab kein Problem! Ich will nix davon wissen, das ist nur da draußen, das sind die bösen Geister!" Dann lassen wir halt den Leuten sozusagen diese Sorte von Problemlösung. Ist ja auch ne Problemlösung! Vor allem, weil die das dann nach ner bestimmten Zeit sowieso von selber aufhören. Das Aufdecken von einem psychischen Problem kann ja selbst wieder n Problem sein. 077 Klessen Wir haben mal ein Klavier angekauft, und da erzählte mir da der Nachfahre der Besitzer, dass da der Ehemann der Oma oder Mutter, was das war, mit ner Axt auf dem Klavier an der Seite raufgehauen hat, weil seine Frau ihn bei einem Streit damit bestraft hat, kein Wort zu sagen, aber dementsprechende Musik gespielt hat auf dem Klavier. Und dann ist also der Großvater oder Mann da so ausgerastet, dass er also das Klavier sozusagen mit der Axt bearbeitet hat von der Seite und damit seine Frau dann treffen wollte oder wie auch immer ... funktioniert ja auch! SPRECHER Kommunikationsstörungen. 078 Gutenberg Nach Untersuchungen, die ich kenne, bewerten Männer und Frauen - das ist ja noch mal interessant, auch Frauen! -, sie hören und interpretieren die Informationsoktav von Frauen so, als sei sie eine Emotionsoktav der Männer. Und das wäre dann die Antwort auf die Frage, warum man sich mit Frauen nicht sachlich unterhalten kann. SPRECHER Norbert Gutenberg, Institut für Sprechwissenschaft, Universität des Saarlands. 079 Gutenberg Was natürlich Quatsch ist! Wir müssen nur hier unsere Hörmuster reflektieren, und das Vorurteil daran, uns davon distanzieren. Dann geht das auch! Wie ich eben sagte: Normalerweise akzeptieren wir die auch von unserer verschiedene Indifferenzlage des jeweils anderen als die seine und hören sie nicht als etwas Falsches. Die Frauen liegen mit ihren zwei Oktaven im groben Durchschnitt so, dass ihre untere gleich aufliegt mit der oberen der Männer. Die obere, wo die vielen starken Emotionen liegen, sowohl die positiven - Jubel, Freude - also auch die negativen Hass und Aggressivität, die nennen wir die Emotionsoktav. Und jetzt können wir sagen: Die Informationsoktav der Frauen liegt in der Regel auf der gleichen Höhe wie die Emotionsoktav der Männer. SPRECHERIN Deswegen werden Frauen, wenn sie mit ihrer völlig normalen, in der "Indifferenzlage" entspannten Stimme etwas sagen, von Männern oft schon als aggressiv wahrgenommen, obwohl sie es noch gar nicht sind. STIMME WEIBLICH hoch Hörst du das? STIMME MÄNNLICH Ich hör nichts. STIMME WEIBLICH Das musst du doch hören! STIMME MÄNNLICH Da ist nichts! Schnauz mich bitte nicht so an. 081 Gutenberg Sie hören's tatsächlich emotional, wo's vermutlich noch gar nicht emotional ist. Dann passiert das, was in der Kommunikation immer passiert: Dann wird's erst emotional! Denn das ist ne self fulfilling prophecy. Wenn ich so dann angesprochen werde: (demonstriert es) "Wieso, ich bin doch gar nicht vorwurfsvoll!" Dann kommt's garantiert. STIMME WEIBLICH Natürlich ist da was! Du bist nicht angeschnallt. STIMME MÄNNLICH Ich bin angeschnallt. Schau her! STIMME WEIBLICH Dann ist dein Gurtschloss nicht richtig eingerastet. STIMME MÄNNLICH Keine Ahnung, was du da hörst! STIMME WEIBLICH Ich höre jedenfalls, dass da was nicht stimmt. 082 Bodden 0'14 Diese Geräusche sind sehr wichtig. Das hat die Autoindustrie natürlich auch erkannt. Und wird auch bei Euro-NCAP, also bei dieser Organisation, die halt die Sicherheit der Autos bewertet, mitbewertet. Das heißt also, diese Euro-NCAP-Sterne beinhalten auch wie gut geeignet zum Beispiel dieses Geräusch ist. SPRECHER Markus Bodden, Akustiker, Essen. 083 Bodden Und an dem Geräusch gibt es aber gerade wieder extrem diesen Zielkonflikt! Weil das muss natürlich sehr warnend sein, weil die Leute sollen aufgefordert werden: "Jetzt hey, anschnallen! Sonst darfst du nicht weiterfahren!" Gleichzeitig wollen aber die Fahrzeughersteller natürlich ihre Fahrer nicht so dermaßen belästigen mit dem Geräusch, dass die wirklich einen Schock bekommen, wenn das anfängt. Das heißt, da ist wirklich der Zielkonflikt, das Geräusch genau so laut und so nervig zu machen, dass es zwar sehr auffällig ist, aber dass es jetzt nicht zu Schockzuständen bei den Fahrern führt. 085 Weber Ich hatte son Fahrzeug, wo dieses Warngeräusch - das war ein Piepen - so laut war, dass ich beinahe vor Schreck in den Graben gefahren bin. Immer wenn mein Fahrzeug mich drauf hinweisen wollte, dass ich vielleicht in 80 Kilometern keinen Sprit mehr habe! Und das hab ich teilweise als viel gefährlicher empfunden als die Tatsache, dass ich irgendwann nicht mehr weiterfahren kann. SPRECHER Steffen Weber, Industriedesigner. Reutlingen. 086 Weber Die Frage ist dann auch, ist es denn eigentlich wirklich ne Störung? Also in dem Moment, wo ich als Fahrzeugführer weiß, mein Fahrzeug braucht meinetwegen alle tausend Kilometer Sprit, ist es ja eigentlich keine Störung. 087 Gutenberg Ich hatte mal ein Auto, das hatte son eingebautes Tonbandgerät. Und das sagte dann: (imitiert) "Kraftstoff geht zu Ende." Das hab ich weniger ernst genommen (lacht) als in meinem jetzigen Auto, wo's einfach nur gelb leuchtet, das ist eine Signalfarbe, und "Beeps" macht. Ich glaub, so sind wir gestrickt. Ich hab dann immer gedacht: "Jetzt fahr ich mal den Tank leer", nur um zu testen, ob dann die Stimme sagt: (imitiert) "Ich hab's Ihnen ja gesagt!" (lacht) STIMME MÄNNLICH hoch Der Tank ist leer! STIMME WEIBLICH Keine Spur, wir haben noch mindestens 50 Kilometer. STIMME MÄNNLICH Ich will, dass du jetzt sofort die Autobahn verlässt! Du hast das "Pling!" ignoriert! Das hab sogar ich gehört. Trotz meiner angeblichen Schwerhörigkeit. STIMME WEIBLICH Tank klingt anders. Das war fürs Wischwasser. STIMME MÄNNLICH Tank klingt genauso wie Wischwasser. STIMME WEIBLICH War aber Wischwasser. Hier, leuchtet bei Wischwasser auf. STIMME MÄNNLICH Außerdem ist Wischwasser in manchen Situationen absolut existenziell. (nörgelnd) Könnte einem das Auto ja auch sagen, was es meint. 088 Gutenberg Das war ein Renault, ein Renault 25, n großer Wagen, und da haben die da so rumexperimentiert, schon lange her. Der sagte auch: "Fernlicht..." Ne: "Beleuchtung ist noch eingeschaltet." Und "Kofferraum ist noch geöffnet." Wenn ich dann den Motor abstellte um rauszugehen, um hinten den Kofferraum zuzumachen, dann sagte er: "Licht ist noch eingesch..." (stöhnt) Ich hab dann irgendwann die Kabel abgetrennt. 089 Weber Das ist das große Problem mit Sprachein- und ausgabe. Wenn mir die Geräte entsprechend antworten könnten, wenn die Geräte verstehen würden, wo mein Problem liegt, und mir entsprechenden Hinweis geben könnten, dann würde das auch wieder funktionieren. Man kennt das ja auch, das Frustpotenzial von Telefonwarteschleifen beziehungsweise automatischen Telefonauswahlsystemen. Wenn Sie angeboten bekommen, eins: "Machten Sie das und das." Zwei: "Wollen Sie dasunddas?" Drei "Wollen Sie dasunddas?" - Und das, was Sie eigentlich wollen, ist nicht mit drin, dann wollen Sie eigentlich sagen: "Moment, ich möchte aber das!" Geht nicht, und da ist der Frust da! SPRECHER Frustpotenzial. SPRECHERIN Wer Auto fährt, lernt hinzuhören. SPRECHER Wer Auto fährt, lernt misstrauisch zu sein. 091 Genuit Es gibt sehr viele Geräusche, wenn sie plötzlich hervortreten, ohne dass ich selber eigentlich eine Aktion gemacht habe, einen Hinweis geben können, dass vielleicht etwas nicht in Ordnung ist. Beim Auto gibt es natürlich diese Geräusche wie Rappeln, Klappern, Schmettern und Schnarren, Rasseln und so weiter, die immer die Assoziation auslösen: "Da ist irgendetwas kaputt!" Es gibt durchaus Untersuchungen an Motoren, die einen sogenannten "Schmetterklang" hatten, was sich wirklich so anhörte, dass er bald kaputt geht, und die im Dauertest problemlos weit über 100.000 Kilometer gelaufen sind und immer noch nicht nachzuweisen war, dass irgendetwas verschlissen worden ist im Motor. SPRECHER Klaus Genuit, Firma "Head Acoustics", Herzogenrath. SPRECHERIN Das Auto ist ein Quell unaufhörlicher Störungen. Einerseits sendet es herrisch Signale, die wir beachten sollen. Tun wir es nicht, stehen Funktionalität und Sicherheit in Frage: Kein Öl mehr, Bremsen fallen aus, die Lichtmaschine streikt. Andererseits überhäuft uns das Auto mit Geräuschen, die wir besser nicht zur Kenntnis nehmen - um unseres Seelenfriedens willen. 092 Genuit Je leiser die Autos werden, desto mehr hört man da irgendwelche feine, störende Geräusche, dass irgendwo Leder auf Metall oder einem Plastik reibt und dann quietscht oder rappelt. Das sind akustisch gesehen sehr geringe Werte, die dort zu messen sind, die das Gehör aber aufgrund der Selektivität sehr sauber herausselektieren kann und als Störung empfindet. STIMME WEIBLICH Klappst du mal bitte das Handschuhfach auf und wieder zu? STIMME MÄNNLICH Warum? STIMME WEIBLICH Es quietscht. Vielleicht ist es nicht richtig verschlossen. STIMME MÄNNLICH Scheint mir eher von der Sonnenblende zu kommen. STIMME WEIBLICH Die quietscht nicht, die ... (sucht) knirscht quäkend. STIMME MÄNNLICH spöttisch "Knirscht quäkend" ... (im Brustton der Überzeugung) Die Sonnenblende knarzt! 093 Bodden Das ist für einen Laien sehr, sehr schwierig, diese Geräusche zu beschreiben und auch so zu beschreiben, dass jetzt ein Fachmann was damit anfangen kann! Zumal ja diese Geräusche häufig eben nur in ganz bestimmten Situationen auftreten, wo der Kunde, der es reklamiert, jetzt auch nicht sagen kann: "Jetzt fahren Sie mal um die Ecke, mit der und der Geschwindigkeit, genau dann kommt das Geräusch!" Sondern das sind ja Dinge, die auch in Fahrsituationen auftreten, die der Kunde einfach nicht analysieren kann. Wo er jetzt nicht weiß: Das ist, wenn ich mit dreißig, neunzig Grad um die Kurve mit einem Hubbel an der Seite fahre. SPRECHER Nützlich wäre ein akustischer Katalog mit entsprechender Verschlagwortung. 094 Genuit Dieses Verfahren, mit Hilfe eines Geräuschkataloges ganz bestimmte Probleme rechtzeitig zu erkennen und den Werkstätten mitzuteilen, ist seit 1980 eigentlich gang und gäbe. Alle Automobilhersteller haben es in mehr oder weniger ausgeprägter Form. Aber es wird bewusst öffentlich nicht kommuniziert! Das wissen sogar viele Interne nicht. Es gibt zum Beispiel für bestimmte, nahezu für alle Automarken - wie soll man's nennen? - Erste-Hilfe-Koffer, wo alle möglichen Sprays und Cremes drin sind, um das Rappeln, Quietschen und Squieken und Rasseln und so weiter von irgendwelchen Anbauteilen zu minimieren. Gleitcreme, um zu verhindern, dass das Handschuhfach knarzt oder der Sitz quietscht oder das Gurtschloss rappelt und so weiter. Das wissen nur sehr wenige. Es ist aber tatsächlich so, dass es diese Sachen gibt, und jede Werkstatt hat solche Einsatzmöglichkeiten, um Kundenbeanstandungen schnell reparieren zu können. 095 Bodden Solche Geräuschprobleme sind natürlich auch Probleme, wo die Hersteller nicht unbedingt gerne drüber sprechen! Es ist ja bei vielen Problemen so, dass Sie die gar nicht mal unbedingt hören, aber wenn Ihnen klargemacht wird, dass da ein Problem sein kann, dann hören Sie genauer hin. Dann hören Sie plötzlich auch dieses Problem und gehen auch in die Werkstatt und sagen: "Hey, ich hab hier das gleiche Problem!" Das heißt, diese Geräuschproblematiken versucht man natürlich von der Herstellerseite möglichst klein zu halten. STIMME WEIBLICH Haben wir eigentlich noch Garantie? STIMME MÄNNLICH Mhmm. STIMME WEIBLICH Dann ruf mal bei der Werkstatt an. STIMME MÄNNLICH Jetzt sofort? Wegen der Sonnenblende? STIMME WEIBLICH Was heißt, "wegen der Sonnenblende"? Hältst du mich vielleicht für pingelig? STIMME MÄNNLICH verneint M-mh! STIMME WEIBLICH Es ist einfach nur eine Beeinträchtigung meines Wohlbefindens. Und wenn ich so viel Geld für ein Auto ausgebe, will ich mich darin wohlfühlen können. Stört dich dieses Geräusch denn gar nicht? STIMME MÄNNLICH holt tief Luft Mich stört ein ganz bestimmter Klang, wenn du am Klavier sitzt. Das nervt. 097 Klessen Ich vergleiche auch immer sehr, sehr viele erklärbare Sachen mit Auto und Autoreparatur oder TÜV gerne mit Klavieren oder der Technik von innen. Es ist einfach da genauso viel Abrieb da und Kupplung und Schleifen, wie beim Klavier ja auch. STIMME WEIBLICH Das musst du mir jetzt genauer erklären! Was bitteschön ist an meinem Klavierspiel Nerv tötend? 099 Klessen Also was ich auch oft gefragt werde, ist bei Klavieren und bei Flügeln, warum das oben so nachhallt? Ist da was kaputt? Funktioniert da die Dämpfung nicht mehr? Also im oberen Bereich, in der letzten Oktave, letzten anderthalb Oktaven, gibt es keine Dämpfung mehr, weil die Saiten dann immer kürzer werden, und wenn man da nachdämpfen würde und noch ne Dämpfung da dranne hätte, würde sozusagen fast gar kein Ton mehr entstehen. Aber bei einigen Klavieren ist halt der Unterschied sehr stark von dem letzten Gedämpften bis zum ersten Ungedämpften, so dass das eben auffällt: "Mensch, da hallt doch was, da ist doch irgendwas!" STIMME WEIBLICH Das kannst du hören? Nein, ich glaube nicht, dass du das hören kannst! Dann könntest du noch ganz andere Sachen hören. STIMME MÄNNLICH vorsichtig Vielleicht. STIMME WEIBLICH Dann bist du nämlich mit mir einer Meinung, dass ich dringend einen neuen Klavierhocker brauche. STIMME MÄNNLICH will nichts Falsches sagen Dann bin ich mit dir einer Meinung... 101 Klessen mit Raumatmo Ja, das ist zum Beispiel ein typischer alter Klavierhocker (Geräusche), der beim Draufsitzen und Klavierspielen diese Geräusche macht! Ist ganz typisch alter Klavierhocker! (Geräusche) Man kann sich dran gewöhnen, sicherlich. Aber ich find's nicht schön. 102 AUTOR "Störung hören. Störung hören." SPRECHER "Wenn Geräusche irritieren." Ein Feature von Florian Felix Weyh. SPRECHERIN Es sprachen: Meriam Abbas, Udo Schenk, Stefan Konarske und Katrin Wehlisch. 104 Gutenberg Also ich kann laute Musik nicht ausstehen. Ich kann lautes Reden im Lokal nicht ausstehen. Und ich werd jetzt bald sechzig, aber erlebe leider nicht - das leider sag ich mit einer gewissen Ironie - dass das Gehör in punkto Lautstärke schlechter wird. AUTOR Der Autor dankt allen Befragten für Hinweise auf und die Bereitstellung von Störgeräuschen, die er sonst im Leben nicht vernommen hätte. 105 Genuit Man muss versuchen zu entweichen. Man kann manchmal versuchen, was Angenehmes da drüber zu legen, also im Auto dann vielleicht eine schöne Musik zu hören. Wenn man ein Geräusch nicht verhindern kann, kann man versuchen, es ja durch ein angenehmes Geräusch zu überdecken, eine letzte Möglichkeit der Psychoakustiker. SPRECHERIN Ton und Technik: Ralf Perz, Regie: Philippe Bruehl, Redaktion: Klaus Pilger. 106 Genuit Aber ansonsten ist man dem manchmal einfach ausgeliefert. 107 O-Ton Radio historisch Die einzige Möglichkeit, sich auf der Empfängerseite vor den Störern zu schützen, ist die Errichtung einer Hochantenne, deren Ableitung mit Störschutzkabel auszuführen ist. SPRECHERIN Eine Produktion des Deutschlandfunks mit dem Südwestrundfunk 2010. ENDE 17