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Geburtstag von Sabine Grimkowski Besetzung: Sprecherin Fantômas deutsch und französisch (kommt nur einmal vor) Zitator (für Literaturzitate) Sprecher 1 (Zeitungsmeldungen) Marcel Allain Pierre Souvestre Synchronsprecher Kalifa Synchronsprecher Blonde Synchronsprecher David Synchronsprecher Cantinotti Diverse Stimmen für Montage O-Töne: Dominique Kalifa, Professor für Geschichte an der Sorbonne Didier Blonde, Schriftsteller Pierre David, pensionierter Journalist Bertrand Cantinotti, Leiter des Musée de la Préfecture de Paris Ausschnitte aus den vier Fantômas-Filmen von Claude Chabrol und Juan Luis Bunuel Ausschnitte aus der Moritat von Fantômas von Robert Desnos, Musik von Kurt Weil Fantômas : Ich bin die Nacht, ich bin die Angst, ich bin das Unfassbare, ich bin der rote Henker, ich bin der Schwarze Mann, ich bin das geheimnisvolle Böse, ich bin der erhabene Folterknecht, ich bin die Maske des Schreckens, ich bin der Meister aller Dinge, ich bin das Entsetzen, ich bin der Tod. Darunter französisch: "Je suis la Nuit, je suis l'Effroi, je suis l'Insaisissable, je suis le Bourreau rouge, je suis l'Homme noir, je suis le Monstre énigmatique, je suis le Tortionnaire sublime, je suis le Tortionnaire inégalable, je suis le sinistre Comédien, je suis le Maître de tout et de tous, je suis l'Epouvante, je suis la Mort." Sprecherin: Man schreibt das Jahr 1911. Ein Gespenst geht um in Frankreich. Ein Mann in schwarzem Anzug, mit Zylinder und schwarzer Maske, in der Hand ein blutiges Messer, erhebt sich wie ein riesenhafter Schatten über Paris und setzt seinen Fuß auf die Stadt. Er kennt keine Moral und keine Skrupel, er mordet, wie es ihm gefällt. O-Ton 1 Moritat von Fantômas 2.10-2.48 1. Strophe Zitator darüber: Seid still, ihr Leute, hört euch an, welch unzähl'ge Missetaten er getan, gemordet hat er ohne Sühne, getötet ohne Maß, der Verbrecher Fantômas. Titel: Die Maske des Schreckens - Fantômas Eine Hommage zum 100. Geburtstag von Sabine Grimkowski O-Ton 2 Film Folge 1 1.50-2'05 Sonia Danidoff : Wer ist denn das, dieser Fantomas? Juve: Niemand, vielmehr irgendjemand. Sonia: Was tut er, dieser irgendjemand? Juve: Er macht Angst. (Gewitter) O-Ton 3 O-Ton Kalifa 1.24-1.44 ... 2.15 L'idée de Fantômas c'est de créer un vrai méchant. C'est à dire d'aller plus loins, d'aller plus loins dans la cruauté, d'aller plus loins dans la brutalité et d'aller plus loins dans les effets Grand-Guignole, c'était de faire de Fantômas un vrai allégorie du crime ... . Le monstre, le crime, la personnification du crime. Synchronsprecher : Mit Fantômas betritt das wirklich Böse die Welt. Er ist grausamer und brutaler als alles, was es vorher gab. Das war die Absicht der Autoren Allain und Souvestre. Fantômas sollte eine Allegorie des Verbrechens sein, ein Monster, die Verkörperung des Kriminellen. Sprecherin: Dominique Kalifa, Professor für Geschichte, Spezialgebiet Kriminalgeschichte, an der Sorbonne in Paris. O-Ton 4 Chabrol Film 1. 3.46-4.23 Juve: Er verkörpert manchmal eine ganz bestimmte Persönlichkeit oder eine allgemein bekannte. Er vermag auch zwei menschliche Wesen gleichzeitig zu verkörpern. .... Aber leider bin ich bis jetzt nicht dahinter gekommen, wer sich hinter diesen verschiedenen Masken verbirgt. Sprecherin: Inspektor Juve, Fantômas' Gegenspieler, in der Verfilmung von Claude Chabrol und Juan Luis Bunuel. O-Ton 5 O-Ton Blonde 2.12-2.52 C'est quelqu'un qui ... est innomable, il n'a pas de nom, qui est inconnaissable, personne n'a pu jamais savoir qui était véritablement Fantômas, il est insaisissable, on n'arrive pas à l'arrêter et il se définit par une fonction fondamentale qui est donnée de la toute première page : il fait peur. C'est donc un personnage monstrueux, épouvante, et si vous rassemblez tout ces critères vous avez une parfaite définition de l'inconscient. Fantômas on pourrait dire c'est le nom de l'inconscient. Synchronsprecher : Er hat keinen Namen. Er hat kein Gesicht. Niemand wusste, wer Fantômas wirklich war. Er ist unfassbar, man kann ihn nicht einsperren, und von der ersten Seite an wird ihm eine grundlegende Eigenschaft zugeschrieben: er macht Angst. Er ist also eine monströse, furchterregende Figur. Und wenn man das alles zusammenfasst, hat man die perfekte Definition des Unbewussten. Fantômas ist der Name des Unbewussten. Sprecherin: Didier Blonde, Schriftsteller, hat sich mit den Maskierungen und Verkörperungen von Fantômas beschäftigt und ein Verzeichnis seiner Wohnorte erstellt. O-Ton 6 O-Ton David 3.17-3.32 C'est un criminel absolu, parfait, idéal, parce qu'il n'est jamais pris et quand il est pris il se vague. Synchronsprecher : Er ist der absolute, perfekte, ideale Verbrecher, weil er unfassbar ist. Und wenn man ihn zu fassen kriegt, löst er sich in Luft auf. Sprecherin: Pierre David, Journalist im Ruhestand und passionierter Leser der Fantômas-Romane. Er kennt jede Einzelheit und zitiert aus dem Kopf O-Ton 7 O-Ton David 12.14-12.23 Je suis celui qui tue, voilà tout. C'est dans le tome, il dit ca dans le tome 24 qui s'intitule "Le jockey masqué ". Synchronsprecher : "Ich töte, das ist alles." Er sagt das im Band 24, der den Titel trägt "Der maskierte Jockey" Sprecherin: Pierre David hat Fantômas' Opfer gezählt und katalogisiert. O-Ton 8 O-Ton David 8.10-8.16 On peut dire qu'il tue à peu près deux ou trois personne par livre, sur trente-deux c'est déjà pas mal. Synchronsprecher: Er tötet pro Buch etwa zwei bis drei Personen, bei zweiunddreißig Bänden kommt da schon einiges zusammen. Sprecherin: Noch nicht mitgerechnet die Opfer von Anschlägen und Zerstörungswut. O-Ton 9 O-Ton David 8.26-9'01 Il fait couler un bateau pour pouvoir tuer la personne ... qui s'appelle Etienne Rambert. ... . Alors pour tuer pour éliminer ce monsieur il fait couler un bateau, alors ca fait 600 morts d'un coup. C'est pas mal. Synchronsprecher : Er versenkt ein Boot, um eine bestimmte Person zu töten, einen gewissen Etienne Rambert, also um diesen Herrn umzubringen, lässt er das ganze Boot untergehen, das macht sechshundert Tote auf einmal. Sprecherin: Pierre David kennt auch die Geschichte, wie der Titel Fantômas zustande kam. Marcel Allain und Pierre Souvestre, zwei Journalisten, hatten die Idee zu einem Kriminalroman. Der Verleger Fayard war interessiert und lud die beiden zu einem Gespräch ein. O-Ton 10 O-Ton David 38.38-39.23 Alors ils sont dans le métro, donc alors avec leur idée ... Synchronsprecher : Die sind also in der Metro ... Atmo Metro unterlegen Marcel Allain: Fayard hat gesagt, wir sollen uns schon mal einen Titel überlegen. Pierre Souvestre: Hast du eine Idee? Marcel Allain: Im Titel muss - poff - der schwarze Mann sofort da sein. Es muss einfach sein und die Leute anspringen. Marcel Allain: Ihnen muss schon beim Namen ein Schauer über den Rücken laufen. Pierre Souvestre: Ein Name, das ist gut. Ein Name wie ein Gespenst. Marcel Allain: Ein Phantom. Pierre Souvestre: Fantômus! Marcel Allain : Genial! Schreib das auf! Pierre Souvestre: Verflixt, diese Metro wackelt hin und her! O-Ton 11 O-Ton David 38.38-39.23 (das Ende) Alors Fayard a dit : vous avez un titre? Alors il dit voilà. Fayard a relu et il a relu Fantômas. ... Alors Fantômas est très bien, allez hop on parti pour Fantômas. Synchronsprecher : Als sie dann bei Fayard waren, las der, was auf dem Zettel stand, und er las "Fantômas". Prima, sagte er, wir legen los mit Fantômas. Sprecherin: Als Marcel Allain und Pierre Souvestre im Februar 1911 den ersten Fantômas-Roman herausbrachten, trafen sie damit in mehrfacher Hinsicht den Nerv der Zeit. Ein Zeitalter ging seinem Ende entgegen. Die so genannte Belle Epoque hatte ihren Höhepunkt überschritten. Diverse Stimmen (Montage): Frankreich ist das reichste Land der Welt, was die Goldvorräte betrifft. Frankreichs Reichtümer belaufen sich auf 287 Milliarden Francs, bestehend aus Geldrücklagen, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Immobilien. Inflation: Das Leben wird immer teurer. Innerhalb von zehn Jahren ist der Preis von einem Pfund Rindfleisch von 63 centimes auf 1 franc 50 gestiegen, bei Schweinefleisch von 85 centimes auf 1 franc 83, bei Hammelfleisch von 85 centimes auf 1 franc 83. Die Krise zeigt sich nicht nur in Frankreich, sondern fast überall. Im Jahr 1913 geben die Pariser 60 Millionen Francs für Theaterbesuche aus. Im Jahr 1895 waren 6 Prozent der Arbeiter arbeitslos, 1907 schon 9 Prozent. Vor allem im Winter stellt sich das Problem Arbeitslosigkeit und Krankheit in beängstigender Weise. Tausende leben in Armut. Drei Prozent der Einwohner sterben an Tuberkulose. Die 36 sozialen Einrichtungen in Paris registrieren 1911 in einem halben Jahr 180.000 Besuche. Theater auf den Straßen von Paris: Akrobaten, Athleten, Zauberer, Allesfresser, Zirkus. Unterhaltung: Musiktheater, Luna-Park, Wiggle-Woggle, eine Art Fass, das mit seinen Insassen über eine abschüssige Ebene gleitet. 1899 wurden in Paris 42.000 Mietwohnungen angeboten, 1911 waren es nur noch 10.793, davon nicht einmal die Hälfte unter 400 francs. Besonders die niedrigen Mieten sind kräftig gestiegen. Arme Leute können sich keine Wohnung leisten und ziehen an den Stadtrand, in die banlieue. In Paris entwickeln sich die Verkehrsmittel mit atemberaubender Geschwindigkeit: noch vor zwanzig Jahren, 1890, gab es kein einziges Auto, keine mechanische Straßenbahn, keinen Autobus, keine Metro. 1911 werden täglich 836.471 Personen mit der Metro transportiert. Jeden Abend verschwindet eine Masse von eilenden Arbeitern und Angestellten, die aus den Fabriken und Geschäften kommen, in den Schächten, um in die Metrowagen zu steigen. Zitator: Wir werden die großen Menschenmengen besingen, die die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; besingen werden wir die vielfarbige, vielstimmige Flut der Revolutionen in den modernen Hauptstädten; besingen werden wir die nächtliche, vibrierende Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden ... Sprecherin: Das Futuristische Manifest von Filippo Tommaso Marinetti. O-Ton 12 O-Ton Kalifa 10.07 -10.37 La belle époque était aussi une époque d'apocalypse, précisément dans les avantguardes culturelles, les futuristes, le manifeste des Futuristes est de 1909 ... Synchronsprecher : Die Belle Epoque ist auch eine Epoche der Apokalypse, das erkennen besonders die kulturellen Avantgarden, die Futuristen - 1909 erschien das Manifest der Futuristen Zitator (weiter): ... die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren; die Fabriken, die mit ihren sich hochwindenden Rauchfäden an den Wolken hängen; die Brücken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen, die in der Sonne wie Messer aufblitzen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont wittern; die breitbrüstigen Lokomotiven, die auf den Schienen wie riesige, mit Rohren gezäumte Stahlrosse einherstampfen, und den gleitenden Flug der Flugzeuge, deren Propeller wie eine Fahne im Winde knattert und Beifall zu klatschen scheint wie eine begeisterte Menge. O-Ton 13 O-Ton Kalifa weiter: ... mais aussi les expressionistes allemands mais aussi le constructivisme, en faite toutes les avanguardes culturels de 1910 sont obsédés par l'apocalypse par la déstruction par le sentiment que ce monde va finir. D'ailleur il va finir en faite dans la guerre qui arrive. Synchronsprecher : ... aber auch die deutschen Expressionisten und der Konstruktivismus. Alle avantgardistischen Bewegungen um das Jahr 1910 sind besessen vom Gedanken an Apokalypse und Zerstörung und von einem Endzeitgefühl. Und die Welt ging ja dann tatsächlich in dem Krieg unter, der folgte. Zitator: Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige Hygiene der Welt -, den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt. Atmo Gewitter O-Ton 14 Film Chabrol 1 2.14-2.32 Marquise: Was haben wir für ein Pech, bei einem solchen Wetter fahren zu müssen, nachdem wir gerade noch so ein herrliches Spätsommerwetter hatten. Juve: Wir werden uns mit Mut wappnen müssen. Marquise: Tja, da haben Sie recht. Geistlicher: Dieser Armagnac ist ausgezeichnet. Donner Sprecherin: In einem Schloss auf dem Land sitzen vorm behaglichen Kaminfeuer zusammen eine Marquise und ihr Sohn, eine Prinzessin, ein Geistlicher und - wie ein Bindeglied zur bedrohlichen Außenwelt - Inspektor Juve von der Pariser Polizei. Sie ahnen nicht, dass draußen das Unheil lauert. O-Ton 15 Film Chabrol 1 3.40-3.41 Hundebellen. Juve: Fantômas. Fandor: Aber Monsieur, selbst Ihre Vorgesetzten glauben nicht an ihn. Juve: Eines Tages werden sie nicht umhin können, sich überzeugen zu lassen. Fantômas existiert. Sprecherin: Die Marquise wird kurz darauf von Fantômas ermordet, ihr Sohn schlägt sich auf die Seite der Polizei, nennt sich fortan Jérôme Fandor, wird Journalist bei der Zeitung "La Capitale" und nimmt zusammen mit Inspektor Juve den Kampf gegen Fantômas auf, einen aussichtslosen Kampf, denn gegen den Unfassbaren haben sie keine Chance. Manchmal sind sie nah dran, aber dann entwischt er ihnen doch. O-Ton 16 Film Chabrol 3 1.24.34-1.24.43 Bankier: Man muss ihn verfolgen. Juve: Hm, völlig sinnlos, er ist längst verschwunden, in all den Büchern, zwischen den Zeilen. O-Ton 17 O-Ton Blonde 9.55-10.17 Il y a une sorte de délire dans l'écriture, une invention chez Fantômas notemment un plaisir à trouver des méthodes criminels sophistiqués et parfois il est créateur même d'objets ou de crimes prèsque surréalistes par excellence. Synchronsprecher : Es liegt eine Art Wahnsinn darin, mit welcher Erfindungsgabe Fantômas ausgestattet ist, mit welcher Lust er ausgeklügelte kriminelle Methoden erfindet, das sind schon fast surrealistische Verbrechen. (Atmo Metro, liegt unter dem folgenden Dialog) Allain: Wie gefällt dir das: Fantômas erfindet eine Jacke, die sich um den Träger zusammenzieht und ihn zerquetscht. Souvestre: Finde ich gut. Er könnte auch eine Boa constrictor loslassen, die sich langsam um ihr Opfer wickelt und es erdrückt. Das habe ich neulich in der Zeitung gelesen. Allain: Auch gut. Das machen wir in der nächsten Folge. Souvestre: In der übernächsten, die nächste ist doch schon fast fertig. Und stelle dir diese Szene vor: Fantômas in einem Raum mit Juve und Fandor. Die beiden glauben, sie hätten ihn. Er hat aber vorher die Wände im Zimmer mit Elektromagneten ausgestattet. Er legt einen Hebel um, zack, seine Verfolger werden wie von einer unsichtbaren Kraft an die Wand gezogen, während er verschwindet. Allain: Wunderbar, und vorher gießt er Salzsäure in die Parfümflakons eines Kaufhauses. Souvestre: Das können wir in der Folge darauf verwenden, mit der müssen wir auch bald anfangen. Allain: Mein Lieber, wir haben das Rezept für einen Bestseller gefunden Souvestre: Jeden Monat eine neue Folge und eine Million Auflage, das ist nicht schlecht. Allain: Ja, Fantômas verkauft sich besser als die Bibel. Souvestre: Übrigens, wir müssen unbedingt mal diese Geschichte mit dem Fingerabdruck einbauen. Die Polizei schwört darauf, sie glaubt, dass sie damit Verbrecher schneller fassen kann. Allain: Pass auf, wir könnten doch ... Fantômas macht sich Handschuhe aus der Haut eines Opfers und hinterlässt bei seinen Taten dessen Fingerabdrücke. Souvestre: Genial! (Metrogeräusch Ende) O-Ton 18 Chabrol Film 3 044.50-045.53 Kriminaltechniker: Und als er bei diesem Diebstahl die Prinzessin Danidoff am Hals berührt hat, haben seine Finger eine leichte Spur von Schweiß zurückgelassen. Ich habe Silbernitrat auf den Hals der Prinzessin aufgetragen und hier ist das Ergebnis. Fandor: Tatsächlich. Der Abdruck ist sehr klar. ... Kriminaltechniker: Achten Sie genau auf die Einzelheiten. Die kleine Narbe in der Mitte der beiden Abdrücke. Fandor: Die beiden Abdrücke sind identisch. Kriminaltechniker: Sie stimmen genau überein. Fandor: Und woher haben Sie den zweiten Abdruck? Kriminaltechniker: Aus der Kartei des Erkennungsdienstes. Fandor: Ja, und der Name des Täters? Kriminaltechniker: Der Name des Täters ist Jacques Doillon. Sprecherin: Nur dass Jacques Doillon gar nicht mehr lebt. Ein Toter, der mordet. Fantômas hat sich diesen Trick ausgedacht, um die Polizei irrezuführen. O-Ton 19 Chabrol Film 3 1.21.30-1.21.46 Juve: Die Hand von Jacques Doillon. Oijoi, bewundernswert gegerbte menschliche Haut, ihre ganze Geschmeidigkeit ist bewahrt und natürlich auch ihre charakteristischen Merkmale. O-Ton 20 O-Ton Blonde 15.00-15.25 ... 15.35-15.38 Ca correspond tout à fait au méthode qui venait d'être mis en place par un des personnages importants, c'est Alphonse Bertillon à la fin du 19ème siècle en France qui a mis au point cette méthode d'identification criminelle par toutes les mensurations anthropométriques et avoir utilisé des empreintes digitales. ... Le commissaire Juve est un adepte des méthodes Bertillon. Synchronsprecher : Das bezieht sich auf die Methode, die von Alphonse Bertillon Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich entwickelt wurde. Es ist eine kriminaltechnische Erkennungsmethode, die anthropometrische Vermessungen vornimmt und auch den Fingerabdruck verwendet. Kommissar Juve ist ein Anhänger der Bertillon-Methode. O-Ton Atmo Ankunft Polizeimuseum (leider keine Schritte) (neu, auf Extra-CD) O-Ton 21 O-Ton Cantinotti 9.28-9.52 Les empreintes digitales en réalité on peut faire ... avec la modernisation des moyens d'identification des criminels par les traces qu'ils laissent sur la scène où ils ont commis leurs crimes. La première affaire en France du moins la plus célèbre avoir été résolue grâce au système des empreintes digitales date de 1902. Il s'agit de l'affaire Schaeffer. Synchronsprecher : Die Polizei hat angefangen, moderne Mittel zur Identifikation eines Verbrechers einzusetzen. Dazu gehören auch die Fingerabdrücke, die der Kriminelle am Ort des Verbrechens hinterlassen hat. Der erste Fall, jedenfalls der berühmteste, der aufgrund der Fingerabdrücke gelöst werden konnte, war der Fall Schaeffer im Jahr 1902. Sprecherin: Der Einbrecher Schaeffer hatte seine Fingerabdrücke auf einer verglasten Bücherwand am Ort des Geschehens hinterlassen und konnte damit identifiziert werden. O-Ton 22 O-Ton Cantinotti 10.08-10.47 Tout cela se fait aussi dans un contexte où la science à la fin du 19ème et au début du 20ème siècle au niveau international ... Sprecherin : Bertrand Cantinotti führt durch die Sammlung des Polizeimuseums in Paris. Objekte wie Uniformen, Waffen, Bilder und Urkunden bezeugen die Geschichte der Polizei und der Verbrechensbekämpfung. Auch kriminaltechnische Mittel wie der Fingerabdruck, die Vermessung, Ablichtung und Katalogisierung von Verbrechern sind dokumentiert. Tausende von Fotos und Karteikarten ruhen in den Archiven des Museums. O-Ton 23 O-Ton Cantinotti weiter: ... fait que on veut aussi prouver et montrer que la science peut résoudre pas tout, mais une grande partie des choses et on essaie d'échafauder un certain nombre de nouvelles théorie c'est la création de l'identité judiciaire et de la police judiciaire moderne en particulier avec Alphonse Bertillon ... Synchronsprecher : Das spielte sich im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Entwicklung Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts ab. Man wollte beweisen und zeigen, dass die Wissenschaft vielleicht nicht alles, aber einen Großteil der Sachen aufklären kann. Neue Theorien wurden eingeführt wie die Identifizierung von Verbrechern, was zur Entstehung der modernen Kriminalistik führte. Besonders hervorgetan hat sich Alphonse Bertillon. Sprecherin: Er öffnet dicke Pappschachteln und holt großformatige Originalfotos heraus, auf denen Verbrecher zu sehen sind oder Opfer, Tatorte oder Fahrzeuge oder Szenarien von Einbrüchen. So plastisch, dass man in eine andere Zeit eintaucht. O-Ton 24 O-Ton Cantinotti 20.26-20.36: Rascheln von Papier Alors voici quelques photographie originales, donc nous invitons nos amis allemands à venir au musée de la Préfecture de Paris voir nos collections ... Sprecherin : Monsieur Cantinotti ist stolz auf die Sammlung und lädt die deutschen Hörer herzlich zu einem Besuch im Polizeimuseum ein. O-Ton 25 O-Ton Cantinotti 29.51-29.56 und 30.39-30.46 Autorin: On va dans la salle? Cantinotti : Bien évidemment, avec plaisir, avec grand plaisir. ... . Gemurmel, eine Tür. Cantinotti: Voilà, vous avez ici une restitution ou plutôt une évocation de l'atelier d'Alphonse Bertillon ... Sprecherin (schon über der Atmo drüber): Durch die Gänge des Museums geht es zu einem abgeteilten Raum, in dem Alphonse Bertillons Atelier aufgebaut ist, rekonstruiert nach Originalfotos. In der Mitte steht der gut zwei Meter lange Apparat, mit dem er alle Personen ablichtete, die verhört wurden. O-Ton 26 O-Ton Cantinotti 32.05-32.29 (schon unter den vorigen Text legen) Vous avez ici une restitution ou plutôt une évocation du service d'identité judiciaire créé par Alphonse Bertillon à la fin des années 1890 en réalité le cartonnier avec les fiches qui permettait de classer donc ce document n'est pas au final qui est disparu néanmoins ces meubles étaient reconstruits d'après les photographies de l'époque ainsi que la petite table à côté ... Synchronsprecher: ... der Kasten mit den Karteikarten ist eine Nachbildung, der originale ist verschwunden, ebenso wie die Möbel. Sprecherin: Bertillon entwickelte ein Erkennungssystem, indem er Karteikarten anlegte, auf denen nicht nur die Fingerabdrücke, sondern die Messdaten und die Fotographien der Kriminellen von vorn und im Profil verzeichnet waren. Es war der erste Schritt zu einer Systematisierung von Daten. Trotzdem entwischten der Polizei viele Verbrecher. O-Ton 27 O-Ton Cantinott 7.38-7.49 Au début du XXème siècle un certain nombre de voyous, de gangsters, de bandits ont utilisé des moyens techniques importants que n'ont pas encore la police, donc l'automobile. Synchronsprecher: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben einige Gauner, Gangster und Banditen technische Mittel benutzt, die die Polizei noch nicht besaß, zum Beispiel das Automobil. O-Ton 28 neu (=O-Ton 35 plus Musik) (auf Extra-CD) Autogeräusch, Polizei: Zu spät, rufen Sie die Leute zusammen. Fantômas-Musik Sprecherin (Musik noch unterlegen): Verbrecher, die schneller sind als die Polizei, die Banken oder Villen ausrauben und mit gestohlenen Autos davonfahren, die immer ausgefeiltere Methoden des Einbruchs und Diebstahls entwickeln und auch vor Mord nicht haltmachen. Das ist die Situation, in der Fantômas das Licht der Welt erblickt. O-Ton 29 Moritat Fantômas von Robert Desnos 32.02-32.32 letzte Strophe Zitator darüber: Auf Paris und auf die Welt sein riesenhafter Schatten fällt. Wer ist das Phantom, das in der Stille sich erhebt. Bist du das, Fantômas, der über den Dächern schwebt? O-Ton 30 O-Ton Kalifa 2.36-2.50 Je pense qu'il faut rappeler pour comprendre vraiment ca qu'au moment òu Fantômas est publié en 1911 on vit en France et à Paris dans une vrai psycause d'à sécurité. Synchronsprecher : Man muss daran erinnern, dass in dem Moment, als Fantômas 1911 publiziert wurde, Frankreich und Paris in einer wirklichen Psychose lebte, was die öffentliche Sicherheit betrifft. Sprecherin: Marcel Allain und Pierre Souvestre brauchten nur die Zeitungen aufzuschlagen, um neuen Stoff für Fantômas-Romane zu bekommen. (Metro unterlegen, Rascheln mit Zeitungen) Allain: Hier, hör mal, aus einem Auto, das am Bahnhof in Saint-Germain-en-Laye abgestellt war, sind Seidenstoffe und Elfenbein gestohlen worden. Souvestre: Das hier ist auch ein starkes Stück: Einbruch in eine Fabrik, die sind mit zwei Leitern über die Mauer geklettert, haben die Tür mit einer Eisenstange aufgebrochen und 3.000 Francs in Briefmarken, eine Schreibmaschine, eine Tasche mit Werkzeug und sechs Portemonnaies mitgenommen. Und keiner hat etwas gehört oder gesehen. Allain: Und das: Als Monsieur Schmidt gegen halb eins in der Nacht zu seiner Villa zurückkehrte, sah er, dass das Tor offenstand und die Eingangstür aufgebrochen war. Er stellte fest, dass ihm eine Summe von 220 Francs in Banknoten, Gold, Tafelsilber, Juwelen und Aktien gestohlen worden waren. Souvestre: Das geht endlos so weiter. Einbrüche in Läden, in Postbüros, Fahrräder werden geklaut. (Metrogeräusch aussetzen) O-Ton 31 O-Ton Kalifa 17.53-18.11 Lui et Souvestre découpaient régulièrement dans les journaux des faits divers ... et qu'ils se servaient régulièrement de ces événements réels pour nourrir les romans. Synchronsprecher : Allain und Souvestre schnitten regelmäßig Artikel aus Zeitungen aus und bedienten sich immer dieser wirklichen Ereignisse, um sie in die Romane einzuarbeiten. (Metrogeräusch wieder da) Allain: Hast du den Titel da gesehen? Verbrecher haben eine Bank ausgeraubt. Zwei Tage vor Weihnachten. Souvestre: Die sind nicht in die Bank eingebrochen, die haben den Kassierer überfallen. Hier hör mal, was "Le Petit Parisien" heute schreibt: (er liest) Die behäbige Straßenbahn hatte gerade an der Station rue Ordener gehalten, einige Fahrgäste waren ausgestiegen. Unter ihnen auch der Kassierer Caby. Über seiner Schulter hing an einem Lederriemen eine Geldtasche und in der Innentasche seiner Jacke befand sich die Geldbörse mit den Banknoten. Caby war auf dem Weg in die Société Générale, die sich hundert Meter entfernt befand, als sich ein kleiner magerer Mann mit rumänischem oder levantinischem Aussehen auf ihn stürzte, Schüsse abfeuerte und ihm die Tasche entriss. Allain: Ziemlich dreist. Souvestre: Ja, es geht noch weiter. Der Mann war nicht allein. Sein Komplize wartete in einem gestohlenen Automobil am Straßenrand. Die zwei konnten ungehindert entkommen. Der Fluchtwagen wurde später in Dieppe gefunden. Allain (raschelt mit der Zeitung): Ich seh mal nach, was der "Figaro" dazu schreibt. Jetzt hör dir das an: Zweifellos ist dieser Anschlag kühn und pittoresk, die Flucht im Automobil und das Um-sich-Schießen haben dramatisches Potential. Der Mann, der mit einer Hand das Steuer des Wagens hielt und mit der anderen den Revolver, mit dem er in die Menge zielte, erlebte einige Minuten intensiven Lebens. Und wenn er jemals vor Gericht gestellt wird, wird er die Frauen auf seiner Seite haben. Souvestre: Dramatisches Potential! Das ist gut! Das werden wir für unseren Fantômas nutzen. (Metrogeräusche weg) O-Ton 32 O-Ton Kalifa 3.39-3.52 ... -4.14 Le sentiment - je ne sait pas si c'est un sentiment que les gens ont vaiment éprouvé - mais en tout cas le discours est présent que le crime a atteint un niveau d'omniprésence et de dangerosité très très fort. ... Le pire est peut-être en 1912 avec l'affaire des bandits anarchistes écétéra. Il y a vraiment l'idée que nous sommes menacés. Synchronsprecher : Ich weiß nicht, ob das wirklich den Gefühlen der Leute entsprach, aber auf jeden Fall hatte man durch die öffentlichen Debatten den Eindruck, dass das Verbrechen überall lauert und eine besondere Gefahr darstellt. Am schlimmsten war es wohl 1912 ... (übergehen in Sprecherin, Ende des Satzes wird nicht übersetzt) Sprecherin: Das Gespenst, das in Frankreich in den Jahren 1911 und 1912 umging, heißt "Anarchie". Der Angriff auf den Kassierer der Société Générale war der Beginn einer Serie von Verbrechen. Hier anarchistische Musik im Folgenden unterlegen Sprecher 1: Zehntausend Anarchisten in Paris. Zitator: Regiert zu werden heißt unter Aufsicht gestellt, beobachtet, ausspioniert, reglementiert, indoktriniert, zensiert zu werden von Leuten, die weder das Recht noch die wissenschaftliche Grundlage noch die moralische Pflicht dazu haben. Sprecherin: Pierre-Joseph Proudon, Grundlegende Ideen für eine Revolution im 19. Jahrhundert. Sprecher 1: Die Zahl der Aktivisten beläuft sich auf etwa zweitausend. Zitator: Im Prinzip ist jeder Anarchist gegen die Legalität, weil er die Gesetze ablehnt. Verbrechen sind nicht nur normal, sondern auch moralisch, da sie zur Abschaffung der Gesetze führen. Verbrechen gegen das Eigentum, das Vaterland, die Herrschenden sind damit gute, soziale Taten. Sprecherin: Die Zeitung "L'Anarchie" vom Dezember 1911. Sprecher 1: Paris: Explosion einer Bombe nahe der Börse. Keine Opfer. Explosion einer Bombe im Haus von Monsieur Benoit, dem Vorsitzenden im Prozess gegen die Demonstranten in Clichy. Leichte Schäden. Explosion einer Bombe im Haus des Generalstaatsanwalts Bulot. Explosion einer Bombe im Café Véry, um den Anarchisten Ravachol zu rächen, der an diesem Ort verhaftet und kurz darauf guillotiniert wurde. Explosion einer Bombe in der Abgeordnetenkammer, zwanzig Verletzte. O-Ton 33 O-Ton Cantinotti 6.23-6.49 En France et particulièrement dans la capitale un certain nombre de personnes dite anarchistes qui veulent faire table rase de la société bourgeoise qui veulent donc déstabiliser le gouvernement un certain nombre d'attentats ont lieu dans la capitale et la police essaie de maîtriser tout cela. Synchronsprecher : Zu der Zeit waren in Frankreich und besonders in Paris eine ganze Menge Anarchisten aktiv, die der bürgerlichen Gesellschaft den Garaus machen und das Parlament beseitigen wollten. Es gab Attentate in Paris, und die Polizei versuchte, dem Herr zu werden. Sprecherin: Von Dezember 1911 bis April 1912 hält eine anarchistische Bande ganz Frankreich, und besonders die Polizei, in Atem. Ihr Name: die Bonnot-Bande, ihr Anführer: Jules Bonnot. O-Ton 34 O-Ton Cantinotti 16.51-17.09 und 17.35-17.45 Même si la police petit à petit arrivait à prouver que de tels ou tels personnes donc ... Bonnot lui-même et d'autres comparses était dans le coup, Bonnot était un pas en avance dans la mesure qu'il avait des moyens de locomotion en volant des voitures ... donc Bonnot avait tant d'avance sur la police parce que la police avait du mal à poursuivre les comparses parce qu'il n'y avait pas les moyens rapide de locomotion. Synchronsprecher : Auch wenn die Polizei beweisen konnte, dass bestimmte Personen, also Bonnot selbst oder seine Komplizen bei einer Sache beteiligt waren, konnten sie ihn nicht kriegen, weil Bonnot immer einen Schritt voraus war, indem er Autos klaute und mobiler war als die Polizei. Also Bonnot war im Vorteil, weil die Polizei nicht über so schnelle Fortbewegungsmittel verfügte. O-Ton 35 Chabrol-Film 2 1.14.49-1.14.59 Motorengeräusch eines Wagens, Polizei: Zu spät, rufen Sie die Leute zusammen! Sprecher 1: Bonnot in Versailles am Steuer eines gestohlenen Wagens gesehen. O-Ton 36 neu Chabrol-Film 2 1.15.04-1.15.17 (auf extra-CD) Klingeln des Telefons. Juve: Michel, ich warte hier. Was? Ein Rennwagen? 60 PS ? Unternehmen Sie nichts, bis ich da bin. Informieren Sie Fandor! Sprecher 1: Bonnot in einem Friseurgeschäft in Lyon vom Inhaber identifiziert. O-Ton 37 Chabrol Film 2 1.16.02-1.16.16 Juve: Los, los, Bewegung! Stimmen, ein Pfiff. Juve: Sie mit zwei Mann zum Lieferanteneingang. Sprecher 1: Die Bonnot-Bande überquert die Pyrenäen. O-Ton 38 Chabrol Film 2 1.16.43-1.1.6.49 Fandor: Juve, Juve, hier ist er! Sprecher 1: Sie sind überall. O-Ton 39 Chabrol Film 2 1.17.54-1.17.58 Juve: Gibt es keinen Geheimausgang? Er hat sich doch nicht in Luft auflösen können. O-Ton 40 Chabrol Film 2 1.20.53-1.21.16 Los, da ist er! Schnell, da, Achtung, er läuft davon. Schnell, hinterher! Schüsse ....... Juve: Verflixt, lasst ihn nicht entwischen! O-Ton 41 O-Ton Kalifa um 4.20 Il y a vraiement l'idée que nous sommes menacés, que la société est un peu une espèce de citadelle assiégé par l'armée du crime ... et que du coup il y un danger. Synchronsprecher: Man hatte wirklich die Vorstellung, bedroht zu sein, als wäre die Gesellschaft eine Art Festung, die belagert wird von einer Armee von Verbrechern, und befände sich plötzlich in Gefahr. O-Ton 42 Chabrol Film 2 1.22.05-1.22.15 (1.22.43) Polizeisirene. Musik. Fandor: Juve, Juve! ... Autogeräusch (Musik bis Ende gelassen) O-Ton 43 O-Ton Cantinotti 18.41-19.02 Dans l'imaginaire collectif la bande à Bonnot est restée dans les annales parce que elle a fait un pied de nez à la police. Il y a même un des membres de la bande à Bonnot qui a eu le culot d'envoyer une lettre - alors qu'il savait d'être recherché par la police de Paris - une lettre à un des directeurs de la police de Paris en disant donc voilà on va commettre encore un crime, essayez de nous attrapper. Synchronsprecher : Die Bonnot-Bande ist im kollektiven Gedächtnis geblieben, weil sie die Polizei an der Nase herumgeführt hat. Einer aus der Bande war so frech, der Polizei einen Brief zu schreiben. Er wusste natürlich, dass er gesucht wurde - also, er schrieb an einen Polizeiinspektor: wir werden bald noch ein Verbrechen begehen, versucht doch, uns zu fassen! O-Ton 44 Chabrol Film 2 3.35-4.59 Loupard: Du hast eine sehr schöne Schrift, jetzt kannst du's mal beweisen. ... Joséphine: Monsieur, Sie müssen wissen, ich bin die Geliebte eines gewissen Loupard. ... Ich weiß, dass Monsieur Loupard morgen abend um 10 Uhr in der Villa de la Réunion 2 einen Geldschrank knacken wird, er gehört einem gewissen Doktor Chalek. Der Geldschrank befindet sich in der ersten Etage im Arbeitszimmer auf der rechten Seite. Es dürfte sich nicht um einen einfachen Diebstahl handeln, sondern um was Schlimmeres. Es steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Frau. Ich hoffe, Sie verstehen, Ihre Ihnen ergebene Dienerin Joséphine Vabont. ....Loupart: Also, das schicken wir jetzt an Monsieur Juve, Inspektor der Sûreté, Polizeipräfektur Paris. Sprecherin: Die Bonnot-Bande nährte eine Weile den Mythos vom unfassbaren Verbrecher. Ihre kriminellen Aktionen hatten Erfolg, und sie schien sich in Luft aufgelöst zu haben, wenn die Polizei eintraf. Jules Bonnot, Mechaniker und Chauffeur, soll, so ist überliefert, in London als Fahrer in Diensten von Arthur Connan Doyle, dem Autor der Sherlock-Holmes-Romane, gestanden haben. Im April 1912 wäre Bonnot der Polizei fast ins Netz gegangen, als er bei einem Komplizen am Stadtrand Unterschlupf gefunden hatte, aber ... Sprecher 1: Bonnot unter den Augen der Polizei entwischt. Sprecherin: ... er sprang aus dem Fenster und kletterte über die Mauer. Vorher hatte er einen Polizisten erschossen. Sprecher 1: Bonnot in Choisy gesehen. Sprecherin: Es dauerte noch einen Monat, ehe der Spuk ein Ende finden sollte, und die Polizei benötigte ein Aufgebot nicht nur ihres gesamten Personals, sondern auch der Feuerwehr und der Soldaten des 115. Infanterieregiments, um Bonnot zu fassen. Das war im Mai 1912. Der "Vorgang" ist in Form von Fotos und Objekten im Polizeimuseum ausgestellt. O-Ton 25 neu (endet anders!) als Atmo (Autorin: On va dans la salle? Cantinotti: ... avec plaisir ... ) (auf Extra-CD) O-Ton 45 O-Ton Cantinotti 30.45-31.07 Voilà nous trouvons devant la vitrine consacrée à l'affaire Bonnot entre 1911 et 1912 avec des reproductions photographiques ou des originales lors de l'attaque donc à Choisy-Le-Roi et vous avez une des mèches des cheveux prises sur le cadavre de Jules Bonnet à la mort après être tué par les forces de l'ordre. Synchronsprecher: Hier befinden wir uns vor der Vitrine, die der Bonnot-Geschichte zwischen 1911 und 1912 gewidmet ist mit Fotos von dem Angriff in Choisy-Le-Roi, bei dem Bonnot von der Polizei belagert und getötet wurde. Und hier ist eine Haarsträhne, die von dem toten Bonnot genommen wurde. O-Ton 46 Chabrol Film 2 0.42.12-0.42.46 Wunderschöne Schießerei (kann im Folgenden unterlegt werden) Sprecherin: Die Polizei hatte erfahren, dass Bonnot bei einem Komplizen in einer Autowerkstatt Unterschlupf gefunden hatte. Sprecher 1: Hinter jedem Baum waren Männer postiert, das Gewehr, den Karabiner oder einen Revolver im Anschlag. Auf jedem Dach, hinter jeder Hecke, sah man Gewehrläufe. Hundert Männer warteten hinter einer Mauer gegenüber dem Gebäude, in dem sich Bonnot verbarrikadiert hatte. Eine enorme Menschenmenge hatte sich versammelt, um dem Spektakel beizuwohnen. Sprecherin: Um viertel nach elf der erste Versuch. Sprecher 1: Das Feuer wurde eröffnet. Schüsse wurden auf die Werkstatt abgegeben. Hinter einem Heuwagen verborgen, wollte die Polizei Sprengstoff an das Gebäude legen. Sprecherin: Der heftige Wind blies das Feuer an der Lunte aus. Sprecher 1: Die Menge war enttäuscht. Sprecherin: Um zwölf Uhr der zweite Versuch. Sprecher 1: Zwei Detonationen führten nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Die Mauer des Hauses hielt stand, wurde nur leicht beschädigt. Dabei wurde der Hund des Einsatzleiters erschossen. Sprecherin: Kurz darauf der dritte Versuch. Sprecher 1: Man besorgte ein Pferd, um den Heuwagen näher an die Werkstatt heranzubringen. Dieses Mal gelang es. Die Mauer, eingehüllt in eine Rauchwolke, brach zusammen. Matratzen zum Schutz vor sich hertragend, drangen die Polizisten in das Gebäude ein. Sprecherin: Sie stiegen eine schmale Treppe hinauf und öffneten die Tür des Dachzimmers im oberen Geschoss. Sprecher 1: Da war Bonnot, das zweifelhafte Objekt, in Lauerstellung wie ein Raubtier, das sich auf seine Beute stürzen will. Blut tropfte von seiner Stirn, er hatte einen Schuss abbekommen. Er saß auf einer eisernen Bettstelle, teilweise von einer Matratze geschützt. Mit einem Mal sprang er auf und feuerte aus seiner Browning auf die Polizisten. Die Kugel traf nicht. Aber ein Kugelhagel ging auf Bonnot nieder. Sprecherin: Bonnot überlebte seine Verletzungen noch wenige Stunden. Er wurde nach Paris gebracht, in der Gerichtsmedizin untersucht und fotografiert. Der tote Bonnot wirkt wie ein junger Mann, der bei einer Schwindelei erwischt wurde, sein Gesichtsausdruck zeigt Erstaunen. Hier irgendwie einen Schnitt machen, musikalisch oder atmosphärisch O-Ton 47 Chabrol Film 4 28.13-28.16 Fantômas: Man kann sich nicht an mir rächen. Juve: Hast du das gehört? So was Arrogantes. Für wen hält der Bursche sich? Fandor: Für Fantômas! Sprecherin: Fantômas aber lebt. Das Bonnot-Spektakel, das die Leute, wenn sie nicht selbst dabei waren, durch die Presse mit Schauer und Lust erlebt hatten, geht als Phantasie in den Romanen weiter. O-Ton 48 O-Ton Kalifa 6.38-6.49 Je pense que en permanence on a joué sur les deux tableaux et c'est très bien pour vendre les livres, avoir à la foi un peu d'amusement, de divertissement et de peur. Synchronsprecher : Ich denke, dass die Autoren immer mit diesen beiden Aspekten gespielt haben: Unterhaltung und Angst. Und das verkauft sich natürlich sehr gut. Sprecherin: Zum Erfolg der Romane haben zwei weitere Personen erheblich beigetragen. Zum einen der Illustrator Gino Starace, der die Cover der ersten Ausgabe gestaltet hat und dem Leser beides verspricht, Unterhaltung und Angst. Zum anderen Louis Feuillade mit seinen Fantômas-Stummfilmen, die bereits 1913 in die Filmtheater kamen und ein Massenpublikum anzogen. Vor der Kulisse eines dokumentarisch abgefilmten Paris erhebt sich der Schatten von Fantômas. O-Ton 49 O-Ton Blonde 22.59-23.28. Fantômas est vraiment une silhouette très très fotogénique. La silhouette charactéristique de Fantômas c'est ce qu'on appelle l'homme noir parce qu'il est revêtu d'un colon noir entièrement avec les gants et il porte une cagoule ... sur les toits de Paris, c'est très très fort, très puissant. Et puis il a tourné des scènes dans les rues mêmes de Paris. Synchronsprecher : Fantômas' Silhouette ist sehr fotogen. Er traf genau die Vorstellung vom "schwarzen Mann", bekleidet mit einem schwarzen catsuite inklusive Handschuhen und einem Umhang. Fantômas über den Dächern von Paris. Das ist ein sehr starkes, einprägendes Bild. Und dann hat Feuillade den Film auf den Pariser Straßen gedreht. Sprecherin: Hunderte von Zuschauern saßen in den riesigen Sälen der Filmtheater und sahen auf der Leinwand ihr Paris, ihre Viertel, die Straßen, die Geschäfte, die Pferdewagen, die Automobile, die Straßenbahn. Und mitten drin Fantômas, die Bedrohung, die Gefahr. Vermischten sich da nicht Phantasie und Wirklichkeit? Was, wenn sie das Filmtheater verließen? Wenn sie in ihre Viertel zurückkehrten? Könnte nicht Fantômas hinter jeder Ecke lauern? O-Ton 50 O-Ton Kalifa 10.51-11.05 Fantômas aussi d'une certaine manière exprime à sa manière naive du roman populaire ce désir de catastrophe qui est très présent dans les avanguardes culturels du temps. Synchronsprecher : Fantômas drückt auf gewisse Weise, nämlich im Genre des Trivialromans, die Katastrophenstimmung aus, wie sie in den kulturellen Avantgarden der Zeit zu finden ist. Sprecherin: Fantômas zog nicht nur ein Massenpublikum an. Auch Intellektuelle und Schriftsteller zeigten sich begeistert. O-Ton 51 O-Ton Blonde 9.14-9.28 Certainement il y a plusieurs raisons, l'une des première c'est son côté criminel, de révolter contre la société, contre la morale générale. Synchronsprecher : Sicher gibt es einige Gründe, aber der wichtigste ist wohl sein kriminelles Potential. Seine Rebellion gegen die Gesellschaft, gegen die herrschende Moral. O-Ton 52 O-Ton David 22.23-22.40 Tout a commencé avec l'admiration par Apollinaire. Dans les lettres d'Apollinaire par exemple que j'ai lues il y a une lettre d'Apollinaire à Picasso où il dit : Max lit toujours Fantômas. Synchronsprecher : Alles hat angefangen mit Apollinaire. Es gibt einen Brief von Apollinaire an Picasso, in dem er sagt: Max, also Max Jacob, liest dauernd Fantômas. Sprecherin: Guillaume Apollinaire und Blaise Cendrars bekannten sich öffentlich als Bewunderer der Kriminalromane von Allain und Souvestre. Überbordende Phantasie gepaart mit absoluter Präzision, was die Topographie und die moderne Technik betrifft, dazu der "argot", die Sprache der Straße, das schätzten sie an den Romanen und, dass Paris durch Fantômas zu einem mythischen Ort wurde. O-Ton 53 O-Ton Blonde 10.38-11.03 Il y a une dimension merveilleuse et une sorte de mythologie parisienne ... . C'est lui qui le plus a fait vivre une sorte de Paris phantastique merveilleux en dehors du Paris quotidien quand les aventures se passent dans les souterrains de Paris ... Synchronsprecher : Es gibt da eine Dimension des Phantastischen und eine Art Mythos. In Fantômas haben wir ein sehr lebendiges anderes Paris jenseits des alltäglichen. Seine Abenteuer spielen auch in einem Paris der Unterwelt ... Sprecherin: In Abwässerkanälen, den Steinbrüchen vom Montmartre, in der Metro - aber auch auf den Dächern von Paris. Es sind die Orte, an die der normale Bürger nur durch seine Phantasie gelangt. Zitator: Wir haben vieles gemeinsam, ich war im Gefängnis, ich habe Geldsummen zweifelhafter Herkunft ausgegeben, ich kenne über 120.000 verschiedene Briefmarken, die alle viel lustiger sind als die im Louvre Sprecherin: Blaise Cendrars widmete Fantômas eins seiner "Neunzehn elastischen Gedichte". O-Ton 54 O-Ton David 20.48- Apollinaire en juillet 1914 a travaillé d'une rubrique dans le Mercure de France et une rubrique il a consacré à Fantômas. .. Il parle donc de cette facon de séduire et d'une certaine poésie, c'est la poésie de l'action finalement. Synchronsprecher: Im Juli 1914 schrieb Apollinaire in einer Kolumne im "Mercure de France" über Fantômas' Verführungskraft und die poetische Dimension der Handlung. Sprecherin: Im selben Jahr gründeten Guillaume Apollinaire, André Salmon und Max Jacob die "Gesellschaft der Freunde Fantômas'". O-Ton 55 darüber O-Ton Blonde 17.24-17.36 Il y avait une société des amis de Fantômas qui a été fondé en 1913/14 juste au moment de la sortie des livres avec des poètes prestigieux comme Apollinaire, Max Jacob. Hier Musik Erik Satie, möglich Trois morceau en forme de poire, im folgenden immer wieder hochkommen lassen Sprecherin: Die Gesellschafter amüsierten sich. Sie trieben die Fantômasschen Metamorphosen auf die Spitze und verwandelten den Meister des Schreckens in einen Türriegel oder einen Küchenchef. O-Ton 56 O-Ton Kalifa 23.50-23.57 Tout le groupe du "Bateau lavoir", Picasso et tout le groupe des artistes du bateau lavoir a été parti prendre note. Synchronsprecher : Die ganze Künstlergruppe, die sich immer im "Bateau Lavoir" traf, Picasso und die anderen, waren mit dabei. Sprecherin: Im "Bateau Lavoir", einem Haus auf dem Montmartre, hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts Maler wie Juan Gris, Kees van Dongen, Modigliani und eben Picasso Ateliers gemietet. Es wurde zum Treffpunkt nicht nur avantgardistischer Künstler, auch Schriftsteller und Dichter fanden sich ein, neben Apollinaire und Jacob auch Jean Cocteau und Gertrude Stein. Mit dem Ersten Weltkrieg, der von Apollinaire nicht nur literarisch gefeiert und auch von anderen Literaten herzlich begrüßt wurde, endeten die inspirierenden Zusammenkünfte. Zitator (diese Zeile von vorher wiederholen): Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige Hygiene der Welt - Vielleicht eine Musik oder eine Atmo die den Ersten Weltkrieg verkörpert, schon unter die Sprecherin legen und etwas frei stehen lassen Sprecherin: Nach dem Ersten Weltkrieg geriet Fantômas in Vergessenheit. Man hatte keinen Sinn mehr für apokalyptische Szenarien. Erst in den 20er Jahren knüpften die Surrealisten an die Fantômas-Begeisterung an und entdeckten den Meister des Schreckens für sich. O-Ton 57 O-Ton David 28.50-29.16 Il n'y a absolument aucune logique, aucune vraisemblance ... c'est inexplicable. Mais cy ne fait rien, c'est pas grave, c'est ce qui a entrainé le lecteur et ce qui après a séduit les surréalistes ou quelques uns : Robert Desnos, Raymond Quenau, Jacques Prévert Synchronsprecher : In den Romanen gibt es absolut keine Logik, keine Wahrscheinlichkeit, es bleibt unerklärlich. Aber das macht nichts, gerade das hat die Leser angezogen und dann auch die Surrealisten fasziniert, oder einige von ihnen: Robert Desnos, Raymond Queneau, Jacques Prévert. Zitator: "Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität." Sprecherin: Aus dem "Ersten Manifest des Surrealismus" von André Breton O-Ton 58 Moritat Fantômas 21. Strophe Zitator darüber: Am Eifelturm in düstrer Nacht Hält Juve geduldig Wacht. Den Missetäter will er fangen, vergeblich nur ist sein Verlangen. Fantômas entwischt und lacht. Sprecherin: Fantômas war wieder da. Robert Desnos verfasste "Die große Moritat über Fantômas", im November 1933 wurde sie mit der Musik von Kurt Weil und der Stimme von Antonin Artaud im Französischen Rundfunk ausgestrahlt. O-Ton 59 Moritat 2. Strophe Zitator darüber: Verschwinden ließ er Lady Belthams Mann, schaffte für sich freie Bahn. Keiner entkam dem Desaster, als er versenkte das Schiff "Lancaster". Sprecherin: Pierre Souvestre war 1914 mit nur 39 Jahren an einem Lungenödem gestorben. Im letzten gemeinsamen Band, dem zweiunddreißigsten, hatten Allain und Souvestre - inspiriert vom Untergang der Titanic 1912 - Fantômas auf einem Ozeandampfer namens "Gigantic" untergehen lassen. Marcel Allain überlebte Souvestre um 55 Jahre. Er versuchte 1925, den Erfolg der Reihe fortzusetzen, indem er Fantômas wieder auferstehen ließ. Elf Bände entstanden bis 1963, Bestseller blieben allerdings die frühen, gemeinsam mit Souvestre verfassten Fantômas-Romane. O-Ton 60 Chabrol Film 1 1.31.14-1.31.33 Juve: Das ist nicht Gurn, der eben gestorben ist, das Fallbeil ist gefallen und das Gesicht ist nicht erbleicht. Und wenn es nicht erbleicht ist, dann war es geschminkt. Wie das eines Schauspielers. Fantômas ist entwischt. Er hat an seiner Stelle einen Unschuldigen ans Messer geliefert. Ich sage dir, Fantômas lebt. (Musik drangelassen.) O-Ton 61 5.05-5.39 3. Strophe Zitator darüber: Auf sein Konto geh'n hundert Opfer und mehr Juve und Fandor machen ihm das Leben schwer. Die Guillotine steht für ihn bereit, ein anderer Kopf fällt, er ist befreit. Sprecherin: Als die "Moritat über Fantômas" 1933 gesendet wurde, sah man wieder einer apokalyptischen Endzeitdämmerung entgegen. Der Sieg der Nationalsozialisten bei der Reichstagswahl im März 1933 in Deutschland rief böse Ahnungen hervor. In gewisser Weise ähnelte die Stimmung derjenigen, wie sie zur Geburtsstunde von Fantômas geherrscht hatte. O-Ton 62 (= O-Ton 1) Moritat von Fantômas 2.10-2.48 1. Strophe Zitator darüber: Seid still, ihr Leute, hört euch an, welch unzähl'ge Missetaten er getan, gemordet hat er ohne Sühne, getötet ohne Maß, der Verbrecher Fantômas. Sprecherin: Man schreibt das Jahr 2011. Ein Gespenst geht um in Frankreich. Diverse Stimmen: Die Staatsverschuldung in Frankreich im Jahr 2011 beträgt 85 Prozent des Bruttoinlandprodukts, das sind etwa 1,7 Billionen. Die Wachstumsprognose wird von 2,5 auf 2 Prozent gesenkt. Im Juni 2011 liegt Inflationsrate bei 2,1 Prozent. Im Juni 2010 lag sie bei 1,5 Prozent. Die Lebensmittelpreise sind von Juli 2010 bis Juli 2011 um 2,7 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosenquote beträgt 9,5 Prozent. Ein Viertel der 15- bis 24Jährigen hat keine Arbeit. Sozialer Brennpunkt Banlieue: Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Drogenkonsum, großer Anteil von Immigranten. 2005 fanden gewalttätige Unruhen, Straßenschlachten, Brandstiftungen, Sachbeschädigungen statt. 312 Menschen wurden festgenommen. Das Metronetz in Paris umfasst 214 Kilometer. 4,05 Millionen Menschen fahren jeden Tag mit der Metro. Pariser Mieten und Immobilienpreise sind in den vergangenen 15 Jahren massiv gestiegen. Je kleiner die Wohnfläche, desto höher der Quadratmeterpreis, für 13 Quadratmeter werden 800 Euro verlangt. Die Menschen ziehen an den Stadtrand. Alarmierender und brutaler Alkoholkonsum unter Jugendlichen. Steigende Zahl von Massenbesäufnissen. Die Zahl der 15-Jährigen, die nach Alkoholkonsum ins Krankenhaus gebracht wurden, ist um 50 Prozent gestiegen. 2009 erlässt die Regierung ein Gesetz, das den Verkauf von Alkohol an unter 18-Jährige verbietet. Sprecherin (weiter): Ein Mann in schwarzem Anzug, mit Zylinder und schwarzer Maske, in der Hand ein blutiges Messer, erhebt sich wie ein riesenhafter Schatten und setzt seinen Fuß auf die Erdkugel. Er kennt keine Moral und keine Skrupel, er mordet, wie es ihm gefällt. Fantômas (wie vom Beginn) : Ich bin die Nacht, ich bin die Angst, ich bin das Unfassbare, ich bin der rote Henker, ich bin der Schwarze Mann, ich bin das geheimnisvolle Böse, ich bin der erhabene Folterknecht, ich bin die Maske des Schreckens, ich bin der Meister aller Dinge, ich bin das Entsetzen, ich bin der Tod. Darunter französisch: "Je suis la Nuit, je suis l'Effroi, je suis l'Insaisissable, je suis le Bourreau rouge, je suis l'Homme noir, je suis le Monstre énigmatique, je suis le Tortionnaire sublime, je suis le Tortionnaire inégalable, je suis le sinistre Comédien, je suis le Maître de tout et de tous, je suis l'Epouvante, je suis la Mort." 34