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Nur wir stören die Ruhe, rollen langsam auf das kleine Flughafengebäude zu. Parkposition erreicht. Atmo 2 Flugzeug Turbinen aus, Ansage Es sind gerade einmal 50 Stunden, die sich mir mit der Tür des Airbus öffnen. Zwei Tage Nordkorea, eine Reise in eine unbekannte, eine unheimliche Welt. Abgeschottet, isoliert, ein Land, das die Kraft hat Atombomben zu bauen, aber nicht in der Lage ist, die Menschen zu ernähren. Meine Gedanken bei der Ankunft passen zum Wetter: grau, kalt, diesig, alles andere als einladend. Handys werden uns abgenommen warnt uns die Botschaft vor der Abreise. Mein Aufnahmegerät verstecke ich so gut es geht - eingeschaltet. Atmo 3 Ausstieg Stewardessen: "bye bye" (Atmo 3a Rollfeld) Aufnehmen solange, bis sie es finden, denke ich mir beim Rausgehen, fest davon überzeugt, dass es natürlich verboten sein muss an einem so sensiblen Ort, an einem Flughafen. Vor mir sind die schon ausgestiegen, die den Grund für diese Reise geliefert haben. Theo Zwanziger, der Chef des Deutschen Fußballbundes, des DFB, diejenigen, die die nordkoreanische Fußballfrauen-Mannschaft mit diesem Besuch offiziell einladen wollen. Zur Weltmeisterschaft nach Deutschland. Und die Politiker, die vorsichtshalber mitgekommen sind auf diese heikle Mission. Allen voran Claudia Roth, die Vorsitzende der Grünen. O-Ton 1 - Begrüßung (Koreanisch ) ... Übersetzer. ich möchte Sie herzlich begrüßen, dass Sie hier persönlich mit ihrer Delegation angekommen sind... Roth: Danke, Dankeschön All meine Vorsicht, unbegründet. Das strenge Regime, es zeigt lachende Gesichter. Der Vorsitzende des koreanischen Fußballverbandes ist gekommen, mit ihm eine Armada von Menschen in Anzügen, die etwas hilflos auf dem Rollfeld hin und herlaufen. Strenge Kontrolle? Keine Spur - eher Verwirrung. O-Ton 2 Jetzt müssen wir ? . ...[koreanisches Stimmen Wirrwar] .... jetzt laufen wir dann doch... nein?(06 - 12'08) Aufnehmen, Filmen, Fotos machen - selbst von den brüchigen Flugzeugen sowjetischer Bauart um uns herum - kein Problem. Und keiner kontrolliert uns -die Kolonne von Fahrzeugen setzt sich in Bewegung setzt, die schwarzen, bald 30 Jahre alten Mercedes- Limousinen mit silbernen Fensterumrahmungen, die nagelneuen weißen VW-Passat. Und der Bus, in dem wir Journalisten hinterherfahren. Der uns zu all den fein säuberlich ausgesuchten Orten bringen wird - für unseren Blick in die nordkoreanische Realität. Wir 14 Journalisten, darunter zwei Sport-Reporterinnen, sollen Gewächshäuser sehen, eine Schule, Pjöngjangs U- Bahn - und natürlich ein Fußballspiel. O-Ton 3 "hallo" - hallo Atmo 3° (im Bus ohne Motor) Ab jetzt sind wir nicht mehr allein: freundliche Damen und Herren von der deutsch- koreanischen Freundschaftsgesellschaft begrüßen uns im Bus. Eine erste Begegnung mit Herrn Oh etwa, oder Herrn Kim. Zwei Männer, die sehr gut deutsch sprechen. O-Ton 3 Kim Herzlich Willkommen in Korea. Eine Frage: ist ihr Gepäck in Ordnung... Gastgeber, die sehr bemüht sind, dass wir uns wohl fühlen. Und - dass wir "uns nicht verlaufen" - so erklärt uns der Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft später die Aufgabe unserer Begleiter. Zumindest haben sie Humor, die Nordkoreaner, denke ich. Atmo 4 Bus Etappe 1 in die nordkoeranische Realität - ist allein die Wegstrecke hinein nach Pjöngjang. 20 Kilometer über eine leere Autobahn, 20 Kilometer bekommen wir kaum andere Fahrzeuge zu Gesicht. Stattdessen Menschen in einfacher, farbloser Kleidung, zu Fuß und auf Fahrrädern, auf ihrem Weg nach Hause. Durch eine Landschaft, die unwirtlich wirkt, grau - so wie die Häuser der Vorstädte, die wir erreichen. Wohnsilos an breiten Straßen, Verkehrspolizisten, die den wenigen Verkehr kaum regeln müssen. Henrik Bork ist einer der wenigen von uns, der schon mehrmals in Nordkorea war, zum ersten Mal vor zehn Jahren. Der Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Peking sitzt in einer der ersten Reihen des Busses, schaut aufmerksam aus dem Fenster. O-Ton Bork 5 Es gibt hier und da Veränderungen, nach denen sucht man dann natürlich auch immer. Ein paar Autos mehr, ein paar Häuser sind neu gestrichen. Jetzt bereiten sie sich auf den 100. Geburtstag des Führers vor, im nächsten Jahr, gibt's ein paar kosmetische Veränderungen. Aber alles in allem habe ich den Eindruck, dieses Land ist irgendwie wie in der Zeit gefroren. Atmo 5 Ankunft, Hotel-Lobby Ankunft im Hotel "Potonggang", eine graue Platte - von außen. Drinnen aber: westlicher, etwas verblichener Standard. Der helle Fußboden der Lobby erstrahlt; Licht, das von einem gigantischen Wandportrait fällt. Es zeigt die beiden Männer, die dieses Land bestimmen. Kim Il Sung, den "ewigen Führer", 1994 gestorben - und seinen Sohn: Kim Jong Il, den sie "geliebter Führer" nennen - und der das Land seither regiert. Atmo 6: Zimmer, Tür 20 Stunden Stunde Anreise: Ich will heute ich nur noch aufs Zimmer, nur noch ins Bett. Kurzer Test: das Internet geht, alle Seiten sind aufrufbar. Auch Facebook. Die Software der Seite scheint ähnlich überrascht wie ich. "Are you really in Pyöngyang, North Korea?", werde ich aus Sicherheitsgründen gefragt. Im Fernsehen läuft CNN. Ich frage mich, ob die Menschen, die ich heute aus dem Busfenster beobachten konnte, jemals eine Internet-Seite gesehen haben. Atmo 7: Busfahrt Käse, Salami, Eier und Toast. Das Frühstück in der Platte - kontinental. Gut gestärkt sitze ich acht Stunden später wieder im Bus auf dem Weg zu unserem ersten Termin, der vom Hunger handelt. O-Ton 6: Berg So wir sind jetzt also gleich da bei dem Projekt der Mitarbeiter der Welthungerhilfe. Karl Fall wird Ihnen gleich das Projekt erklären, aber die Grundidee ist sozusagen in der ganzen schweren Zeit, in den 90er Jahren, als die große Hungersnot hier herrschte, ging es den Menschen auf dem Land im Verhältnis noch etwas besser als denen in der Stadt, weil man auf dem Land halt noch die Möglichkeit hat, selber etwas anzubauen., in den Bergen nach essbarem zu suchen... Der Hunger, berichtet die Diplomatin Irja Berg auf unserer Busfahrt, bringt in den 90er Jahren wahrscheinlich Millionen Menschen in Nordkorea um, vor allem in den Städten. Womöglich zehn Prozent der gesamten Bevölkerung. Im Januar dieses Jahres - neue Meldungen über Nahrungsmittelknappheit. Atmo 8: Gewächshaus innen Karl Fall ist seit acht Jahren in Nordkorea, arbeitet gegen den Hunger - mit Gewächshäusern zur Versorgung der Stadtbevölkerung, ein Projekt der Welthungerhilfe. Nach einer halben Stunde Busfahrt über Schotterpisten, vorbei an Vorstädten der Zwei-Millionen-Stadt sehen wir die Gewächshäuser. Wenig später steht uns der kleine Mann mit dem asiatisch gezwirbelten Bart inmitten von Zucchini und Tomaten gegenüber und erklärt: O-Ton 7 Fall Betrachtet man das Land, kann man nur 18 bis 20 Prozent der Fläche Landwirtschaftlich nutzen. Im Gegenzug haben wir fast 24 Millionen Bevölkerung... Der Wunsch der nordkoreanischen Führung, autark, unabhängig zu sein vom Ausland, funktioniert meist nur in der Theorie. Ist der Winter streng, so wie der gerade vergangene, bricht das Kartenhaus zusammen. Auch zum Beispiel, weil Dünger fehlt, sagt Karl Fall. Atmo 9 Fischtank Fall produziert seinen Dünger daher lieber selbst. In großen blauen Tanks schwimmen hunderte Fische - kostenlose Ammoniakproduzenten. Gut zum Beispiel für die Erdbeeren, die hier auch wachsen. Kein dringend benötigtes Gut, aber etwas, was sich auf den Schwarzmärkten bestens verkauft. Märkte, die hier Graumärkte genannt werden. Vom Staat wohl oder übel geduldet. Wer in Nordkorea satt werden will, muss zahlen können, sagt Fall. Ein Sack Reis auf dem Graumarkt kostet etwas mehr als 10 Euro, die Hälfte eines durchschnittlichen Monatsgehaltes. Der Welthungerhilfe-Mann weiß, wie er seine 60 Mitarbeiter in den Gewächshäusern motivieren muss. O-Ton 8 Fall Nur wenn sie einen persönlichen Profit und Vorteil sehen und auch haben, dann haben ich deren Motivation, dass sie hier fleißig arbeiten und das ganze vorantreiben... Atmo 10 Tür Gewächshaus zu > Blende Atmo 11 Treppe, anschwellend Tischtennisspiel Zurück in der Stadt. Langsam kommt die Sonne raus, aber in den Fluren der Grundschule vier im Zentrum von Pjöngjang ist es noch immer bitter kalt. Keine Heizung, die die Kälte der Nacht vertreibt. Atmo Tischtennisspiel Vor uns: ein großer Saal, Kinder, vielleicht acht, neun Jahre alt, spielen in einem Wahnsinnstempo Tischtennis, mechanisch hin und her. Ohne jede Gefühlsregung. Keine Freude über gelungene Bälle, kein Ärger über verhauene. Die Schulleiterin Gil Gum Sun begrüßt uns, eine Frau Anfang 40. O-Ton 9 Schulleiterin Koreanisch Übersetzung durch Begleiter: bei uns die Schüler werden ausgebildet mit Erkenntnissen, Moral und guter Sport, also kräftige Körper, und dieser Sport ist für den kräftigen Körper. Beim Gehen schwebt sie förmlich über den Holzfußboden, ihre Beine und Füße sind nicht zu sehen unter ihrem trichterförmigen Seidenkostüm, rot und weiß, traditionelle Kleidung, wie wir sie bei allen Frauen sehen, die uns offiziell begegnen. Frau Sun führt uns weiter, zeigt uns Computer-Arbeitsräume, ein Sprachlabor. Was das wichtigste ist, was die Schüler lernen sollen, wird sie gefragt. Die Lebensgeschichte der großen Führer, sagt sie ganz selbstverständlich. Es dauert lange bevor Worte wie Lesen, Rechnen oder Schreiben in der Übersetzung folgen. Atmo 12 Musikaufführung Eine kleine Mädchenhand zieht mich da schon wieder weiter in Richtung Aula. Die nächste Aufführung wartet auf uns an diesem Samstag, an dem doch eigentlich gar kein Unterricht stattfindet. O-Ton 10 Musikaufführung (unter Text ausblenden) Koreanischer Tanz, Gesang, eine Band - der Schnelldurchlauf der Inszenierungen geht weiter. Gut haben sie unseren Besuch vorbereitet - so gut, dass unten im Schulhof schon die nächsten auflaufen. Jungs, die Fußball spielen. Pässe üben, immer wieder hin und her. Atmo 13 Fußball Schule Als ich näherkomme, sehe ich, dass sie Adidas-Trickots tragen. Der Ideologie-Mix in Nordkorea, er lässt viel zu. Wenn Kommunisten davon sprechen, dass ihr Führer vom Himmel geschickt wurde, kann man wohl auch leben mit westlichen Marken-Klamotten. Und abends an der Hotelbar wie selbstverständlich mit Euro bezahlen - und Dollar als Wechselgeld herauskriegen - Währungen der "Feinde". Dann schaden auch westliche Luxus- Karrossen nicht, in denen die Partei-Nomenklatura gerne chauffiert wird. Und Gäste, auf die wir jetzt gleich wieder treffen: Theo Zwanziger und Claudia Roth, der Sportler und die Politikerin mit ihrer Delegation. Atmo 14 Anfahrt Auto , austeigen O-Ton Roth/Zwanziger Guten Morgen...Und wie wars bei euch..... Nächster Termin, immerhin bei der Nummer 2 im Staate. Yang Hyong Sop ist der stellvertretende Vorsitzende des Präsidiums der Obersten Volksversammlung. Wir Journalisten dürfen kurz mit hereinkommen in die Kongresshalle, das Parlament, ein massives, monumentales Gebäude. Die Chance für einen kurzen Austausch. Theo Zwanziger erzählt von den ersten Gesprächen des Tages: O-Ton 11 Zwanziger Ja, es gibt Aufgeschlossenheit, aber im Parteiapparat nicht, ja... [Roth] der war extrem geschlossen. Also wir haben Fragen gestellt, und sehr umfangreich. Also das ging's dann auch zur Sache, das war's wirklich politisch. Wie ist die Situation auf der Halbinsel, gibt es überhaupt Friedensverhandlungen? Was hat sich verschlechtert, gerade im letzten Jahr durch die militärischen Angriffe, durch den Atomwaffentest nach Obamas Rede? Im Parteiapparat haben wir ne Antwort bekommen, die war vorformuliert auf 30 Seiten, die hatte nur leider mit den Fragen gar nichts zu tun... Beide berichten von der Nervosität, die immer wieder aufkommt bei den Gesprächen. So wie tags zuvor am Flughafen, so wie gleich im nordkoreanischen Parlament. Hier soll sie offenbar besonders perfekt sein - die Choreographie. Atmo 15 They will come in then.... Und dann gerät doch alles durch einander, wir Journalisten stehen falsch, Schließlich gibt es sofar noch ein augenscheinliches Hierachie-Hickhack unter den Koreanern O-Ton 12 Roth So, wo sollen wir uns hinstellen? - wer darf mit aufs Foto? Ein Land mit wenig Besuchern - wo soll sie herkommen, die Routine? Atmo 16 Rolltreppe U-Bahn "Einmal sehen ist besser als hundertmal hören" hatte uns der Vorsitzende des deutsch- koreanischen Freundschaftsverbandes, Herr Go, beim ersten Abendessen gesagt. Wir sollten uns ein unvoreingenommenes Bild machen, das waren seine Worte. Sie kommen mir auf einer Rolltreppe in den Sinn, 100 Meter in die Tiefe. Weil ich mich - mittlerweile schon 25 Stunden im Land - immer wieder dabei ertappe, ständig und überall Inszenierungen zu vermuten. Unten angekommen laufe ich direkt in die nächste Inszenierung. Nichts besonderes - und gerade deshalb so absurd. Wir fahren U-Bahn. Atmo 17 Tür schließt, Zug nimmt Fahrt auf U-Bahn-Fahren ist für Ausländer normalerweise verboten in Pjöngjang - offenbar aus Sorge, sie könnten Kontakt aufnehmen zu den Einheimischen. Jetzt sitzen wir in einem Zug - und siehe da, ohne, dass wir es groß bemerkt hatten, haben unsere freundlichen Begleiter dafür gesorgt, dass nur wir in dieser U-Bahn sitzen, kein Berufspendler, niemand. Mit mir im Waggon ist Johannes Hano vom ZDF. Kurz nach unserer Reise wird er den Hans-Joachim- Friedrichs-Preis bekommen, ein guter Journalist. Doch in Nordkorea stößt er an seine Grenzen. O-Ton 12 Hano Hier kommt man nicht an Informationen ran, das ist alles staatlich gelenkt und gesteuert. Man hat keine Möglichkeit, mal großartig zur Seite rauszugehen, mit Leuten zu sprechen. Da gibt's natürlich auch ne Sprachbarriere. muss man ganz klar sagen, wir sind angewiesen auf unsere Übersetzer, wenn man sie mal so nennen mag. Aber selbst wenn wir die Möglichkeit hätten, würden die Leute einen niemals das sagen, was sie denken, weil sie zuviel Angst haben. Wir fahren die ganze Linie in einem durch, fünf Bahnhöfe ohne Halt. Eine kleine Geisterfahrt. Herr Kim, unser Begleiter, versucht sich als Fremdenführer: O-Ton 13 Kim Und wie Sie sehen, die einzelnen Stationen sind sehr schön. Schön aufgebaut - und da können Sie auch viele Gemälde und Statuen sehen. Das heißt: ein Kunst- und Kulturkomplex, nicht nur eine Verkehrsstation. Die beiden U-Bahn-Linien stammen aus einer Zeit, als Nordkorea noch Freunde hat in der Welt. Die Waggons sind aus Ost-Berlin, die Architektur der Bahnhöfe gleicht der von Prag und Moskau. Prächtig und mächtig - und wie überall in der Stadt übersät mit Büsten, Bildern und Statuen vom Staatsgründer Kim Il Sung. Schließlich verdanken die Menschen ihm auch die U-Bahn, sagt Herr Kim tatsächlich. Atmo 16 U-Bahnsteig, Fahrt nach oben Die Leistungsschau der Verkehrsinfrastruktur ist vorbei - die nächste soll folgen: Fußball, Frauen-Fußball. Deswegen sind wir hier, deswegen durften wir rein in dieses verschlossene Land. Atmo 17 vom Fußballplatz Steffi Jones, Ex-Profifußballerin und Präsidentin des Organisationskomitees der Frauen-WM in Deutschland, steht auf dem Kunstrasen im Kim Il Sung Stadion, begrüßt die Spielerinnen der nordkoreanischen Frauen-Elf. Maskottchen werden verteilt. Und nette Worte O-Ton 14 Jones ... und dann für unsere Weltmeisterschaft: Gute Spiele, viele Tore! Und dass Sie wirklich die Zeit in Deutschland genießen. Wir werden Sie bei Ihrem ersten Auftaktspiel in Dresden begrüßen. Und Captain? Schießt ihr auch Tore? Übersetzung, Gelächter. Ja, sie werden Tore schießen, versprechen sie. "Fußball kann Türen öffnen", den Satz haben wir immer wieder gehört auf unserer bizarren Reise. Jetzt, 5 Stunden vor der Abreise, tut er es, für einen kleinen Moment. Atmo 18 / 18a Anpfiff Fußballspiel - dann Spielatmo Los gehts auf dem Kunstrasen, die National-Elf schaut zu, auf dem Platz das Nachwuchsteam. Lächelnde Mädchen dribbeln, kämpfen um den Ball. 100.000 Zuschauer fasst das Stadion. Vorher haben wir im Bus gescherzt, ob sie es uns wohl mit vollen Rängen präsentieren werden. Immerhin ein, zwei hundert Männer sitzen auf der Tribüne, Menschen, in dunkler, abgewetzter Kleidung. Einfache Leute, wie wir sie sonst nur aus dem Busfenster sehen konnten. Ich muss an Orwell denken, 1984. Mussten sie hierher kommen? Während unten auf dem Platz ein ganz anständiger Fußball gespielt wird, wird oben auf der Tribüne räsoniert. Was bringt eine solche Reise, in ein derart abgeschottetes Land, das eigentlich die ganze Welt meidet? O-Ton 15 Zwanziger Wir sind keine Menschen, die hier Wolkenkuckuchsheime bauen, wir wissen, wie die Realität ist, aber wir wissen auch, und wir glauben daran - und das zeigt mir auch die Begeisterung, die hier insgesamt spürbar ist für uns, wir glauben daran, dass der Fußball vielleicht einen ganz kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass die Menschen sich näher kommen und in diesem Land wieder etwas mehr Offenheit entsteht. ... sagt Theo Zwanziger, der DFB-Präsident. Er hat wenige Stunden zuvor eine Vereinbarung unterschrieben mit dem nordkoreanischen Fußballverband. Darin steht, dass junge Koreaner Deutschland besuchen sollen und im Austausch junge Deutsche nach Korea reisen. Begegnungen über die WM hinaus. Das Spiel bleibt torlos, zumindest in der ersten Halbzeit. Dann heißt es schon wieder aufbrechen. Zum Sightseeing, hoch hinaus über Pjöngjang. Schnell noch, bevor es zurück geht zum Flughafen. Atmo 19 Fahrstuhl Der Djutsche-Turm, eine steinerne Fackel - mit Aussichtsplattform auf 150 Meter Höhe. Eine Fahrstuhlfahrt - ein Lächeln. Es gehört Choe Hye Ok, einer jungen Frau, groß gewachsen, auch sie in traditioneller koreanischer Tracht. O-Ton 16 Führung in English ausblenden - weiterführen als Atmo Der Turm, auf dem wir stehen und über die Stadt blicken, er ist benannt nach der Staatsideologie: Djutsche, das ist die Idee, komplett unabhängig zu sein, autark. Sich selbst mit Lebensmitteln versorgen zu können etwa - oder auch nicht. Djutsche, das ist aber auch die Zeitrechnung, ausgehend vom Geburtsjahr des "ewigen Führers", von Kim Il Sung. Nordkorea ist im Jahr 99 nach Kim. Atmo Führung noch mal hoch Choe Hye Ok spricht gut Englisch. Ich frage sie, wo sie es gelernt hat. Antwort: an der Kim Il Sung Universität. Dort - und nur dort. So, wie unsere Begleiter deutsch gelernt haben, ohne je ihr Land verlassen zu haben. Wer autark sein will, schafft auch das: Fremdsprachen lernen, ohne fremde Länder zu sehen. O-Ton 17 Choe Hye Ok So you can see just on the stone - take one incident: the Ghana National Institute of the Djutsche-Idea, so several.... [ausblenden] Am Fuße des Turmes sind Steintafeln mit Namen und Jahreszahlen, gestiftet von so genannten Studien-Kreisen der Djutsche-Ideologie, aus Ghana, aus der Schweiz oder Belgien. Gruppen, die man bei uns wohl als kommunistische Sektierer bezeichnen würde. Ich suche nach einem Zeugnis aus Deutschland, aus Göttingen vielleicht, oder aus dem West-Berlin der 70er. Nein, aus Deutschland gibt es keine, sagt meine junge freundliche Führerin. [wieder kurz hoch - bei 0'30 im O-Ton] - dann Atmo Schritte weg Unfortunately not.... Sie bedauert es, mich macht es ein klein bisschen stolz. Atmo 20 Triebwerk 50 Stunden Pjöngjang, 50 Stunden in der Hauptstadt Nordkoreas. Sie sind fast vorbei. Die Triebwerke unserer Maschine laufen bereits - Verabschiedung auf dem leeren Rollfeld. Atmo hoch Tschüss - Danke - Auf Wiedersehen "Ich hoffe, Sie waren zu frieden. Wir haben uns doch soviel Mühe gegeben...", sagt Herr Go, der Vorsitzende des deutsch-koreanischen Freundschaftsverbandes zum Abschied. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. 2