COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Die Chinesen sind schon da - China in Bremen - Autor Gaby Mayr Red. Claus-Stephan Rehfeld Sdg. 14.12.2012 - 13.07 Uhr Länge 18.47 Minuten Moderation Bremische Exporte nach China haben sich in vier Jahren vervierfacht und erreichen fast die Ausfuhr in die USA. Zugleich ist die Zahl der chinesischen Unternehmen und Kaufleute in der Hansestadt beträchtlich gestiegen. Der Länderreport schaut nun hinter die Fassaden des hanseatisch- chinesischen Aufbruchs, denn da gibt es erstaunliches zu entdecken : Junge Deutsche lernen Chinesisch, wer aus China kommt, kann oft Deutsch. Und China ist längst kein Synonym mehr für elektronische Billigwaren und Plastikartikel. Bei den Bremer Geschäften geht es um Autoteile, Luft- und Raumfahrt, erneuerbare Energie und nicht zuletzt um Luxusgüter. Aber wie ist der Umgang miteinander im geschäftlichen und privaten Alltag? Worüber wundert man sich - auf beiden Seiten? Und wohin geht die Reise? Fragen über Fragen für Gaby Mayr. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag- TAKE 1 (ATMO: TEEWASSER SPRUDELT) TAKE 2 (O-TON LENG) "Bremen ist eine Weltstadt. Bremen liegt am Hafen. Und viele chinesische Landsleute haben gemeint, Bremen und Hamburg sind ausländerfreundlicher." SPRECHERIN Yamei Leng hat gleich nach der Begrüßung das Teewasser aufgesetzt. Während es anfängt zu sprudeln, zählt die Germanistin aus Sian in Nordchina schon mal auf, warum sie vor zwanzig Jahren ausgerechnet nach Bremen gezogen ist. TAKE 3 (O-TON LENG) "Außerdem wird hier ein klares Deutsch gesprochen. Man versteht sich LACHT." TAKE 4 (ATMO: TEEWASSER EINGIEßEN) SPRECHERIN Yamei Leng arbeitet als Dolmetscherin. Außerdem erhält sie regelmäßig Aufträge, Deutschen die chinesische Kultur und Lebensweise zu erklären. Allein über Tee könnte Dr. Leng einen ganzen Vortrag halten. <> TAKE 6 (O-TON LENG) "Es gibt insgesamt über 130 grüne Teesorten. Was ich heute zubereite, ist dieser Drachenbrunnentee. Und dann dazu ein bisschen Chrysanthemenblätter." SPRECHERIN In der Glaskanne der zartgrüne Tee, darin wirbeln anmutig einige Blüten - ein Genuss, schon vor dem ersten Schluck. Yamei Leng wird engagiert, wenn chinesische Geschäftsleute in die Hansestadt kommen. Bei den Verhandlungen muss sie viel mehr als übersetzen. Oft muss sie vermitteln.: TAKE 7 (O-TON LENG) "Ich hab auch Fälle erlebt, wo die deutsche Seite denkt, ja die Chinesen würden genau so denken wie wir. Und dann wird nach dem deutschen Plan präsentiert von neun Uhr bis 14 Uhr, und dann die chinesische Seite nickt nur den Kopf und lächelt. Dann, am Nachmittag, wird gesagt: Sie sind doch mit Allem einverstanden, dann können wir jetzt schon feiern. Mittag essen undsoweiter. Da sagt die chinesische Seite: Wir haben gar nichts gesagt. Da sagt die deutsche Seite: Ja, Sie haben aber zugestimmt LACHT. Da sagt der Vertreter von der chinesischen Seite: Wir haben nur gesagt, wir hören zu." SPRECHERIN Anfangs hat sich Yamei Leng darauf beschränkt zu übersetzen. Aber bald wurde ihr klar, dass das nicht reicht: TAKE 8 (O-TON LENG) "Da habe ich manchmal Hinweise gegeben.>> Ich habe gesagt: Ich habe gemerkt, die chinesische Seite wollte doch was sagen undsoweiter. Und wie wäre es, wenn wir vielleicht erst Mal bei Punkt 3 eine Pause machen." TAKE 9 (ATMO: PATERNOSTER) SPRECHERIN Yamei Leng hat ihr Büro in der ehemaligen Bremer Baumwollbörse mitten in der Stadt. In dem imposanten Eckhaus ist noch ein Paternoster in Betrieb, die schwarzweiß-karmesinroten Terrazzoflure sind blank gewienert. Hinter den Türen haben ein emeritierte Juraprofessor, eine Eventmanagerin und die Bremer Steuerakademie ihre Büros. Gegenüber von Chinaexpertin Leng hat sich ein Detektiv eingemietet. TAKE 10 (ATMO: STANDUHR) SPRECHERIN Einen Steinwurf entfernt, am Marktplatz gegenüber vom Rathaus, residiert die Handelskammer. Auch hier ticken alte Uhren, aber Bremens Händler sind längst gut im Geschäft mit der Wirtschaftsmacht des 21. Jahrhunderts: TAKE 11 (O-TON GRÜNEWALD) "Insgesamt betätigen sich knapp 500 Unternehmen hier in Bremen mit dem Chinahandel. Das ist etwa ein Viertel des gesamten bremischen Außenhandels." SPRECHERIN Torsten Grünewald ist bei der Handelskammer zuständig für Asien. Mittlerweile gibt es auch eine ganz Reihe chinesischer Unternehmen in Bremen - und dabei sind keineswegs nur China- Restaurants gemeint: TAKE 12 (O-TON GRÜNEWALD) "Das Interesse chinesischer Firmen, in den Westen zu kommen, nimmt zu. Wir haben zur Zeit mehr als 120 Firmen, die aus China kommen und in Bremen aktiv sind. Und wir haben eine ganze Reihe an Bewerbungen für Visaverfahren für Leute, die sich aus China heraus selbstständig machen wollen in Bremen." SPRECHERIN Tielong Chen gründete seine Firma lange vor dem Chinaboom. Er war als Student der Biologie und Chemie in die Hansestadt gekommen - die Volksrepublik schickte ausgewählte junge Leute zum Studium ins Ausland. Drei chinesische Studierende gab es damals in Bremen. Tielong Chen schrieb seine Doktorarbeit und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter. Eine Karriere in der Wissenschaft schien vorgezeichnet: TAKE 13 (O-TON CHEN) "Ich sollte noch eine Habilitation schreiben, das war `92, 1992 China öffnet sich durch diese Reform. Und dann habe ich gedacht, ich fühle Kraft, noch was Neues zu machen." SPRECHERIN Doktor Chen gründete eine Fabrik für Naturdärme. Seitdem beliefert der ehemalige Wissenschaftler Wurstfabriken in Deutschland und ganz Europa mit natürlichen Wurstpellen. TAKE 14 (ATMO "NATURDARM WENDEN") SPRECHERIN Schweinedärme bezieht Tielong Chen aus chinesischen Schlachthöfen, Schafdärme gerne aus Neuseeland. Aber er kauft auch Därme in Bremen und in Düsseldorf. In seiner Fabrik in Hebei reinigen 800 Arbeiterinnen die Därme. TAKE 15 (O-TON CHEN) "Nach der Schlachtung werden die Därme mit Wasser, mit Eis gereinigt. Dann bleiben die Därme von der Farbe her sehr hell, naturhell. Und durch mehrere Arbeitsvorgänge werden die Därme grundsätzlich gereinigt, und danach nach Durchmesser sortiert." SPRECHERIN Bis vor wenigen Jahren verdienten gelernte Arbeitskräfte umgerechnet 100 Euro im Monat, mittlerweile können sie auf 300 Euro kommen. TAKE 14 (ATMO "NATURDARM WENDEN") SPRECHERIN Der Firmensitz ist ein einstöckiges, weiß gestrichenes Gebäude im Gewerbegebiet von Bremen- Oslebshausen, dort gibt es auch Lagerräume und ein Kühlhaus. Därme werden im Labor kontrolliert, umgepackt und manchmal noch weiter veredelt. TAKE 14 (ATMO "NATURDARM WENDEN") SPRECHERIN In einem bis unter die Decke weiß gefließten Raum stehen Metalltische, auf einem türmt sich ein Haufen blasser Pellen wie Riesenkondome: gereinigte Naturdärme. Mit einer Art Staubsauger wird jeder Darm einzeln angesaugt und dadurch gewendet. TAKE 16 (O-TON CHEN) "Wir brauchen kein Wasser, keine Chemie, nur ein bisschen Strom und Luft." SPRECHERIN Keine Chemie. Atmungsaktiv. Ein Naturprodukt - betont Tielong Chen. Seit einigen Jahren nämlich kämpft der chinesische Unternehmer aus Bremen gegen Billigkonkurrenz, die ihm mit Wurstpellen aus Plastik das Leben schwer macht. Dr. Chen setzt dagegen auf Qualität, auch wenn sie teurer ist. Vor Weihnachten hat er damit besonderen Erfolg bei den europäischen Wurstfabriken: TAKE 17 (O-TON CHEN) "Die Fabriken wollen gute Produkte für Weihnachten produzieren. Dann nehmen die jetzt die Naturdärme statt die Plastikkunstdärme - da haben wir zur Zeit sehr viel zu tun." SPRECHERIN Nach vielen Jahren als Wurstpellenfabrikant in Bremen und China kennt Tielong Chen sich aus mit den Unterschieden in der Arbeitswelt. TAKE 18 (O-TON CHEN) "Die Deutschen sind zuverlässiger als die normalen chinesischen Angestellten." SPRECHERIN In China gibt es keine flächendeckende Krankenversicherung. Deshalb ist man in China anders krank als in Bremen: TAKE 19 (O-TON CHEN) "Wenn man hustet oder Kopfschmerzen hat oder Bauchschmerzen hat, da hält man durch. Geht nicht zuerst einmal zum Arzt, a verliert man Zeit, b muss man beim Arzt auch zusätzlich bezahlen. Aber die meisten Chinesen sind, wenn ich sagen darf, nicht so empfindlich." SPRECHERIN Wenn Tielong Chen Feierabend hat, trifft er sich gerne mit Studienfreunden von früher: Mit Deutschen aus seinem Fachgebiet. Und mit gebürtigen Chinesen, mit denen er im chinesischen Studentenverein aktiv war. Außerdem pflegt Doktor Chen typisch bremische Leidenschaften: TAKE 20 (O-TON CHEN) "Ich habe auch eine Dauerkarte bei Werder, mit meinem Sohn, und ich spiele bis jetzt immer noch ein Mal in der Woche Amateurfußball, ein bisschen Bewegung tut mir gut. Meine Frau mag gerne Musik. Wir haben auch diese Bremer Philharmoniker-Jahreskarte, das war acht mal im Jahr." SPRECHERIN Seine Frau, erzählt der lebhafte Unternehmer, sei mit ihm aus China gekommen, sie hat in Köln promoviert. Sie sei ruhiger als er. Zu Hause liest sie viel und hört Musik. Einen mehrbändigen Roman habe sie geschrieben, auf Chinesisch natürlich. Um das Chinesisch seines Sohnes, Mitte zwanzig, sei es dagegen nicht gut bestellt, bedauert der Vater: TAKE 21 (O-TON CHEN) "Er kann uns verstehen und sprechen. Schreiben kann er kaum. Vielleicht 200, 300 Zeichen kann er Chinesisch schreiben. Wirklich schade." TAKE 22 (ATMO FLUGHAFENGEGEND) SPRECHERIN Um die Sprache geht es auch bei Mengquing Zhu, kaum dass wir uns begrüßt haben. Zhu sitzt in einem Einraumbüro eines Neubaus am Flughafen, der sich etwas hochtrabend "World Trade Center" nennt. Der Geschäftsmann bedauert, dass wir uns auf Englisch unterhalten müssen. TAKE 23 (O-TON ZHU) "Be honest, I have learnt several times .... for a new course again, A2 or B1. ÜBERSETZER "Ich habe schon mehrere Deutschkurse in der Volkshochschule besucht. Aber ich habe viel zu tun. Trotzdem will ich mich wieder zu einem Kurs anmelden, A2 oder B1." SPRECHERIN Bescheidene Deutschkennntnisse hindern Mengquing Zhu aber nicht am geschäftlichen Erfolg. Seit sechs Jahren lebt er in Bremen. Von der Hansestadt aus beschafft er, was immer chinesische Unternehmen bei ihm bestellen. TAKE 24 (O-TON ZHU) We organize ... and so on. ÜBERSETZER "Wir besorgen Maschinenbauteile, elektronische Komponenten für die chinesische Industrie, zum Beispiel für Stahlunternehmen und Kraftwerke. Unsere Auftraggeber suchen ein Bauteil, und wir bemühen uns, das Beste zu finden. Wir wenden uns hier an den Hersteller." SPRECHERIN Mengquing Zhu ist also eine Art Detektiv auf dem deutschen, auch auf dem europäischen Investitionsgütermarkt. Wenn er gefunden hat, was sein chinesischer Auftraggeber sucht, bittet er um ein Angebot beim deutschen Hersteller - das sind Branchengrößen wie Siemens, aber auch spezialisierte Mittelständler. TAKE 25 (O-TON ZHU) I´m a buyer.... ....potential questions. ÜBERSETZER "Ich bin der Kunde. In China ist der Kunde König. Hier respektieren sie durchaus, wenn man etwas kauft. Aber sie stellen auch viele Fragen." SPRECHERIN In Deutschland werden viele E-Mails hin und her geschickt, bevor Verträge schriftlich abgeschlossen werden. Das macht Arbeit und kostet Zeit. In China vereinbart man Geschäfte gerne am Telefon. Aber der chinesische Einkäufer sieht deutsches Geschäftsgebahren durchaus positiv: Es werde langfristiger gedacht, es sei ernsthafter. TAKE 26 (O-TON ZHU) "They not only focus on one or two orders. There is a more serious attitude, for my personal feeling." SPRECHERIN Bevor er nach Deutschland kam, hatte Mengquing Zhu gar keine rechte Vorstellung, welcher Standort für ihn günstig sein könnte. Flughafen und Hafen sind für ihn wichtig. Aber sonst? TAKE 27 (O-TON ZHU) By a chance... ... end of 2006. ÜBERSETZER "Zufällig war ich Anfang 2006 bei der Handelskammer in Bremen. Ich sprach dort mit einem Mitarbeiter über die Möglichkeit, in Bremen eine Firma zu gründen. Ende 2006 hatte ich hier mein Geschäft." TAKE 28 (ATMO: DOMGLOCKEN) SPRECHERIN Das Land Bremen hatte schon recht früh erkannt, dass in Ostasien - allen voran in China - Zukunftschancen liegen. Zumal traditionelle Stützen der bremischen Wirtschaft wie Schiffbau und Reedereien, aber auch die Lebensmittel- und die Baumwollverarbeitung seit den 1970er Jahren schwächelten oder wegbrachen. Alternativen waren gefragt. China ist für die Bremer Wirtschaft allerdings beileibe kein Neuland. Generationen bremischer Kaufleute waren bereits in Ostasien unterwegs, allen voran die aus dem Handelshaus Melchers. Das Unternehmen gehört heute fünf Familien. Matthias Claussen führt momentan die Geschäfte: TAKE 29 (O-TON CLAUSSEN) "Wir sind sogar, wenn ich das so sagen darf, die älteste deutsche Firma im Chinahandel. Es hat zwar Firmen gegeben, die vor uns in China tätig waren, aber die gibt es heute nicht mehr." SPRECHERIN Die Firma Melchers wurde 1806 gegründet. Ursprünglich handelte man mit Südamerika. Als dort politische Unruhen die Geschäfte erschwerten, wandte sich Melchers nach China: TAKE 30 (O-TON CLAUSSEN) "Damals beschäftigten wir uns ausschließlich mit dem Import chinesischer Produkte, also Senfsaaten, Eiprodukte, also alles Naturprodukte, die in China entsprechend für den Export aufbereitet wurden und dann hierher verschifft wurden. Der Export von hier Richtung China ist erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommen und befasste sich damals zunächst mit einfachen Konsumgütern, also zum Beispiel Petroleumlaternen, Uhren - also Wecker und Standuhren - solche Dinge." TAKE 31 (ATMO WESERUFER) SPRECHERIN Melchers hat seinen Firmensitz in der Stadt, mit unverstelltem Blick auf die Weser. Vor einigen Jahren wurde eine Promenade für Fußgänger und Radfahrer angelegt. Matthias Claussen kann von seinem eher bescheidenen Büro auf den Fluss blicken. Über seinem Schreibtisch hängt ein Mao-Porträt - von Andy Warhol. Heute öffnet seine Firma in China vor allem mittelständischen deutschen Maschinenbauunternehmen die Türen, für die sich eine eigene Vertriebsorganisation dort nicht lohnt. TAKE 32 (O-TON CLAUSSEN) "Das ist in unserem Geschäft typischerweise so, dass wir für einen Hersteller in Deutschland einen Markt in Asien aufbauen, und wenn der eine bestimmte Größenordnung erreicht hat und die Umsatzgrößen so sind, dass sie eine eigene Vertriebsstruktur rechtfertigen, dann dieser Produzent es selber macht." SPRECHERIN Mit chinesischen Unternehmern in Bremen hat Matthias Claussen keinen Kontakt: TAKE 33 (O-TON CLAUSSEN) "Die chinesischen Unternehmen, die hier nach Bremen gekommen sind, also das gilt auch deutschlandweit, sind in ihrer ganz großen Mehrzahl sehr, sehr kleine Handelsfirmen, die ganz spezielle Produkte hier vertreiben. Das sind alles Nischenprodukte, mit denen wir uns überhaupt nicht befassen." SPRECHERIN Klingt das jetzt ein wenig von oben herab? Für Yumin Rong, Matthias Claussens chinesischen Kollegen in Bremen, arbeiten in Ningbo 300 Kilometer von Shanghai entfernt 1200 Beschäftigte. Bremische Geschäftsleute, die mit China zu tun haben, kennt er allerdings nicht näher. TAKE 34 (O-TON RONG) "Als eine fremde Firma haben wir unsere eigene Umwelt. Und deshalb haben wir bisher auch kaum Kontakt miteinander gehabt." TAKE 35 (ATMO GEWERBEGEBIET NEUSTADT) SPRECHERIN Yumin Rong verkauft vom Gewerbegebiet der Bremer Neustadt aus LED-Leuchten nach ganz Europa. Rong sitzt auch im Vorstand der chinesischen Mutterfirma. TAKE 36 (O-TON RONG) "Seit 2004 haben wir sehr große Mühe gegeben, sehr viel Kapital eingesetzt, um diese Technik zu entwickeln. Als wir damit anfingen, gab es in Deutschland kaum Firmen, die daran Interesse haben. Aber jetzt inzwischen hat sich die Technik dermaßen weiter entwickelt, dass man auch wirklich sagen kann: Das ist das Licht der Zukunft." SPRECHERIN Eine Karriere in der Wirtschaft war Yumin Rong nicht unbedingt vorgezeichnet, als er Mitte der 1980er Jahre nach Bremen kam: TAKE 37 (O-TON RONG) "1987 plante man an der Hochschule Bremen einen Studiengang "Angewandte Weltwirtschaftssprache". Ich habe mich für einen Dozentenplatz beworben und ich wurde auch gewählt." SPRECHERIN Yumin Rong war da schon ein paar Jahre in Deutschland. TAKE 38 (O-TON RONG) "Ich habe in China Germanistik studiert, Nebenfach Volkswirtschaft. Und in Deutschland habe ich zwei Jahre Fortbildung bekommen mit dem Schwerpunkt "Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg", soziale Marktwirtschaft. Was mich außerordentlich beeindruckt hat. Und jetzt bin ich auch zu der Idee gekommen, vielleicht kann ich doch selbst mal praktizieren, was ich studiert habe." SPRECHERIN Aus Yumin Rong, dem Germanisten und Sprachlehrer, wurde ein Geschäftsführer mit Faible für die Marktwirtschaft. China sieht der Wirtschaftspraktiker seit 30 Jahren in Bewegung, Europa erscheint ihm eher behäbig: TAKE 39 (O-TON RONG) "Die chinesischen Firmen sind neugieriger, lernfähig und lernlustig." SPRECHERIN Große Unterschiede sieht Firmenchef Rong auch bei der Unternehmenskultur. Der freundliche Mittfünfziger schüttelt ratlos den Kopf, als er erzählt, dass es einmal Ärger gab: Er hatte die Heizung, um Energie zu sparen, über Nacht so weit runterdrehen lassen, dass es morgens in den Büros offenbar recht frisch war. TAKE 40 (O-TON RONG) "Natürlich erheben dann die Mitarbeiter Protest. Aber diese Proteste haben sie nicht direkt vor dem Geschäftsführer erhoben, sondern sie schreiben einfach mit E-Mail an die Geschäftsleitung." SPRECHERIN Wie man Konflikte löst, sagt Yumin Rong, sei eben sehr verschieden. TAKE 41 (O-TON RONG) "Wenn man irgendwelche Probleme hat, denkt man oft zuerst einmal, wer dieses Problem geschaffen hat. Und man denkt wenig, ob ich auch daran schuld bin. Die Chinesen sagen gerne: In der Harmonie macht man Gewinn. Und ich möchte auch nach diesen Philosophenprinzipien handeln hier." SPRECHERIN Auch wenn es nicht immer einfach ist: Yumin Rong und seine Kollegen sind fest entschlossen, in der Hansestadt klarzukommen. Menquing Zhu: TAKE 42 (O-TON ZHU) I got a principle .... lifestyle here. ÜBERSETZER "Ich habe ein Prinzip: Ich lebe in Deutschland. Ich muss die hiesige Lebensart respektieren." TAKE 43 (ATMO FREIMARKT) SPRECHERIN Zhu sucht nicht unbedingt den Kontakt zu seinen chinesischen Landsleuten in Bremen: TAKE 44 (O-TON ZHU) To be honest.... .... took a picture. ÜBERSETZER "Ehrlich gesagt, mit den Chinesen hier habe ich wenig zu tun. Wenn dagegen Freimarkt ist oder Weihnachtsmarkt, bin ich bestimmt dabei. Ich war auch beim Marathonlauf und habe ein Foto gemacht." SPRECHERIN Sein Sohn, erzählt Mengquing Zhu, besucht die internationale Schule in Bremen. Seine Frau hält sich gewöhnlich zwei Monate in der Hansestadt auf, dann fliegt sie für einen Monat nach Shanghai. Dort leben ihre alten Eltern, sie ist das einzige Kind. Das Pendeln zwischen China und Deutschland gehört zum Leben der Chinesinnen und Chinesen in Bremen: Yamei Leng, die Vermittlerin, reist regelmäßig nach Fernost, um neueste Entwicklungen in ihrer alten Heimat mitzubekommen. Und Tielong Chen, der Fabrikant natürlicher Wurstpellen, muss schon wegen seines neuen Betätigungsfeldes reisen: TAKE 45 (O-TON CHEN) "Seit ein, zwei Jahren versuchen wir auch, Lebensmittel, Fleischwaren von Deutschland nach China zu exportieren." -ENDE Script- 10 1