Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Zeitfragen "Wirtschaft & Umwelt" 04. November 2014, 19 Uhr 30 Nur noch Kurzstrecke? Von den Umwälzungen im Taxi-Geschäft Von Johannes Nichelmann 01. Atmo: New York, Sirenen, Hupen (1:55) - darüber: 02. Atmo: Popmusik im Auto (4:45) - darüber: Sprecherin New York, Columbus Avenue. Es ist 12 Uhr mittags und die Stadt ist wie immer verstopft. Das ist Manhattan. Simon und sein gelbes Taxi gehören seit sieben Jahren dazu. 01. O-Ton: Samuel (0:06) (Samuel) Yeah. Yellow Cab, yeah. Seven years. Almost seven years now. Sprecherin Die gelben Autos müssen in jeden Hollywood-Film und auf jedes Urlaubsfoto. Sie sind das Sinnbild für die Mobilität der Metropolen. Auch für Simon. Er lebt hier seinen Traum von Freiheit. 02. O-Ton: Easy (0:15) (Samuel) Yeah it was easy. Once you have your driver-license and you go to the taxi-academy... Sprecher Ja, es war nicht schwer. Wenn Du einmal Deinen Führerschein hast, gehst Du zur Taxi-Akademie. Da musst Du dann deren Tests bestehen. Ganz einfach und schon hast Du Deine Lizenz. Sprecherin Und trotzdem: alles verändert sich. Auch das traditionelle Taxi-Geschäft in den Metropolen. Auf der ganzen Welt. 03. O-Ton: Wettbewerb (0:20) There is a lot of competition going on in this city... Sprecher In dieser Stadt gibt es sehr viel Wettbewerb. Wir müssen das mal abwarten. Da gibt es "Uber" und verschiedene andere Angebote die so ähnlich sind. Ich merke langsam, dass es nicht so einfach ist wie früher. Aber für unsere Zukunft hoffe ich mal das Beste. 01. Atmo: Ende/ Blende 02. Atmo: Ende/ Blende 03. Atmo: Berlin, Musik im Taxi (3:40) - darüber: Autor Berlin, Karl-Marx-Straße. Susanne steuert ihr Taxi, einen elfenbeinfarbenen Mercedes, durch den Feierabendverkehr. Es ist 18 Uhr und ihre Schicht hat gerade erst begonnen. Seit 17 Jahren schon fährt sie fünf bis sechs Nächte in der Woche durch Berlin. Was Susanne und Simon verbindet ist die Sehnsucht nach Freiheit. 04. O-Ton: Schöner Job (0:12) (Susanne) Weil ich das Gefühl hab, das ich doch ein bisschen freier arbeiten kann als in vielen anderen Angestellten-Tätigkeiten. Weil ich mir die Zeit frei einteilen kann. 04. Atmo: Ende/ Blende 05. Atmo: ruhige Fahrt (2:10) - darüber: Autor Was Simon aus New York und Susanne aus Berlin ebenfalls verbindet ist die ungewisse Zukunft ihrer Branche. Taxifahren ist für viele Luxus. Der Weg zum Flughafen einmal im Jahr. Oder etwas für Touristen und Geschäftsleute. Taxifahren ist vielleicht die einzige Möglichkeit nach der Party nach Hause zu kommen. Taxifahren ist der Krankentransport zum Arzt am Vormittag. Taxifahren verändert sich. Neue technische Möglichkeiten und neue Ansprüche stellen die Branche vor Herausforderungen. In Deutschland gibt es 200.000 Taxifahrerinnen und Taxifahrer. 05. O-Ton: Prekär? (0:26) (Autor) Ist Taxifahren ein prekärer Job? (Susanne) Also wenn man prekär definiert als gering entlohnt, dann würde ich sagen ja. Doch. Weil wir sehr starken Fluktuationen auch unterworfen sind, was die Nachfrage angeht. Weil wir eben keinen festen Stundenlohn bekommen, was man wiederum auch als Vorteil sehen kann. Aber in der Hinsicht ja. Es ist schon ein prekärer Job. Autor Susanne ist 44 Jahre alt. Sie ist studierte Dolmetscherin. Schon zu Uni-Zeiten hat sie als Taxifahrerin gearbeitet. Das Auto ist aufgeräumt. Ihre Handtasche hat sie zwischen sich und die Fahrertür geklemmt. Im Handschuhfach liegen ihre CDs. Susanne trägt eine schwarze Lederjacke, eine blaue Jeans und lange, zum Zopf gebundene Haare. Ein Funkgerät gibt es schon lange nicht mehr. Ein kleiner Bildschirm links neben dem Lenkrad dient sowohl als Navigationssystem, als auch als Kommunikationsmittel mit der Taxizentrale. 06. O-Ton: Neukölln (0:43) (Autor) Wir sind jetzt hier in Neukölln. Warum haben wir jetzt hier diesen Bezirk angesteuert? (Susanne) Tja, das weiß ich auch nicht so genau. Ich bin einfach mal losgefahren. Aufs Geratewohl. So... die sehen doch so aus, als bräuchten die ein Taxi. Ja! Hallo! Guten Abend! Suchen Sie ein Taxi? Entschuldigen Sie? (Fahrgast) Ja. (Susanne) Brauchen Sie ein Taxi? (Fahrgast) Sind Sie frei? (Susanne) Ja. Do you speak english or german? (Fahrgast) English. (Susanne) Hi! (Fahrgast) ... to Gerichtsstraße. (Susanne) To Gerichtsstraße in Wedding! (Autor) Ist das eine gute Tour? Von hier aus zur Gerichtsstraße? (Susanne) Das ist eine ganz gute Tour, ja. Autor Knapp 25 Euro für eine Strecke von knapp 20 Minuten. Vierzig Prozent der Einnahmen gehen an Susanne. Sie ist bei einem Unternehmen angestellt. 05. Atmo: Ende/ Blende 07. O-Ton: Funkzentrale (0:06) (Steffi B.) So... und bei Heinzelmann? Um zwölf Uhr, ja? [Tippen am Computer] 06. Atmo: Funkzentrale, Leipzig (3:50) - darüber: Sprecherin Leipzig, Jahnallee. In der Funkzentrale der Taxivereinigung "Löwentaxi" melden sich regelmäßig zahlreiche Fahrgäste, die auf Kosten ihrer Krankenkasse zum Arzt fahren. Insgesamt 500 Fahrzeuge werden von hier aus koordiniert. Zwei Telefonistinnen tragen Kopfhörer mit Mikrofonen und tippen alle benötigten Informationen in ihre Computer ein. Sie drücken auf die Enter-Taste und Sekunden später weiß ein Taxifahrer irgendwo in Leipzig was zu tun ist. Uwe Franz ist der Vorsitzende der Genossenschaft und außerdem Eigentümer eines Taxi-Betriebs. Auf seinem Computerbildschirm kann er per GPS sehen, wo sich seine Fahrerinnen und Fahrer gerade befinden. Wann immer sie arbeiten. 06. Atmo: Ende/ Blende 07. Atmo: Büro, Leipzig (1:33) - darüber: 08. O-Ton: Lohntüte (0:15) (Uwe Franz) Sie müssen rechnen: sechs Tage die Woche, á zwölf Stunden. Damit es sich lohnt. Also mit fünf-Tage Woche und acht Stunden. Das geht gar nicht. Man muss auch ein bisschen Herzblut da investieren. Es muss einem ja auch Spaß machen. Und dann kann man eigentlich noch davon leben. Sprecherin In zwei Monaten, am 01. Januar 2015, kommt der Mindestlohn. Wie es dann allerdings weitergehen soll, weiß Uwe Franz bis jetzt noch nicht. 09. O-Ton: Mindestlohn (0:34) (Uwe Franz) Das ist ein richtig hartes Ding für uns, weil wir wissen nicht, wie wir es bezahlen sollen. (Autor) 8 Euro 50 die Stunde... (Uwe Franz) Ja. Plus Lohnnebenkosten sind wir irgendwo bei elf Euro. Geht nicht. Dafür müssten die Fahrer in der Stunde einen Umsatz bringen von schätzungsweise 25 Euro. Der ist in Leipzig nicht zu schaffen. Den haben Sie mal bei Events. Den haben Sie mal sonnabendnachts, vielleicht auch mal freitagnachts auf die ganze Nacht gerechnet. Dann kommen Sie auf die 25 Euro Umsatz aber sonst wochentags, das geht gar nicht. Es ist nicht zu bezahlen! Sprecherin Bis März 2015 könnte der Taxiunternehmer seine Belegschaft durchbringen. Solange reicht das Kapital auf dem Betriebskonto. Seine Antwort: er muss Mitarbeiter entlassen. 10. O-Ton: Entlassungen (1:25) (Uwe Franz) Das wissen die auch schon. Weil es ist... Ich würde ja mit offenen Augen ins Verderben rennen. Ich weiß, dass ab dem 01. Januar ich die Löhne nicht zahlen kann. Ich bin ja auch nicht da, um nur die Leute in Arbeit zu bringen. Es muss ja auch dafür was übrig bleiben. Jetzt will ich nicht mal so weit gehen, wenn das gegen Null geht bin ich auch noch glücklich. Ne, bin ich nicht. Weil dann brauch ich das ganze Geschäft nicht zu betreiben. Es muss schon was übrig bleiben. Ich will ja gar nicht viel. Aber ein bisschen was muss übrig bleiben. (Autor) Wie wählt man Leute aus, die man entlässt, wenn man eine Belegschaft hat? (Uwe Franz) Äh... ich wähle danach, was die Fahrer an Umsatz bringen. Ich hab da so Schwankungen jetzt in der Firma drin. Also es bringt ein guter Fahrer 4.000 Euro. Im Schnitt, im Monat. Ein Nachtschichtfahrer. Ich hab aber auch einen, der bringt nur zweieinhalb Monat für Monat. Da weiß ich dass der... das reicht nicht. Den werde ich dann entlassen müssen. Natürlich geht das nach Einnahmen, nach Umsatz. Was die Fahrer bringen, wie fleißig die sind. Sprecherin Für Uwe Franz steht fest, dass in Leipzig die Politik nach der Wende zu viele Taxen zugelassen hat. Er will weniger Fahrer und höhere Fahrpreise. Genau das hat seine Genossenschaft von der Stadt bereits gefordert. 07. Atmo: Ende/ Blende 08. Atmo: Taxiverband, Berlin (4:00) - darüber: 11. O-Ton: Einbruch I (0:08) (Dietmar Schmidt) Wir rechnen damit, dass ein Viertel der über zweihunderttausend Beschäftigten da von Arbeitsplatzverlust bedroht sind. Sprecherin Dietmar Schmidt, genannt "Icke", vom Deutschen Taxi- und Mietwagenverband. Eine von vielen Vertretungen der Taxibranche in Deutschland. 12. O-Ton: (Dietmar Schmidt) Könnten eventuell sogar noch mehr sein, das ist also keine geschönte Zahl nach oben. Aber 50.000, ein Viertel, also 50.000 wäre durchaus eine Zahl die sehr wahrscheinlich ist. 13. O-Ton: (Dietmar Schmidt) Wir schätzen mittelfristig das so ein, das es sehr viel weniger angestellte Fahrer geben wird und das es sozusagen eine neue Tendenz geben wird, wieder zum alleinfahrenden Unternehmer. Der also mit "ein Mann, ein Auto" - nach dem Motto - seine Dienstleistungen im Personenbeförderungsgewerbe anbietet. 14 O-Ton: (Autor) Wie ist es dazu gekommen, dass der Job des Taxifahrers so prekär geworden ist? (Dietmar Schmidt) Ja, das hat verschiedenste Ursachen über die Jahrzehnte hinweg. Wir haben leider nicht so das Standing dessen was es eigentlich Wert wäre. Wir führen ja insgesamt über 400 Millionen Beförderungen im Jahr durch. Sehr zuverlässig. Wir sind auch ein Bestandteil des öffentlichen Personen-Nahverkehrs. An und für sich müsste diese Arbeit doch sehr viel höher eingeschätzt werden. Diese Zuverlässigkeit, das Taxen immer fahren, immer da sind, immer verfügbar sind und eben auch nach bestimmten Regeln auch zuverlässig sicher von Tür zu Tür Sie befördern, das wird als Gut gelegentlich nicht so hoch geschätzt, wie es gelegentlich richtig und wichtig wäre. Sprecherin Doch klar ist auch, dass lange Zeit Trends verschlafen wurden und wenig Wert auf Service gelegt wurde. Der Kampf gegen Schwarzarbeit ist in vielen Städten, nicht zuletzt aus Kostengründen, eingeschlafen. Es ist ein schleichender Prozess. Und jetzt... 08. Atmo: Ende/ Blende 09. Atmo: Taxi, Innen - darüber: 15. O-Ton: (Susanne) So, jetzt stehen wir im Stau. Mehr oder weniger. Das dauert heute leider etwas länger, die Herren. (Fahrgast) Was? (Susanne) Ich weiß nicht, was da los ist. Aber Sie sind geduldig, ne? (Fahrgast) Ist okay. (Susanne) Ganz entspannt. Prima! Autor Berlin - Susanne will ihre beiden Fahrgäste aus Griechenland vom südlichen Neukölln in den Norden, in den Bezirk Wedding bringen. Doch nach ein paar Kilometern bewegt sich nichts mehr auf der Straße. Zeit, sich besser kennen zu lernen. 16. O-Ton: (Susanne) Naja manchmal ist es gar nicht unbedingt so das, was die Leute sagen, sondern das, was man so nonverbal mitbekommt. Da tun sich ja manchmal Welten auf. Allein dadurch, wie sich jemand verhält. Oder wie Paare miteinander reden beispielsweise. Da kann man sich den Rest auch schon oft denken. Ich glaube nicht, dass man dann so als besonderer Menschenkenner am Ende da raus hervorgeht. Ich glaube, man entwickelt ein intuitives Gespür für Menschen. Man schärft seine Intuition für Leute. Autor Susanne entschuldigt sich mehrmals bei ihren Fahrgästen für die Umstände. Die beiden Männer nicken und bleiben lieber untereinander. Susanne blickt kurz auf ihr Smartphone. Eine "Uber"-App würde man darauf nicht finden sagt sie. 17. O-Ton: (Susanne) "Uber" ist für mich ein Anbieter, der versucht sich als innovativ zu verkaufen. Der sich als innovativ geriert aber nichts innovatives anbietet. Autor Seit ein paar Monaten versucht der US-Anbieter "Uber" auf den Markt in Deutschland zu drängen. Im Rücken: große Investoren wie "Google" und "Goldman Sachs". Die Smartphone-Applikation "Uber Pop" vermittelt private Fahrer und private Kunden. 09. Atmo: Ende/ Blende 10. Atmo: Taxiverband, Berlin Sprecherin Für Dietmar Schmidt vom "Deutschen Taxi- und Mietwagenverband" steht fest, dass "Uber" in der aktuellen Form nichts auf deutschen Straße verloren hat. Apps, um Taxis zu rufen, habe die Taxibranche ja selbst. Der Konzern "Uber", der in 45 Staaten um die 200 Millionen Dollar Umsatz im Jahr macht ist eine Konkurrenz vor der die Taxibranche hierzulande Angst hat. In der "Uber"-Heimatstadt San Francisco haben die traditionellen Taxis nur noch 65 Prozent der Fahrten im Vergleich zum Jahr 2012. 18. O-Ton: (Dietmar Schmidt) Wenn man weiß, das Google und Goldmann Sachs drinstecken, mit Milliarden, dann ist schon relativ schnell klar, dass es eigentlich nur darum geht, Märkte zu erobern und damit sehr schnell, sehr heiß und fettig Geld zu verdienen. Darum geht's. 10. Atmo: Ende/ Blende 11. Atmo: Senatsverwaltung, Büro 19. O-Ton: (Christian Gaebler) Also wir gehen jetzt hier tatsächlich mit den Mitteln des Rechtsstaats auch dagegen vor. Ich kann nur jeden davor warnen, sich auf diese illegalen und rechtswidrigen Angebote einzulassen! Sprecherin Staatssekretär für Verkehr und Umwelt im Land Berlin, Christian Gaebler. Der SPD- Politiker verhandelt nicht mit "Uber", solange sich das Unternehmen weigert den Dienst vorübergehend einzustellen. Solange, bis alle rechtlichen Fragen geklärt sind. 20. O-Ton: (Christian Gaebler) Es ist so, die "Uber"-Fahrer sind nicht versichert. Sie haben keinen Personenbeförderungsschein, die Fahrzeuge sind nicht zugelassen für Personenbeförderung. Wir haben in Deutschland hier relativ strenge Regeln. Das ist aber auch gut so. Weil die sollen Schaden abwenden von den Kunden. Wer sich in Deutschland jemand in ein Taxi setzt, soll sich darauf verlassen können, dass das Taxi bestimmten technischen Anforderungen entspricht. Dass der Fahrer überprüft ist, dass der Fahrer auch einen Personenbeförderungsschein hat und das wird hier von "Uber" unterlaufen und das ist rechtswidrig. Sprecherin Das Land Berlin hat Anfang Oktober ein Zwangsgeld von 25.000 Euro verhängt. Eine Summe, die täglich fällig ist. Solange "Uber" seinen Dienst aufrechterhält. Auch die Stadt Hamburg hat Verbote und Strafen verhängt. Ein französisches Gericht hat jüngst entschieden, das "Uber" 100.000 Euro zahlen muss. Der Vorwurf: "Uber" verfolge betrügerische Geschäftsaktivitäten. Die Betreiber haben gegen das Pariser Urteil Widerspruch eingelegt. Einer der Gründer von "Uber", Travis Kalanick, sagte im Mai 2014 auf der "Code Conference" in Los Angeles sein Unternehmen stehe einem "Arschloch namens Taxi" gegenüber. 21. O-Ton: (Travis Kalanick) And the opponent is an asshole named taxi. [Publikum lacht] And if you are in that political campaign... - darüber: Sprecherin Er erzählt auf dem Podium davon, das die Taxiindustrie "düster", "gefährlich" und "böse" sei. Eine "politische Maschinerie" stehe hinter dem etablierten Taxibetrieb und viele Menschen aus der Politik schuldeten der Branche einen Gefallen. 01. Musik: You, Nico Pusch - darüber: 22. O-Ton: (Autor) Das ist also das Headquater dessen, wovor alle Riesenangst haben zurzeit. (Fabien Nestmann) Das ist eines der Büros, die wir in Deutschland haben. Wir haben ja in jeder Stadt in Deutschland ein Büro und dann auch mindestens drei Kollegen. Das ist das Berliner, das ist zumindest das älteste Büro. 01. Musik: Ende/ Blende Autor In einem schicken schwarzen Kasten in Berlin-Mitte, unweit vom Bundesnachrichtendienst sitzt Fabien Nestmann im Konferenzraum. Der ist zugestellt mit Kisten voller Werbegeschenke. Regenschirme mit "Uber"-Aufdruck, Rabattkarten, die zwanzig Prozent Erlass auf den Fahrpreis versprechen. Soviel, wie "Uber" von jeder vermittelten Fahrt sonst einbehält. Die Idee für das Unternehmen kam den beiden Gründern, Travis Kalanick und Garrett Camp, in Paris, als sie mal wieder vergeblich auf ein verfügbares Taxi gewartet haben. 23. O-Ton: (Fabien Nestmann) Ähm... und daraus hat sich dann "Uber" wie es heute ist entwickelt. Extrem schnell, extrem erfolgreich. 12. Atmo: Ende/ Blende 13. Atmo: Konferenzraum Autor Der junge Unternehmenssprecher kennt die Kritik. Und hat schon vor vielen Fernsehkameras erklärt, das "Uber" trotz Gerichtsurteilen weiter machen will. Aber man sei bereit zu reden und sich wenn nötig auch anzupassen. Die Regeln des Taxigewerbes seien alt, aus einer Zeit, in der an die digitalen Möglichkeiten nicht zu denken war. 24. O-Ton: (Fabien Nestmann) Wir passen durchaus die Optionen an und gestalten die so, dass die am Sinnvollsten für die jeweilige Stadt sind. Also dementsprechend haben wir... fühlen wir uns nicht nur deutsch sondern auch Deutschland verpflichtet. Autor Doch die Deutschen, vor allem die Behörden, sind zurzeit noch undankbar. "Uber" musste den Fahrpreis auf 35 Cent pro Kilometer beschränken. Eine Betriebskostenpauschale, weil "Uber" sich notgedrungen zur Mitfahrerzentrale erklären musste. Dadurch kämen wenig neue Fahrer dazu, das Wachstum des Konzerns sei somit gestoppt. Die, so Fabien Nestmann, "restriktive Justiz" halte neue Fahrer ab, bei dem Dienst mitzumachen. Dabei würde man dem alteingesessenen Taxigeschäft keine Kunden wegnehmen. Vielmehr würde man Leute animieren sich chauffieren zu lassen, die bislang in kein Taxi gestiegen sind. 25. O-Ton: (Fabien Nestmann) Wir sind kein Taxidienst, wir wollen nicht die Taxen verdrängen und wir wollen auch nicht einzig und allein Taxi anbieten. Was wir anbieten ist eine Alternative. (Autor) Wie viele Leute haben Sie schon im Pool? (Fabien Nestmann) Darüber machen wir grundsätzlich keine Aussagen. Das werden Sie wahrscheinlich schon gehört haben. Also Fahreranzahl etc. Was ich sagen kann, dass wir, seit wir "Uber Pop" in Deutschland freigeschaltet haben, viele tausend Anmeldungen erhalten haben. Und das wir wöchentlich auch tausende von Anmeldungen von der Nutzerseite auch in Deutschland haben. (Autor) Wer kommt da? Was sind das für Leute? (Fabien Nestmann) Vom Arzt bis Zimmermann ist eigentlich alles dabei. (Autor) Machen die das, um Geld zu verdienen oder weil sie es super finden ihr Auto zu teilen? (Fabien Nestmann) Es ist sicherlich eine Mischung aus allem. Das sind Leute, die unter anderem gerne in ihrem Auto fahren. Die gerne auch in ihrer Stadt fahren. Das sind logischerweise auch soziale Menschen, die keine Scheu haben vor Kontakt mit anderen. Dann ist die Tatsache, das da ein bisschen was hängen bleiben kann am Ende sicherlich nicht unrelevant. Ganz klar. Autor Die Taxibranche verweist darauf, dass ihre Fahrerinnen und Fahrer regelmäßigen Gesundheitschecks unterzogen werden. Dass sie Führungszeugnisse vorlegen müssen und schwierige Tests zu bestehen haben, um am Ende den Personenbeförderungsschein zu erhalten. Taxifahren sei sicherer. Fabien Nestmann entgegnet, das auch "Uber"-Fahrer ohne polizeiliches Führungszeugnis nicht mitmachen dürften. Ebenso würden die Fahrzeuge überprüft. Auch die Sache mit den Versicherungen sei geklärt. 26. O-Ton: (Fabien Nestmann) Ja, da weiß ich nicht, warum ich nicht ähm... Da scheine ich nicht besonders gut in der Kommunikation zu sein. Also jede Fahrt die über die "Uber"- Plattform zustande kommt, ist versichert. Autor Das Ziel von "Uber" ist es in Metropolregionen binnen Minuten Fahrten vermitteln zu können. Was bedeutet, dass mindestens so viele "Uber"-Fahrerinnen und -Fahrer im Einsatz sein müssen wie reguläre Taxifahrerinnen und Taxifahrer in den jeweiligen Regionen. 27. O-Ton: (Fabien Nestmann) Vielleicht sogar mehr, wenn man davon ausgeht, das man nicht nur das Zentrum, sondern alles was auch nicht mit Zentrum ist auch gut versorgen möchte. Also es ist so, das "Uber" meiner Meinung nach auch zu einer Infrastrukturverdichtung führen kann. Wenn man mehr Leuten ermöglicht, andere Leute mitzunehmen, in einem kontrollierten Rahmen, was uns sicher zugute kommt, weil wir dann ein gewisses Vertrauen in die Sache haben können. Dann kann ich mehr Verbindungen erstellen. Und dann kann ich so Gebiete, die durch den ÖPNV vielleicht nicht so gut abgedeckt sind besser versorgen. (Autor) Aber wenn Sie so viele Leute brauchen. Dann gibt es ja Leute, die von "Uber" leben. Die es also zu ihrem Beruf machen, damit zu fahren. Wie sorgen Sie dafür, dass dafür die Lohnnebenkosten, das alles bezahlt wird, was eben bei so einem Job bezahlt werden muss? (Fabien Nestmann) Das ist sicherlich Teil der Diskussion, die wir haben müssen, die wir aber auch haben möchten. Wir haben was Neues gefunden. Zugegebener Maßen haben wir damit nicht gleich fünfhundert Gesetze mitgebracht, ja. 13. Atmo: Ende/ Blende 28. O-Ton: (Susanne) So! Jetzt haben wir hier einen Krankenwagen. Jetzt haben wir auch die Erklärung für den Stau. Ist ja schon mal was, wenn man wenigstens weiß, warum man im Stau steht. [Sirenen] (Susanne) Ich glaube, wir improvisieren mal. Okay? (Fahrgast) Besser. [lacht] (Susanne) Ja! Das hat so keinen Sinn. Weil wenn die jetzt erst kommen, die Krankenwagen. Dann wird das wahrscheinlich noch eine Weile dauern. So. Ja, wir machen das anders jetzt... Autor Taxifahrerin Susanne ist auch nach 30 Minuten mit ihren Fahrgästen noch nicht im Wedding angekommen. Sie hat noch nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft. 29. O-Ton: (Susanne) Alle Wege führen nach Wedding. Oder man könnte auch sagen: freie Fahrt für freie Bürger, ne. [lacht] 14. Atmo: Büro, Hamburg Sprecherin Hamburg, Hafencity - In der Hongkongstraße befindet sich der Sitz von "Wundercar". Gunnar Froh ist der Chef des deutschen Start-Ups, das bei Hamburgs Taxifahrerinnen und -fahrern ähnlich beliebt ist, wie "Uber". 30. O-Ton: (Gunnar Froh) Am Eingang - ich weiß nicht ob sie das gesehen haben - steht eine Vision für "Wundercar". Und da steht nicht, wir wollen in ein paar Jahren noch schneller und total günstig von A nach B kommen. Sondern da steht: "Wir bauen ein Gefühl von Heimat in der Stadt, indem wir es Nachbarn ermöglichen ihre Ressourcen miteinander zu teilen. Sprecherin Auch "Wundercar" musste bis zur eindeutigen rechtlichen Klärung die Fahrpreise auf ein paar Cent pro Kilometer reduzieren. Das Unternehmen will sich von "Uber" abgrenzen. Keine Fahrerin und kein Fahrer soll die Möglichkeit haben hauptberuflich mit der App unterwegs zu sein. 31. O-Ton: (Gunnar Froh) Und da schlagen wir einfach vor, die Kosten des Autos als Grenze zu nehmen. Sprecherin Gunnar Froh hat früher für "Air BnB" gearbeitet. Eine weltweit äußerst beliebte Plattform, wenn es um die Vermittlung von Wohnungen und Zimmern auf Zeit geht. Allerdings ist "Air BnB" in einigen Städten etwas aus dem Ruder gelaufen. Allein in Berlin sollen 6.000 Wohnungen für reguläre Mieter fehlen, weil einnahmebewusste Vermieter lieber zahlungskräftige Touristen wollen. So einnehmend will "Wundercar" nicht sein. 32. O-Ton: (Gunnar Froh) Teil unseres Vorschlags ist natürlich auch, dass dann im Umkehrschluss diese Plattformen, "Wundercar" und andere, berichten müssen, wer wie viel macht. Also Einsicht in diese Fahrvolumen geben müssen. Und das ist ein Kompromiss, den man dann an der Stelle macht. Sprecherin Vielmehr will "Wundercar" Teil eines neuen Lebensgefühls sein. Leute aus der Nachbarschaft sollen sich kennenlernen. Auf den Fahrten darf gequatscht werden. Der Mitgenommene setzt sich auf den Beifahrersitz, niemals wortlos auf die Rückbank. Es soll Events geben, gemeinsames Grillen im Park. Was dem elfenbeinfarbenen Taxibetrieb fehlt, macht sich "Wundercar" zu Nutze: Emotionen, Lebensgefühl und Identifikation. Genau wie "Uber" nimmt "Wundercar" 20 Prozent der Einnahmen seiner Fahrerinnen und Fahrer. Die Kunden sollen zahlen dürfen, was sie wollen. Wenngleich das Geschäft in Deutschland lizenzbedingt schleppend läuft, so Gunnar Froh, gibt er an in Osteuropa schon jetzt äußerst erfolgreich zu sein. In eine neue Stadt zu expandieren ist günstig - knapp 10.000 Euro. Ein bisschen Werbung in den sozialen Netzwerken hier, ein paar erste Testfahrer dort. 14. Atmo: Ende/ Blende 15. Atmo: S-Bahnsteig (3:00) - darüber: Autor Stefan Weigele ist vor gut 90 Minuten in Hamburg in den ICE gestiegen. Auf dem Weg zum Berlin-Büro seiner "Civity Management Consultants GmbH". Ein Beratungsunternehmen mit den Schwerpunkten Verkehr und Infrastruktur. Die Firma hat eine Studie zur Nutzung sogenannter "Free-Floating-Carsharing"-Angebote durchgeführt. In den Großstädten Deutschlands können angemeldete Nutzer problemlos ein schickes Auto für kurze Strecken buchen. Anders als beim Taxi sitzen sie dann aber selbst am Steuer. Unter jungen Menschen boomt das Angebot, bislang gibt es eine Millionen Nutzerinnen und Nutzer. 33. O-Ton: (Autor) Was kam jetzt bei der Studie raus? Ist Carsharing "der neue heiße Scheiß"? (Stefan Weigele) [lacht] Ja, würde man wahrscheinlich auf Berlin-Deutsch in den Hipster-Vierteln tatsächlich so nennen. Also ja, Free-Floating ist "der neue heiße Scheiß". Das kann man so sagen. Autor Während Stefan Weigele für zwei Stationen zum Büro die S-Bahn nimmt, erzählt er davon, das Carsharing-Autos am Tag durchschnittlich nur eine Stunde bewegt werden und das nur in den angesagten Vierteln. Aber dennoch hätten die meisten Konzerne, wie BMW und Mercedes, ihre immensen Investition in das System schon raus. 15. Atmo: Ende/ Blende 16. Atmo: Hackescher Markt (3:02) - darüber: 34. O-Ton: Konkurrenz (1:15) (Autor) Ist Carsharing eine Konkurrenz zum Taxifahren? (Stefan Weigele) Ja, also erst einmal dadurch, das diese Bedeutung der Free- Floating-Systeme noch so gering ist, ist es erst einmal noch keine riesige Konkurrenz im Moment muss man sagen. In Berlin haben wir ausgerechnet, das diese Free- Floating-Systeme "DriveNow", "Car2Go" und "Multicity" rund ein Zehntel des Berliner Taxivolumens an Fahrten quasi ausmachen. Also zehn Prozent des Taxivolumens werden heute schon mit diesem System durchgeführt. Ist schon eine Nummer. Wir sprechen deswegen auch vom Self-Service Taxi. Also im Grunde verhält es sich wie ein Taxi, weil ich die Fahrzeuge auch überall sehr schnell finde kann ich ähnlich wie beim Taxi bequem das nächste Fahrzeug finden. Fahre meine One-Way-Fahrt, gebe es zurück. Also ich habe fast, fast den Komfort eines Taxis. Nicht ganz, ich muss immer noch Parkplatz suchen. Aber bin deutlich günstiger wie mit einem Taxi. Vielleicht ein Drittel vom Taxipreis was ich dafür bezahle. Das ist schon eine Konkurrenz. Ich glaube auch für ein bestimmtes Klientel das keine Lust mehr hat auf muffelige Taxifahrer oder schlecht gepflegte Taxis. 16. Atmo: Ende/ Blende 17. Atmo: Senatsverwaltung, Büro (2:00) - darüber: Sprecherin Trotz wachsender Konkurrenz, der Berliner Staatssekretär Christian Gaebler gibt der Taxibranche eine Zukunft. Wenn sie lernt mit einer Stimme zu sprechen. Bei sämtlichen Themen gäbe es viele verschiedene Ansprechpartner und Verbände. Sie alle haben unterschiedliche Vorstellungen. Ein anderes Problem: es gibt zu viele "schwarze Schafe". Fahren ohne P-Schein, nicht abgerechnete Fahrten und manipulierte Taxameter. Außerdem müssten auch die modernen Medien eine noch größere Rolle spielen als bisher. 35. O-Ton: Anpassung (0:29) (Christian Gaebler) Sicherlich ist es so, das sich auch ein Gewerbe wie das Taxigewerbe auf neue Kunden, Anforderungen, neue Medien, neue Vermittlungsebenen einstellen muss. Das Taxigewerbe muss mehr Qualität bieten. Es muss sich selber auch entsprechend Kontrollmöglichkeiten schaffen und es muss eine bessere Zugänglichkeit machen. Also Vermittlungstätigkeiten an sich, die auch die Taxizentralen auch über Apps und ähnliches machen. 17. Atmo: Ende/ Blende 36. O-Ton: Altersvorsorge (0:39) (Susanne) So! Ich glaube, Sie kommen heute doch noch im Wedding an! Hm... [Blinker] (Susanne) Was mich manchmal schon ein bisschen bedrückt ist die fehlende Altersvorsorge, ne. Aber ich mach mir nicht allzu viele Gedanken darüber, weil ich sowieso denke, das ich werde arbeiten müssen und solange das gesundheitlich geht, mach ich das auch gerne... Ja, das ich das eben lange tun muss und joa. Autor Berlin, gerade vorbei an der Torstraße. Der große Stau ist überstanden und es geht für die beiden Fahrgäste von Susanne endlich ans Ziel, in die Gerichtsstraße. Die vielen Sorgen der Taxibranche... Susanne zuckt mit den Schultern. 37. O-Ton: Plan B (0:25) (Susanne) Ich lass das auf mich zukommen und werde mir dann überlegen, was ich mache. (Autor) Haben Sie einen Plan B? (Susanne) [atmet schwer aus] Nö. Mh. Mh. (Autor) Sind Sie jemand, der so risikofreudig ist oder brauchen Sie so Sicherheit? (Susanne) Also ich, wenn... Mein Pendel würde immer zugunsten der Freiheit ausschlagen 38. O-Ton: Ankommen (0:25) (Fahrgast) Hier ist okay, glaub ich. (Susanne) Sicher? (Fahrgast) Dieser hier, ja. (Susanne) Prima! 02. Musik: Alt-J - Blood Flood (1:06) - darüber: (Fahrgast) Vielen Dank! (Susanne) Dann danke ich für Ihre Geduld! (Fahrgast) [übergibt das Geld] Vielen Dank. Autor Die Fahrgäste klettern aus der Limousine. Das Taxischild auf dem Dach von Susannes Auto leuchtet wieder. Neue Kunden sollen angezogen werden. Bis vier Uhr morgens geht die Schicht. (Susanne) Schönen Abend! Tschüss. Musikblende Autor Taxen gehören zum Stadtbild. Für manche gelten sie als ewig erhaltenswertes Kulturgut. Susanne sagt: Das hier ist der Job, den ich von allen bisherigen Jobs am Wenigsten ungern mache. Keine Liebeserklärung an das Taxifahren. 39. O-Ton: Morgengrauen (0:23) Wenn's kurz vorm Morgengrauen ist und der Verkehr so gut wie zum Erliegen gekommen ist und man hört irgendeine schöne Musik und fährt dann relativ erschöpft so seinen Heimathafen an. Holt sich noch ein paar Croissants, bevor die Stadt wieder zum Leben erwacht und der ganze Trubel und die ganze Hektik anfängt. Man weiß genau, man gehört nicht mit dazu. 02. Musik: Ende/ Blende Seite 1 von 18