COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Eine Gemeinschaft Ungleichgesinnter Zusammenleben in Klein Jasedow - am nordöstlichen Ende des Landes. Autorin Rütten Ursula Redaktion Stucke, Julius Regie Merfort, Frank Länge 19.50 Minuten Sendung 03.12.2012 - 13 Uhr 07 Die einen dort wollten am liebsten weg, die anderen kamen genau da hin. Die einen sind auf dieser Seite des geteilten Deutschlands groß geworden, die anderen auf jener. Die einen...die anderen...und nun leben sie bereits lange Tür an Tür. Der Länderreport ist heute am nordöstlichen Ende des Landes, in Klein Jasedow. Eine typische Landfluchtgegend, verlassene Dörfer, auch Klein Jasedow. Dann kamen Ende der 90er Jahre Neusiedler aus dem Süden, argwöhnisch beäugt von den Eingesessenen und begleitet von regem Medieninteresse. Der Spiegel berichtete, ein Dokumentarfilm entstand. Und heute? Man lebt immer noch zusammen und ist sich doch noch etwas fremd. Und gerade das macht sie interessant, diese Gemeinschaft Ungleichgesinnter. M A N U S K R I P T B E I T R A G Autorin: Weites Land unter hohem Himmel. Sanfthügelig. Großflächiges, fruchtbares Ackerland, fast ohne Wegenetz. Stille, wie verwunschene Seen. Lichte Wäldchen. Streudörfer mit freilaufendem Federvieh. Obstwiesen. Gemüsegärten. Der Schilfgürtel vorm Stettiner Haff. Der kleine Hafen von Lassan. Das Rathaus am unbelebten Marktplatz. Johannes Heimrath treffe ich wenige Kilometer landeinwärts, dort, wo er mit seiner Wahlfamilie lebt: in der kleinsten Gemeinde von Lassan, in Klein Jasedow. 15 Häuser. Für die Alteingesessenen galt Heimrath lange Zeit als der Chef dieser skurrilen Neusiedler. Ein Chef will er nicht sein, das ist er auch nicht. Johannes Heimrath ist ein Menschenfreund, ein Musiker, ein Philosoph und ein sehr bewusster, verantwortungsbewusster Bürger eines bedrohten und schützenswerten Gemeinwesens. (Johannes Heimrath) Dass ich hier Stadtvertreter von Lassan bin, hat damit zu tun, dass wir im Jahr 2009 eine Gemeindefusion hatten. Als wir uns hier vor 15, 16 Jahren niedergelassen haben, gab es ja noch die selbständige Gemeinde Pulow mit den 4 Ortsteilen Pulow, Papendorf, Waschow und Klein Jasedow. Da bin ich von Anfang an kommunalpolitisch tätig gewesen. Autorin: Und das hieß damals, Ende der 90er Jahre, politisch mitverantwortlich zu sein für ein Gemeinwesen, das im Wirtschaftsdeutsch das Etikett "Endpunkt-Nachteil" trug. Orte, wie hier in Ostvorpommern, so weit von allem entfernt, dass sich anscheinend niemand dafür interessierte. Gebeutelt von wendebedingter Wirtschaftsbrache, Arbeitslosigkeit, Abwanderung. Der in Agrargenossenschaft Peeneland umgewandelten LPG gehören hier fast 90 Prozent aller Flächen, doch die menschliche Arbeitskraft, wie zu DDR-Zeiten eingefordert, wurde inzwischen weitgehend durch Landmaschinen ersetzt. (Gerd Grams) Mein Name ist Gerd Grams. Ich komme aus Lassan, bin 60 Jahre alt und wohne seit 1960 in Lassan. Lassan hat von LPG, Fischerei, von der IG Wismut, was auf der Insel gearbeitet hat, vom Kernkraftwerk und von der Peenewerft, da haben die von Lassan gearbeitet. Was machen wir hier in Lassan? Wir versuchen, mit Tourismus unser Geld zu verdienen. Gaststätte, Campingplatz und Ferienzimmer. (Matthias Andiel) Mein Name ist Matthias Andiel. Ich war Bürgermeister der Gemeinde Pulow nach der Wende, von der ersten Kommunalwahl an bis 2004. Auf dem kommunalpolitischen Arbeitsbereich hatte ich .. die Erfahrung gemacht, dass um die Zeit von 1994 nach der Wende praktisch die Kehrtwende war. Kreative Weiterentwicklungen waren aus meiner Sicht ins Stocken geraten. Alte Strukturen hatten sich restauriert, so dass es schwer wurde, im Rahmen der Wirtschaftsförderung oder auch auf kommunalpolitischer Ebene neue Strukturen zu setzen. (Gerd Grams) Jasedow, das Dorf, wär weg gewesen. Hätte es nicht mehr gegeben. Sprecher: Sie müssen sich endlich einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen - Sozialismus auf dem Land oder Gemüse in der Stadt. (Matthias Andiel) Wenn wir uns die Auswirkungen anschauen, dann sind das die bekannten Auswirkungen, dass von einer Region von ehemals 14 Gütern heute ein Betrieb das Land bewirtschaftet und beherrscht. Das ist ne ganz klare Monopolstruktur, und die ist nicht zufällig entstanden, sondern das ist eine politisch akzeptierte und gewollte Struktur. ... Da gibt es Interessen. Und diese Interessen nenne ich im Hintergrund Eliten. Und diese Eliten sind die Verzahnungen von Verwaltungsstrukturen, Industriestrukturen und politischen Strukturen. Sprecher: Sozialismus ist wie Gemüse. Definieren Sie mal Gemüse! (Gerd Grams) Dann ist die "Human Touch", sind dahin gekommen, und alle sagten irgendwo: "Ne Sekte, ne Sekte". Ist aber keine Sekte. Die Leute sind anders wie wir, ja, aber es ist keine Sekte. Autorin: "Human Touch". Ein Netzwerk selbstverwalteter Unternehmen in Klein Jasedow: audiovisuelle Medienproduktionen, die Zeitschrift Oya, der Drachenverlag, zum Beispiel. Teil der Wahlfamilie um Johannes Heimrath. Lange Zeit eine offenbar recht befremdliche "menschliche Berührung" in diesem am allerwenigsten von "Wessis" berührten "Endpunkt" im wiedervereinigten Deutschland. Die Wende nach der Wende? (Ute Janda) Mein Name ist Ute Janda. Ich lebe seit fast 4, 4 1/2 Jahren in dieser Gegend. .. Irgendwann ist herausgekommen, ich möchte gerne in einer Region leben, wo Menschen sehr vernetzt leben, wo ökologische und soziale Werte im Vordergrund stehen. Und die hier fand ich dann am spannendsten. Dass es hier schon einen Pool von verschiedenen Menschen und Projekten und Ideen gibt, denen dieses Leben im Kreislauf mit der Erde und miteinander wichtig ist. So kam ich her, und dabei lernte ich auch meinen Partner kennen, und wir zogen hier auf dieses Grundstück und leben ein ganzes Stück davon. Autorin: Jochen Schilk aus München schloss sich sehr bald den Pionieren aus Klein Jasedow an, bereits im Jahr ihrer Niederlassung dort, 1997. Heute lebt er mit Freundin Ute im eigenen, selbst restaurierten Haus im nahen Papendorf. Die zwei Ponys und das Kompostklo liefern wertvolle Nährstoffe für den Selbstversorgergarten. (Jochen Schilk) Ich kannte aus der Münchener Jugendszene die Kinder der jetzigen Jasedower Wahlfamilie. .. Es war Ende August, schönes Wetter. Ein riesiger Freiraum, so schien es mir, empfing mich, und diese Leute, die damals noch in den Ruinen, kann man fast schon so sagen, was Neues aufbauten, das hat mich begeistert. Auch diese Lebensform: zusammenzuhalten. Ich hatte mir damals gerade einen Zirkuswagen ausgebaut, wusste aber nicht genau, wo ich den hinstelle, und so ist der dann mit mir zusammen in den Nordosten gefahren worden. (Ute Janda) Derzeit ist eines meiner Hauptarbeitsprojekte der Duft- und Tastgarten hier in unserem Dorf. Das ist so ein richtiges Erprobungsfeld für gemeinschaftliches Arbeiten, dieses Kräuterwissen zu transportieren, Touristen und Gästen aus der Region auch so ein bisschen unser Weltbild näher zu bringen, warum es wichtig ist, ökologisch im Kreislauf zu leben und warum es schwierig ist, wenn wir vom Garten aus die Traktoren sehen, die da Gift spritzen. (Anni Köhler) Wenn die hier nicht zugereist wären, dann wäre doch von Jasedow fast nichts mehr, von Pulow. Warnekow ist schon eingegangen. Was die da aufgebaut haben ist doch wunderbar! Autorin: Anni Köhler strandete als Flüchtling vor der Roten Armee in Lassan. Ihr Mann Werner Köhler ist über 80 Jahre alt - und gebürtiger Lassaner. (Werner Köhler) Ich weiß nicht, wie die hierhergekommen sind, ob die sich was ausgeguckt haben und haben sich dann hier die verlassenen Häuser neu aufgebaut. .. Und jetzt möchte man sagen, ist das schon ne gute Gemeinde geworden. Die haben das große Klanghaus aufgebaut, direkt am See. Und auch so die kleinen Häuser, das waren Katen früher, die haben sie doch sehr gut in Schuss gebracht. Das verdient alle Anerkennung. Autorin: Anerkennung und Erfolge sind den Menschen um Johannes Heimrath nicht in den Schoß gefallen: (Heimrath) Die Wende war zwar vollzogen, und es waren schon jüngere Menschen dabei, die ihre Prägungsphase in der auslaufenden DDR erlebt haben, aber der Mentalitätsunterschied war so gewaltig, dass wir uns immer wieder ganz hart sagen mussten, wir sind in einem fremden Land, auch wenn wir die deutsche Sprache sprechen. Wir dürfen nicht, wenn jemand links sagt, links verstehen, sondern wir müssen fragen, was meinst du mit links - oder rechts. Dazu kam, dass wir in vielen Fällen, natürlich unbewusst, Fehler gemacht haben, die in der Kommunikation liegen, weil man einfach über bestimmte Dinge locker gesprochen hat und gar nicht gemerkt hat, dass es unter Umständen eine ganz peinliche Situation war für die anderen, und umgekehrt auch. (Anni Köhler) Das miteinander war früher wohl anders. Man hat sich mehr unterhalten und wir waren ja alle gleich. .. Die Männer haben alle fast gleich viel verdient, die Frauen auch. .. Heute strebt jeder so für sich und einer will noch mehr als der andere. So ist es eben heute im Kapitalismus. (Matthias Andiel) Die kreativ denkenden und wissenden Menschen bilden sozusagen den gestalterischen Überbau. Den gibt es nicht. Bis auf Heimrath und in gewisser Weise den Bürgermeister Granzow, der ein solider Handwerker ist, der jetzt mit höheren Ansprüchen konfrontiert wird und sich da hinein entwickelt. Aber im Großen und Ganzen ist da doch kaum jemand aus dem bürgerlichen Spektrum präsent. Kaum jemand ist so stabil, dass er sich in den öffentlichen Raum getraut. Wenn er dort sich äußert wird er doch sofort zerhackt. Von den herrschenden Eliten, die im Hintergrund noch aktiv sind. Sprecher: Der Minister für Staatssicherheit verschickt Telegramme: Genossen, das Politbüro tagt wie gewohnt am Dienstag - die Alarmübung vom November 1989 ist beendet! (Ute Janda) Derzeit arbeite ich mit in so nem Projekt "Landesaktionsplan gegen rechts". Da gibt es ein paar Fördermittel. Da arbeite ich mit dem Grundschulförderverein zusammen und mit den Kindern in der Grundschule. Von der Arbeit im Grundschulförderverein, was mich das sehr berührt ist, erst gab's ganz große Berührungsängste: wer seid ihr, zu zweit durften wir mal da hin und mit denen reden: mit wem wollt ihr arbeiten? Wollt ihr unsere Kinder haben? Wem sollt ihr eure komischen Angebote machen? Es war so ganz feindselig fast. ...Und wir hatten ein Treffen, ja ihr seid so komisch, ihr habt so Kapuzenpullis an und ihr geht nicht hier in unseren Edeka einkaufen, sondern ihr wollt hier so was wie Selbstversorgung, und es war so toll, dass das mal so klar auf den Tisch kam, worum's denen geht, was die bei uns komisch finden. Dann war das Eis gebrochen. (Matthias Andiel) Wenn man sich überlegt, dass die Eltern, Großeltern, Vertreibung und dann Zwang in die LPGen, Vermögensauseinandersetzungen und dann noch Landwegnahme durch Helmut Kohl hinter sich haben, wenn das Eigentum so oft weggenommen wurde, ist der Eigentumsbegriff so erschüttert, dass das unabhängige und freie Handeln des Einzelnen aus den Familien heraus, dass der so schwach und instabil ist, dass das eigenständige Handeln noch nicht so verbreitet ist. Andererseits sehe ich schon, dass der jetzige Stadtrat und der jetzige Bürgermeister sehen, dass die eingefahrenen und festgefahrenen Strukturen es zwanzig Jahre nach der Wende doch erfordern, dass neue Wege gegangen werden, und die müssen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch aktiv, aus ihrem Gremium heraus, angetrieben und vertreten werden. Gegen die Amtsverwaltung und gegen die Kreisstrukturen und die Kreisabsichten. (Heimrath) Wenn man analysieren wollte, warum das Misstrauen oder der Widerstand gegen speziell uns aber auch gegen alle neuen Gruppen, die mit Initiativkraft in so einen ländlichen Raum kommen, dann muss man sich der Frage der Angst stellen. Die eigentliche Emotion, einfach einen abzulehnen, ist Angst. .. Natürlich ist es, sagt man landläufig, Angst vor dem Fremden, ja aber warum sollte ein Fremder, der ja auch nur ein Mensch ist, der eine Nase hat und wenn er auf dem Klo sitzt, hat er einen nackten Hintern. Er ist ja nicht wesentlich unterschiedlich, vor allem, er spricht ja noch die Sprache. Was wird denn in ihm vermutet? (Schilk) Ich weiß nicht, mit welchen Worten wir momentan betitelt werden, Sekte? Mal hießen wir die Ziegenficker. Sprecher: Wessi und Ossi beim Spaziergang: Ossi vornweg, es kommt ein Gewitter. Blitz schlägt vor Ossi ein: "Na!" Zweiter Blitz schlägt zwischen beiden ein: "Na, na!" Dritter Blitz erschlägt Wessi - "Na endlich!" (Anni Köhler) Es wurde immer davon gesprochen, das ist ja ne Sekte, bloß nicht mit denen, die wollten sie durchaus nicht anerkennen, und ich glaube, da sind heute noch viele skeptisch, aber etwas geändert hat es sich doch, glaube ich. Die arbeiten schon in der Gemeinde mit, und die Ute ist sehr aktiv, mit ihren Ponys. Ute ist ja sehr für Tiere und für die Landwirtschaft, die macht das alles, bei sich zuhause auch. (Werner Köhler) Die Kleidung hat ja auch mitgespielt. Es fiel dann auf, die waren ganz anders, einfach auch gekleidet. Sind sie ja heute auch noch. Da haben die Leute gewusst, die kommen von Jasedow. Mit der Zeit hat man sich ja dran gewöhnt. Autorin: Man hat sich dran gewöhnt - und bringt aus dem ganzen Umland zum Beispiel sein Kernobst, die Möhren oder Rote Beete selbstredend zur mobilen Mosterei Remy von Markus Ingold, einem zugewanderten Schweizer - und fährt, nach weniger als einer halben Stunde Verarbeitung, mit seinem Wintervorrat an Saft aus eigener Erzeugung wieder heim. (Heimrath) Es ist ja so, wenn man in eine Gegend kommt, in der 80 % Arbeitslosigkeit ist, was hier der Fall war, von den 200 arbeitsfähigen Menschen hier in der Gemeinde Pulow haben 40 Leute Arbeit gehabt. Was macht man in so einer Situation, vor allem, wenn man überhaupt keine Erfahrung hat. Wir waren ja mit solchen Verhältnissen nie konfrontiert worden. Da muss man Arbeit schaffen. Sprecher: Warum nennen die Wessis uns Ossis? Weil sie "Spezialisten" nicht schreiben können. (Heimrath) Da stand ich jeden Morgen und hab die Arbeitseinsätze besprochen. Es war ein Crash-Kurs in lokaler Geschichte und Befindlichkeit. Erstens hat das dazu beigetragen, dass die verstanden haben, dass auch wir hier nur mit Wasser kochen, genau wie sie selber, weil wir ja nicht mit Vermögen hier angekommen sind, sondern außer unserer Intelligenz und Arbeitskraft hatten wir ja praktisch nichts. Und es hat uns geholfen zu verstehen, wie komplex die Verhältnisse hier sind. Autorin: Bei all den durchaus nachvollziehbaren Ressentiments - wie kriegt ein Wessi überhaupt ein Bein auf diese Erde - und lernt dort nicht nur laufen, sondern zieht sogar Sitzengebliebene noch mit? (Heimrath) Ich hab das Glück gehabt, von Anfang an in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt hier eine große ABM-Truppe führen zu müssen oder dürfen. Und zwar hat uns der Arbeitsamtschef einfach zugemutet, 25 Leute hier im Gemeindegebiet Pulow zu beschäftigen. Schließlich ist der Duft- und Tastgarten dabei herausgekommen, der heute wunderbar existiert. Es ist das Unternehmen Kräutergarten Pommerland dabei herausgekommen. Es sind einige Angestellte bei uns geblieben, die seit dieser Zeit mit uns zusammen arbeiten. (Grams) Die haben die Akademie der Heilenden Künste, Musiktherapien machen die da ja, und bei mir kommt wiederum davon an, die Leute brauchen ne Unterkunft, die kommen zu mir, schlafen bei mir, fahren von mir aus zu ihrer Akademie, kommen abends wieder zurück, die Akademie verdient ihr Geld, ich verdien mein Geld. Wir haben auch unser Gutes davon. (Schilk) Ich fühle mich jetzt schon wohler hier. Nicht nur in meinem kleinen Dorf, sondern in der Gesamtregion. Ich würde mich auch nicht mehr ducken oder verstecken mit der Art und Weise, wie ich hier leben möchte. Das ist vielleicht auch das, was wir seltsamen Außerirdischen hierherbringen: eine Perspektive in dieser Welt, die immer unsicherer wird und wo jeder herausgefordert ist, zu sehen, wo er bleibt. (Heimrath) Wir haben uns Dinge angeeignet, die heißen: wir können Land bauen, Gemüse anbauen, wir wissen, wie man so was einlagert, haltbar macht, dass es über den Winter geht. Wir haben es geschafft, Menschen in unserem Umfeld zu begeistern, die mit ihrer ganzen intensiven Inspiration und Erfindungskraft in der Lage sind, aus Behelfen etwas zu machen, was funktioniert. Das ist ein Wert, den ich besonders hoch schätze, dass noch die alten Hasen aus der DDR-Zeit aus wirklich allem alles machen können. Und wir haben es geschafft, ein nachbarschaftliches Netzwerk aufzubauen, in dem trotz Kapitalismuserfahrung und trotz des Verlustes dieser staatsverordneten Solidarität aus der DDR-Zeit so etwas wie ein freiwilliges Einsehen in die Notwendigkeit nachbarschaftlicher Zusammenhänge am Leben ist, so dass man sagen kann, wenn es hier hart auf hart käme, man würde sich sogar mit den politisch rechten Leuten einig werden, wie man hier die Ressourcen richtig verteilt, dass alle was zu beißen haben. (Janda) Was mir wichtig ist zu sagen, um zu verstehen, wie wir hier miteinander leben ist, dass es keine Gemeinschaft ist, wo man nur eintreten kann, wenn man ein bestimmtes Weltbild hat. Dass wir in so einer inneren Haltung leben, dass jeder sein Bestes gibt, und dass es wichtig ist, herauszufinden, wo ist jeder an seinem richtigen Platz, was sind seine Fähigkeiten, und wie können wir uns helfen, dass jeder an seinen richtigen Platz kommt, anstatt von Neid, Ärger und Streit und Konflikte auch auf andere Art lösen. Autorin: Heile Welt im Lassaner Winkel? Besser: konkrete Utopie im Ansatz. Die Welt steht vor größeren Interessenkonflikten und Problemen. Aber als Beispiel für Machbarkeit von enkeltauglichem Leben im Kleinen taugt Klein Jasedow durchaus. -E N D E- 1