COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur, Literatur, 17.9.2013, 19.30 Uhr Occupy America! Junge US-Schriftsteller und ihr Verhältnis zur Politik Von Matthias Kolb Musik Mike Stern ZSP 1: U-Bahn-Geräusche, Sprecher: "Stand clear of the closing doors", Schienengeratter, Sprecherin: "Next stop: York Street" (17 Sekunden), Großstadtsound als Bett Sprecher: Mit dem F-Train der New Yorker U-Bahn geht es hinüber von Manhattan nach Brooklyn, bis zur Haltestelle York Street. Unser Ziel ist ein ehemaliges Lagerhaus aus rotem Backstein in der Jay Street. Der East River ist nur wenige hundert Meter entfernt, die Wohnungen hier sind richtig teuer, das Essen in den Cafés zu 100 Prozent ökologisch. Wir sind mit Mark Greif verabredet, dem Mitgründer des Literaturmagazins n plus 1. Die Miete für die Redaktionsräume ist vergleichsweise günstig, weil alle fünf Minuten U- Bahnen und Lastzüge über die Manhattan Bridge donnern. Der 38-jährige Mark Greif hat so intensiv wie kein anderer die Occupy-Wall-Street-Bewegung beobachtet. Sobald der nächste Zug vorbei gerumpelt ist ... ZSP 2: "Should we wait for the train?" Spr: ... berichtet er von seinem letzten Projekt: In "The trouble is the banks. Letters to Wall Street" hat er 150 Briefe veröffentlicht, die ganz normale Amerikaner an die Manager großer Banken geschrieben hatten. OT 1 (MP3): "They had been putting these up on a website and for me it was a comfort whenever there was police violence or some kind of confrontation I could go and read these letters and see that there was a deeper meaning into the protests. There were people everywhere in Arizona or Alaska who felt very strongly. I actually had no sense of what people were thinking who just took a mortgage. They are always treated as if everybody knows in advance 'Well they wanted more house than they could afford' or reverse 'They were desperate and victimized from the beginning' and where you can see full accounts of people say: here is why made a mistake and that's why we bought the house. But these decisions were total rational and this was the only place I know with these hundreds of books that are out over the crisis it gives you the other side of the story from thoughtful, rational people living their lives." (57 Sekunden) OV (): "Diese Briefe gab es zunächst nur im Internet. Mir hat es gut getan, diese Texte zu lesen, wenn es im Camp Streit gab oder die Polizei gewalttätig wurde. Ich wusste, dass der Protest wichtig ist und dass es überall Leute gibt, in Alaska oder in Arizona, die genauso dachten - nur konnten sie eben nicht in die Protestcamps kommen. Ich hatte keine Ahnung, was sich Menschen gedacht hatten, die ein Darlehen für ein Haus aufgenommen haben. Alle tun so, als wäre das von Anfang an klar gewesen: 'Die Leute wollten mehr als sie sich leisten konnten" oder 'Sie wurden von Betrügern hereingelegt'. Aber sie haben rational gehandelt. In den Hunderten von Büchern, die es über die Finanzkrise gibt, hat mir genau das gefehlt - diese Briefe zeigen die andere Seite der Geschichte: Rational handelnde Menschen, die einfach ihr Leben leben." Spr: Wie viele jüngere Amerikaner war und ist Mark Greif von der Occupy-Bewegung fasziniert, weil sie anders als die politischen Parteien die wachsende soziale Ungleichheit in Amerika thematisiert: Eine kleine Elite wird immer reicher, während die große Mehrheit ums Überleben kämpft - und 20-Jährige Kredite von mehr als 100 000 Dollar aufnehmen müssen, um ihr Studium zu finanzieren. Mit seinen Mitstreitern von n plus 1 organisiert Greif Lesungen aus "The trouble is the banks". ZSP 3 (ohne OV): "We will create change because we are not just disaffected hippies. We are the disaffected middle class. And we are huge." Pamila Payne, Los Angeles, California // "We bail you out with our hard-earned money, you still treat us like crap. This is Lester Begay from Birnham, New Mexico" (20 Sek, ohne OV) Spr: Menschen wie Lester und Pamila wünschen sich vor allem eins: Respekt. Die Arbeit an "The trouble is the banks" hat Mark Greif keineswegs verbittert. Er bewundert die Zähigkeit seiner Landsleute und ihren bissigen Humor: ZSP 4 (MP3): "To Edith W. Cooper, Goldman Sachs. Greetings Edith, I hope this message finds you well. Gosh, I am thrilled to meet you, even though we haven't met face- to-face. Oh wait, you haven't heard about our foreclosure! Law enforcement came to our door and gave us one hour to vacate! Oh, that morning was so much fun. I wish you could have been there! Our lender told us "don't worry, we want to work with you! We can see you have never been in trouble before!" Well, it's a long story. I'll save the rest of this story for next time, because I am so looking forward to writing back again . . . very, very soon. Your new pen pal, Hilary Grant in Los Osos, California" (40 Sekunden) OV [Achtung, nur hier weiblich!!!]: "An Edith W. Cooper, Goldman Sachs. Hallo Edith, ich hoffe, es geht dir gut. Es ist so toll, dass wir uns kennenlernen, obwohl wir uns noch nicht persönlich getroffen haben. Hast du eigentlich gehört, dass unser Haus zwangsgeräumt wurde? Die Polizei hat uns eine Stunde Zeit gegeben, unsere Sachen zu packen. Das war wirklich ein Spaß, ich wünschte, du wärst dabei gewesen. Mehr beim nächsten Mal, ich freue mich darauf, dir bald wieder zu schreiben. Deine neue Brieffreundin Hilary Grant aus Los Osos, Kalifornien." Musik Mike Stern ZSP 5 (MP3): (als Bett Tastaturgeräusche / Zug im Hintergrund) Spr: Mark Greif muss zurück nach Hause, zu seiner erst wenige Wochen alten Tochter. Am Tag darauf treffen wir uns an einem ganz anderen Ort wieder: Es ist eine kleine chinesische Bäckerei. ZSP 6 (MP3): ab 0:05 "Good to see you. Sorry, I'm late - No problem. - What can I get you?" Sounds mit chinesischen Rufen, Dialogen etc. als Bett ab 0:14 weiter Spr: Die Kunden der "Lucky King Bakery" sitzen auf bunten Plastikstühlchen, sie lesen Zeitungen, spielen Backgammon, plaudern, lachen. OT 2: "I always liked the place, first of all because the pastry are good, I recommend the coconut roll and second you know this is a bit west to where my father grew up, my grandfather was born and where I spent my life visiting and now live. My father always told me: If you wanted to know what the Lower Eastside felts like when he was a child and even before, nowadays you have to go to west of Chinatown to get that feeling of people doing things on the street and in public. I don't know I always feel more relaxed here." (33 Sekunden) OV: "Mir hat dieser Laden immer sehr gefallen. Das Gebäck ist hervorragend, vor allem die Kokosnuss-Brötchen. Außerdem befindet sich die Bäckerei etwas westlich von jener Gegend, in der mein Großvater geboren wurde und wo heute auch ich lebe. Mein Vater hat immer gesagt: 'Wenn du wissen willst, wie die Lower East Side in den fünfziger Jahren aussah, als sich das Arbeitsleben noch auf der Straße abspielte und jeder jeden kannte, dann geh' nach Chinatown'. Ich fühle mich hier einfach immer sehr entspannt." Spr: Zehn Jahre zuvor war Greif nicht so entspannt. Im Weißen Haus saß der Republikaner George W. Bush, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verfiel die US- Gesellschaft in eine Schockstarre - und wurde dann immer paranoider.. OT 3: "When we started n+1 in 2003 there were two things most on our minds: One of them was the sense that with the internet and especially at that moment with the rise of blogging people seem to insist that the future would be shorter and shorter, so there was some satisfaction in trying to create a magazine in print that would speak in longer and longer articles that would find its length. What doesn't seem so obvious: There is this literary magazine, it is not a political magazine per se, but at the time we felt we were founding it because of the Iraq war and the Iraq invasion. Because looking around, there was a moment where our father and forefather intellectuals, they seemed to be folding up in the face of the Bush administration and what they called a debate didn't seem to be a debate between real positions at all." (56 Sekunden) OV: "Als wir n plus 1 im Jahr 2003 gründeten, trieben uns zwei Dinge an. Damals schwärmten alle vom Internet und von Blogs. Es hieß, dass die Texte in der Zukunft kürzer und kürzer werden würden, und diesem Trend wollten wir ein gedrucktes Magazin mit langen Texten entgegenhalten. Was nicht so offensichtlich ist: Obwohl n plus 1 ein Literaturmagazin ist, hat uns am Anfang vor allem der Einmarsch der US-Armee in den Irak beschäftigt. Es war der Moment, in dem unsere intellektuellen Vorbilder versagt hatten und vor der Bush-Regierung kuschten. Was sie eine Debatte über den Irak-Krieg nannten, war in keinster Weise ein Austausch von unterschiedlichen Positionen." Spr: Heute ist die Sorge, dass das Internet die Literatur bedroht, weniger akut und der Hype um die Blogs ist abgeklungen. Seit der Wahl von Barack Obama wird wieder offener debattiert, meint Greif - auch wenn das intellektuelle Ringen um Argumente in Washington kaum beachtet wird. Er sieht das drei Mal pro Jahr erscheinende n plus 1 in der Tradition von linken Publikationen wie Partisan Review oder Dissent, die sich mit Literatur und Politik aus aller Welt beschäftigten. Neu ist jedoch der Stil: OT 4: "I had thought that we would cover what was happening in dance and we would do what was happening in videogames, what was happening in Washington and we would do what was happening in pornography, somehow nothing human would be alien to us. At the same time the kind of n plus one article that emerged has turned out to be very often a kind of reportage, where someone went out and saw something on the street. Some of these great pieces like the real estate boom in Miami or we tried to figure out why the abortion protesters are also all vegan and vegetarians." (36 Sekunden) OV: "Am Anfang hatte ich mir vorgestellt, dass wir darüber berichten würden, gerade in der Tanzszene passiert, in der Videospielszene, was treiben die Politiker in Washington und was für Trends gibt es in der Pornographie... nichts Menschliches sollte uns fremd sein. Irgendwie ist so ein typischer n plus 1-Stil entstanden: Wir drucken oft Reportage-ähnliche Texte, in denen der Autor etwas auf der Straße entdeckt hat und einfach seine Eindrücke schildert. Da kann es ebenso gut um den Immobilienboom in Miami gehen wie um die Frage, wieso eigentlich fast alle Abtreibungsgegner auch ökobewusste Vegetarier sind." Spr: Kaum jemand beobachtet den Alltag urbaner Großstädter so genau wie Mark Greif - und schreibt so elegant über das Phänomen der Hipster, die Faszination weißer Mittelstand-Kids für Hip Hop oder den Einfluss des Videoportals Youtube auf die Gegenwartskultur. Der Essay, das ist seine Form. OT 5: "I feel a lot looser in the essay. Whenever I do sit down to write fiction, I am aware of the tradition of the greats and I am aware of every word, I have a little Flaubert in the head of my back, saying 'If you cannot change the world with the next few words, you should retire." Somehow the essay is such a mixed form, such a chaotic form, you are allowed to take from life, you are allowed and fly into thought. You are much more loose, I like that." (37 Sekunden) OV: "Ich fühle mich einfach sehr viel freier. Wenn ich Prosa schreibe, dann denke ich an die großartigen Werke der Meister und grüble über jedes einzelne Wort nach. Ich habe einen kleinen Flaubert in meinem Hinterkopf, der flüstert 'Wenn du die Welt mit den nächsten Worten nicht verändern kannst, dann hör lieber auf.' Der Essay ist chaotischer: Man kann schildern, was man selbst erlebt hat und sich dann Gedanken machen. Man ist viel ungebundener, ich mag das sehr." Spr: Zurzeit denkt Greif über die Rolle der Polizei in Demokratien nach: Jeder verlässt sich auf die Beamten, doch in Amerikas Mittelschicht gibt es einen Hass auf die Cops. Das Thema fand er auf der Straße: ZSP 7: "Banks got bailed out, we got sold out. Banks got bailed out, we got sold out" ab 0:08 als Bett weiter (insgesamt 20 Sekunden) Spr: Als Occupy Wall Street im Herbst 2011 den Zucotti-Park in New York besetzte, war Greif fast täglich dort. Mit den n plus 1-Kollegen dokumentierte er die Aktionen und Diskussionen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter, doch Greif hofft, dass sein Buch mit den "Briefen an die Banker" für etwas mehr Mitgefühl sorgt. OT 6: "The people seem to be going through another fatigue. I really have the impression with Occupy because it didn't establish itself in relation to a political party or some long-scale organized electoral movement, it reacts to crises in the same way it claims that global capitalism responses to crises. With Occupy Sandy, with the hurricane and the flooding and people being displaced, suddenly it was back and robust. And now that this has died down, Occupy is also quiet." (34 S.) OV: "Die Leute sind wieder müde geworden. Weil sich Occupy nicht an eine Partei oder eine andere Organisation gebunden hat, reagiert die Bewegung besonders stark auf Krisensituationen, ganz ähnlich wie der globale Kapitalismus. Als der Hurrikan Sandy New York traf und tausende Menschen ihre Häuser verlassen mussten, war Occupy sofort wieder da und hat vielen geholfen. Nun ist aber alles wieder ruhig, und auch um Occupy ist es still geworden" Musik Mike Stern ZSP 8 (mit langer Atmo vorn und hinten) 0:26: "Good afternoon, ladies and gentlemen. My name is John, welcome to DC2NY. This is the 3 o'clock bus so we go to both stops in DC, Union Station is first, Dupont Circle is last. Travel time is approximately four and a half hours, thank you very much. Have a good week." (17 Sek., ohne OV) Spr: Mit dem Bus geht es in die amerikanische Hauptstadt Washington. Hier sind wir mit Dinaw Mengestu verabredet. Er wurde 1978 in Äthiopien geboren und kam als Zweijähriger in die USA. 2010 setzte der New Yorker Mengestu auf die Liste der "20 besten Autoren unter 40", zusammen mit Gary Shteyngart, der in Russland aufwuchs oder dem peruanisch-stämmigen Daniel Alarcón. Téa Obreht, wurde in Belgrad geboren, Yiyun Li in Peking. Dinaw Mengestu unterrichtet Literatur an der Elite-Uni Georgetown und hat als Treffpunkt den Logan Circle vorgeschlagen. OT 7: "Hey, how are you? Nice to meet you. MK: We're standing here at Logan Circle in DC. Could you explain what makes this place so special? DM: "This is where I set my first novel The Beautiful things that heaven bears. Logan Circle was one probably of the first neighborhoods in DC that I got to know intimately when I moved here 15 years. Back then, it was in the process of changing, it was still known for prostitution and drugs and over the years I watched the neighborhood change radically and dramatically into a nice and prosperous neighborhood like it is today." (39 Sekunden) OV: "Hier spielt mein erster Roman "Zum Wiedersehen der Sterne". Logan Circle war eines der ersten Viertel, die ich besser kennenlernt hab, als ich vor 15 Jahren nach Washington gezogen bin. Damals hatte die Gegend einen schlechten Ruf, es gab viele Prostituierte und Dealer. Ich habe miterlebt, wie sich hier radikal verändert hat: Heute leben hier fast nur noch wohlhabende Leute." Spr: Die Gentrifizierung des Viertels sieht der Leser mit den Augen von Sepha Stephanos, der einen corner store am Logan Circle betreibt. Stephanos floh als Teenager aus Äthiopien und lebt zwischen den Welten: Er ist nie in der neuen amerikanischen Heimat angekommen. ZSP 9 (MP3): "There is actually a great coffee store right about there, it is very small ..." Spr: Beim Interview in einem Café erklärt Dinaw Mengestu, worin er die Aufgabe von Literatur sieht: Sie soll tiefer in die Gesellschaft schauen, als die Medien es tun. OT 8: "We encounter all these foreign and sometimes different faces and names and know that there is a history but we don't know the details so we fill them in categories - the immigration story, the refugee story, the African story. So we see them in our grocery stores, in our taxis but we don't have a sense what makes them unique and special. So you try to isolate one story, one character and try to present that character and to remind people how similar their own stories are to those people. They might not have been refugees, they may not have been displaced but they can understand have to have the desire to have a home, the desire to have a family. All those things become translatable and it makes what seems foreign less foreign." (52 Sekunden) OV: "Wir sehen diese fremden Gesichter und hören diese fremdartigen Namen und wissen, dass es Gründe dafür gibt, dass sie hier sind. Wir treffen sie in Taxis und im Supermarkt, aber weil wir keine Details kennen, stecken wir sie in Schubladen: Das da ist ein Flüchtling, ein Afrikaner. Darum müssen wir Schriftsteller einen einzelnen Charakter oder eine bestimmte Erfahrung beschreiben, um die Leser daran zu erinnern, dass ihre eigenen Lebensgeschichten gar nicht so ganz anders sind. Klar, sie sind vielleicht nicht vertrieben worden, aber sie werden den Wunsch der Einwanderer verstehen, ein sicheres Zuhause für ihre Familie zu haben. Solche Wünsche lassen sich ins eigene Leben übersetzen und dann ist das Fremde plötzlich weniger fremd." Musik Mike Stern Spr: Die Suche junger Einwanderer nach der eigenen Identität beschäftigt viele junge Autoren und Autorinnen. Über "Diese Dinge geschehen nicht einfach so", das Debüt der ghanaisch-stämmigen Taiye Selasi zum Beispiel wurde auch in Deutschland viel diskutiert: Vier bestens ausgebildete Geschwister aus einer Einwandererfamilie taumeln durch den amerikanischen Alltag und scheitern bei dem Versuch, die hohen Erwartungen zu erfüllen, die an sie gestellt werden. Der Alltagsrassismus der US- Gesellschaft ist Dinaw Mengestu nicht fremd. Er kennt die Erfahrungen, über die auch Präsident Barack Obama gerade erst offen gesprochen hat: Autotüren werden von innen verriegelt, wenn ein schwarzer Mann die Straße überquert, weiße Frauen umklammern ihre Handtaschen, wenn ein Afroamerikaner mit ihnen im Fahrstuhl fährt. OT 9: "The very big divide that separates America from the rest of the world is this possibility of a greater sense of integration that America has slowly sought and won over. While living in France you can really see how French-born Africans and North Africans, and their role and place in society. I cannot really imagine them feeling as such an integral part of the country the same way that happens here. And for their children to be born here with a strong sense of being American and that sense of being American being so as profoundly rooted in them as in someone whose family has been here since the Mayflower and not having the sense that anyone has a greater privilege of being in this country. This was something I never sensed anywhere in Europe before." (50 Sekunden) OV: "Was Amerika vom Rest der Welt unterscheidet, ist die größere Integrationsfähigkeit, die sich Amerika in der Vergangenheit erarbeitet hat. Als ich in Frankreich war, hatte ich nie das Gefühl, dass sich die Afrikaner und Araber, die dort leben, als bedeutenden Teil der Gesellschaft wahrnehmen. Das ist hier in Amerika anders. Gerade die Kinder von Einwanderern wachsen mit einem starken Bewusstsein auf, Amerikaner zu sein - und dieses Bewusstsein ist in ihnen ebenso tief verwurzelt wie in jenen Familien, deren Vorfahren im 17. Jahrhundert mit der Mayflower gekommen sind. Niemand hat das Recht, sich mehr als Amerikaner zu fühlen als andere. So etwas habe ich in Europa nie erlebt." Spr: Dinaw Mengestu wollte ursprünglich Diplomat werden und studierte zunächst einige Semester internationale Beziehungen. Es kam anders, doch sein Interesse für Politik ist weiterhin groß. OT 10: "I have a hard time understanding how we fail our society so poorly. Why don't our kids have access to good schools is baffling to me. Why if I had no job at a university my kids of I fell ill it could bankrupt us. Those things don't make any sense. Our conversation around this is idiotic. It is not about socialism or communism, this is absurd. We pay taxes and collectively we can do more than we can as individuals. One man alone can't build a bridge so we can get money from the government from the state and construction company and we do it together. We can't do that efficiently but we have an obscene military budget, it is a bit ridiculous." (44 Sekunden) OV: "Es fällt mir sehr schwer zu verstehen, wieso Amerikas Politiker die Bürger so schlecht behandeln. Ich bin ganz sprachlos, wenn ich sehe, in was für einem erbärmlichen Zustand unsere öffentlichen Schulen sind. Wenn ich nicht einen guten Job an der Uni hätte, könnte es mich finanziell ruinieren, wenn ich oder eines der Kinder krank werden würde. Das ergibt doch alles keinen Sinn, und unsere öffentliche Debatte darüber ist völlig idiotisch. Das hat doch nichts mit Sozialismus oder Kommunismus zu tun: Wir zahlen Steuern, damit wir als Gemeinschaft mehr leisten können. Ein einzelner Mann kann doch keine Brücke bauen, also gibt es Geld von der Regierung, und eine Baufirma und wir können die Brücke zusammen bauen. Aber genau das kriegen wir nicht effizient hin - statt dessen haben wir ein obszön hohes Budget für Militärausgaben. Das ist schon ein bisschen lächerlich." Spr: Mengestus Augen blitzen unter seinen Dreadlocks, als er über Amerikas politische Klasse spricht. Er weiß natürlich, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Intellektuelle wie Gore Vidal oder Norman Mailer die öffentliche Meinung beeinflussen konnten. OT 11: "I think we don't have that cultural influence, not the literary writers. We have the celebrities who are capable because they have this role to fill. Jonathan Franzen can do an event and hundreds of people are coming but that is not much in a country of 300 millions. If you take a celebrity, he or she will bring thousands or tens of thousands. And millions of dollars raised. [folgenden kleinen Dialog am Ende bitte ohne OV freistellen.] MK: Jay-Z beats Jonathan Franzen Mengestu: They are not even on the same planet, right." (36 Sekunden) OV: "Wir Schriftsteller haben keinen großen kulturellen Einfluss mehr. Popstars und Promis haben diese Rolle übernommen. Wenn Jonathan Frantzen eine Veranstaltung für Obama macht, dann kommen ein paar hundert Leute - und das ist nicht viel bei 300 Millionen Einwohnern. Wenn aber ein Schauspieler oder HipHop-Star im Wahlkampf auftritt, dann kommen Zehntausende und man kann Millionen Dollar an Spenden sammeln." Spr: Über die öffentliche Rolle der Schriftsteller hat auch Mark Greif viel nachgedacht. Der 38-Jährige weiß: Heute greift kaum noch jemand zu einem Buch von Ernest Hemingway, Saul Bellow oder Philip Roth, um politische Zusammenhänge besser zu verstehen. OT 12: "It is clear that we had this moment in the long 20th century of the novel as a kind of a bible-like document of authority. But I have been thinking specifically about what the things are that we want to be represented in the novel: do we really want the economic crisis represented in the novel, do we want the internet to be represented or is it enough that it just exists in everyone's life? And I don't know if people look at the novel for prophecy. I have to admit that I kind of want to read the novel coming down from Sinai, the ten commandments and some new gorgeously written and profoundly thought-out piece of prose. But this standard seems maybe too high." (50 Sekunden) OV: "Der Roman galt im langen 20. Jahrhundert als eine Art Bibel, als Ausweis höchster Autorität. Die Autoren waren so etwas wie Propheten. Aber welche Themen müssten heute eigentlich in einem Roman beschrieben werden? Die Finanzkrise? Das Internet? Oder reicht es nicht, dass das Internet einfach da ist in unser aller Leben? Ich weiß nicht, ob Leser heute überhaupt noch auf so einen prophetischen Roman warten. Ich gebe zu, dass ich gern ein brillant geschriebenes Prosastück lesen würde, das ähnlich wie die Zehn Gebote die Welt erklärt und für mich ordnet. Aber dieser Anspruch an den Roman ist wohl doch zu hoch." Spr: Die Welt des 21. Jahrhunderts ist zu komplex, um in einen alles erklärenden Roman gepackt zu werden. Essays, Kurzgeschichten, Gedichte - so verschieden wie die Genres sind die Formen des politischen Engagements. Ein Trend ist jedoch erkennbar: Autoren versuchen, ihr direktes Umfeld zu verändern. In San Francisco hat Dave Eggers mehrere Projekte aufgebaut, die armen Kindern den Zugang zu Bildung und Literatur ermöglichen. Jonathan Safran Foer hat mit "Tiere Essen" eine Debatte über den Fleischkonsum angestoßen. Und trotz seiner Kritik am Amerika der Gegenwart wirkt Dinaw Mengestu optimistisch. Auch die alten weißen Männer, die das Rückgrat der Republikanischen Partei bilden, werden akzeptieren müssen, dass die USA immer bunter werden. Musik Mike Stern ZSP 11: Musik aus Autoradio als Trenner / Durchsage "The word of God" / Nachrichtensprecherin "President Obama continues ... " (18 Sek.) Spr: Mit dem Mietwagen geht es in Richtung Süden. In Virginia sind wir mit John Jeremiah Sullivan verabredet. Eigentlich lebt der Autor in der beschaulichen Küstenstadt Wilmington in North Carolina, doch jetzt hat ihm die Universität Norfolk gerade ein Schreibstipendium spendiert. ZSP 12: Autoradio, Musik, Nachrichten, endet mit dem schimpfenden Radiotalker Rush Limbaugh und dem Jingle seiner Show (21 Sekunden) Spr: Das Autoradio läuft. Auch in die Welt des wütenden Radiomoderators Rush Limbaugh ist Sullivan tief eingetaucht. Monate hat er mit den Aktivisten der konservativen Tea- Party-Bewegung verbracht. Die Reportage kann man in seinem Buch "Pulphead" nachlesen, das auch in Deutschland gefeiert worden ist. Wir treffen den 38-jährigen Schriftsteller im Marriott Hotel in Norfolk. ZSP 13: als Bett "Schritte, Klopfen an die Tür, Tür öffnet sich. JJS: Matthias. How is it going, man? Good to meet you. MK: Good. How are you? JJS: Thanks for coming all this way. Do you mind if we go for a quick drive? I need to get a smoke and maybe we can get some beers and fast food and do the interview here? Give me a second, I gotta get my parking licence." (33 Sekunden) Spr: Für Sullivans Texte gibt es hierzulande keine Vergleiche. Es sind kunstvolle Mischformen aus Essay und literarischer Reportage, die meist zuerst in Magazinen erscheinen. Michael Jackson, Rockstar Axl Rose oder das trashige Reality-TV - Sullivans Neugier ist grenzenlos. OT 14: "Once you agree to an assignment with the editor, in most cases I know I have a few months to work. I am doing everything I can, I am making phone calls, I am travelling to interview people, I'm reading all I can about the subject. You begin in most times with all this ignorance and I'm trying to chip away that ignorance as much as I can before I start writing a piece. I don't want to say things that are ill- considered." (32 Sekunden) OV: "Wenn ich mich mit dem Redakteur auf einen Auftrag geeinigt habe, dann habe ich erst mal ein paar Monate Zeit. Ich vertiefe mich total in das Thema: Ich telefoniere viel, reise, um Interviews zu machen, und versuche alles zu lesen, was es über das Thema gibt. Meistens weiß man am Anfang ja gar nichts, und ich versuche, das so gut wie möglich zu ändern, bevor ich mit dem Schreiben anfange. Ich will nichts sagen, worüber ich nicht ausgiebig nachgedacht habe." Spr: Sullivan weiß: Sein Anspruch, keinen Satz zu schreiben, von dem er nicht überzeugt ist, beißt sich mit der Erfahrung eines jeden Autors: Plötzlich schreibt sich wie von selbst. Dass Sullivan diesem flow misstraut, trägt zur Qualität seiner Texte bei - für die New York Times ist er schlicht der "beste junge Non-Fiction-Autor". Noch etwas ist besonders an ihm: Er blickt nie auf seine Protagonisten herab. Egal ob schwulenfeindliche Christenrocker, betrunkene Studenten oder Opfer des Wirbelsturms Katrina: Sullivan hört ihnen zu und schildert das Erlebte in der Ich-Form. Sich intensiv mit dem anderen politischen Lager zu beschäftigen, ist selten geworden in Amerika, wo sich viele Konservative beim Kabelsender Fox News informieren, während die meisten Liberalen nur Nachrichten auf MSNBC gucken. Sullivans Tea-Party-Textzeigt, wie die Angst der Mittelschicht von Lobbyisten gesteuert wurde. OT 15: "It was always more interesting to me as a writer to try to observe the people involved in those movements in their wholeness. Those were my people in some sense, my family were becoming more Republican, some of them a little Tea Partyish during that time. Their Episcopalian Christianity was turning more evangelical, you know." (29 Sekunden) OV: "Als Schriftsteller war es für mich immer interessanter, die Menschen, die sich in einer Bewegung engagieren, vor allem als Menschen zu sehen. In diesem Fall waren es ja wirklich ,meine Leute': Damals wurde Teile meiner Familie immer konservativer, sie unterstützten die Tea Party - und was ihren Glauben angeht, wurden sie immer evangelikaler." Spr: Nicht jeder Essay von Sullivan behandelt eminent politische Themen wie die Protestbewegung gegen Amerikas ersten schwarzen Präsidenten. Doch der 38-Jährige will gerade jüngere Leser zum Nachdenken bringen und schrieb deshalb lange für das Herrenmagazin G Q, das sonst über Mode und sexy Sängerinnen berichtet. ZSP 14: "Do you want a beer?" (14 Sekunden) Spr: Verglichen mit Mark Greif und Dinaw Mengestu ist Sullivans Blick auf Amerika düster. OT 16: "I was in Norway, on the way back I ended up sitting next to a woman from Texas. We start talking and find out that we some Tennessee connections in common and I thought we gonna have a nice conversation. Then she said: "I don't want to ask this but what are your politics?" My stomach just cramped up because I could tell: this is the moment that we have learnt to fear. And sure enough she says: I am so afraid of this socialism. She and her husband owned a ranch and she is often alone and she said: "I am not gonna lie to you, if someone broke into my house I will shoot him in his face." She used the word face, a chill. You just accumulate experience like that and at a certain point, you just don't want to do it anymore, it is so depressing." (48 Sekunden) OV: "Ich war kürzlich in Norwegen und saß auf dem Rückflug neben einer Frau aus Texas. Wir fanden heraus, dass wir gemeinsame Bekannte in Tennessee haben. Ich dachte, das könnte ein nettes Gespräch werden, doch dann fragte sie: "Wie denken Sie über Politik?" Ich bekam sofort Magenkrämpfe, weil ich genau wusste, was jetzt passieren würde. Sie erklärte mir, wie groß ihre Angst vor dem Sozialismus und der Obama-Regierung ist. Sie erzählte, dass sie ihrem Mann auf einer Ranch lebt, und weil sie oft allein dort ist, besitzt sie ein Gewehr. Sie sagte wörtlich: Wenn jemand in mein Haus kommt, schieße ich ihm ins Gesicht." Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Du sammelst genau solche Erfahrungen, und irgendwann hältst du einfach deinen Mund. Es ist einfach zu deprimierend." Spr: Je länger das Gespräch dauert, umso grüblerischer wird John Jeremiah Sullivan. Der Tod des schwarzen Teenagers Trayvon Martin, die hohe Haftstrafe für den Wikileaks- Informanten Bradley Manning, die Datensammelwut des Geheimdiensts NSA - manchmal verzweifelt er an seinem Heimatland. ZSP 15: "I need to smoke a cigarette real quick, if that's okay. - Yes sure." Spr: Doch für einen Schriftsteller, philosophiert er, gibt es eigentlich nichts Besseres als "in interessanten Zeiten" zu leben. Die Formulierung interesting times lässt Sullivan nicht mehr los, er wiederholt sie mehrfach, greift zum iPhone und googelt. OT 18: "Ah, so that's interesting. It was a curse: ,May you live in interesting times.'" (8 Sekunden) Spr: Der Ausdruck stammt offenbar aus China: "Mögest du in interessanten Zeiten leben". Doch was heute nett klingt, war damals: ein Fluch. OT 19: "Well, I feel as writer, one of the potential sources of value is as an observer, just to be someone watching the culture and recording impressions. Right now you have this country that is arguing over its destiny and over the whole meaning of its existence and is deeply divided and contentious way. But a moment of crisis is almost always a moment of opportunities. When you look at the fact that Obama is in the White House for a second term, when you look at the fact that the demographics are moving in our direction... maybe the best is yet to come. On my least depressed days, I am capable of having feelings like that." (40 Sek.) OV: "Ich denke, als Schriftsteller kann man einen wichtigen Beitrag leisten, in dem man als Chronist festhält, wie sich die Gesellschaft verändert. Gerade jetzt streitet dieses tief zerrüttete Land um sein Schicksal und um seine Identität. Aber eine Krise birgt oft auch neue Chancen. Und wenn man bedenkt, dass Obama für eine zweite Amtszeit gewählt wurde und dass die demographischen Veränderungen in die richtige Richtung gehen ... vielleicht kommt das Beste ja noch. An solchen Gedanken halte ich mich auf jeden Fall an den Tagen fest, an denen ich nicht ganz so depressiv bin. Spr: John Jeremiah Sullivan widersteht der Versuchung, Romane zu schreiben. Zurzeit arbeitet er an einem Sachbuch über Johann Gottlieb Prieber, der im 18. Jahrhundert von Zittau nach Amerika auswanderte. In der Neuen Welt wollte Prieber eine echte Demokratie aufbauen, ohne religiöse Diskriminierung und mit Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dass er sich für die Rechte der Ureinwohner einsetzte, machte ihn für die Briten so verdächtig, dass sie den Sachsen 1743 ins Gefängnis warfen. Für Sullivan ist Prieber der Beweis dafür, dass Amerikas Gründerväter extrem progressiv waren - und ein guter Grund, die Gründungsgeschichte der USA nicht der konservativen Tea Party zu überlassen. . OT 20: "There may be a kind of opening too because we are looking for a narrative right now. Obama said it himself, there was a moment I think it was very late in his first term when he was asked what are you dissatisfied about. He said: ,I didn't tell the story'. Some reporters saw this as ducking the question but I think Obama actually meant something by that. It is time to rearticulate the American experiment and the essential progressive nature of it and there is rare opportunity to do that right now and we writers ought to be the best people at that. Maybe it is time to get something to say." (44 Sekunden) OV: "Vielleicht bietet sich jetzt eine neue Chance, denn Amerika sucht gerade nach einem neuen Narrativ. Obama hat es ja selbst gesagt, als er zum Ende seiner ersten Amtszeit gefragt wurde, womit er unzufrieden ist. Er sagte: "Ich habe die Geschichte nicht richtig erzählt." Einige Reporter haben das als Ausweichmanöver interpretiert, aber ich glaube, dass er das ernst meint. Es ist an der Zeit, das amerikanische Experiment neu zu formulieren und klar zu machen, wie unglaublich fortschrittlich es ist. Jetzt gibt es die seltene Gelegenheit dazu, und wir Schriftsteller müssten dafür eigentlich am besten geeignet sein. Vielleicht ist es jetzt wirklich an der Zeit, einen Standpunkteinzunehmen." Musik Mike Stern Spr: Neue Geschichten, die das gespaltene Amerika zusammenhalten können, danach fahndet die junge Generation der US-Schriftsteller. John Jeremiah Sullivan ist nicht der Einzige, der zurückblickt: Der Irakkriegsveteran Kevin Powers, dessen Debüt "Die Sonne war der ganze Himmel" gerade erst in Deutschland für Aufsehen sorgte, siedelt sein nächstes Werk im Amerikanischen Bürgerkrieg an - also in einer Zeit, in der sich die USA ähnlich wie heute in einer tiefen Sinnkrise befanden. Für Sullivan klingen die alten Politikerfloskeln rund um den American Dream verbraucht. OT 21: "You're right. It feels nostalgic and this just not gonna do. Nostalgia is natural but when it goes too far it is always implicitely contains a violence against the present and signals a lack of faith in the possibilities of the present somehow." (25 Sekunden) OV: "Es stimmt, vieles klingt heute nach Nostalgie, und das wird nicht ausreichen. Nostalgie ist ganz in Ordnung, aber wenn sie zu weit geht, dann enthält sie immer auch ein Moment der Gewalt gegenüber der Gegenwart. Nostalgie zeigt, dass man der Gegenwart nicht vertraut." Spr.: Sullivan sucht nach anderen, zeitgemäßen Positionen, um seine Mitbürger wieder von Amerikas Zukunft zu überzeugen. Auch Dinaw Mengestu ist überzeugt, dass seine eigene Arbeit und die seiner schreibenden Kollegen wichtig ist: OT 22: "Novelists are generally there to be the skeptical voices inside of a country, not that you cannot be proud but you are not there to sort of cheerlead your country. You dig behind the surface of anything and you're going to find all these holes. And that's the point of you finding these holes because our cultural dialogue is not about that. Most of the time people think that if the president says a negative thing about the country, it is the end of the world. Our cultural and political discourse doesn't allow for that level of introspection. This is what our literature does." (29 Sekunden) OV: "Schriftsteller müssen die skeptischen Stimmen eines Landes sein. Natürlich kann man stolz auf sein Land sein, aber man sollte nicht sinnlos jubeln. Man muss unter die Oberfläche schauen und nach den Abgründen suchen, die in der öffentlichen Diskussion ignoriert werden. Viele Amerikaner denken, der Weltuntergang ist nahe, wenn sich der Präsident kritisch über die USA äußert. Für echte Einsichten ist im politischen Alltag kein Platz, dazu braucht es die Literatur." Spr.: Auch Mark Greif wird weiter Essays schreiben und mit dem Team von n plus 1 den Abgründen und Widersprüchen der USA nachspüren. Schritt für Schritt und Text für Text, so seine Hoffnung, lässt sich die Welt verbessern. Und vor einer Herausforderung zurückzuschrecken oder gar zu kapitulieren, das wäre nun wirklich nicht amerikanisch: OT 23: "I oscillate between hope and depression. Half of the time you think of massive growing inequality, the ecological catastrophe and hollow democracy and the other half you think about the incredible success and generosity and a higher standard of living that the world has achieved and just should be distributed more equally and fairly. One minute you want to jump off the bridge and the next you're like: Maybe I will stick around and try to write some more and look forward to the future." (40 Sekunden) OV: "Ich schwanke eigentlich die ganze Zeit zwischen Hoffnung und Depression. Die eine Hälfte der Zeit denke ich an die wachsende Ungleichheit, die drohenden Umweltkatastrophen und die fehlerhafte Demokratie - und gleichzeitig gibt es diese Großzügigkeit unter den Menschen und den enormen Wohlstand, den die Menschheit erreicht hat und den man nur etwas gerechter verteilen müsste. In der einen Minute möchte ich von einer Brücke springen und im nächsten Moment denke ich: Ich sollte einfach weiter schreiben und mich auf die Zukunft freuen." Musik Mike Stern Steht über für Abmod Erwähnte Literatur: Mark Greif (Hg.): "The Trouble is the banks. Letters to Wall Street", n+1 Research Branch Small Books, New York 2012 Mark Greif: "Bluescreen". Essays. Aus dem Amerikanischen von Kevin Vennemann, Suhrkamp, Berlin 2011 Chad Harbach: "Die Kunst des Feldspiels". Aus dem Amerikanischen von Stephan Kleiner und Johann Maass, Dumont, Köln 2012 Dinaw Mengestu: "Zum Wiedersehen der Sterne". Aus dem Amerikanischen von Volker Oldenburg, Ullstein, Berlin 2010 Dinaw Mengestu: "Die Melodie der Luft". Aus dem Amerikanischen von Volker Oldenburg, Ullstein, Berlin 2010 Kevin Powers: "Die Sonne war der ganze Himmel". Aus dem Amerikanischen von Henning Ahrens, S. Fischer, Frankfurt am Main 2013 Taiye Selasi: "Diese Dinge geschehen nicht einfach so". Aus dem Amerikanischen von Adelheid Zöfel. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013 John Jeremiah Sullivan: "Pulphead". Aus dem Amerikanischen von Thomas Pletzinger und Kirsten Riesselmann, Suhrkamp, Berlin 2013