COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. DEUTSCHLANDRADIO KULTUR Länderreport 8.3.2012, 13.07 Uhr Untersuchungsausschuss prüft EnBW-Kauf Autor: Michael Brandt ________________________________________________________ BEGINN BEITRAG Kapitel 1: Der Deal Es war tief in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2010. In der Villa Reitzenstein, dem Amtssitz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten brannten die Lichter. Eine ziemlich ungewöhnlich zusammengesetzte Gruppe tagte die ganze Nacht über, um ein höchst ungewöhnliches Geschäft abzuschließen. In den Tagen und Wochen zuvor war es unter dem Decknamen Operation Olympia in der Regierungszentrale vorbereitet worden, und zwar unter fast konspirativen Umständen. Irgendwann in der Nacht erreichte den damaligen Finanzminister Willi Stächele ein Anruf aus der Regierungszentrale: Er solle sich sofort auf den Weg in die Villa machen. Der damalige Ministerpräsident Mappus trug mir, nachdem ich kurzfristig ins Staatsministerium gerufen wurde, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember den Stand der Verhandlungen mit der EDF vor. Aus der Tatsache, dass selbst der Finanzminister bis dahin nichts von der Operation Olympia wusste, lässt sich schließen, wie vertraulich die Angelegenheit vorher behandelt worden war. Es gab nur eine Handvoll Eingeweihte, die jetzt auch in der Regierungszentrale zusammen saßen. Der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus, CDU; sein langjähriger Vertrauter Staatsminister Helmut Rau, CDU; Mappus langjähriger Freund und Trauzeuge Dirk Notheis, gleichzeitig Deutschlandchef der Investmentbank Morgan Stanley und früherer Chef der Jungen Union Baden-Württemberg; Martin Schockenhoff, Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz und Bruder von Andreas Schockenhoff, dem CDU Bezirksvorsitzenden Südwürttemberg-Hohenzollern; und schließlich Dirk Metz, CDU, Wahlkampfberater von Ministerpräsident Stefan Mappus und früherer Regierungssprecher des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. In dieser geheimen Runde fiel eine schwerwiegende Entscheidung. Das Land Baden-Württemberg, bzw. die Landesgesellschaft Neckarpri kaufte 45,01 % des Energieunternehmens EnBW vom französischen Staatskonzern EDF für 4,8 Milliarden Euro. Ein gewaltiger Beitrag. Rund ein Siebtel des gesamten Landeshaushalts in diesem Jahr. Normalerweise werden solche gewichtigen Entscheidungen vom Landtag getroffen, In diesem Fall aber entschied sich die Gruppe dafür, das Parlament außen vor zu lassen. Aus mehreren Gründen, wie es damals hieß. Erstens habe der Verkäufer EDF darauf bestanden, dass das Geschäft mit einer einzigen Unterschrift perfekt sei und es danach keine weiteren Bedingungen geben dürfe. Zweitens gebiete das Aktienrecht bei solchen Geschäften größtmögliche Vertraulichkeit. Und drittens hätte angeblich das gesamte Geschäft platzen können, wenn andere davon Wind bekommen hätten. Daher entschied die CDU-Truppe in der Regierungszentrale diesen Deal ohne den Landtag durchzuziehen. Als rechtliche Grundlage diente ihnen das Notbewilligungsrecht in der baden- württembergischen Verfassung: Zur Frage des Notbewilligungsrechts nach Artikel 81 unserer Landesverfassung ergab die mündlich vorgetragene gutachterliche Stellungnahme des Vertreters des renommierten Rechtsanwaltsbüros Gleiss Lutz, dass die Voraussetzung von Artikel 81 der Landesverfassung tatbestandlich greifen und so die Zustimmung des Finanzministers für die notwendigern Ausgaben und Garantien ohne Zweifel erteilt werden kann. Finanzminister Stefan gerufen hatte und dies den Kauf abgenickt hatte, war der Kauf perfekt. Das Land Baden-Württemberg hatte mit einem Schlag fast 5 Milliarden Schulden, und besaß 45,01 Prozent der Aktien des Energieversorgers EnBW. Kapitel 2: Mappus lässt sich feiern Am nächsten Morgen wurde die Landespresse eilig zusammengetrommelt und Ministerpräsident Mappus verkündete mit stolz geschwellter Brust: Dass das wirklich ein typische schwäbisches und badisches Geschäft ist, in dem es nur Gewinner gibt, inklusive des Steuerzahlers, der nichts bezahlen muss, sondern für dieses höhere Maß an Versorgungssicherheit sogar noch Ertrag machen kann. Die Signale, die von dem Deal und der Pressekonferenz ausgehen sollte, hießen: Erstens: Dieser Ministerpräsident kann auch Wirtschaft. Und zweitens: Er ist der Retter der Energieversorgung von Baden- Württemberg. Denn: Ende des Jahres 2011 wäre die Aktionärsvereinbarung zwischen OEW und EDF ausgelaufen mit allen Spekulationen, mit allen Unsicherheiten, mit allen Diskussionen, die wir im Vorfeld mit Sicherheit gehabt hätten. Klar ist, dass im Zuge dieser Spekulationen auch Unsicherheiten dadurch aufgekommen wären, dass wir mit Sicherheit auch ausländische Investoren im Spiel gehabt hätten. Das soll heißen: Bis Ende 2011 hatte sich die EDF gegenüber dem zweiten großen Anteilseigner, den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken OEW, verpflichtet, den Aktienanteil nicht oder nur mit Einverständnis der OEW zu verkaufen. Danach wären aber Tür und Tor offen gewesen für den Einstieg von ausländischen Investoren bei der EnBW. Und genau das wollte Mappus mit der Übernahme durchs Land verhindern, so zumindest stellte er es an diesem Morgen dar. Die Zukunft der EnBW, die bis dahin gute Gewinne abgeworfen hatte, malte Mappus an diesem Morgen, in rosigen Farben. Die Kosten für den Kauf würden sich von selbst erwirtschaften, denn die Dividende sei deutlich höher als der Schuldendienst für den Kaufpreis. So dass wir am Ende nicht nur kein Geld des Steuerzahlers brauchen, sondern auch noch einen Überschuss erwirtschaften können. Je nach Marktlage mindestens im einstelligen, möglicherweise auch im zweistelligen Millionenbereich. Und schließlich: Nach einer gewissen Konsolidierung wolle das Land - so Mappus - die Anteile an interessierte Stadtwerke im Lande, die bereits Schlange stünden, weiterverkaufen und: Ich habe vor, das EnBW der vierte Daxkonzern in Baden- Württemberg nach Daimler, SAP und Heidelzement wird. Deshalb werden wir demnächst die entsprechenden Gespräche aufnehmen. Ich glaube, dass eine Mischung aus privaten Aktionären und baden- württembergischen Kommunen und Stadtwerken der ideale Weg dahin ist. Es klang allzu schön - allerdings erwies sich in den darauf folgenden Tagen und Wochen, dass an dem Nacht- und Nebelgeschäft einiges eindeutig verkehrt und vieles äußerst fragwürdig war. Kapitel 3: Die Fragen Zu Beginn gab es über die Parteigrenzen hinweg Lob für das Geschäft. Der Atomkonzern EDF als Miteigentümer des baden- württembergischen Energieversorgers war vielen ein Dorn im Auge gewesen und die Idee, die starken baden-württembergischen Stadtwerke bei der ENBW einzubinden, wurde ebenfalls positiv notiert. Doch wenig später wurden Fragen laut. Die erste: War der Kauf über das Notbewilligungsrecht und unter Umgehung des Parlaments in Ordnung, oder hätten nicht zumindest die Fraktionsvorstände eingebunden werden müssen? Laut Verfassung muss ein unvorhersehbares und unabweisbares Bedürfnis vorliegen, damit der Finanzminister Geld am Parlament vorbei ausgegeben darf. Aber lag das in der Nacht in der Villa Reitzenstein vor? Der damalige Grünen Fraktionschef und heutige Ministerpräsident Winfried Kretschmann bezog schnell eindeutig Position: Die Regierung hat die Bürgschaft begründet mit Artikel 81 der Landesverfassung. Es sei eine unvorhersehbare und unabweisbare Bedingung gewesen, dass sie diesen Vertrag hätte schleißen müssen. Das halte ich für vollkommen abwegig eine solche Begründung, mit der der Finanzminister eine solche Ermächtigung gegeben hat am Parlament vorbei. Frage Nummer 2 betraf die Investmentbank Morgan Stanley, bzw. deren Deutschland-Chef Dirk Notheis, der das Geschäft abgewickelt hatte. Ist es in Ordnung, dass ein enger persönlicher Freund des Ministerpräsidenten ein solches Geschäft abwickelt und dafür eine vermutlich millionenschwere Provision erhält? SPD-Parteichef Nils Schmid formulierte die Zweifel an dem Geschäftsgebaren einige Tage später so: Es ist ohne Zweifell rechtlich zulässig, freihändig einen solchen Auftrag zu vergeben, aber es ist nicht rechtlich zwingend, nur eine Firma in die engere Auswahl zu nehmen. Wir haben in Deutschland eine Reihe von Investmentbanken, die auch Expertise haben, so dass die Frage nach einer Vetterleswirtschaft, nach einem Deal unter Freunden noch immer im Raum steht. Bemerkenswert war schon damals die Begründung von Mappus, warum Morgan Stanley das best geeignete Institut sei, um das Geschäft abzuwickeln. Dann gibt es halt ein hauptsächliches Argument, dass für Morgan Stanley spricht und das ach entscheidend ist. Morgan Stanley hat die EDF in Paris privatisiert. Morgan Stanley hat de EDF in Paris an die Börse gebracht.. Morgan Stanley hat Anleihen der EnBW im letzten Jahr an den Markt gebracht. Es gibt niemand auf dem Markt, der beide Unternehmen, der aber vor allem die entscheidenden Persönlichkeiten so kennt, wie die entsprechenden Kräfte bei Morgan Stanley - es war ja nicht nur Notheis, aber es war auch Notheis. Es dauerte aber nicht lange, bis dieses Argument eine weitere kritische Frage nach sich gezogen hat: Hätte die Tatsache, dass Morgan Stanley für den Verkäufer EdF gearbeitet hat, nicht gerade dagegen sprechen müssen, dass die Investmentbank auch für das Land Baden- Württemberg, also den Käufer tätig ist? Besteht kein Interessens- bzw. Loyalitätskonflikt in dem Bankhaus? Im Grunde geht es hier aber darum: Frage 3: War der Kaufpreis in Ordnung oder hat das Land zu viel bezahlt? 40 Euro hat Baden-Württemberg pro EnBW-Aktie der EDF bezahlt, hinzu kamen 1,50 Euro für die Dividende im Jahr 2010, machte unterm Strich 4,8 Milliarden Euro, die die Landesgesellschaft Neckarpri nach Frankreich überweisen musste. - Mappus vertrat die Auffassung, dass das ein Schnäppchen war, aber auch hier wuchsen die Zweifel schnell. Erstens stellte sich schnell heraus, dass die Aussage - die Stadtwerke stünden Schlange, um sich an der EnBW zu beteiligen - schlicht falsch war. Am Stromnetz der EnBW bestand zwar Interesse, aber an einem Unternehmen, dass seine schwarzen Zahlen nur mit Hilfe von vier Atomkraftwerken schrieb, wollte sich keiner verheben. Matthias Berz, der baden-württembergische Landesvorsitzende des Verbands kommunaler Unternehmen VKU formulierte es so: Ich kann nicht für jeden einzelnen Vertreter eines Stadtwerks sprechen. Aber ich habe noch keinen getroffen, der in dieser Schlange stehen soll angeblich. Also die muss sehr kurz sein, die Schlange. Und Johannes von Bergen, der Chef der Stadtwerke Schwäbisch-Hall verkündete geradeheraus, dass das Land viel zu viel gezahlt habe: Ich denke, dass das Land Größenordnung 1 bis 1,5 Milliarden Euro zu viel für diesen Anteil gezahlt hat. Wäre der Preis etwa bei 3 Milliarden gelegen, was ja auch schon mal in Rede stand, wäre das sicher akzeptabel gewesen. Die Frage war also: Hatte das Land zu viel gezahlt, bzw. hatte Morgen Stanlay das Land, bzw. Dirk Notheis seinen Duzfreund Mappus schlecht beraten, was die Wertentwicklung der EnBW angeht. Dafür sprach einiges, denn Nachfragen von Journalisten brachten ans Tageslicht, dass der Wert der EnBW vor dem Verkauf keineswegs nach den üblichen kaufmännischen Verfahren geprüft worden war. Die Prüfung lief nach der Aussage von Mappus so ab: Gehen Sie mal davon aus, dass man das Unternehmen regelmäßig beobachtet hat. Es gab Kennzahlen en masse, die auch zugänglich waren, insofern haben wir nicht die Katze im Sack gekauft, das ist mal klar. Üblich ist bei einer Firmenübernahme in dieser Größenordnung ein so genanntes Due Diligence Verfahren. Auf Deutsch: mit der nötigen Sorgfalt müssen der Wert und mögliche Risiken von einem Wirtschaftsprüfer ermittelt werden. Üblicherweise stellt der Verkäufer dazu alle Unternehmensdaten und Verträge in einen Datenraum ein, so dass ein zur Vertraulichkeit verpflichteter Wirtschaftsprüfer alles gründlich analysieren und bewerten kann. Dies war hier aber offensichtlich nicht der Fall. Die Fragen standen also im Raum, als am 11. März 2011 ein Ereignis die Welt erschütterte. Kapitel 4: Die EnBW nach Fukushima Gab es vorher Zweifel, ob der Kauf der EnBW tatsächlich das Schnäppchen war, dass Ministerpräsident Mappus versprochen hatte, so war bereits wenige Tage nach der Katastrophe in Japan klar, dass der Kauf des Konzerns mit seinen 4 Atomkraftwerken in Neckarwestheim und Philippsburg ein finanzielles Debakel für Baden- Württemberg sein würde. Am 16. März wurden die beiden Kraftwerksblöcke Neckarwestheim 1 und Phillipsburg 1 heruntergefahren und wenig später beschloss die Bundesregierung den Atomausstieg. Dann stand endgültig fest, dass die Reaktoren nie mehr ans Netz gehen würden. Aus den Cash-Cows der längst abgeschriebenen Meiler waren plötzlich bleischwere Klötze in der Landeskasse geworden. Daran, dass mit den Aktien Geld zu verdienen sei, war nicht mehr zu denken. Es wurde vielmehr schnell klar, dass das Land zusätzliche 400 Millionen in die ENBW stecken musste, um sie überlebensfähig zu machen. Fukushima und der Atomausstieg führten mit dazu, dass CDU- Ministerpräsident Stefan Mappus am 17. März abgewählt wurde und mit Winfried Kretschmann der erste Grüne Ministerpräsident die Geschicke des Landes übernahm. und Eigentümer von vier Atomkraftwerken wurde. Kapitel 5: Der Staatsgerichtshof Aber bereits zuvor, am 9. Februar 2011, hatten SPD und Grüne Klage gegen das Geschäft vor dem baden-württembergischen Staatsgerichtshof eingelegt. Während Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung geriet das Thema der Klage dann etwas in den Hintergrund, aber spätestens am 6. Oktober 2011 war der EnBW- Deal wieder in aller Munde, denn das oberste baden-württembergische Gericht gab den Klägern recht: Der EnBW -Kauf war verfassungswidrig. Mappus und Co. hätten den Deal nicht ohne den Landtag durchziehen dürfen. Das Urteil war in seiner Deutlichkeit ein Donnerschlag und es hatte in den darauf folgenden Tagen zwei Konsequenzen. Erstens den Rücktritt von des früheren Finanzministers Willi Stächele, der mittlerweile Landtagspräsident war. Es lag auf der Hand, dass der Mann, der in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember in der Villa Reitzenstein mit seiner Unterschrift die Rechte des Landtags ausgehebelt hatte, genau diesem Landtag nicht weiter vorstehen konnte. Folge Nummer 2: Bei den Fraktionen des baden-württembergischen Landtags begann die Überzeugung zu reifen, dass ein Untersuchungsausschuss das richtige Mittel sein könnte, um den EnBW-Deal und die vielen Fragen im Zusammenhang mit ihm aufzuklären. Es dauerte zwar noch einige Wochen, aber am 14. Dezember beschloss der Landtag dann die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Kapitel 6: Die Untersuchungsauftrag Ganz allgemein formulierte Nils Schmid, inzwischen Finanzminister von Baden-Württemberg, denn Auftrag des Ausschusses so: Ich erwarte, dass der Untersuchungsausschuss die Hintergründe des Verfassungsbruchs durch Herrn Mappus aufklärt. Das war ein einmaliger Vorgang in der Landesgeschichte. Und es ist wichtig, dass diese politische Kultur, die die CDU in ihrer langen Regierungszeit in Baden- Württemberg errichtet hat. Nicht nur dass die durch die Wähler jetzt beendet wurde, sondern auch die Wurzeln dieser Fehlentwicklung jetzt offen gelegt werden. Zum Ausschussvorsitzenden wurde der erfahrene Landtagsabgeordnete Ulrich Müller von der CDU gewählt. Er sieht die Aufgaben des Ausschusses erstens in der Klärung der Frage, ob das Land zuviel für die EnBW gezahlt hat: Es sind ja für Aktie 40 Euro gezahlt worden. Bei einem 5-Milliarden- Geschäft spielen ja schon relativ kleine Beträge eine Rolle, 39 oder 41 - völlig logisch. As die Frage: War der Kaufpreis angemessen, und zum Zweiten geht es sicher um das Verfahren. Und das ist ein weites Feld: Es geht zum einen um die oben genannten zentralen Fragen: Wie kam der Verfassungsbruch zustande, wurde der Kaufpreis ordentlich geprüft oder nicht. Wie kam es, das sich die Landesregierung nicht von den eigenen Juristen und Experten in den Ministerien beraten ließ, sondern ausschließlich von externen Firmen. Von Morgan Stanley also und von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz. Stammt die Forderung, den Kauf am Parlament vorbei durchzuziehen tatsächlich von EDF Chef Henri Proglio, wie Mappus immer behauptete, oder wollte womöglich der Ministerpräsident, dass das Parlament nicht einbezogen wird? War die Angelegenheit tatsächlich so eilig, wie Mappus behauptete? Zentrale Figur ist dabei immer wieder Stefan Mappus, der am 9. März als erster Zeuge vernommen werden soll. Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss Ulrich Sckerl: Was waren die Motive für den Aktienkauf? Wer hat welche Vorschläge gemacht? Zu welchen Konditionen gekauft? Warum wurde zu diesen Konditionen gekauft? Und wie wurde die Frage Parlamentsvorbehalt letztendlich entschieden. Das sind die drei Schlüsselfragen. Und dann geht's in der zweiten Runde um die Rollen, die die Berater, hauptsächlich Gleiss Lutz tatsächlich gespielt haben. Besonders interessant dürfte es werden, den genauen Weg zu rekonstruieren, wie der Deal mittels Notbewilligungsrecht durchgezogen worden ist. Laut dem Bericht der neuen Landesregierung hatten zunächst sowohl die Investmentbank Morgan Stanley wie auch die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz heftige Zweifel, ob das möglich sei. Morgan Stanlay versuchte sogar, einen Kompromiss mit EDF-Chef Proglio zu finden, nachdem der Kauf unmittelbar nach einer Entscheidung des Landtags besiegelt werden wollte. Am Ende aber war es offenbar Mappus selbst, der sich dagegen entschied und sich dabei auf eine Stellungnahme von Gleiss Lutz berief, von der dann auch Ex-Finanzminister Stächele berichtet hatte. Eine Auffassung, die - wie das Urteil des Staatsgerichtshofs zeigt - schlicht falsch war. Und noch eine weitere Begebenheit ließ die Kanzlei in einem merkwürdigen Licht erscheinen: Nachdem die neue Landesregierung im Januar 2012 ihren Bericht über denn Deal vorgelegt hatte, beklagte sich Stefan Mappus lauthals und öffentlich, dass dort eine bestimmte Mail von Gleiss Lutz nicht enthalten sei. Es sei - noch einmal - die Bestätigung, dass es auch ohne Parlamentsvorbehalt ginge, dass er aus seiner damaligen Perspektive also richtig gehandelt hätte. Allerdings stellte sich heraus, dass Gleiss Lutz diese Mail nicht an die Landesregierung übermittelt hatte. Ein Versehen? Als in der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses klar wurde, dass dies ein Fehler von Gleiss Lutz war, wunderte sich Ausschussvorsitzender Ulrich Müller hörbar: Es ist schon irre, wenn man sich vorstellt, wir haben auf der einen Seite mittlerweile 107 Ordner von Gleiss Lutz und auf der anderen Seite 15 000 Seiten in einem virtuellen Datenraum. Und eine -und keine unwichtige Mail - fehlt in beiden. Also die statistische Wahrscheinlichkeit, dass etwas in einer von beiden Unterlagen fehlt, aber in beiden! - das ist schon irre. Gut, die Kanzlei hat sich bei der Landesregierung entschuldigt, das müssen wir jetzt zur Kenntnis nehmen. Man kann sich wohl darauf verlassen, dass der Ausschussvorsitzende Ulrich Müller und die Öffentlichkeit in den bevorstehenden Sitzungen des Ausschusses noch einiges hören werden, was zumindest bemerkenswert, wenn nicht - wie Müller sagt - irre ist. Denn dass es nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wenn eine Herrenrunde bei Nacht und Nebel mal eben 5 Milliarden ausgibt, liegt auf der Hand. Und ebenfalls auf der Hand liegt, dass dieses Geschäft im Rückblick betrachtet eines der schlechtesten Geschäfte sein dürfte, die das Land Baden-Württemberg jemals gemacht hat. ENDE BEITRAG 1