Sonntag, 14. April 2013 (20:05-21:00 Uhr) KW 15 Deutschlandfunk - Musik & Information FREISTIL Bewunderung des ausgestreckten Mittelfingers Wozu Ekelpakete gut sind Ein Feature von Dieter Jandt Redaktion: Klaus Pilger Produktion: Deutschlandfunk 2010 M a n u s k r i p t Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - ggf. unkorrigiertes Exemplar - Musik 1: Raprhythmen instrumental einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Atmo : Sainkho Namchylak, Röcheln einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 1. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Sie stellen mir jetzt hier Fragen und - // bitte sehr, was wollen Sie? 2. O-Ton: Bazon Brock Sie sind intellektuell auf einem Niveau, von // Hauptschulabgängern, // wissen nichts, verstehen nichts, können gar nichts. 3. O-Ton: 4. Bürger Es gibt ne Menge Leute, die ich auch gerne mal öffentlich in den Arsch treten würde. 4. O-Ton: 3. Bürger Der darf Dinge tun, die andere nicht tun dürfen, und datt genießt man natürlich stellvertretend in dem Augenblick. Ansagerin: Bewunderung des ausgestreckten Mittelfingers. Zitator: Wozu Ekelpakete gut sind. Ansagerin: Von Dieter Jandt. 5. O-Ton: Elisabeth Wiedemann Frauen können mindestens so mies sein wie Männer. 6. O-Ton: Alice Schwarzer rezitiert über Raprhythmen "Hass - Frau, du nichts, ich Mann" 7. O-Ton: Bushido Du bist en richtiger Wichser, du hast es dir runtergeladen und scheiß drauf. 8. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Wir beenden gleich das Gespräch, statt hier ne // Stunde rumzusalbadern ... Atmo ausblenden, Musik noch einmal hochziehen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Die Zeit der Ekelpakete schien vorbei, in der Wirtschaft, in der Politik und auch im Showbizz. Ellbogentypen waren plötzlich out. Sie konnten sich nicht mehr erinnern, sie gaben sich kleinlaut 9. O-Ton: Mario Basler Nee da drüber möchte ich nicht mehr reden. // Ich möchte da drüber, über diese Geschichte nicht reden. Sprecherin: Auch die Ackermänner, neoliberalen Geister und Turbohändler entschuldigten sich und suchten den Konsens. Musik ausblenden 10. O-Ton: Michael Rogowski Das liegt mir sehr am Herzen, verletzen möchte ich niemand, ... Ansagerin: Michael Rogowski. Ehemals Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. 11. O-Ton: Michael Rogowski Der Satz, der stammt nicht von mir, muss ich Ihnen sagen ... Musik 1: Raprhythmen instrumental einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: All die Großmäuler duckten sich weg, aber nur für einen Moment. Dann wurden die Ellbogen wieder ausgefahren, bei der Suche nach dem Superstar, beim Wegbeißen von Rivalen, bei der Provokation der Benachteiligten, mit der Grundattitüde, dass diese selbst schuld, zu dumm und zu bequem seien, und dass wir alle wieder mehr Kapitalismus zu wagen hätten. 12. O-Ton: Michael Rogowski Ich glaube, es wird jetzt wieder sehr gültig. // Das war übrigens auch mein Motto, als ich BDI-Präsident war. Sprecher: Schon damals konnte sich Michael Rogowski für die Idee erwärmen, ein Lagerfeuer zu entfachen, um darin ein Buch zu verbrennen. 13. O-Ton: Michael Rogowski Wenn ich mir das Betriebsverfassungsgesetz und die Kommentare dazu anschaue, dann sind das 10cm starke Bücher. Und wenn ich mir dann einen mittelständischen oder kleinen Unternehmer vorstelle, der mit solchen Regularien umgehen soll, dann finde ich, ist der einfach überfordert. // Da würde ich ein Lagerfeuer vorschlagen, um dann neu zu beginnen und ein wesentlich vereinfachtes Mitbestimmungsrecht zu kreieren. // Und wenn ich gar in den Mitbestimmungen da in den Aufsichtsräten denke, dann würde ich dieses System grundlegend ändern wollen. Sprecherin: Rogowski selbst saß im Aufsichtsrat verschiedener Banken und Finanzinvestoren und schlitterte mit ihnen in die heraufziehende Krise. Nun sitzt er im Lenkungsrat des Wirtschaftsministeriums und bestimmt mit, welches Unternehmen was an Stütze bekommt. Der Bock als Gärtner? Zitator: "Die Deregulierung des Arbeitsmarktes hat begonnen. Jetzt müssen die Schritte Hartz V bis VIII kommen." Sprecherin: Sagt`s in aller Öffentlichkeit und spürt nicht, wie er damit ankommt bei denen, die reguliert werden. Oder weiß er es, und es ist ihm egal? Musik Kreuzblende in: Atmo: Fußgängerzone, Schritte, Stimmen, Musik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 14. O-Ton: 1. Bürger Disqualifizierend und menschenverachtend, solche Sprüche. Die Frage ist, so was am Biertisch zu sagen, ist natürlich was anderes als dann gedruckt noch mal lesen zu können. 15. O-Ton: 4. Bürger Ist doch okay, die Schickedanz kriegt dann nur noch Hartz VIII und keinen Mietzuschuss, wo sie ja mietfrei wohnt. Ansagerin: Mehr oder weniger empörte Bürger. 16. O-Ton: 3. Bürger Tja, das ist die Arroganz der Reichen. Die die Kohle haben, die können sich wunderbar über die mokieren, die die Kohle nich haben, // und datt kann man beim besten Willen nicht gutheißen. Atmo ausblenden 17. O-Ton: Soziologe Viele dieser Attitüden brechen ja sofort in sich zusammen oder werden deutlich relativiert, wenn eine Gegenmacht, eine Gegenbehauptung, eine Gegenunverschämtheit, ein Zynismus, der von der anderen Seite auftaucht, dann sind die sehr schnell am Ende ... Ansagerin: Karl-Siegbert Rehberg. Soziologe an der Universität in Dresden. 18. O-Ton: Soziologe Die Duldung, die Unterwerfung, also diese tiefe Bereitschaft, die doch sehr weit verbreitet ist, sich ängstlich in die Dinge zu fügen, wie sie einmal sind, // da ist schon etwas dran, dass die Unterwerfungsbereitschaft das eigentliche Problem ist. // Die weit verbreitete - und ich würde immer wieder sagen erstaunliche - Unterwerfungsbereitschaft, hinzunehmen, zu akzeptieren, noch durchgehen zu lassen, was eigentlich im Umgang ansonsten unverzeihlich und unmöglich wäre. Sprecherin: Einige Manager und Politiker überbieten sich in Talk-Shows mit Geschmacklosigkeiten und geben sich betont unverfroren. Zitator: "Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können." Ansagerin: ... sagte Thilo Sarrazin als Berliner Finanzsenator zu Heizkostenerstattungen für Hartz IV-Empfänger. Sprecherin: Auch einer, der es nicht lassen kann. Der sich nicht fragt, ob er so etwas wirklich sagen muss. Oder sich genau das fragt, und es dann erst recht sagt. Der immer noch nachlegt. 19. O-Ton: Thilo Sarrazin in einer Talk-Runde Beitrag des RBB Wenn man sich das anschaut, dann ist das kleinste Problem von Hartz-IV-Empfängern das Untergewicht. Man muss ja davon ausgehen, was man hat - 128 Euro für einen Einzelstehenden und damit kann man in der Tat ausgewogen, auskömmlich essen. Ich hab es selber ausprobiert mit meiner Frau zusammen, habe es auch ausprobieren lassen durch meine Verwaltung. Zitator: Eat the rich! 20. O-Ton: Ulrich Schneider, Paritätischer Wohlfahrtsverband: in der Talk-Runde aus einem Beitrag des RBB Ich finde, wenn jemand, der hier sitzt und so abzieht, da müssen sich die Menschen, für die das keine Sandkastenspiele sind // bitter verhöhnt fühlen.. Ansagerin: Ein Empörter vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Atmo: Fußgängerzone, Schritte, Stimmen, Musik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 21. O-Ton: 4. Bürger Das sind Politiker mit nem bestimmten Geltungsbedürfnis, wenn sie inhaltlich nichts drauf haben, müssen sie andere Leute auf die Schnauze hauen. Das en alter Mechanismus, der immer wieder funktioniert, und zumindest erregt`s Aufmerksamkeit für ne kurze Zeit. 22. O-Ton: 3. Bürger Ja, das ist Zynismus, letztendlich ist es Zynismus, und das hat auch was mit Herabsetzung zu tun, sich erheben über andere, oder das ja datt selbe wie der Bohlen, wenn der da irgenden Mädel abkanzelt, watt da gerade schweißgebadet irgend nen Song trällert, indem ich den anderen erniedrige, erhöhe ich mich selber, und datt ist immer der gleiche Mechanismus, ob der jetzt Ackermann heißt oder Mehdorn oder Effenberg, das immer die gleiche Chose ... Atmo ausblenden Sprecherin: Ist solche Missbilligung Ausdruck eines verletzten Gerechtigkeitsempfindens? Was aber scheint da noch hervor, wenn der Bürger sich kopfschüttelnd im Fernsehsessel aufrichtet und seiner Empörung Ausdruck verleiht? Wenn er den moralischen Zeigefinger gegen den ausgestreckten Mittelfinger hält? Zitator: "Feindseligkeit ist die Kehrseite uneingestandener Faszination. Wir weisen nach außen ab, was wir in uns selbst unterdrücken." Ansagerin: Aus einer Kolumne des Zeitmagazins Atmo: Fußgängerzone, Schritte, Stimmen, Musik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 23. O-Ton: 4. Bürger Wem bin ich denn jetzt feindselig gesinnt, und ich mag ihn doch? Fällt mir keiner ein. 24. O-Ton: 3. Bürger Also im Grunde ist das die klassische Psychoanalyse, es gibt ein Es und ein Ich und ein Über-Ich, und weil das Über-Ich so stark ist, darf das Es nicht ausagieren, was es ausagieren will, und hier bist du Schwein, hier kannst du es sein, also jeder ist gerne mal ein Schwein, und lässt mal was raushängen, aber durch die ganzen sozialen Instanzen // unterdrückt man das, // und jetzt findet man endlich en Kanal, eine Kanalisation dieser ganzen Getriebe, und diese Kanalisation ist eben dieses Ekelspaket, dieser Typ, dieser hässliche, grässliche Mensch, an dem man aber im Grunde seine eigenen Triebe ausagiert findet, und das genießt man auch. // Und datt sind natürlich ausagierte Anteile, die jeder in sich trägt. Atmo ausblenden 25. O-Ton: Soziologe Ich glaube, dass die Bewunderung eine Tendenz ist, gerade auch für das Gewalttätige, das Faszinierende der Sprengung einer Situation, dass sich alle sehr an die Normen halten und dass bestimmte Menschen prädestiniert zu sein, auserwählt zu sein scheinen für die Sprengung der Norm, dass Normen für sie gar nicht gelten, dass sie über der Norm stehen, sei es als göttliche Person, sei es als fürstliche und heute vielleicht als Rowdy-Stars oder Leute, die sich an die Regeln der Political Correctness nicht halten müssen. // Und jene, die die ganze Gesellschaft ohnehin als gegebenes Unheil interpretieren, ist so was wie eine Art Sonderrolle schon auch ein Grund für die Bewunderung, für das Bewundert-Werden-Können. Als eine Art Projektion auf das, was man vielleicht selbst will. Aber sich nicht leisten kann. Atmo : Straßengeräusche Berlin einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 26. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Das war nicht mein Ansatz, der Beliebteste werden zu wollen in Deutschland, also ich hab das ja während der Late-Night-Show mit Thomas Gottschalk gehabt. Ansagerin: Hans-Hermann Tiedje. Ehemals Chefredakteur der Bild-Zeitung, ehemals Chefredakteur von Gottschalks Late- Night -Show, selbst Talkshow-Moderator, Vorsitzender der Kommunikationsberatungsfirma Eurocom - und immer Reizfigur. 27. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Thomas ist nur glücklich, wenn alle ihn mögen. Das auch der Unterschied zwischen Thomas und Schmidt. Dem Harald Schmidt ist es völlig wurscht, ob die Leute ihn mögen. Schmidt macht sein Ding. Thomas ist der Beliebtere. Thomas ist der größere Star und Schmidt ist derjenige, der meine Sympathie hat. Sprecherin: Hans-Hermann Tiedje sitzt in seinem Büro in Berlin Mitte und lehnt sich im Chefsessel zurück. An den Wänden hängen Plakate mit flotten Sprüchen gegen Rot-Grün, flankiert von Tiedjes Konterfei. Ein salopper Typ, der sich gerne frei macht von Rücksichten. Mit gefühltem Riesen-Ich, das macht, was es will. Die Taz bezeichnete ihn als "Rambo des Boulevard-Journalismus". Atmo ausblenden 28. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Da bin ich auch relativ knackig manchmal. Und ich stelle auch fest, dass Leute // so eine gewisse heimliche Bewunderung in der Tat haben, dass sie sagen: `Mensch, der ist irgendwie ein bisschen anders, der macht das einfach`, und irgendwo bedauern sie dann, dass sie selbst diese Eigenschaft nicht haben. Zitator: "Ein Mittel, um provozierte Ängste zu verarbeiten, ist die aggressive Haltung, die Bild an den Tag legt. Einfluss und Macht der Zeitung, Mut und Entschlossenheit, die teilweise als rücksichtslos und brutal erlebte Härte und Durchschlagskraft geben dem Leser die Möglichkeit, sich mit diesem überlegenen Angreifer zu identifizieren, in Bild die Realisierung dessen zu erleben, was ihm selbst immer unmöglich sein wird zu verwirklichen." Ansagerin: ... zitiert der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff aus einer internen Analyse des Springer-Verlages. Sprecherin: Die Bildzeitung ruft Abscheu und Bewunderung hervor. Und ihre Chefredakteure verkörpern diesen Zwiespalt. So bezeichnete Tiedjes Vorgänger Peter Boenisch seine Leser als "Primitivos" - von denen es immerhin 12 Millionen gibt. Für seine Hasstiraden gegen die Studentenbewegung erfuhr er von eben diesen "Primitivos" reichlich Schulterklopfen. Tiedje wiederum eckte wiederholt beim Presserat an und verhöhnte ihn. 29. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Ich hab damals, muss ich sagen, den Presserat, wenn ich ehrlich bin, nicht wirklich ernst genommen, // und der ist mir auch bis heute wurscht, um das noch mal zu wiederholen. Zum Thema: Provokantes Verhalten: Ich weiß das gar nicht. Weiß gar nicht, was an mir provokant ist. Ich sag, was ich denke. Oder ich tue, was ich will. // Ich mach einfach mein Ding. Und da fühle ich mich wohl. Atmo : Allianz-Arena, Anfeuerungsrufe, Jubel, Pfiffe einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 30. O-Ton: Mario Basler Ich hab immer gesagt, zu dem, was ich gemacht habe, stehe ich, und deswegen habe ich auch nichts bereut. Ansagerin: Mario Basler. Ehemaliger Fußballprofi und heute Fußballtrainer. 31. O-Ton: Mario Basler Und ob das dem einen gefällt oder dem anderen nicht gefällt, da drauf darf man keine Rücksicht nehmen, weil viele Leute nehmen auch auf einen selbst keine Rücksicht. Ansagerin: Aus einer Basler`schen Zitatensammlung: Zitator: "Vielleicht sollten wir mal einen saufen gehen und uns gegenseitig in die Fresse hauen." Zitator: "50 Prozent der Spieler hassen mich." 32. O-Ton: Mario Basler Ja gut, ob das 50% oder 60'% sind, das weiß ich nicht. Keine Ahnung. Das sind gewisse Dinge gewesen in meiner Karriere, dass ich sicherlich nicht nur Freunde gehabt hab im Fußball, sondern ich denke mal mindestens 50%, die nicht unbedingt meine Freunde waren. Atmo Kreuzblende in: Atmo: Biergarten, Lachen, Musik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Auftritt Mario Basler im Biergarten einer pfälzischen Kleinstadt. Er gibt den Platzhirsch. Großes Hallo von den Nebentischen. Man buckelt ihm kopfnickend Anerkennung zu in der Hoffnung, erkannt zu werden. Basler lässt sich einen Aschenbecher bringen und zu einem Kurz-Interview herab. Lümmelt sich in den Sitz, um etwas zu sagen. Eigentlich will er gar nichts sagen, sondern nur seine Schnoddrigkeit bewundern lassen. Atmo ausblenden 33. O-Ton: 3. Bürger Diese Ambivalenz zwischen einerseits abstoßend finden und ekelig finden und zum Kotzen finden und andererseits aber auch ne Faszination dessen, hat natürlich auch damit zu tun, datt man in der Person genau das sieht, was man ja eigentlich auch drauf hat. // Den Anteil hat man natürlich schon, und der personifiziert sich dann in solchen Figuren wie Dieter Bohlen oder auch Effenberg. Also die Sau raushängen zu lassen, mit den Ellenbogen um sich zu schlagen und dann noch zu sagen: Ich bin ein guter Fußballer, und das Publikum nieder zu machen, ist natürlich fein. 34. O-Ton: Stefan Effenberg So ein Schmarrn! So en Scheiß! Ehrlich! // Da muss man aufpassen, was man sagt, was man schreibt. Da muss man aufpassen. Denn ich bin einer, der lässt sich das nicht gefallen, Freunde der Sonne! Atmo: Toilettenspülung Sprecherin: Ex-Fußballprofi Stefan Effenberg bei einer Pressekonferenz. Faltet Journalisten zusammen, und die freuen sich darüber. Von ihm stammt der Stinkefinger schlechthin. Bei der Weltmeisterschaft 1994 in den USA hält er ihn lachend den eigenen Fans hin. Die eine Hälfte pfeift ihn aus, die andere Hälfte himmelt ihn dafür an. Effenberg ist einer, der seinen Erfolg nicht zuletzt der Verachtung des Gegners und seiner Fans verdankt: Er kehrt den Schweinehund nach außen um einzuschüchtern. Zum Abschluss seiner Karriere schreibt er ein Buch mit dem Titel: "Ich hab`s allen gezeigt." - und meint wohl seinen Mittelfinger. In einem Interview mit dem "Playboy" bezeichnet er Arbeitslose als Absahner und Drückeberger. Atmo Kreuzblende in: Musik 2: Die Stehkrägen Textzeile: Eure Armut kotzt mich an einen Moment freistehen lassen, kurz weiter folgend unterlegen: 35. O-Ton: 2. Bürger Ich weiß nur, dass Effenberg doch verschiedene Frauen hatte. Also er hatte seine eigene Frau, und dann die Frau seines Kollegen, dem Herrn Strunz, was erlauben Strunz, // und er hat auf jeden Fall seine Frau abgegeben an Effenberg, und mehr weiß ich eigentlich nicht davon. 36. O-Ton: Soziologe Ich glaube ganz außerordentlich, dass eine Virilità, eine Männlichkeitsidee des Gewalttätigen, des Anmaßenden, des Stolzes und so weiter, also alle Macho-Kriterien, die man da nennen könnte, // dass das doch auch eine Bewunderung hat, auch eine Ausstrahlung, vielleicht sogar sexuelle Ausstrahlung, jedenfalls eine Ausstrahlung in Machtspielen, Machtfeldern, und das hängt, glaube ich, eng zusammen und kann dann unter den Bedingungen der Maskenindustrie, der Kulturindustrie, wie Adorno das richtig nannte, kann das dann zum trivialisierten Muster der bloßen Brutalität, Frechheit, ja man kann sogar sagen: aggressiven Dummheit werden, und doch funktionieren, erstaunlicherweise. Atmo: Allianz-Arena, Anfeuerungsrufe, Jubel einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Einem Teil des Publikums scheint der entgegengestreckte Mittelfinger zu gefallen. Womöglich weil er auch als Phallussymbol gesehen werden kann. Lassen wir ihn mal so in der Tiefe des Raumes stehen. Auch Mario Basler lästert weiter über Kollegen und Zuschauer ab, in Kolumnen für die Bild-Zeitung. 37. O-Ton: Mario Basler Das ist ja heutzutage ist ja auch, wenn ich meine Kolumnen schreibe, kommen ja auch viele E-Mails dann mit Beschimpfungen und mit Drohungen, aber das ist ja auch in Deutschland und auf der ganzen Welt ja nichts Unnormales. Atmo Kreuzblende in: Musik 3: Marschmusik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Vielleicht sind gerade die Deutschen dafür prädestiniert, dass bei ihnen solche Gewächse gedeihen können, auf allen möglichen Spielfeldern zwischen Sport, Showgeschäft und Politik. Mit der typischen Ehrfurcht vor dreistem Machtanspruch und Autoritätshörigkeit öffnen die Deutschen ihnen Tür und Tor. Den Franzosen würde das so nicht passieren. Auch sie haben Ekelpakete, aber wenn es ihnen zu bunt wird, bewerfen sie sie mit Tomaten, übergießen sie mit Milch oder nehmen sie gleich als Geiseln. Warum kriegt man das hier zu Lande nicht hin? Die Duckmäuserei scheint tief im Preußentum verwurzelt. 38. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Das ist die Tragödie der Deutschen. Das ist ein entscheidender Punkt unserer speziellen deutschen Tragödie, dass viele Jahre unter falschen Vorzeichen die Bevölkerung obrigkeitsstaatlich geprägt ist. Sprecherin: Millionen bewunderten Adolf Hitler. Man sagt den Deutschen eine Unterwürfigkeit nach, die bis in die kleinsten Strukturen der Gesellschaft, der Familie hinein wirkt, noch heute: So gibt es unzählige Vater/Sohn-Beziehungen, in denen der Vater den Nachwuchs quält und drillt, und der Sohn ihm dafür später dankbar ist. Schlummert das in den Deutschen? Man leckt die Hand, die einen schlägt, und weist ein hündisches Verhalten auf. Ist das merkwürdige Verhältnis zu Ekelpaketen anerzogen? Musik ausblenden 39. O-Ton: Soziologe Ich glaube überhaupt nicht, dass das eine deutsche Spezialität ist. Man sagt mindestens so stereotyp: Der Russe braucht die Knute, die chinesische lange Einübungen der Unterwerfungsgesten gegenüber den hohen Hierarchien ist sprichwörtlich, // da sehe ich überhaupt kein nationales, eine nationale Besonderheit darin, sondern das hat spezifische Ausprägungen, die deutsch-preußische Ausprägung insbesondere war stärker eine an Verwaltungsakte, Militärordnung und so weiter orientierte Bürgerlichkeit und Kleinbürgerlichkeit auch, aber dass das ein Spezifikum der Deutschen sei, glaube ich gar nicht. Musik 4: italienisches Liebeslied, gesungen von Silvio Berlusconi + Mariano Apicella einen Moment freistehen lassen, kurz weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Betrachten wir also die lockeren, lebenslustigen Italiener und lauschen einen Moment dem Gesang ihres Präsidenten. 40. O-Ton: Soziologe Wenn wir den Fall von Berlusconi nehmen, also ein ausgesprochen, ein Schiffsunterhalter, der jetzt ganz Italien zu seinem Schiff macht. Dessen Niveau, dessen Witzniveau nicht über seiner damaligen Tätigkeit als Schiffsunterhalter liegt, // dass das seine Genese ist, // dass das sein Ausgangspunkt ist, ein Schiffsunterhalter gewesen zu sein, und das ist er ja geblieben. Und - ich würd nicht sagen, dass es Bewunderung ist, aber die Hinnahme, dieses Sich-Unterhalten-Lassen, das Projizieren, das ist jemand, der sich alles leisten kann, was wir uns eigentlich leisten wollen, ist doch mindestens so stark als bei nun Gott sei Dank nicht den Bundeskanzler stellenden Figuren wie Bohlen oder anderen. 41. O-Ton: Bushido So in 19, 20 Jahren wäre ich gerne Bundeskanzler der Bundesrapublik Deutschland, das wär geil, da würde ich Gesetze machen, dass alle mal richtig Spaß haben können und jeder machen kann, was er will, da würde niemand ins Gefängnis kommen. Ansagerin: Gangsterrapper Bushido. Zitator: "Niemand ist unfehlbar auf dieser Welt, alle sind verführbar von der Macht, dem Geld, dem Sex. Alle sind wir wie Berlusconi. Ansagerin: Die Wochenzeitung "Die Zeit" in einem Artikel über das Phänomen, dass die Italiener diesen Mann schon drei Mal zum Präsidenten gewählt haben. Zitator: "Und darum kritisieren wir uns selbst, wenn wir ihn kritisieren. Wollen wir das wirklich? Ist es nicht schöner, wir akzeptieren uns, wie wir sind, ein bisschen korrupt, ein bisschen verlogen, ein bisschen rücksichtslos? Berlusconi erlöst die Leute von dem Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte mit ihren Instinkten. Berlusconi, das ist der Wunsch, frei zu sein, frei von allen Fesseln." Musik ausblenden 42. O-Ton: 3. Bürger Ist natürlich auch ne Art von Charme des Anarchismus. // Der darf Dinge tun, die andere nicht tun dürfen, und datt genießt man natürlich stellvertretend in dem Augenblick. // Der versucht sozusagen den Staat unnötig zu machen, auf dessen Sockel er aber steht. Sonst wäre er nicht der, der er ist, ne. Also genau die Ambivalenz verkörpert er ja, die Ambivalenz einerseits zu sagen: Ich brauche den Staat, damit ich der bin, der ich bin, und andererseits will ich ihn aber zerstören, also das ist genau die Ambivalenz, die man dem Ekelspaket auch entgegenbringt. Sprecherin: 12 Millionen "Primitivos" konsumieren die Bild-Zeitung, obwohl die sie für dumm verkauft. Abermillionen wählten zwei Mal Georg W. Bush, obwohl der sie belog. Dafür ließ er sie an seiner vermeintlichen Stärke teilhaben. Ist Dummhalten eine Strategie der Macht? Musik 5: Titelmelodie von Dallas einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Rückblickend betrachtet ist die soziale Kälte erstmalig Ende der 1970er Jahre ausgestrahlt worden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit J.R. Ewing, dem Bösewicht der Fernsehserie Dallas, und mit Ronald Reagan wurden der ausgefahrene Ellbogen und der gestreckte Mittelfinger hoffähig. Die gesellschaftliche Stimmung schlug um, sie wurde geschürt. Das war erklärte Politik. 43. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Ach was. Ellbogen sind hoffähig, seit es die Menschen gibt. // Es gibt die Soften, es gibt die Smarten, es gibt die Harten, // also das ist kein Zeichen unserer Zeit und auch kein Zeichen einer jetzt existierenden Ellenbogengesellschaft. // Dieser J.R. Ewing, dieser Fiesling im Ölgeschäft, der ist ein Fiesling, wie es sie zu jeder Zeit geben könnte, und Leute, die direkt sind und einfach durchmarschieren und sagen: Also hier stehe ich, hier bin ich, das ist meine Meinung, die haben ja nichts mit einer bestimmten Zeit zu tun. Sprecherin: Vor dreißig Jahren waren Bücher mit Titeln wie "Die Kunst ein Egoist zu sein" oder "Manipulieren, aber richtig" begehrt. Ein Schwein zu sein, galt als erstrebenswert, und Gutmenschen wie Reinhard Mey oder Herman van Veen wurden zu belächelten Randgestalten. Sie rüttelten nicht auf, waren keine Wachmacher, sondern Langweiler. J.R. hingegen wurde verabscheut und vergöttert. Musik ausblenden 44. O-Ton: Soziologe Dann kamen eben die Leute, die Entscheidungsträger sind, die Kraft aufweisen, die Rücksichtslosigkeit zeigen, ja die auch ein Muster des inzwischen Tabuisierten wieder aufbrechen, ne, das ist, glaube ich, immer wichtig in solchen gesellschaftlichen Bewegungen, dass man Gegenmuster wieder stärker macht, indem sich etwas etabliert. // Und zeigt tatsächlich, dass zwar nicht einfach ein Wellenmuster existiert, dass aber Gegenevidenzen, also das, was alle inzwischen glauben, zerbrochen wird von bestimmten Akteuren - Sprecherin: Es war die Zeit des Abschieds vom sozialen Konsens, von Latzhose und Jesuslatschen. Der Ellbogen wurde sozialisiert. Typen wie J.R. Ewing rückten in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Man konnte wieder gemein sein. Autoaufkleber mit der Aufschrift: "Eure Armut kotzt mich an" galten als mutiges Bekenntnis. Atmo: Fußgängerzone, Schritte, Stimmen, Musik einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 45. O-Ton: 2. Bürger Bei solchen Vorstellungen, wie eine Gesellschaft sein kann, gibt es grundsätzlich Paradigmenwechsel. // Das war die Zeit in den 80er Jahren, wo die wirtschaftliche Kompetenz auf einmal wieder wichtig wurde. // Und ich glaube also, dass die Latzhosenträger // vielleicht sogar schuld waren daran, dass sich danach irgendwie // so ne Ellbogenmentalität breit machen konnte. Atmo ausblenden 46. O-Ton: Soziologe Und dass dafür dann Symbolfiguren dann gefunden werden wie dieser schreckliche J.R. mit seinen Ölgeschäften und seiner Brutalität, letztlich eine sehr kleinbürgerliche Figur, das ganze Dallas war wahnsinnig kleinbürgerlich, auf dieser großen Ranch lebten // wie normale Leute in einem Reihenhaus, die ganzen Konstellationen, Konflikte, Begegnungen waren kleinbürgerliche in diesem großen Setting // einer unglaublich reichen Ölfamilie, und dafür werden dann solche Figuren erfunden, um die andere Seite dessen, was sich durchgesetzt hat, wieder zu zeigen. 47. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje In der ganzen Serie war das mit Abstand die interessanteste Figur. Sprecherin: Es war der Untergang des Gutmenschen. Er wurde fortan als solcher verspottet. Musik 6: Bushido - Mittelfingah einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 48. O-Ton: Bushido Weißte so, wenn du jetzt schon die ganze Zeit meine Kacke da angehört hast, eh dann muss ich schon echt sagen: Hut ab, weil ich eigentlich gar nicht weiß, warum du mir zuhörst, und ich find`s aber trotzdem wirklich cool, und... Ansagerin: Bushido aus seinem Hörbuch mit angehängtem Interview. 49. O-Ton: Bushido Und du bist auf jeden Fall richtig korrekt, vielleicht hast du dir`s gekauft, und du bist ein richtiger Wichser, du hast es dir runtergeladen und scheiß drauf ... Sprecherin: Als Gangsterrapper und Ekelpaket stellt Bushido mit seinen Verbalattacken gegen Frauen und Homosexuelle nach Stefan Effenberg und Dieter Bohlen so etwas wie das vorläufige Ende der Fahnenstange dar. Das untere Ende... 50. O-Ton: Bushido So in zehn Jahren wäre ich vielleicht gerne Bürgermeister von Berlin, ja. Der erste nicht-schwule Bürgermeister von Berlin, der erste hetero-sexuelle, pure Macho-Bürgermeister aus Berlin // vielleicht werde ich auch so`n asozialer Penner mit K. unter der Brücke und chillen, keine Ahnung, Essensreste aus der Mülltonne essen, und egal, was passiert, ich will eh irgendwann in`n Knast, und so, und deswegen scheiß ich drauf, eh. Musik Kreuzblende in 51. O-Ton: Soziologe Ist ja alles durchkalkuliert. An den einfachen Schemata Skandale setzen. Wir sehen das in den Künsten, in der Hochkultur, dass die Skandalisierung nicht mehr funktioniert. // Das ist heute trivialisiert. Denn in den gehobenen Künsten passieren keine Schocks mehr. Fast nicht mehr, fast ausnahmslos nicht mehr, aber in der Massenunterhaltung schon noch. Und von daher sind das ganz gezielte sozusagen erzeugte Unverschämtheiten, für die man allerdings, um sie durchzuhalten als Rollenmuster, doch einer bestimmten Stupidität bedarf. // Also kalkuliert schon, aber geistlos auch. Atmo: vorbeirauschender ICE einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn scherte sich selten um den gesellschaftlich-moralischen Konsens. Er schien von Gunst und Gönnerschaft nicht abhängig zu sein. Das wäre man auch gerne: völlig losgelöst von irgendwelchen Verpflichtungen. Man teilt aus und hat da nichts zurückzuzahlen, als Egomane, der seine Mitmenschen reihenweise vor den Kopf stößt, allein gegen alle, und damit Stärke beweist. Mehdorn hatte es nicht nötig, sein Negativ-Image abzumildern. Der Mann war in der Öffentlichkeit einer der meistgehassten Menschen. Das enthob ihn davon, sich mit Rücksichten und Schmeicheleien aufhalten zu müssen. Er konnte sich auf seine Ellbogen konzentrieren. Atmo ausblenden 52. O-Ton: Bazon Brock Wir werden nur durch die anmaßliche Dummheit dieser Managerriege tyrannisiert, ich kenne diese Burschen. Sie sind intellektuell auf dem Niveau, von, na, sagen wir mal, großzügig, Hauptschulabgängern, haben eine hohe kriminelle Energie, haben überhaupt keine kulturelle Bildung, wissen nichts, verstehen nichts, können gar nichts. Überhaupt nichts. Ansagerin: Bazon Brock. Emeritierter Professor für Ästhetik. 53. O-Ton: Bazon Brock Diese 40-jährigen, frisch aus dem Sonnenstudio Herausgeschlüpften, die sagen: `Jetzt komme ich, Ärmel hoch, ich mach mal hier Ordnung und schmeiß raus und lüfte, ja, genau diese Figuren, die da die Post geleitet haben, den Bertelsmannkonzern geleitet haben, die mal jetzt umgesetzt bei Karstadt wieder auf die Kacke hauen, wie sie das so schön nennen, ja, diese ganze Riege, sind alle, einer wie der andere, // intellektuelle Nullen, charakterliche, ja, kann man gar nicht mehr definieren, hohe kriminelle Energie, // also der gesellschaftlich höchst angesehen Kriminalität, // ja, man nutzt die Gesetze aus, // ist ja alles rechtlich, so geht es dann. Ohne jede Bildung, verstehen nichts. Bestenfalls schicken sie ihre Frauen in die Oper. Oder ins Theater, während sie da ihre rabiaten kriminellen Vereinigungen in den Hotels abspulen. Musik 7 Die Prinzen: Schwein sein einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen Sprecherin: Richard Fuld ist ehemaliger Vorstandschef einer amerikanischen Großbank. Ein Gott von eigenen Gnaden mit dem Spitznamen ‚Gorilla'. Bei einer Aktionärsversammlung äußerte er mit verzerrtem Gesicht den Wunsch, seinen Konkurrenten das Herz herauszureißen, sie mithin zu vernichten. Die Aktionäre lauschten verzückt. Der Name der Bank: Lehman Brothers. 54. O-Ton: Jamshid Alamuti Also ob solche Persönlichkeiten hoffähig sind, ich würde sagen, // die Menschen heutzutage leben gern davon, aufzufallen. Ansagerin: Jamshid Alamuti. Coacht Spitzenmanager. 55. O-Ton: Jamshid Alamuti In dem Sinne ist es ja bekannter weise auch negative Schlagzeilen dann manchmal einem sehr angenehm. Wie sagt man? Jedes Gefühl ist besser als keins, auch hassen ist besser als gar kein Gefühl sozusagen - Sprecherin: Jamshid Alamuti hat sein Büro in einem Kreuzberger Hinterhof in einer umgebauten Werkstatt, was der Managerschmiede eine hemdsärmelige Note verleiht. Alamuti kommt schäfchenweich rüber, souverän und glatt. 56. O-Ton: Jamshid Alamuti Ich persönlich denke auch selten daran, primär darauf zu achten, geliebt zu werden. Ich möchte hauptsächlich erst mal die Aufgaben erledigen können, wofür ich stehe. Und da gehe ich davon aus, dass ich auch immer irgendwelche Leute damit nicht glücklich mache, und auch dann der Beliebtheitsgrad natürlich nicht 100% gegeben ist. Musik Kreuzblende in: 57. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Ich hab keine Lust auf Plänkeleien, sondern man verkürzt doch die Wege und man bekommt mehr private Zeit, wenn man sich den ganzen Relativierungs- und Konditionierungsschrott nicht anhört (...) 58. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Also wenn einer wie so`n Wattebäuschchen durch die Gegend surft und einfach sechsmal anklopft, um zu sagen, ich hätte da ein Problem, // da kommen die rein und sagen: Darf ich mal was sagen? Was das denn? Ich sag immer zu denen: Fangen Sie doch einfach los! // Also was willst du? Das! Aha, dies ist die Antwort! // Und deswegen sind Leute, zu denen ich mich rechne, die also schnell auf den Punkt kommen und die sagen: So hätte ich das gern und so, was eigentlich die Normalität sein müsste, die sind inzwischen die Ausnahme. Ansagerin: Hans-Hermann Tiedje vom Chefsessel herab. Zitator: "Wenn ich mich an den Terror erinnere, der im Hannoveraner Bild-Großraumbüro zum Alltag gehörte, wo sich jeder von uns vor dem Redaktionsleiter duckte, dann kommt mir das heute fast unwirklich vor." Ansagerin: Günter Wallraff über seine Zeit bei Bild. Zitator: "Es war ein Zustand permanenter Überhitztheit. Es war eine Hitze, die von der Angst vor der Peitsche des Cholerikers und von der Peitsche selbst herrührte, die über jedem von uns plötzlich knallen konnte." 59. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Wenn irgendwelche Leute wissen, mit dem Typen ist bei bestimmten Dingen nicht gut Kirschen zu essen, der sagt: so, jetzt zur Sache, oder wir beenden gleich das Gespräch statt hier ne halbe Stunde rumzusalbadern, dann kommen die Leute auf en Punkt oder sie gehen gleich, und das ist positiv. 60. O-Ton: Jamshid Alamuti Will ich Strategie betreiben oder Diplomatie? Das sind zwei Paar Schuhe. // Es ist tatsächlich so, dass ein Stratege leichter über die Leichen geht und seine Strategie und seine Ziele, seine Strategie verfolgt als ein Diplomat. 61. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Und wenn man das hat, dann erspart das einem viele Wege und auch Umwege, und dann wird das Leben, wenn nicht leichter, so doch schneller. Atmo 6 ICE entschwindet in der Ferne 62. O-Ton: 1. Bürger Die andere Frage ist, warum kriegen die überhaupt so lange ne öffentliche Plattform? Mit so nem Verhalten. Also wenn da zum Beispiel einer sechs Monate lang Chefetage bedient, und dann mit 15 Millionen Abfindung rausgeht und ganz Karstadt über die Klinge hüpfen lässt. 63. O-Ton: Bazon Brock Diese ganze Generation der 40-jährigen braunen Sonnenstudiopuppen, die wollen nichts anderes als selber sich durchsetzen, Macht ist schon für sie zu hoch, weil sie kein Gespür mehr dafür haben, was wirkliche Macht ist, die denken: Macht heißt: ich sage, ich mache, ich kacke, ich haue, ich kassiere, das ist für die Macht. // Da liegen die Probleme, da sich dieser Typus rechtlich durchsetzt, // kriegen wir sozusagen wirklich eine wirtschaftliche Elite auf der ganzen Welt, die ihr eigenes Bild verbindlich setzt. // Vollständige kulturlose, geistlose Blödmänner. Atmo: ICE bremst einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Wie effizient sind solche Führungsfiguren? Hartmut Mehdorn zum Beispiel: Wäre er mit Diplomatie nicht wesentlich weiter gekommen? Wie nützlich sind Ekelpakete in den oberen Etagen? Ist die Philosophie vom harten Hund nicht ein grandioser Irrtum, da er beim Aufräumen großen Schaden anrichtet, nach dem Loriotschen Muster: Das Bild hing schief? Wie steht es um die Motivation von Mitarbeitern, die ständig Sorge um ihren Arbeitsplatz haben? Mehr als 20 Mitarbeiter der France Telecom haben sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre umgebracht während "betriebsbedingter Umstrukturierungen". Wie effektiv sind Ellbogentypen? Atmo: ICE bremst, Knall und Scherbensplitter Zitator: "So lernen die Opfer meist schnell, dem Tyrannen nur gute Nachrichten zu überbringen und schlechte Nachrichten totzuschweigen oder gar aktiv zu vertuschen." Ansagerin: Robert I. Sutton, Professor an der Stanford School of Business, in seinem Buch "Der Arschlochfaktor". Zitator: "Außerdem ziehen die Opfer häufig eine Show ab. Beobachtet der Boss sie bei der Arbeit, legen sie sich mächtig ins Zeug, um sich, sobald der Kotzbrocken verschwunden ist, wieder ihrem üblichen Trott hinzugeben. Also schreiten die Despoten in dem Irrglauben durch die Welt, sie würden die Leute zu Höchstleistungen motivieren." 64. O-Ton: Jamshid Alamuti Es ist ja in der Tat so, dass wenn man // sehr egoistisch denkt und nur an sein eigenes Vorwärtskommen //, und jetzt auch dann dafür seinen Ellenbogen einsetzt, kann man dadurch natürlich seine Umgebung negativ beeinflussen, man kann die Leute einschüchtern, man kann dafür sorgen, dass Motivation, jede Menge Motivation verloren geht, man kann das Wir-Gefühl komplett vernichten, und das Team-Gefühl und Team-Effektivität außen vorlassen, und das sind dann dementsprechend definitiv Aspekte, die auch einer Organisation Schaden zufügen. Zitator: "Erstens sollte man sich angewöhnen, mieses Verhalten als eine ansteckende Krankheit zu betrachten. Sobald Sie anderen mit Wut, Verachtung oder Geringschätzung begegnen, greift dieses Verhalten wie ein Buschfeuer um sich. Wenn Sie Geringschätzung an den Tag legen, veranlassen Sie unbewusst andere, sich ebenso zu verhalten. Selbst ansonsten mitfühlende Leute verwandeln sich zeitweise in exakte Kopien des Alphamännchens." Musik 8: Erkennungsmelodie von "Ein Herz und eine Seele" einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 65. O-Ton: Elisabeth Wiedemann `Sie Arme, Sie sind ja so schlecht behandelt worden, war das nicht schlimm für Sie?` Ist mir doch vollkommen wurscht. Ich bin Schauspieler und spiele Menschen. Ansagerin: Elisabeth Wiedemann. In der Fernsehserie "Ein Herz und eine Seele" war sie in den 70er Jahren die Frau von Ekel Alfred Tetzlaff. 66. O-Ton: Elisabeth Wiedemann Ich meine, das Hauptmerkmal bei Alfred ist seine unglaubliche Dummheit, nicht. Denn das, was er von sich gibt, das ist ja geradezu grotesk dämlich. Es ist ja so, dass man also überhaupt nicht versteht, wie man so was sagen kann. Weil es überhaupt keinen Hintergrund hat, nicht. Überhaupt keine Intelligenz. Musik ausblenden 67. O-Ton: Ekel Alfred Sprecherin: "Ein Herz und eine Seele" ist Geschichte. Ekel Alfred galt als eigentlich liebenswerte, nicht ganz ernst zu nehmende Figur. Er gab dem Zuschauer, vornehmlich dem männlichen, das Gefühl, die Rolle als unangenehmes Familienoberhaupt sei auch in der Realität gar nicht so widerlich, und Frau könne ihn schmunzelnd betrachten. Alfred Tetzlaff diente als Ventil und als Spiegel. 68. O-Ton: Elisabeth Wiedemann Die Frau spielt keine Rolle, die wird einfach nur benutzt, nicht, als Hausfrau, Köchin, Putzfrau, und zum Einkaufen und zum Rumschubsen. Sprecherin: Und zum Hochschauen auf den Patron, der alles richtet, der streng sein muss, damit nichts aus dem Ruder läuft. An dem Frau sich aufrichtet, aus dem sie ihre eigene Stärke bezieht. Auch emanzipierte Frauen hasslieben ihre Machos und kommen ohne sie nicht aus, ja, unterwerfen sich ihnen. Wie kann das sein? 69. O-Ton: Elisabeth Wiedemann Ja merkwürdig eigentlich. Aber so`n großer starker, kräftiger Mann, der Muskeln hat und heben kann, das ist schon, vielleicht auch erotisch eine Anziehung, nicht also. Wenn ich so Männer beobachte manchmal, besonders von hinten, weil die Menschen können sich ja von hinten nicht verstellen, die verstellen sich ja nur von vorne, aber wenn man sie von hinten sieht, dann denke ich manchmal, och der würde mir auch gefallen. Musik aufblenden Sprecherin: Wo aber sind die weiblichen Ekelpakete? Gibt es sie nicht? Können sie nicht oder dürfen sie nicht? Oder sehen Männer keine, weil sie Frauen so etwas nicht zutrauen? 70. O-Ton: Elisabeth Wiedemann Es gibt schon ganz scheußliche Frauen, also das kann man nicht leugnen. Es gibt, also ich habe in meinem Leben, sehr viel - leider, leider - sehr viele Frauen getroffen, die sehr unangenehm waren. // Also Frauen können mindestens so mies sein wie Männer. Nur sie haben natürlich nicht die Muskelkraft. Also sie können nicht schlagen. 71. O-Ton: Soziologe Die Frauen waren immer verbunden mit der Intrige, dem Betrug, mit dem Verführen-Können, um ihre Interessen durchsetzen zu können, der Überlistung, dem Giftmord eher als dem gewalttätigen Mord und so weiter. // Dass Frauen eher auf der Ebene der Unzufriedenheit, der sozusagen quälenden Ansprüche, die sie erheben etc. wahrgenommen werden, und vorurteilshaft betrachtet werden als auf der der Ekelhaftigkeit im Sinne der aggressiven Selbstdarstellung, Selbstbehauptung, // aber im Ganzen gehört das zu den Aggressivitätsdifferenzen, dass die unangenehmen Seiten der Frauen sich eben weniger expressiv, weniger unverschämt herausgehoben zeigen. 72. O-Ton: 2. Bürger Jede patriarchalische Gesellschaft wird irgendwann zur matriarchalischen. Und wir haben ja jetzt ganz oft die Hinweise, also ist ja nicht mehr der schlimme Mann, der die sensible Frau verhaut, sondern mittlerweile ist es ja umgekehrt. Also wir hören ja von Frauen, die die armen Männer verbimsen und vermachen und vertuen. Musik 9: Alice Schwarzer rezitiert über Raprhythmen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Manch ein Mann würde gerne Alice Schwarzer als leuchtendes Beispiel anführen. Aber die muss ja ekelhaft sein, um die Sache der Frauen zu verteidigen. Einmal hat sie Sandra Maischberger vertreten, den Rapper King Orgasmus eingeladen und ihn mit seinen Texten konfrontiert. Sie hat sie selbst zitiert. Musik mit einer Textzeile freistehen lassen, I luv Money-Records hat dann einen Remix daraus gemacht. Es gilt Bushido zu toppen. Man will ja wahrgenommen werden. Musik 6: Bushido Mittelfingah einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 73. O-Ton: Bushido Es ist definitiv Fuck, dass ich irgendwann komplett mit Musik aufhöre, aber ich hab keine Ahnung, was ich dann mache, vielleicht werde ich Zuhälter oder sonst irgendwas oder ich flieg mit meinem ganzen Geld nach Thailand und geb' das aus irgendwie für Prostitution. Ich hab keine Ahnung, also... Musik harter Schnitt 74. O-Ton: Thilo Sarrazin aus einem Beitrag des RBB Was die nicht verstehen, die sich über mich empören, die dienen ja gerade meinen Zwecken, denn die Empörung trägt ja gerade die Äußerung nach oben. Die wahren Feinde sollten mich einfach beschweigen, aber sie machen immer den Fehler, das nicht zu tun und damit dienen sie meinen Zielen. Atmo: Klicken von vielen Fotoapparaten, Geräuschkulisse einer Pressekonferenz einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Thilo Sarrazin und Bushido. Man nutzt die Medien nur zu gern, um mal eben etwas rauszuhauen. Man überzieht und gibt sich betont ekelhaft. Und die Medien lechzen nach dem Skandal. Man spielt sich die Bälle zu, in der Sportarena, bei Deutschland sucht den Superstar und bei der Pressekonferenz. Ekel bringt Quote. 75. O-Ton: Michael Rogowski Wenn man Dinge nicht klar beim Namen nennt, dann geht man unter. // In der Politik // muss man bis zu einem gewissen Grad polarisieren, damit man überhaupt wahrgenommen wird. // Der BDI ist der größte Unternehmensverband // für die Industrie. // Der hat natürlich Interessen seiner Industrieunternehmen zu vertreten, und wenn er das nur im stillen Kämmerlein tut, // dann wird das weder von den Mitgliedern goutiert noch von der Politik ernst genommen. Sprecherin: Also plädiert man öffentlich für Lagerfeuer, in denen Flächentarifverträge verbrannt werden mögen. Und alle schauen hin. Stehen bass erstaunt am Lagerfeuer: Das so etwas möglich ist! Würde der Alltag ohne diese Zündeleien nicht langweilig? Über wen soll man sich sonst echauffieren? Die Medien liefern den Aufreger der Woche. Sie schüren den Zwiespalt, die Hassliebe und weiden sie aus. Atmo ausblenden 76. O-Ton: Soziologe Das ist ganz zweifelsfrei so, dass die Medien diese Eigendynamik der Unterhaltung, des Insofern-Auffallen-Müssens bedienen und verstärken, // wenn man durch die Kanäle zippen kann, braucht man schnellere Erkennungssymbole, und dafür sind solche überzogenen Figuren eben günstig, sodass das Medium immer mehr, wie das auch bei anderen Reizen ist, bei bestimmten Reizerfüllungen braucht man einen Zusatzreiz, eine Steigerung, die zugleich auch so etwas // von Primitivisierung, auf jeden Fall Trivialisierung hat. Schneller erkennbar, schneller die Reaktionen auslösend und so weiter. Musik 5: Titelmelodie von Dallas - verzerrt und mit Sprung in der Platte einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecherin: Dallas war der Versuch, Ekelpakete medial aufzubereiten, ein gelungener. "Bild" und "Bunte" begleiteten J.R.`s Unerhörtheiten, sie schürten die Empörung und gleichzeitig die Bewunderung. Seine Dreistigkeiten wurden auf Seite 1 ausgeschlachtet und gesellschaftsfähig gemacht. Und die Zuschauer, mit dem Cowboystiefel im Gesicht, versuchten mit seinen Frechheiten zurechtzukommen, sie zu verdauen oder von ihnen zu lernen: "Die Kunst, ein Egoist zu sein". Heute ist man viel weiter. Musik ausblenden 77. O-Ton: Soziologe Wir haben das ständig mit einem Überbietungszwang zu tun, und das auf einer Ebene der zugleich trivialisierten und verallgemeinerten, primitivisierten Form, aber das ist, denke ich, ein Phänomen der Massenmedien, vor allem glaube ich der Produzenten, die glauben, Massenmedien könnten nur auf diese Weise ihre Seher und Hörer finden, der Unterschied zu der Adorno-Zeit ist ja nur, dass diese Produzenten alle Adorno gelesen haben und // das heute mit Zynismus machen, was früher vielleicht noch mit Naivität begonnen wurde. 78. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Bild ist in der Tat ein mediales Gesamtkunstwerk, // Bild ist ein tägliches Gesamtkunstwerk, das kann man auch heute noch sagen. Sprecherin: Zwischen den Medienkonsumenten und den medialen Rüpeln a la J.R. entwickelte sich eine Beziehung, eine parasoziale, wie Soziologen sagen. Die Menschen arbeiten sich an den Ekelpaketen ab. Sie scheinen sie zu brauchen - und umgekehrt. Ohne ihr Publikum wären die Ekelpakete bedeutungslos. Gleichsam dienen sie als Blitzableiter. Man darf sich über sie empören - und nichts muss sich wirklich ändern. 79. O-Ton: Hans-Hermann Tiedje Die Gesellschaft braucht freie Denker und Leute, die ganz offen zur Sache sprechen, finde ich nicht als Blitzableiter, sondern als Katalysatoren. Also das gilt auch für Oskar Lafontaine, um den mal zu nehmen. // Und ich kann mir eine gewisse klammheimliche Freude nicht versagen, wenn ich sehe, wie Oskar einen Teil der deutschen Öffentlichkeit provoziert. Ich finde das gut. Also Deutschland wäre zum Beispiel ohne Lafontaine oder ohne Seehofer, ohne Merz und all die anderen viel ärmer. Also eine Gesellschaft, die sich solche Leute nicht mehr leisten zu können glaubt, die hat keine Zukunft. Musik 6: Bushido einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 80. O-Ton: Bushido Auf so was hätte ich vielleicht ein bisschen Bock, ja, // in nem Bereich tätig zu werden, in dem man einfach auch wieder Erfolge feiern kann und so ein großer Bereich wäre eventuell Politik oder so, // vielleicht werde ich auch Pornodarsteller irgendwann werden und werd halt einfach Geld mit meinem Pimmel verdienen, also es ist ja vollkommen egal... Sprecherin: Die Gesellschaft wird vom Ekel gerappt - sie lässt sich rappen. Dabei gibt es auch Entwicklungen. Heiner Geissler hat Ende der 70er Jahre nachgebissen und - getreten. Er gefiel sich in seiner Rolle und wurde verachtet und bewundert. Nun ist er "Gutmensch", attac-Mitglied und attackiert Ekelpakete. Andere werden von ihren Unverschämtheiten eingeholt, ja überholt. Zitator: "Mit der Maueröffnung haben wir auch die Abrissbirne gegen den Sozialstaat in Stellung gebracht." 81. O-Ton: Michael Rogowski Der Satz der stammt nicht von mir, muss ich Ihnen sagen, es ist sowieso so, dass so mancher Satz mir zugedichtet wurde im Laufe meiner Tätigkeit, wo ich mich dann frage, woher kommt das eigentlich? Sprecherin: Aus dem Internet. Michael Rogowski untergeschoben und massenhaft kopiert. Man traut ihm zu, das so oder ähnlich gesagt oder gedacht zu haben und legt es online in seine Schublade. Die hässliche Katze beißt sich selbst in den Schwanz. 82. O-Ton: 1. Rapper über Rapmusik Ich mein, Bushido ist einfach nur ein kleiner Hurensohn, // ich nehm den Typen einfach nicht ernst. Wenn der ein Mann ist, dann soll der einfach herkommen... Ansagerin: Nachwuchsrapper der Gruppe Giw` Assir. 83. O-Ton: 2. Rapper über Rapmusik Bushido, du bist der größte Spasti überhaupt, // ich beleidige dich jetzt persönlich als Person, du bist einfach ein Idiot bist du, //du bist ein Spasti, du bist ein Opfer, und guck mal, mach einfach so: Bleib zu Hause und geh in Rente. Was weiß ich, aber lass die Finger von sowas... 84. O-Ton: 3. Rapper über Rapmusik Also für mich der größte Volltrottel aller Zeiten in der Deutschen Rapgeschichte. 85. O-Ton: 4. Bürger Es werden jetzt wieder gute Menschen gefragt, weil es kommen viel mehr gute Menschen im Fernsehen als schlechte zurzeit. Ist ja Krise. // Also braucht man jetzt wieder gute Menschen, und Moral spielt plötzlich ne Rolle. // Das ist ja tatsächlich ne neue Tendenz, vielleicht gehen wir alle mit dem Heiligenschein durch die Welt in zehn Jahren. Sprecherin: Eher nicht. Woran sollten die Menschen sich dann abreagieren? Wer glaubt, dass die Ellbogen eingefahren werden, der hat sie schon gleich wieder im Gesicht. Die ekelhafte Karawane zieht weiter, wohin auch immer Ansagerin: Bewunderung des ausgestreckten Mittelfingers. Zitator: Wozu Ekelpakete gut sind. Ansagerin: von Dieter Jandt. Ansagerin: Es sprachen: Susanne Barth, Bernt Hahn und Sigrid Burkholder Zitator: Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Jutta Stein Regie: Nora Bauer Redaktion: Klaus Pilger und Tanja Runow Eine Produktion des Deutschlandfunk 2009. Musik ausblenden ENDE DLF Freistil: "Bewunderung des ausgestreckten Mittelfingers - wozu Ekelpakete gut sind" 38