Deutschlandradio Kultur Länderreport Europa lässt grüßen - Rettungsaktionen für Kommunen - Autor Ludger Fittkau 9'44" Friederike Schulz 7'43" Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 20.03.2012 - 13.07 Uhr Moderation Landauf, landab klagen Städte und Gemeinden ob ihrer Verschuldung. Manche verschuldeten sich sehenden Auges, andere gerieten unfreiwillig in die Schuldenfalle. Seit Beginn des Jahres versucht Rheinland-Pfalz seinen Kommunen zu helfen - mit einem "Entschuldungsfonds". In Nordrhein-Westfalen wurde der "Stärkungspakt" ins Leben gerufen. Auffällig dabei, hierzulande fordert keine Partei den Austritt verschuldeter Kommunen aus der Gemeinschaft der Republik. -folgt Script Sendung- Script Sendung MODERATOR Rheinland-Pfalz. Vor wenigen Wochen hat das Landesverfassungsgericht von Rheinland- Pfalz entschieden: Die Kommunen im Land müssen künftig mehr Geld vom Land bekommen. Nun, ein Mittel soll der neue "kommunale Entschuldungsfonds" sein. Der wird zurzeit eingerichtet, soll 15 Jahre laufen und mit maximal 3,9 Milliarden Euro ausgestattet sein. Doch ein Drittel der Summe, also rund 1 Milliarde Euro, sollen die Kommunen selbst in den Fond einzahlen. Um das Geld aufzubringen, müssen sie eisern sparen. Was die einen Kommunen begrüßen, möchten andere Kommunen abwehren. Ludger Fittkau geht dem nach. LR-k "Kommunaler Entschuldungsfonds" RP / Fittkau - 9'44" Autor Pirmasens möchte nicht in die Lage Griechenlands geraten. Dr. Bernhard Matheis, Oberbürgermeister der 40.000 Einwohner- Stadt im äußersten Südwesten Deutschlands: (Matheis) Also, es gibt ja schon die ersten Tendenzen und zwar weltweit, dass Städte in die Situation kommen, in ihrer Risikotragfähigkeit von Ratingagenturen oder Banken bewertet zu werden und es sind sowohl in Deutschland bei einzelnen Banken, als auch in Amerika, da ist da noch viel dramatischer, Situationen aufgetreten, nach denen Städte für ihre laufenden Ausgaben keine Kredite mehr erhalten haben. Und das ist natürlich eine außerordentlich ernste Situation und man muss, so gut es geht, dieser Situation vorbeugen. Autor Deshalb sieht Bernhard Matheis den kommunalen Entschuldungsfonds als Chance. Mehr noch: Matheis hat die "Solidargemeinschaft von Land und Kommunen", wie er den Fonds für die rheinland-pfälzischen Städte nennt, erfunden: (Matheis) Das ist richtig. Der Vorstoß ging von meinem Finanzdezernenten, Herrn Michael Schieler und mir aus und ich habe unter Kollegen, parteiübergreifend, viel Zustimmung erfahren für den Vorschlag. Wenn es uns schon nicht gelingt, Bund und Land davon zu überzeugen, uns für alle laufenden Ausgaben und Aufgaben, die sie uns übertragen haben, die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, wenn unsere eigene Finanzkraft nicht ausreicht, dann muss eine Lösung und ein Einstieg gefunden werden, damit in Zukunft die Verschuldung an irgendeiner Stelle gebremst und teilweise zurückgeführt wird. Und das war die Idee zum kommunalen Entschuldungsfonds. Autor Seit Beginn dieses Jahres gibt es den Fonds. Zwei Jahre Zeit haben nun die rheinland-pfälzischen Kommunen, ihm beizutreten. Das Problem: Sie müssen ein Drittel der Mittel des Fonds direkt aus dem eigenen Haushalt beisteuern. Bis 2026, so lange soll der Fonds in Rheinland-Pfalz laufen, sind das alleine für die 40.000 Einwohner-Stadt Pirmasens rund 150 Millionen Euro. Das bedeutet: Es muss eisern gespart werden. Pirmasens will deshalb viele seiner rund 120 städtischen Gebäude verkaufen und alleine durch eingesparte Energiekosten und Verkaufserlöse rund 20 Prozent der Mittel für den Entschuldungsfonds aufbringen. Doppelt so viel soll sogar beim städtischen Personal gespart werden. Oberbürgermeister Bernhard Matheis: (Matheis) Den größten Anteil soll die Verwaltung mit der Einsparung von Verwaltungs- und Sachkosten übernehmen. Das ist deutlich über ein Drittel, fast vierzig Prozent, dieses Einsparvolumens. Autor Etwa 5 Prozent Personalkosten jährlich will Pirmasens in den nächsten 15 Jahren einsparen. Das gehe auch deshalb, so der Oberbürgermeister, weil die Stadt schrumpfe: Bereits in den letzten Jahrzehnten verlor Pirmasens rund ein Drittel seiner Bewohner. Und der Schrumpfungsprozess geht weiter. Städten, die nicht schrumpfen sondern sogar Zuzug haben, fällt es deutlich schwerer, Personal einzusparen. Das sagt die Landtagsabgeordnete Anke Beilstein, Parteifreundin des Pirmasenser Oberbürgermeisters und Sprecherin der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU Rheinland-Pfalz. Sie glaubt, dass die Kommunen ohnehin sparsamer Wirtschaften als Land und Bund: (Beilstein) Also ich erlebe, dass die Kommunalpolitiker vor Ort sehr genau wissen, wo sie wie einsparen müssen. Denn alles das, was man dort ausgibt, wird man von den Bürgerinnen und Bürgern in Form von Steuern oder Abgaben wieder reinholen müssen. Deswegen erlebe ich in der Regel eine ganz andere Finanzpolitik von den Kommunen vor Ort. Dort geht per se schon mit größerem Bedacht ans Ausgeben der Mittel, die man zur Verfügung hat. Autor Anke Beilstein ist nicht grundsätzlich gegen den "Kommunalen Entschuldungsfonds", den ja ihr Parteifreund in Pirmasens erfunden hat. Aber die CDU-Landespolitikerin möchte eine stärkere Beteiligung des Landes am Fonds als den bisher vorgesehenen Ein-Drittel-Anteil: (Beilstein) Also Fakt ist zunächst einmal: Hauptverursacher der Schuldenmisere ist das Land Rheinland-Pfalz und von daher muss man sagen, wäre es nur Recht und billig, wenn das Land hier auch wieder den größten Anteil tragen würde. Im Moment ist es ja so, dass es zwar so schön heißt: Ein Drittel Land, ein Drittel Kommune mittels Konsolidierungsbeitrag, ein Drittel durch Vorwegentnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich, aber faktisch sind die beiden letzten Drittel Gelder, die faktisch von den Kommunen aufgebracht werden müssen, also zwei Drittel Kommune, ein Drittel Land. Das wird deshalb nicht funktionieren, weil die Finanzausstattung vom Grunde her schon viel zu niedrig ist. Das heißt, man verlangt den Kommunen nicht nur ab, dass sie die Schulden aus der Vergangenheit tilgen, sie sollen auch noch für die Zukunft bestehen können. Das wird nicht funktionieren. Autor Doch um noch mehr Druck auf Land und Bund auszuüben, damit diese die Kommunen etwa von Sozialausgaben oder auch Kosten für Schulen entlasten, sei auch der "Kommunale Entschuldungsfonds" wichtig, glaubt der Pirmasenser Oberbürgermeister Bernhard Matheis: (Matheis) Genau deshalb war es wichtig, dass der kommunale Entschuldungsfonds dokumentiert, es gibt eines starken Willen der Kommunen, einen massiven Beitrag zur Verbesserung der Finanzausstattung zu tragen, indem man nämlich dort das spart, was möglich ist. Wir haben einen Schritt getan, durch diese Einsparmaßnahmen. Jetzt müssen diese Schritte von Bund und Land kommen. Sonst fahren wir in eine Situation, wo man sich in Zukunft nicht mehr nur außenpolitisch um Rettungsschirme kümmern muss und gegenüber Banken, sondern auch gegenüber dem Zentrum und dem Ursprung aller Demokratie, das sind nämlich die Kommunen, dort findet das eigentliche Leben statt. Autor Und deshalb dürfe man die Kommunen nicht an die Wand fahren lassen, sagt der Oberbürgermeister von Pirmasens. Seine Parteifreundin Anke Beilstein befürchtet jedoch, dass die vom Land erzwungenen Einsparungen für die Teilnahme am "kommunalen Entschuldungsfonds" den rheinland-pfälzischen Gemeinden noch die letzten kleinen finanziellen Spielräume nimmt, über die reinen Pflichtausgaben hinaus noch so etwas wie aktive Wirtschafts- und Kulturförderung zu machen. Um dem kommunalen Entschuldungsfonds beitreten zu können, habe etwa der Landkreis Trier-Saarburg schon beschlossen, aus der Moselland-Touristik auszusteigen. Das ist eine gemeinsame Aktion der Moselgemeinden, auf Messen oder anderen Veranstaltungen außerhalb des Bundeslandes um Touristen zu werben. Für die CDU-Politikern Anke Beilstein, die selbst von der Mosel kommt, ist dies ein Alarmsignal: (Beilstein) Und ursprüngliche Idee war es ja, alle Kommunen unter einen Hut zu bekommen, um wirklich in einem großen Format für den Tourismus werben zu können, ein ganz wichtiger Wirtschaftszweig. Und hier habe ich jetzt ernste Bedenken und Befürchtungen, dass andere Kommunen ebenfalls dort austreten, das einsparen möchten und dann sage ich ganz klar: Das wird uns an anderer Stelle wieder einholen. Autor Auch Pirmasens möchte sich nicht kaputt sparen, betont Oberbürgermeister Bernhard Matheis. Deshalb will er rund ein Fünftel der Mittel, die die Stadt für die Teilnahme am kommunalen Entschuldungsfonds benötigt, durch Steuern und Abgaben-Erhöhungen erwirtschaften. Matheis hofft, dass die Bürger das akzeptieren, weil ja auch andere öffentliche Bereiche einen großen Teil der Mittel zum Fonds bereitstellen (Matheis) Die Leute sehen dies ein. Und ich glaube, dass ist das Geheimnis, das klar werden muss, da wird nicht nur eine Gruppe belastet, ich sage mal, die Theaterbesucher oder die Mitarbeiter der Verwaltung, sondern die Belastung wird in einem moderaten Maß auf viele verteilt. Das ist die Idee, die hinter unserem Anteil am Entschuldungsfonds steckt. Autor Doch wo liegt das moderate Maß? Die 5 Prozent jährliche Einsparung beim Personal, die Pirmasens sich wegen des Bevölkerungsrückgangs leisten kann, kann eine Stadt wie Mainz mit Bevölkerungszuzug kaum erwirtschaften. Schon deswegen, weil sie neue Kitas und Schulen bauen muss. Beim Theater hingegen hält der Mainzer Kämmerer eine Einsparung von fast 10 Prozent des Gesamtetats für denkbar - die Theaterfreunde gehen dagegen auf die Straße. Der Pirmasener Oberbürgermeister Bernhard Matheis zieht die "rote Linie" des Sparwillens so: (Matheis) Es muss eine finanzielle Grundausstattung von Städten geben. Weil sie sonst keine Städte mehr sind. Das heißt, es gibt ein bestimmtes kulturelles Grundbedürfnis. Es gibt ein Bedürfnis, sich in Vereinen organisieren zu können und Sport zu treiben, eine Wirtschaftsförderung betreiben zu können, Tourismuswerbung betreiben zu können und vieles mehr. Das sind alles freiwillige Ausgaben. Wenn man die alle zurückfahren würde auf Null, würde Stadt keine Stadt mehr sein. (..) Aber wir tun das jetzt schon nur noch in einem Umfang von 3, 5 Prozent des gesamten städtischen Haushalts. Darunter werde ich nicht gehen, das ich nicht verantwortbar. Autor Anke Beilstein weiß, dass nicht nur ihre Parteifreunde in Pirmasens trotz der starken Einschränkung der finanziellen Spielräume der kommunalen Selbstverwaltung durch den Entschuldungsfonds dem Fonds beitreten werden. Sie haben einfach keine andere Wahl, so die Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der rheinland-pfälzischen CDU: (Beilstein) Es steht für meine Begriffe ganz klar fest: Dieser Entschuldungsfonds, auch wenn er Konstruktionsfehler hat, es wird natürlich unter dem Strich etwas an die Kommunen weiter gegeben. Und keine Kommune kann es sich leisten, auch nur auf einen Euro zu verzichten. Und da sagen ganz viele natürlich, da ist mir der Spatz auf der Hand lieber als die Taube auf dem Dach. Aber alle Kommunen wissen auch: Es wird das grundsätzliche Problem der Finanzausstattung der Kommunen nicht lösen. Ganz im Gegenteil: Ich glaube, viele Strukturen, die dort mühsam aufgebaut wurden, werden wieder zunichte gemacht. -ENDE Beitrag RP- MODERATOR Als der "Stärkungspakt Kommunalfinanzen" im Düsseldorfer Landtag diskutiert wurde, da sprachen die Befürworter von einem historischen Ereignis, andere wie die CDU mäkelten etwas von wegen "vorweihnachtlicher milder Gabe". Nun, das Stärkungspaktgesetz der alten Landesregierung passierte den Landtag, ist beschlossene Sache. Aber damit hat sich das Thema noch nicht erledigt. Friederike Schulz mit weiteren Informationen aus Nordrhein-Westfalen. LR-k "Stärkungspakt" NRW / Schulz - 7'43" Atmo Umgebung Autorin: Mit sehnsüchtigem Blick stehen Caroline und Fabian vor dem Eingang des neuen Schwimmbads in Waltrop. Doch das Tor ist geschlossen, denn das Bad ist derzeit nur für Schulklassen geöffnet. Eine andere Möglichkeit zum Baden gibt es für die Kinder in der 30.000-Einwohner Stadt nicht. Das letzte öffentliche Hallenbad, das Lutherbad, hat schon vor ein paar Jahren zugemacht. Caroline & Fabian "Im Lutherbad hatte ich auch Schwimmunterricht, und jetzt finde ich das auch doof, dass wir das nicht mehr so wirklich haben." - "Das ist nicht das Beste, dass die Hallenbäder geschlossen sind, das ist dann blöd im Winter, hoffentlich wird das wieder aufgemacht." Autorin: Doch daran glauben nur die Wenigsten in Waltrop, schließlich steckt die Gemeinde tief in den roten Zahlen. Im Haushalt der Stadt klafft ein Loch von rund 164 Millionen Euro - mehr als doppelt so viel wie das gesamte Budget eines Jahres. Und das seit Jahren. Bereits 2008 war die Bezirksregierung über die Finanzlage Waltrops sogar so beunruhigt, dass sie einen Sparberater schickte, der gemeinsam mit der Bürgermeisterin Anne Heck- Guthe einen Sanierungsplan erstellte. Anne Heck-Guthe "Unser Ziel war es, einen ausgeglichenen Haushalt in Zukunft wieder hinzubekommen, das heißt also noch nicht Schuldentilgung, sondern erstmal keine Neuverschuldung. Unser Ziel ist es, das durch Verkäufe zu erreichen, das heißt also, wir haben unsere Schwimmbäder geschlossen, wir verkaufen Sportstätten. In vielen Bereichen geht es auch dadurch, dass wir Verwaltungseinheiten zusammenlegen und zentralisieren, damit wir dann auch weniger Arbeitskräfte benötigen." Autorin: Waltrop steht damit nicht alleine da. Nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes können mehr als 130 Kommunen Nordrhein-Westfalen trotz rigider Sparmaßnamen ihren Etat überhaupt nicht mehr ausgleichen. Allein die Stadt Essen hat einen Schuldenberg von knapp drei Milliarden Euro angehäuft. Hauptgrund: Die steigenden Soziallasten. Die Arbeitslosenquote liegt bei zwölf Prozent, da helfen auch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nicht, beklagt Oberbürgermeister Reinhard Paß. Vor zwei Jahren gründete er deshalb die kommunale Initiative "Raus aus den Schulden" und forderte eine bessere finanzielle Unterstützung durch Bund, Land und Europäische Union. Eine Idee, die bei vielen Kollegen auf Anklang stieß, auch bei Anne Heck-Gute aus Waltrop. Denn auch in ihrem Haushalt finden sich seit einigen Jahren immer mehr Ausgaben, die früher Bund oder Land schulterten: Anne Heck-Guthe "Auch der Sparberater hat erkannt, dass es nicht unbedingt hausgemachte Schulden sind, die wir hier haben, sondern dass eben durch Bundes- und Landesgesetze vieles auf die Kommunen hereinbricht, was man von vornherein nicht einplanen konnte, für das wir aber im Endeffekt zahlen müssen." Dass die Kommunen deswegen Unterstützung brauchen, hatte auch die rot-grüne Landesregierung erkannt. Sie legte deswegen den so genannten "Stärkungspakt" für verschuldete Kommunen auf. In einem ersten Schritt bekamen die 34 am stärksten betroffenen Städte und Gemeinden bereits Ende 2011 Zuschüsse in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro. Im Gegenzug verpflichten sich die Kommunen, bis spätestens 2022 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Innenminister Ralf Jäger, SPD: "Nun können wir ganz gezielt den Städten und Gemeinden helfen, bei denen die Finanznot am größten ist. Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen kümmern wir uns zunächst um die 34 NRW-Städte, die überschuldet sind oder kurz vor der Überschuldung stehen. Bei ihnen sind die Kredite höher als das ganze kommunale Vermögen. Eine eigenständige Finanzpolitik ist in diesen Städten kaum noch möglich gewesen." Ein erster Schritt in die richtige Richtung, meinen die Vertreter des kommunalen Aktionsbündnisses "Raus aus den Schulden". Sie kritisieren jedoch, dass die Landesregierung lediglich 34 Kommunen unterstützen will. So schrieb die Sprecherin des Bündnisses, Mülheims Bürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, Anfang März einen Protestbrief an Ministerpräsidentin Kraft. Zitat Mühlenfeld "Wir haben in der Vergangenheit immer wieder dargestellt, dass durch den Stärkungspakt alle Nothaushaltskommunen profitieren müssen, um das grundlegende Problem der kommunalen Finanzmisere zu lösen - hiervon sind wir mit dem aktuellen Stand leider weit entfernt. Mindestens 104 Kommunen muss noch geholfen werden." Doch nach der Entscheidung für eine Neuwahl des Landtags in der vergangenen Woche wissen auch die 34 ausgewählten Kommunen nicht mehr, ob sie in diesem Jahr noch mit weiterem Geld rechnen können. Zwar stehen laut Umfragen die Chancen für eine rot-grüne Mehrheit im Land nicht schlecht, doch auch dann kann der Etat 2012 frühestens im Herbst verabschiedet werden. Bis dahin liegt auch der Pakt auf Eis. Und so will Waltrops Bürgermeisterin Anne Heck-Gute das vom Land in Aussicht gestellte Geld erst mal nicht einplanen. Sie hat jetzt auf der Internetseite der Stadt ein Forum eingerichtet. Der Titel "Waltrop spart". Dort können die Bürger bis Ende April Vorschläge einreichen, wo man in der Kommune noch überall kürzen kann. Denn wenn man es nicht schaffe, die Sparvorgaben des Landes zu erfüllen, die mit dem Geld aus dem Stärkungspakt verknüpft sind, werde das Land selbst den Rotstift ansetzen. Dabei sind die 2,9 Millionen Euro für die Kommune sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn das Defizit für 2012 liegt immer noch bei zehn Millionen. Hinzu kommt ein weiteres Problem: der Soli, über den viele verschuldete West-Kommunen klagen. In Waltrop liegt der Solidaritätsbeitrag bei 700.000 Euro - Geld, das die Stadt selbst dringend bräuchte, meint die Bürgermeisterin: Anne Heck-Guthe "Wenn man also im Osten unseres Landes unterwegs ist, seinen Urlaub dort macht, sieht man schon, dass also dort viele Dinge vorhanden sind, die wir uns hier im Westen nicht mehr leisten können. Ich gehe einfach speziell vom Kreis Recklinghausen aus. Unsere Straßen sind auch renovierungsbedürftig, und da kann es nicht mehr sein, dass wir noch Geld in den Osten transferieren, wenn wir es selber unbedingt nötig haben." Autorin: Ihrem Amtskollegen in der Nachbarstadt Datteln geht es ähnlich. Auch Wolfgang Werner sitzt auf einem Schuldenberg in Millionenhöhe. Einer der Hauptgründe aus seiner Sicht: der Soli. Wolfgang Werner "Wir haben also ein strukturelles Defizit von zehn Millionen Euro und unser aufgelaufenes Defizit liegt bei 60 Millionen. Eingezahlt haben wir in den Fonds Deutsche Einheit in den zurückliegenden Jahren ohne die Zinsen zu rechnen rund 30 Millionen. Sie sehen: Die Hälfte unseres Defizits ist der Betrag zum Fonds Deutsche Einheit." Autorin: Und so muss Wolfgang Werner jedes Jahr von neuem prüfen, welche Ausgaben sich die Stadt noch leisten kann. Der freiwillige Zuschuss für Sportvereine wurde längst gestrichen, doch der Bürgermeister weiß, wenn er alle Freizeiteinrichtungen schließt, hat dies gravierende Auswirkungen, auch auf den Wirtschaftsstandort Datteln. Wolfgang Werner "Da siedeln sich auch Firmen nur dann an, wenn die weichen Standortfaktoren stimmen: Kultur muss da sein, Sportplätze müssen da sein, die schulischen Einrichtungen müssen da sein. Denn ansonsten gibt es kaum eine Möglichkeit, Firmen zu finden, die sich hier ansiedeln." Autorin: Bereits seit Jahren gibt es im Rat der Stadt deshalb immer wieder Initiativen, den Soli einfach nicht mehr zu überweisen. Eine Zeitlang habe man das auch durchgehalten, doch dann kam die Anweisung der Bezirksregierung und dann hat Datteln doch weiter gezahlt. Wenn jetzt auch noch wegen der Neuwahlen in NRW der Stärkungspakt wieder auf der Kippe steht, wird die nächste Soli-Debatte im Stadtrat von Datteln nicht lange auf sich warten lassen. -ENDE Beitrag NRW- MODERATOR Rettungsaktionen in Bundesländern für ihre Kommunen. Aus Rheinland-Pfalz berichtete Ludger Fittkau, aus Nordrhein-Westfalen kam der Beitrag von Friederike Schulz. Morgen dann im Länderreport ab 13.07 Uhr : Das Land Brandenburg. Seine jüngere und ältere Geschichte. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Ablaufplan Sendung-