COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Schützenhilfe für Neonazis Wie Rechte auch in Westdeutschland nicht nur geduldet, sondern unterstützt werden. Der Länderreport heute mit Bettina Ritter. Musik Anmod 2 Ist die Rede von Rechtsextremen, so richtet sich der Blick oft auf den Osten Deutschlands. Aber auch der Westen hat seine Neonazis und behandelt sie oft nicht mit der Ablehnung und dem Protest, den sie verdienen. Der Länderreport berichtet heute aus Niedersachsen und Bayern. Zuerst in den Norden. In Niedersachsen gibt es laut Verfassungsschutzbericht derzeit etwa 2150 Personen, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden, 920 davon gelten als gewaltbereit. Vor allem ländliche Regionen, der Harz, die Südheide, das Emsland und Südniedersachsen sind Schwerpunkte, hier sind Neonazis besonders aktiv. Trauriger Höhepunkt seit einigen Jahren ist der sogenannte Trauermarsch in Bad Nenndorf. Bis ins Jahr 2030 wollen Neonazis in dem kleinen Kurort jeden Sommer demonstrieren. Susanne Schrammar über Neonazis in Niedersachsen und Reaktionen von Bürgern, Organisationen und Politikern. Länderreport: Neonazis in Niedersachsen Sendung am 08.06.2011 Vorschlag zur Anmoderation: In Niedersachsen gibt es laut Verfassungsschutzbericht derzeit etwa 2150 Personen, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden, 920 davon gelten als gewaltbereit. Vor allem ländliche Regionen, der Harz, die Südheide, das Emsland und Südniedersachsen gelten als Schwerpunkte, hier sind Neonazis besonders aktiv. Trauriger Höhepunkt seit einigen Jahren ist der so genannte Trauermarsch in Bad Nenndorf. Bis ins Jahr 2030 wollen Neonazis hier jeden Sommer eine Demonstration in dem kleinen Kurort abhalten. Susanne Schrammar über die Gegenwehr der Bürger in Bad Nenndorf, die Aktivitäten der Neonazis in Niedersachsen und was die Politik dagegen tut. NEONAZI ÜBER LAUTSPRECHER: Liebe Freunde, warum sind wir heute hier in Bad Nenndorf. RUNTERBLENDEN, UNTER DEN TEXT LEGEN Seit 2006 wiederholt sich der braune Spuk immer an einem Samstag im August. Neonazis - meist junge Männer bekleidet mit weißen Hemden und dunklen Hosen, in den Händen halten sie schwarze Fahnen - machen sich bereit für ihren jährlichen Aufmarsch im niedersächsischen Bad Nenndorf. Trafen sich anfangs nur ein paar Dutzend, marschierten im vergangenen Sommer fast 1000 aus der rechtsextremen Szene vom Bahnhof in Richtung Winklerbad. Auch in diesem Jahr haben die Neonazis einen solchen Aufmarsch in Bad Nenndorf angemeldet. Diesmal würden die Rechtsextremisten direkt an der jüdischen Gemeinde vorbeiziehen, die vor wenigen Monaten in der Bahnhofstraße ein Gebäude bezogen hat. Eine Katastrophe, sagt Ludmilla Nekrasova, zweite Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf. NEKRASOVA Normalerweise sammeln sich am Samstag Juden, um zusammen zu beten. Wenn die Neonazis vorbeimarschieren, was für ein Gefühl sollen wir haben? Dass die Geschichte sich wiederholt! Und das ist für uns natürlich untererträglich. Ekelhaft. Die Neonazis haben sich den kleinen Ort 30 Kilometer westlich von Hannover bewusst ausgesucht. Das Winklerbad wurde nach 1945 als Internierungslager von der britischen Armee genutzt, dort wurden Nationalsozialisten verhört. Weil dabei Insassen misshandelt wurden, sprechen die Neonazis von einem "Trauermarsch" und beklagen vermeintliche deutsche Opfer alliierter Willkür. Zu Anfang, sagt Jürgen Übel, örtlicher Apotheker und Initiator des Bündnisses "Bad Nenndorf ist bunt", hätten viele im Ort - auch Politiker - den Aufmarsch der Rechtsextremisten ignoriert. In der Hoffnung, das Problem löse sich von selbst. ÜBEL Die Nazis sind hier in eine Lücke gestoßen und haben gemerkt, dass es den Genehmigungsbehörden sehr sehr schwer fällt, diese Veranstaltung zu verbieten, weil kein konkreter Bezug genommen wird auf den Holocaust. Als von Jahr zu Jahr immer mehr Neonazis aus ganz Deutschland kamen, formierte sich breiter Widerstand: Der Männergesangsverein, die Feuerwehr, Kinder aus Kitas und Schulen, Sportgruppen, Gewerkschafter und Mitglieder von Kirchengemeinden organisieren heute Gegenveranstaltungen. Jürgen Übel. Letzten Endes wollen wir auch in die Köpfe derjenigen kommen, die da mitlaufen. Und dazu brauchen wir viele Ideen, viele Aktionen und vor allem viele Menschen, die bereit sind, das auch nach außen deutlich zu zeigen, dass Bad Nenndorf absolut kein Boden für Nazis ist. Nach dem Tod des rechtsextremen Anwalts Jürgen Rieger, der in Niedersachsen mit dem Kauf von Immobilien und der Absicht, dort Schulungszentren zu errichten, für Schlagzeilen gesorgt hatte, konzentriert sich die rechte Szene jetzt auf Aufmärsche und Versammlungen. Nach Kundgebungen in Braunschweig und Peine am vergangenen Wochenende haben die Neonazis für den 11. Juni eine Demonstration in Northeim angemeldet und Ende des Monats treffen sich rechte Anhänger wieder zum Sonnenwendfest auf einem privaten Anwesen in Eschede. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, der federführend Gegendemonstrationen in den jeweiligen Orten organisiert, beobachtet in Niedersachsen eine Zunahme dieser öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten. Nicht nur in diesem Jahr, wo in Niedersachsen Kommunalwahlen anstehen, sagt Tina Kollbeck vom DGB. KOLBECK Das zeigt einfach auch uns unserer Sicht, dass die Rechtsextremen sehr provokant vorgehen und ganz bewusst öffentliche Plätze und auch bestimmte Tage wie z.B. den Tag der Arbeit besetzen wollen, mit ihren Themen. Laut Verfassungsschutzbericht ist die Zahl der rechtsextremmotivierten Straftaten im vergangenen Jahr in Niedersachsen mit etwa 1400 leicht rückläufig. Das neonazistische Personenpotential, das zu Gewalt neige, so die Einschätzung, sei allerdings gestiegen. Sorge bereitet den Behörden, dass sich die Szene aus Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zusammen setzt und einem ständigen Wandel unterlegen ist. Nach dem Zusammenschluss der Landesverbände von NPD und DVU im vergangenen Jahr geht die Zahl der parteilich organisierten Neonazis in Niedersachsen zurück. Dafür treten immer mehr freie Kameradschaften und Autonome Nationalisten auf. Ihr Kennzeichen: Spontane Aktionen, wie etwa die Störung einer Anti-Atom-Demonstration vor einigen Wochen in Hannover oder Überfälle auf linke Jugendliche. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, CDU: SCHÜNEMANN Das macht uns schon Sorgen. Teilweise auch Aufrufe über Facebook und wenn man sich um ein Thema dann rankt, dann schließt man sich zusammen und versucht, die Ziele dann umzusetzen, man versucht, zu stören. Insofern ist das auch für den Verfassungsschutz schwieriger, die Szene zu beobachten als in der Vergangenheit gewesen ist, also sie sind unberechenbarer geworden. Bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus steht Landesinnenminister Schünemann häufig in der Kritik, Rechts- und Linksextremismus gleichzusetzen. Damit verharmlose er das Problem, sagt DGB-Sprecherin Kollbeck. Die Opposition im niedersächsischen Landtag, SPD, Grüne und Linke, werfen der Landesregierung zudem vor, nicht entschlossen genug zu handeln und die falschen Schwerpunkte zu setzen. Sie fordern mehr Präventions- und Bildungsarbeit, kritisieren etwa die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung. Bei Aufmärschen sind dem Innenminister allerdings die Hände gebunden. Die im Grundgesetz verankerte Versammlungsfreiheit macht es schwierig, Verbote von Neonazi-Demonstrationen vor Gericht aufrecht zu erhalten. Der DGB ärgert sich zudem darüber, dass Innenminister Schünemann der Gewerkschaft vorwirft, linker Gewalt in Gegendemonstrationen nicht entschieden genug entgegenzutreten, zuletzt auch in Bad Nenndorf. Sprecherin Tina Kollbeck. KOLLBECK: Wir machen immer bei unseren Aktionen, dass wir Gewalt - egal, von welcher Seite - ablehnen. Das fanden wir bedauerlich und wir hatten Herrn Schünemann aufgefordert, dass er sich vielleicht an so einem Bündnis beteiligt und Flagge gegen Rechtsextremismus zeigt. Anmod 2 Susanne Schrammar über Neonazis in Niedersachsen und wie Politik und Bürger auf sie reagieren. Schützenhilfe für Neonazis Rechtsextreme können auch in Bayern oftmals frei agieren - teils geduldet, teils offen unterstützt von Staat und Gesellschaft Von Thies Marsen und Robert Andreasch Von rechtsextremen Unterwanderungsversuchen ist oft die Rede, wenn bekannte Neonazis als Fußballtrainer Kinder indoktrinieren, in der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen oder wenn sie ganz bewusst für Elternbeiräte von Schulen oder Kindergärten kandidieren. Immer wieder schrecken solche Nachrichten die Öffentlichkeit auf. Meist geht es um Fälle in Ostdeutschland. doch auch in Bayern, vor allem in Franken und der Oberpfalz tummeln sich Neonazis - in Vereinsheimen und Gaststätten. Und so manches Mal, werden die braunen Kameraden nicht nur klammheimlich geduldet, sondern ziemlich offen unterstützt. Thies Marsen und Robert Andreasch haben sich in der Oberpfalz auf Spurensuche begeben. --- SPR Amberg in der Oberpfalz: Eine malerische Stadt mit mittelalterlicher Ringmauer, gotischem Rathaus und der sogenannte "Stadtbrille", einem Tor über den Fluss Vils - das Wahrzeichen Ambergs. Die Stadtbrille prangt auch auf der Homepage der Nationalen Sozialisten Amberg - einer ziemlich aktiven Neonazigruppe, die hier seit Langem ihr Unwesen treibt. Denn nicht nur Bürger und Touristen fühlen sich wohl in Amberg - auch militante extreme Rechte - und das schon seit Jahrzehnten, sagt Stefan Dietl, Vorsitzender der Ver.di-Jugend im Bezirk Oberpfalz ZSP 1 - Dietl zu Klaus Peter Beer 30'' Am 7. September 1995 traf der Busfahrer Klaus Peter Beer in einem Amberger Cafe zwei junge Männer. Als diese feststellten, dass Klaus-Peter Beer homosexuell war, fassten sie den Entschluss, es 'dem Schwulen zu zeigen'. Danach gingen sie mit dem Opfer zum Vilssteg, wo wir jetzt stehen und anschließend traten die beiden mit Springerstiefel auf Kopf und Körper von Klaus Peter Beer ein. Als dieser bewusstlos war warfen sie ihn in die Vils, wo er ertrank." SPR Klaus Peter Beer war zwei organisierten Neonazis in die Hände gefallen. Über den sogenannten Vilsmord wurde bundesweit berichtet, in Amberg aber kam laut verdi nie eine breite Diskussion über Neonazismus, Homophobie und Rassismus zustande. Zum 15.Todestag von Klaus Peter Beer im Herbst vergangenen Jahres wollte die verdi-Jugend an den Neonazimord erinnern - mit einer Gedenktafel am Vilssteg. Die Stadt weigerte sich die Gedenktafel anzunehmen. Verdi brachte sie dennoch am Vilssteg an, wüst beschimpft von 40 Neonazis, die versuchten die Veranstaltung zu stören. Keine Woche später war die Tafel wieder verschwunden, an ihrer Stelle prangten Neonazi-Aufkleber: Nur eine Tat in einer ganzen Reihe extrem rechter Aktivitäten in der Region Amberg: ZSP 2 Dietl zu Übergriffen und Konzerten 36'' Im Juni 2010, da gab's auf dem Altstadtfest in Sulzbach-Rosenberg mehrere Übergriffe von Neonazis auf Besucher des Festes. Die Konzerte, die in Amberg regelmäßig stattfinden. Ein Beispiel ist am 10. April letzten Jahres das Konzert der Nationalen Sozialisten Amberg, in Amberg. In den letzten Monaten gab es auch vermehrt Flugblattverteilungen und Infostände der Nationalen Sozialisten Amberg und der NPD Amberg und vermehrt Flugblattverteilungen an Schulen. SPR Doch die Stadt wiegelt ab. Oberbürgermeister Wolfgang Dandorfer bestreitet, dass es in Amberg eine organisierte neofaschistische Szene gibt. ZSP Telefon-Interview OB Dandorfer 20'' Szene ansich gibt es in Amberg nicht, da bleibe ich auch dabei. Aber ich gestehe gerne zu, dass es natürlich Einzelne gibt, die versuchen, vor allem bei jungen Leuten Kontakte herzustellen und eine Szene vielleicht aufzubauen. Aber da sind wir wie jede bayerische Durchschnittsstadt betroffen. Tatsächlich sind in der Region schon lange Neonazikameradschaften aktiv - mit Namen wie "Widerstand Schwandorf" oder "Nationale Sozialisten Amberg". Sie arbeiten eng zusammen mit der oberpfälzischen NPD und dem sogenannten Freien Netz Süd - einer Nachfolgeorganisation der verbotenen Fränkischen Aktionsfront. Regelmäßig stören sie öffentliche Veranstaltungen, etwa den Besuch des Berliner SPD-Oberbürgermeister Klaus Wowereit in Tirschenreuth. Als vergangenen November in Schwandorf ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu Gast sind, werden sie von rechten Aktivisten beschimpft und angepöbelt. Zu Versammlungen der Neonazis kommen stets Dutzende Aktivisten zusammen - so heißt es auf der Homepage der Nationalen Sozialisten Amberg: SPR2 Am 21. November fand im Raum Amberg der Zeitzeugenvortrag eines alten Kameraden statt. Etwa 40 junge Aktivisten und Parteimitglieder konnten Erfahrungen und Erlebnisse des alten Marinesoldaten der Wehrmacht einholen und sich ihr eigenes Bild über die Zeit im Dritten Reich, während des Krieges und der Nachkriegszeit bilden. SPR Nach Recherchen des Funkstreifzugs hatten sich die Rechten damals im Schützenhaus der Schützengesellschaft Kleinraigering, einem Ortsteil von Amberg versammelt. Wir konfrontieren den Schützenmeister Anton Donhauser, der zugleich CSU-Ortsverbandsvorsitzender ist, mit unseren Erkenntnissen, doch der legt am Telefon einfach auf. ZSP Atmo Hörerknallen, Telefontuten Schriftliche Anfragen werden monatelang nicht beantwortet. Erst als der Bayerische Rundfunk beim Amberger CSU-Landtagsabgeordneten Heinz Donhauser nachfragt, der auch Mitglied in der Schützengesellschaft Kleinraigering ist, kommt Bewegung in die Angelegenheit: ZSP 3 Heinz Donhauser MdL: Extremitäten Also es ärgert mich grundsätzlich, wenn Organisationen ob linker oder rechter Extremität [sic] sich einschleichen in unsere Vereine, wie hier konkret in die SG in Kleinraigering. Und so wie ich das erfahren hab, hat der Schützenmeister das richtig gemacht, als sich diese Organisation sich hier eingeschlichen hat, dass er zur Polizei gegangen ist und signalisiert hat, was hier abgegangen ist. SPR Tatsächlich tarnen sich Neonazis ab und an, zum Beispiel als Fußballvereine, um an Räumlichkeiten zu kommen - so ist es zum Beispiel dem Schwandorfer Oberbürgermeister Helmut Hey in dessen eigener Gaststätte passiert. ZSP Helmut Hey, OB Schwandorf Drauf gekommen bin ich dass in der Homepage Widerstand sich die NPD rühmt zu Gast in meiner Gastwirtschaft gewesen zu sein. Ich habe daraufhin meine Pächter gefragt. Und die haben mir dann gesagt, dass man sich hier als Fußballverein eingeschlichen hat, der eine Weihnachtsfeier abhalten wollte. SPR Ist also auch die Schützengesellschaft Kleinraigering nur getäuscht worden, als sie ihre Räumlichkeiten für Neonazis zur Verfügung stellte? ZSP 3 Heinz Donhauser MdL: Das war als Geburtstagsfeier getarnt. Man muss ja die Wirte verstehen, die fragen ja auch nicht stärker nach, wer das ist, sondern da geht es auch ums Geschäft, aber mir geht es darum, dass diese Organisationen unsere Vereine, dass die da unterwandert werden. SPR Doch unsere Recherchen zeigen: Die Neonazis haben sich in Kleinraigering keinesfalls unter falschem Namen eingeschlichen. Sie haben, wie die Wirtin des Schützenheims telefonisch bestätigt, sich sogar offen als NPD angemeldet. Wörtlich sagte sie - Zitat: SPRECHERIN Ich schreib immer NPD in den Kalender, dann weiß ich schon wer das ist. Zwei, drei mal waren sie jetzt da. Mich interessiert mein Geschäft, das andere interessiert mich nicht. Und das sind nette Leute, zu mir sind sie nett, zahlen ihr Zeug, essen und trinken und dann gehen sie wieder. SPR Weitere Recherchen des Funkstreifzugs bestätigen: Die Neonazis haben sich im Kleinraigeringer Schützenheim nicht nur zu dem sogenannten Zeitzeugengespräch im November getroffen. So durfte am 1.Oktober vergangenen Jahres unter den Gedenkscheiben im Schützenheim der bekannte Neonazi Benedikt Frings vor rund 60 Zuhörern referieren. Frings war einer der deutschen Teilnehmer an der Konferenz von Holocaustleugnern im Dezember 2006 in Teheran. Auch eine sogenannte "Rechtsschulung" fand in Kleinraigering statt. Dabei bekommen die Neonazis erklärt, wie sie sich auf Demonstration oder nach Straftaten bei der Polizei verhalten müssen und wie weit sie bei ihrer Propaganda gehen können, ohne sich gleich strafbar zu machen, wenn sie etwa den Holocaust leugnen oder politische Gegner und Migranten beschimpfen. Auf der Homepage des Freien Netz Süd heißt es über die Veranstaltung: SPR2 Am vergangenen Sonntag war es nun endlich soweit. Ein bekannter Jura-Experte aus dem Raum Wunsiedel referierte über Bürgerrechte und -pflichten. Er führte das Publikum in die Welt der Paragraphen und gab den ein oder anderen Tipp, wie man dem politischen Gegner oder dem Staat entgegen zu treten hat, ohne sich dabei strafbar zu machen. SPR Schützenhilfe für Neonazis. Kleinraigering ist kein Einzelfall. Im benachbarten Schwandorf hat ein CSU-Stadtrat der NPD sogar mehrfach Räumlichkeiten für ihren Landesparteitag und andere Treffen zur Verfügung gestellt. Zwei Jahre lang konnte die neonazistische Partei bis 2009 die Kreuzberggaststätte in Schwandorf für ihre Veranstaltungen nutzen. Die Wirtschaft gehört der katholischen Kirche, der Kirchenpfleger und CSU-Stadtrat Georg Hotter ließ die NPD bereitwillig ein ohne den zuständigen Pfarrer zu informieren - schließlich, so seine Argumentation, sei sie ja eine legale Partei. Erst als die Angelegenheit öffentlich wurde, war es vorbei mit der Raumvermietung für die braunen Kameraden. So auch in Kleinraigering. Inzwischen hat der Schützenmeister öffentlich erklärt, man wolle die NPD nicht mehr im Vereinsheim dulden. MUSIKBREAK Sind Neonazis in Ostbayern mittlerweile also schon akzeptiert, quasi in der gesellschaftlichen Mitte angekommen? Zumindest scheint so mancher Politiker der bürgerlichen Parteien keine Berührungsängste mehr zu haben. Das zeigt auch das Beispiel des sogenannten "Runden Tisches Niederbayern", der sich allmonatlich im Gasthof "Apfelbeck" in Mamming bei Dingolfing trifft, um über aktuelle Themen zu diskutieren. Was so demokratisch offen klingt, ist ein knallhart rechtes Sammelbecken aus NPD und Republikaner-Funktionären. Ein Augenzeugenbericht von unserem Funkstreifzugmitarbeiter Robert Andreasch: SPRECHER2 An meinen Tisch setzt sich Alfred Steinleitner - der Vorsitzende des NPD- Kreisverbands Deggendorf. Er wird vom heutigen 'Runden Tisch'-Gesprächsleiter Joachim Hahn vertraut als 'Fred' begrüßt. Mir gegenüber sitzt der schmächtige Klaus Sojka, der bekannte neonazistische Publizist aus Deggendorf, der zahlreiche revisionistische Werke in Neonazi-Verlagen veröffentlicht hat und für dessen Buch "Bilder die Lügen" der britische Holocaustleugner David Irving das Nachwort geschrieben hat. Hinter mir nimmt sich Max Aßbeck, der stellvertretende Kreis- und Bezirksvorsitzende der Republikaner, einen Stuhl. Zur Stammbesetzung dieser braunen Truppe gehören aber auch der katholische Pfarrer aus Dornwang, CSU- Funktionäre und das FDP-Bezirksvorstandsmitglied Alois Rohsetzer. Am heutigen Abend begeistern sich die Versammelten unter anderem über den neuesten Wahlkampf-Rap des österreichischen FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache, den man gemeinsam auf einer Leinwand anschaut: Zu einem Sample von "Freude schöner Götterfunken" hetzt Strache gegen die EU-Osterweiterung und reimt: "Volksvertreter statt Verräter, Abendland in Christenhand." SPR Vergangenen November konnte der Runde Tisch Niederbayern seine 90. Monatsveranstaltung feiern - mit ganz besonderen Gästen: Es referierten der FDP- Bundestagsabgeordnete Horst Meierhofer und der Landshuter CSU-Stadtrat Rudolf Schnur. MUSIKBREAK SPR Alles Einzelfälle oder bröckelt die Distanz zwischen bürgerlichen Parteien und dem ganz rechten Rand? Wir fragen nach bei der CSU-Zentrale in München, wie man dort die Schützenhilfe von CSU-Lokalpolitikern für Neonazis findet. Ein Interview will man uns trotz mehrmaliger Nachfrage nicht geben, eine schriftliche Stellungnahme wird tagelang in Aussicht gestellt, kommt aber nie. Ignorieren, wegschauen, verharmlosen, abstreiten - auch das ist eine Form der Schützenhilfe für die Neonazis. Abmod 2 Wie Neonazis in Franken und der Oberpfalz teilweise nicht nur geduldet, sondern offen unterstützt werden - Thies Marsen und Robert Andreasch berichteten aus Bayern. Morgen im Länderreport fragen wir danach, wie das kürzlich beschlossene Bildungspaket für Kinder von Hartz-IV-Empfängern in den Kommunen konkret umgesetzt und angenommen wird. Am Mikrofon verabschiedet sich Bettina Ritter!