COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Deutschlandrundfahrt - 06.06.2009 Knuffingen liegt in Hamburg - Besuch in der größten digitalen Modelleisenbahnanlage Von Roland Krüger Musik Jingle Kennmusik Take 01 Der Staub ist einer unserer Erzfeinde. Wir haben hier zwei Fachleute, die die Anlage saugen, staubsaugen, die saugen tatsächlich jeden Quadratzentimeter von unseren zwölfhundert Quadratmetern Modelleisenbahn sauber. Die haben zu zweit drei Monate zu tun, bis sie von einem Ende bis zum anderen kommen, und dann fangen sie wieder von vorne an. Take 02 Die haben das Thema Modelleisenbahn wieder auf einen Level gehoben. Wenn man Modelleisenbahn in Deutschland sagt, dann hat jeder sofort im Hinterkopf "Miniaturwunderland Hamburg". Take 03 Unsere Kinder, als die noch so groß waren, dann hatten wir auch so ´ne Eisenbahn natürlich, ganz einfach gebaut. ´N Tisch, so paar Schienen, was weiß ich, und wenn man das hier sieht, das ist fas-zi-nie-rend! Wenn man nach Hamburg kommt, muss man sich das hier anschauen. Hier in der Speicherstadt, diese Modelleisenbahn-Anlage! Take 04 Das Tolle ist sicher die Vielseitigkeit, im Detail nachgebaut, das ist sicher das faszinierende an dieser Anlage. Und natürlich die Größe mit den verschiedenen Ländern. Mit den Gebirgen, Seen, und das ist wirklich einmalig so etwas. Sprecher vom Dienst: Knuffingen liegt in Hamburg. Besuch in der größten digitalen Modelleisenbahnanlage. Eine Deutschlandrundfahrt mit Roland Krüger. Atmo Musik 1: Titel: Bushava Azbuka Interpret: Rolf Römer Quintet Komponist: Vlatko Stefanovski Verlag: GLM, LC 08975 Autor Es war einmal ein Kind im Manne mit Namen Frederik. Der besuchte mit seiner Frau Zürich und gemeinsam schlenderten beide durch die Gassen der Innenstadt. Dabei stieß das Paar auf ein kleines Geschäft, in dem es Modellbahnen gab. Bei Frederik wurden sofort Kindheitserinnerungen wach. Fünf Minuten später rief er seinen Zwillingsbruder Gerrit in Hamburg an und sagte ihm etwas, das das Leben der beiden vollkommen verändern sollte: Take 05 Ich hab ihm überschwänglich erzählt, dass ich DIE Idee habe, wir bauen die größte Modelleisenbahn der Welt. Dann war´s kurz still, und er fragte mich, ob´s heiß in Zürich ist, ob ich ´n Sonnenstich hätte. Take 06 Fand das nicht besonders schön, dass er weg war, und dann ruft er auch noch an mit "Wir bauen die größte Modelleisenbahn der Welt." Ich hab erstmal gedacht, ob er spinnt, ob die Sonne zu doll scheint in Zürich, ob er ´n Sonnenstich hat oder irgend so was und wollte eigentlich in Ruhe gelassen werden, weil ich musste schließlich seine Arbeit machen. Hab tatsächlich nicht viel drüber nachgedacht. Take 07 Ich wollte eigentlich hören "Du bist so´n toller Typ" mit dieser Idee wird die Welt erobert, aber nein, Gerrit war wieder realistisch und meinte na ja, wir können ja mal schauen. Take 08 Er rief noch mal an und noch mal, und beim dritten Anruf hatte er mich so weit, dass ich intensiv drüber nachgedacht hab. Und dann keimte auch ganz schnell bei mir die Kindheitserinnerung auf, die Erinnerung daran, dass wir gesagt haben "Zwillinge, unzertrennlich, wir werden später Doppelhaushälften haben, Keller durchbrechen und ´ne Riesen- Modelleisenbahn bauen. Aber ich war vom wirtschaftlichen Erfolg nicht überzeugt. Das heißt, er brauchte wirklich noch, ich glaube, sechs oder sieben Anrufe kamen dann noch, bis ich zumindest angefangen hab, zu rechnen. Take 09 Für mich stand aber fest, wir bauen das, die nächsten Tage im Urlaub hatte ich eigentlich nur noch so ´n Tunnelblick, auf der Rückfahrt hab ich mit meiner Frau schon eine zwei Seiten lange Liste gemacht, mit Ideen, was man alles verwirklichen kann. Das war ganz toll, es war immerhin ein weibliches Wesen, was mit mir zusammen über eine Modelleisenbahn nachgedacht hat. Also, meine Frau war von der ersten Sekunde überzeugt, es ist wirklich schön, zu sehen, dass, wenn man ein bisschen weg von dieser klassischen Eisenbahn geht, hin zu dieser Welt in klein, dieser Schritt ist ja so minimal, dass man dann plötzlich die ganze Familie begeistern kann. Take 10 Freddy ist fast überschwänglich optimistisch. Der an alles glaubt, was teilweise auch ein bisschen anstrengend ist, weil er SO davon überzeugt ist. Gerrit wiederum ist der, der an ganz wenig dann glaubt. Der sehr rational ist, was auch wieder fast anstrengend ist, weil, man kann ihm noch so ´ne tolle Idee erzählen, er findet immer was, was nicht funktioniert. Und so sind die beiden extrem in ihren jeweiligen Positionen, und wenn sich dann eine Idee, sozusagen auf der linken Seite bei Freddy entwickelt und dann Gerrit mit ihr ins Gericht geht, dann wird sie ziemlich sicher scheitern. Aber, wenn das dann eine Idee durch das Gericht von Gerrit schafft, dann weiß man, diese Idee ist richtig gut. Autor Das ist der dritte im Bunde, Sebastian Drechsler, jüngerer Halbbruder von Frederik und Gerrit Braun, zuständig für das Marketing im Wunderland und für Presseanfragen. Aber so weit war es vor neun Jahren noch nicht, die Reaktionen in Hamburg nach dem Zürich-Urlaub waren sehr verhalten. Take 11 Ich hab meinen Geschäftskunden-Betreuer angerufen und hab ihm erzählt, ich brauch zwei Millionen Mark für meine Modelleisenbahn. Und dann werd ich dieses Lachen nie vergessen, es war schallend, weil er nicht realisiert hat, dass es ´ne Geschäftsidee ist. Hab ich wohl in meiner Aufregung auch nicht richtig erzählt, und er dachte wohl, dass ich mir im Keller irgendwo ne private Modelleisenbahn für zwei Millionen Mark kaufen möchte, hab ihm das dann noch mal erklärt, und er meinte okay, schreiben Sie mal ´n Konzept und kommen Sie mal morgen vorbei. Ich bin dann am nächsten Tag zur Bank gegangen, hatte meine zwei Seiten dabei, er war völlig überrascht, er meinte, er hätte jetzt mit ´nem einen Zentimeter dicken Paket mit Daten gerechnet, aber: ein großes großes Glück: er hat mir eine Stunde lang zugehört. Und der Mann ist für uns innerhalb der Bank durch die einzelnen Instanzen gelaufen, persönlich, hat die Sachen abgegeben und hat für uns gekämpft. Und zwei Wochen später hatten wir den Kredit. Autor Zwei Monate, nachdem die Idee geboren wurde, konnte der Mietvertrag unterzeichnet werden, dreieinhalb Monate nach dem denkwürdigen Tag in Zürich zogen die frisch gebackenen Modellbahner in den Speicher D am Kehrwieder 2 bis 4 der Hamburger Speicherstadt, dem größten auf Eichenpfählen ruhenden Lagerhauskomplex der Welt. Die Speicherstadt aus siebenstöckigen Ziegelbauten wurde Ende des 19. Jahrhunderts für den 1888 eröffneten Freihafen errichtet. Im Speicher D sah es verständlicherweise überhaupt noch nicht nach Modellbahnen aus, auf dem vierten Boden des Kultur- und Gewerbespeichers war viele Jahrzehnte lang Kaffee gelagert worden. Aber: die Metallstützen in den Räumen erinnerten Frederik Braun sofort an die Masten, die man entlang älterer Bahnstrecken sieht. Am 15. November 2000 war Baubeginn im Miniaturwunderland, und im August 2001 wurde das Wunderland feierlich eröffnet. Die Signale standen endlich auf grün. Atmo Bahnpfeifen Autor Bis heute waren mehr als fünf Millionen Besucher im Wunderland. Musik 1: Titel: Bushava Azbuka Interpret: Rolf Römer Quintet Komponist: Vlatko Stefanovski Verlag: GLM, LC 08975 Autor Wie gut die Idee von Frederik Braun war, zeigt der Zuspruch durch die Besucher. Das Wunderland im Maßstab eins zu 87 zählt inzwischen zu den größten Touristenattraktionen Deutschlands. Eine Welt mit mehr als 200.000 Minieinwohnern, durchschnittlich 2,2 Zentimeter groß, 800 Zügen, 4.000 Autos, Schiffen und einem Lichtermeer aus über 300.000 Lämpchen. Zwölf Kilometer Schienen mit 16 einhalb Millimetern Spurweite wurden verlegt und mehr als 2000 Kilometer Kabel. Über Hamburgs Grenzen hinaus gilt das Wunderland in der Speicherstadt als DAS Spektakel für die ganze Familie. Und wenn Frederik und Gerrit Braun nicht gestorben sind, dann basteln sie noch heute... Musik 1 Kreuzblende mit Musik 2 Musik 2: Titel: Eine Insel mit zwei Bergen Interpreten: Dolls United Komponist: Ammon, Heskim, Van Scoopen, Stahlschmidt, Jenning Verlag: edel, LC 01666 Take 12 Ich arbeite bei der Stadt Hamburg, im Bezirksamt von Hamburg Mitte in den interessantesten Stadtteilen der Stadt, nämlich St. Pauli und St. Georg, und habe natürlich als so genannter Gesundheitsaufseher viele Einblicke in die Geschehnisse der Stadt, und von daher ist mein Tätigkeitsfeld auch das Miniaturwunderland. Autor Jörg Thyroff, Ende vierzig, ist regelmäßig im Hamburger Wunderland. Jahreskarten-Besitzer, Modelleisenbahn-Fan und jeden Dienstag nach Feierabend im alten Speicher, Kehrwieder 2 bis 4 in der Hamburger Speicherstadt. 250- bis 280-mal war er schon im Wunderland. Schätzungsweise. Besser als er kennt sich hier wohl niemand aus. Take 13 Ja, ja, ja, das steht außer Frage. Es mag welche geben, die sich in der technischen Seite oder in der modellbauerischen Seite erheblich besser auskennen, als meinereiner, das streite ich gar nicht ab. Ich gehör nicht zu diesen Pufferknutschern und Nietenzählern. Überhaupt nicht mal ansatzweise. Entweder es gefällt mir, oder es gefällt mir nicht. Ich bin jemand, der sich die Sache anguckt und sagt: "Hey, ja, das isses!" Autor Das isses, war auch Jörg Thyroffs Gedanke zu seinem vierzigsten Geburtstag. Den hat er nicht in der Kneipe verbracht oder an einer lang gedeckten Tafel in einem feinen Hamburger Restaurant. Das isses, hieß für ihn, der Vierzigste wird im Wunderland gefeiert. Take 14 Hab ich gesagt: "Hmm, vierzigster Geburtstag, suchst dir aus jedem Jahrzehnt suchst du dir Gäste. Und dann hab ich gesagt, so, und jetzt suchst du noch ne schöne Location, und da das so mit diesem Virus gerade anfing, sich auszubreiten, hab ich gesagt, och, weißte was, du fragst mal nach, wie es denn ist, ob man das Miniaturwunderland mal sich mieten kann. Da bestand damals Knuffingen, nebst Harz und dem ältesten Alpenteil, und man war dabei, den Hamburg-Teil zu bauen. A gab es Amerika noch nicht, und B, es gab auch nicht den Skandinavienteil. Wo heute der Skandinavienteil ist, da befand sich der Eingangsbereich und der Caféteria-Bereich zu dieser Zeit. Und da hab ich dann auch wo heute das Wasserbecken befindet, dort hab ich meine Fete gefeiert. Mein einer Bruder hat dann hier oben eine DJ-Anlage organisiert und dann haben wir hier oben Fete gemacht. Und es war mega-cool. Um acht sind meine Gäste gekommen, die sind hier reingekommen, ich hab dann für zwei Stunden, von acht bis zehn, hab ich offiziell die Anlage in Betrieb gehabt, und dann stand da ´n kalt-warmes Büffet, ja, und dann haben wir da bis morgens um vier, ja, das war cool, das hat mir richtig super gefallen. Atmo Baustellenlärm Autor Einen Flughafen zu bauen, ist ein schwieriges Unterfangen. Sieht man mal ab von Bürgerinitiativen, die einen solchen Bau am liebsten stoppen würden, ist technisch so viel zu bedenken, dass man schon eiserne Nerven braucht, über Jahre den Überblick zu behalten. Gerhard Dauscher ist so jemand, der trotz der Verantwortung einen kühlen Kopf bewahrt und trotz aller Hektik sehr unaufgeregt über die wichtigsten Aspekte Auskunft geben kann. Zwei Start- und Landebahnen, ein Terminal, Zubringerstraßen, Gleisanschlüsse - das macht einen modernen Flughafen aus. Die Auftraggeber drängen auf Fertigstellung, Medien und Öffentlichkeit sowieso. Take 15 Wir hoffen, dass er nächstes Frühjahr fertig wird. 2010! Autor In diesem Fall mussten keine Dörfer umgesiedelt werden, das Gelände ist abgesteckt, die Planung abgeschlossen, nun muss umgesetzt werden, was die Baupläne vorgeben. Der Teufel steckt im Detail. Take 16 Das ist kompletter Maschinenbau, was wir hier mittlerweile betreiben, das ist nicht nur so, dass wir da einzelne Servos bestellen und kaufen, sondern wir arbeiten mit High-Tech-Maschinen, wir arbeiten mit Stahlkonstruktionen, mit Aluminiumgestellen und -konstruktionen, denn wir bauen eine Startrampe, wo Flugzeuge über zwanzig Meter lang transportiert werden. Und das heißt, die Rampe, auf der die Flugzeuge bewegt werden, sie muss einmal die Vorwärtsbewegung der Flugzeuge können und sie muss das Abheben der Flugzeuge, dass die Flugzeuge an ganz dünnen Stangen in die Luft abheben. So dass man keine Seile sieht und so weiter. Das heißt, die Kunst ist es dann, ein Flugzeug, das am Terminal losfährt, muss ja erst einmal zurück geschoben werden, dann muss das Flugzeug selbstständig den Weg finden über die ganzen Vorfeldwege zur Startbahn. Auf der Startbahn muss es dann so genau platziert werden, dass ein Gestänge das Flugzeug von unten greifen kann, und dann abheben kann in den Himmel. Dann wird das Flugzeug in einer Kulisse verschwinden, und hinter dieser Kulisse wird das Flugzeug dann wieder abgesetzt, wird auf eine Umfahrungsschleife geschickt, so dass das Flugzeug wieder von der anderen Seite landen kann. Es wird nach einer Seite gestartet und von der anderen Seite wird gelandet. Autor Ach ja: Gerhard Dauscher ist nicht Flughafen-Chef in Frankfurt am Main oder Bauleiter für den künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg- International, Gerhard Dauscher steht vor der Baustelle eines Modell- Flughafens im Maßstab eins zu hundert. Der entstehende Flughafen wird wohl "Knuffingen" heißen, als Vorbild stand der Flughafen von Hamburg Pate. Der Airport Knuffingen hat circa 20 Meter Start- und Landebahn, die Flugzeuge sind umgerüstete Modelle im Maßstab eins zu hundert. Was nicht heißt, dass die Anforderungen an den Chef-Modellbauer ebenfalls nur ein hundertstel betragen. Modelle sind nur dann gut, wenn sie nicht wie Modelle aussehen, sagt Gerhard Dauscher. Take 17 Das ist schon ein Ehrgeiz, dass es echt ist. Dass es keine Spielanlage ist, sondern man soll das Gefühl haben, das ist auch im Original nicht anders. Und das fängt auch damit an, dass die Sounds in den Flugzeugen auch wirklich so sein müssen, dass sie je nach Geschwindigkeit eine andere Turbinendrehzahl haben. Atmo Flugzeugturbine wird schneller Take 18 Beim Starten kommen dann noch Subwoofer und große Lautsprecher, die unter der Anlage gebaut sind, mit dazu, dass der Sound wirklich gewaltig wird und dass ein Wummern zu vernehmen ist. Atmo Flugzeug startet und entfernt sich Atmo Gerhard Dauscher ist einer der ersten Wunderland-Mitarbeiter. Er arbeitete als Modellbauer in Mühlhausen in der Nähe von Neumarkt, als eines Tages zwei Männer vor ihm standen, und ihm erzählten, dass sie die größte Modelleisenbahn der Welt bauen wollen. Allerdings in Hamburg. Gerhard Dauscher war auf Anhieb von der Idee der beiden überzeugt, sagte kurz entschlossen seine aktuellen Termine und Aufträge ab und war von diesem Tag an Chefmodellbauer des Miniaturwunderlands in Hamburg. Sein Team stellte er auf ungewöhnliche Art und Weise zusammen: Es gab ein Modellbau-Casting, für das sich mehr als 150 Personen bewarben. Fast alle Mitarbeiter, für die sich Gerhard Dauscher anschließend entschied, waren gar keine klassischen Modellbauer, sondern exzellente Handwerker und leidenschaftliche Bastler. So fing es ja auch bei Gerhard Dauscher an. Take 19 Ich hab schon immer gerne experimentiert und gebastelt, hab ganz viel zerlegt, zum Leidwesen meiner Eltern, wie das wahrscheinlich viele Jungs getan haben in meinem Alter, und es ist so, dass ich als kleiner Junge schon ´ne Modellbahn hatte, und da schon eher mehr Spaß am Bauen hatte als an der Fahrerei selber. Ich hab nie die Modellbahn fertig bekommen, das waren immer nur kleine Stücke, und letztendlich war der Bauprozess mir wichtiger. Es gab damals auch nicht die Möglichkeit, alles zu kaufen, was man gerne möchte für die Modellbahn, also war ich drauf angewiesen, aus Papier und Pappe, was auch immer, die Sachen, die ich wollte, zusammen zu kleben. Später hab ich dann ne Metallausbildung gemacht, hab dann gelernt, in dem Metallberuf präzise und genau zu arbeiten, aber es hat mich nicht ganz befriedigt, und dann hab ich versucht, eher so in den kreativen Bereich zu kommen. Und dann bin ich über den Modellbau zum Modelleisenbahnbau gekommen. Autor Der Umzug aus Mühlhausen nördlich von Regensburg nach Hamburg fiel Gerhard Dauscher nicht schwer, wie ein begeistertes Kind, sagt er, habe er sich auf das Wunderland und seine neue Aufgabe dort geradezu gestürzt. Take 20 Es ist ganz einfach so, als Modellbauer werde ich wahrscheinlich nie mehr in meinem Leben so eine geniale Möglichkeit haben, mit so vielen guten Leuten zusammen zu arbeiten und vor allem so ein Riesenprojekt umzusetzen. Wir haben hier ganz große künstlerische Freiheiten und können uns wirklich sehr entfalten mit dem, was in unseren Köpfen vorgeht. Autor Ein Großteil des Wunderland-Erfolgs geht auf Gerhard Dauscher zurück und auf seine verrückten Einfälle. Er ermuntert sein Team, Details aufzubauen, die mancher Besucher erst beim dritten oder vierten Mal entdeckt - wenn überhaupt. Handtaschenraub auf den Frauenparkplätzen im Parkhaus des USA-Abschnitts, Bierkrug-hebende Männer auf einem Volksfest, oder ein Pärchen, das fröhlich-verstohlen hinter einem Bahndamm für Nachwuchs sorgt. Eine seiner Lieblingsszenen befindet sich im Abschnitt der Schweiz. Und zwar unter der Erde. Take 21 Da wird gerade ein Tunnel gebohrt für eine Bahnstrecke, da ist die Tunnelbohrmaschine gerade zu sehen, der Abraum wird mit einer kleinen Lok wieder nach außen transportiert, und wir haben jetzt die Szene so dargestellt, dass die Tunnelbohrmaschine kurz vorm Durchbruch ist, und dann auf eine Neandertalerhöhle stößt. Und die Neandertaler sind schon ganz nervös, weil sie hören das Rumoren und Kratzen der Bohrmaschine, wissen aber nicht, was das für´n Geräusch ist. Autor Erstaunlich locker geht der Modellbau-Chef mit den Bedrohungen um, die einer Miniaturwelt zugefügt werden können. Natürlich fällt mal der Kugelschreiber eines Besuchers vor einen ICE, oder eine herabfallende Brille verklemmt sich in der Oberleitung. Kann man alles reparieren, sagt Gerhard Dauscher, aber wenn er jemanden um besondere Vorsicht bitten würde, dann noch am ehesten die Fotografen. Take 22 Das gefährlichste sind die Schlaufen von den Fotoapparaten. Weil wir feststellen, dass die Besucher ganz oft den Foto über die Anlage halten, und dann nicht sehen, dass da unten eine Schlaufe baumelt, und die reißt uns manchmal Figuren weg oder ähnliches. Aber wir sind darauf eingestellt, und das wird einmal morgens machen wir die Runde, kontrollieren alles und bringen das dann wieder in Ordnung. Also, das hält sich in Grenzen. Atmo Zug fährt vorbei Take 23 Das größere Problem ist für uns immer der Staub. Der Staub ist einer unserer Erzfeinde. Wir haben hier zwei Fachleute, die die Anlage saugen, staubsaugen, die saugen tatsächlich jeden Quadratzentimeter von unseren zwölfhundert Quadratmetern Modelleisenbahn sauber. Die haben zu zweit drei Monate zu tun, bis sie von einem Ende bis zum anderen kommen, und dann fangen sie wieder von vorne an. Musik 3: Titel: City Of New Orleans Interpret: Arlo Guthrie Komponist: Goodman Verlag: WEA, LC 4281 Take 24 Als erstes wollt ich mich vorstellen: Ich bin der Thomas. Autor Thomas Karnatz ist Rentner und freier Mitarbeiter im Hamburger Wunderland. Früher hat er Computerprogramme geschrieben, heute ist er jemand, der Besucher hinter die Kulissen führt. Hier möchte er nur Thomas genannt werden. Thomas tritt norddeutsch-direkt auf und irgendwie zupackend. Fragen darf man jederzeit stellen, und auf dem falschen Fuß kann man Thomas dabei nicht erwischen. Take 25 Zur Anlage: So wie die vor uns steht, war die ursprünglich gar nicht geplant gewesen. Geplant hatte der Freddy Braun das, was dort hinter der Wand ist, die drei Anlageteile. Und dann haben wir gesagt, wir müssen erweitern, damit wir mehr Leute rein lassen können. Haben ab dieser Wand hier diese Räume alle noch dazu bekommen. Drüben den Hamburg-Abschnitt geplant und gebaut, Bauzeit ein Jahr. Amerika vor uns ein weiteres Jahr, Skandinavien dann wieder ´n gutes Jahr, und dann die Schweiz: zwei Jahre Bauzeit. Fertig haben wir jetzt also insgesamt sieben Bauabschnitte. Es kommen noch so ´n paar dazu. Können Sie im Internet nachgucken, was alles noch kommt. Welches Thema, wie groß, wie viel Gleise, Züge, steht alles im Internet. Baukosten bisher: Über acht Millionen Euro. Autor Im Mittelpunkt der Führung steht nicht die Eisenbahn. Thomas zeigt einen Eisberg, der durch ein Schiff gespalten wird, einen Hafen, in dem riesige Frachtschiffe magnetisch an- und wieder ablegen, eine Fußball-Arena, in der die Zuschauer eine Laola-Welle vollführen und und und. Als Techniker hat er eine besondere Ehrfurcht vor dem System, mit dem die Autos auf den Anlagen gesteuert werden. Take 26 Diese Autos, die hier fahren, die sind alle hier gebaut worden. Kein Auto kann man so kaufen. Was man kaufen kann, ist das leere Gehäuse, die Technik ist hier entwickelt und eingebaut worden. Die Autos haben alle mindestens einen Akku. Die bekommen Strom nicht aus der Straße, wie bei Carrera. Die haben alle ´n eigenen Motor. Da läuft also kein Magnet drunter her, und die haben alle ´n kleinen Chip, Mikroprozessor. Dieser kleine Rechner wird von einem großen Rechner, sprich PC, gesteuert. Der sagt dem Wagen, wo er fahren soll, wo er stehen bleiben soll, wo er blinken soll. Auch wenn zwei Autos auf ne Kreuzung zufahren, achtet er auf Vorfahrt. Oder wenn die auf ne rote Ampel zukommen, fährt das erste Auto vorne bis zum Strich und bleibt stehen. Wenn ´n zweites Auto kommt, das fährt nicht auch bis zum Strich, sondern bleibt hinter dem ersten Auto stehen. Hoffentlich, nech? Die Autos haben bis zu siebzig einzelne Lämpchen, eine Ausnahme gibt es, und das ist der Coca-Cola- Weihnachtstruck, der zur Nachtphase auf diesen Anlageteil fährt, wenn er nicht gerade in der Ladestation ist, der hat 142 einzelne Lämpchen. Autor Thomas treibt die kleine Gruppe ein bisschen an, denn dicht auf den Fersen folgt schon die nächste. Alle kraxeln hinter einem sechs Meter hohen Matterhorn herum, sind kurz darauf fast eingeklemmt zwischen der Wand des Hamburger Hafenspeichers und dem Vergnügungsviertel von Las Vegas, bevor sie in einem großen Bogen um den Harz Knuffingen erreichen - sozusagen das Herz der Anlage, denn in Knuffingen fing alles an. Thomas wiederholt seinen Hinweis, dass man alle Daten und Fakten zum Wunderland im Internet findet, und das ist auch gut so, denn man kann sich keine Zahlen merken, wenn das Auge gerade wieder an einem kleinen Detail hängenbleibt, einer Tankstelle zum Beispiel, die die echten Spritpreise anzeigt. Take 27 Das war ja früher so, da mussten ja die Tankwarte mit der Leiter hin, mussten früher ja so die Ziffern umstecken, ja? Das wird ja heute von der Zentrale per Funk übertragen, dieses Signal kommt hier rein, wie´n ganz normales Handy-Signal auch, wir fangen das auf und setzen das um. Das heißt: In dem Moment, wo die Zentrale die Preise an den Hamburger Tankstellen ändert, ändern die sich dort auch, in der gleichen Sekunde. Jetzt soll mal einer sagen, wir wär´n nicht aktuell. Es gibt sogar Kollegen, wenn die Feierabend haben, gehen die hier vorbei und gucken, ob es sich lohnt, an der Tankstelle vorbei zu fahren, nech? Musik 4: Titel: Take the "A" Train Interpret: Duke Ellington & His Orchestra Komponist: Billy Strayhorn Verlag: Universal, LC 01846 Take 28 Sehr schön. Ich war schon in verschiedenen und muss sagen, sehr engagiert, sehr ins Detail, man kann immer wieder was neues entdecken, kann man empfehlen, wir sind aus Süddeutschland. Take 29 Ist eine Reise wert. Allein schon wegen meinem Mann müssen wir auch wieder her. Hat mir sehr gut gefallen. Take 30 Es ist ausgezeichnet. Man ist erstaunt, was man so bewegen kann, ja? Ich finde, vor allen Dingen für Kinder ist das ne Welt für sich, man wird selbst, wenn man älter ist, wieder zum Kind! Unsere Kinder, als die noch so groß waren, dann hatten wir auch so ´ne Eisenbahn natürlich, ganz einfach gebaut. ´N Tisch, so paar Schienen, was weiß ich, und wenn man das hier sieht, das ist fas-zi-nie-rend! Wenn man nach Hamburg kommt, muss man sich das hier anschauen. Hier in der Speicherstadt, diese Modelleisenbahn-Anlage! Autor Besucher im Wunderland sind hin und weg. Bei Männern erwartet man das ja irgendwie, aber dass Frauen auch so begeistert sind von der Miniaturwelt in der Hamburger Speicherstadt, das überrascht schon ein bisschen. Frauen fühlen sich gar nicht mitgeschleppt... Take 31 Nein, nein. Mir hat das auch sehr gut gefallen, und meine Eindrücke sind die gleichen wie die meines Mannes, und ich würde das auch nur weiter empfehlen. Also, wir sind begeistert. Man schaut auf Dinge, die man sonst ´n bisschen vernachlässigt, aber hier muss man sich wirklich viel Zeit nehmen, um auch das Kleine am Rande zu sehen, nicht bloß die Modellbahnen. - Ohja, ohja, unbedingt! Man darf nicht ´ne Stunde einplanen, man muss wirklich einen Tag einplanen. Und das haben wir uns heute auch vorgenommen. Autor Warum spielt der Mensch? Schon Aristoteles und Platon fanden, dass das Spiel der Erholung von geistiger Anstrengung dient und somit wiederum der Arbeit nützt. Der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga beschrieb 1939 in seinem Werk "Homo Ludens" den Ursprung der Kultur im Spiel. Take 32 Die eigentliche Frage ist ja bei einer solchen Modelleisenbahn, ist es tatsächlich nur diese berühmte Floskel "Das Kind im Manne" das da berührt wird? Gerade die Modelleisenbahn zieht ja sehr stark Männer an. Warum? Weil, wie ich glaube, es eine Vorstellung gibt, dass es doch eine perfekte Welt geben muss. In der alles, aber auch wirklich alles funktioniert. Autor Der Soziologe Frithjof Hager unterscheidet deutlich zwischen dem, was Männer im Wunderland anspricht und dem, was die Frauen an der Anlage fasziniert. Take 33 Nun kann man das auch als Perfektionswahn oder als typische männliche Phantasievorstellung charakterisieren, was auch immer, aber wenn man jetzt auf die Idee der Möglichkeiten kommt, ist das eben auch eine Möglichkeit, die man sich wünscht, zu erleben. Und solange das im Bereich der Modelleisenbahn bleibt und nicht sich das ins politische wandelt, ist es ja auch wunderbar. Also in einer perfekten Welt zu sein, dass endlich alles funktioniert, also nicht nur, dass wir unvollkommene Wesen sind, sondern auch das, was wir machen, funktioniert eigentlich nie so, wie´s eigentlich sein sollte. Autor Das sind die Männer. Erschaffen eine phantastische Welt, in der kaum noch etwas schief läuft, und wenn doch, dann wird schon darüber nachgedacht, wie man den Fehler so behebt, dass er nicht noch ein zweites Mal auftritt. Und die Frauen? Take 34 Na, Sie kennen doch vielleicht auch diesen Satz: "Das ist doch niedlich". Und dieses "Das ist doch niedlich, das könnte man jetzt verschieden interpretieren und auslegen. Einmal sind ja auch Frauen nicht ganz frei davon, sozusagen Dinge zu kontrollieren, es gibt die Möglichkeit, dass im Niedlichen auch etwas entdeckt wird, dass das dann auch eine ganze Welt ist, in der man sein Vergnügen hat, das ist wie beim Puppenhaus auch. Wenn man das etwas großartig formulieren will, da es ja die Frauen sind, die Kinder bekommen, also den Fortbestand der Menschheit garantieren, glaube ich doch, dass diese Aufgabe, die sie haben, sie die Welt etwas anders betrachten lassen. Also betrachten sie das vielleicht auch alles, was sie dort sehen, mit Humor. Autor Deshalb ist es für die Wunderland-Macher auch so wichtig, dass die Miniaturwelt eben nicht auf eine riesengroße Modelleisenbahnanlage reduziert wird. Take 35 Eigentlich wollte mein Mann hier rein. Da hatt ich schon gesagt, oh Gott, mal gucken, wat dat gibt, also ich bin sehr positiv überrascht, hatt ich mir nicht so vorgestellt. Nee. Jaa, ich hatte so gedacht, Eisenbahn, Miniatur, nee, Männer sitzen da ja stundenlang im Keller, war nicht so mein Ding, aber jetzt muss ich sagen, ganz toll, auch was die Kulissen, die hier sind, USA, und da hinten Skandinavien und die ganzen Sachen, also, sehr beeindruckend! Take 36 Also, wir hatten am Anfang ganz große Angst. Wird das hier ´ne Freakshow nur für Modelleisenbahnfans, dann werden wir nämlich keinen Erfolg haben oder schaffen wir es, diesen schmalen Grat zu einer Familienattraktion hin zu überwinden? Und ich kann mich noch gut erinnern, so die ersten Wochen waren´s wirklich Männer, die hier waren. meistens gab´s sogar Diskussionen an der Kasse, an der Kasse konnte man schon sehen, die Modelleisenbahn war schon sichtbar, is heute alles anders, und der Mann hat meistens blind gezahlt, weil er schon geguckt hat, welche Züge fahren gerade, und der Junge war schon durchgerannt, und dahinter trottete meistens eine genervte Frau. Das gab dann Diskussionen, "ich hol dich hier in ´ner Stunde wieder ab", oder "ham Sie eigentlich ´n Bistro, ich will da gar nicht rein, ich will ´ne Zeitung hier lesen. Und das war echt schwierig am Anfang für uns, zu erleben. Und das ging auch oft genug also wirklich im Streit auseinander, dass die Frau dann umgedreht ist und weggegangen ist. Autor Frederik Braun hat noch eine Anekdote parat. Gerade wieder war es einmal so weit, der Mann war drin und die Frau drehte sich um und wollte gehen. Take 37 Dann hab ich mir die geschnappt und gesagt: "Kommen Sie rein, ich lade Sie ein!" Und nicht selten ist es dann passiert, dass nach ner halben Stunde die Frau zurück zur Kasse kam und gesagt hat: "Ich möchte gerne meinen Eintritt bezahlen. Das ist so wunderbar, ich hab gedacht, hier fahren nur Züge im Kreis, das ist so eine phantastische Welt in klein", und das hat sich rumgesprochen, das heißt, das Publikum hat sich von Anfang an immer mehr gewandelt hin zu einem demographischen Durchschnitt unserer Gesellschaft. Hier ist alles vorhanden, es gibt nur eine kleine Gruppe, die ´n bisschen schwieriger ist, und das sind die pubertierenden Kinder. Also von 13 bis 18 Jahre sind wir ´n büschen uncool, alle andern sind heute begeistert. Autor Lukas Müller ist 16 Jahre und findet die Anlage nicht uncool. Im Gegenteil, er hat sich sogar beim Wunderland für ein Schulpraktikum beworben. Take 38 Ich hatte davon gehört und hatte gehört, dass es hier verschiedene Bereiche gibt, in denen man arbeiten kann und dann hab ich gedacht, guck ich mir mal an, was man hier alles machen kann und das ist ja auch was für´s Leben, wenn man hier durch verschiedene Abteilungen läuft und dann merkt man auch, was bestimmt für einen ist, handwerklich, oder wenn man da nicht gut kann, vielleicht was öffentliches oder so. Autor Interesse am Wunderland heißt ja nicht, dass er sich nicht für Computer interessiert, sagt Lukas Müller. Take 39 Ich find beides gut. Ich spiel gerne mal Computerspiele, aber ich find auch so was, wenn man sich so was anguckt, sehr schön oder ´n Freund von mir hat auch ´ne Modelleisenbahn, man muss nur ´n bisschen kreativ sein, dann kann man auch mit so was was anfangen, obwohl das vielleicht ´n bisschen altmodisch ist. Musik 5: Titel: Petit train Interpret: Le Clou Komponist: Johannes Epremian Verlag: Moustache Records, LC 07990 Take 40 Welches Unternehmen, das muss man ganz klar sagen, welches Unternehmen hat Fans, die dafür sogar noch Geld ausgeben, dass sie hier herkommen, hierher fahren, teilweise mehrere hundert Kilometer, ihren Eintritt bezahlen als Fans, okay, Fußballvereine, aber da hab ich vielleicht für zwei Stunden was! Hier gehe ich her, hab mehrere Stunden da irgendwie die Anlage besichtigt, dann kommen die Leute mit dieser nötigen Begeisterung, gehen hier raus und sagen "Okay, das will ich zu Hause auch haben!" Autor Jörg Thyroff ist wieder da, und er hatte während seiner sicher 250 Besuche im Wunderland Gelegenheit genug, zu beobachten, wie das Kind im Manne wieder wach wird. So mancher geht mit einem Modellbahn Starter-Kit unter dem Arm wieder nach draußen. Die Kinder werden mit speziellen Attraktionen gelockt. In jedem Raum gibt es Knöpfe zum Drücken; so kann man in Amerika zum Beispiel den Space Shuttle ins All schicken oder man produziert in einer Fabrik eine Tafel Schokolade - natürlich zum Mitnehmen. Take 41 Ich hab schon die Schokoladenfabrik gesehen. Take 42 Sehr gut. Weil, man kann auch hineindenken, dass man zum Beispiel die kleinen Puppen sind. Take 43 Also, ich find es toll, die Knöpfe zum Draufdrücken und dann passiert etwas, also das gibt es nicht überall. Take 44 Und ich finde das lustig, wie die Autos sich so bewegen, aber das Dumme finde ich, dass die Menschen sich nicht bewegen! Leider. Autor Und was ist am besten? Take 45 Natürlich die Schweiz! Autor Wenn 800 Züge auf 12.000 Metern Strecke unterwegs sind, dann reicht es natürlich nicht, dass ein freundlicher Eisenbahner ein paar Weichen stellt und an einem Trafoknopf dreht, um Züge zu beschleunigen und auch wieder anzuhalten. Ein richtiger Leitstand muss her, und natürlich gibt es den auch im Hamburger Wunderland. Über sage und schreibe 74 Monitore wird hier die Anlage kontrolliert. Drei bis vier Leute haben damit alle Hände voll zu tun. Der Hamburger Lars Rösenberg, Jahrgang 1981, arbeitet oft auf dem Leitstand und seinen liebsten Besucherspruch, wie er ironisch sagt, hat er schon über 73.000 Mal gehört: "Was für ein Traumjob! Den ganzen Tag spielen und noch Geld dafür bekommen!" Take 46 Wir kontrollieren hier die Anlage. Das heißt, wir steuern auch nicht in dem Sinne die Züge, wir können natürlich überall drauf zugreifen, aber wir haben hier 170 digital gefahrene Autos, und über 800 Eisenbahnen, und die müssen natürlich kontrolliert werden. Wir haben die ganze Anlage in unglaublich viele einzelne Anlagenabschnitte unterteilt, so dass wir, selbst wenn wir ein Computerproblem haben, uns fällt eine Bahn aus oder uns fällt das Car-System aus oder irgendwas fällt aus, was die Bewegung auf der Anlage einschränkt, dann versuchen wir mit anderen Computern, die auch für diesen Abschnitt tätig sind, natürlich gegenzuarbeiten, so dass der Besucher eigentlich noch gar nicht merkt, dass wir ´n Problem haben. Autor Wer auf dem Leitstand Dienst hat, muss lange vor dem ersten Besucher im Wunderland sein. Take 47 Morgens ist es so, dass das Team vor Öffnung eine halbe oder eine Dreiviertelstunde da sein muss, um die ganze Anlage Stück für Stück hochzufahren. Das sind wirklich über fünfzig Computer mittlerweile, die angeschaltet werden müssen, die hochgefahren werden müssen, die alle über ein Netzwerk miteinander verbunden sind, alles muss funktionieren, und dann kann man Stück für Stück anfangen, ´ne Grundstellung zu fahren, jede Weiche muss einmal durchgeschaltet werden, natürlich nicht von Hand, auch das sind automatische Abläufe, aber dann kann man irgendwann anfangen, und das muss man natürlich rechtzeitig machen, bevor der Besucher da ist. Autor Vor kurzem wollte das Netzwerk nicht so, wie es eigentlich soll. Viele Züge hielten auf freier Strecke an, und den Mitarbeitern auf dem Leitstand traten Schweißperlen auf die Stirn - Hektik oder gar Panik aber waren nicht zu erkennen. Take 48 Das war einer dieser berühmten und berüchtigten Netzwerkausfälle, haben wir hier wirklich unglaublich selten, aber wenn es dann mal so ist, innerhalb von ein paar Sekunden muss man reagieren und innerhalb von einer Minute muss man eigentlich versuchen, das gesamte System still stehen zu lassen. Da müssen wir einfach ganz ganz schnell reagieren, das passiert leider, wenn das ganze Leben aus Digitaltechnik besteht. Es müssen auch alle Leute ganz ruhig in dem Moment bleiben und den Kopf behalten und nicht nervös werden und ihre Arbeit durchziehen. Autor Kaum länger als die Entstörung auf der Anlage hat der Weg von Lars Rösenberg zum Wunderland gedauert. Take 49 Ich bin selber Hamburger, und ich hab auch in der Zeitung ganz am Anfang davon gelesen, und hab gedacht, naja, als Hamburger, das muss man ja mal irgendwie gesehen haben, bin kurz nach der Eröffnung hierher gekommen, hatte auch noch ´n Job, und das war so alles überhaupt nicht geplant, stand hier nur als Besucher an der Anlage und hab gedacht: Naja, das ist ja irgendwie schon alles ganz toll, was die hier machen, da muss ja aber auch ´ne Technik dahinter stecken, und dann hab ich mich ins Büro durchgefragt, und zwei Tage später war ich irgendwie hier (lacht). So richtig beschreiben kann man das auch nicht, frag ich mich heute manches Mal noch. Autor Das Team vom Miniatur Wunderland ist enorm gewachsen - mehr als 150 Mitarbeiter gehören mittlerweile dazu. Jörg Thyroff ist wieder da, und er verbringt nach der Hygieneinspektion mehrerer Kindergärten seinen Feierabend im Wunderland. Er schwärmt von der Seele, die das Wunderland ausmacht. Take 50 Dieses Feeling, was hier rüberkommt. Einfach das Gefühl, man kommt hier her und ich fühl mich wohl. So dieses verkappte Wohnzimmer-Gefühl, was hier vorhanden ist. Ich habe nicht riesige Hallen, das können andere auch, aber ganz ehrlich, dieses Drumherum, dieses Ambiente, das ist dasjenige welche. Diese Bodengeschichte in der Speicherstadt. Da in den nächsten Boden runterzugehen, beispielsweise jetzt in diesem Schweiz- Teil, dass man da ´n fünf Meter achtzig hohen Berg hat, dieses nachgemachte Matterhorn, ich selber war da schon, also Matterhorn, ich bin in diesem Glacier-Express gefahren mit meiner Frau, ich war so begeistert davon. Und wenn Sie dann dieses sich hierzu angucken und dann sagen, ey guck mal, mit so´nem Teil biste auch in echt gefahren, und da sind so manche Sachen drin, wo Sie sagen, ja, da biste auch schon drin gestanden, in echt, ne? Musik 6: Titel: Chattanooga Choo Choo Interpret: Glenn Miller Orchestra Komponist: M.Gordon, H.Warren Verlag: ZYX, LC 06350 Take 51 Der Straßenzug bei dem Zippelhause machte zur Fleetseite hin einen erbärmlichen Eindruck. Fenster und Türen vieler Gebäude waren mit Brettern vernagelt, an einigen Hauswänden waren Gefache eingestürzt und zwischen den Brandmauern einzelner Häuser klafften hier und dort schon Lücken, die Sören einen Blick auf die große Baustelle am Kehrwieder ermöglichten. Autor Der Krimi-Autor und Historiker Boris Meyn siedelt seine Kriminalgeschichten im Hamburg des 19. Jahrhunderts an, zu einer Zeit also, als die Speichergebäude in der Hansestadt gerade erst gebaut wurden. Seit dem dritten Band ermittelt Rechtsanwalt Sören Bischop, und der Leser lernt nebenbei eine Menge über renommierte Bürgermeister, Kaufleute und Reederei-Besitzer. Und so mancher wird erstaunt feststellen, dass die Speicherstadt, in der sich heute das Wunderland befindet, so alt gar nicht ist - Baubeginn war 1883, denn man brauchte ein Viertel, das nicht unter die deutsche Zollhoheit fiel, sondern das Freihafengebiet war. Erst 2003 wurde die Freihafengrenze wieder verlegt, weil durch den Containerumschlag der Freihafenstatus nicht mehr notwendig war. Zur Zeit entsteht nicht weit vom Wunderland ein neuer Hamburger Stadtteil: Die Hafencity. Die Miniaturwelt und die ehrwürdige Hansestadt könnten nicht enger miteinander verwoben sein, denn das Wunderland liegt in Hamburg und Hamburg liegt im Wunderland. Take 52 Das, was wir heute sehen, wenn wir die Speicherstadt oder wenn wir an der nördlichen Hafenrandstraße entlang fahren und einen Blick auf die Speicherstadt werfen, das sind denkmalpflegerisch intakte Fassaden, man kann erstmal nicht so direkt dahinter gucken, es fällt nur auf, dass die goldenen Lettern nicht mehr auf Konsorten und auf Lagerböden und auf sonstige Dinge verweisen, sondern auf ein Miniatur-Wunderland und auf sonstige touristische Attraktionen. Das ist das, was sich in diesen Gemäuern inzwischen abspielt, und man darf aber nicht vergessen, dass bis vor wenigen Jahren die Speicherböden der Speicherstadt immer noch ihre ursprüngliche Funktion eingenommen haben. Und die auch immer noch einnehmen könnten. Daran hat sich überhaupt nichts geändert. Dass das Ganze jetzt touristisch vermarktet wird und jetzt dort ein anderes Leben einzieht, das ist ein internationaler Trend, den wir überall beobachten können. Autor Einen seiner zukünftigen Krimis im Wunderland anzusiedeln - das könnte sich Boris Meyn durchaus vorstellen. Wo sonst hat man Knuffingen, den Harz, Skandinavien, Hamburg, die USA und die Schweiz auf so engem Raum beisammen? Take 53 Ja, das könnte man als internationalen Krimi gut umsetzen. Was man dann daraus macht, weiß ich noch nicht, also bis ich mit meinen historischen Krimis in der Gegenwart angelangt bin, das dauert hoffentlich noch ´n bisschen. Atmo Zugfahren Musik 7: Titel: Railroad Rag Interpret: Joe Harris Komponist: Nat Vincent, Ed Bimberg Verlag: Rounder, LC 3719 Autor Schreiben hat ja bekanntlich etwas Schöpferisches. Die Erschaffung einer Welt in Klein, das Bauen am Miniatur-Wunderland in Hamburg, steht dem in nichts nach. Gerrit Braun, der Skeptiker der beiden Zwillingsbrüder, tüftelt am Flughafen. Das Abheben einer Maschine könnte seiner Meinung nach noch etwas echter aussehen, und er hat auch schon eine Idee, wie sich das umsetzen ließe. Gut möglich, dass daraus auch wieder ein Patent entsteht, es wäre nicht sein erstes. Take 54 Das ist auf jeden Fall ´n schöpferischer Akt. Also wir haben viele viele Momente hier in unserem Leben, wo wir wirklich Schöpfer sein dürfen. Wo wir uns überlegen können, was wollen wir gerne machen und uns dann entscheiden, was wir dann auch wirklich tun. Und somit auch das Schicksal so einiger Einwohner des Miniatur-Wunderlands damit dann vorbestimmen. Autor Gerrit Braun fliegt am nächsten Tag nach Dubai. In Gedanken wird er das Wunderland sicherlich im Gepäck haben. Take 55 Es war immer mein Traum, einmal nach Dubai zu fliegen, die Bauwerke, und dass man da in einer solchen Geschwindigkeit eine neue Welt baut, das kommt mir bekannt vor, weil wir bauen auch in einer nicht unerheblichen Geschwindigkeit eine neue Welt, und das ist einfach doppeltes Interesse, da hin zu fahren, und ich würde auch beispielsweise Dubai sehr sehr gerne mal bauen. Autor Vielleicht klingelt ja schon bald wieder ein Telefon in Hamburg. Dann wäre es umgekehrt - Gerrit erzählt seinem Zwillingsbruder Frederik von DER Idee! Weitere Anlagen-Teile können und werden folgen. Und wer sagt eigentlich, dass man nicht auch ein Wunderland erschaffen könnte, das auf einem anderen Planeten liegt? Gleisanschluss auf der Venus? Warum eigentlich nicht? Knuffingen könnte dann ein Weltraumbahnhof im Wortsinn werden. Warum heißt die zentrale Stadt im Wunderland eigentlich Knuffingen? Wenn einer das weiß, dann ist das Jörg Thyroff. Take 56 Wo kommt Knuffingen her, weil´s so knuffig ist. Ja, aber warum heißt es denn knuffig? Ja, ganz einfach, von dem einen Braun die Ehefrau, die wird von ihm liebevoll Knuff genannt. Weil, sie ist einfach knuffig. Und daraus wurde denn "darf ich den Ort Knuffingen..." - "Ja, klar doch!" Das sind so diese Gags, die da rüber kommen. Autor Ein Tag im Wunderland hat übrigens genau 15 Minuten. Computergesteuert setzt viermal pro Stunde die Dämmerung ein und nach und nach gehen 300.000 Lämpchen an und schaffen eine nächtliche Atmosphäre. Nach ein paar Minuten wird es wieder hell und ein neuer Tag beginnt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es wieder ein schöner Tag wird. Sprecher vom Dienst: Knuffingen liegt in Hamburg. Besuch in der größten digitalen Modelleisenbahnanlage. Eine Deutschlandrundfahrt mit Roland Krüger. Seite 1 von 23