Länderreport 7.7.2011 "Treffen ist die Kunst - 150 Jahrestag des Dt. Schützenbundes" Länge: 19:18 Min. Autor: Michael Watzke Redaktion: Bettina Ritter ____________________________________________________________ ____ "Alle gemeinsam laden. Zum Salut. Drei Schuss." Antritt der Gebirgsschützen im oberbayerischen Königsdorf. Hauptmann Georg Meyer schreitet die Formation ab. Vor der kleinen Dorfkirche mit dem Zwiebelturm präsentieren 120 Männer in Lederhosen ihre historischen Gewehre. "Man muss das Gewehr dabei haben, eine Waffe gehört zu einem Gebirgsschützen dazu. Wir haben auch benutzbare Gewehre, es wird auch teilweise Salut geschossen mit Platzpatronen. Es sind viele dabei, die einen Karabiner haben, der wo jederzeit noch zum Schießen taugt, auch mit scharfer Munition." Auf Kommando lädt jeder Schütze drei Patronen in sein Gewehr. Das Klackern der Waffenläufe mischt sich mit dem Läuten der Kirchenglocken. Hauptmann Meyer drückt den Rücken durch und nimmt militärische Haltung an. "Gebirgsschützen, habt Acht: das Gewehr über. Rechts um. Im Gleichschritt: Marsch!" Durch den leichten Sommerregen zieht die ganze Kompanie einschließlich der Musikkapelle des Dorfes zum Kriegerdenkmal. Einer steinernen Grabplatte mit dem Eisernen Kreuz und Gedenkinschriften für die gefallenen Soldaten von Königsdorf. "Wie jedes Jahr am Dreifaltigkeitssonntag begeht die Gebirgsschützenkompanie Königsdorf ihren Kompanie-Jahrtag. Dabei denken wir besonders an die verstorbenen und gefallenen Kameraden beider Weltkriege - und nicht zu vergessen die Sendlinger Bauernschlacht von 1705. Wo 21 Kameraden ihr Heimatdorf nicht mehr gesehen haben." Die Männer in ihren roten Monturen senken die Köpfe. Ihre schweren Regimentsfahnen schwanken im Wind wie Teppiche auf Wäscheleinen. Sie zeigen Marienbilder, Heiligendarstellungen und Sinnsprüche wie "In Treue fest" oder "Patrona Bavariae". Patrone und Patronen stehen im Mittelpunkt des Aufmarsches: "Gebirgsschützen! Zum Salut! Ladet durch! Legt an! Gebt Schuss! Gewehr ab! Ladet durch. Hoch. Legt an. Gebt Schuss!" Von den Alpengipfeln im Hintergrund hallt der Gewehrschuss aus 30 Karabinern zurück wie ein fernes Echo vergangener Zeiten. Weißer Pulverstaub steigt zu den Kronen der Kastanienbäume auf. Die Luft riecht nach Schwefel. ATMO Salutschüsse Dreimal schießen die Gebirgsschützen zum Salut. Später kommen auch noch die schweren Böller zum Einsatz. Altmodische Artilleriegeschosse aus einer längst vergangenen Epoche. "Das ist ein Vorderladergerät. Die haben ungefähr 25 kg. Da kommt jetzt da vorne ein Pulver rein und dann wird verdämmt mit einem, entweder mit einem Stopsel, mit einem Korkstopsel. Früher hat man mit Papier verdämmt. Dann kommt hinten eine Kapsel drauf und wenn man abdrückt, dann ist die Zündung da und dann kracht's halt." Überhören lassen sich die Gebirgsschützen nicht. Wo immer Albert Donhauser und seine Kameraden auftreten, stehen sie im Mittelpunkt. Ihre martialischen Gebräuche und uralten Riten sind seit jeher darauf ausgelegt, maximale Aufmerksamkeit zu erregen und jedem Fremden zu zeigen, wie wehrhaft die Bayern sind. "Früher hat man halt mit Krach die bösen Geister und Dämonen vertrieben - und das ist in dem Sinne ein Nachfahre. Früher war es ja so, dass der jeweilige Souverän, also der Herzog oder wer es da auch immer war, der hat gesagt, in Grenznähe, da tu ich keine Soldaten hin, sondern da mach ich eine Landesdefension, das heißt also Gebirgsschützen. Das kann man sich ja vorstellen, dass derjenige, der Haus und Hof ortsnah verteidigt, dass der wesentlich interessierter dran ist, den Krieg zu gewinnen, als einer, der als Söldner rumsaust. So sind also die Gebirgsschützen entstanden." Ihre Anfänge datieren die bayerischen Gebirgsschützen zurück bis ins 14.Jahrhundert. Damals rüsteten viele Herzöge und Äbte in Bayern eine Art Bürgerwehr auf. Diese Truppe sollte das Grenzgebiet vor aufständischen Bauern und marodierenden Söldner-Truppen schützen. Die Feinde, erklärt der stellvertretende Landeshauptmann Martin Haberfellner, kamen meistens aus dem benachbarten Tirol. "Und von 1810 weg, kann man sagen, und dann richtig von 1825 bis 1870 war diese Institution der bayerischen Gebirgsschützen Teil der bayerischen Armee. Und mit dieser Einordnung in die bayerische Armee und Erhebung zu einer staatlichen Institution war es mehr als eine Organisation. Es war eine Institution. Die bayerischen Gebirgsschützen sind etwas geworden, was sie heute noch sind: der letzte eigenständige Rest der bayrischen Armee. Diese bayrischen Gebirgsschützen sind ein Teil des alten Bayrischen Staates, der eine 1500- jährige Tradition hat." Ein bajuwarisches Bollwerk zur Verteidigung alter Traditionen. So sehen sich die Bayerischen Gebirgsschützen heute selbst. ATMO Militärmarsch Doch die Wirklichkeit ist komplizierter als ein Militärmarsch im Viervierteltakt. Denn den bayerischen Gebirgsschützen ist in den vergangenen Jahren ein Wesenzug verloren gegangen, auf den sie in ihrer wechselvollen Geschichte zeitlebens stolz waren: ihre Unabhängigkeit. Nie wollten sich die unbeugsamen und wehrhaften bayerischen Mannsbilder vereinnahmen lassen. Zwar dienten sie stets loyal ihren Dienstherren, egal ob das Könige oder Kirchenfürsten waren. Doch sie sahen sich nicht als bezahlte Söldner, sondern als selbstbewusste Bürger. Sie fühlten sich ihrer Heimat verpflichtet, nicht der Politik. Das hat sich geändert, seit die Bayerischen Gebirgsschützen automatisch jeden neuen Bayerischen Ministerpräsidenten zum Ehrenmitglied ernennen. Letztes Jahr ist sogar der Papst in Rom ein Gebirgsschütze geworden, honoris causa. Vielen geht das zu weit. Sie fürchten, dass sich eine stolze Institution ohne Not zur politischen Leibgarde der herrschenden Würdenträger degradiert. Dass sie eine Art folkloristischer Personenschutz für Regierungs-Chefs wird, oder eine Schweizer Garde light für Papa Ratzi. Josef Lössl, der Vorsitzende der oberbayerischen Sportschützen- Vereinigung, findet dieses Posieren mit den Mächtigen eine Spur zu liebdienerisch. "Ich würde mich als Gebirgsschütze nicht so vergewaltigen lassen von der Politik. Dass ich wirklich nicht bei jeder Veranstaltung einfach aufmarschieren muss. Wir sollten uns die Traditionen schon als echte Traditionen bewahren und nicht irgendwie, wenn ein Politiker was hat, gleich auftreten." Das war vor allem in der Edmund-Stoiber-Ära so. Der frühere bayerische Ministerpräsident ließ sich bei jeder Gelegenheit mit den Gebirgsschützen ablichten. Stoiber war und ist bis heute Mitglied der Wolfratshauser Kompanie. Da er in dem kleinen Ort südlich von München ein Reihenhaus bewohnt, erfüllt er das wichtigste Aufnahmekriterium: die Ortsansässigkeit. Stoiber, genannt Ede, spannte die Gebirgsschützen so lustvoll in seinen Terminkalender ein, dass mancher Beobachter statt von den Gebirgsjägern schon von den Gebirgs-Edern sprach. Niemand hat Stoibers Schützen-Jägerei treffender parodiert als der Kabarettist Gerhard Polt: "Kameraden! Wir bayerischen Gebirgsschützen sind heute an diesem Patronatstage unter Schirmherrschaft unseres verehrten Ministerpräsidenten Dr.Edmund Stoiber angetreten [Lachen], um unserer bayerischen Helden zu gedenken. Und im Angesicht der Tatsache unseres Gastes, des hochverehrten Ministerpräsidenten Dr.Edmund Stoiber [Lachen], erlaube ich mir hier zu sagen: Wir leben in Bayern in einem Freistaat. Wir brauchen keine Opposition - wir sind schon Demokraten. [Lachen.]" Als der lupenreine Demokrat Vladimir Putin zum Staatsbesuch nach Bayern kam, ließ Stoiber das gesammelte Schützenregiment zum Spalier in der Münchner Residenz antreten. Einschließlich ihrer historischen Gewehre. Der russische Präsident allerdings hatte 32 eigene Sicherheitsleute vom Geheimdienst FSB mit nach München gebracht. Als die Moskauer Securities die alpenländischen Schützen erblickten, ließen sie ihnen die Gewehre abnehmen. Aus Sicherheitsgründen. Ein Verhalten, das viele der Gebirgsschützen als kränkend und ehrabschneidend empfanden. Ausgerechnet die Russen, der langjährige Erzfeind. So entwürdigend war der Vorfall für manchen Bayern, dass sich heutzutage ein bayerischer Gebirgsschütze, der ein antiquarisches Gewehr russischer Bauart präsentiert, vor seinen Kameraden dafür rechtfertigen muss. ATMO Militärmarsch Gebirgsschützen-Treffen im Gasthof zur Post in Königsdorf. Hier nahm die Sendlinger Mordweihnacht von 1705 ihren Anfang. 300 Jahre später zeichnet Kompanie-Hauptmann Georg Meyer langjährige Mitglieder aus. Mit der goldenen Ehrennadel. "... begrüßen möchte ich auch unseren zweiten Landeshauptmann, den Martin Haberfellner." "Ich danke euch für eure Arbeit in der Kompanie der Hauptmannschaft und für alles, was ihr im Dorf macht, was ihr für uns bayerische Gebirgsschützen macht. Für das Bild von unserer Vergangenheit, von unserer Tradition, von der Geschichte unseres Landes, von der Gemeinschaft eines Volkes, das einen Sinn in seinem Leben sieht, in seiner Tradition sieht, in seiner Traditionspflege und im Glauben. Wir haben immer noch einen Glauben, wir sind immer noch christlich orientiert, und der Pfarrer hat zu uns sprechen können, weil wir zu ihm in die Kirche gegangen sind. Bleibt bei der Stange." Im Saal in Königsdorf sitzen ausnahmslos Männer. Viele mit mächtigen Rauschbärten oder gezwirbelten Schnauzbärten. Gebirgsschütze kann nur ein echtes bayerisches Mannsbild werden. Allerdings schlendert eine junge Dame im bunten Dirndl von Tisch zu Tisch. Auch sie gehört zur Kompanie - als Marketenderin. Ihre Aufgabe: "Ganz einfach: die hat die Kompanie zu versorgen. Und in dem Sinn hat sie halt einen Schnaps. Früher haben sie eine Brotzeit auch dabei gehabt. Und jetzt haben sie halt bloß noch einen Schnaps. Bei manchen Kompanien sind es nur Ledige, und bei manchen Kompanien dürfen sie auch verheiratet sein. Aber der Großteil ist ledig." Anders als historische Marketenderinnen ist die Königsdorfer Kompanie-Dame eher zurückhaltend, fast schüchtern. Ob sie lieber aktive Gebirgsschützin statt Schnapsträgerin wäre, möchte sie nicht verraten. Dafür antwortet Landeshauptmann Martin Haberfellner: "Also das ist überhaupt kein Thema. Also in Bayern überhaupt nicht. Also hier ist sozusagen die Welt noch in Ordnung. Die Männer spielen ihre Rolle, die Frauen spielen ihre Rolle, und das machen die auch gerne, die Marketenderinnen. / Wichtig ist, dass sie gut ausschaut, dass sie lustig ist und einen guten Schnaps hat. Mehr braucht sie nicht haben." Der Schnaps spielt eine nicht unwichtige Rolle in der Kompanie. Er fließt in Strömen, ebenso das Bier. Noch einmal der Kabarettist Gerhard Polt: "Dabei trinken wir in Bayern, und das ist international anerkannt, das Bier seit Jahrtausenden. Und zwar aus kultureller Verantwortung heraus! [Lachen]. Im Gegensatz zu diesen Minderheiten, die eine Religion haben, die das Bier verbietet, sind wir stolz darauf, eine Religion zu haben, die das Bier sogar selber braut! [Lachen]" Auf dem Oktoberfest, das die Gebirgsschützen jedes Jahr in Regimentsstärke besuchen, führt das Bier bisweilen zu Problemen. Schließlich tragen die Gebirgsschützen Waffen bei sich. Und mit fortschreitendem Alkoholisierungsgrad verliert auch ein trinkfester Schütze bisweilen den Überblick: "Das ist gefährlich im Bierzelt, man muss das Gewehr irgendwo hinstellen. Ich hab zwei scharfe Karabiner angemeldet. Aber man ist froh, wenn man welche dabei hat, wo keine Gefahr ist, weil wenn es einer stiehlt, dann ist der Teufel los, weil das Landratsamt überwacht uns ja. Man muss ja das Gewehr auch im Transport im Auto, wenn es scharf ist, muss man schon Sicherheitsbestimmungen beachten." Überhaupt: die Waffen. Seit dem Amoklauf im oberbayerischen Bad Reichenhall 1999 fühlen sich die Gebirgsschützen unter Generalverdacht. Und die Todesschützen von Erfurt, Winnenden und dem bayerischen Ansbach haben den gesamten Schießsport in Verruf gebracht. Zu Unrecht, findet Josef Lössl, erster Schützenmeister im Isar-Loisach-Schützengau. "Ich sehe es schon so, dass es uns sehr schwer gemacht wird, weil man nicht unterscheidet zwischen Scharfschießenden, also mit Waffen, die auch zum Töten fähig wären, und den Sportwaffen, den reinen Luftdruckwaffen, wo man niemanden mit umbringen kann. Und da muss man einfach missionarisch wirken. Wenn ich heute sehe, dass grad in Schulen, Lehrer sind unser großes Problem, da müsste man seelsorgerisch arbeiten, dass man diese Leute auf unsere Seite zieht." Die bayerischen Sportschützen plagen sich seit Jahren mit Nachwuchssorgen. Zwar gibt es leuchtende Vorbilder wie die Biathletin Magdalena Neuner aus dem oberbayerischen Wallgau. Aber nicht einmal sie kann verhindern, dass sich immer weniger Jugendliche für das Vereinsleben begeistern. Bei den Gebirgsschützen kennt man diese Sorgen noch nicht. In den kleinen Gemeinden am Alpenrand ist es geradezu selbstverständlich, einem oder gar mehreren Vereinen beizutreten. In Königsdorf sind die Schützen nach dem Sportclub der größte Verein. Fast jeder zehnte Dorfbewohner ist Mitglied. "Man wächst im Dorf in diese Tradition hinein. Wenn man 16 oder spätestens 18 ist, möchte man da dabei sein - und da gehen die Leute freiwillig dazu. Man muss die nicht plagen, sondern man freut sich eigentlich schon drauf, dass man jetzt bei der Kompanie mitmachen darf, und das ist ja auch keine sektiererische Truppe. Die Kompanie ist in der Regel die Mitte des Dorfes, wo eigentlich jeder männliche Mensch mitmacht. Ich hab mal zufällig mitbekommen, dass jemand als Architekt abgeschlossen hat und hat ein Architekturbüro begonnen, und da haben die Eltern gesagt: Bua, da musst jetzt zu den Schützen gehen, die haben Geld, die bauen Häuser." So läuft es in Bayern. Wer dazugehören will, muss Mitglied werden. Vor allem, wenn er Geschäfte machen will. An den Biertischen im Gasthof zur Post spricht man über das neue Gewerbegebiet von Königsdorf, über Grundstücksgeschäfte, Förderanträge und den üblichen Dorftratsch. In den letzten Jahren sind immer mehr Münchner hinaus aufs Land gezogen. Auch nach Königsdorf, das 50 Kilometer südlich der Landeshauptstadt liegt. Seitdem müssen sich die Gebirgsschützen gewissen Veränderungen stellen. Denn jeder, der im Dorf seinen Lebensmittelpunkt hat, darf auch Mitglied werden. "Wir haben zum Beispiel eine Kompanie gehabt, die haben einen Italiener aufgenommen, der halt da im Ort gewohnt hat. Wir haben auch den ein oder anderen Preußen, wie man so schön sagt, in unseren Reihen, der schon lange da wohnt und sagt, ich kann mich mit diesen Inhalten verstehen und identifizieren. Also da ist man nicht so extrem, dass man sagt: den können wir überhaupt nicht brauchen. Aber zu dem sagt man dann beim Ausrücken: ‚möglichst den Mund halten, dass man es nicht merkt, wo du her bist.'" In Zukunft könnten es aber nicht nur Preußen oder Italiener sein, die bei den Gebirgsschützen mitreden wollen. Sondern auch Menschen, bei denen schwarz mehr bedeutet als eine politische Couleur: "Wenn jetzt nun ein Chinese oder ein Schwarzer hier nach Bayern kommt und hier wohnt und Gebirgsschütze sein möchte - den Fall haben wir noch nicht gehabt - dann ist eigentlich nur anzuwenden, nach unseren Satzungsregeln: wohnt er da, lebt er in unserer Pfarrei, dann muss ich zustimmen, wenn er will. Aber die Frage wurde ja noch nicht gestellt. Weil ich nämlich sehr stark vermute, dass diese Menschen, die jetzt nicht unsere weiße oder halbbraune Farbe in Oberbayern haben, sondern einfach eine andere Herkunft haben, die haben gar nicht unbedingt das Bestreben, in eine solch stark heimatgebundene Gemeinschaft... ich sag mal: einzudringen." ATMO Glockenläuten ATMO Kirchenmusik Frühmesse in der katholischen Dorfkirche St.Laurentius von Königsdorf. Die Gebirgsschützen- Kompanie füllt das gesamte Kirchenschiff aus. Auf dem Vorplatz haben Böllerschützen Aufstellung bezogen. Während der Pfarrer den Kelch in die Höhe hebt, bereiten sie ihre Kanonen zur Zündung vor. "... das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für Euch und für alle vergossen wird zur... [Krachen] ... tut dies zu meinem Gedächtnis..." Als draußen das Schießpulver explodiert, zucken einige der Gläubigen im Inneren der Kirche zusammen. Es ist eine merkwürdige Verbindung, die sich manchem nicht sofort erschließt: hier der geschundene Jesus am Kreuz, dort die lärmenden Waffenträger in militärischer Montur. Aber die Gebirgsschützen sind auf Gedeih und Verderb mit der katholischen Kirche verbunden: "Der größte Tag ist jedes Jahr der erste Maisonntag. Da marschieren etwa 4500 Gebirgsschützen auf. Heuer war es in Traunstein. Der größte Zweck ist "Antlas". Fronleichnam. Das Begleiten des Allerheiligsten, der Monstranz, mit dem Pfarrer. Bei den Fronleichnams-Prozessionen." Gebirgsschütze Matthias Hammerl aus Benediktbeuern schultert sein Gewehr und begrüßt den Pfarrer, der an der hölzernen Kirchentür die Hände der Gläubigen schüttelt. Gebirgsschützen und katholische Kirche. Zwei Institutionen, die dem gewaltigen Wandel der Zeiten auf die gleiche Weise begegnen: mit einer Beharrlichkeit, die manche als Prinzipientreue feiern und andere als Verknöcherung geißeln. Wenn in diesen Tagen der Deutsche Schützenbund sein 150jähriges Bestehen feiert, dann weisen die bayerischen Gebirgsschützen stolz und störrisch darauf hin, dass ihre Tradition mehr als ein halbes Jahrtausend überdauert hat.