Geräusch-take 1 Spedition, Hof: 2.34 Sprecher 1: Zbigniew Bolesta eilt gestikulierend über den Hof seiner Spedition. Ein LKW-Fahrer döst hinter dem Steuer seines weißen Kühltrucks. Der Wachhund schlummert zusammengerollt hinter den Vorderrädern. Bolesta grüßt erst Stefan, den Fahrer, dann Junior den Hund. Take 1 Bolesta / Übersetzung 1,17.01 Stefan wartet jetzt bis zehn, dann fährt er nach Poznan, um seine neue Ladung abzuholen. Gestern kam er aus Rostow am Don, das ist eine wunderschöne russische Stadt. In Poznan wird er laden. Und dann geht es wieder Richtung Rostow und noch ein Stückchen weiter. Er transportiert gefrorene Erdbeeren.. Sprecher: Bolesta krault kurz den alten Wachhund. Stapft dann energisch Richtung Büro. Ein kleiner Mann Mitte 60, mit breitem Kreuz, das graue Haar stoppelkurz, den Schnäuzer exakt gestutzt, das blauweißkarierte Hemd weit aufgeknöpft, eine Goldkette mit Kreuz um den Hals. Geräusch-Treppe 2 0.20 Sprecher: Eine abgewetzte Treppe geht es nach oben. Vorbei an Plastikboxen mit alten Fahrtenschreiber-Scheiben. Seit mehr als 25 Jahren dirigiert Bolesta von hier aus seine Kühl-Flotte durch Europa. Von Siedlce, einer Kleinstadt in Ostpolen. 100 Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt Geräusch-take 3 Büro 1.45 Sprecher: Der Spediteur zündet sich eine Zigarette an, lehnt sich in seinem durchgesessenen Bürostuhl zurück. Nimmt einen kräftigen Schluck Bier aus der Dose, blickt auf den Computerbildschirm. Der Bildschirmschoner arbeitet: Eine groß-busige Blondine im orangenen Bikini seift lasziv die Scheibe ein. Geräusch-take 4 Bolesta erzählt 0.49 Sprecher drüber: "Wir sind alle an der Dwojka groß geworden", sagt Bolesta. Und nimmt noch einen Schluck Bier. Die Dwojka, das ist die Landesstraße 2, direkt vor seiner Haustür. 600 km läuft sie quer durch Polen. In die eine Richtung geht es nach Moskau. In die andere nach Berlin. Im 18. Jahrhundert marschieren hier preußische und russische Truppen, seit dem 20. rollen LKW-Karawanen auf ihr entlang. Die alte und neue Handelsroute hat Speditionen wie die von Zbigniew Bolesta groß gemacht. Und wieder klein. Take 2 Bolesta / Übersetzung 7.26 -12.06 Die Finanzkrise hat uns getroffen, da mussten wir 15 Kühllaster verkaufen. Das Geschäft und die Flotte schrumpft. Das liegt aber nicht nur an der Finanzkrise. Die russischen Speditionen machen uns fertig. So wie wir in den 90er Jahren die westlichen Speditionen fertig gemacht haben. Vor allem die Holländer und die Deutschen. Und nun machen uns die Russen und Litauer eben genau so fertig. Wenn wir Pech haben sind wir in drei Jahren vom Markt verschwunden. Sprecher: Bolesta sucht für seine Zigarette einen Platz im vollen Aschenbecher, öffnet seinen Laptop. Auf einer Europakarte leuchten die Standorte seiner LKW. Take 3 Bolesta: ohne Übersetzung 18.21beugt sich über Computer: Einer in Norwegen, einer in Russland, einer ... na Dojem, einer, nein zwei in Frankreich... Sprecher: Einer ist in Norwegen unterwegs, einer in Frankreich, zwei in Russland. Und einer rollt über die Dwojka. Kurz hinter der deutschen Grenze. Geräusch-take 5 LKW / Schwein / Rastplatz 1.52 Sprecher 2: Ein LKW nach dem anderen dröhnt über die Landstraße 2. Die Äste der Alleebäume zittern. Der Boden vibriert... Geräusch-take 5 hoch Sprecher: Unbeeindruckt wühlt ein junges Hängebauchschwein neben der Straße im Matsch. Daneben recken zwei Strauße die Hälse. Ein Zebra stiert apathisch auf die LKW- Karawane. "Mini-Zoo" wirbt ein großes Schild am Straßenrand. Geräusch-take 6 : Minizoo 0.48 Sprecher: Kinder tollen zwischen den Käfigen herum, Eltern machen Kaffeepause vor einer kleinen Holz-Bude. Einige LKW-Fahrer vertreten sich die Beine an einem künstlichen Teich. Rast-Stimmung an der Dwòjka. Geräusch-take 7 LKW auf Parkplatz 2.52 0.08 LKW im Stand...., Kuppeln, Abfahrt, dicht.... Sprecher: Tomek steht neben seinem weißen 30-Tonner, einen gelben Zollstock in der einen Hand, den Tankdeckel in der anderen. Ein bulliger Mann mit stoppelkurzem Haar, mit Jeans in Übergröße. Take 4 Tomek (ohne Übersetzung) 2.04 Ich komme aus Metz... ich transportiere elektronische Güter, ... letzten Montag bin ich aus Polen nach Metz gefahren,. Und jetzt Mittwoch wieder aus Metz zurück.. Sprecher drüber Sprecher: In Metz, in Frankreich hat er Platinen geladen, erzählt Tomek, während er den Zollstock Zentimeter für Zentimeter in den Tank schiebt. Mit der Ladung muss er nach Radom. Das liegt hinter Warschau, nochmal 500 Kilometer. Geräusch-take hoch Sprecher: Rechts von ihm parkt ein LKW aus der Ukraine, dahinter einer aus Russland. Zwei Trucks aus Litauen warten vor der großen Waschanlage, neben der ein Tyrannosaurus-Rex aus Plastik steht. Seit acht Jahren fährt Tomek immer die gleiche Strecke. Montags los in Radom, mittwochs die 1400 Kilometer aus Metz wieder zurück. Hier auf dem Rastplatz, 50 Kilometer hinter der deutschen Grenze, hält er immer. Langsam zieht Tomek den Zollstock wieder aus dem Tank. Take 5 Tomek (ohne Übersetzung): 2.17 paliwo,,, 20 zentimer,... das reicht bis nach Russland Sprecher: Noch 20 Zentimeter Sprit - das reicht bis Russland. Und locker bis Radom. Grinsend kommt Andrzej hinter dem Auflieger hervor. Ein Kollege, 35 Jahre alt. Die beiden sind zusammen zur Schule gegangen, wohnen immer noch im selben Ort. Und arbeiten für zwei verschiedene Speditionen. Tomek rollt nach Frankreich. Andrzej nach Deutschland. Hier, an der Landstraße treffen sie sich jede Woche. Bevor es zurück nach Hause geht. Take 6 Andrzej / Übersetzung 6.15 Meine Firma will, dass ich hier lang fahre. Ich muss die kostenpflichtige Autobahn meiden. In Deutschland habe ich leere Nutella-Gläser geladen, die bringe ich jetzt nach Polen. Sprecher: Die neue Autobahn verläuft seit einem Jahr parallel zur Dwojka. Glatter Asphalt, schicke, neue Raststätten. 55 Cent Maut-Gebühr pro Kilometer würde die Trucker das kosten. Zuviel finden ihre Speditionen. Und schicken sie weiter über die holprige Landstraße. Geräusch-take 8 Mini Zoo 1.57 Sprecher 1: Ein deutsches Rentnerpärchen lehnt ein Stückchen weiter an seinem Kombi. Blinzelt in die Sonne. Raucht. Zwei Kaffeebecher dampfen auf der Motorhaube. Im Kofferraum liegen vier Angelrouten, 40 Kilometer entfernt große Fischteiche: Take 7 Rentner.(deutsch) .5.09 Alles was gibt: Karpfen, Stör, Wels, Forelle, Hecht, Zander, Aal, ... das ist eine große Bewirtschaftung, macht Spaß. Sprecher: Sie nehmen gleich die nächste Auffahrt auf die neue Autobahn. Sind nur ein Stück weit die alte Dwojka gefahren. Ein paar Kilometer Erinnerung tanken. Take 8 (Rentner) (deutsch) 2.11 SIE: Toll, von der Landschaft her, man muss langsam fahren, kommt den Frauen oft entgegen. Und man sieht viel. Wir haben über Kraniche, über Schwäne, Störche, alles gesehen. Große Greifvögel. Ick sag, ick habe ja immer gesagt, es gibt in Polen nischt, was es nicht gibt, so... Also man kann da vom Auto bis zur Marmelade alles koofen, sage ich mal. Er: Das Problem ist natürlich die LKWs und die, sagen wir mal, die etwas mutig fahrenden Einheimischen. Sprecher: Tolle Landschaft, große Vögel, eingemachte Marmelade. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt entlang der holprigen Handelsroute quer durch Polen. Take 9 (Rentner) 1.25 Die ist völlig unverändert. Da hat sich gar nichts getan gehabt, die sind nicht hinterhergekommen mit reparieren. Man kann es nachvollziehen, das ist noch nicht mal böser Wille gewesen sondern die Situation war so, dass die eigentlich hätten die Straße sperren müssen und eigentlich grundlegend neu hätten reparieren müssen. Sprecher: Die beiden drücken ihre Zigaretten aus. Wollen weiter. Zum Angeln. Geräusch-take 8 hochziehen/verlängermn Sprecher 2: Neben dem Mini-Zoo parkt ein Bus mit ukrainischem Kennzeichen. Eine Frau steigt aus, streckt sich. Alexandra, Mitte 40, geboren in Lviv, in Lemberg. Mit Wohnsitz in Manchester. Take 10 (Alexandra) Englisch / Übersetzung 2.55. 32 hours,... ... be in Kiev.. Übersetzung: Wir sind in Manchester losgefahren, dann haben wir Leute in London eingesammelt, dann in Paris, dann in Belgien. Und jetzt geht es weiter nach Lviv. Und morgen sind wir dann in Kiev... Sprecher: Hier am Mini-Zoo halten sie immer. Seit mehr als 20 Jahren. So lange rollt Alexandra schon als Busbegleiterin über die Dwòjka. Zweimal die Woche. Von West nach Ost, von Ost nach West. Die neue Autobahn nutzen, die nur wenige Kilometer entfernt liegt, kommt auch für sie nicht in Frage. Weil dort jeder Kilometer extra kostet. Take 11 Alexandra (Englisch / ÜS) 5.01 I prefer... ...youdrive like around the village, .. it is different, it is querky... Übersetzung: Ich bevorzuge diese Straße. Ich weiß, dass es vielen Leuten so geht. Die Autobahn, das ist doch ein Standard, das ist überall gleich. Aber hier fährt man über die Dörfer, das ist doch spannender... Geräusch-take 9: PKW Innen 1.14 PKW innen Sprecher 1: Auf nur einer Spur schiebt sich der Verkehr auf der Dwojka Richtung Osten. Durch kleine Dörfer, die zugepflastert sind mit mit grellen Werbebotschaften. "Kantor", Wechselstube, blinkt es rot. Und: "Skup palety" - Paletten-Ankauf. Hinter den bunten Schildern ducken sich graue und bonbonfarbene Häuschen mit bröselnden Dächern. Hier und da steht "sprzedam" - zu verkaufen. In manchen Orten trennen rot-weiße Metallgitter Fahrbahn und Gehweg - sie sollen Fußgänger schützen. Geräusch-take 10: LKW/aussen 0.45 LKW knallen durch Mostki Sprecher: Im Dörfchen Mostki, 120 Kilometer vor Poznan, warten zwei Frauen mit Kinderwagen am Zebrastreifen. Über ihnen blinkt eine Warnleuchte, signalisiert: Vorsicht, Fußgänger! Die LKW-Fahrer rasen unbeeindruckt weiter. Geräusch-take 11: LKW / Einfahrt 0.33 Bd. 1'18 bis 2'30 LKW fahren vorbei, Bd. 4'48 Laster biegt ein Sprecher: Ein paar Kilometer weiter drosselt einer das Tempo, rollt auf den Rastplatz "Las Vegas". Vorbei an verwaisten Zapfsäulen und einer leeren Waschanlage hält er direkt vor dem großen Restaurant. Draußen ragt eine künstliche Palme drei Meter hoch aus einer Blumen-Rabatte. Geräusch-take 12: Raststätte 2.19 Raststätte Sprecher: Drinnen sind nur wenige der Resopal-Tische besetzt. Zwei LKW-Fahrer beugen sich tief über ihre Suppenschüsseln, schlürfen eilig die heiße Brühe. Über ihnen, an der Kork-Wand, hängt die Speisekarte wie eine Fototapete: Kartoffelpuffer mit Fleischsoße neben Schnitzel mit Pommes, Borschtsch, Gulaschsuppe, Zurek, die saure Mehlsuppe, Flaki. Geräusch-take 13 Durchsage 0.42 Sprecher: Marzena lässt die Mikrofon-Taste los. Schiebt den Teller mit dem gebratenen Schweinenacken über die Theke zu Kunde Nr. 147. Dann greift sie zum Wisch- Lappen und beginnt den Plastik-Efeu-umrankten Tresen zu wienern. Geräusch-take 14 Geschirrwagen rollt vorbei 0.30 Sprecher: Ihre Kollegin Magda stapelt ein paar schmutzige Teller auf einen leeren Servierwagen. Die zierliche 26jährige arbeitet seit mehr als einem Jahr an der Dwòjka. Am Anfang war es stressig, erzählt sie, der Laden immer gerammelt voll: LKW-Fahrer, Geschäftsleute, Reisebusse... Ihre platinblonde Kollegin Marzena hinterm Tresen nickt ... Take 14 (Marzena / Magda) ohne Übersetzung Als sie die A2 eröffnet haben, die Gästezahl ging quasi über Nacht nach unten. Madga: Um Mitternacht haben sie die A2 eröffnet... Sprecher: "Als sie die Autobahn A 2 eröffnet haben, ging die Gästezahl quasi über Nacht zurück", erinnert sich Marzena. "Weil die Autobahn anfangs nichts gekostet hat", ergänzt Magda. "Seit Mautgebühren kassiert werden, kommen wieder mehr Gäste". Allerdings - da sind sich die beiden einig - die goldenen Zeiten hier, an der Dwojka, die sind vorbei. Ein Drittel des Personals hat der Chef bereits entlassen. Las Vegas liegt einfach zu weit von der nächsten Autobahnauffahrt entfernt. Und wer über die Dwojka rollt, hat heute noch weniger Zeit. Der Nachtclub nebenan hat dicht gemacht. Und die Wechselstube auch. Take 15 (Magda) deutsche Übersetzung Bd. 7'18 Die Leute machen nicht mehr so oft Pause, sie sind alle in Eile. Sie nehmen die alte Dwojka um das Geld für die Autobahn zu sparen. Aber weil sie genauso schnell sein wollen, halten sie nicht mehr so oft an... Geräusch-take 15 Auto (innen) 1.14 Sprecher 2: Weiter Richtung Osten, im Örtchen Swiebodzin, ragt eine riesige Jesus-Statue empor. 36 Meter hoch grüßt sie mit ausgebreiteten Armen die Vorbeireisenden. Die können göttlichen Beistand gut gebrauchen. Immer wieder stehen Plastikblumen- geschmückte Kreuze zwischen den Alleebäumen, davor flackern Grablichter. In regelmäßigen Abständen verkünden große schwarz-gelbe Tafeln am Straßenrand die Unfallbilanz der letzten 36 Monate. Dutzende Tote, mehr als hundert Verletzte. Auf der Dwojka wird gerast, auf der Dowjka wird gestorben. Geräusch-take hoch Sprecher: Rechts und links ziehen Kiefernwälder vorbei. Ab und an stehen einzelne Frauen an den Forstwegen. In hohen Stiefeln und knappen Röcken warten sie rauchend auf Kundschaft. Geräusch-take 16: LKW 2.11 Sprecher 1: Nach vier Stunden rollen Andrzej und Tomek mit ihren weißen Trucks an der westpolnischen Metropole Poznan - Posen vorbei. Karren Platinen und Nutellagläser Kilometer für Kilometer nach Osten. Die Dwojka schlängelt sich jetzt durch eine leicht hügelige Landschaft. Vorbei an kleinen Gehöften, die ein wenig abseits der Straße liegen. Umgeben von Wiesen und schmalen Äckern. Geräusch-take Sprecher: Bei Kilometer 278 markieren ein paar abgefahrene LKW-Reifen die Einfahrt zu einem Schrotthandel. Meterhoch stapeln sich die PKW-Karossen. Ein Stück weiter zweigt ein Schotterweg ab. Gleich an der Ecke steht ein niedriger Tisch aus grobem Holz. Darauf stapeln sich Säcke und Netze. Geräusch-take 17 Anhalten, Tür auf/zu, Atmo außen 2.31 Sprecher: Ein alter Mann in schweren Gummistiefeln und wattierter Jacke kommt aus einer niedrigen Hütte aus rostigem Metall. take 16 (Rentner) ohne Übersezung 0.37 Dobre, witam, dobre , to interesuja, prosze barzo, toda export, extraklase.. Sprecher drüber: "Herzlichen Willkommen,! Bitte schön! Erstklassige Ware", preist der Alte und dirigiert Besucher sanft in Richtung der Netze und Säcke. Take 17 (Rentner) 1.05 Kartoffle, ... ohne Übersetzung Sprecher drüber: Kartoffeln, Äpfel, Zwiebeln, Hokaido-Kürbisse, Knoblauch... Zweieinhalb Kilo Äpfel kosten umgerechnet 1,50 Euro. Das Kilo Kartoffeln 50 Cent. Take 18 (Rentner) ohne Übersetzung 1.23 Die kommen aus meinem Garten, da hinten habe ich sie angebaut.. Sprecher: "Das ist alles aus meinem Garten. Habe ich selbst angebaut. Dort drüben", sagt der Alte. Dann deutet er über einen Teich hinweg auf ein zweigeschossiges Häuschen und ein paar Holzschuppen. In seinem Mund blinken zwei Goldzähne, dazwischen klafft eine Lücke. Genau wie Magda und Marzenka von der Raststätte Las Vegas ist auch er der Meinung, dass die Straße ihre besten Zeiten hinter sich hat. take 19 (Rentner) deutsche Übersetzung: Ich lebe hier seit 50 Jahren. Früher war das hier die Hauptstraße. Jetzt, wo es die neue Autobahn gibt, sind wir nur noch eine Landstraße zweiter Klasse. ... Sprecher: Seit seiner Pensionierung vor 18 Jahren steht der ehemalige Bergmann Tag für Tag an der Landstraße 92, wie die Dwojka hier heißt. Um ein paar Zloty dazu zu verdienen. Und um etwas Abwechslung zu haben. Wenn nichts zu tun ist, wartet er in seiner Hütte. Take 20 (Rentner) Bd. 6'11 Ich hab mir... Sprecher: "Die habe ich mir selbst gebaut", erzählt der Rentner. "Es ist der Aufsatz eines alten Transporters, mit dem man früher die Arbeiter gefahren hat". Der alte Mann bückt sich, öffnet die Tür. Auf einer durchgelegenen Matratze liegt ein altes Handy. Take 22 (Rentner) ohne Übersetzung 3.15 tak, tak das Geschäft lohnt immer noch... Sprecher: Doch, doch - das Geschäft lohnt sich immer noch, sagt der 69jährige zum Abschied. Ich muss nur länger stehen als früher ... Geräusch-take 18 LKW 2.11 Sprecher 2: Nach Poznan passieren Andrzej und Tomek mit ihren LKW Konin, Kolo, Kutno. Immer wieder müssen sie die Dwojka verlassen und auf die Autobahn ausweichen, weil die alte Route an einigen Stellen ganz einfach zu kaputt ist. Sobald sie können, kehren sie aber wieder zurück auf die Dwojka. Umfahren Warschau, schleichen über die Dörfer, immer weiter nach Osten. Dort gibt es nur noch die Dwojka. In einer Stunde sind sie zuhause... Geräusch-take 19: Büro / spedition 3.14 Sprecher 1: Unterdessen im ostpolnischen Siedlce: Spediteur Zbigniew Bolesta nimmt noch einen Schluck Bier aus der Dose, schiebt einige Unterlagen auf seinem Schreibtisch bei Seite. Wirft einen kurzen Blick auf den Laptop-Bildschirm: Alle LKW in Bewegung. Seine 42 Tonnen schweren Kühl-Lkw muss Bolesta neuerdings über die Autobahn schicken, ob er will oder nicht. Auf einigen Abschnitten der Dwojka herrscht Fahrverbot für sie. Take 23 Bolesta / Übersetzung 4.06 .... Unser Problem ist, dass die polnischen Autobahnen so teuer sind. Und das auf einigen Abschnitten auch noch bar bezahlt werden muss. Das kostet Zeit und es ist teuer. Und für uns gibt es einfach keine Alternativroute. Sprecher: Missmutig schüttelt der 60jährige den Kopf. Das Transport-Geschäft ist von Jahr zu Jahr härter geworden, erzählt er. Deshalb liegt griffbereit neben seinem Schreibtisch auch eine Baseballkeule. Und er trägt einen GPS-Sender am Handgelenk, der rund um die Uhr seinen Aufenthaltsort an ein Sicherheitsunternehmen funkt. 2002 haben sie hier seinen Safe aufgebrochen, 2003 standen Schutzgelderpresser vor der Tür. Bolesta nimmt noch einen Schluck Bier, wischt mit dem Handrücken über den Schnäuzer. Richtung Westen ist das Geschäft in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, sagt er. Richtung Osten aber läuft es. Denn dort geht es autobahnfrei bis zur weißrussischen Grenze. Und dann weiter. Dorthin, wo sich nur wenige Fahrer aus dem Westen hin trauen. Take 24 Bolesta / Übersetzung 22.00Die deutschen Fahrer wollen nicht in den Osten, nach Russland oder Kasachstan fahren. Da gibt es zum einen die Sprachbarriere. Und zum einen wissen sie nicht, wie man die Leute richtig besticht. Sie geben an der Grenze ihren Pass ab, der Beamte guckt und sucht. Der Deutsche fragt: "Wonach gucken sie denn? Es ist doch alles da!" Und der Beamte sucht nach seinen 200 Dollar... Geräusch-take 20 langsam fahrende LKW 1.49 Sprecher 2: Auf den letzten Kilometern der Dwòjka kommen die LKW kaum voran. Hunderte schieben sich im Schritttempo Richtung weißrussische Grenze. Take 25 LKW-Fahrer: 1.52 drei, vier Stunden wartet er schon, kommt aus Warschau, fährt nach Moskau... Sprecher drüber: Vier Stunden warte ich hier schon, erzählt ein russischer LKW-Fahrer. Er kommt aus Warschau, muss nach Moskau... Geräusch-take hochziehen Sprecher: Plötzlich tauchen in seinem großen Rückspiegel drei schwankende Gestalten auf. Alte Männer auf klapprigen Damenrädern. Geschickt manövrieren sie sich zwischen den LKW hindurch. Balancieren dabei prall-gefüllte Plastiktüten am Lenker und Jutetaschen auf dem Gepäckträger. Take 26 1.01 Disci..., Sprecher: Ein Fahrradfahrer stoppt. Fummelt eine Porno-DVD aus der Plastiktüte. Streckt sie dem russischen LKW-Fahrer entgegen. Der blickt prüfend, schüttelt dann den Kopf. Vor ihm setzt sich gerade die LKW Schlange in Bewegung. Geräusch-take 21 LKW anfahren 1.22 Sprecher: Der Alte verstaut schnell seine Porno DVD, schwingt sich auf sein Rad und schwankt zum nächsten LKW. Dabei fallen eine Handvoll Erdnüsse aus der Satteltasche, purzeln über die Straße. Geräusch-take 22 LKW stehen 0.33 Sprecher: Das Ende der Dwòjka. Wie ein blauschimmerndes Raumschiff wartet das Abfertigungsterminal an der polnisch-weißrussischen Grenze. In langen Schlangen stehen LKW vor den Zollkontrollen. Viele Fahrer vertreiben sich die Zeit in der großen Wartehalle. Geräusch-take 23 Wartehalle innen 1.26 Sprecher: Ein kleiner Supermarkt, ein Autoersatzteilladen, eine Parfümerie, ein Dönerstand. Drumherum einige Grünpflanzen auf Podesten, ein paar Spielautomaten, dazwischen neon-farbene Lounge-Sessel an niedrigen Tischen. Geräusch-Take 24 Begrüßung 0.13 Sprecher Freudig begrüßt eine Gruppe polnischer Trucker einen Kollegen. Man kennt sich. Die meisten tragen Muskelshirt und Shorts, viele Badeschlappen. Jeder hält seine dunkle Dokumentenmappe griffbereit. take 28 Fahrer / ohne Übersetzung 7.41 Dokumente, Carnette, Tir, Dokunetatji... Alle Papiere sind da drin.. Tir; alles was man braucht.... Sprecher: Hier haben wir alle Papiere drin, die wir an der Grenze brauchen, sagt einer. Und nimmt einen kräftigen Schluck aus der Tatra-Bierdose. Drei Viererpacks stehen noch vor ihm auf dem Tisch. Die anderen Fahrer greifen zu. Sie wissen, dass sie hier noch Stunden sitzen werden. Take 29 Fahrer ohne Übersetzung 5.28 ... ... Sprecher drüber: Sprecher: Alle müssen sie noch weit nach Osten, erzählen sie, nach Weißrussland und Russland. Nach Minsk, Moskau, Gomel und Krasnodar. "Wie lange hast Du von der deutschen Grenze bis hier gebraucht ?", fragt einer seinen Kollegen. "13 Stunden", antwortet der. "Ich musste die Landesstraße nehmen." Take 30 hochziehen Sprecher: Alle nicken. Kennen das. Die endlose Tour auf der Dwòjka. Gerne würden sie die Autobahn nehmen. Doch ihren Speditionen sind 55 Cent pro Kilometer einfach zu teuer. Das können sich nur die Großen leisten, sagen sie. Geräusch-take: wartehalle hochziehen Sprecher: Die Terminal-Uhr zeigt kurz nach sechs. Die Fahrer öffnen das nächste Bier. Draußen versinkt langsam die Sonne über der Dwojka. Geräusch-take 23: Büro / Bolesta 2.56 Sprecher 1: Spediteur Zbigniew Bolesta wirft noch einen letzten Blick auf seinen Computerbildschirm, seine Kühlflotte in ganz Europa. Sein Fahrer in Norwegen macht sich gerade auf den Rückweg. Mit einer Ladung Premium-Lachs-Filets für Moskau. Gräten, Köpfe und Schwänze lädt er in Kiew ab. Dort werden die Reste zu Fischstäbchen verarbeitet. Bolesta schwingt sich aus seinem Schreibtischstuhl. Geht zum Safe, öffnet die Tür. Zieht einen orangenen Papphefter hervor... Take 31 Lobesta / ohne ÜS 1.11.13 Safe öffnen Carnetti Tir To jest Carnett tir Jetzt zeige ich ihnen eine Kuriosität... Sprecher drüber: Sprecher: Ein sogenanntes TIR-Carnet, eine Lizenz zum grenzüberschreitenden Güter- Transport. 50.000 Dollar wert, sagt der alte Spediteur. In seinem Safe liegen mal 50, mal 100 Stück. So werde ich schon noch ein paar Jahre durchhalten, sagt Bolesta. Dann aber ist endgültig Feierabend. Seine beiden Töchter sollen mit dem harten Geschäft an der Dwòjka nichts mehr zu tun haben. Dazu, sagt er, sind sie viel zu gut erzogen. Geräusch-take Safe-Tür zu 0.06 ENDE 1