COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport vom 9.11.2011 Die wachsende Last der Beamten-Pensionen - ein Risiko für die Länderhaushalte? Autoren: Christian Erber, Christoph Rasch Länge: 18:30 Redaktion: Heidrun Wimmersberg ---------------------------------------------------------------------- ATMO 1 Hamburger Dom Sprecher: Ausgelassene Stimmung auf dem Hamburger Dom. Ein Jahrmarkts-Wochenende auf St. Pauli. Das bedeutet oft auch Alkohol, Anmache und Ärger, weiß Enrico Nimsch. Der 34jährige ist seit 14 Jahren Beamter bei der Hamburger Wasserschutzpolizei. Oft läuft er aber auch zu Fuß Streife. An einen Einsatz auf dem Hamburger Dom denkt er heute noch mit einem mulmigen Gefühl zurück: O-TON 1 Nimsch "Wir wurden dort gerufen zu einer etwas größeren Schlägerei, an der wir uns dann leider beteiligen mussten, um die Kontrahenten auseinander zu bekommen, als ein Kollege sah, wie ein Kontrahent mir von hinten einen Schlagring in den Kopf reinhauen wollte. Der Kollege hat das Gott sei Dank erkannt und konnte diesen Menschen sofort zu Boden reißen und vorläufig festnehmen. Sonst hätte ich heute bestimmt arge Probleme." Sprecher: Nach Einsätzen wie diesen, sagt Nimsch, werde er sich immer wieder bewusst, wie gefährlich sein Job bei der Polizei sein kann. Dennoch: Der Beruf "Polizist" ist nach wie vor beliebt. Allein in diesem Jahr haben sich schon mehr als 5.700 junge Menschen bei der Hamburger Polizei beworben, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Als Funktionär der Polizeigewerkschaft GdP kommt Enrico Nimsch oft mit Bewerbern ins Gespräch: O-TON 2 Nimsch "Ich glaube, junge Leute machen sich darüber gar keine Gedanken. Das Einzige, worüber die sich Gedanken machen, ist der finanzielle Anreiz..." Sprecher: Der Polizist Nimsch verdient rund 1.900 Euro netto im Monat. In der freien Wirtschaft - etwa bei einer Reederei - könnte er wesentlich mehr bekommen. Sprecherin: Allerdings: Später, im Alter, dürfte Enrico Nimsch vergleichsweise komfortabel dastehen. Denn wer als Beamter die vorgeschriebene Zahl an Dienstjahren schafft, kann als Pensionär mit üppigen Altersbezügen rechnen. Winfried Fuest, Finanzexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln: O-TON 3 Fuest "Es werden nach wie vor nach 40 Dienstjahren 71,75 Prozent des Endgehalts bezahlt. Das führt dazu: Die Durchschnittspension beläuft sich 2010 - und das sind amtlichen Zahlen - auf 2.710 Euro im Monat, während ein Durchschnittsrentner - das ist jemand, der immerhin 45 Jahre im Durchschnitt verdient hat und eingezahlt hat - der kommt als Standard-Rentner auf eine monatliche Rente von 1.224 Euro." Sprecherin: Eine Diskrepanz, die vor allem darin begründet liegt, dass sich die Höhe einer Beamtenpension aus dem Verdienst der letzten Berufsjahre errechnet - und nicht, wie bei Rentnern, das gesamte Arbeitsleben mit seinen geringeren Einstiegsgehältern herangezogen wird. In Internetforen machen Rentner ihrem Unmut darüber Luft: O-TON 4 Betroffene "Mein Vater hat 45 Jahre als Maurer gearbeitet und bekommt 1.050 Euro. Für was wollt ihr überhaupt Geld, was habt ihr geleistet in eurem Leben? Die größte Ungerechtigkeit sind die Pensionen, die in keinem Verhältnis zur Leistung im Arbeitsleben stehen. Sprecherin: Und ein anderer Betroffener schreibt: O-TON 5 Betroffene "Wo kommt das Wort "Rentner" her? Von Rennen. Wo kommt das Wort "Pensionär" her? Von Pennen. Der eine zahlt in die Rentenkasse, und der andere kassiert - so gerecht ist die Welt!" Sprecherin: Auch der Bund der Steuerzahler beurteilt die Pensions-Regelung äußerst kritisch. Denn die aufgeblähte Beamtenversorgung drohe immer mehr zum Risiko für die Staatskasse zu werden, sagt Karl Heinz Däke, Präsident des Steuerzahlerbundes. O-TON 6 Däke "Man muss sich mal vorstellen: In den nächsten 40 Jahren wird die Zahl der Pensionsempfänger von aktuell 1 Million auf 1,6 Mio. steigen - und das bedeutet, das knapp 800 Milliarden Euro die Pensionsverpflichtungen für ausscheidende Beamte kosten werden. Das sind Sprengsätze für die öffentlichen Haushalte." Sprecherin: Zum Beispiel in Niedersachsen: Schon 2020 werde das Land mehr als drei Milliarden Euro jährlich für seine Beamten-Pensionen aufbringen müssen - ein Drittel mehr als heute, warnt der Steuerzahlerbund. Zusatzleistungen wie die Beihilfe oder die Hinterbliebenen-Versorgung sind dabei noch nicht mal eingerechnet. Und weil Deutschland insgesamt altert, müssen immer weniger Steuerzahler immer mehr Pensionäre finanzieren. Wirklich entkommen kann der Staat der daraus resultierenden "Versorgungs-Schere" wohl nicht mehr, glaubt Bernd Raffelhüschen, Rentenexperte am "Forschungszentrum Generationenverträge" an der Universität Freiburg. In einer Studie zeigt er, dass die Demografie nicht das einzige Problem ist: O-TON 7 Raffelhüschen "Wir haben bei der Beamtenversorgung eigentlich genau denselben Sprengsatz, wie wir ihn bei der gesetzlichen Rentenversicherung hatten und behoben haben. Und bei der Beamtenversorgung ist es in der Hydraulik noch mal schwieriger, weil wir eben die Einstellungswelle hatten." Sprecherin: Dabei war diese "Einstellungswelle" politisch gewollt: Dass sich zwischen 1972 und 1982 die Zahl der deutschen Staatsdiener verdoppelte, war Teil der Arbeitsmarktpolitik der damals regierenden sozial-liberalen Koalition. Deren Kalkül: In aktiven Zeiten sind Beamte für die öffentlichen Haushalte günstiger, weil nur geringe Sozialabgaben fällig werden. Die Langzeit-Folgen aber, so Experte Raffelhüschen, habe die Politik nicht bedacht: Nämlich, dass Beamte später - wenn sie in Pension gehen - die Haushalte umso mehr Geld kosten, eben wegen des noch immer hohen Versorgungsniveaus. Nun also holt diese Entwicklung die Politik ein: Aus der Einstellungswelle von damals wird die "Flut der Pensionäre". ATMO 2 Pausenklingel / Schüler stürmen auf Pausenhof Sprecher: Einer von denen, die in den 70er Jahren verbeamtet wurden, ist Peter Teckentrupp. Der 60jährige unterrichtet heute Mathematik, Biologie und Politik an einer Schule im niedersächsischen Berne. Im Schuldienst ist er seit 1974. Der Lehrer weiß die Privilegien des Berufsstandes zu schätzen. Zu Opfern wäre er aber durchaus bereit: O-TON 8 Teckentrupp " Der Beamtenjob bietet auch so viele Vorteile, dass ich dann auch bereit sein muss, wenn andere in irgendeiner Form sich einschränken müssen, dass ich dann auch bereit sein muss. Vielleicht sogar noch mehr als andere, auch Angestellten gegenüber." Sprecher: Bisherige Gehaltskürzungen seien für ihn zu verkraften gewesen, sagt er. Und mit einer zu erwartenden Pension, die brutto noch immer mehr als 70 Prozent des letzten Gehalts entspricht, sei seine Schmerzgrenze noch nicht erreicht, meint der Lehrer. Sprecherin: Wie Peter Teckentrupp gibt es 125.000 aktive Beamte in Niedersachsen, die bereits Abstriche bei ihrem Verdienst haben machen müssen. Für den Haushalt seien diese Einschnitte eine deutliche Entlastung gewesen, sagt Hartmut Möllring, CDU, der Finanzminister des Landes: O-TON 9 Möllring "Wir haben in Niedersachsen im Jahre 2005 den Beamten das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld gestrichen. Das hat uns eine Minderzahlung von 600 Millionen Euro jedes Jahr erbracht - und den Beamten natürlich diese 600 Millionen vorenthalten. Und das ist ein großes Opfer, das die Beamten haben bringen müssen." Sprecherin: Aber Möllring weiß, dass solche Abstriche nicht ausreichen, um das Pensions5 Problem der kommenden Jahre zu lösen. Auch die Einführung einer so genannten "Versorgungsrücklage", die seit 1998 in den Bundesländern aufgebaut wird, sieht er skeptisch. Sprecher: Dieses Rücklage-System sieht vor, einen kleinen Teil - 0,2 Prozent - der jeweils anstehenden Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst abzuzweigen und für spätere Pensionsverpflichtungen zurückzulegen. Während andere Bundesländer so weiterhin finanzielle Rücklagen für ihre künftigen Ruheständler bilden, ist Niedersachsen vor zwei Jahren aus diesem Modell ausgestiegen. Finanzminister Hartmut Möllring: O-TON 10 Möllring "Wir haben in Niedersachsen gesagt: Das können wir erst einrichten, wenn wir keine neuen Schulden mehr machen. Denn einige Länder haben das ja gemacht, das ist dann sehr populistisch, da macht man eine Rücklage für spätere Versorgungsleistungen. Nur: Wenn ich den Haushalt nur ausgleichen kann, indem ich Kredite aufnehme, dann ist das meines Erachtens widersinnig - auf der einen Seite einen Kredit aufzunehmen, es in eine Rücklage zu packen und es dort wieder kostengünstig anzulegen." Sprecher: Stattdessen löste die Landesregierung in Hannover die Rücklagen auf und stellte sie in den aktuellen Haushalt ein. Eine Entscheidung, die beim Deutschen Beamtenbund, dem führenden Lobbyverband, noch immer auf Unverständnis trifft. Der dbb-Vorsitzende Peter Heesen: O-TON 11 Heesen "Sie haben sich im Grunde an fremden Geld vergangen. Denn diese 0,2 %, das war ja eigentlich etwas, was den Versorgungs-Empfängern zustand und von deren Einkommenszuwachs weggenommen ist. Das halte ich nicht nur für nicht akzeptabel, sondern das ist ein Vertrauensbruch." Sprecher: Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring verweist auf einen weiteren Hebel zur Begrenzung der Beamten-Pensionen: nämlich die moderaten Tarifabschlüsse für die Angestellten im öffentlichen Dienst, die in der Regel auf die Beamten übertragen werden. Als Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der Länder habe er in den vergangenen Tarifrunden hart verhandelt und somit auch einen übermäßigen Anstieg der Beamten-Bezüge verhindert. Moderate Steigerungen der Beamtenbezüge gelten auch unter Experten als ein Weg, der drohenden Pensionslawine die Spitze zu nehmen. O-TON 12 Däke "Außerdem meinen wir, dass es sinnvoll wäre, die Berechnung der Pensionen nach der durchschnittlichen Besoldung während des gesamten Arbeitslebens auszuzahlen - und nicht an den letzten Bezügen eines Beamten zu berechnen..." Sprecher: ...ergänzt Karlheinz Däke vom Bund der Steuerzahler. Und der Finanzexperte des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Winfried Fuest, schlägt vor, die staatliche Beihilfe für privat versicherte Pensionäre zu kürzen. Sie erhalten im Alter 70 Prozent ihrer Arztrechnungen vom Staat ersetzt, müssen also selbst nur für 30 Prozent aufkommen. Damit seien Beamte gegenüber Rentnern klar im Vorteil, kritisiert Fuest. O-TON 13 Fuest "Ein normal sterblicher Rentner in der gesetzlichen Rentenversicherung zahlt 50 Prozent. Ist er sogar freiwillig versichert, zahlt er auch noch den Arbeitgeberbeitrag für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Also: Da wäre durchaus noch Manövriermasse." Sprecher: Solche Sparvorschläge stoßen nicht nur bei der Beamten-Lobby, sondern auch bei aufgeschlossenen Staatsdienern wie Peter Teckentrupp auf Ablehnung. Der Lehrer muss - auch bedingt durch die jahrzehntelange Lärmbelastung in der Schule - ein Hörgerät tragen, das mehrere tausend Euro kostet und das von der Beihilfe mitfinanziert wird. Sprecherin: Hier, sagt Teckentrupp, ende seine Opfer-Bereitschaft. Mit wachsendem Unmut verfolgt er zudem die Debatten um eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit auch für Beamte: Mit 67, gar 68 Jahren noch vor den Schülern zu stehen, sei für ihn schwer vorstellbar. O-TON 14 Teckentrupp "Nee! Da könnte ich ja auch sagen, wenn ich körperlich weiter gut drauf bin, dann könnte ich ja noch weiter machen. Dann habe ich wirklich 40 Jahre gearbeitet - in der Schule. Was ich wichtig finde, dass in so einer Klasse eine Mischung ist, also wenn da nur Leute in meinem Alter sind, deren Großelterngeneration, das wäre fatal." Sprecherin: Mit durchschnittlich 56 Jahren sind die Lehrerkollegien schon jetzt deutlich älter als der Durchschnitt der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Sollen also Lehrer, Feuerwehrleute oder Polizisten künftig noch mit 67 Jahren ihren Dienst tun? Selbst Verfechter einer Pensions-Reform wie der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen sind da skeptisch: O-TON 15 Raffelhüschen "Die Rente mit 67 ist nicht das eigentliche Instrument! Das eigentliche Instrument zur Herstellung von Generationen-Gerechtigkeit ist der Nachhaltigkeitsfaktor, den wir 2003 in die Rentenversicherung eingezogen haben. Und das ist das, was zu tun ist." Sprecherin: Der "Nachhaltigkeits-Faktor" wird unter vielen Experten inzwischen als ein Königsweg aus der Pensions-Misere diskutiert. Mit ihm würde -- ähnlich wie bei der Angestellten-Rente -- die Zahl der Pensions-Empfänger an die der Steuerzahler gekoppelt, die mit ihrem Geld die Pensionen finanzieren. Für die Beamten allerdings hieße das: bis zu zehn Prozent weniger Geld im Alter. Sprecher: Allerdings: Für den Bund und vor allem für die Länder - die 80 Prozent aller Pensionskosten stemmen müssen - brächte dieser "Demografie-Hebel" erhebliche Einsparungen. Das weiß auch der Sozialpolitiker Jens Spahn, der für die CDU im Deutschen Bundestag sitzt. Die Übertragung des Nachhaltigkeitsfaktors auf die Pensionen hält er deshalb für eine gute Idee: O-TON 16 Spahn "Das Spannende ist, es stand schon mal in einem Gesetzentwurf, 2005, dann hat Schröder Neuwahlen veranlasst, da ist dieser Gesetzentwurf dann untergegangen. Und seitdem traut sich da irgendwie niemand so richtig mehr ran." Sprecher: Mag es daran liegen, dass rund ein Drittel der Bundestagsabgeordneten die beruflichen Wurzeln im öffentlichen Dienst hat? Jens Spahn will die Privilegien der Beamten abschaffen und die Staatsdiener den gesetzlich Versicherten, den Rentnern, gleichstellen, die immer wieder kräftige Einschnitte hinnehmen mussten. O-TON 17 Spahn " Da geht es um die Frage: Wie ist es mit der Anrechnung auf Ausbildungs- und Studienzeiten? In der Rente wird für die heute Jüngeren gar nichts mehr angerechnet, in der Pension sehr wohl. Und so gibt es verschiedene Dinge, die ich mit den Kollegen im Deutschen Bundestag einfach noch mal aufgreifen und diskutieren möchte." Sprecher: Allerdings, schränkt Spahn ein, gebe es dafür noch keinen konkreten Zeitplan. Eine Aussage, die Peter Heesen zumindest vorerst ruhig schlafen lassen dürfte. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes verfolgt die Debatte um Einschnitte bei den Pensionen schon seit Jahrzehnten. Und immer wieder kritisiert er: Wer die Altersbezüge von Rentnern und Beamten direkt gegenüberstelle, der vergleiche Äpfel mit Birnen. O-TON 18 Heesen "Die Rente ist ein Versicherungssystem, das ergänzt wird durch andere Möglichkeiten einer zusätzlichen Altersversorgung, insbesondere durch die betriebliche Altersvorsorge, die wir ja auch im öffentlichen Dienst haben - als Zusatzvorsorge für die, die nicht Beamte sind. Diese Möglichkeiten einer Zusatzversorgung sind dem Beamten rechtlich verwehrt. Das heißt, der Beamte kriegt nix sonst, außer dieser Versorgung. Und deshalb halte ich den Vergleich von Rentenversicherung und Beamtenversorgung und die Vorstellungen, die da geäußert werden, das müsste dieselbe Höhe sein, für absolut schwachsinnig." Sprecher: Hier allerdings widersprechen Ökonomen wie Winfried Fuest vom IW Köln vehement: Die Versorgungs-Schere zwischen Rentnern und Pensionären werde auch durch Betriebsrenten nicht ausgeglichen, sagt er. Sprecherin: Und sein Freiburger Kollege Bernd Raffelhüschen fragt, ob nicht auch den aktiven Beamten weitere Opfer zuzumuten sind: durch moderate Erhöhungen der Bezüge oder Null-Runden. Gegen ein solches Sonderopfer aber dürften die Beamten Sturm laufen. Und selbst Reformbefürworter wie der CDU-Politiker Jens Spahn warnen davor, in der Beamten-Spar-Debatte nach der Rasenmäher-Methode vorzugehen. Er schlägt vor, die Einschnitte nach der Höhe der Besoldung vorzunehmen: O-TON 19 Spahn "Es gibt Ministerialdirigenten mit Zulagen, die halten im Zweifel auch eine oder zwei Kürzungen aus. Und dann gibt es auch viele Beamte, Polizisten im Streifendienst und andere, die haben auch nicht wirklich viel an Pension - da kann man auch Dinge spreizen." Sprecherin: Nach Ansicht von Bernd Raffelhüschen sollten auch Beamte bereit sein, künftig länger zu arbeiten - im Regelfall bis 68 und im Alter auf Geld zu verzichten. Eine Absenkung des Pensionsniveaus von derzeit mehr als 70 auf dann 60 Prozent hält er zudem für vertretbar. Ansonsten aber solle man an den Pensions-Privilegien nicht rütteln, sagt er. Schließlich haben Beamte gegenüber Arbeitern und Angestellten auch Nachteile: O-TON 20 Raffelhüschen "Ein Beamter kann nicht streiken. Ein Beamter kann also nicht seine Löhne durch Streiks oder Verhandlungslösungen beeinflussen. Ein Beamter ist versetzbar. Das heißt, er ist anders als andere Menschen, deswegen muss das Alimentationsprinzip auch so bestehen bleiben. Ob man dann verbeamten muss oder nicht, das ist eine ganz andere Frage." Sprecherin: Die Schweiz hat diese Frage im Jahr 2000 beantwortet. Damals entschlossen sich die Eidgenossen zu einem radikalen Schnitt. Bis auf wenige Ausnahmen arbeiten nahezu alle der ursprünglich rund 120.000 Schweizer Beamten seitdem als öffentliche Angestellte, selbst bei Polizei und Finanzbehörden. Geschadet hat diese Reform dem Land nicht - die Verwaltung funktioniert nach wie vor. Sprecher: Ein solches Modell aber erscheint für Deutschland nahezu unmöglich. An die Privilegien der Beamten und Pensionäre dürfte sich die Politik auch in den kommenden Jahren kaum herantrauen -- allein schon deshalb, um weiterhin Personal für die Verwaltungsapparate von Bund und Ländern gewinnen zu können, sagt Peter Heesen, der Chef des Deutschen Beamtenbundes. Denn angesichts besserer Verdienstmöglichkeiten in der freien Wirtschaft werde es schon jetzt immer schwieriger, junge Akademiker für eine Beamten-Laufbahn zu begeistern. O-TON 21 Heesen Ich rechne damit, dass wir in den Einkommen eine deutliche Verbesserung erzielen werden - und dass die Einsparungen durch die Grundsatzentscheidung der Politik noch weiter Personal abzubauen, refinanziert werden. Das, glaube ich, wird die Entwicklung der Zukunft sein." ATMO 3 Hafen Hamburg Sprecherin: Der Wettbewerb um kompetente Beamte dürfte also weiter mit guten Gehältern und hohen Pensionen ausgetragen werden. Schon jetzt werben sich die Bundesländer Staatsdiener gegenseitig ab. Das hat auch der Hamburger Wasserschutzpolizist Enrico Nimsch erlebt. O-TON 22 Nimsch "Es gibt Bundesländer, die zahlen besser als Hamburg. Hamburg ist im Moment mit auf den letzten Rängen. Als ich vor 14 Jahren angefangen habe, war Hamburg auf den vorderen Rängen. Da wollte jeder nach Hamburg wechseln. Mittlerweile wollen doch viele aus Hamburg weg - und da fragt man sich warum." Sprecher: Die Diskussionen um Einschnitte bei den Beamtenpensionen verfolgt auch Polizist Nimsch mit wachsendem Unmut. O-TON 23 Nimsch "Wo mein Verständnis aufhört, wenn es immer wieder heißt, ihr müsst sparen, IHR müsst sparen jetzt müssen wir da wieder sparen, so und jetzt: sparen! Das höre ich seit mittlerweile 14 Jahren - seitdem ich Polizeibeamter bin, höre ich eigentlich nur dieses Wort: sparen. Aber das mal ein wenig zurück kommt, zurück läuft, von dem, was ich bislang abgegeben habe - tut mir leid: das habe ich bis jetzt nicht erkannt." Sprecher: Die Anpassung der noch immer privilegierten Alters-Versorgung von Beamten an die demografische Realität in Deutschland bleibt wahrscheinlich Stückwerk. Der große Wurf jedenfalls ist nicht in Sicht. Nach Ansicht von Experten gibt es wohl nur ein Mittel, um die rasant wachsende Zahl der Pensionäre finanzieren zu können. Und das sind Steuererhöhungen.