DeutschlandRadio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Geschlossen - Die Geschichte der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn - Autor Volker Wagener Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 05.10.2010 - 13.07 Uhr Länge 19.01 Minuten Wortende: 18.55 Minuten Regie Clarisse Cossais Spr. Eva Kryll Zitator Ulrich Lipka Moderation -folgt Script Sendung- Script Sendung G 01 Tickergeräusche REGIE kurz frei, dann unter Sprecher ZIT Kapitel 1. Der Anfang vom Ende REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher weg SPR 7. November 1989. Ostberlin. DDR-Außenminister Oskar Fischer schlägt Egon Krenz eine "zeitweilige Übergangsregelung für ständige Ausreisen" vor. Krenz vermerkt "einverstanden", streicht den Vermerk durch und schreibt "bitte wie im Politbüro beschlossen, verfahren". Am 08. November 1989 teilt Fischer Krenz mit, dass die Ständige Vertretung in Bonn ZIT "beauftragt (wurde), die Bundesregierung über die Absicht der DDR zu informieren, den Teil des Reisegesetzes, der die ständigen Ausreisen betrifft, vorzuziehen, und in diesem Zusammenhang der Erwartung Ausdruck zu geben, dass die Regierung der BRD der Ausreisewelle aus der DDR entgegenwirkt." SPR 9. November 1989. Ost-Berlin - Bonn. Kurt Nier, stellvertretender DDR-Außenminister, schickt ein Blitz-Telegramm (ct 102/89) nach Bonn. Vermutlich an die Ständige Vertretung. Darin heißt es: ZIT "... vorab folgende Information, die laut Beschluss am 10.11.89 veröffentlicht wird." SPR Es ist genau die Regelung, die Günther Schabowski am gleichen Tag falsch interpretieren wird. Von Anfang an geht es zwischen Ost-Berlin und Bonn nicht zuletzt um das Reisen. Schon zwei Jahre vor der Errichtung der beiden Ständigen Vertretungen kann Egon Bahr seinem DDR- Verhandlungspartner Kohl ein entscheidendes Zugeständnis abringen. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wird ... ZIT "... in dringenden Familienangelegenheiten Bürgern der DDR der Deutschen Demokratischen Republik die Reise nach der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen." SPR Das sichert Kohl schriftlich am 26. Mai 1972 Bahr zu. Es ist der Tag der Unterzeichnung des Verkehrsvertrages zwischen beiden deutschen Staaten. G 01 Tickergeräusche REGIE kurz frei, dann unter Sprecher ZIT Kapitel 2. Politische Schatten und protokollarische Verrenkungen REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher weg E 01 (Schindler) "Der politische Auftrag lautete: mitzuwirken bei der Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen....." SPR Was für ein Anfang! Am 24. April 1974 wird Günther Guillaume, Vertrauter Brandts, wegen Spionageverdacht verhaftet. Und dennoch: Nur eine Woche später, am 2. Mai, nimmt die ständige Vertretung Ost-Berlins in Bonn die Arbeit auf. Vier Tage darauf, am 6. Mai, tritt Willy Brandt als Bundeskanzler zurück. G 01 Ticker REGIE kurz hoch und unter Sprecher weg SPR Es hatte lange genug gedauert, bis Michael Kohl seinen Amtssitz in der Hauptstadt der BRD beziehen konnte. Die Einrichtung gegenseitiger Ständiger Vertretungen war bereits zwei Jahre zuvor im "Grundlagenvertrag" von 1972 vorgesehen. Doch die Bayerische Staatsregierung klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Abkommen. Sie sieht darin die offizielle Anerkennung der DDR und die Aufgabe des Wiedervereinigungsgebotes durch das Grundgesetz. Die Karlsruher Richter weisen die Klage ab. E 02 (Korrespondent) "Ich spreche zu Ihnen aus dem Bonner Bundeskanzleramt. Hier wartet eine Schar von Journalisten und Fotografen auf das Erscheinen des DDR-Außenministers Kurt Nier und des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt Günter Gaus. Gestützt auf den Grundlagenvertrag...... REGIE ab hier unter Sprecher legen SPR Gegen ein besonderes Amt in einem besonderen Haus hat im politischen Bonn niemand etwas. Nur eine richtige Botschaft soll es eben nicht sein. Das, was dann 16 Jahre lang andauerte, das gab es in Bonn nur einmal. E 03 (Korrespondent) "... und sind von ihren Regierungen ermächtigt worden, ein Protokoll über die Einrichtung von Ständigen Vertretungen beim jeweiligen Sitz der Regierungen zu unterzeichnen." G 01 Ticker REGIE Geräusch kurz frei & hart weg E 04 (M.Kohl) "Ich freue mich über diesen Auftrag. Das ist vielleicht auch persönlich verständlich, wenn man viele Jahre auf diesem Gebiet tätig war, möchte man auch gern das Begonnene fortsetzen." SPR Michael Kohl macht gute Miene, als er im Frühjahr 74 endlich auf dem Flughafen Köln-Bonn landet. Das komplizierte deutsch- deutsche Geschäft kann beginnen. Als Ständiger Vertreter, nicht als Botschafter. E 05 (M.Kohl) "Nun, wir arbeiten wie eine Botschaft und an dem Namen stoßen wir uns nicht." SPR Mit "Exzellenz" wurden Michael Kohl, Ewald Moldt und Horst Neubauer von Bonner Politikern nie angesprochen. G 01 Atmo Ticker REGIE kurz freistehen lassen, dann mit G 02 mischen REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher weg SPR Um den Status der ostdeutschen Diplomaten am Rhein wird im täglichen Kleinklein mit Haken und Ösen gerungen. Hans Schindler, DDR-Gesandter und die Nummer 2 der Ständigen Vertretung in Bonn zwischen 1979 und 85, erinnert sich Mitte der neunziger Jahre in einem Aufsatz unter dem Titel "Deutsche Diplomaten in Deutschland" an die Vorstellung des diplomatischen Korps in der Godesberger Redoute anlässlich des Besuchs des schwedischen Königspaars 1979. Da Ewald Moldt, der damalige Ständige Vertreter, gerade im Ausland weilte, vertrat ihn sein Gesandter Schindler. ZIT "Ein hoher Protokollbeamter verkündete lautstark bei der jeweiligen Begrüßung die Titel der vorgetretenen Diplomaten. Als der DDR- Diplomat an der Reihe war, hätte der Beamte - wie bei den Vertretern anderer Staaten - verkünden müssen: Der Geschäftsträger der Deutschen Demokratischen Republik, Herr ... 'Sowieso'. Aber er verkündete entgegen den diplomatischen Regeln: 'Der Vertreter des Leiters der Ständigen Vertretung der DDR'. Das war gegenüber dem hohen schwedischen Gast ein Affront, den Bonn begangen hatte, nur um im Falle der DDR keine diplomatischen Regeln zu praktizieren." SPR Noch kurioser geht es wenig später beim Deutschland-Besuch des Papstes auf dem Köln-Bonner Flughafen zu. Bei der Begrüßung der Diplomaten nimmt der Protokollbeamte des Auswärtigen Amtes drei vergebliche Anläufe, dem Heiligen Vater die korrekte Amtsbezeichnung des Vertreters der DDR zu nennen. Der Effekt: Dem Ständigen Vertreter der DDR, damals Ewald Moldt, wird dadurch vom Papst deutlich länger die Hand gedrückt als anderen Diplomaten. Live vor laufenden Kameras! Die Journalisten rätseln. G 01 Atmo Ticker REGIE Geräusch kurz frei & unter ZIT legen ZIT Kapitel 3. Das Haus in der Godesberger Allee REGIE Atmo Straßenverkehr (Geräusch kurz frei & weg) SPR Mit mittlerer Geschwindigkeit rauschen die Autos vorbei. Der Geräuschepegel ist konstant hoch. Die ICE-Trasse verstärkt die Dauer-Akustik. Das ist das Umfeld von Haus Nummer 18. Godesberger Allee Nr. 18. Ein schmuckloser, viergeschossiger Kasten. Hellgelbe Tünche haftet heute an der Fassade. Von Beschaulichkeit keine Spur. Immer noch stehen die Fahnenmasten. Symbole von Größe, Macht und Repräsentanz. Eine Metallplakette erinnert an den einstigen Mieter: Ständige Vertretung der DDR. Ein weiteres Schild zeigt das Logo der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Seit neun Jahren nennt sie dieses Domizil ihre Zentrale. Wie jeden Morgen um kurz vor 9 Uhr betritt Antje Gahl den Eingangsbereich, nickt der Telefonistin zu, die in einem Glaskasten hinter der Doppeltür Dienst tut - hier war die Pförtnerloge der Ständigen Vertretung der DDR. Jedes Mal, wenn sie die Eingangstür öffnet, fühlt sie sich in die 70er Jahre zurückversetzt. E 06 (Gahl) "Wenn man das bedenkt, denkt man erstmal so: Man ist verkabelt, es sind Kameras, die einen beobachten, und es steht da ein Pförtner, der einen erstmal nicht rein lässt. Die Vorstellung hat man schon, und es ist alles so ein bisschen verbarrikadiert." SPR Peter Quay, 30 Jahre lang hat der heute 70-jährige als Korrespondent aus Bonn berichtet, zuletzt für das Deutschlandradio, erinnert sich: E 07 (Quay) "Das sah etwas abgeschotteter aus, so dass man da nicht hätte eindringen können. Das wurde beobachtet von dem Hausmeister, und man konnte sich nicht nähern, ohne dass man besonders wahrgenommen wurde." SPR "Ausländer im eigenen Land" bemerkt dazu der Journalist Jürgen Engert. E 08 (Knabe) "In der Bonner Vertretung der DDR gab es einen 30 qm großen Raum, wo diese Anlagen standen - 35 Tonbandgeräte, 32 Empfänger, und zusätzlich hatte die HVA einen Platz von vier Quadratmetern mit eigener operativer Technik." SPR Das Gerücht hält sich hartnäckig: Alle Räume seien hier verwanzt. Westdeutsche Besucher betreten die StäV meist mit einem mulmigen Gefühl. Selbst die Nachmieter hegen lange einen Verdacht. E 09 (Gahl) "Daran hat man eigentlich auch gedacht, als wir hier einzogen sind: Oh Gott, sind wir hier jetzt alle mit Wanzen bestückt? Wir haben nie aktiv irgendeine Wanze gesehen. Natürlich waren hier eine Menge an Elektrokabeln verlegt, Ich weiß es nicht, ob es nur Gerüchte sind." SPR Natürlich seien alle Gespräche, die mit Abgeordneten, Ministern oder Konzernchefs geführt worden waren, aufgezeichnet und nach Ost- Berlin gemeldet worden, berichtet später Hans Schindler. Und zwar verschlüsselt über die hauseigene Technik. Das sei eben Diplomatie. Aber Böses habe die DDR nie im Sinn gehabt. E 10 (Schindler) "Einen solchen politischen Auftrag, vielleicht nun hier einen Umsturz in der Bundesrepublik herbeizuführen, den hat's nie gegeben." G 01 Tickergeräusche REGIE kurz frei, dann unter Sprecher SPR Kapitel 4. Der politische Alltag REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher weg SPR Karl-Wilhelm Fricke hatte ein besonderes Verhältnis zum Arbeiter- und Bauernstaat. Als junger Journalist in Berlin war er ein intimer Kenner der DDR, was ihm zum Verhängnis wurde. Die Stasi hielt ihn für einen Agenten und entführte ihn aus West-Berlin. Er wurde zu vier Jahren Einzelhaft verurteilt. Das war 1955. Dreißig Jahre später ist Fricke für den journalistischen Begleittross Willy Brandts vorgesehen, der die DDR besuchen will. Der Kölner Journalist hat kurz vor Abfahrt noch kein Visum. In einer Vorbesprechung in der SPD-Baracke im Ollenhauerhaus bringt Fricke in Gegenwart von Egon Bahr die Sache zur Sprache. Der reagiert deutlich. E 11 (Fricke) "Egon Bahr, der dieses Gespräch leitete, war empört. 'Das kann's nicht geben,' sagte er wörtlich - das werde ich nie vergessen - 'Die Scheiße muss vom Tisch, sonst fährt Willy nicht.'" SPR Am Vorabend der Abreise meldet sich dann die Ständige Vertretung in Bonn bei Fricke. Sein Visum liege bereit, wird ihm telefonisch um 22 Uhr mitgeteilt. Manchmal wurden Einzelfall-Entscheidungen im Direktkontakt zwischen den politischen Zentralen getroffen: über den Kopf des Ständigen Vertreters in Bonn hinweg. G 01 Ticker REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher weg SPR Dennoch sind die Statthalter Honeckers am Rhein durchaus hofierte Gesprächspartner. Reisen der drei Ständigen Vertreter in die Bundesländer hatten, so Hans Schindler in der Rückschau, "fast den Charakter von Staatsbesuchen". Schon an den Landesgrenzen werden sie in Empfang genommen und mit Eskorte in die Landeshauptstadt geschleust. Alle Ständigen Vertreter der DDR in Bonn - Kohl, Moldt und Neubauer - nutzen regelmäßig solche Visiten, um ihren Status aufzupolieren, der ihnen am Rhein, wo und wann immer es ging, klein gemacht wird. SPR Bei deutsch-deutschen Fragen war das Bundeskanzleramt die offizielle Anlaufstelle für die Ständigen Vertreter. Nie hat ein DDR- Diplomat das Ministerium für Innerdeutsche Beziehungen betreten. 1978. Nach vier Jahren als Ständiger Vertretung der DDR verlässt Michael Kohl Bonn. Seine Bilanz ist vorsichtig und etwas schwerfällig. E 12 (M.Kohl) "Ich würde sagen, es war nicht immer einfach. (...) Es ist für jemanden, der die Verträge ausgehandelt hat doch sehr hilfreich und natürlich zu sehen, wie sie sich in der Praxis bewähren....." SPR Im politischen Alltag wird die Ständige Vertretung immer dann, wenn es um heiße Eisen geht, an den Rand gedrängt. Sonderbeauftragte Ost-Berlins verhandeln an Kohl, Moldt und Neubauer vorbei direkt mit den Westdeutschen. In der Erinnerung schreibt Hans Schindler: Zitat "Die Vertretung war über solche Schritte nicht informiert und man musste dann bei den Beamten im Bundeskanzleramt ,auf den Zahn fühlen', um zu erfahren, ob z.B. DDR-Staatssekretär Schalck- Golodkowski da war und um was es dabei gegangen ist." SPR Selbst Protestnoten, die die drei Ständigen Vertreter am Rhein im Bundeskanzleramt regelmäßig überbringen, laufen häufig ins Leere. Schon vor der Überreichung der Note sind die Beamten im Kanzleramt im Bilde. ADN macht's möglich! Vorformuliert in der Ständigen Vertretung in Bonn geht das Schreiben an Honecker, der bestätigt mit "Einverstanden" und leitet weiter an Joachim Herrmann zur Veröffentlichung. Erst eine Intervention bei Oskar Fischer beendet den "Unfug", wie Hans Schindler schreibt. G 01 Ticker SPR Von besonderer Bedeutung für die DDR-Vertreter sind Direktkontakte zu den Parteien, Abgeordneten und Journalisten. In den ersten Jahren liegt ein Hauch von Konspiration in der Luft, wenn sich der Leiter des Referats 210 des Auswärtigen Amtes und andere Beamte des Auswärtigen Amtes mit dem Ständigen Vertreter im Lokal "Lochmühle", an der Ahr treffen. Der sogenannte "Lochmühlenkreis" löst sich erst in den achtziger Jahren langsam auf, als die Kontakte zwischen den Außenministerien offizieller werden. E 13 (Schindler) "Die CDU hatte sich immer etwas schwer getan mit Kontakten zur DDR, und es war hochinteressant zu sehen, wie innerhalb ganz kurzer Zeit sich CDU-Politiker um Kontakte zur DDR bemühten." SPR Der Wechsel von den Oppositionsbänken auf die Regierungssessel macht es möglich. Feste Gesprächskreise, so Hans Schindler, unterhielten die Sozialdemokraten und die FDP schon länger. Aber es gibt auch geradezu kuriose Kontaktversuche. Als die DDR- Vertretung einmal die Hallesche Philharmonie in der Godesberger Stadthalle zu Gast hat, läßt auch Hans Dietrich Genscher fünfe gerade sein. Ohne Fahrer und Bodyguard taucht der Außenminister plötzlich auf, um das Orchester seiner Heimatstadt zu sehen. Nach dem Konzert fährt Genscher bei strömenden Regen auf den Ikarus- Bus der Musiker aus Halle auf. Das politische Bonn ist um Diskretion bemüht, die DDR-Vertretung spielt mit. G 01 Ticker REGIE freistehend, dann unter Zitator ZIT Kapitel 5. Der Höhepunkt G 01 Tickergeräusche REGIE Geräusch kurz frei, dann unter O-Ton E 14 (Reporter DDR-Fernsehen 7. Sep. 1987) "Hier ist der Mercedes 600 mit dem Stander der Deutschen Demokratischen Republik. Helmut Kohl, der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, begrüßt Erich Honecker, Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzender des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik. (Fotografengeschrei)......" REGIE (ab hier unter Sprechertext legen) SPR 10.30 Uhr am 7. September 1987. Das DDR-Fernsehen berichtet live und in Farbe. Erich Honecker trifft alle, die Rang und Namen haben in der Bundesrepublik. Jeder will sich mit dem Kommunisten aus dem Osten ins Bild setzen. Helmut Kohl betont immer wieder die deutsche Frage, auch in seiner Tischrede. E 15 (H. Kohl) "Die Präambel unseres Grundgesetzes steht nicht zur Disposition, weil sie unserer Überzeugung entspricht. Sie will das vereinte Europa, und sie fordert das gesamte deutsche Volk auf, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Wir haben keinen Zweifel, dass dies dem Wunsch und dem Willen, ja der Sehnsucht der Menschen in Deutschland entspricht." SPR Erich Honecker ist vorbereitet. Er spricht zwar auch von Grenzen, die nicht trennen, sondern vereinen, doch schiebt er bei seinem fünftägigen Besuch das Friedensthema in den Vordergrund. E 16 (Honecker) "Frieden, das ist das höchste Gut der Menschheit. Im Zeitalter schrecklicher nuklearer Vernichtungswaffen darf niemand mit dem Gedanken spielen, die Weltprobleme - auch die Auseinandersetzungen zwischen Sozialismus und Kapitalismus - mit militärischen Mitteln lösen zu wollen." SPR Bonn will die Visite niedrig hängen. Ein reiner Arbeitsbesuch, wird betont. Tatsächlich sieht Honecker seinen kommunistischen deutschen Staat durch seine Gastgeber akzeptiert. Realismus statt Visionen, so scheint es. E 17 (Honecker) "Träumereien am Kamin liegen uns fern." SPR Honeckers persönlicher Erfolg und der Höhepunkt im internationalen Ansehen für ihn und seinen Staat - zwei Jahre vor dem Ende. E 18 (Honecker) Ich bitte Sie, mit mir das Glas zu erheben und zu trinken. (H.Kohl) Auf das Miteinander der Deutschen und auf Ihr persönliches Wohl, Herr Generalsekretär, darf ich das Glas erheben." G 01 Ticker REGIE Ticker freistehend, dann unter Text ZIT Kapitel 6. Mitschnitte REGIE Geräusch kurz frei & unter SPR weg SPR Auch das gehört zur Chronik der Ständigen Vertretung Ost-Berlins am Rhein: Der "unsichtbare Feind" - die Stimme aus dem Telefon. E 19 "Ständige Vertretung der DDR, guten Tag." "Fräulein, wir haben Ihr Gebäude fertig gemacht zum Sprengen." "Wie bitte?" "Ständige Vertretung, schönen guten Abend." "Wenn man die Bilder im Fernsehen schaut, sieht, was Ihr mit den Menschen da drüben macht. Ihr seid doch Faschisten durch und durch. Ich lege morgen 'ne Bombe bei Euch." "Ständige Vertretung der DDR, guten Tag." "Ihr Kommunistenschweine. Nur noch kurze Zeit und das kriminelle Kommunistenpack ist Legende. Und Ihr seid die Ersten, die hängen." G 01 Ticker REGIE Geräusch kurz frei & unter Sprecher legen ZIT Nachworte SPR In der letzten Diplomatenliste der Ständigen Vertretung in Bonn sind noch 35 Mitarbeiter ausgewiesen. "25 arbeiten noch", gibt ein Sprecher auf Anfrage im Juli 1990 an. Der letzte Ständige Vertreter der DDR in Bonn, Horst Neubauer, ist nicht mehr darunter. "Kopflos treibt die DDR-,Botschaft' ihrem Ende zu", konstatiert damals die Presse. REGIE Geräusch kurz frei & langsam weg -ENDE Script- 14