COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Die andere Heimat Eine Familiengeschichte aus dem Fläming Autor Johannes Nichelmann Redaktion Julius Stucke Sendung 16. August 2012 - 13 Uhr 07 Länge 19'19'' Vor 50 Jahren erschien "Die andere Heimat" - ein Roman, in dem Walter Nichelmann seine Geschichte verarbeitete, sein Leben auf dem Land, im Fläming, das er satt hatte. Er wollte nach Berlin. 200 Jahre zuvor starb dort, in Berlin, Christoph Nichelmann, ein im Fläming geborener Komponist. Zwei Nichelmanns also, die es aus ihrer brandenburgischen Heimat nach Berlin zog. Der Dritte im Bunde ist unser Autor, der sich aus seiner Geburtsstadt Berlin auf den Weg zurück gemacht hat, zu seinen Wurzeln im Fläming. Um dort seine Familiengeschichte zu recherchieren - und einiges über Land und Leute zu Tage zu fördern. M A N U S K R I P T B E I T R A G Stare strichen über leere Stoppelfelder, fielen ein, erhoben sich wieder, vom Wanderfieber gepackt. Autor In den Händen halte ich das Buch meines Urgroßvaters. Der Roman mit dem grünlichen Einband und den großen Buchstaben "Die andere Heimat" ist mir durch Zufall in die Hände gefallen. Walter Nichelmann beschreibt darin seine Geschichte. Gern hätte ich diese Geschichte von ihm selbst gehört, aber er starb als ich noch ein kleines Kind war. Und über die Vergangenheit wird in meiner Familie heute nicht viel gesprochen. Mit jeder Seite, die ich lese, wächst mein Interesse. Ich will mehr über die alten Zeiten wissen. In was für einer Welt lebten und leben meine Vorfahren? Woher kommt die Familie? Aus welcher Gegend? Ich mache mich auf den Weg zurück in diese "andere Heimat". Die Spurensuche beginnt am Schreibtisch, in Berlin (Rodríguez) Rodríguez. (Autor) Guten Tag, mein Name ist Johannes Nichelmann. Nordpol, Ida, Cäsar, Heinrich, Emil, Ludwig und am Ende ein ganzer "Mann". (Rodríguez) Ja. Also... Autor Gabriele Rodriguez ist Namensforscherin an der Universität Leipzig. Sie bietet eine Telefonberatung an, bei der jeder herausfinden kann, woher sein Name stammt. (Rodríguez) Und zwar haben wir hier einen Ortsnamen "Nichel", der wird dann auch mit "ch" geschrieben, im Raum Zauch-Belzig. Dass heißt, die allerersten Vorfahren kamen aus diesem Ort. Sind in einen anderen Ort gekommen und wurden dort als Neubürger aufgenommen, mit Hinweis auf die Herkunft. (Autor) Vielen Dank, Frau Rodriguez! (Rodríguez) Wünsch Ihnen einen schönen Tag! Auf in den Fläming. Nur eine knappe Stunde von zu Hause entfernt sollen also meine Wurzeln liegen. Mit dem Auto geht es in die Region südwestlich von Berlin. Grauer Himmel, ausgefranste Wolken. Aus dem Sommertag wird ein Sommergewittertag. Die Bäume der Landstraße biegen sich zur Seite - sie bewachen die weiten Getreidefelder links und rechts, der Wind weht ihre Blätter über die Straßen. Ich fahre durch kleine Ortschaften. Sie wirken verlassen - Brandenburg wie im Bilderbuch für Großstädter. Ankunft in Nichel. Noch nie habe ich mich so darauf gefreut, in einem fremden Dorf zu sein. Ich halte vor der einzig offen stehenden Hoftür. Davor: ein Schild. In Großbuchstaben: "Mannis Partnertreff". Klein darunter: "Ich distanziere mich von den üblichen Partnervermittlungen in Niveau und Kosten!" Dieser Manni kennt sicherlich einige Leute in der Gegend - kann vielleicht bei der Suche nach meiner Familiengeschichte helfen. (Kintzel) Ich mache einen Partnertreff, ja, für Männer und Frauen, die ernsthaft einen Lebenspartner suchen. Autor Manfred Kintzel ist um die sechzig Jahre alt. Gegen meinen spontanen Besuch hat er nichts einzuwenden. Unter dem Wellblechdach, auf seiner Eckbank, genießen er und seine Lebensgefährtin das Unwetter. (Autor) Wie schwer ist es denn Leute hier aus dem Fläming zu verkuppeln? (Kintzel) Schwer. Sehr schwer. Im ersten Moment haben sie sich gewundert, ja. Man hat mir das nicht zugetraut. aber dann hat man das eingesehen. Autor Mehr als zwanzig Paare habe er schon zusammen gebracht. Als ich Manfred Kintzel erzähle, dass ich so heiße wie sein Dorf, nur eben mit der Endung "Mann" - ernte ich nur ein "Aha". Er wohnt hier seit seiner Geburt - Leute, die Nichelmann heißen, hat er im Fläming schon häufiger getroffen. Persönlich Bekannt ist er mit keinem. Der Regen lässt langsam nach. Ich verabschiede mich - suche weiter. Die Sonne scheint wieder. Die rote Backsteinkirche wirft einen langen Schatten - an der Tür des kleinen Feuerwehrhäuschens bröckelt die Farbe ab. Ich laufe die Dorfstraße entlang und begegne Elke. Sie lebt seit 1989 in Nichel. (Elke) Nichelmanns wohnen... Ach ne! Warten Sie mal. Da sind die Eltern... Die gibt es gar nicht mehr. Nichelmanns. Autor Ernüchterung. Elke zieht die Schultern nach oben und überlegt, wer mir vielleicht auf meiner Suche behilflicher sein könnte. Sie zeigt auf das Grundstück auf der anderen Straßenseite. Dort wohnt Irmgard Porscheng. (Elke) Weiß ich nicht, ob Irmchen da ist. Da sitzt sie. Da an der Hauswand. Gucken Sie mal dahin! Ich bring Euch mal Besuch! (Autor) Guten Tag! (kichern, Elke) Autor Am Ende eines großen Gartens sitzt Irmgard Porscheng in einem weißen Plastikstuhl, an die Hauswand gelehnt und sieht zu, wie ihre erwachsenen Enkelkinder gerade den Rasensprenger abbauen. (Porscheng) Ich bin hier geboren. Ich werde achtzig. Und da die Zeit vor achtzig Jahren so war, dass man ja noch Ortsgebundener war und nicht so weltoffen war, da bin ich eben hier so langsam groß geworden. Dann war Krieg. Und da waren wir auch nicht auf Weltreisen und dann wurde geheiratet und dann kamen die Kinder. Joa. Später dann die Genossenschaft und denn ging es so immer weiter, bis zur Wende. Heute fragt man sich, wenn man in dem Alter ist, wo sind die Jahre geblieben? Autor Ihr Lebenslauf ist, erzählt Irmgard Porscheng weiter, ganz typisch für die Leute hier in der Gegend. Mit der DDR, sagt sie, kam die Genossenschaft. Ihre Eltern mussten den Familienbetrieb abgeben. (Porscheng) Die haben ja auch an ihrem Betrieb gehangen. Denen tat es weh, das aufzugeben. Aber wir jungen damals haben gesagt, wir würden nicht wieder den eigenen Betrieb zurück haben wollen, denn wir haben jetzt Urlaub gekriegt, haben Sonnabend, Sonntag frei gehabt. Je nachdem, wo man gearbeitet hat. Was man im eigenen Betrieb ja nicht hatte, wa. Und und nun neunzig. Für mich war dann mitten mal... wir waren arbeitslos denn hier, nicht. Bin früh in Rente gegangen. Die letzte Zeit war schlimm mit der Stasi, mit dem bespitzeln und alles. Autor Ich berichte Irmgard Porscheng von meinem Anliegen. In Treuenbrietzen, meint sie, hängt eine Gedenktafel für einen Christoph Nichelmann. Mehr über ihn wisse sie aber auch nicht. (Porscheng) Naja, das war eben so. Joa. Nun habe ich Ihnen genug erzählt! (Autor) Dankeschön! Autor Treuenbrietzen liegt nur ein paar Auto-Minuten von Nichel entfernt. Eine gemütliche Kleinstadt mit Cafés, Textilwarengeschäften und frisch verputzten Häusern. Das Gebäude in der Neuen Marktstraße Nummer eins allerdings sieht baufällig aus. Ein Schild, das wohl schon länger hier hängt, kündigt den baldigen Einzug einer Apotheke an. Auf der anderen Seite des Eckhauses: die Gedenktafel: "Christoph Nichelmann, Musiker und Komponist. 1717 bis 1762." Mehr über ihn erfahre ich im elften Stock eines Potsdamer Hochhauses. Hier wohnt Dr. Michael Krebs. Er betreibt eine Homepage über meinen Vorfahren. Fast sechzehn Jahre lang war Krebs Musiklehrer in Christoph Nichelmanns Heimatstadt Treuenbrietzen. Er will die Geschichte des Komponisten erzählen. Da ist "Christoph Nichelmann" in "Concerto per il cembalo concertante". (Musik: 0,18) (Autor) Was denken Sie, wenn Sie seine Musik so hören? (Dr. Krebs) Also mir geht meistens der, wie ich immer wieder betont habe, der Mensch durch den Kopf. Und ich sehe ihn. In welcher Umgebung er das geschrieben hat. Und eben: war Treuenbrietzen gut für diesen Komponisten? Woher kommt er? Das geht mir dabei durch den Kopf, wenn ich das höre. (Musik: 0,16 - darüber:) Autor Michael Krebs ist ein Nichelmann-Experte. Angefangen hatte alles mit Friedrich II. Das Leben der Menschen im alten Preußen fasziniert ihn so sehr, dass in seiner Wohnung in jeder Ecke etwas daran erinnert. Figuren, Bücher, Kissen. (Dr. Krebs) Ich finde das ja hoch interessant, dass Sie ein Nachfahre sind. (Autor) Ja? Warum? (Dr. Krebs) Hach... Wie soll ich Ihnen das sagen? Wenn man sich mit diesem Komponisten "Nichelmann" beschäftigt, gewinnt man eine persönliche Beziehung zu ihm. Autor Während Michael Krebs erzählt, mustert er mich. Er sagt, dass es kein Bild vom Komponisten Nichelmann gibt. Er hat sich ihn immer als kugelrunden, kleinen Mann vorgestellt. Nun steht vor ihm ein schlaksiger Mensch, der den Namen seines Forschungsgegenstandes trägt. Er wirkt ein wenig enttäuscht. (Blättern) (Dr. Krebs) Moment, ich muss noch mal schauen. Ich hab auch eine graphologische Analyse machen lassen. Ich will auch ganz sicher gehen, dass ich Ihnen auch nichts falsches erzähle. Hier! Ähm... Die anfängliche Ordentlichkeit und Ausgeglichenheit in diesem Brief verlieren sich schnell. An deren Stelle treten das Temperament und Gefühlsleben. Er, also Nichelmann, war ein Mensch, der seiner Intuition glauben schenkte. Auch seine Empfindungen waren sehr wichtig, woraus er sein Handeln und Tun steuerte. Überarbeitung, wie auch das Gefühl nicht gebraucht zu werden, drängte sich ihm immer wieder in sein Bewusstsein. Christoph Nichelmann war ein Gefühlsmensch. (Autor) Das haben die jetzt aus der Handschrift rausgelesen? (Dr. Krebs) Genau. Autor Schon recht früh hatte der Musiker Treuenbrietzen und den Fläming verlassen. Er war Schüler auf der berühmten Thomasschule in Leipzig. Johann Sebastian Bach war einer seiner Lehrmeister. Später, 1744, wurde er der zweite Cembalist am Hofe von Friedrich II. (Dr. Krebs) Hm. Man muss sich vorstellen, dass Treuenbrietzen sicherlich eine Kleinstadt ist, bis heute. Sehr enge Verhältnisse. Nicht nur im baulichen, sondern auch im ideellen Bereich, würde ich denken. Und er wuchs auf unter Schreinern, Tuchmachern, Brauer. Das waren so die gängigen Berufe in der damaligen Zeit. Sein Vater war Bürger der Stadt Treuenbrietzen, was auch nicht selbstverständlich ist, ja. Man musste sich dieses Bürgerrecht auch erwerben. In Treuenbrietzen hätte er nur eben den Beruf seines Vaters auch ausüben dürfen. Mehr nicht. Autor Kann Michael Krebs verstehen, dass viele Nichelmanns aus dem Fläming abgehauen sind? (Dr. Krebs) Ja. Ohne Kommentar. (lacht) (Autor) Ohje. (Dr. Krebs) Gerade für einen Künstler, für einen Musiker, der seine Ideen von der Welt umsetzen möchte, ist Treuenbrietzen definitiv zu eng. Autor Und dennoch war das seine Heimat, sein zu Hause. In für ihn schwierigen Zeiten hatte Christoph Nichelmann daran gezweifelt, ob es nicht besser gewesen wäre, das "normale" Leben seines Vaters in Treuenbrietzen weiter zu führen. Sprecher Musste man mich (...) aus dem behüteten Kreis meiner Kindheit und Jugend herausreißen? Warum durfte ich, nachdem ich die Leipziger Thomasschule besucht, bei Bach Musikunterricht (...) genossen hatte, nicht nach Treuenbrietzen zurückkehren, um das väterliche Handwerk, die Tuchmacherei, zu erlernen, um dann im kleinen Kreis glücklich zu werden und abends Hausmusik zu machen? (...) Ich hatte doch keinen künstlerischen Ehrgeiz. Ich wäre ein tüchtiger Handwerker geworden. So begann für mich der Dornenweg des Künstlers. Autor Am 20. Juli 1762, vor 250 Jahren, stirbt Christoph Nichelmann. Mit 44 Jahren schließt er in Berlin seine Augen. Seine Musik bleibt bis heute eher eine Sache für echte Kenner, wie Michael Krebs. Aber sie hat überlebt. Die Spurensuche im Fläming geht weiter. Natürlich sind heute, im Jahr 2012, nicht alle Nichelmänner aus der Region verschwunden. Mein Großonkel Klaus Nichelmann ist zum Beispiel noch hier. Er lebt mit seiner Familie in Bad Belzig. Das letzte Mal habe ich ihn gesehen, als ich sechs Jahre alt war. Wir besuchen sein Heiligtum. Den Mittelpunkt der DDR. Fünfzehn Minuten mit dem Auto von Belzig entfernt, an der Ortschaft Verlorenwasser. Mitten im Wald stehen zwei Holzhäuschen und mehrere Schilder mit Sprüchen und Hinweisen auf die Bedeutung dieses Platzes. Klaus Nichelmann ist der Verwalter des Mittelpunkts. (Autor) Welche genauen Koordinaten hat das ganze hier? (Nichelmann) Ja, die Koordinaten sind alle... hab ich hier: 12 Grad 31 Minuten, östliche Länge und 52 Grad, 12 Minuten nördlicher Breite. Alles fing mit der Sendung "Außenseiter, Spitzenreiter" im DDR-Fernsehen an. Im Jahr 1974 suchte die den Mittelpunkt von Ostdeutschland. Gerne erinnert sich Klaus, heute 69 Jahre alt, an den Besuch des Reporters. Damals haben sie gemeinsam das erste Hinweisschild aufgehängt. Jetzt kommen regelmäßig Besucher. Es gibt Feste und sogar eine Deutsch-Deutsche Hochzeit wurde hier gefeiert. Alle Menschen, die es bis zu diesem Flecken im Fläming schaffen, erhalten dafür eine Urkunde. (Schritte) (Nichelmann) Ja, das ist, wie gesagt, die Urkunde. (schreiben) Name war Nichelmann? (lacht) Datum war der neunte? (Autor) Hm... (Nichelmann) Stempel ist da. (Autor) Vielen, herzlichen Dank. (Nichelmann) Privilegierter Mann! Am historischen Ort gewesen. Am Mittelpunkt der DDR. Autor Wir steigen wieder ins Auto, Klaus will zum Mittelgebirge fahren. Ich frage mich, wo wir das hier im eigentlich recht flachen Gelände finden wollen. Die Gegend wird hügeliger. Er fährt seinen Kombi auf einen Berg. Den Hagelberg. Eine der größten Erhebungen in Brandenburg. 200 Meter und 24 Zentimeter. Klaus lacht und meint, dass Mittelgebirge genau ab einer Höhe von 200 Meter eben Mittelgebirge seien. (Autor) Also wegen 24 Zentimetern sitzen wir gerade auf einem Mittelgebirge? (Nichelmann) Das kleinste Mittelgebirge in Deutschland, ja. Autor Der Wind aber fegt heute über dieses Gebirge, als wäre es schon ein ganz großes. Klaus und ich blicken, auf einer Holzbank sitzend, über die Heimat meiner Familie. Dörfer, Felder, Wälder. Alles das, was mein Urgroßvater Walter Nichelmann in seinem Buch "Die andere Heimat" beschrieben hat. Jene Geschichte, die mich auf die Idee zu dieser Expedition in den Fläming brachte. (Autor) Ob hier oben auf dem Berg auch mal Walter Nichelmann gesessen hat und über die Landschaft sinnierte? (Nichelmann) Ja, Mensch. Daran kann ich mich gar nicht erinnern, dass Vater mal hier aufm Hagelberg war. Autor Walter war Milchprüfer, fuhr jeden Tag mit dem Fahrrad von Hof zu Hof. Und in der Nacht schrieb er seine Romane. (Nichelmann) Naja, mein Vater war eigentlich ein strenger Vater, muss ich sagen. Da er noch nebenberuflich schriftstellerisch tätig war, hat er eigentlich sehr wenig Zeit für uns gehabt. Das war ja eine immense Zeit, die er daran verbracht hat. Autor In "Die andere Heimat" beschreibt er, wie es seine Hauptfigur Richard satt hat, ständig nur auf dem Feld stehen zu müssen. Die stupide Arbeit, die engstirnige Verwandtschaft und die viel zu oft gesehene Landschaft. Der junge Mann ist auf der Suche nach Abenteuern und träumt von der Weltstadt Berlin, im Kaiserreich. Sprecher Als Richard sich an diesem Abend mit Lina traf, war er fest entschlossen, sobald wie möglich nach Berlin zu ziehen. Ein wenig graute ihm (...) vor der großen Stadt, in der man keine Bauern brauchte. Autor Richard ist eigentlich Walter. Der Roman enthält autobiographische Züge - beschreibt das Leben, sein Leben damals: (Nichelmann) Ich hab das als Kind nicht so gemerkt, muss ich sagen. Dass er irgendwo Sehnsucht hatte, nach Berlin. (Autor) Also ist es so ein Traum für ihn geblieben? (Nichelmann) Ja, war ein Traum. Sprecher Aber seine Gedanken wanderten doch oft nach Berlin. Wo konnte man an zwei Orten zugleich sein, halb hier, halb dort und nirgends voll und ganz? Autor Brandenburg blieb seine Heimat. Eine andere hat es, außerhalb seiner Phantasiewelt, nie gegeben. Ob er es bereut hat, weiß heute niemand. Sein Sohn Klaus jedenfalls liebt "sein" Belzig. (Autor) Du bist ja irgendwie so der letzte Nichelmann, aus unserem Kreis, der hier geblieben ist, im Fläming. (Nichelmann) Naja, ich bin eigentlich gerne hier in Belzig auch jetzt. Joa, der letzte Mohikaner. Siehste, da werde ich mir mal ein Schild machen. (lacht) Autor Im Zug zurück nach Berlin. Meiner Heimat. Wie der Komponist Christoph und der Schriftsteller Walter es in dieser Stadt wohl heute finden würden? Der Regionalexpress rattert vorbei an Kühen, Pferden und Strohballen. In der Ferne fliegen Stare über die Stoppelfelder. Vom Wanderfieber gepackt. Genauso wie es schon vor fünfzig Jahren beschrieben wurde. Sie scheinen frei zu sein in ihrer Entscheidung, wohin sie als nächstes ziehen wollen. Aber auch sie werden vielleicht eines Tages dahin zurückkehren, wo ihre Wurzeln liegen. -E N D E- 1