COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandrundfahrt - 7.6.2008 1000 Seen und der eine Die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern Von Thomas Klug Regie: Jingle, Kennmusik Take 02 Bühlow 18 Es gibt ja jetzt einen neuen Slogan für uns, der heißt: Waren Sie schon in Waren. Regie: Kennmusik Take 03 Düwell 16 Wir stehen hier mitten auf der Freiluftbühne in Waren an der Müritz. Das Bühnenbild bzw. die Spielorte der Müritzsage ist immer ein fiktiver Ort, den nennen wir Warentin, der ist auf der linken Bühnenseite. Und in diesem Jahr werden wir auf der rechten Bühnenseite den Ort Rechlin, den es tatsächlich gibt in der Müritzregion, allerdings in der Zeit nach den Dreißigjährigen Krieg abbilden. Regie: Kennmusik Take 04 Kreuzberger 3 Eigentlich bin ich gebürtig Ostpreuße. Und es wurde dann festgelegt, Bezirk Dresden, dort habe ich auch das Sprechen erlernt und der Akzent hat sich bis heute nicht ganz verloren. Wenn die hier im Urlaub kommen, dann falle ich dann auch in diesen Dialekt mit rein. Regie: Kennmusik Take 05 Schleicher 21 Hödel, dieses Ungeheuer, gab auf unseren lieben Kaiser Feuer, als er arglos kam gefahren, aber Gott tat ihn bewahren. Durch seine starke Gnadenhand hat er das Unglück abgewandt. Er feuerte ab der Schüsse drei, zum Glück gingen alle dicht vorbei. Jetzt muss ich leider nachgucken... Sp. v. Dienst: 1000 Seen und der eine. Die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Deutschlandrundfahrt mit Thomas Klug. Autor: Manchmal wünschen mich Leute zum Teufel; weshalb, weiß ich nicht. Manchmal erfülle ich Wünsche. Der Teufel, so verrät ein Plakat, soll derzeit an der Müritz zu finden sein. Gut, das ist nicht so weit, denke ich mir. Erfüllst du den Leuten mal den Wunsch und gehst hin - zum Teufel. An die Müritz. Mit dem Zug. Ich lasse mir auch eine Rückfahrkarte geben. Hat ja keiner gesagt, dass ich dort bleiben soll. CD Müritz 2007 / 4 - nur im Hintergrund Autor: Ich fahre nach Waren an der Müritz. Es könnte auch heißen: Ich fahre nach Waren an die Müritz. Auf alle Fälle bin ich da richtig. Hier hängen noch mehr Plakate mit dem Teufel. Der Teufel ist hier eine ganz große Nummer. "Der Pakt mit dem Teufel" steht auf den Plakaten. Hat was. Ich frage nach dem Weg zum Teufel. Der Taxifahrer (weiblich) will mich nicht fahren. Das lohnt nicht. Immerhin beschreibt sie mir den Weg - einfach geradeaus, dann durch einen Tunnel und dann nach links. Mecklenburgisch knapp. Auch beim Nachfragen ist kein Wort mehr aus ihr herauszubringen. Ich laufe los. Einfach gerade aus, wie die Taxifahrerin gesagt hat. Einfach gerade aus kann ziemlich lang sein. Einfach gerade aus. Nach der gefühlten ersten Erdumrundung schaue ich nach rechts. Eine Treppe führt nach unten. Ein Tunnel? Viel zu viel Tageslicht, um ein Tunnel sein zu können. Es ist eine Unterführung, nicht einmal durchgängig überdacht, dafür mit einem halben Dutzend coladosengroßer Überwachungskameras. Mehr als ein halbes Dutzend Leute geht hier bestimmt nicht gleichzeitig vorbei, also gibt es für jeden eine Kamera. Wer da wohl seine Freude daran hat? Auf der anderen Seite beschwere ich mich sicherheitshalber erst einmal. Ein Tunnel, der eine Unterführung ist. Wo gibt's denn sowas? In Waren / Müritz eben. Teufelswerk. Oh. Take 06 Bühlow 6 Das mit dem Tunnel ist so eine Sache: Autor: Sagt mir Christine Bühlow, die Leiterin des Hauses des Gastes. Take 07 Bühlow 6+ Eigentlich gab es eine Fußgängerbrücke, die über die Gleise führte. Die war dann aber ziemlich marode. Und dann ging es darum, dass unter diese Gleise eine Unterführung sollte, nur für die Fußgänger. Dann gab es dieses Hin und Her, ein Tunnel oder eine Unterführung. Was haben wir denn nun? Da das Ding aber in der Mitte aber nun ein Loch hat, wo man reingucken kann, ist es also kein Tunnel mehr. Es gibt einen Tunnel in der Nähe des Bahnhofs, das ist also auch so eine Unterführung, aber das ist nun wirklich ein Tunnel, da geht man irgendwo rein, kommt irgendwo raus und in der Mitte ist nichts. Autor: Ich ziehe weiter. Nach dem Tunnel Kopfsteinpflaster. Mein Koffer ist ein Trolley, so ein Ding mit Rädern. Ich ziehe den Trolley ein paar Meter. Es ist ein sonniger Tag. Links und rechts der Fußgängerzone sitzen die Menschen unter Sonnenschirmen, nippen am Cappuchino, löffeln Eisbecher. Sie genießen die Ruhe. Die Vögel zwitschern. Und mein Koffer rollt über das Kopfsteinpflaster. CD: Müritz 2006 / 5 im Hintergrund Autor: Ein Trolley auf Kopfsteinpflaster ist ungefähr wie ein Männerchor im Frauenruheraum. Man macht sich damit nicht beliebt. Man erregt Aufmerksamkeit. Mit jedem Schritt gewinnt man einen Zuschauer mehr. Mit einer Kuhglocke um den Hals wäre ich weniger beachtet worden. Menschen säumen die Straßen; Kinder winken mir zu. Und da ist es wieder: Jemand wünscht mich zum Teufel. Das kommt mir bekannt vor. Richtig, ich bin ja auf dem Weg zum Teufel. War es der Volksmund oder war es Dante Alighieri, der sagte, der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Von wegen: Es sind keine Vorsätze, es ist richtiges Kopfsteinpflaster. CD: Müritz 2006 / 16 Atmo 01 Das Mehl ist, das Mehl ist da, juhu. Autor: Der Pakt mit dem Teufel. An der Müritz nehmen sie das leicht. Überall sind die Plakate zu sehen, auf denen dieser Pakt angekündigt wird. Der Osten eben, auch wenn es der Norden vom Osten ist, ist er immer noch Osten. Der Teufel ist im Westen, sagen sie und meinen damit wieder die andere Seite. Die andere Seite des Tunnels. Irgendwie ist der Teufel immer auf der anderen Seite. Osten und Westen, das spielt an der Müritz plötzlich wieder eine Rolle. Und Christine Bühlow redet auch noch von Ost- und Westwaren. Westwaren - Made in Germany. Aber Christine Bühlow meint die Stadt Waren - Ost und West. Take 08 Bühlow 4 Das ist richtig. Es gibt den Ost-Teil, es gibt den Westteil, es hat aber nichts damit zu tun, dass man das damit irgendwie auf die große Bundesrepublik transportieren kann, das ist ganz einfach die geographische Lage. Autor: Und die Teilung. Waren - das ist offenbar deutsche Geschichte im Kleinformat. Bloß schuld an der Teilung hier ist die Eisenbahn. Take 09 Bühlow 5 Wir haben also eine Teilung gehabt, die auch wirklich niemand wollte, aber gegen die sich niemand wehren konnte. Und die Bauleute beschäftigen sich eigentlich immer noch mit dem Thema, wie man Bundesstraße und Eisenbahnlinie um die Stadt herumlegen kann. Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende. Vielleicht irgendwann einmal in zehn oder zwanzig Jahren ist dafür eine bessere Lösung gefunden und wir haben diesen Teil wieder für die städtische Bebauung. Das wäre natürlich traumhaft schön, zumal es dort früher eine sehr romantische Altstadt gegeben hat. Autor: Christine Bühlow steht dem "Haus des Gastes" vor. Von dort aus ist die Wunde der Stadt nicht zu sehen. Das Haus steht am Markt, der "Neuer Markt" heißt und zur Altstadt gehört. Take 10 Bühlow 11 Das Stück Altstadt ist eigentlich die engste Stelle in der Stadt zwischen zwei Seen, zwischen der Müritz und dem Tiefwarensee, wenn man sich das mal auf einer Luftaufnahme ansieht, es sieht eigentlich ganz interessant aus. Autor: Wasser. Ans Wasser scheint man hier immer zu kommen, wenn man ein paar Schritte läuft. Das macht es den Tourismuswerbern leicht. Take 11 Bühlow 14 Die Lage ist einfach genial. Diese Lage ist für uns das ganz Entscheidende, das muss man sich so eingestehen. Wir haben den größten Binnensee Deutschlands vor der Tür. Das ist ja dieses nette, kleine Streitthema, das ja auch schon viele Leute beschäftigt hat im Vergleich mit dem Bodensee. Die Müritz ist 117 Quadratkilometer groß. Es ist ein wunderschöner See mit einem Nationalpark, mit vielen schönen romantischen Ecken. Es gibt noch viele tausend kleine Seen, die die Landschaft so reizvoll macht. Die Luft ist herrlich und sauber. Autor: Sollte es nicht nach Pech und Schwefel riechen, wenn sich der Teufel hier breit macht? Ich stelle die Frage lieber nicht, sonst wünscht mich wieder jemand zum Teufel, was aber auch egal wäre. "Viel Feind, viel Ehr", sagt mein Freund, der Volksmund. Zu dem komme ich schon noch früh genug. Ich wundere mich lieber über etwas anderes. Menschen im Norden gelten ja eher als schweigsam. Ein, zwei Sätze pro Tag, das muss reichen. Ist ja auch anstrengend, dass viele reden. Um die Müritz herum reden die Leute aber schon. Und wie sie reden. In Superlativen! Das Wasser hier wird zum größten deutschen Binnensee. Waren an der Müritz vermeldet, über das größte Aquarium Deutschlands zu verfügen, (sicherheitshalber ergänzt um die Einschränkung "für einheimische Süßwasserfische"). Und das Müritzeum, ein Wortungetüm aus Müritz und Museum zusammengebastelt (das "Haus der 1000 Seen") ernennt sich gleich selbst zum "Haus der Superlative". Um aus den stillen, bescheidenen Mecklenburgern, solche Marketinglautsprecher zu machen - da muss es doch mit den Teufel zugegangen sein. Christine Bühlow bevorzugt eine andere Erklärung: Take 12 Bühlow 17 Ich denke mal, dass das auch eine gehörige Portion Stolz ist auf diese Gegend und auf diese Region. Wenn ich mir vorstelle, dass es in den ersten Jahren nach der Wende doch eine ganze Menge Nörgler gegeben hat, die mit den Dingen, so, wie sie sich aufgetan haben, noch nicht zufrieden waren und denen das alles noch nicht schnell genug ging, die aber auf Gottes Vertrauen hin auch gar nicht die grauen Häuser wieder haben wollten. Und da achtet man dann schon darauf, was man sagt und stellt für sich fest, das ist das Schönste, das ist das Größte, das ist das Tollste. Man versucht ja auch, für seine Region etwas zu finden, womit man auch angeben kann. Autor: Raffiniert. Superlative als Geheimrezept. Norddeutsche Schlitzohrigkeit. Und falls jemand auf Superlative nicht anspringt, für den gibt es noch den anderen Slogan: Take 13 Bühlow 18+ Der heißt: Waren Sie schon in Waren. Wir haben einen sehr interessanten Sponsor, einen lieben, interessanten Mann, der viel für diese Stadt getan hat, und der hat diesen Werbeslogan geprägt. Der hat gesagt, dass ist doch mal ein Satz, den man den Leuten sagen kann: Waren Sie denn schon in Waren. Ist vielleicht nicht besonders originell, kommt aber darauf an, wie man es sagt. Autor: Es gibt vieles, was mir dazu einfällt: Waren Sie schon in Waren. Es gibt sehr, vieles, was mir dazu einfällt. Vor allem aber fällt mir ein, dass ich in einer Stadt wohne, die ihren Ruf in der Welt mit dem Slogan "Be Berlin" zu ruinieren versucht - in Deutschland mit der Variante "Sei Berlin". Ich weiß nur, dass im Vergleich zu "Sei Berlin" die Frage "Waren Sie schon in Waren" geradezu der Gipfel von Kreativität ist. Vielleicht ist das ja Teufelswerk, all das Marketingzeugs, das man nicht mag und dennoch im Kopf hat. Vielleicht frage ich den Teufel danach. Aber wo ist er? Ein Name wird mir im Haus des Gastes mit auf den Weg gegeben: Nils Düwell. Nein, das wäre nicht der Teufel, aber der kennt sich da aus. Amto 2: Das Mehl ist, das Mehl ist da, juhu. So, das war jetzt freuen. CD: Rainald Grebe: Doreen aus Mecklenburg (0'39 - 4'33) (Versöhnungsrecords, CD 03965, ISBN 978-3-9811597-0-7) Autor: Waren an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Der Weg zum Teufel führt über Nils Düwell. Der Weg zu Nils Düwell führt über Detlef Kreuzberger. Den kennt jeder in Waren. Kreuzi genannt. Detlef Kreuzberger, ein Sachse an der Müritz. Gastwirt. Lebenskünstler. Kleindarsteller. Take 14 Kreuzberger 23 Wir sitzen jetzt hier auf der Terrasse der Gaststätte Seebad, die Gaststätte ist fast einhundert Jahre alt, es ist nicht genau festgehalten, weil es sich aus einem alten Holzbau mal entwickelt hat. Es war erst außerhalb der Stadt. .... Das war weit außerhalb. Hier war Sandstrand. Da hat ein Arbeiterturnverein um die Jahrhundertwende, die Vater-Jahn-Bewegung, sowas, die haben sich hier draußen ein kleines Vereinshaus gebaut, das hat dann kurz danach der Warener Verkehrsverein übernommen, hat das ein bisschen ausgebaut, das hieß dann Gaststätte Seebad und den Namen habe ich immer beibehalten, also nicht Restaurant oder sonstwas, sondern Gaststätte Seebad. Autor: Detlef Kreuzberger ist ein Warener Original. Irgendwann wurde ihn dieser Titel verliehen. Und siehe da, ein Warener Orginal muss nicht mal aus der Müritz-Gegend stammen. Berliner Originale stammen ja auch nicht aus Berlin. Die Warener beziehen ihre Originale, wie die Berliner auch, aus Sachsen. Detlef Kreuzberger alias Kreuzi aus Sachsen also. Aber auch das ist nicht völlig korrekt: Take 15 Kreuzberger 3 Eigentlich bin ich gebürtig Ostpreuße. Und es wurde dann festgelegt, Bezirk Dresden, dort habe ich auch das Sprechen erlernt und der Akzent hat sich bis heute nicht ganz verloren. Autor: Geboren im Januar 1945 unter eine Brücke. Take 16 Kreuzberger 5 Ich habe keine Erinnerungen dran, auf jeden Fall wollten sie mich schon entsorgen, weil ich gleich bei der Geburt mit Typhus und Diphterie geboren wurde, aber wie man sieht, habe ich es doch ganz gut überstanden. Autor: Die Mutter war in einem Flüchtlingstreck. Take 17 Kreuzberger 7 Nicht meine Kindheit an sich, sondern die Zeit der Schwangerschaft hat mich wahrscheinlich geprägt, diese gesamte Schwangerschaft ist meine Mutter auf Achse gewesen. Ich habe noch sechs Geschwister, die sind alle ziemlich sesshaft und ich bin sehr viel eigentlich rumgereist. Ich war von Kamenz, dann von Sachsen in Thüringen gewesen, ich war in der Ostsee, bin hier, auch zwischendurch mal wieder hin und her. Ich war in Leipzig, ich war eigentlich immer ein sehr unruhiger Mensch....Diese Unruhe schiebe ich eigentlich auf diese Schwangerschaft, dass sie diese ganze Schwangerschaft unterwegs gewesen ist, meine Mutter und diese Unruhe vermittelt hat. Aber jetzt bin ich ruhig geworden. Autor: Ruhig geworden. Detlef Kreuzberger sagt das und springt gleichzeitig auf, um mir auf der Karte zu zeigen, wo sein "Seebad", seine Gaststätte an der Müritz liegt. Take 18 Kreuzberger 24 Das ist die Binnenmüritz, da drüben ist die Einfahrt zum Kölpingsee, wo das Seezeichen ist im Schilf. Und das ist die Außenmüritz. Und das ist der Hals. CD: Paddy goes to Holyhead: Far away (LC 0193), Elektrola 7243 8 524 02 25, Z: Schmitt, M Ritter Autor: Die Müritz - das ist Zufall, wie vieles im Leben von Detlef Kreuzberger. Mit dem Zug vorbeifahren. Merken, wie schön es ist. Und dann eben bleiben. So einfach ist das für Kreuzi. Einfach so. Einen Job hat er gleich gefunden, das war das leichteste zu DDR- Zeiten. Und auch die Verständigung hat geklappt für den Sachsen in Mecklenburg: Mit Händen, Füßen und Grimassen schneiden. Also immer auch Theater machen. So erzählen es sich die Warener, auch noch Jahrzehnte nach Kreuzbergers Ankunft. Take 19 Kreuzberger 19 Naja, gut, das ist ein bisschen glossiert. Das war nicht so. Ich bin hier ein paarmal angeeckt mit meinem losen Mundwerk. Zum Beispiel, als ich hier 1970 hochkam: Was machst denn du als Sachse hier, das war jetzt sächsisch, also die Plattdeutschen, was ich als Sachse hier mache. Ich habe gesagt, ja Kultur aufs Land, ich dachte, gehste erstmal hierher und kümmerst dich dadrum. Bis sie dann festgestellt haben, dass das so böse nicht gemeint war, sondern dass das einfach meine Art ist und die wurde dann sehr schnell akzeptiert. Autor: Jedenfalls reicht Detlef Kreuzberger die Gaststätte nicht, die er seit der Wende führt. Es reicht nicht, jeden Tag in der Küche zu stehen. Wozu hat Waren an der Müritz eine Freiluftbühne. Auf der ist Detlef Kreuzberger seit 2006 zu erleben - immer im Sommer, dreimal die Woche. In der Müritz-Saga, einem Freiluft-Spektakel. Oder einem Stück Sommertheater - ganz wie man will. Take 20 Kreuzberger 18 Es ist zu der Zeit, es spielt im 30jährigen Krieg. Da war in Mecklenburg fast zwei Drittel der Bevölkerung ausgerottet nach dem Dreißigjährigen Krieg. Da gab es ja auch noch nicht diese Schulen, wo das Taubstummensprache, das gab es noch gar nicht. Man hat sich nur so mit Händen und Füßen bemerkbar gemacht und versucht, sich zu artikulieren. Und das muss ich in dem Stück entsprechend. Ich habe meinen Text und weiß, was ich darstellen soll und die Profi-Schauspieler haben schon gesagt, dass ist mitunter sogar die schwerere Rolle, dann mit Händen und Füßen dem Publikum das klar machen, was man eigentlich sagen will. Und da muss ich mitunter auch ganz schön dann vorm Spiegel, aber da ist der Nils Düwell dann aber auch ein richtig guter Regisseur, der einem dann aber auch führt. Bühnenatmo 52 Autor: Dem Teufel bin ich da schon näher. Die Freiluftbühne also soll mein Ziel sein. Detlef Kreuzberger sagt, seine Rolle sei "Der stumme Diener". Ich glaube mich verhört zu haben. Aber es stimmt, "Der stumme Diener". Take 21 Kreuzberger 17 Ich kann Ihnen das ganze Band voll stumm sein. Autor: Ja, was soll man dazu sagen. Take 22 Kreuzberger 27 Das sagen viele Warener: Die Rolle haben sie wohl extra für dich geschrieben. Obwohl die mich eigentlich mit losem Mundwerk kennen, sagen sie, die Rolle ist dir wie auf dem Leib geschrieben....Jeder Mensch hat zwei Seiten, die ist zwar wortmäßig stumm, aber actionmäßig ist sie nicht stumm. Ich bin präsent, ich flitze dort hin und her auf der Bühne, weil ich mich ja bemerkbar machen will und bemerkbar machen muss. Autor: Der stumme Diener. Detlef Kreuzberger liebt diese Rolle. Take 23 Kreuzberger 26 Fast noch krasser: Es ist schon mit der Höhepunkt meines Lebens. Ich spiele zwar keine Hauptrolle. Aber ich habe nichts dagegen, wenn es nochmal höher geht. CD: Müritz-Sage 2006 - Intro (mit Text) Autor: Die Müritz-Saga. Ich fühle mich dem Teufel ein Stück näher. Aber mehr weiß auch Detlef Kreuzberger nicht. Der Teufel wird an der Müritz erst noch erwartet. Einen Tipp gibt mir Detlef Kreuzberger aber dennoch: Die Freilichtbühne. CD: Gundermann: Spricht der Teufel LC 6312, Buschfunk 00932 T/M Gundermann (oder Rosenstolz: Fütter deine Angst) Autor: Der Teufel wurde mir an der Müritz versprochen. Ich sehe mich um. Und sehe nichts. Aber ich höre etwas. Take 24 Schleicher 21 Hödel, dieses Ungeheuer, gab auf unseren lieben Kaiser Feuer, Autor: Keine Gefahr. Das ist Herwig Schleicher, vom geschichtshistorischen Museum Waren, der gerade den Warener Nationaldichter Leberecht Fessel zitiert. Naja, Nationaldicher nicht ganz. Also noch einmal von vorn: Take 25 Schleicher 21 Hödel, dieses Ungeheuer, gab auf unseren lieben Kaiser Feuer, als er arglos kam gefahren, aber Gott tat ihn bewahren. Autor: Vielleicht muss man das erklären: Bei diesem Dichter sind die Reime wichtig. Ganz wichtig. Da muss wirklich genau hinhören. Also, noch mal von vorn: Take 26 Schleicher 21 Hödel, dieses Ungeheuer, gab auf unseren lieben Kaiser Feuer, als er arglos kam gefahren, aber Gott tat ihn bewahren. Durch seine starke Gnadenhand hat er das Unglück abgewandt. Er feuerte ab der Schüsse drei, zum Glück gingen alle dicht vorbei. Jetzt muss ich leider nachgucken, weil das ist immer so....Man kann das ja auch schneiden, habe ich gehört.. Atten, wo ist das... Zum Glück gingen beide dicht vorbei, hatte ich gesagt. Da lief er im schnellen Lauf, also der Attentäter, wurde aber gehalten auf, von einer Briefmarkenfrau, die alles gesehen genau. Also so in der Art laufen alle seine Gedichte ab. Autor: Der Stil des Warener Heimatdichtes Leberecht Fessel ist wohl mit dem großen Wort "Reim dich oder ich fress dich" treffend beschrieben. Das findet Herwig Schleicher. Take 27 Schleicher Definitiv. Er hat die Verse gequält, die Worte so gequält und vergewaltigt, vor allem den Satzbau.....Grammatisch war das eine Katastrophe....Aber er hat Volkes Nerv getroffen scheinbar. Er hat die Hälfte verkauft, in mehreren Auflagen scheinbar, die Bücher. Er hat die für fünfzig Pfennig oder für einen Groschen, also erschwinglich für jedermann...Wer hat sich Gedichte gekauft in der damaligen Zeit, wahrscheinlich keiner. Und diese konnte man als normaler Bürger auch lesen. In der Zeitung wurden die auch teilweise abgedruckt. Für uns ist es eine Persönlichkeit in Waren. Es gibt nicht so viele, die Spuren hinterlassen haben. Er hat Spuren hinterlassen. Sprecher: Und so weit wie unsere Augen sehn, Werden wir sehn Fabriken stehn. Aus ist dann bei uns alle Noth, Viele Hunderte verdienen ihr Brod; Wer dann blos Lust zur Arbeit hat, Der kann sich essen richtig satt. Und das sollte mich recht freuen, Träfe meine Prophezeihung ein; Wünschen Thut's von Herzen recht Der Volksdichter Fessel, Leberecht. Autor: Der Fessel, Leberecht, ist aber kein Warener Original, zumindest keines, welches dort, an der Müritz geboren wurde. Fessel stammt aus Köthen, bei Halle, heute Sachsen-Anhalt zugehörig. Sprecher: Als ich vor 50 Jahren kam nach Waren, Ei, was musst ich da gewahren; Da war noch nicht Chaussee. Später haben wir mit Freuden vernommen, dass wir sollen eine Chaussee bekommen, sie wird auch schnell hergestellt; Nun konnten wir verkehren mit der Welt. Autor: Ja. Das meinte Leberecht Fessel ernst. Take 28 Schleicher 25 Die meinte er sogar sehr ernst. Und je nachdem, wer die gelesen hat, hat entweder geschmunzelt oder es dann auch aufgrund seines einfachen Gemütes dann für ernst gehalten. Ich glaube, es war weniger komisch gedacht damals, von ihm zumindest nicht. Autor: Und trotzdem, irgendetwas muss ja dran sein an den Werken des Korb- und Verseflechters Leberecht Fessel. Der Warener Museums- und Geschichtsverein hat Leberecht Fessel gar eine eigene Broschüre gewidmet. Herwig Schleicher Take 29 Schleicher 28 Weil es Spass macht, weil es ein Zeitgefühl wieder gibt, die Menschen, wie haben die gelebt, wie haben die Dinge empfunden, also solche Nachrichten ja aufgefasst, wenn ein Attentat auf den Kaiser stattgefunden hat oder wenn die Bahn plötzlich auch hier nach Waren Einzug hielt, also die Eisenbahn. Für die Leute waren das Ereignisse, es gab keinen Rundfunk, es gab kein Fernsehen, es musste über die Ereignisse gesprochen werden. Sprecher: Ehe wir uns versehen, Sahen wir ein neues Schulhaus stehen. Damit die Schüler nicht sollen bleiben dumm, Baut man sogar Gymnasium. CD: Cliff Richards: Devil Woman Autor: Damit die Schüler nicht bleiben dumm, baut man sogar Gymnasium. So ist die Dichtkunst an der Müritz. Gewesen. Das Gymnasium liegt auf dem Weg zur Freilichtbühne, auf der der Teufel erwartet wird. Katharina ist am Gymnasium zu finden. Ich treffe mich mit ihr und mit Janine und Carolin. Über den Teufel wissen sie noch nichts. Aber über die Hexen, die waren nämlich im vergangenen Jahr da. Alle drei sind Kleindarsteller bei der Müritz-Saga. Take 30 Kleindarsteller 2 Mein Name ist Carolin, ich bin 20 Jahre alt, habe letztes Jahr Abitur gemacht und mache gerade eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte. Autor: Rechtsanwaltsfachangestellte. Da gibt es nur eine wichtige Frage: Wie viele Buchstaben hat dieses Wort. Take 31 Kleindarsteller 7 28 glaube ich, tatsächlich. Ich habe es mal nachgezählt, ich muss es zugeben. 3 Ich bin die Janine, ich bin mittlerweile schon 28 und arbeite zur Zeit als Chefsekretärin. 4 Ich bin die Katharina, ich bin zur Zeit Abiturientin am Warener Gymnasium, möchte später mal Schauspiel studieren. Autor: Kleindarsteller, d.h. ersteinmal, in merkwürdige Kleidung zu schlüpfen und sich auf eine Bühne zu stellen: CD: Müritz-Saga 2007 / 13 (nur im Hintergrund) Take 32 Kleindarsteller 35 Ich war eine Schmiedstocher, mit mehreren Unterröcken, Gewändern, einen Filzkleid, Haare schön fest weggesteckt, ein Häubchen auf, also ganz anders, als ich so als Person bin. Brille habe ich auch nicht auf, ich verlasse mich dann auf meine Kurzsichtigkeit. 36 Letztes Jahr war ich die Magd vom Wirt, da war ich, wie soll ich das Kleid jetzt eigentlich beschreiben, es war einfach nur stressig: Auch schon so mit zig Millionen Unterröcken, und wenn man denkt, man kann ja gar nicht mehr dicker, dann ach doch, da geht auch noch was, das Kleid kann auch noch bisschen weiter abstehen. Also das Filzkleid war dann doch eher rosa-weiß, also von der Optik her doch schon eine sehr schöne Variante, aber total eingeschnürt, unten total weit, man wiegt gleich mindestens fünf Kilo mehr und hat eine Million Unterröcke, schwitzt unendlich, weiß gar nicht, über welchen Unterrock man zuerst stolpert. Oder man hat die ganz abgewrackte Variante der Kleider an, mit den sackähnlichen Gewändern oben drüber, ganz einfache Stoffe, mit ganz viel Untergewand, mit ausgetretenen Schuhen, Hauptsache so altertümlich wie möglich. Haube auch, wechselt dann auch, je nachdem. Bei der Wirtsmagd war es eine weiße Rüschenhaube, bei den Warentinern war es eine ganz normale schwarze, wo dann viele dachten, wir sind eher die Pinguinfraktion. Aber das ist in Ordnung, das macht Spaß, sich zu verkleiden. 37 Ich war zum Teil sogar ein Schulkind, da sind die Kleider ja eher noch ein bisschen feiner, auch wenn sie trotzdem altertümlich sind. Mein Schulkleid war z.B. in der Farbe blau vorhanden. ....Zusätzlich zu den blauen Schulkleid gab es natürlich noch zwei Zöpfe, das war dann natürlich ein Muß. Autor: Es muss Gründe geben, weshalb sich Menschen auf eine Bühne stellen, gewöhnungsbedürftige Kleidung tragen, merkwürdige Dinge tun. und sich dabei zuschauen lassen. Es muss wirklich Gründe dafür geben. Aber welche? Take 33 Kleindarsteller 18 Ich sehe mich hauptsächlich auf der Theaterbühne, weil nur das Theaterspielen das reine Schauspiel ist, die Herausforderung, weil da kann man nicht jede Szene ein paar Mal machen, da muss man präsent sein, da versinkt man ja viel mehr in die Rolle, als wenn man bei Film, denke....Nein, nein, ich will diese ganze Filmindustrie ja nicht runterbewerten, Film ist toll, aber ich möchte gern zum Theater, zum reinen Theater. Autor: Was für Katharina Vorbereitung auf Studium und Beruf ist für Janine ist die Ergänzung zum Beruf. Und für Carolin ist es etwas, was ihr im Leben weiter geholfen hat. Take 34 Kleindarsteller 31 Die Sache, jetzt schon alleine diese Sache mit dem Selbstbewusstein, wenn man das auf der Bühne sammelt, hilft einem das im privaten Leben immer, dass man auf andere Menschen zugehen kann. Es ist ja auch so gewesen, dass ich gemerkt habe, z.B. beim Vorstellungsgespräch, wie unheimlich das geholfen hat, wenn man nicht mit Angst hingeht, sondern evtl. mit Respekt vor diesen Menschen. Autor: Ach so, Kleindarsteller sein heißt nicht unbedingt leise sein - nicht bei der Müritz-Saga. Take 35 43 Wir haben einfach nur gesungen, oh, das Mehl ist da und tüdelli und dadada.. Naja, das ist ein bisschen. Aber weil ich mich gerade nicht über Mehl freue, kann ich gerade nicht singen...Ich bin gerade so satt. Kennen Sie das nicht, wenn man so voll ist. Vielleicht singen die beiden ja mit...Wir machen das mal so, wie wir das gemacht haben, so an die Hand fassen: Das Mehl ist, das Mehl ist da, juhu. So, das war jetzt freuen. Ach. So in etwa war das. Ach so, jetzt weiß ich, wie es geht. Was die Szene erfordert, das machen wir. Abend für Abend. Autor: Abend für Abend, in eine Zeit, weit, weit weg. CD: Rainald Grebe: Doreen aus Mecklenburg (0'39 - 4'33) (Versöhnungsrecords, CD 03965, ISBN 978-3-9811597-0-7) Autor: Waren an der Müritz. Wie tritt man dem Teufel gegenüber? Ich entscheide mich für mein farbenfrohes Outfit: Dunkelschwarze Hose, hellschwarzes Hemd, schwarze Jacke. Der Teufel auf der Freilichtbühne. Und wer kommt mir entgegen? Rotes-T-Shirt, blaues Hemd, Sonnenbrille (orangefarben) auf die recht hohe Stirn geschoben. Hat der Teufel seit seiner Erfindung jemals eine Sonnenbrille getragen? Schwer vorstellbar. Aber Nils Düwell, Regisseur, Schauspieler trägt eine. Take 36 Düwell 1 / 6 Wir stehen hier mitten auf der Freiluftbühne in Waren an der Müritz. Das Bühnenbild bzw. die Spielorte der Müritzsage ist immer ein fiktiver Ort, den nennen wir Warentin, der ist auf der linken Bühnenseite. Und in diesem Jahr werden wir auf der rechten Bühnenseite den Ort Rechlin, den es tatsächlich gibt in der Müritzregion, allerdings in der Zeit nach den Dreißigjährigen Krieg abbilden. Und es wird auch noch einen dritten Spielort geben, den nennen wir immer Niemandsland, wenn wir das Stück schreiben und das ist im vorderen Bereich der Bühne. Der mittlere, etwas erhabene Bereich, der jetzt noch nicht mit Rindenmulch eingestreut ist, das ist die Hauptstätte für alle Schlägereien, für Kämpfe, für Liebesszenen und alles, was da kommt. Bühnenathmo 45 Autor: Nils Düwell will in Waren an der Müritz den Teufel auf die Bühne bringen und mustert mich schon einmal. Ich habe mir den Fuß verstaucht und hinke. Nein, es geht gar nicht um den Teufel. Es geht um einen "Pakt mit dem Teufel", Teil 3 der Müritz-Saga. Der Teufel auf der Freilichtbühne, über die mich Nils Düwell führt. Take 37 Düwell 1 / 15 Das ist halt unsere Kirche, da kann man noch mal unsere Steine anfassen, die sich dann auch so verbeulen. Die Kirchentür hat wahrscheinlich im Winter auch etwas gelitten, dass sie dann etwas schwerer aufgeht. Machen wir natürlich leicht gangbar. So, jetzt sind wir in der Kirche. Die Innenseite der Kirche ist noch bemalt aus dem ersten Jahr, was wir gemacht haben. Und zwar haben wir die von uns aus jetzt rechte Zaunseite mit Holzplatten benagelt, will ich nicht sagen, aber befestigt und die haben wir dann in der Optik von Naturstein bemalt. Und da wir diese wiederverwenden - jetzt sind es halt die Rückseite, von vorne mit Plastikfolie in Steinoptik. CD: Müritz-Saga 2007 /18 ab ca. 2' im Hintergrund Take 38 Düwell 1 / 18 Wir sind zehn Schauspieler, zehn professionelle Schauspieler. Und letztes Jahr hatten wir 28 Kleindarsteller, das wird in diesem Jahr genauso sein müssen. Ich hatte im letzten Jahr gesagt, nein, wir nehmen nur zwanzig Kleindarsteller. Dann kamen aber zum Casting 70. Dann habe ich gesagt, na gut, dann waren es 25 und dann waren es 28. Zu denen, die letztes Jahr da waren, kamen noch mal 50 dazu, ja, was mache ich. Besser, man hat die Auswahl, auf der anderen Seite ist es auch wieder eine Qual. Die Qual der Wahl einfach. Weil ich in diesem Jahr ja, wie im letzten Jahr auch, gerne wieder auf die Leute zähle, die von Stunde Null an nicht wissend, was da kommt, dabei waren. Wir sind da auch sehr treu, was die Zusammenarbeit mit allen Leuten betrifft, die uns unterstützen. Autor: Der Pakt mit dem Teufel wird im Juli geschlossen, dreimal pro Woche. Ein abendfüllendes Spektakel. Liebe, Leid und Hoffnung wird es geben. Prügel, Pferde und auch Bier. Für zwei Stunden fällt dann die Müritz in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zurück - in die Zeit, wie sie sich der Autor, Roland Oehme, einst gefeierter DEFA- Regisseur, und Nils Düwell vorstellen. CD: Wenn ein Mensch lebt. Sehr kurz freistehend, dann im Hintergrund Autor: Nils Düwell ist Schauspieler, Regisseur und Autor. "Die Legende von Paul und Paula" hat er fürs Theater inszeniert. Im Tatort, Polizeiruf und im Großstadtrevier war er zu sehen. Gerade ist er von Dreharbeiten aus Oslo zurück. Take 39 Düwell 2 / 10 Wenn man manchmal im Tatort steht oder im Polizeiruf oder in manchem Fernsehfilm, das ist das eine. Aber dafür ist es viel zu selten, dass ich da zu sehen bin. Für die Leute hier zählt, können sie was mit dem anfangen, der da was macht, ist das einer von uns, wie sie sagen oder ist er da irgendeiner aus Berlin, der versucht, ihnen Kultur beizubringen. Ich glaube, da zähle ich mehr in das erste Segment hinein. Man merkt es, wenn meine Frau und ich hier durch die Straßen gehen, es ist einfach herrlich. Du geht über die Kreuzung, ein Busfahrer grüßt. Oder du gehst am Bäcker vorbei: Hallo, Herr Düwell. Das ist einfach angenehm. Alle fragen, wann geht es wieder los. Das macht es hier so schön. Was macht es Ihnen leichter, dass Sie hier etwas bewegen können oder das, was Sie auch Ihre Fischkopf-Herkunft nennen? Für mich ist, egal was ich tue, ob Arbeit oder privat, für mich zählt Authentizität am meisten. Ich glaube, hier in Waren, da trifft sich Vergangenheit, also meine Biographie, die mit Mecklenburg zu tun hat, meine Erfahrung, die ich jetzt mit dem Theater und sonst wo gemacht habe, mit diesem Drang zur Authentizität derart, dass die Leute immer mich erkennen und die merken, der macht kein Aufhebens um Sachen, für die es nicht wirklich wichtig ist, was zu sagen. Und wenn der eben mal eine Kritik übt, wie ich das im vergangenen Jahr gemacht habe, dann ist es so, dass das keinen verletzt, dann geht es meistens um die Region, um die Stadt, wo ich denke, noch so viel Potential vorhanden ist, was man noch heben könnte, gemeinsam. CD: Müritz-Sage 2007 / 18 ab ca. 5' Autor: Im Juli wird Nils Düwell in der Freilichtbühne in Waren / Müritz wieder in der letzten Reihe sitzen, auf seinem Schaukelstuhl, der dann nie zu Ruhe kommt. Er wird zappeln, schon mal aufspringen, sich wieder fallen lassen, als wäre er das Begleitprogramm zur Müritz-Saga. Nils Düwell wird nicht still sitzen. Zu sehr hat der den Rhythmus in sich, den die Aufführung braucht. Zu sehr hat er die Rollen verinnerlicht. Aber selbst auf die Bühne gehen wird er nicht. Take 40 Düwell 2/ 7 Ich habe einmal in meiner allerersten Inszenierung in Weimar versucht, in meiner eigenen Inszenierung versucht, selbst mitzuspielen. Das habe ich aber nach zwei Proben ganz schnell sein lassen, weil ich kann mir nicht zugucken, wie das, was ich auf der Bühne tue wirkt im Zusammenspiel mit den anderen Schauspielern. Das mache ich nie wieder. Und hier in Waren, da habe ich so viele Sachen, dass ich nicht unbedingt auf der Bühne stehen muss, es sei denn, es ist mal jemand krank. Im ersten Jahr ist der stumme Diener, der Detlef Kreuzberger, der hat sich während der Vorstellung die Schulter ausgekugelt, dann habe ich ab der nächsten Vorstellung gespielt für ihn. Das ist dann aber für den Ausnahmefall in Ordnung, möchte ich aber nicht. Die Leute sollen gesund bleiben, dass sie ihre Rolle spielen, ja. Autor: "Der Pakt mit dem Teufel". Teil 3 der Müritz-Saga wird wieder in Mecklenburg nach dem Dreißigjährigen Krieg spielen. Die Ideen von Roland Oehme und Nils Düwell reichen auch für einen, vierte, einen fünften, einen sechsten Teil. Und sollen auch dann noch nicht zu Ende, wie Nils Düwell schon mal verkündet. CD Müritz-Saga 2006 / 22 ab 0'22 (mit Text: Wird der dunkle Unbekannte wiederkehren, um Unrecht und Willkür der Mächtigen zu bekämpfen? Wo kommt er her, was treibt ihn an. Ist er wirklich der Rächer der Armen. Die Zeit der Hoffnung scheint gekommen) Autor: Der dunkle Unbekannte. Manchmal werde ich einfach verwechselt. Aber Fragen bleiben offen. Z.B.: Wie wahr ist denn die Müritz-Saga? Die Antwort kennt Jürgen Kniecz vom stadthistorischen Museum Waren: Take 41 Kniecz 12 Es ist ein Spektakel mit all dem, was dazu ist, wie ein Historienfilm oder etwas anderes, wo man die Leute unterhalten möchte und als Aufhänger sich an historischen Ereignissen anlehnt. Es hat also weder mit der Stadtgeschichte von Waren etwas zu tun, noch sind die handelnden Personen wirklichen Personen nachempfunden oder sollen diese darstellen, sondern es ist eine fiktive Erzählung, die sich so oder ähnlich vielleicht hier in der Gegend in Mecklenburg abgespielt haben könnte. Der positive Effekt, den das Museum daraus ziehen kann, ist, dass nach solchen Veranstaltungen durchaus Besucher kommen und Warener kommen und fragen, wie war das denn nun eigentlich wirklich, die dadurch Anregung finden, sich mit der Stadtgeschichte konkret zu beschäftigen. Autor: Die Bühne will kein Geschichtsbuch ersetzen, die Bühne kann Erkenntnisse vermitteln, mehr aber noch Gefühle erzeugen und Anregungen geben. Und sie kann die Touristen an die Müritz holen. Den Stadthistoriker Jürgen Kniesz freut es: Take 42 Kniecz 13 Die Besucher, die werden auf bestimmte Ereignisse aufmerksam gemacht und fragen dann nach, wie war das wirklich zu der Zeit hier in Waren. Wie sah das zum Dreißigjährigen Krieg, im 17. Jahrhundert hier in der Stadt aus, gab es denn Hexenverfolgung hier in Waren. Oder wie waren die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges unmittelbar für die Stadt zu sehen. Es ist ja so, dass man in der Stadt selbst in Waren, aus dieser Zeit keine baulichen Überreste mehr sieht. Die ältesten Gebäude, die wir haben, sind die Kirchen, die das miterlebt haben. Aber alles andere, was hier in Waren oberirdisch zu sehen ist, sind alles Bauwerke, die nach 1700 entstanden sind. Die Stadt ist im 16. Jahrhundert mehrfach total abgebrannt, zuletzt 1699 und wurde dann im Prinzip neu aufgebaut. Die Zeit, die auf der Freilichtbühne dargestellt wird, die Zeit des 17. Jahrhunderts, sieht man in natura und im Original hier in der Stadt nicht mehr....Die Warener Archive sind auch mit vernichtet worden im Zuge dieser Stadtbrände. Hier in Waren selbst ist kaum etwas übrig geblieben, kaum Papier aus dieser Zeit vor 1700. Was man natürlich zusammentragen kann, wo man wieder etwas finden kann, das ist das in umliegenden Archiven bzw. im Landesarchiv in Schwerin,wo entsprechende Berichte, Unterlagen dann noch da sind. Autor: Die Müritz ist teuflisch. Ab dem 4. Juli. Dann nimmt ein Teufel Quartier im mecklenburgischen Waren an der Müritz, dort wo es reichlich Wasser, Ruhe und flache Wege gibt. Dort wo die Leute, nicht immer reden müssen. Wo es von Fischen wimmelt, in der Müritz und auf den Tellern der Restaurants. Und wo angeblich alles 50 Jahre später passieren soll. Stimmt das? Und wenn schon. Allerdings: Auf der Warener Freilichtbühne gibt es ja immer Katastrophen, die ein strahlender Held wieder richten muss, so ein Rächer der Enterbten und der ehrlichen Steuerzahler. Wenn er nun erst 50 Jahre später....Nein, alles wird gut. Im Fernsehen ist das so. Und auf Freilichtbühnen auch, selbst, wenn die in Mecklenburg stehen. Vorhang. Regie: Kennmusik Absage: 1000 Seen und der eine. Die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Deutschlandrundfahrt mit Thomas Klug.