Deutschlandradio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Abgänge - Wenn politisches Führungspersonal plötzlich abtritt - Autor Barbara Schmidt-Mattern (Beitrag 1: 3.17) Herb, Verena (Beitrag 2: 3.16) Schrammar, Susanne (Beitrag 3: 3.02) Petermann, Anke (Beitrag 4: 3.23) Günther, Matthias (Beitrag 5: 3.21) Sdg. 16.12.2010 - 13.07 Uhr Länge 21.18 Minuten folgt Script Sendung Script Sendung M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD Abgänge. Wenn politisches Führungspersonal plötzlich abtritt. Am Mikrofon begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD Welche Wirkungen hat es auf die eigene Partei, hier die CDU im jeweiligen Bundesland, wenn in Hamburg der Erste Bürgermeister und in Hessen der Ministerpräsident überraschend zurücktreten, in Schleswig-Holstein der Parteivorsitzende vor der Zeit den Vorsitz abgibt und ein vorzeitiger Abgang als Ministerpräsident durch vorzeitige Neuwahlen absehbar ist, wenn in Nordrhein- Westfalen der Ministerpräsident und Parteivorsitzende nach der verlorenen Wahl alle Ämter aufgibt und der Ministerpräsident von Niedersachsen plötzlich doch eine Neigung auf höhere Weihen in sich verspürt und von Hannover nach Berlin wechselt? Der Länderreport fragt in den nächsten 20 Minuten hier und dort nach. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Er ging, weil er die Wahl verloren hatte. Und er hat sich zurückgezogen. Jürgen Rüttgers. Sein Name wird inzwischen nur noch genannt, wenn vom großen "Politikersterben" unter den CDU-Landesfürsten die Rede ist: Koch ging in die Wirtschaft, Wulff ins Bundespräsidialamt und Rüttgers? Er bekommt ab Januar 2011 eine eigene Vorlesungsreihe an der Uni Bonn und lässt wissen, wie schön es sei, endlich mehr Zeit zu haben. Dies ist aus Nordrhein-Westfalen zu erfahren und anderes. Barbara Schmidt-Mattern verschafft uns einen bündigen Überblick - von Rüttgers zu Röttgen. Abgang NRW / Schmidt-Mattern - 3'17" E 01 (Rüttgers) Ich weiß auch, dass ich sicherlich nicht jedem gerecht geworden bin, aber ich hab mich bemüht. AUT Mit viel Pathos verabschiedet sich Jürgen Rüttgers von seiner CDU. Es ist der Landesparteitag in Bonn Anfang November. Schon im Sommer hat der 59-Jährige seinen Rückzug von allen Parteiämtern angekündigt. Abgewählt und abgedankt - das war's. 330.000 Stammwähler sind bei der Landtagswahl am 9. Mai zuhause geblieben. Sie hatten die Nase voll: Vom Wahlkampf, in dem die CDU auf die falschen Themen setzte, vom Rüttgers-Image des selbsternannten Arbeiterführers und von den zahllosen Affären in der Landespartei. Jürgen Rüttgers empfindet das alles bis heute als ungerecht. Doch führende Parteileute haben sich von ihm abgewendet, nur Ex-Generalsekretär Andreas Krautscheid blieb ihm bis zum Schluss ergeben. E 02 (Rüttgers) Andreas war in dieser Zeit ein Vorbild an Loyalität, und wenn alle so loyal gewesen wären, dann würden wir vielleicht heute über was anderes diskutieren. AUT Da spricht ein Ex-Vorsitzender, der noch immer nicht begriffen hat, was er selbst mit der Malaise der NRW-CDU zu tun haben soll. Nach 39 Jahren SPD-Herrschaft führte Rüttgers die Christdemokraten im Jahre 2005 wieder an die Macht. Fünf solide, wenn auch glanzlose Regierungsjahre liegen hinter ihm - doch zum Landesvater reichte es nie. Mit seinem Misstrauen und seiner hölzernen Art stand Rüttgers sich selbst im Weg. Umso mehr profilierte er sich als "soziales Gewissen der CDU" gegen Berlin und piesackte die Kanzlerin und Parteifreundin Angela Merkel. Doch die zeigt sich großherzig. E 03 (Merkel) Und ich sage Dir ganz ausdrücklich, lieber Jürgen Rüttgers, das war und ist ein ganz wichtiger Beitrag, und ich sag's auch, Ratschläge nehmen wir weiter gerne von Dir an. AUT Aber in Düsseldorf fragt ihn fast keiner mehr um Rat. Als einfacher Landtags-Abgeordneter kauert Rüttgers nun im Plenarsaal, er meidet das Rednerpult - jetzt hat ein anderer das Sagen. E 04 (Röttgen) Liebe Freundinnen, liebe Freunde, ich nehme in großer Dankbarkeit diese Wahl an, und ich werde alles geben, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Herzlichen Dank, auf gute Zusammenarbeit! AUT Mit 92,5 Prozent wählt die NRW-CDU Anfang November Norbert Röttgen zu ihrem neuen Vorsitzenden - ein kräftiger Vertrauensvorschuss. Doch auf den neuen Chef wartet viel Arbeit. Als Oppositionsführer muss Röttgen die rot-grüne Minderheitsregierung in die Mangel nehmen, Kurskorrekturen in der Schulpolitik durchsetzen, die gähnend leere Parteikasse auffüllen und - die vielleicht schwierigste Aufgabe - den Christdemokraten an Rhein und Ruhr neues Selbstbewusstsein geben. "Muttis Klügster", wie Röttgen in Anspielung auf Angela Merkel genannt wird, setzt dafür auf sogenannte Klatschsätze. E 05 (Röttgen) Und ich verschreibe mich diesem Landesverband nicht nur fein und vornehm auf der Regierungsbank, sondern ich möchte in ... Düsseldorf, in Hattingen und sonst wo sein, denn das ist meine Zusage und mein Versprechen an Sie. (Beifall) AUT Norbert Röttgen versteht sich dieser Tage als Motivationstrainer. Noch ist die große Mehrheit an der CDU-Parteibasis überzeugt, mit dem "George Clooney aus Meckenheim" - so Röttgens Spitzname - die richtige Wahl getroffen zu haben. Dass der seine neue Aufgabe womöglich nur als Sprungbrett ins Kanzleramt sieht, sei doch nur ein Gerücht. Oder? -ENDE NRW- MOD Das Fahrwasser wurde ihm zu unübersichtlich, die Fahrrinne zu eng. Als schließlich das Regierungsschiff kurz und heftig auflief, da sprang er als erster von Bord. Carl-Friedrich Arp Ole Freiherr von Beust. Nach seinem Rücktritt zeigte sich: Die Erosion innerhalb der Partei ist weit vorangeschritten, der Nachwuchs fehlt, alte Politriegen dominieren, die Wähler laufen der CDU davon. Und da, just dieser Tage, kandidiert nun jener Mann für die CDU, der als Initiator des Volksentscheids gegen die Schulreform Ole von Beust ein Bein stellte. Verena Herb schaut zurück. Abgang HH / Herb - 3'16" E 01 (Beust) Ich möchte ihnen mitteilen, dass ich heute dem Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft meinen Rücktritt vom Amt des 1. Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg mit Wirkung zum 25. August 2010 mitgeteilt habe. AUT 18. Juli 2010. Um 17 Uhr 42 verabschiedet sich Ole von Beust aus der Politik. Sein letzter offizieller Auftritt fällt zusammen mit dem Tag des Volksentscheids zur Schulreform. Fast 300.000 Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden sich gegen die Pläne des schwarz- grünen Senats, eine sechsjährige Primarschule einzuführen. Damit ist das zentrale politische Projekt dieses Bündnisses passé. Rückblick: Schon Wochen vorher wird spekuliert, dass Hamburgs erster Bürgermeister amtsmüde ist. Der wiegelt immer ab: E 02 (Beust) Quatsch, ne. Wenn Sie lange dabei sind heißt es immer, der ist amtsmüde. Ich will ja nicht ausschließen, dass man mal nen Tag hat wo man müde ist oder müde wirkt. Aber hier liegen wichtige Aufgaben vor uns, und ich bin nicht amtsmüde. AUT Doch die Gerüchte verunsichern die Konservativen: Die Stimmung ist schlecht, der Unmut ist groß: Wie geht es weiter? Mit oder ohne von Beust? Und: Wer kommt dann nach? Schon im Frühjahr steckt die CDU in der Krise: Die Umfragewerte sinken, Ende Juni liegen die Christdemokraten bei 36 Prozent, rund 7 Prozent unter dem Ergebnis der letzten Bürgerschaftswahl 2008. Ihr laufen die Wähler davon. In diesem Zusammenhang spielt die Debatte um die Schulreform eine wichtige Rolle. Viele Konservative sind entrüstet, dass sich Ole von Beust - und mit ihm die gesamte CDU-Fraktion - so bedingungslos hinter das grüne Projekt "Primarschule" stellt. Jetzt ist von Beust weg - sein Nachfolger wird Christoph Ahlhaus, der ehemalige Innensenator. Er versucht eine andere Masche, grenzt sich ab vom distanziert wirkenden Hanseaten von Beust - will der Bürgermeister zum Anfassen sein. E 04 (Ahlhaus) ... ein Mensch wie Du und ich, mit Stärken und mit Schwächen. AUT Christoph Ahlhaus versucht den Spagat, will einerseits das Bündnis schwarz-grün Aufrecht erhalten und andererseits die Partei wieder einen. Sein erster großer Fehler: Die Besetzung neuer Senatorenposten. Als Chef der Wirtschaftsbehörde kommt ein parteiloser Unternehmer zum Zug, der als "Containerkönig" seinen Lebenslauf schönt. Als Kultursenator wird ein Mann ins Amt gehoben, der ein Jahr zuvor als Staatsrat in just dieser Behörde gefeuert wurde. Und Carsten Frigge, gegen den wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Untreue in Rheinland-Pfalz ermittelt wird, an dem hält er fest. Diese katastrophalen Entscheidungen zeigen auch: Die CDU hat keine guten Leute. Talentförderung - das haben die Christdemokraten in den letzten Jahren unter von Beust sträflich vernachlässigt. Auch aufgrund der Personalwechsel im Senat haben die Grünen haben vor wenigen Wochen die Koalition platzen lassen. Neueste Umfragen zeigen: Die CDU dümpelt jetzt bei 22 Prozent. Damit es nicht noch schlimmer wird, nehmen die Christdemokraten alles zurück, was sie mit den Grünen verabschiedet hatten und was für große Kritik gesorgt hat. E 05 (Ahlhaus) Deswegen gibt es von uns, von mir an diesem Abend eine klare Botschaft an die Menschen in dieser Stadt: Wir haben verstanden, das war ein Fehler ... und wer mich zum Bürgermeister wählt, kann sicher sein, die Primarschule ist vom Tisch, meine Freunde. -ENDE HH- MOD Es dränge ihn nichts nach Berlin, sagte er als Ministerpräsident ein ums andere mal in jedes Mikrofon. Dann machte der Bundespräsident in Berlin den Köhler, er machte den Köhler in Hannover und fand sich in Schloß Bellevue wieder. Christian Wulff. Sein Abgang aus Niedersachsen löste diverse Personalwechsel in der niedersächsischen CDU aus. Und: Sein Wechsel von der Leine an die Spree hat den Christdemokraten in Niedersachsen offenbar nicht geschadet, teilt uns Susanne Schrammar mit. Im Gegenteil. Abgang NI / Schrammar - 3'02" E 01 (CDU-Mitglieder) Warum sollte man jetzt Herrn Wulff hier vermissen? Wir haben doch einen Ministerpräsidenten. /// Hier in Niedersachsen ist der Übergang so geräuschlos verlaufen wie sicher nirgendwo, weil der Kronprinz nicht nur Kronprinz war, sondern tatsächlich schon die halbe Krone aufhatte. Man kann damit zufrieden sein. McAllister hat das gut gemeistert bis dato. /// Man kann sagen, dass doch eine gewisse Aufbruchstimmung eingetreten ist und ich denke, das ist ein super Start in Hinblick auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr und auf die Landtagswahlen 2013. AUT Trauer, Wehmut oder gar Tränen nach Wulffs Weggang? Fehlanzeige. Nicht etwa, weil die CDU-Basis ihren langjährigen Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten nicht geschätzt hätte - nein. Er sei es schließlich gewesen, der die zerstrittene Partei wieder geeint hätte, heißt es. Doch Christian Wulff selbst hatte schon vor Jahren für seine Nachfolge gesorgt und damit den geräuschlosen Übergang ermöglicht. Wulff, der immer schon damit geliebäugelt hatte, in die Wirtschaft zu gehen, vertraute darauf, dass die CDU und das Land bei McAllister in guten Händen wären. E 02 (Wulff) David McAllister, den ich sehr lange kenne, wird das wunderbar machen. E03 (McAllister) Die Marke bleibt, das Modell ist neu. AUT So beschreibt es David McAllister gerne. Zwar muss der Wulffziehsohn noch einige Erfahrungen sammeln, aber auf der politisch-inhaltlichen Ebene sind sich Vorgänger und Nachfolger sehr ähnlich. Allerdings ist der junge Jurist wesentlich zugänglicher als der oft reserviert und steif wirkende Wulff. Und das wirkt sich auch auf die Partei aus. Während Wulff nur sehr wenigen vertraute und am liebsten alles selber machte, setzt der Neue auf die Arbeit im Team, motiviert und begeistert. Kommunikativer und persönlicher sei der Stil McAllisters, freuen sich die niedersächsischen CDU-Mitglieder. Offen übt keiner der loyalen Weggenossen Kritik an Vorgänger Wulff, doch es ist herauszuhören, dass in der Landespartei nach seinem Weggang ein neues Zeitalter angebrochen ist. Generalsekretär Ulf Thiele. E04 (Thiele) Da ist David McAllister sicher auch durch sein jüngeres Alter ein bisschen dynamischer, ein bisschen fordernder, bringt die Dinge sehr schnell auf den Punkt und voran, geht dann auch manchmal auch intern einem Konflikt nicht aus dem Weg, um die Dinge zu klären. AUT Sowohl im niedersächsischen Regierungskabinett als auch in der Partei wird dank McAllister wieder mehr diskutiert und debattiert. Genau das hätten sich die niedersächsischen CDU- Mitglieder laut einer Befragung gewünscht, sagt Generalsekretär Thiele. E05 (Thiele) Insbesondere haben uns unsere Mitglieder signalisiert, dass sie mehr diskutieren wollen, dass sie noch mehr als bisher in Meinungsbildungsprozesse vor allem auf der kommunalen Ebene mit einbezogen werden wollen, dass sie regelmäßig informiert werden wollen und sie wollen, dass die CDU Debattenkultur pflegt. AUT Ein Wunsch, der zu den Vorstellungen des Neuen an der niedersächsischen CDU-Spitze passt. Auch wenn die Diskussionen möglichst parteiintern und nicht öffentlich geführt werden sollen, weil die CDU sich nach außen geschlossen präsentieren will. Denn eines macht das Alpha-Tier McAllister deutlich: Auf der Nase herumtanzen lassen wird er sich von seinen Mitgliedern nicht. E04 (McAllister) Ich bin für jeden kritischen Hinweis dankbar, moderierend, abwägend, Diskussionen zulassend, aber wenn Diskussionen ausufern in Palaver - entscheiden! -ENDE NI- MOD Er galt als ein Vollblutpolitiker, klopfte immer wieder mal - auch ungerufen, aber hörbar - in Berlin an, war das letzte Abziehbild eines lupenreinen Konservativen vom 50er Jahrgang und teilte überraschend im Mai mit: Politik ist nicht alles. Roland Koch. Die Begründung der plötzlichen Ankündigung seines Rücktritts vom Amt des Ministerpräsidenten nahmen ihm nur wenige ab, viele Beobachter schauten da eher nach Berlin als Ort der eigentlichen Ursache. Von dort waren zahlreiche Worte des Bedauerns zu hören, mehr aber auch nicht. Anke Petermann über das Ende der Ära Koch und die Folgen für die CDU in Hessen. Abgang HE / Petermann - 3'23" E 01 (Koch) Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens, aber Politik ist nicht mein Leben. E 02 (Wallmann) Als diese Nachricht kam, ganz klar, war das ein Schock ... AUT ... erinnert sich die junge CDU-Landtagsabgeordnete Astrid Wallmann. Bei einer Versammlung im Vorfeld des Rücktritts Ende August schwelgt die Junge Union Südhessen in Wehmut über den Abgang des Übervaters. E 03 (Mann) Ich denke, die Junge Union hat eine besondere Situation, weil die meisten, die hier sitzen, mit Roland Koch quasi aufgewachsen sind. AUT Die Wiesbadener Landtagsabgeordnete Astrid Wallmann gilt gemeinhin als vielversprechende CDU-Nachwuchskraft und hält den Schockzustand für mittlerweile überwunden. E 04 (Wallmann) ... weil der Übergang so fließend war und auch die Nachfolge geregelt war, Volker Bouffier sofort gesagt hat, dass er das macht, das ist eigentlich relativ glatt abgelaufen und ein sauberer Übergang gewesen. AUT Sauber? Da ist die rot-grün-rote Opposition in Hessen entschieden anderer Ansicht. Roland Koch, der sich in seiner Amtszeit als Ministerpräsident für das Riesen-Bauprojekt Flughafenerweiterung in Frankfurt am Mainstark gemacht hat, wird demnächst selbst "Baulöwe". So nennt jedenfalls die Bild-Zeitung den Wechsel zum Mannheimer Konzern Bilfinger Berger. Im kommenden März wird der Branchen-Neuling im Vorstand eingearbeitet, im Juli rückt er an dessen Spitze. Als pikant werten die Kritiker zudem, dass Koch als ehemals "brutalst möglicher Aufklärer" in der CDU-Spendenaffäre Anfang 2011 den Aufsichtsratsvorsitz der deutschen Niederlassung der UBS übernimmt. In der Schweizer Großbank ging die Bankgesellschaft auf, die einst die millionenschweren CDU-Schwarzkonten mit den Geldern unbekannter Spender führte. Hans Rodius, CDU-Stadtrat in Taunusstein, wünscht Koch alles Gute. E 05 (Rodius) Ich halt ihn für geeignet für diese Art von Jobs, gar keine Frage. Ob das jetzt so kurzfristig sein muss, muss jeder selbst wissen, aber man darf keinen Politiker- auch wenn er mal in so einem Amt war - darf man deswegen nit bestrafen, nur wenn er sagt "jetzt ist Schluss". Man muss ihm schon die Chance geben, sich beruflich zu entwickeln. AUT Dass Koch sich so rasch in einflussreiche und hoch dotierte Posten des Bau- und Finanzwesens katapultiert hat, kritisieren Christdemokraten nur verhalten. Schließlich trauern sie der rhetorischen Schärfe und strategischen Klarheit des langjährigen Landesparteichefs nach. Große Fußstapfen für Volker Bouffier. Der Nachfolger neigt zu mäanderndem Redefluss. Selbst den Kabinettsmitgliedern ist manchmal nicht so recht klar, wohin der neue Regierungschef das Land steuern will. Aber, so trösten sich CDU-Anhänger, E 06 (Frau) Sicherlich ist es so, dass sich Volker Bouffier einen neuen Stil vorgenommen hat - etwas mehr Bürgernähe. /// (Mann) Er ist vielleicht etwas mehr so der Landesvatertyp ... AUT Allerdings steht der neue Regierungschef als vormaliger Landesinnenminister wegen Mobbing- und Beförderungsaffären in der hessischen Polizei stark unter Druck. In Umfragen rutscht die Hessen-CDU weiter ab, landet bei inzwischen nur noch knapp über 30 Prozent der Wählerstimmen. Der böse Bundestrend ist schuld, sagen die regierenden Christdemokraten. Und dennoch: ein Hauch von Verunsicherung macht sich unter Hessens Schwarzen in der Ära nach Koch breit. -ENDE HE- MOD Land unter. In Schleswig-Holstein, in der Regierungskoalition, in der Landes-CDU. Der aufmerksame Beobachter des Geschehens in Kiel lachte ob der Feststellung am Telefon. HSH Nordbank, verfassungswidrig zusammengesetztes Parlament, Schlacht um neues Wahlrecht, vorgezogene Neuwahlen, Carstensen ... die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Land unter also da oben hoch im Norden, trotz des Versuchs, den Anschein einer geordneten Übergabe und Landespolitik zu erwecken. Matthias Günther berichtet. LR 5 Abgang SH / Günther - 3'21" AUT Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen wollte seine Nachfolge rechtzeitig regeln. Als das Landesverfassungsgericht eine Neuwahl des Landtags anordnete, verkündete er sofort, nicht wieder als CDU-Landesvorsitzender zu kandidieren. Auf seinen Vorschlag wählte der Landesparteitag im September den Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Christian von Boetticher zum neuen CDU-Landeschef. Der Abgang war für Carstensen ein bewegender Moment: E 01 (Carstensen) "Ich bin stolz auf meine CDU. (Weinerlich:) Gott schütze unser Schleswig- Holstein." AUT Aber so besonders innig, wie es hier schien, war das Verhältnis Carstensens zur Landespartei nicht. Er war in erster Linie Ministerpräsident, Landesvater. Um Organisation und Programm der CDU kümmerte er sich weniger. Viele CDU-Mitglieder begrüßen es, dass nun der erst 39 Jahre alte Christian von Boetticher an der Spitze der Landespartei steht. E 02 (CDU-Mitglieder) "Also ich glaube, das nützt der schleswig-holsteinischen CDU. /// "Carstensen hat ausgedient, von Boetticher wird das sicherlich anders machen, vielleicht auch besser." AUT Und von Boetticher machte sich sofort daran, frischen Wind in die schleswig-holsteinische CDU zu bringen. Die CDU-Arbeitskreise arbeiten seiner Meinung nach zu sehr in Hinterzimmern und produzieren Papiere, die niemand liest. Er wandelte sie in Gesprächskreise um: sie sollen auf öffentlichen Veranstaltungen mit den Bürgern diskutieren. Zu Vorsitzenden machte er bekannte Persönlichkeiten aus dem Lande, die nicht in jedem Fall der CDU angehören. Den Gesprächskreis Integration hat beispielsweise die Vorsitzende des Türkischen Elternbundes in Kiel übernommen. Vieles soll sich ändern, sagt Christian von Boetticher: E 03 (von Boetticher) "Wir müssen das gesellschaftliche Know-how, was Bürgerinnen und Bürger haben, die nicht in der CDU sind - oder bisher nicht in der CDU sind, stärker mit aufnehmen. Wir müssen offen sein für Anregungen, und ich glaube das ist ein wichtiger Prozess, den wir jetzt angestoßen haben." AUT Von Boettichers Start als CDU-Landesvorsitzender ist damit gelungen. Doch der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende strebt auch das Amt des Spitzenkandidaten für die vorgezogene Landtagswahl an, denn Peter Harry Carstensen tritt nicht mehr an. Mit diesem Wechsel sind an der CDU-Basis allerdings nicht alle einverstanden: E 04 (CDU-Basis) "Boetticher ist noch nicht so bekannt. Wenn ich Carstensen gewesen wäre, wäre ich nicht zurückgetreten. Ich hätte noch mal einen Wahlkampf gemacht." /// "Im Augenblick ist es ja so, dass Carstensen immer noch populär ist, besser wäre es, wenn Carstensen weiter bleibt." /// "Herr von Boetticher muss bekannter werden hier." AUT Christian von Boetticher kennt das Problem. Während die Bewerber um die SPD- Spitzenkandidatur durchs Land ziehen und ihre Schlagzeilen haben, versucht von Boetticher mit Diskussionsrunden zur Bildungspolitik dagegen zu halten. Die Resonanz könnte besser sein. Immer wieder gibt es Gerüchte, von Boetticher könnte das Amt des Ministerpräsidenten von Carstensen übernehmen, um mit dem Bonus des Amtsinhabers in den Wahlkampf ziehen zu können. Aber das Risiko wäre groß; denn Schwarz-Gelb regiert in Schleswig-Holstein mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme. Gestern bei der Verabschiedung des Haushalts ist es von Boetticher zwar gelungen, alle wankelmütigen CDU-Abgeordneten, die Einsparungen in ihrem Wahlkreis kritisierten, auf Linie zu bringen. Dennoch: Christian von Boetticher, der bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden fünf Gegenstimmen bekam, kann sich nicht sicher sein, bei einer Ministerpräsidenten-Wahl alle Stimmen der CDU-Fraktion zu erhalten. Wenn er das schaffen würde, wäre der Wechsel von Carstensen zu von Boetticher tatsächlich gelungen. -ENDE SH- MOD Abgänge. Wenn politisches Führungspersonal plötzlich abtritt. Das war das Thema des Länderreports mit Berichten aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Morgen dann kommt der Länderreport aus Berlin und beschäftigt sich mit dem bekannten 2-Seelen-in-einer-Brust-Problem nicht weniger Eltern von Schulkindern. Eigentlich möchte man ja, dass die eigenen Zöglinge mit Kindern aus weniger begüterten Schichten gemeinsam eine Schulbank drücken, aber ... Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Ablaufplan- 1