Deutschlandradio Kultur Länderreport Ländersache Kultur (2a) Die Kulturpolitik der Bundesländer Hamburg Autorin Herb, Verena Redaktion Julius Stucke Sendung 20.01.12 - 13.07 Uhr Sprecher Joachim Schönfeld Regie Stefanie Lazai - M A N U S K R I P T B E I T R A G - Kultur ist kein Luxus für Schönwetterperioden, der in Zeiten knapper Kassen verzichtbar ist. Grosse Worte von Christoph Ahlhaus. CDU-Politiker - und Hamburgs erster Bürgermeister mit der kürzesten Amtszeit in der hanseatischen Geschichte. Gerade einmal sechs Monate, von August 2010 bis März 2011, war er im Amt - als Nachfolger Ole von Beusts. Kulturpolitisch waren die sechs Monate eine Katastrophe, da sind sich die meisten Beobachter einig: Eine Katastrophe namens Reinhard Stuth. Kultursenator in der Regierung Ahlhaus: Ich will Anwalt für die Kultur sein! Erklärt Stuth, in der Tat Jurist. Es folgt eine Zeit, die über die Grenzen der Stadt hinaus als das "kulturpolitische Desaster von Hamburg" Platz in den Medien findet. "Denn sie wissen nicht, was sie tun" - titelt die Neue Zürcher Zeitung im Dezember 2010: Von konzeptloser Kulturpolitik und einer Allianz der Fachfremden ist da die Rede. Um Hamburg auch in Zukunft handlungsfähig zu halten, mussten wir teilweise auch sehr schmerzhafte Einschnitte beschließen... Erklärt Christoph Ahlhaus Ende September 2010. Die Stadt muss sparen. Auch beim kleinsten Etat, bei der Kultur. Doch anstatt überall ein bisschen zu kürzen, trifft es drei Institutionen besonders. Das auf hamburgische Kulturgeschichte spezialisierte Altonaer Museum soll geschlossen werden, die öffentlichen Bücherhallen müssen 1,5 Millionen Euro einsparen und Standorte schließen. Dem Schauspielhaus kürzt der Senat die Hälfte des künstlerischen Etats. Der ehemalige Innensenator Christoph Ahlhaus setzt ganz eigene Prioritäten: Ich habe als Bürgermeister entschieden, dass das Polizeiorchester erhalten bleibt. Punkt. Nicht nur die Kulturszene in der Stadt ist empört: Bundesweit melden sich Kulturschaffende und Künstler zu Wort. Daniel Richter, Ex-Hamburger, Maler und Kunstprofessor geht hart ins Gericht mit der politischen Elite, vor allem mit Reinhard Stuth: Der wirtschafte die Hamburger Kultur mit "neoliberaler Logik" herunter. Als ,Anwalt für die Kultur' scheitert Reinhard Stuth. Nur ein "Kulturgipfel" im Oktober 2010 kann das Schlimmste abwenden: Politiker und die Haute Volee der Hamburger Kulturlandschaft sprechen miteinander. Die Politik rudert zurück. CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus: Wir waren uns einig, dass die für den Kulturstandort Hamburg schädlichen Diskussionen und Debatten der letzten Wochen beendet sein müssen. Um das Image, den Ruf Hamburgs an dieser Stelle nicht zu schädigen. Zwar sind die Einsparungen nicht vom Tisch - aber sie werden zeitlich gestreckt. Die Kulturinstitutionen können selbst Vorschläge unterbreiten, wie die Sparmaßnahmen am besten umzusetzen sind. Doch am Grundproblem, dem strukturell bedingten, alljährlich größer werdenden Loch in den Kassen von Hamburgs Theatern, Museen und Büchereien ändert das nichts. Ende 2010 gehen Kulturschaffende und viele Bürger auf die Straße - protestieren gegen das dilettantische Agieren der Stadtoberen. Es ist der ist der Höhepunkt einer jahrelangen Entwicklung, die zeigt: Kultur ist das Stiefkind der Hamburger Politik. Rückblick: - Als Ole von Beust 2001 nach 40 Jahren SPD-Herrschaft an die Macht kommt. Gemeinsam mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill und der FDP - schafft der Bürgermeister es drei Monate lang nicht, eine Kultursenatorin oder -Senator zu finden. Dann wird eine Kandidatin präsentiert: Die BILD-Journalistin Dana Horakova. Auf die Frage, warum man sie ausgewählt habe, antwortet sie: Das frage ich mich schon die ganze Zeit selber. Ich weiß es wirklich nicht. Wunderbare Voraussetzungen, um die Kultur in einer Großstadt wie Hamburg nach vorne zu bringen... Gerade in der Kulturpolitik, bei der Besetzung von Intendanten- und Direktorenposten, kommt es auf das "Gewusst wie" an: Auf gute Kontakte, um kreative Köpfe locken zu können - auch dann, wenn das Budget nicht gerade üppig ist. Nichts geht ohne Kenntnis, Weitblick, Sensibilität - all das wird Dana Horakova abgesprochen. Dana Horakova scheitert. 2004 sind Neuwahlen, sie tritt nicht mehr an. Die CDU gewinnt die absolute Mehrheit. Ole von Beust hat dazu gelernt, weiß: Gerade in der Kulturpolitik steht und fällt der Erfolg mit der Person, die er auf den Posten holt. Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg fasst die Stimmung unter den Kulturschaffenden damals so zusammen: In Hamburg wird es dringend nötig, dass man wieder mehr den Blick auf die Künstler dieser Stadt richtet. Die letzten Jahre - durch die Personalbesetzung, auch durch das Desinteresse einer Regierung an der Kultur dieser Stadt sind Dinge verloren gegangen. Und es wird Zeit, dass man auch über Hamburg hinaus wieder von den Künstlern dieser Stadt berichtet. Und das ist die Aufgabe der Politiker, das Bild von Hamburg nach außen gut zu vertreten. Mit Karin von Welck kommt 2004 eine Kunst- und Kulturexpertin an die Elbe. Sie verspricht einen Neubeginn in Hamburgs überreizter Kulturpolitik. Ihre Stärke: Das Versöhnen von Menschen für gemeinsame Projekte ist eigentlich eine wichtige Aufgabe, die ich jetzt auch erfülle als Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder. Da habe ich ziemlich viel Erfahrung und das werde ich hier, hoffe ich doch, in Hamburg hinkriegen. Von Welck bleibt immerhin sechs Jahre im Amt. Das Verhältnis zwischen Kulturpolitik und Kulturschaffenden verbessert sich. Die ehemalige Museumexpertin weiß um die Bedeutung von Hoch- und Subkultur für die Gesellschaft. Und doch gerät sie in den letzten Monaten 2010 immer mehr in die Kritik: wegen der chronischen Unterfinanzierung bei den städtischen Museen denkt sie über eine Neustrukturierung der Institutionen nach. Museumsdirektoren laufen Sturm. Und nicht zu vergessen Hamburgs größte Kulturbaustelle: Die Elbphilharmonie, deren Bau seit 2007 immer wieder und nach wie vor zu Problemen führt. Das einstige Prestigeprojekt entwickelt sich immer mehr zum Debakel: Die Kosten explodieren, die Eröffnung rückt in immer weitere Ferne. Karin von Welck ist machtlos, räumt bereits im Juni 2008 ein: Der aktuelle Verzug auf der Baustelle beläuft sich mittlerweile auf 14 Wochen. Das sind ja immerhin dreieinhalb Monate. Und damit steht für mich fest, dass es nicht mehr verantwortbar ist, weiterhin für eine Eröffnung in der Saison 2010/2011 zu planen. Als Ole von Beust im August 2010 seinen Rücktritt verkündet, wirft auch Karin von Welck das Handtuch. Sie hat es satt, sich mit dem Bauunternehmen Hochtief zu streiten, ist ausgelaugt von den Querelen in der Museumslandschaft und der Kritik an ihrer Person. Es folgt - für sechs Monate - der "glücklose" Reinhard Stuth. Barbara Kisseler, zu jener Zeit Leiterin der Senatskanzlei von Berlins regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit, schaut auch von der Hauptstadt aus gen Hamburg: Da allerdings in Teilen mit ungläubigem Erstaunen. Bis hin zu leichtem Entsetzen. Wie leichtfertig, so schien es zumindest, der kulturpolitische Ruf in Windeseile verspielt wurde. Seit März 2011 ist SIE dafür verantwortlich, den kulturpolitischen Ruf wieder herzustellen: Nach dem absoluten Wahlsieg von Olaf Scholz ist sie parteilose Kultursenatorin im alleinherrschenden SPD-Senat. Sie kennt das Politikgeschäft - und weiß: Sie wird als Senatorin einer neuen Regierungspartei als Allheilbringerin für Hamburgs Kultur angesehen. Man hat zumindest ein bisschen Magengrummeln, ob man diese hochgespannten Erwartungen wohl auch in der Lage sein wird zu erfüllen. Aber ich finde bis zu einem bestimmten Grad sind Selbstzweifel etwas Konstruktives. Barbara Kisseler zeigt keine Angst, sie tritt bestimmt und selbstbewusst auf, bleibt aber dabei sympathisch und humorvoll. Und: Sie sucht direkten Kontakt zu den Kulturschaffenden. Deshalb trauen ihr die Protagonisten tragfähige Lösungen zu. Auch wenn die Unterfinanzierung der Kulturinstitutionen lange nicht vom Tisch ist. Doch zumindest konnte Kisseler bei ihrem Ruf nach Hamburg aushandeln, dass ihr Kulturetat nicht gekürzt, sondern sie sogar zusätzliche Gelder zugesprochen bekommt. Fürs erste Jahr zumindest. Der Kultur in der Stadt mehr Gewicht geben - will auch der Bürgermeister: Wir brauchen in Hamburg vor allem eine ganz neue Einstellung zur Bedeutung von Kultur. Bei der Kultur geht es eben um diejenigen, die sie machen. Die Künstlerinnen und Künstler, die Kulturschaffenden... Keine Spielchen mehr! Sagt Barbara Kisseler - und meint damit die Elbphilharmonie: Die Interessen der Stadt will sie knallhart vertreten: keine weiteren Verzögerungen, keine weiteren Kosten. Dennoch: Wie es auf der Großbaustelle weitergeht - man weiß es nicht genau. Sie wird Hamburgs Politik noch einige Jahre beschäftigen. So viel steht fest. Derzeit liegen die Kosten bei 323 Millionen Euro. 14 Monate Bauverzögerung, Eröffnung vielleicht 2014. Doch neben dem neuen Wahrzeichen Hamburgs muss sich Barbara Kisseler auch und vor allem um die bereits bestehenden Kulturinstitutionen kümmern. Barbara Kisseler hat einen wichtigen Schritt geschafft: Das Vertrauen der Kulturschaffenden zurück zu gewinnen. Doch lassen sich die künftigen Aufgaben konkret benennen: Wie geht es weiter mit der Umstrukturierung der historischen Museen? Wer kommt als Nachfolger von Generalmusikdirektorin Simone Young, die 2015 Hamburg verlassen will, an die Oper? Wird Kisseler es schaffen, Hamburg wieder ins Zentrum des kulturellen Interesses zu rücken? Wir werden im Bereich der Kreativwirtschaft einiges zu bewerkstelligen haben. Ateliers in der Speicherstadt... Wir werden sehen müssen, dass wir die großen Festivals die wir haben, mit internationalem Anstrich, dass wir das auch zukünftig hinkriegen. Ansonsten möchte ich einfach, dass in Hamburg wieder jeden Tag über Kultur positiv gesprochen wird. Und das wird noch einiges an Anstrengung bedeuten. Man wird Barbara Kisseler daran messen, ob sie ihren Vorschusslorbeeren gerecht wird. Vor allem dann, wenn im nächsten Haushaltsjahr doch an ihrem Budget gekürzt werden sollte... - E N D E B E I T R A G - Ländersache Kultur (2b) Die Kulturpolitik der Bundesländer Rheinland-Pfalz Autor Ludger Fittkau Redaktion Julius Stucke Sendung 20.01.12 - 13.07 Uhr Sprecher Joachim Schönfeld Regie Stefanie Lazai - M A N U S K R I P T B E I T R A G - Wir haben uns selber schon dabei ertappt, das wir überlegt haben, an welchen Orten wir hier ne Leiche hinlegen können. Die Landschaft reizt einen dazu, ein bisschen zu fantasieren und diese Einsamkeit auch. Zwei Krimitouristinnen aus Hamburg sitzen bei Kaffee und Kuchen im "Café Sherlock" im Eifelstädtchen Hillesheim. Es sind die Eifelkrimis des Bestseller-Autors Jacques Berndorf, die sie in diese einsame Gegend in den äußersten Westen der Republik gelockt haben: Die Leute liefen mit den Romanen hier durch die Orte, weil die Romane alle sehr authentisch sind, die Schauplätze stimmen, die gibt es in der Realität und es gab dann irgendwann mal einen Eifel-Reiseführer und in dem war Hillesheim umzingelt von Schauplätzen aus diesen Krimis... Manfred Schmitz, Tourismusmanager in Hillesheim. ...und da war es das Naheliegendste, diese mal ein bisschen aufzulisten. Wir haben den Eifel-Krimi-Wanderweg installiert mit zwei Routen, der bis heute so ein richtiger Renner ist. Eine Chance nicht nur für die Stadt Hillesheim, sondern für die ganze Eifel, glaubt die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen von der SPD. Deshalb unterstützt das Land das große Krimifestival "Tatort Eifel", das alle zwei Jahre Krimiautoren, Fernsehproduzenten und Verleger zusammenbringt - zu einem großen Branchentreff an verschiedenen Orten in der Eifel. Doris Ahnen: Ein ganz besonderes Highlight ist sicher das Thema "Eifelkrimi". Ich finde das ist richtig zu einer Marke geworden, der Regionalkrimi. Und in der Region ist es nicht nur Tatort Eifel, sondern es ist richtig zu einem touristischen Konzept geworden, um diese Region bekannt zu machen. Ein Erfolg, den die rheinland-pfälzische Landesregierung auch durch die Förderung anderer Festivals in der Provinz wiederholen will. Kulturdenkmäler werden zu diesem Zweck in Szene gesetzt: Der Wormser Dom ist Kulisse für Regisseur Dieter Wedel und dessen Nibelungenfestspiele, die römischen Thermen in Trier für antikes Theater. Klöster an der Mosel bieten den Rahmen für das Mosel-Musik-Festival, das Hambacher Schloss in der Pfalz für das Jazz-Festival "Palatia-Jazz". Gebündelt und gefördert wird all das vom Land seit zwei Jahrzehnten unter der Marke "Kultursommer". Der glaube ich der Struktur dieses Landes in besonderer Weise gerecht wird, das eben nicht nur in den städtischen Ballungszentren stattfindet, sondern die Kultur ganz bewusst auch im ländlichen Raum ihren Platz hat und das vor allem die Künstlerinnen und Künstler und die Kulturschaffenden selbst auch gefordert sind, sich in den Kultursommer einzubringen, Dinge mit zu entwickeln, das ist ein Ansatz, der gut zu diesem Land passt. Im Bekenntnis zu Kunst und Kultur im ländlichen Raum spiegelt sich ein neues Selbstbewusstsein des Landes, das sich erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten herausgebildet hat. Lange Zeit galt Rheinland-Pfalz als das Land der "Rüben und Reben", dessen Kultur sich weitgehend im Weinbau und den gut 500 Burgen und Schlössern aus dem Mittelalter erschöpfte. Lediglich in einigen Städten wie Mainz, Trier, Kaiserslautern oder Koblenz gab es so etwas wie den bürgerlichen Kulturbetrieb - Mehrspartentheater, eine kleine, eher unbedeutende Museumslandschaft oder Musikschulen. Die große, weite Kulturwelt tobte hinter den Landesgrenzen: Am Museumsufer oder in der Oper von Frankfurt am Main, in den Konzertsälen des Raumes Köln/ Bonn oder an den baden- württembergischen Nationaltheatern. Rheinland-Pfalz zählt in Sachen Kulturausgaben zu den Schlusslichtern im bundesweiten Vergleich. - Das Land gibt noch nicht einmal halb so viel Geld für Kultur aus wie Sachsen, bei fast gleicher Einwohnerzahl. - Aber eine Steigerung des Kulturetats liegt in weiter Ferne. Die rheinland- pfälzischen Kulturpolitiker sind heute eher froh, wenn sie die bisherigen Mittel für Kunst und Kultur im Haushalt verteidigen können. Das Land erhöht seit einigen Jahren nicht mehr die regelmäßige Zuwendung - etwa an die Stadttheater in Koblenz und Mainz - anders als die benachbarten Länder Baden-Württemberg und Hessen. Daher müssen beispielsweise Tariferhöhungen für die Beschäftigten an den rheinland- pfälzischen Theatern irgendwie aus dem Etat herausgeschnitten werden. Das geht meist zu Lasten der Produktionen, so Wolfgang Litzenburger von den Mainzer Theaterfreunden: Das ist eine erhebliche Summe. In Baden- Württemberg garantiert der Koalitionsvertrag allen Stadttheatern den Tarifausgleich, in Rheinland- Pfalz gibt es diese Möglichkeit nicht. Und das in einer Zeit, in der die Kommunen ihre Zuschüsse um jeweils mehrere hunderttausend Euro senken. Das Theater Mainz muss deshalb eine ganze Spielstätte aufgeben. Die rheinland-pfälzischen Kommunen kappen die Zuschüsse für die Theater - und hoffen, dass das Land mehr tut. Die Kulturministerin zuckt mit den Schultern: Jährlich 200 Millionen Euro muss Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2020 einsparen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Da bleibt auch die Kultur nicht ungeschoren, so Doris Ahnen: Das Land kann nicht übernehmen, wenn in den Kommunen die Zuschüsse an die Theater gekürzt werden. Wir alle stehen vor der schwierigen Aufgabe, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und das trifft die Landesebene und das trifft auch die kommunale Ebene. Es trifft auch das Theater Koblenz. Es muss wegen einiger hunderttausend Euro weniger öffentlicher Mittel das Angebot einschränken. Der Koblenzer Theatermanager Michael Stein: Konkret heißt das für das Theater Koblenz, dass wir im großen Haus die Produktionen einschränken werden. Wir reduzieren von 13 auf 12, konkret: Wir bieten eine Oper weniger an. Es droht eine künstlerische Abwärtsspirale: In einem Land, in dem die Theaterlandschaft ohnehin dünner ist, als in anderen Bundesländern, gibt es weniger Aufführungen. Damit könnte auch das Interesse des Publikums sinken, mit der Folge, dass die Legitimation der Theater schwieriger wird. Wenn Rheinland-Pfalz nicht wieder den Stempel der kulturellen Provinz haben will, muss es da - trotz knapper Kassen - gegensteuern. Das Wiederaufblühen jüdischen Lebens in Deutschland setzt sich hiermit fort und seine Wurzeln werden wieder stärker. Hier, in der rheinland- pfälzischen Landeshauptstadt Mainz wird besonders deutlich, dass Juden durch ihr religiöses, kulturelles und geistiges Erbe Deutschland über viele Jahrhunderte lang positiv geprägt und positiv bereichert haben. Bundespräsident Christian Wulff bei der Einweihung der neuen Mainzer Synagoge im Herbst 2010. Mainz bildete mit Speyer und Worms schon im Mittelalter als sogenannte "Schum" - Stadt" ein geistiges Zentrum des europäischen Judentums. "Schum" ist eine hebräische Abkürzung - ein Akronym lateinischer Namen der drei ehemaligen jüdischen Hochburgen am Rhein. Friedhöfe, Bäder und Synagogenreste: zahlreiche Denkmäler der einst großen jüdischen Geschichte finden sich auch heute noch in Speyer, Worms und Mainz. Das ist der Grund, warum das Land Rheinland- Pfalz die drei "Schum" - Städte auf die deutsche Vorschlagsliste für neue UNESCO-Welterbestätten setzen lassen will. Das sei eines ihrer wichtigsten kulturpolitischen Ziele für das Jahr 2012, betont die rheinland- pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen: Und man muss leider feststellen, dass es bisher auf der Welterbeliste keinen entsprechenden Platz gerade auch für die Bedeutung des entsprechenden jüdischen Erbes gibt. Und daran wollen wir in Rheinland- Pfalz etwas ändern und glauben, dass mit der gemeinsamen Antragsstellung für Speyer, Worms und Mainz, die sogenannten "Schum"- Städte wir dadurch einen wichtigen Beitrag leisten können. Rheinland-Pfalz ist also nie nur das Land der Reben und Rüben gewesen, sondern kann ein vielschichtiges kulturelles Erbe vorweisen. Das will die Politik vor allem für die vielen Touristen aufbereiten, die das Land bereisen. Die Gefahr allerdings: bei all der Förderung von Sommerfestivals und der Neu-Präsentation jahrtausende alter Kulturgeschichte für Bildungsreisende - könnte das "ganz alltägliche" Kulturleben zu kurz kommen: Das Stadttheater um die Ecke, die Bibliotheken und Musikschulen. Ob das Land künftig wieder vor allem als grünes Wein- und Waldland wahrgenommen wird, hängt maßgeblich von der Förderung des "alltäglichen" Kulturangebotes für die Bürger vor Ort ab. Nicht nur vom Blick auf die Touristen. - E N D E B E I T R A G -