COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Nachspiel am 11.12.2011 Bankangestellte wider Willen das Leid der Ersatzleute Autor: Dieter Jandt Atmo 1: Geräuschkulisse Kreisliga 6:02:00 Zurufe während des Spiels: ... Halt die Schnauze! ... Bau ihn auf! ... einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 1. O-Ton: Kölner Kiebitze 20:03:20 Wenn der auf der Bank sitzt, dann flippt der ja aus. 2. O-Ton: Sportpsychologe 2:01:40 Man spricht ja auch so von ner Strafbank. Also der Spieler wird auf die Bank verbannt. 3. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:08:50 Das ist schon ne Frechheit, wie der mit seinem Talent umgeht. Und auch die Tatsache, dass er ja viel, viel Geld verdient - Sprecher: Frust macht sich auf der Ersatzbank breit. Da werden gestandene Recken vom Trainer sitzen gelassen oder aus dem Spiel genommen. Wegen Ungeschick oder gar Unlust auf dem Platz. Der eine tritt in eine Werbetonne, der andere hockt vornübergebeugt da, der dritte fängt das Hetzen an. Atmo ausblenden 4. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:04:30 Du bist immer grundsätzlich der Meinung, du hättst spielen müssen, und suchst dir dann deine Verbündeten, die dir da auch zur Seite stehen. Und datt ist dann auch so, datt man dann auch so`n bisschen stichelt. 5. O-Ton: Kölner Kiebitze 21:01:06 Autor: Die Sendung heißt Bankdrücker sind Drückeberger. Frau: Jaahahaha. Mann: Tja. 6. O-Ton: Manni Breuckmann 18:00:06 Großartig. Bankdrücker sind Drückeberger.Wenn das immer stimmen tut? Atmo 2: Geräuschkulisse Schalke-Arena einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Manni Breuckmann, einer der Dinos der Fußballreportage im Hörfunk. 7. O-Ton: Manni Breuckmann 18:00:16 Bankdrücker können ja meistens gar nix dazu, dass sie auf der Bank sitzen. Sie möchten ja gar nicht auf der Bank sitzen. Aber sie drücken die Bank. Insofern gutes Wortspiel. Sprecher: Dann also lieber: Bankangestellte wider Willen. Diese Abneigung geht bei einigen so weit, dass sie diesen Platz scheuen wie die Pest. Einer wie Diego setzt sich lieber auf die Tribüne oder bleibt gleich zu Hause auf dem Sofa. 8. O-Ton: Manni Breuckmann 18:01:45 Der Diego will auch spielen, der hat natürlich Mist gebaut, indem er schlicht und einfach abgehauen ist, als er nicht aufgestellt wurde, und der Felix Magath ist da gnadenlos, - 9. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:00:50 Es gibt keinen Menschen auf der Erde, der von sich glaubt, er sitzt zu Recht auf der Bank. Atmo Kreuzblende in: 10. O-Ton: Friedhelm Funkel 14:00:20 Das sind Spieler, // die den gleichen Ehrgeiz haben, auch die Spieler, die dann möglicherweise auf der Tribüne sitzen - Sprecher: Trainer Friedhelm Funkel, immer um Ausgleich bemüht. 11. O-Ton: Friedhelm Funkel 14:00:32 Die gehören genauso zum Kader wie die, die auflaufen dürfen, das kann sich ja blitzschnell innerhalb von ein paar Tagen immer wieder mal verändern, und deswegen sind alle Spieler, die im Kader sind, auch gleich wichtig. Atmo 3: Geräuschkulisse beim Hobbyfußball 19:10:30 einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 12. O-Ton: 2. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:00:24 Ja, hier sind doch keine Bankdrücker! Watt soll'n wer denn hier? Sprecher: Alte Männer, dicke Bäuche. Man trifft sich jeden Sonntag morgen auf dem Aschenplatz zum Hobbyfußball und ist froh, genügend Spieler beisammen zu haben. Jede Krücke darf mitmachen, das Bankdrücken kennt man nur aus der Vergangenheit, als man noch weiter oben in der Bezirksliga spielte und dafür ab und an etwas zugesteckt bekam. 13. O-Ton: 2. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:07:40 Mit dem Magath ist natürlich auch schwierig, wenn man so`n Vogel ist wie der Diego, ne. 14. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:07:10 Jemand, der 500.000 - im Monat oder im Jahr? - im Monat, ja, wie auch immer, so viel Geld verdient, dem wird`s wahrscheinlich nicht ganz so wichtig sein, der kann da gut mit leben. Sprecher: Lang ist die Liste derer, denen man unterstellt, es sich mit einem gut gefüllten Bankkonto auf der Bank gemütlich zu machen. Man hat einen Vertrag, spielt im Training seinen Stiefel runter und sitzt, wenn es ernst wird, mit verschränkten Armen da. Albert Streit, Beinahe-Nationalspieler, ist das Paradebeispiel eines bockigen Balltreters, den man nicht ranlässt. Wo hat der nicht schon überall gesessen? Atmo ausblenden 15. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:09:30 Das ist dieser Art Mensch, dem et wirklich dann auf gut deutsch scheiß-egal ist, was sie dann machen. Der hat einfach gesagt: Okay ich hab genügend Talent, ich kann ne Menge Geld damit verdienen, und mir ist es im Grunde vollkommen wurscht, ob ich spiele oder nicht. hier noch möglicherweise aktualisieren: Rechtsstreit 16. O-Ton: Manni Breuckmann 18:02:30 Albert Streit ist ein Mensch, der keinem Konflikt aus dem Wege geht. Er ist also nicht konfliktscheu, wenn man das mal positiv formulieren will, es gibt da auch andere Formulierungen, die will ich hier lieber nicht benutzen, es wird schwierig sein für diesen Albert Streit, einen neuen Verein zu kriegen, ein Ruf eilt ihm voraus, und ich weiß auch nicht, ob er gerne so nebenher noch läuft und seinen Vertrag absitzt - 17. O-Ton: Kölner Kiebitz 21:03:15 In dem Alter, wenn er den Vertrag aussitzen will und denkt nur an et Geld, kann er nix Besseres machen, weil so`n Vertrag kriegt er woanders nie wieder, ne. 18. O-Ton: Manni Breuckmann 18:00:42 Das größte Beispiel für einen glücklichen Bankdrücker war Thomas Berthold, Anfang der 90er-Jahre beim FC Bayern München, der war menschlich und spielerisch ziemlich schnell unten durch, aber er hatte Vertrag. Und der saß nicht nur auf der Bank, sondern sogar auf der Tribüne und war der teuerste Hobbygolfer der Welt, und er hat von vornherein gesagt: "Ich will das hier absitzen, ich hab en Vertrag, die sollen mich bezahlen, ich biete meine Arbeitskraft an", aber sie wollten sie nicht haben. Sprecher: Einer der ehemaligen Vizepräsidenten des FC Bayern hatte Thomas Berthold den Titel des teuersten Golfers der Bundesliga verpasst, aber fragen wir ihn doch selbst, den Berthold. Gut gelaunt sitzt er in einem lauschigen Restaurant gleich neben der Leverkusener BayArena. 19. O-Ton: Thomas Berthold 3:04:04 Ja, wissen Sie, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, so unqualifizierte Aussagen von Verantwortlichen eines Fußballvereins, die sind nicht zielführend, // ich glaub nicht, dass das leistungsfördernd ist, wenn ein Verantwortlicher dann solche Äußerungen macht. Sprecher: Man erinnert sich dunkel: Thomas Berthold, immerhin ein Jahr zuvor Weltmeister geworden, spielte von 1991 bis 1993 bei den Bayern - oder eben nicht. Man fragt sich, wer damals Trainer war, und schon tun sich Parallelen auf. 20. O-Ton: Thomas Berthold 3:03:15 Autor: Jetzt haben wir eine kleine Gemeinsamkeit. Und zwar // Ende der 60er- Jahre, da war ich 12 Jahre, hatte ich nen Turnlehrer, hatte ich im Winter auf'm Zeugnis ne eins, im Sommer ne zwei, und dann war der Turnlehrer auf einmal weg, dann kam ein neuer Turnlehrer, und der hieß Erich Ribbeck. Berthold: Oh, auch noch. Hahaha. Autor: Und der hat mich beim Fußball nie aufgestellt. Berthold: Da haben wir was gleich. Hahaha. Autor: Genau, der hat meine Karriere versemmelt. Atmo 4: Geräuschkulisse Allianz-Arena einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Wen hatte der Mann nicht alles auf dem Gewissen? Schon als ganz gemeiner Turnlehrer ließ Erich Ribbeck 1966 in einem ganz gemeinen Gymnasium begnadete Fußballer auf der Bank schmoren, später Weltmeister, noch später Bernd Schuster gleich um die Ecke in der BayArena, bis er dann zwei Jahre lang als Nationaltrainer wiederum Spaß daran fand, hoffnungsvolle Talente links sitzen zu lassen und stattdessen betagte Weltmeister aufzustellen - außer Berthold. 21. O-Ton: Thomas Berthold 3:03:40 Ja gut, ich meine, das ist eben so. Wissen Sie, ich hab fast 20 Jahre gespielt, dann gibt's schöne Zeiten und weniger schöne Zeiten, und Trainer, mit denen kann man besser und Trainer, mit denen kam man nicht so gut aus. Von daher sollte man's dabei belassen. Sprecher: Berthold saß das Problem locker aus, zumindest in der Erinnerung. Atmo ausblenden Was aber geht tatsächlich in Spielern vor, die mit einem Mal nicht mehr berücksichtigt werden? 22. O-Ton: Manni Breuckmann 18:08:50 Schon Andy Möller hat gesagt: Im Grunde bin ich sehr selbstkritisch, vor allen Dingen mir selber gegenüber, aber diese Eigenschaft ist nie so weit verbreitet, also die Selbstkritik bei Spielern, die ja auch in einem Umfeld schwimmen, das immer wieder auf die Schultern klopft und sagt: "Du bist ein ganz toller Hecht, du wirst da ungerecht behandelt", - 23. O-Ton: Sportpsychologe 1:10:30 Dieses Erleben, also ich werde sozusagen hofiert, // diese narzistische Fütterung ist natürlich ein ganz wesentlicher Motivationsfaktor auch. Sprecher: Jürgen Porath, Kölner Sportpsychologe. 24. O-Ton: Sportpsychologe 1:10:30 Und den will ich mir auch erhalten als ein besonderer Spieler. Das heißt, darum kämpfe ich, ich stelle fest, meine Karriere neigt sich zu Ende, also dieser, diese narzistische Qualität, die geht langsam zurück. 25. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:03:32 Wenn // du dich auch mit der Selbsteinschätzung // en bisschen verhaust, ne, dann fängste an, den Trainer oder dein Umfeld, wem auch immer, du gibst jedem Möglichen die Schuld, aber dir selbst halt in den seltensten Fällen, ne. 26. O-Ton: Manni Breuckmann 18:09:10 Die müssen auch mal, wenn das Umfeld klug ist, darauf hingewiesen werden, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Das passiert viel zu wenig, und deswegen dann diese Empörung und dieses ständige Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. 27. O-Ton: Carsten Ramelow 25:06:00 Ich hab ja all die Jahre in Leverkusen, ich hab ja 13 Jahre in Leverkusen gespielt, - Sprecher: Carsten Ramelow. Lange Zeit Kapitän bei Bayer Leverkusen. 28. O-Ton: Carsten Ramelow 25:06:15 Und ich war auch mal so'n Kandidat, wo vor der Saison immer drüber spekuliert wurde, // jetzt wird er's vielleicht nicht mehr packen, das habe ich ja selber erlebt, aber ich bin da auch positiv der ganzen Sache entgegen getreten, und ich hab die Situation angenommen, ich hab mich letztendlich doch all die Jahre wieder durchgesetzt, ich stand am Ende des Tages doch wieder unter den ersten Elf - 29. O-Ton: Manni Breuckmann 18:04:45 Also die schlimmsten Fälle sind die Fälle, wo Karrieren ihren Zenit überschritten haben. // Aktueller Fall ist sicherlich Michael Ballack, ich erinnere mich aber auch noch an Susi Zorc. Michael Zorc von Borussia Dortmund, als der nicht mehr ganz so gut war, wurde er von Trainer Ottmar Hitzfeld // so allmählich aussortiert. 30. O-Ton: Carsten Ramelow 26:17:10 Es gibt schon einige Situationen, wo man stabil sein muss, wo man stark sein muss, einfach auch dieses: wo man positiv nach vorne schaut, Kopf hoch und weiter geht's, und wenn man sich da unterbuttern lässt, wenn man da nicht wieder aufsteht, ich glaub, dann kann man ganz leicht in so'n Kreislauf kommen, wo vieles auf einen einstürzt, wo man sich einfach nicht mehr erholt. 31. O-Ton: Manni Breuckmann 18:05:20 Und da gerät der Profi in eine so ganz merkwürdige Situation: Er darf nämlich nie meckern. Er muss sagen: "Ich biete mich weiterhin im Training an und hoffe, dass ich wieder in die Mannschaft als Stammspieler zurückkehre", immer schön positiv, das ist ne gewaltige Energieleistung für einen Profi, der immer mitgespielt hat, und plötzlich nach und nach aus der Mannschaft entfernt wird. Sprecher: Nicht nur das: Robin Dutt gab Michael Ballack über die Medien zu verstehen, dass ein Platz auf der Bank nicht zu verachten sei. 32. O-Ton: Manni Breuckmann 18:07:42 Solche Äußerungen von Robin Dutt sind ganz ätzend. Die sollte der Trainer sein lassen. // Michael Ballack ist ja auch, vorsichtig formuliert, ein streitbarer Geselle, // aber in der Öffentlichkeit zu sagen: "Es ist ne große Ehre, bei einem Champions-League-Teilnehmer auf der Bank zu sitzen", also das geht überhaupt nicht. Man muss nicht noch mehr Öl ins Feuer kippen. Sprecher: Der Druck wird größer, der Marktwert geringer. Die Zeiten, in denen man sich mit breiter Brust einfach selbst eingewechselt hat, sind längst vorbei. Die Zweifel nehmen zu, das Interesse der Journalisten bezieht sich nicht mehr auf klug gespielte Bälle oder coole Konter in brenzligen Situationen. 33. O-Ton: Manni Breuckmann 18:05:55 Man muss sich mal die Situation vorstellen nach dem Spiel, da stehen dann die Jungs von der Zeitung, auch von der Boulevard-Presse, und da kommt einer, sozusagen in Zivil vorbei, trägt da seine Sporttasche, kein Tröpfchen Schweiß auf seiner Stirn, und dann fragen die mal so hämisch: "Na, was ist denn das für`n Gefühl, nicht mitzumachen", und wenn einer da nicht richtig sich zurückhalten kann, dann hat der Pech gehabt. Wenn der dann ausrastet, dann ist er ganz weg und gibt dem Trainer und dem Umfeld noch die Möglichkeit, aufgrund dieses Ausrasters ihn nicht aufzustellen. 34. O-Ton: Sportpsychologe 1:00:48 Die Verkrampfung, die dann einsetzt, ist ein ganz wesentliches Element sehr häufig. // Ein Sportler im Hochleistungsbereich steht ja vor ner paradoxen Aufgabe. Er muss also mit einer hohen Konzentration, eingedenk einer sehr spezifischen Situation für ihn, eine Leistung bringen, die im wesentlichen oftmals davon auch bestimmt ist, dass er das Ganze wieder vergessen muss. Er muss nämlich locker bleiben. // (08:00) Sie verlieren // im Grunde genommen die Unbekümmertheit, also Ballack war ja zum Beispiel, wenn wir bei diesem Spieler bleiben, lange Zeit aufgrund seiner Unbekümmertheit // wurde er der Spieler, der er war. Sprecher: Auf der Bank bleibt viel Zeit zum Nachdenken, und da ist es, wenn man schon unter Druck ist, eher nicht förderlich, wenn man sich mit negativen Mantras runterzieht. 35. O-Ton: Sportpsychologe 1:11:00 Ich werd immer ausgewechselt, es dauert lange, bis ich wieder reinkomme nach ner Verletzung, andere Spieler bringen brillante Leistungen, all das nagt an der narzistischen Grundkomponente, die notwendig ist, um im Hochleistungssport auch zu bestehen, die aber auch gleichzeitig dazu oder damit verantwortlich ist, dass ich unter so'n hohen Spannungsdruck komme und möglicherweise eben letzten Endes auch diese Unbekümmertheit nicht mehr erreiche. Atmo 5: Geräuschkulisse Kreisliga 5:01:00 (ein Gegentor fällt, halblautes Meckern der Ersatzspieler): - Jungs, habt ihr super aufgepasst. - Sauber, Schiri. - Ja, ist doch wahr, eh. einen Moment freistehen lassen, kurz weiter folgend unterlegen: Sprecher: Tuspo Dahlhausen gegen den SSV Bergisch Born. Man spielt im Bergischen Land auf Asche und in den unteren Regionen der Kreisliga B. Fünf Zuschauer lehnen am Gestänge, je vier Ersatzmänner hocken auf den Bänken. Dahlhausen hat soeben ein Tor kassiert, und die beiden Spieler, die kurz zuvor ausgewechselt wurden, fangen an zu maulen: Mit ihnen wäre das nicht passiert. 36. O-Ton: Ersatzspieler Kreisliga, 5:01:14 (halblaut aus dem Hintergrund): - Wenn er den besten Mann raus nimmt! - Scheiße. - Mein Spieler! Mein Spieler, die sieben! Sprecher: Der Trainer schnippt seine Kippe weg und stapft wütend an der Seitenlinie entlang, während die beiden Spieler, die noch nicht berücksichtigt wurden, unruhig auf der Bank hin- und herrutschen. 37. O-Ton: Ersatzspieler Kreisliga 5:04:00 Autor: Entschuldigung? Trainer sagt, ich kann euch en bisschen watt fragen. - Watt? - Watt? Autor: Ist euch nicht langweilig auf der Bank? - Nee, eigentlich nicht. Ich hab ja nix anderes zu tun. Also von daher. Sprecher: Kurz darauf erhält er die Anweisung, eine Bratwurst zu holen. 38. O-Ton: Ersatzspieler Kreisliga 8:00:13 (aus dem Hintergrund): Ja, eine Bratwurst, Alter. Sprecher: Und als der Ball hoch über den Zaun in den Wald fliegt, wird sein Kollege auf der Bank aufgefordert, da gefälligst nachzusetzen. 39. O-Ton: Trainer Kreisliga 09:00:10 - Ja eben, dann beweg deinen Arsch, Junge. - Nein. - Doch, du. - Nein. Sprecher: Michael Ballack am Würstchenstand, um für Robin Dutt eine Krakauer zu kaufen? Kaum vorstellbar. Die Schmach ist so schon groß genug, die Medien haben die Ersatzbank ständig im Blick. Atmo ausblenden 40. O-Ton: Friedhelm Funkel 14:02:09 Ich glaube kaum, dass da unzufriedene Reaktionen auf der Trainerbank dann zu sehen sind, da werden viele Dinge dann hineininterpretiert, die überhaupt nicht der Wahrheit entsprechen - Sprecher: Friedhelm Funkel beim Abwiegeln. 41. O-Ton: Sportpsychologe 1:07:10 Sie müssen im Grunde genommen sehr wohl wissend, weil sie in hohem Maß Popularität haben, im Grunde genommen beständig damit rechnen, irgendwelche Superteleobjektive sind immer auf mich gerichtet, das merk ich gar nicht, aber es ist so. Das weiß ich. Und dann mache ich irgendwann mal ein mieses Gesicht, und genau das wird dann gezeigt, obwohl ich die ganze Zeit über gut drauf war, und ich hab mich vielleicht nur verschluckt. Aber dieses Bild kommt dann: Ballack schluckt säuerlich an der Auswechslung // oder Nichteinwechslung. Sprecher: Andere machen keinen Hehl aus ihrem Ärger. Birgit Prinz klatschte, als sie bei der Weltmeisterschaft den Platz verließ, pflichtgemäß die Spielerinnen auf der Ersatzbank ab, aber demonstrativ heftig! 42. O-Ton: Manni Breuckmann 18:14:00 Gott sei Dank hat die Birgit Prinz es nicht gesehen, wie oft sie da zu sehen war, // ich glaube, solch ein Star einer Mannschaft, der dann auf der Bank sitzt, der muss wirklich außergewöhnliche Nervenstärke haben, um nicht auszuticken, um nicht durch Körpersprache, durch Gesten immer wieder zu zeigen, wie unzufrieden er mit der Situation ist, // und ich glaube, viele Fußballprofis sind dieser Situation überhaupt nicht gewachsen, // und man muss ihnen einbimsen, // dass sie unter keinen Umständen irgend etwas Unkontrolliertes tun dürfen. Sprecher: Viele Mannschaftssportarten kennen dieses Problem in der Intensität gar nicht. Da wird rotiert ohne Ende, und die Bank ist nur eine Station für Kurzaufenthalte. 43. O-Ton: Sportpsychologe 2:00:10 Es gibt da sozusagen diese Trennung Bank, Stammspieler gar nicht oder nicht in dieser Konsequenz wie im Fußball. // Im Eishockey ist es Programm, da steht in der Regel niemand länger als zwei Minuten auf dem Eis, geht gar nicht, physisch, // ein Basketballteam besteht nicht aus der Startformation, sondern das besteht aus der Startformation plus den oftmals entscheidenden Spielern, die dann in den entscheidenden Phasen des Spiels kommen können, oder im Handball, wie man sieht, klassische Aufgabenverteilung, der Defensivspieler, der geht immer nur zur Defensive rein, und sobald der Ball in Besitz ist, raus, Angreifer kommt rein. Atmo 2: Geräuschkulisse Schalke-Arena einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Beim Fußball aber hocken sieben Ersatzspieler da. Drei können sich Hoffnungen machen, der Rest versucht die gute Miene zum öden Dasein. 44. O-Ton: Carsten Ramelow 25:04:38 Man hat so dieses aufgesetzte Lächeln, ja, ich glaub letztendlich strahlt man das schon irgendwie aus, dass man auch unzufrieden ist. 45. O-Ton: Thomas Berthold 3:04:50 Das bringt dann nix, wenn sie dann im Endeffekt ein Gesicht machen, wo man eben den Eindruck hat, oh je, wie sitzen die denn da auf der Bank, als ob die alle bedröppelt wären. Sprecher: Man weiß nicht mehr, mit welcher Mimik Thomas Berthold vor 20 Jahren bei den Bayern auf der Bank saß. Sicher aber ist, dass die Unzufriedenheit grassiert wie eine ansteckende Krankheit. Man sitzt ja nicht alleine da, sondern sieht sich unter Schicksalsgenossen, die alle nicht dort versauern wollen. Früher, in der Jugend, hat man lautstark von der Bank aus seine Einwechslung gefordert. 46. O-Ton: Thomas Berthold 3:05:28 Ich glaub nicht, dass das einem Spieler zusteht, auf der Bank zu gestikulieren und dann von dem Trainer einzufordern, er muss mich jetzt bringen, // weil wenn da jeder anfängt, da rumzufuchteln auf der Bank, da können Sie sich ja vorstellen, was dann für ein großes Durcheinander zustande kommt. Sprecher: Was also tun? Das Gespräch suchen? Oder Sticheln. 47. O-Ton: 1. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:02:00 Und der Trainer lässt dich warm laufen und bringt dich trotzdem nicht. Das sind Sachen, wo du innerlich // kaputt gehst, ja, // und auch teilweise Intrigen spinnst. // Die besten Verbündeten hast du ja direkt neben dir, weil die sind ja genau so unzufrieden, und man putscht sich dann halt auf. // "Ja, du hättst doch hier als Linksverteidiger die Sache viel besser gemacht oder als Stürmer", // und suchst dir dann deine Verbündeten, die dir da auch zur Seite stehen. 48. O-Ton: Manni Breuckmann 18:06:47 Das Schlimmste dabei ist für mich die Verlogenheit. // Wir haben das ja im Zusammenhang mit Michael Ballack und der Nationalmannschaft erlebt: "Der Michael ist ein ganz wertvoller Spieler für die Nationalmannschaft", und in Wirklichkeit wurde der scheibchenweise rasiert, das finde ich ganz schlecht, also Trainer sollten die Größe haben, mit dem Profi, mit dem großen Star, der bald keiner mehr sein wird, ein vertrauliches Gespräch zu führen und ihn davon zu überzeugen, wie es am besten ist, die Karriere ausklingen zu lassen, und ich bin ganz sicher, wenn man da ehrlich ist, funktioniert das auch in den meisten Fällen. Sprecher: Carsten Ramelow hat gerade in seiner Zeit als Mannschaftskapitän gegen Ende der Karriere des Öfteren auf der Bank gesessen. Trainer war Michael Skibbe. 49. O-Ton: Carsten Ramelow 25:03:30 Und wenn er da eigentlich das Feeling auch hat, mit den Spielern auch zu reden, // die vielleicht öfters mal draußen sitzen, wenn er denen aber das Gefühl gibt, dass sie trotzdem wichtig sind, // und das vielleicht auch durch kurze Einsatzzeiten dann auch umsetzt. Ich glaub, dann ist es für den Spieler wesentlich einfacher, das dann letztendlich auch zu akzeptieren. 50. O-Ton: Friedhelm Funkel 14:01:10 Weil diese Spieler auch immer das Gefühl haben müssen, wichtig für die Mannschaft zu sein, und // das sind Dinge, die ein Tainer dann natürlich erkennen muss, das Gespräch mit dem Spieler sucht und ihn noch mal darauf hinweist, dass man den Teamgedanken eben auch vorzuleben hat - Atmo noch einmal kurz hochziehen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Was aber, wenn er vor Neid gelb wird auf der Bank, ja, wenn er klammheimlich Schadenfreude empfindet, sobald der Konkurrent auf dem Platz einen Bock schießt? 51. O-Ton: Sportpsychologe 1:09:02 Der ist ja in einer schizzophrenen Situation fast, ja, also er muss einerseits als Teamplayer unbedingt wünschen, dass alles 100 Prozent funktioniert. Funktioniert aber alles 100 Prozent, dann muss er damit rechnen, dass er nicht ins Spiel kommt. Das heißt, er ist in der schizzophrenen Situation, vielleicht sogar, ich sag mal in Anführungszeichen heimlich zu wünschen, mein Konkurrent auf der Position muss doch jetzt mal ein paar Fehler machen, damit es also notwendig wird, dass ich jetzt reinkomme. // Diese sehr gespannte Situation, die ist für einen Spieler ne eminente Zerreißprobe. Sprecher: Beinahe glücklich jene, die sich mit ihrem Reservistendasein abfinden. Sie haben in ihrer Karriere alles Mögliche erreicht, sind abgezockt und ruhen in sich. 52. O-Ton: Manni Breuckmann 18:03:40 Ailton zum Beispiel war so ein Fall, im Jahre 2005 war der in Schalke für ein Jahr, und sehr schnell stellte sich heraus, der ist ja gar nicht mehr so schnell, der schießt ja gar nicht mehr so viel Tore und mannschaftsdienlich ist er sowieso nicht, und der Trainer Rangnick stellt ihn dann nicht auf. Und plötzlich, ich sehe es jetzt noch vor meinem geistigen Auge, an einem schönen Tag im Monat Mai, ist er wieder nicht in der Mannschaft, und was macht der gute Ailton, anstatt sich warm zu laufen? Er setzt sich an die Außenlinie und nimmt ein Sonnenbad. Was eine große Boulevard-Zeitung dazu veranlasst hat, von Freibad-Toni zu sprechen. Atmo ausblenden 53. O-Ton: 1. Kölner Kiebitz 23:03:28 Der hat sich dann gesonnt während des Spiels, ne. Der hat dann da gelegen und hat sich gesonnt. Atmo 6: Trainingsspiel beim 1. FC Köln 22:00:00 einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Unter Kölner Kiebitzen. Das sind jene schrägen Vögel, die beim Training ihres 1. FC am Spielfeldrand stehen und partout das Meckern nicht lassen können. Sie sind ohnehin die besten Übungsleiter, immer schnell zum Auswechseln bereit, und wenn einer nicht mal Einsatz auf der Bank zeigt, ist er sowieso unten durch. 54. O-Ton: zwei Kölner Kiebitze 20:06:56 - Ja das kann man auch nicht dulden. Ich mein, ich hab den Augenthaler auch schon schlafen gesehen auf der Bank, ne. In Köln. Bei den Bayern. - Als Spieler? Als Ersatzspieler? - Ja, der war, glaube ich, im Übergang zum Betreuer, zum Betreuerwerden, ja, war so am Ende seiner Karriere, da ist er da eingeschlafen auf der Bank, hihihi. 55. O-Ton: 2. Kölner Kiebitz 21:03:52 Datt is aber bekannt, ne, doch, datt is bekannt. Der hat hier jeschlafen. 56. O-Ton: Manni Breuckmann 18:14:51 Meine schönste Bankdrückergeschichte spielt im Jahre 1977 in Siegburg. // Es spielte Siegburg gegen Union Salzgitter, das war ein Spiel um den Aufstieg in die 2. Bundesliga, und ich saß damals am Spielfeldrand zwischen den beiden Reservebänken, da guck ich nach rechts, das ist die Reservebank von Union Salzgitter gewesen, da sitzt der Reservetorwart von Salzgitter, und was macht der? Er liest in einem Band von Kurt Tucholskys gesammelten Werken in der RoRoRo-Ausgabe, in lila gehalten, // und liest schlicht Tucholsky. Ich sag: "Was machst du denn da?" Er sagt: "Ich kann das nervlich überhaupt nicht ertragen, was hier abgeht. Ich muss mich ablenken", und guckt wieder auf sein Buch und liest weiter Kurt Tucholsky, Hut ab. Atmo ausblenden 57. O-Ton: Friedhelm Funkel 14:03:03 Da brauch ich gar nix zu zu sagen, weil das heute undenkbar ist. Das ist ja fast 35, 36 Jahre her. Das ist heute undenkbar, und deswegen muss man sich als Trainer da überhaupt keine Gedanken drüber machen. 58. O-Ton: Manni Breuckmann 18:15:20 Autor: Ballack, was soll er lesen? Ich weiß nicht. Breuckmann: Fix und Foxi. Autor: Gedichte. Breuckmann: Hahaha. Atmo 7: Geräuschkulisse Kreisliga 6:00:00 einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Man pirsche sich einfach an die Ersatzbänke der Kreisliga B heran. 59. O-Ton: 1. Ersatzspieler 7:00:20 Autor: Warum liest du nicht ein Buch? - Hab keins mit. Autor: Hast du vergessen oder was? - Näänää. Das ist schon Absicht so, dass ich // das Spiel verfolge. 60. O-Ton: 2. Ersatzspieler 5:00:27 Autor: Warum lest ihr nicht ein Buch oder spielt Karten? - Falls wir reinkommen, müssen wir ja genau wissen, wo wir eingesetzt werden. Und wenn wir ein Buch lesen, dann sehe ich ja nicht, was hier abgeht. 61. O-Ton: Trainer Kreisliga 5:02:58 Autor: Tschuldigung. Sind Sie der Trainer? - Jaa. // (03:15) Bei uns wird kein Ersatztorhüter en Buch lesen, weil die Jungens alle geistig viel zu sehr bei den Spielern sind, die auf dem Platz sind. Ist doch normal. Kann ja keiner glücklich sein, wenn er da auf dem Feld sitzt, ne. // Eh, beziehungsweise, wenn er da nicht zum Einsatz kommt. // Autor: Würden Sie aber auch ne Krise kriegen, wenn da jemand Fix und Foxi-Heft liest jetzt? - Ja, wenn sich da einer nicht ordnungsgemäß aufführt, dann fliegt er aus der Mannschaft raus, wird er noch gesperrt fürs nächste Spiel, ist doch eigentlich relativ normal, so sollte et doch eigentlich sein, ne. // (ruft aufs Spielfeld): Arbeiten! Atmo ausblenden Sprecher: Spaß beiseite. Die Bank scheint tatsächlich kein Platz für Mätzchen zu sein. Machen sich doch viele Fußballer schon vorher verrückt, wenn sie noch alle Mal Stammspieler sind. Toni Schumacher trainierte wie besessen, missachtete körperliche Signale der Überforderung und verschwieg sogar Verletzungen, um nur ja nicht die Nummer zwei zu werden. So galt er den Fans als positiv Verrückter. 62. O-Ton: Sportpsychologe 1:02:00 Positiv Verrückter, // es gibt ja auch Beispiele, in denen das dann ganz fürcherlich in die Hose geht. // Der Leistungssportler, der unter diesem hohen Existenzdruck steht, der tendiert ja dazu, auch notwendige Signale seines Körpers, entweder wie Sie sagen, zu verschweigen, // er bagatellisiert das vor sich selbst, er sieht, dass er über eine noch höhere Anspannung oder noch höhere Anstrengung // das dann weiter kompensieren kann, was aber nicht selten dann dazu führt, dass dann eben genau die Zusammenbrüche erfolgen, die wir ja auch immer wieder erleben. Sprecher: Sebastian Deisler war der erste, dessen Probleme öffentlich wurden. Die Dunkelziffer kennt niemand. Oft sind es Torhüter, die unter Versagensängsten leiden und dem Druck nicht standhalten können. Und nie war die Nummer eins als Stammplatz eine so unsichere Bank wie heute. Das hat Wechselwirkungen. 63. O-Ton: Sportpsychologe 1:05:28 Der Torwart ist natürlich noch mal im speziellen Brennpunkt. Weil bei ihm kulminiert es ja. Also der greift einmal daneben, und die Mannschaft verliert null zu eins. Das ist der entscheidende Unterschied. // Er ist ein Mannschaftsspieler, extremer Mannschaftsspieler und dennoch noch mehr im Einzelfokus, weil das ist allein schon das Bild: Er ist da in diesem Kasten drin, und in diesem Strafraum. Sprecher: Burn out ist nun auch im Hochleistungssport angekommen, wie auch nicht? Jogi Löw ist froh, jede Position jederzeit gleichwertig ersetzen zu können. Kader mit bis zu 30 Spielern sind keine Seltenheit. Der Druck auf die einzelnen Spieler wächst. Gleichzeitig aber wird das Thema mit ganz langen Fingern angefasst, eine Zwickmühle für Sportler, denen ihr Job schleichend an die Psyche geht. 64. O-Ton: Sportpsychologe 1:16:50 Das wird man zunehmend mehr sehen. // So zu tun, als gäbe es das einfach nicht, als würde Ärmel hochkrempeln, Augen zu und durch ein geeignetes Mittel sein, man wird feststellen, das funktioniert auf Dauer nicht. Sprecher: Solche Spieler sind meist mit sich und ihren Versagensängsten allein. Was aber wird, wenn sich einer wie der Hannoveraner Torwart Miller notgedrungen outet, für eine Weile abtaucht und dann wieder nach einem halben Jahr auf dem Platz steht? Zwei, drei Monate lang spielt er passabel, dann hat er eine etwas schlechtere Phase und sitzt ein, zwei Mal auf der Bank. Gleich werden die Medien anfangen zu spekulieren, ob er nicht etwa wieder -. 65. O-Ton: Thomas Berthold 3:00:15 Wenn wir jetzt mal 20 Jahre zurückgehen, gab's natürlich auch immer internen Konkurrenzkampf, aber der Konkurrenzkampf wurde ganz normal sportlich ausgelebt, und mir ist jetzt, sagen wir mal, in meiner aktiven Zeit eigentlich kein Spieler jetzt bekannt, der ein sogenanntes Burn-out-Syndrom hatte zum Beispiel. // Das kann natürlich sein, dass jetzt aufgrund der generellen Umstände unserer // Zeit, // vielleicht dass die Spieler mehr Einflüsse auf sich, wie gesagt, zukommen sehen, die verarbeiten müssen als es früher der Fall war, // ich meine, Burn-out-Syndrom ist ja ein Thema, was unsere Gesellschaft generell begleitet, // auf der anderen Seite ist vielleicht der kleine Unterschied, dass wenn man Berufsfußballer ist, die meisten aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile aus ihren Verträgen nicht den Existenzdruck haben wie vielleicht ein anderer Arbeitnehmer. Sprecher: Immerhin haben sie mehr zu verlieren. 66. O-Ton: Carsten Ramelow 25:07:30 Das kann ja bedeuten, ich spiele über einen längeren Zeitraum nicht, ich krieg keinen Anschlussvertrag bei dem Verein ... Sprecher: Carsten Ramelow ist Vizepräsident der Spielergewerkschaft VDV. 67. O-Ton: Carsten Ramelow 25:07:40 ... ich finde vielleicht keinen neuen Verein, ich muss vielleicht eine Liga tiefer spielen, das sind so die Überlegungen, die du so als Spieler hast, und natürlich auch das ist nicht einfach, aber dann von Angst zu sprechen, also das ist dann vielleicht doch ein bisschen übertrieben. Also so weit sollte es dann nicht gehen. Sprecher: Und wenn doch? Inwieweit können Mannschaftskameraden helfen, wenn sie merken, da funktioniert einer nicht so ganz, spielt schlecht, redet nicht, ist nach dem Training gleich wieder weg und drückt samstags frustriert die Bank? 68. O-Ton: Carsten Ramelow 25:13:40 Ich war ja auch jahrelang Kapitän, da war's ja auch meine Aufgabe mit dem Mannschaftsrat letztendlich sich auch um viele Spieler zu kümmern, // aber es gibt halt immer wieder Spieler, die sind halt nicht so offen. Die nehmen dann diese Hilfe auch nicht so an, die wollen mehr für sich sein, und letztendlich muss man das dann auch akzeptieren. // Also so'n Fall Breno ist unheimlich schwierig oder Robert Encke, tagtäglich war er mit seinen Mitspielern zusammen, kein Trainer hat was gemerkt, gar nix, also da wurde nix bekannt. // Wenn man das Signal ja nicht bekommt von jemandem, oder man merkt dann, oh, // irgendwas stimmt da nicht, ne, dann könnte man ja vielleicht da ein bisschen auch hinterher sein, // aber ich glaube, an erster Linie muss derjenige selber, der Betroffene, der muss den Weg suchen, der muss auf die Spieler, auf die Verantwortlichen letztendlich drauf zu gehen, und bereit sein, da dem sich auch zu stellen. Sprecher: So etwas ist sogar im Büro oder an der Werkbank sehr schwierig. Wer nicht richtig tickt, wird oft geschnitten und gemobbt. Wie soll er da zugeben, dass er Probleme hat? Atmo 4: Geräuschkulisse beim Hobbyfußball 19:10:30 einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Da haben es Spieler aus den niedrigen Ligen wesentlich leichter. Sie verlieren keinen Arbeitsplatz, und niemand hat sie im Blick. 69. O-Ton: 2. ehemaliger Bezirksligaspieler 19:01:00 Wenn ich das Gefühl hatte, während des Spiels, wenn ich dabei war, ich wollte den Ball nicht haben und en schlechten Tag hatte, dann war ich froh, wenn ich mal auf der Bank sitzen konnte. Sprecher: Die große Mehrheit jedoch sind keine Drückeberger, sondern - wir haben es erfahren - tatsächlich Bankangestellte wider Willen. Atmo ausblenden 1