COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Theater ums Theater - Die Schwierigkeiten der Bühnen in Mecklenburg-Vorpommern - Autor Peter Marx Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 07.06.2011 - 13.07 Uhr Länge 18.33 Minuten Moderation Da läuft in Mecklenburg-Vorpommern ein Stück, welches sich nicht zwischen Komödie oder Tragödie entscheiden kann. Die Handlung kommt einem irgendwie bekannt vor und ist kurz erzählt. Die Stadt und Landestheater proben den Aufstand. Besucher kommen ausreichend, aber nicht das Geld, das bleibt weg. Die Intendanten stoßen ein Stoßgebet nach dem anderen aus, aber der Geldregen bleibt aus. Also stürmt die Schauspielertruppe das Rathaus, aber das Stadtsäckel ist leer. Sagt der Bürgermeister und wedelt mit einem klammen Beutel. Flüche ausstoßend wenden sich die Theatertruppen ab und schauen flehentlich den Landesherren an, ob der nicht vielleicht ... Derweil üben einige andere Theater im Landstrich ein Stück, das zeigen soll, wie man Geld spart, wenn man sich kooperiert! Das Stück nun kennt kein Ende, denn jeder Theaterintendant würde vielleicht, wenn da nicht seine Macht und sein Einfluß ... und überhaupt. Peter Marx hat die Stückeschreiber und Hauptdarsteller besucht. Hier nun sein Theaterbericht. folgt Script Beitrag Script Beitrag G 01 Theater darauf Sprecher AUT Das Volkstheater in Rostock wurde von der Feuerwehr geschlossen. Dem Theater Schwerin droht die Pleite. Das Theater Vorpommern in Greifswald und Stralsund hat ihren langjährigen Intendanten vertrieben. Die Orchester- und Theatergemeinschaft in Neubrandenburg-Neustrelitz zerfällt zusehends in ihre Einzelteile und die kommunalen Träger vom Anklamer Theater drohen dem Kultusministerium mit Klage, wenn nicht bald die Fördermittel des Landes überwiesen werden. So ist - grob gezeichnet - die Lage der Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Intendanten, kommunale Träger jammern und entwerfen die schlimmsten Zukunfts- Szenarien für die eigenen Ensembles. Das Spektrum reicht von Arbeitsplatz- Kündigungen über Spartenauflösungen bis hin zu Haustarifen, die deutlich niedriger liegen als die bislang üblichen. Was wiederum die Betriebsräte ärgert, allen voran Andreas Fritsch, Betriebsratsvorsitzender des Staatstheaters Schwerin. In einem offenen Brief an die Landesregierung fasst er Wut und Frust der Belegschaften zusammen: E 01 (Fritsch) Es war an der Zeit einmal der Politik halt die Meinung der Mitarbeiter nahe zu bringen. Und das ist ja nicht nur die Meinung der Mitarbeiter des Schweriner Theaters, sondern so geht es allen Theatermitarbeitern in MV. Denen geht es sehr schlecht. Die beschlossene Theaterreform des Ministeriums unter Minister Tesch ist eigentlich das Papier nicht wert, worauf es steht. AUT Kultusminister Henry Tesch. Der Kabinetts-Neuling übernahm vor knapp fünf Jahren das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Seine heutige Bilanz ist durchwachsen und nach Ansicht der Kritiker im Kulturbereich mehr unterirdisch als irdisch. Was den alerten Minister und Ex-Lehrer jedoch nicht weiter stört. Er pocht auf seinen Theaterstruktur-Plan, den seine Gegner als die eigentliche Ursache für die heutige Misere sehen: E 02 (Tesch) Wir haben uns als Landesregierung 2008 entschieden, die Theaterstruktur in MV weiter zu entwickeln und haben daraufhin ein Konzept geschrieben, dass die Kooperation und in einer weiteren Folge die Fusion von Einspartentheater mit Mehrspartentheatern festlegt, haben dazu zwei Kulturkooperationsräume im Land geschaffen und haben diesem Konzept eine Laufzeit von 2010 bis 2020 gegeben. Der entscheidende Punkt für mich als Kultusminister war, erreicht zu haben, dass wir 38,5 Millionen Euro Zusagen jährlich seitens des Landes bis 2020, obwohl wir in allen Bereichen, Einwohner, Zuschüssen aus Bundeshaushalten degressive Momente haben. AUT 38,5 Millionen jährlicher Zuschuss für die Theater des Landes sind rund 53 Prozent gesamten Kulturetats des Landes. Aus Sicht der nicht Theatergebundenen Künstlern zuviel, aus Sicht der Intendanten zuwenig. Denn die jährlichen dynamischen Steigerungen durch Tariferhöhungen und allgemeinem Preisanstieg werden durch den Sockelbetrag nicht aufgefangen. Sie fallen zu Lasten der kommunalen Träger, die wieder rum ihrerseits nicht bereit sind, ihre Kulturetats entsprechend zu erhöhen. So bleibt es den Intendanten überlassen, die Löcher zu stopfen - oder mit einem immer größeren Etatloch zu leben - bis der Insolvenzverwalter kommt. Auf diesem Weg sieht sich der Intendant des Schweriner Staatstheaters Joachim Kümmritz, dem bereits eine Million Euro fehlen: E 03 (Kümmritz) Die Lage brennt seit 20 Jahren in MV. Im Augenblick ein bisschen besonders. Da wir bereits im letzen Jahr einen Wirtschaftsplan vorlegen mussten und vom Aufsichtsrat bestätigt bekommen haben, der ein Minus ausweißt, das bilanziell aber noch darstellbar war. Und wir werden nach dem Entwurf des Wirtschaftsplanes für die Spielzeit 2011/12 wieder ein Minus ausweisen müssen, welches dann bilanziell nicht mehr darstellbar ist. Und dann kann man auch keinen Wirtschaftsplan beschließen vom Aufsichtsrat und dann kann man als Theater nicht mehr arbeiten. AUT Nach den Plänen des Kulturministers Tesch sollen die unwirtschaftlichen Einsparten- Theater in Parchim und in Anklam in den großen Mehrsparten-Theater aufgehen. Gleichzeitig sollen aus den jetzt vier Orchestern im Land noch zwei übrigbleiben. Einen ersten Schritt bilden Kooperationen, aus denen dann später Fusionen werden sollen. Wer dabei nicht spurt, wird bestraft: Erst mit 10prozent weniger Zuschüsse und in den Folgejahren mit 20 Prozent weniger. Nicht nur der Rostocker Intendant Peter Leonard hält das Konzeptpapier für einen Witz, für einen schlechten noch dazu: E 04 (Leonard) Mit fällt nichts besonderes Gutes ein, muss ich zugeben. Also es ist nicht durchsichtig warum diese Politik aufgenommen wurde. Warum man speziell sich auf das Theater konzentriert ohne einen Masterplan für diese Angelegenheit zu haben, verstehe ich nicht. AUT Unterstützung erhält Leonard von seinem Kollegen aus Schwerin. Joachim Kümmritz, seit über 20 Jahren Intendant des Schweriner Staatstheaters fällt es immer schwerer seine Wut über das Diktat des Ministeriums zu zügeln: E 05 (Kümmritz) Na ja, ist doch berechtigt. Darüber muss man wirklich nicht nachdenken, nicht reden. Wenn seit 1994 bis zum Jahr 2020, über 26 Jahre die Zuschüsse für die Theater dieses Landes gedeckelt werden, dann kann ja jedes Kind ausrechnen, dass die Theater irgendwann Pleite sind. Die Zuschüsse der Stadt sind ja auch seit 1992 gedeckelt. Dass zwischendurch durch die Erhöhung deren Einnahmen oder Abbau von Personal irgendwie noch alles hingedreht werden konnte, muss doch jetzt mal irgendwo ein Punkt erreicht sein, wo man mal sagen kann als Intendant, nun bin ich ja schon 20 Jahre hier: Wir haben unsere Leistungen erbracht und wenn die Politik nicht in der Lage ist zu sagen, ok, jetzt haben wir es verstanden. Wir müssen politische Beschlüsse treffen, dann kann ich nichts dafür. AUT Und, schon mal auf Touren, zerlegt Kümmritz, die Kooperations- - und Kulturraumpläne des Ministers: E 06 (Kümmritz) Nein ich habe nicht das Gefühl, dass geistig, inhaltlich denken, wie machen wir Theater in MV weiter um zu sichern, dass in den großen Städten und in der Breite Theater weiter angeboten wird. Dieses Gefühl habe ich nicht. Eine einfache Decklung und eine einfache Erklärung Kulturraum 1 und 2 ohne konkret gemeinsam Land und Kommunen über die Komplexität dieses Begriffes nachzudenken und umzusetzen , dieses Gefühl kann ich beim besten will nicht haben. AUT "Schwierig, schlimm, unübersehbar, hoffnungslos" Diese Liste von Reaktionen lässt sich beliebig fortschreiben. Sie stammen von Theater-Mitarbeitern des Landes, die immer öfters das Gefühl haben, teil eines Dramas zu sein, bei dem sie mitspielen und gleichzeitig Zuschauer sind. Einige warten auf den "großen Aufstand der Ensembles", andere auf "eine gütliche Einigung" mit dem Kultusministerium, begleitet von der stillen Hoffnung, dass alles so bleibt wie es ist. Größte Baustelle - im wahrsten Sinne des Wortes - ist das Theater der Hansestadt Rostock. E 07 (OB Methling) Sie sehen natürlich, dass wir hier als Team vor ihnen stehen, um eine der schwersten Entscheidungen zu verkünden, die ich in meiner Amtszeit hier vornehmen muss. Aus Sicherheitsgründen das Volkstheater Rostock, das große Haus, für die Wintersaison 2011 zu schließen. AUT Doch die Krokodilstränen, die Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling vergoss als er die Schließung verkündete, waren nicht echt. Er kannte die katastrophale Bausituation des alten Theater genau. Ohne wohlwollende Sondergenehmigungen wäre das Gebäude schon vor Jahren dicht gemacht worden. Intendant Peter Leonard bestätigte, dass selbst für Notreparaturen das Geld fehlte: E 08 (Leonard) Also tatsächlich ist das Problem Jahrzehnte alt. Es gab schon mehrere Versuche in der DDR-Zeit einen Neubau zu schaffen. Warum jetzt zumachen? Kurz gesagt. Ich würde so sagen: Es ging so weit, dass es nicht mehr auszuhalten war. AUT Seither stehen Orchester, Ballettcompanie, Schauspieler und Sänger ohne Spielstätte da, spielen mal in Messehallen, Hotels oder wo sonst noch Platz ist. Währenddessen träumen Stadtführung und Rostocker Einwohner von einem Theaterneubau. Wobei jeder weiß, dass die Kasse der Hansestadt so leer ist, dass fast jedes Jahr eine Zwangsverwaltung durch das Innenministerium droht. Trotz allem: Landtagswahl und Kommunalwahlkampf stehen an - wird derzeit bis zur Schmerzgrenze über mögliche Standorte - davon gleich drei - und über die künftige Größe des Theaters diskutiert, während gleichzeitig so getan wird, als wäre die Finanzierung des Projektes (30 bis 40 Millionen werden genannt) ein Thema ist, mit dem man sich nicht weiter beschäftigen muss. E 09 (Leonard) Also da sind wir schon soweit. wir haben mehrere Varianten vorgelegt, inklusive die Dauerertüchtigung dieses alten Hauses. Die Bürgerschaft hat jetzt beschlossen erst mal für Baupläne und die ersten Schritte 200 000 für die Renovierung des alten Hauses bereitzustellen. Also die Richtung zeigt sich ganz klar, dass wir als Übergangslösung wieder in dem großen Haus rein dürfen. Allerdings diese Maßnahmen, die so um 2,2 Millionen Euro netto kosten würde nur eine Nutzung bis 2018 erlauben. Das heißt dass ein Neubau vorgeschrieben ist, wenn man diesen Weg nimmt. AUT Wenn dieser Weg genommen wird - dann nur mit Hilfe des Landes - und da kommt wieder der ungeliebte Minister Tesch ins Spiel, der nur nebulös auf dieses Thema reagiert: E 10 (Tesch) Also, ich finde es schon spannend, wenn ich, ohne alle Informationen zu haben, gefragt werde, wie kann ich Rostock unterstützen. Ich denke, die Trägerschaft für das Theater ist in Rostock und gleichwohl glaube ich als zuständiger Minister auch sagen zu können, Ich stehe für alles bereit. Nur man kann nicht davon ausgehen, dass das Kultusministerium einen Fond hat und sagt Wir bauen in Rostock ein Theater. Das kann nicht unsere Aufgabe sein. AUT Dabei verhält sich Rostock mustergültig, auch wenn das ministerielle Theaterkonzept etwas freizügig interpretiert wird. So sollte eigentlich das Landestheater Parchim nicht mit Rostock, sondern mit dem wesentlich näher liegenden Staatstheater von Schwerin zusammengehen. Tatsächlich wollen nun Rostock und Parchim fusionieren. Über einen gemeinsamen Holdingsvertrag wird der Betrieb an beiden Spielstätten organisiert. Thomas Ott-Albrecht, Intendant des Landestheaters Parchim, sieht in der Zusammenarbeit jedenfalls eine "Schwerpunktsetzung": E 11 (Ott-Albrecht) Wir haben unseren Schwerpunkt ganz klar auf Theater für Kinder und Jugendliche gesetzt. Ich glaube, das macht in einer ländlich geprägten Region wie Parchim und künftig Ludwigslust sehr viel Sinn. Wir merken es auch an den Ergebnissen, an den Resonanzen. Das ist übertragbar natürlich auch auf ganz MV. Wir werden wir zukünftig sehen müssen Ansonsten muss der Standort für sich selbst entscheiden, wo liegt meine Schwerpunktsetzung, habe ich einen großen touristischen Bereich abzudecken in der Sommerbespielung. Wenn ja, wie mache ich das. Mache ich es mehr musikalisch, wie auch immer in welchem Bereich. Da kann man keine Tipps geben, keine Patentrezepte finden, sondern das muss jeder für sich analysieren, muss dann sehen, wie er sich über die Situation an seinem Standort stark aufstellt. AUT Mitkonkurrent Joachim Kümmritz aus der Landeshauptstadt sieht diese Entwicklung gelassen, obwohl er selbst um die Parchimer buhlte, wie es vom Ministerium verlangt worden ist. Nach den ersten Verhandlungsrunden zeigten sich ihm jedoch schnell Grenzen: E 12 (Kümmritz) Ich kann nicht mit jemanden zusammenarbeiten wie Parchim, der mir erklärt, der Kreis Parchim, dass bei einer Zusammenarbeit in Parchim alles bleibt wie es ist. Das sagt übrigens auch der Vertrag Parchim-Rostock aus und in Schwerin aus Spargründen musste man zum. B. den halben Opernchor liquidieren und kann keine Opern mehr spielen. Das kann ja nicht sein, muss ja eine Gemeinsamkeit sein bei der ganzen Angelegenheit. Mit Parchim sind konstruktive Verhandlungen geführt worden, mit Wismar kann man sie nicht führen, weil Wismar kein Ensemble hat, wird auch immer eingebracht. Mit aller Klarheit muss ich sagen. Man möge doch mal die Papiere des Unternehmerverbandes lesen, Kooperationen sparen kein Geld, Kooperationen kosten Geld AUT Nur einen Schritt vor dem finanziellen Abgrund steht die Vorpommernsche Landesbühne Anklam, die nur durch eine Sonderzahlung der Landesregierung in die Saison überhaupt starten konnte. Das Einspartentheater erhält jährlich 1,25 Millionen Euro vom Land. Als der Zuschuss vom Ministerium gekürzt wurde, weil der Kooperationsvertrag mit dem Theater Vorpommern in Greifswald nicht anerkannt worden ist, brach die gesamte Finanzierung zusammen, sodass selbst Rechnungen für Bühnenbilder nicht mehr bezahlt werden konnten. Intendant Wolfgang Bordel spricht trotzdem oder gerade wegen des Finanz-Engpasses von einem "fröhlichen Mehrspartentheater" E 13 (Bordel) Wir haben eine kleine Anklamer Philharmonie, wir haben Ballett, auch wenn es nicht groß ist. Wir machen Musiktheater-Aufführungen, machen Sprechtheater. Also eigentlich sind wir gut aufgestellt Und wir denken, in aller Bescheidenheit, dass wir das strukturbestimmende Theater dieser großen Region sind. Mit 80 000 Zuschauern, die wir da haben. Also in soweit, hoffe ich, dass sich das auch bis Schwerin herumspricht. Und dann fehlt es auch nicht an Fusionspartnern. AUT Geplant ist eine Fusion mit dem Theater Vorpommern mit Spielstätten in Greifwald, Stralsund und Putbus. Für das Anklamer Theater wird sich jedoch die Lage nicht wesentlich verbessern. Denn beim Partner haben die verantwortlichen Träger, die Städte Greifswald und Stralsund, sowie der Landkreis Rügen kein Geld und keine Lust mehr, die Defizite ihrer "Kulturhochburgen" zu übernehmen. Was nicht nur den rührigen Intendanten Bordel skeptisch in die Zukunft blicken lässt: E 14 (Bordel) Wofür wir wirklich kämpfen müssen ist, dass es nicht zu Theaterschließungen führt wie mittlerweile schon üblich geworden ist in den alten Bundesländern, sondern wir müssen dafür kämpfen, dass in jedem Theater auch Theater produziert wird. Das es keine Bespieltheater gibt. Und ob die Fusion irgendetwas dazu beiträgt, das glaube ich nicht. Fusionen haben noch nie ein Problem gelöst. Die Theater gehen ja nicht zuerst am Geld unter, sondern am Mangel an Ideen unter. Und das Fusionsmodell ist keine Idee. AUT Die neuen Geschäftsbeziehungen sollen die beiden Theater "effizienter machen". Finanz- und Rechnungswesen sollen zusammengelegt, Spielpläne und Marketing besser aufeinander abgestimmt werden. Damit nicht genug. Das Theater Vorpommern plant parallel eine Fusion mit der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz. Ziel: ein Großtheater für die Randbezirke des Bundeslandes mit allen Sparten. Aktueller Stand: Die Träger, zwei Städte, drei Kreise, halten sich auffallend zurück und vermeiden das Thema Fusion, angeblich wegen größerem Gesprächsbedarf. Tatsächlich liegen die Pläne, wie eine regionale Zeitung berichtete, "völlig auf Eis." Die Träger wollen erst die Landtags- und die damit verbundene Kommunalwahl abwarten. Bleibt noch das Staatstheater Schwerin, das Juwel in der Theatersammlung von Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin kann bis heute weder einen Kooperations-, noch einen Fusionspartner vorzeigen, was dazu führen wird, dass nur noch 90 Prozent der Landeszuschüsse überwiesen werden. Die Stadt selbst ist so klamm, wie die meisten Städte im Land und kann das Defizit nicht decken. Was bleibt sind harte Schnitte oder anders ausgedrückt: Kündigungen. Wogegen sich Intendant Kümmritz jedoch vehement stemmt: E 15 (Kümmritz) Wie die Kuh vom Eis zu holen ist, kann ich nicht 100prozentig sagen. Es gibt Beschlüsse des Aufsichtsrates. Die heißen: Prüfen sie Spartenschließungen, prüfen sie Spielstättenschließungen, prüfen sie Haustarifverträge und die Stadt prüft gemeinsam mit dem Land, ob zusätzliche Mittel bereitgestellt werden können. AUT 350 Theater-Arbeitsplätze sind landesweit gefährdet, wenn die Pläne des Theater- Ministers Henry Tesch komplett umgesetzt werden. So eine Rechnung der Gewerkschaft. Diese Stellen gelten im Ministerium quasi als die Fettreserven der Theater im Land, was diese aber vehement bestreiten. Unterstützung findet Tesch lediglich beim Landesrechnungshof, der mit seinen eigenen Spar-Vorschlägen, die Stimmung weiter anheizt. So lautet ein Vorschlag: Die 100 Kilometer entfernt liegenden Theater von Rostock und Schwerin sollen fusionieren. Natürlich auch die beiden Orchester. Für den Rostocker Theaterchef Peter Leonard ein Vorschlag, über den er nicht einmal ernsthaft nachdenken will: E 16 (Leonard ) Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man irgendwo da etwas erreichen könnte. Erst mal sind wir strukturelle, ich meine von der Größe der Städte bzw. Demografik so was von unterschiedliche. Zweitens, wenn die angestrebte Fusion von zwei sehr guten Orchestern angestrebt wird, hat man letztendlich ein Orchester, das eine Region bedienen muss, wo es ausgeschlossen ist zum Beispiel an Silvester an mehr als einem Ort ein Silvesterprogramm zu bringen. Wer entscheidet, wo an dem gewissen Abend, wo es immer voll ist, gespielt werden soll. AUT "Über das Kommen mancher Leute tröstet uns nichts als die Hoffnung auf ihr Gehen", schrieb die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach vor 100 Jahren, ohne zu ahnen, dass sie damit genau die heutige Stimmungslage in der Theaterszene von Mecklenburg-Vorpommern beschreibt. Keiner spricht es aus, aber alle warten hoffnungsvoll auf den Ausgang der Landtagswahlen im September, die gleichzeitig auch das Ende von Kulturminister Henry Tesch bedeuten können. Die Anzeichen mehren sich dafür, vor allem seit Ministerpräsident Erwin Sellerring in den letzten Monaten mehrmals Pläne des CDU-Ministers öffentlich zerlegte. Den letzten Schlag gegen Tesch führte Sellerring letzte Woche. In einem internen Strategie-Papier der Staatskanzlei ist zu lesen: Im neuen Kabinett wird es kein Kultusministerium mehr geben. Für die Kultur allein verantwortlich ist künftig nur noch der Ministerpräsident. Seine erste Amtshandlung: die Zwangsfusionen der Theater werden verschoben. Doch der Jubel blieb aus. Und das nicht nur, weil die Staatskanzlei sofort dementierte. G 02 Pfiffe, Beifall, Buh-Rufe -ENDE- 12