Von falschen Freunden, echten Feinden und wahren Ereignissen Eine Lange Nacht über Geschichte im Film Autoren: Susanne Luerweg und Sabine Oelze Regie: Jan Tengeler Redaktion: Dr. Monika Künzel Sprecher: Tom Jacobs Martin Schaller Christoph Wittelsbürger Sendetermine: 3. Dezember 2016 Deutschlandradio Kultur 3./4. Dezember 2016 Deutschlandfunk __________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde 1. Musik/Opener Sprecher: Ein Sohn kehrt aus dem Krieg in sein Dorf zurück, eine Tochter verteidigt ihren Nazi-Vater, eine Gräfin führt einen Flüchtlingstreck von Ostpreußen gen Westen: Szenen aus drei Filmen, die sich mit deutscher Geschichte beschäftigen und die selber Geschichte geschrieben haben. Sie setzen Vergangenes in Szene, prägen die Erinnerungskultur und sorgen für Diskussionen. Geschichtsschreibung im Film kann einen stärkeren Eindruck hinterlassen als ein Buch. Regisseure arbeiten mit Anspielungen, Nahaufnahmen und emotionalen Zuspitzungen und ermöglichen so einen besonderen Blick auf die Historie. Sie verhandeln Fragen, die so alt sind wie die Menschheitsgeschichte: Wer bin ich? Wo komme ich her? Was treibt mich an? Das Phänomen erfolgreicher Geschichtsstunden in Film und Fernsehen ist nicht neu. Bereits im Kino der Weimarer Republik werden erste Filme zu historischen Ereignissen gedreht. Da fangen Regisseure wie Walter Ruttmann in „Berlin – Symphonie einer Großstadt“ das Leben in der pulsierenden Metropole ein. Oder aber sie verherrlichen das Leben von Friedrich dem Großen, wie es die so genannten Fridericus Rex-Historienfilme taten. Anfang der 1930er Jahre sorgt der oscargekrönte Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ aus den USA nach der Buchvorlage von Erich Maria Remarque für Kontroversen. Er wird als einer der ersten US-Filme fürs deutsche Publikum synchronisiert. Vor allem in Deutschland stößt er auf Kritik: Veteranenverbände sehen darin einen Angriff auf die Ehre des deutschen Soldaten. 2. Musik Sprecher: Darstellungen des Kriegs im Kinofilm bleiben über lange Jahre problematisch. Zu frisch sind noch die Wunden des Ersten Weltkriegs. Aber auch nach dem Zweiten Weltkrieg dauert es einige Jahre, bis das Leid in den Schützengräben und die daraus folgenden Traumata einen Platz auf der Leinwand finden. Den filmischen Blick in die Geschichte hatten die Nationalsozialisten als verbrannte Erde hinterlassen. Propagandafilme von Veit Harlan wie „Jud Süß“ von 1940 oder „Kolberg“ von 1944 sollten, verpackt als Historienfilm, den Antisemitismus schüren und die Durchhaltemoral der Deutschen stärken. In der Nachkriegszeit produzieren die Alliierten zahlreiche Reeducation-Dokumentationen, um über auf die nationalsozialistischen Verbrechen aufmerksam zu machen. Doch es gibt nur wenige Spielfilme, die sich dem Thema nähern. Die Sehnsucht nach Normalität und einem Neuanfang ist so groß, dass viele lieber einen Schlussstrich unter die jüngste Geschichte ziehen wollen. Inzwischen behandeln zahlreiche Filme die Nazizeit und es scheint kein Ende in Sicht. Deutschland vor und während der NS - Herrschaft, vor und während der Nachkriegszeit, vor und nach der Wiedervereinigung beschäftigt nicht nur die Deutschen selbst, sondern auch Menschen auf der ganzen Welt. Hollywoodproduktionen greifen die Geschichte Deutschlands ebenso auf wie heimische Produktionen. Eine Lange Nacht über Geschichte im Film: von falschen Freunden, echten Feinden und wahren Ereignissen. In den nächsten drei Stunden kommen Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten zu Wort. Jede Stunde hat andere Hauptdarsteller und andere Schauplätze: von der Nachkriegszeit in der Provinz über das geteilte Deutschland bis hin zur Metropole Berlin. In der ersten Stunde dieser Langen Nacht über Geschichte im Film geben Edgar Reitz und Heinrich Breloer Einblick in ihre Arbeitsweise. Beide deutsche Autoren und Filmregisseure gelten als Pioniere neuer filmischer Erzählformen im Umgang mit Geschichte. 3. Musik Filmmusik Heimat Sprecher: Mit seiner Heimat-Chronik, die über 50 Stunden dauert, hat Edgar Reitz ein Jahrhundertwerk geschaffen. O-Ton 1 Filmszene „Heimat“: take 29 ab 1.29 (38)Liebe Schabbacher, liebe Hunsrücker, liebe Family...(dann unter Text legen) Sprecher: Die drei Staffeln der Serie „Heimat“ schildern die Zeit vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Jahr 2000 und spielen an drei Schauplätzen in Deutschland: dem fiktiven Dorf Schabbach im Hunsrück, in München und in Berlin. Im Mittelpunkt steht die Schabbacher Familie Simon. O-Ton 2 Filmausschnitt NEU Atmo Schmiede: „Der Paul ist wieder da! Sprecher: Paul Simon kehrt aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Sein erster Weg führt ihn in die Dorfschmiede seines Vaters, wo er gleich wieder mithilft, ganz so, als sei er nie weggewesen. Erst später, als sich die Familienmitglieder um den Esstisch versammeln, nehmen sie von Paul Notiz. Bis dahin vergehen sieben Filmminuten, in denen kaum gesprochen wird. O-Ton 2b (7.30) Paul ham Dir die Franzosen in Frankreich so viel zu essen gegeben, dass Du bei uns kein Hunger hast. Ei Paul, dass Du noch am Leben bischt... Sprecher: Das archaische Leben in dem Dorf Schabbach, die harte Arbeit der kleinen Leute, die Armut – all das erzählt Edgar Reitz mit einer großen Liebe zum Detail. Als 1984 der erste Teil der Trilogie im Fernsehen startet, löst „Heimat“ etwas aus, was nur wenigen Filmen gelingt. Im Schnitt schalten Woche für Woche zehn Millionen Menschen den Fernseher ein. Die gute Quote ist auch deshalb bemerkenswert: Zur gleichen Zeit laufen Dallas und Denver– zwei Serien über amerikanische Familien – sehr erfolgreich im deutschen Fernsehen. Starke Konkurrenz also für die Simons aus dem Hunsrück. Auch Edgar Reitz ist von dem Erfolg verblüfft. O-Ton 3 Reitz 00.10 Damals hat keiner mit dieser Resonanz gerechnet. Auch der WDR, der mein Mitproduzent war, war der Meinung, es ist ein Versuch, man hat damals sogar überlegt, ob es etwas fürs dritte Programm war. Weil es doch etwas ungewöhnliches war, keine Stars, viele Szenen im Hunsrücker Dialekt, in Schwarzweiß gefilmt und lauter solche Dinge, die nicht als sehr populär gelten. Man war also insgesamt sehr überrascht von dem Erfolg. Ich auch, muss ich sagen. Sprecher: Heimat gilt lange als ein anrüchiges Wort. Edgar Reitz greift zwar Elemente des Heimatfilms auf – beispielsweise, indem er seine Protagonisten monatelang in den Hunsrück schickt, damit sie den Dialekt richtig sprechen lernen. Doch er will den Heimatfilm neu erfinden. Und ihn von Überhöhung und Pathos befreien. O-Ton 4 Filmszene Filmszene „Heimat“ 5.15 heimat teil 2 Mit der Liebe ist es für alle Zeiten vorbei. Wenn es die Liebe gibt, dann nur einmal. //zweitens: ich schwöre, dass ich aus Schabbach und dem fürchterlichen Hunsrück fortgehe. Vor allem von meiner Mutter und dem Elternhaus und ich will nie mehr zurückkommen. Auch dann nicht, wenn ich mal berühmt bin. Dann erst recht nicht. Drittens: die Musik soll meine einzige Lieb sein und die Heimat. Die Musik ist überall, wo die Menschen frei sind. O-Ton 5 Reitz 11.53 das ist der Heimatbegriff, der in den letzten Jahren enorm zugenommen hat und immer mehr zum Thema geworden ist. So etwas gibt es, das kennen alle Menschen, egal wo sie herstammen. Auch die heutigen Migranten tragen ihre Gefühle mit sich herum. Es liegt daran, dass wir uns nicht in dem Sinne selbsterfinden wie wir meinen. Wir sind die Kinder einer bestimmten Kultur. Einer Geschichte, die sich in der Familie in den privaten Ebenen mitteilt und das in der frühen Kindheit sehr stark prägend, weil das sind nicht intellektuelle Einflüsse, sondern emotionale Einflüsse. Da spielt die Landschaft eine Rolle, die Familie, Sitten und Gebräuche, das Gefühl des Miteinanders, das bildet Sehnsüchte, all das bildet einen Kern in uns, den wir unser Leben lang mit uns herumtragen, den wir immer wieder suchen, denn dieser Kern hat auch eine Glücksversprechung. Jeder, der an Heimat denkt, glaubt, dass da irgendwo das Glück liegt, das uns irgendwie abhanden gekommen ist, eine Sehnsucht. Sprecher: Premiere feiert „Heimat“ auf dem Filmfest in Venedig. Die elf abendfüllenden Spielfilme werden in 35mm Kinoformat gedreht, jede Folge ist unterschiedlich lang. Seit „Heimat“ gilt Edgar Reitz als einer der wichtigsten Regisseure in Deutschland, wenn es um die filmische Aufarbeitung von Geschichte geht. O-Ton 6 Reitz // Film kann viele Dinge, die andere Künste nicht können. Das liegt vor allem daran, dass der Film Situationen und das Geschehen in einer Weise vergegenwärtigt, wie wir das nicht kennen. Die Art der Gegenwärtigkeit der Wahrnehmung, der Zuschauer ist eins-zu-eins Zeuge eines Vorgangs, er ist mit dabei, erfühlt sich mit im Raum, und körperlich in der Nähe der Figuren. Das kann in der konkreten Erlebnisebene keine andere Kunst leisten. Deshalb bin ich nach wie vor so begeistert von der Filmkunst und ihren Möglichkeiten. DARAN Frage 02.07 Kann der Film eventuell auch mehr als die Geschichtsschreibung, weil er ja auch die Möglichkeit, hat Emotionen zu wecken? O-Ton Reitz 2.13 Da bin ich skeptisch und zurückhaltend. Es geht ja im Grunde um die Frage: Können wir mit Hilfe des Mediums in die Zeit zurückkehren. Können wir einen wirklichen Blick in vergangene Zeiten werfen. Das ist nicht möglich. Der Film allerdings in diesem Punkt täuscht er uns leicht, denn wir können mit allen Mitteln, die wir haben an Kostüm, Ausstattung an Schauspielkunst, können wir den Eindruck vermitteln da zu sein, in dem Augenblick der Geschichte zu sein, von dem die reden. Doch bei genauer Betrachtung ist das Studio und Filmtechnik und nicht wirklich ein Blick in die Vergangenheit. Deswegen bin ich sehr zurückhaltend gewesen, wenn es um Geschichtsdarstellungen geht, obwohl ich als einer gelte, der sich speziell auf dem Feld da getümmelt hat, aber ich würde es nie wagen, wirkliche Geschichtsfakten zu verfilmen. Also ich würde es nicht wagen, Persönlichkeiten der Geschichte, große Figuren auftreten zu lassen. Ich könnte es nicht aushalten, einen Schauspieler Hitler oder Napoleon spielen zu lassen. Da liegen die Grenzen. Da ist der Film sozusagen ein Mittel noch größerer Täuschung als die übliche Geschichtsschreibung. Sprecher: Das Besondere: Edgar Reitz greift nicht auf echte Protagonisten zurück, die große Geschichte geschrieben haben. Er erzählt Geschichte anhand von Alltagsfiguren. O-Ton 7 Filmzitat 15.00 Heimat, Teil 2 Männer und ihre Freunde machen Geschichte. Nicht große Persönlichkeiten, nicht soziale Bewegungen, Männer und Freunde machen Geschichte. Wie war es bei Julius Cäsar... O-Ton 8 Reitz Ja das sind alles kleine Leute, aber auch Leute, die ich erfunden habe. In dem Bereich kann man das machen. Ich kann das Leben auf dem Land in den 1930er Jahren mit lauter erfundenen Figuren erzählen, das könnte ich nicht, wenn ich in die Politik gehe, da sind die Figuren nicht mehr frei verfügbar. Hier war ich von diesen Fragen frei. Das sind alles Kunstfiguren, aber gerade dadurch, dass sie das sind, und von sich aus nicht die Behauptung aufstellen, wirklich gelebt zu haben und da und da gewesen zu sein, dadurch ist diese Übersetzung möglich für den Zuschauer, dadurch kann er die Wahrheit, die im Hintergrund liegt, herauslesen. So würde ich das definieren. Sprecher: Edgar Reitz weiß, wovon er spricht. Er kommt selbst aus dem Hunsrück, 1932 wird er in dem Dorf Morbach in der Nähe von Simmern geboren. Nach dem Abitur 1953 zieht er nach München um, wo er Theaterwissenschaften, Germanistik, Publizistik und Kunstgeschichte studiert. Seinen ersten Film dreht er bereits im selben Jahr, in dem er sein Studium aufnimmt. Schnell findet er Gleichgesinnte, wie den Regisseur Alexander Kluge, mit dem er 1962 das Oberhausener Manifest auf den gleichnamigen Kurzfilmtagen veröffentlicht. Eine neue Zeit verlangt neue Filme: „Papas Kino ist tot“, lautet die Losung der jungen Bewegung. Nicht alle Experimente des jungen Autorenfilmers Reitz glücken und als sich sein Werk „Der Schneider von Ulm“ als finanzieller Flop herausstellt, folgt eine Phase der Rückbesinnung. Reitz zieht sich Ende der 70er Jahre noch einmal für ein Jahr in den Hunsrück zurück, um für sein filmisches Marathonprojekt „Heimat“ zu recherchieren. Nicht nur die Charaktere, auch das Dorf Schabbach sind eine Erfindung von Edgar Reitz. Heute ist Schabbach mit seinen Fachwerkhäusern ein Pilgerort für Fans der „Heimat“-Filme. O-Ton 9 Reitz ///Das Dorf trägt viele Züge, Eigenschaften von Dörfern die ich kenne von meiner eigenen Kindheit. Ich bin ein Hunsrücker Kind, ich bin da aufgewachsen in einem Dorf von 2000 Einwohnern. Aber das Dorf, in dem die Eltern geboren wurden, hat ungefähr diese Dimensionen von Schabbach. Da kommen viele Erinnerungen von den Großeltern. Mein Großvater war ein Dorfschmied und diese Atmosphäre dieser Schmiede und dieses Haushalts, die habe ich aus der Erinnerung heraus porträtiert. // Der Name ist übrigens ein Familienname, den ich auf einem Grabstein gefunden habe. Da war ich mit meinem Koautor auf einem Friedhof dort im Hunsrück und da lagen mehrere Menschen mit dem Namen Schabbach begraben. Und wir haben uns gefragt, wie kann man so heißen. Das ist ja eigentlich ein Ortsname. Sprecher: Mal führt die Serie die Simons in die karge Umgebung von Schabbach, mal spielt sich ihr Leben nur zwischen Schmiede und Heuschober ab. Mit seinem epischen Erzählstil gelingt es Reitz, das Familienleben der Simons im Spiegel deutscher Geschichte zu erzählen. Sein historisches Panorama erweitert er pro Staffel um eine neue Epoche. So arbeitet sich „Heimat“ vom ersten Weltkrieg bis in die jüngere Gegenwart vor. O-Ton 10 Reitz 08.17 Das ist das 20. Jh. Das ist das Jahrhundert, in der wir das letzte Jahrzehnt begleitet haben mit unserer Filmarbeit und das ist das Katastrophenjahrhundert überhaupt. Also wenn wir uns heute auseinanderzusetzen haben mit gesellschaftspolitischen Fragen, mit Fragen der Sinngebung, dann ist dieses 20. Jahrhundert voll von solchen Schrecklichkeiten, auf die wir antworten müssen und deswegen war das eine Zeit, ein Zeitraum. Das Ende dieses Jahrhunderts die Silvesternacht 99/2000, womit die Trilogie endet, ist fiktiv, weil natürlich endet mit so einem Datum nicht eine Epoche, weil das Leben geht weiter, und die Dinge verändern sich sehr viel langsamer. Aber das glaube ich versteht jeder Zuschauer, dass nicht das Jahrhundert als Datum gemeint ist, sondern als eine große dramatisch Entwicklung, in der Millionen Menschen gestorben sind und andere unverdrossen ihr Glück gesucht haben. DARAN Frage Wenn man sich diese große Zeitspanne anschaut, was würden Sie sagen, was ist die Essenz. Worum geht es? Es tauchen ganz oft Wörter auf wie Flucht, Weggehen, die Wurzeln suchen, aber gleichzeitig steht man nicht zu den Wurzeln. Ist das das große Thema des 20. Jahrhunderts? O-Ton 10.09 Ich zögere ein bisschen. Ich habe ja dann einen Film gemacht, der im 19. Jahrhundert spielt. Die andere Heimat, wo es um das Auswandern um die Migration der Deutschen geht, die zu 100 000 das Land verlassen haben, also ein großer Parallelfall zu der Migrationsbewegung, die wir heute haben. Es ist also in der Natur des Menschen schon veranlagt, dass er wandert. Völkerwanderungen hat es in allen Zeiten gegeben und immer wieder sind Menschen im Aufbruch, ihr Glück an Orten zu suchen, die sie noch nie betreten haben, die hinter einer Glücksversprechung herlaufen, das kann sich zu einer Massenbewegung entwickeln. Sprecher: Die Frage danach, wie stark Herkunft den Menschen prägt, beschäftigt die Menschen schon immer und besonders in der globalisierten Welt ist sie ein zentrales Thema. Ein Grund für den großen Erfolg der Geschichtsserie. Denn „Heimat“ wird nicht nur in Deutschland, sondern international verfolgt und in 35 Sprachen übersetzt. In den USA sorgt „Heimat“ allerdings auch für Irritationen. Zeitungkritiker der New York Times oder der Village Voice vermissen eine Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit. In Schabbach scheine es kaum welche gegeben zu haben, wundern sich die US-Kritiker. Wendehälse, Kriegsgewinnler und Heimkehrer gibt es aber auch im Hunsrück-Kosmos von Edgar Reitz. O-Ton 11 (41) Filmszene Heimat take 29 4.30 Das waren schlimme Stunden damals. Im August 39. //die haben mich nicht ring gelassen. Euer Hitler hat mich nicht gewollt...der war eben kein Hunsrücker. Sprecher: 1988 bis 1991 dreht Edgar Reitz Teil zwei der Heimattrilogie: Die Chronik einer Jugend. Der Film ist an die 26 Stunden lang, und kostet den Regisseur sieben Jahre Arbeit. Herausgekommen sind hunderttausende Meter Filmmaterial. Die Handlung spielt in den 1960er Jahren. Hermann Simon verlässt Schabbach und zieht nach München, um dort Komposition zu studieren. Er bewegt sich in Künstlerkreisen. Es ist die Zeit der Schwabinger Krawalle, der Notstandsgesetze, des Vietnam-Krieges und der Hippiebewegung. Wieder lässt Edgar Reitz die große Zeitgeschichte bedächtig im Hintergrund ablaufen. O-Ton 12 Filmszene Als ich von dem Krawall auf der Leopoldstraße hörte, dachte ich: Endlich geht es los. Als hätte ich den ganzen Tag darauf gewartet. Drei junge Leute hatten Rock’n Roll Lieder gesungen. Ein empörter Bürger hatte die Funkstreife gerufen. (...)Das wurde der Auslöser für die Straßenschlachten... O-Ton 13 Reitz 17.10 die Zeit, in der die Geschichte spielt, ist nicht ganz identisch mit meiner Studienzeit, ich hatte Anfang der 60er Jahre schon mein Studium beendet. Ich habe die Zeit der 60er Jahre für Hermanns Studium gewählt, weil das für viele Menschen nicht nur in unserem Land, sondern überall auf der Welt eine Zeit des Aufbruchs war, eine Zeit, die man als die Zeit erlebt hat, in der sich eine neue Generation von der Kriegs- und Nazigeneration abgenabelt hat und sich auf den Weg begeben hat in eigene Irrtümer und Utopien. Und diesen Stimmungshintergrund, den ich gut kannte, nicht von der Uni, sondern von meiner zeit als Filmemacher, das waren ja die Jahre in der ich die Oberhausener Erklärung, zu der ich gehörte, in diesen Jahren haben sich bei mir entscheidende berufliche Dinge entwickelt, so dass nicht nur für die Figuren des Films ein Hintergrund war, sondern für eine ganze Generation. Sprecher: Edgar Reitz trifft einen Nerv und nimmt mit der „Heimat“-Reihe die Ästhetik und Erzählweise moderner US-Serien vorweg, indem er schon in den 1980er Jahren viel Wert auf langsames und genaues Erzählen, Sorgfalt bei der Darstellung von Charakteren und auf authentische Milieuschilderungen legt. Dazu gehört auch der typische Hunsrücker Dialekt. O-Ton 14 (43) take 21 Filmszene Der Paul hätt immer so schmale weesse Hän jehabt, weißt du das nimmer?...Ich dachte, wenn man im Krieg war, hätte man nicht solche Hände. Sprecher: Edgar Reitz nimmt mit „Heimat“ eine filmische Entwicklung vorweg, die derzeit in aller Munde ist: das epische Erzählen, in dem sich die Geschichte mehrerer Protagonisten mäandernd über Stunden entfalten kann. O-Ton 15 Reitz //Es ist jetzt 5 Jahre her, dass ich angeschrieben wurde von amerikanischen Autoren, die sich an Heimat erinnern, und die mir Komplimente gemacht haben und ich freue mich dass das fruchtet, was man angefangen hat. Ich finde das eine wichtige Entwicklung, weil diese Genres, die das fernsehen hervorgebracht hat nämlich 90 Minuten Spielfilm nur eine sehr begrenzte Möglichkeit der Stoffbehandlung mit sich bringt. Die epische Form öffnet einen riesigen Horizont von erzählerischen Möglichkeiten und das wird gerade entdeckt auf den Spuren von Heimat oder parallel dazu, das ist eine Erweiterung, die finde ich wunderbar. Daran Frage: 27.40 Das deutsche Fernsehen traut sich da allerdings noch nicht so richtig ran, obwohl sie schon eine Vorlage gemacht haben. 27.52 Da haben sie wohl etwas Zeit gebraucht, um zu begreifen, was sie damals überhaupt gemacht haben. Sprecher: Nach den „Heimat“-Staffeln eins, zwei und drei, die nach dem Ersten Weltkrieg einsetzen, über die Nazizeit bis hin zur Wiedervereinigung erzählen und erst im Jahr 2000 enden, herrscht ab Mitte der 1990er Jahre im deutschen Fernsehen eine Pause bei den fiktionalen Geschichtsserien. Der Trend, den Reitz früher als andere erkannt hat, wird von den Fernsehprogrammplanern vorerst ignoriert. Nach „Heimat“ gibt es keine vergleichbar erzählte Geschichtsserie aus Deutschland mehr. Vielleicht auch deshalb entscheidet Edgar Reitz, seinen vierten Teil von „Heimat“ als vierstündigen Kinofilm zu konzipieren. „Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht“ erzählt von der Vormärz-Zeit als Epoche des Aufbruchs. Deutschland ist im 19. Jahrhundert kein Einwanderungs- sondern ein Auswanderungsland. Die Hunsrücker verlassen damals scharenweise Schabbach, um in Brasilien ihr Glück zu suchen. O-Ton 16 Das ist nun ein historischer Fakt, der mir immer wieder begegnet ist, auch bei Heimat 1. Da gibt es ganz zu Beginn eine Szene, wo sich die Familie erinnert an Auswanderer, auch mit amerikanischen Besatzungstruppen 1945 sind viele deutschstämmige Menschen in der Uniform der amerikanischen Armee aufgetaucht, da kam es wieder in Erinnerung, dass so viele Menschen vom amerikanischen Kontinent ihre Wurzeln in Deutschland hatten. Das hat mich auf die Spur gebracht für den Film, aber ein unmittelbarer Auslöser war mein Bruder, der sich als Privatgelehrter mit Sprache und Familiengeschichte beschäftigt hat und der brachte mich auf diese Spur, ich hatte da eines Tages einen Brief bekommen von einer Krankenschwester aus Porto Alegro, sie schrieb ihr Chef hätte auch den Namen Reitz, und sie fragte, ob ich mit dem verwandt sei. Das hat mich auf die Spur gebracht, in meiner eigenen Familie zu recherchieren und so habe ich diese ganze Auswanderungswelle angetroffen mal genau unter die Lupe genommen. 4. Musik Sprecher: Mit „Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht“ ist Edgar Reitz eine weitere persönliche Form der Geschichtsschreibung gelungen, mit der er an die Heimattrilogie anknüpft und einen Bogen schlägt vom 19. Jahrhundert ins 20. Jahrhundert. Bewusst setzt sich Edgar Reitz von der amerikanischen Miniserie „Holocaust“ ab, die 1978 an vier Abenden im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. 20 Millionen Zuschauer verfolgten die fiktionale Geschichte der jüdischen Familie Weiss in Berlin und sind tief bewegt von ihrem Leiden und Kampf ums Überleben im Konzentrationslager. Für Edgar Reitz ist der Mehrteiler eine Bestätigung, mit „Heimat“ eine Chronik zu schaffen, die sich möglichst poetisch und realistisch der Vergangenheit nähert. O-Ton 17 Reitz 23.25 Als ich anfing, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, als es zum ersten Mal um Schabbach ging, war ich auf der Insel Sylt, die Geschichte habe ich oft erzählt, ich war eingeschneit, 1978, und als ich da in meinem Ferienquartier saß, lief im Fernsehen diese Holocaustserie, die habe ich mir natürlich angeschaut, und ich war erstaunt darüber, welche Wellen das geschlagen hat, auch in intellektuellen Kreisen, dass diese Serie ein falsches Bild entwirft, da wird uns ein Hollywoodstudiodeutschland vorgeführt, in dem man sich nicht wiedererkennen kann. Deshalb sind diese Anteilnahme-Bezeugungen, diese Krokodiltränen, die die Nation zu dieser Zeit geweint hat, vollkommen irrelevant. Das verändert nichts. Da rutscht diese dramatische Auseinandersetzung, die rutscht auf eine reine Unterhaltungsebene. 5. Musik O-Ton 18 Filmszene Heinrich Breloer/Speer und Er: DVD1, 18.00 Die Partei hat mir einen Auftrag gegeben. Ein kleiner Umbau. Wenn sie die Wahl gewinnen, dann wird sich einiges ändern. Auch für uns. Sprecher: Eine Szene aus „Speer und Er“. Auch der Kölner Regisseur Heinrich Breloer hat sich jahrzehntelang mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt. Aber auf eine ganz andere Art und Weise als sein Münchner Kollege Edgar Reitz. Heinrich Breloer hat eine besondere Erzählmethode entwickelt, um Geschichte zu verarbeiten. Seine Art, Dokumente mit Spielszenen zu mischen ist bis heute unerreicht. O-Ton 19 Filmszene Speer und Er /Take 30 / Und den ersten Mail hier in Berlin, das haben Sie gemacht. Minister Goebbels war so freundlich mich zu beauftragen. Ach, ich dachte, der Herr Minister hätte es selber entworfen. Speer ist ein sehr fähiger Junge. Parteitag in Nürnberg, das waren auch Sie. Ich hatte sie damals in München besucht. Jaja, da war ein Architekt bei mir. Das waren also Sie?! (Musik unterblenden) Sprecher: Auch Heinrich Breloer hat sich gründlich überlegt, wie Geschichte so authentisch wie möglich, aber doch auch unterhaltsam und verständlich im Fernsehen vermittelt werden kann. Heute zählt der 1942 in Gelsenkirchen geborene Regisseur zu den bedeutendsten Filmemachern Deutschlands und hat mehrere Grimme-Preise gewonnen. Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem NDR-Dramaturgen Horst Königstein, gilt der in Köln wohnende Filmemacher als Erfinder des sogenannten Doku-Dramas. Doku steht für Dokumentation - und Drama für nachgespielte Szenen. Die Filme sind bewusst so angelegt, dass der Zuschauer Raum für die Entfaltung eigener Gedanken, seiner eigenen Fantasie hat. Für seine Doku-Dramen recherchiert Breloer wie ein Historiker. In seiner Wohnung in der Kölner Südstadt sieht es aus wie in einem Archiv: Aktenordner stehen in den Regalen, Bücher stapeln sich bis unter die Decke. An den Wänden hängen Plakate seiner Filme. Heinrich Breloer fängt während seines Studiums an, sich für die deutsche Geschichte zu interessieren. Zwar studiert er Literaturwissenschaft und Philosophie, seine Leidenschaft gilt aber zunächst vor allem der Aufarbeitung der Nazizeit. Während seiner Schulzeit fand das Thema nicht statt. O-Ton 20 Breloer Ich bin mit dem ganz großen Loch aus einem katholischen Internat gekommen, dass wir über das Dritte Reich nichts wussten. Wir hatten bestenfalls den Lesezirkel zu Hause, wo so ein paar starke Geschichten über deutsche Kriegsgefangene, so „einer kam durch“, die habe ich so abends durchgeblättert. Aber in der Schule eigentlich nicht. Und dann stellten wir uns an der Universität, Mitte der 60er Jahre, sehr früh diese Fragen. Ich habe dann beim Studententheater in HH gearbeitet.// und da kamen aus den Rändern der Republik all die, die Fragen haben, und die haben sich dann in der Mitte von HH an der Uni getroffen/ und da wurde dann zum ersten Mal diskutiert. Da wurden Tipps gegeben. Aber auch über das Fernsehen. Wir hatten sehr früh einen Fernseher. Und Anfang der 50ger begannen diese Serien wie der „SS Staat“, die dann auch Grimme-Preise bekamen, //die wir /// atemlos verfolgt haben. Was ist denn da los gewesen? Warum haben unsere Eltern nicht darüber gesprochen?// Sprecher: Heinrich Breloer interessiert sich zunächst für das Theater, besonders für das Konzept des epischen Theaters von Bertolt Brecht. In seiner ersten Dokumentation „Bi und Bidi in Augsburg – Erinnerungen an den jungen Brecht“ befasst er sich intensiv mit dem Dramatiker. Breloers Wunsch, Licht ins Dunkel der deutschen Geschichte zu bringen, entspringt auch aus der Beschäftigung mit Brecht, wie er im Interview in seiner Wohnung erzählt. O-Ton 22 Breloer Circa 10.00 Also dieser Aufklärungsmodus, wenn sie so wollen, eine Weiterentwicklung vom Brechtschen Theater, dass die Leute verstehen, dass ihre Geschichte hier verhandelt wird und, dass sie nicht in ein süffiges Kino im Sessel versinken und wegträumen und denken: ah, gut so, sondern, dass wir zeigen, das seid ihr, das habt ihr erlebt und das ist die zurückliegende Geschichte wie „Das Beil von Wandsbeck“, das war dann der Startfilm oder das ist gestern passiert, die Barschel Affäre. Da hatte man plötzlich die Mittel und das habe ich dann von 1980 bis heute gemacht und so sind dann ja einige Filme entstanden, die man kennt und über die man was sagen kann. Frage: 12:30 Das Dokudrama, in dem sie Spielfilmszenen mit Dokumentation vermischen: wie sehen die aus? Sind sie fiktionalisiert oder sind es einfach Spielfilmszenen mit tatsächlich recherchiertem, authentischem Hintergrund? O-Ton 22b Breloer: Der Zuschauer wird da nicht allein gelassen, er kriegt da immer so viel an die Hand, dass er das genau unterscheiden kann. Wenn jemand sagt, das sei das demokratische Element dabei, dass er gar nicht überwältigt wird und dass er gar nicht weiß, haben die sich das jetzt ausgedacht oder nicht. Beim „Beil von Wandsbeck“, einem Roman über das 3. Reich im Exil geschrieben// so kannte man diesen Roman, den die Stadt aber abgewiesen hat. Sprecher: „Das Beil von Wandsbek“ gilt als einer der wichtigsten deutschen Exil-Romane über die Vorkriegszeit. Der Schriftsteller Arnold Zweig, der 1932 nach Palästina emigriert war, beschreibt darin einen Hamburger Metzger, der 1933 im vorauseilenden Gehorsam vier Kommunisten mit seinem Metzger-Beil hingerichtet haben soll. Heinrich Breloer beginnt zu recherchieren und findet heraus, dass es diesen Metzger tatsächlich gegeben hat. Arnold Zweig hatte in Haifa über den Fall eine Zeitungsnotiz gelesen und daraus seine Parabel verfasst. Heinrich Breloer zieht mit Kamera und Mikrophon durch Hamburg, rekonstruiert die Geschichte und dreht daraus sein erstes Doku-Drama. O-Ton 23 Breloer Man weiß das ist der Roman und gleichzeitig wird recherchiert, wie viel stimmt, wie viel hat er im fernen Haifa dazu erfunden und es wird so ein Spiel mit der Wirklichkeit. // Und es entstand durch den Wechsel von Spiel und Wirklichkeit eine Lebendigkeit// und man sieht, wenn man einen gezielten Zusammenprall zwischen Doku und Spiel herbeiführt, dann entsteht etwas Neues, Drittes, was es ohne die beiden nicht gäbe. Es hat eine eigene Kraft, mit der die Dokumente auch die Spielszenen aufladen, // wie in der Physik, wenn man Teilchen aufeinanderprallen lässt oder in der Malerei, wenn man bestimmte Collagen macht. Was mir auch immer wieder zeigt, es ist nicht nur eine journalistische, es ist eine künstlerische Methode, wenn es richtig gehandhabt wird und nicht nur so dusselig....// das war beim „Beil“ alles noch etwas ungelenk. Es war das erste Mal, dass wir diese Methode vor uns liegen hatten und sahen, da ist was möglich // aber trotzdem die Dreharbeiten sind im Spiel und in Doku manchmal unkalkulierbar und das ist das Schöne, dass man manchmal reichhaltiges, lebendiges Material hat. 6. Musik Sprecher: Breloer versteht Geschichte auch als Oral History, also einer relativ jungen Form der Geschichtsforschung, die auf den mündlichen Erzählungen von Zeitzeugen basiert. Für seine Recherchen zu Geschehnissen und Persönlichkeiten, über die doch eigentlich schon längst alles bekannt zu sein scheint, greift er darauf zurück und lässt keinen Stein auf dem anderen. Die subjektive Geschichte, die er in seinen aufwendigen, zahllosen Interviews zutage fördert, soll die offizielle Geschichtsschreibung ergänzen. Viele Themen, die in der Tagesschau in Kurzbeiträgen von drei Minuten verhandelt werden, nimmt Breloer genauer unter die Lupe. Beispielsweise die Affäre um die Neue Heimat, die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer durch die RAF und der mysteriöse Tod von Uwe Barschel. O-Ton 24 22:08 Breloer /// Wenn sie z.b. die Staatskanzlei sehen- die Barschel-Affäre- dann gehe ich davon aus, dass die Zuschauer//, dass sie Fernsehschnipsel gesehen haben// jetzt nehme ich diese Schnipsel, zwei bis drei-Minuten-Beitrag über den und den und versuche mir aus den Schnipseln ein Bild zu machen und zeige jetzt, was dahinter ist //was die Staatsschauspieler, die uns regieren, sag ich jetzt mal auch haben, sind Auftritte. Und das sieht man nicht, wenn es so schnell läuft im Fernsehen, wenn man aber die Hinterzimmer der macht, die Planungszentren zeigt, wenn man durch Interviews rauskriegt, was ist denn vorher passiert, wie kam es zum Rücktritt von Engholm ...//es gab den Moment wie ich Engholm frage, wie das ist, dass Barschel tot ist und da ist er tief betroffen, da ist er so ein ehrlicher Mensch, das sind unwiederbringbare Momente in dieser Recherche, wenn man es ernst macht und ernst meint, dass man auch sieht, was diese Menschen auch dafür zahlen,//was ist die Geschichte dahinter, dass man das behält die großen Geschichten und dass man das sieht und das daraus nicht eine Komödie gemacht wird oder ein Politthriller, dass das alles Durcheinander gewirbelt wird und dass man gar nicht mehr weiß, was da eigentlich passiert ist. dass man das ordentlich erzählt, spannend genug ist es ja, das ist einer der Anlässe. Sprecher: Um an brisante Informationen zu kommen, wendet Heinrich Breloer auch ungewöhnliche Methoden an. Als er den Film über Herbert Wehners Zeit in Moskau, im Sagen umwobenen Hotel Lux dreht und seine Verstrickungen in Geheimdienstgeschäfte recherchiert, werden Aktenaufseher auch schon mal mit Naturalien und Geld dazu gebracht, dem Filmemacher und seinem Team zu helfen. O-Ton 25 Filmszene Wehner (Archiv Breloer zur freien Verfügung!!!) Take 31 //Wer einmal Kommunist war, den verfolgt diese Gesellschaft bis zum Lebensende und wenn es geht, lässt sie ihn durch Terroristen umbringen. Deshalb habe ich damals Kurt Schumacher gesagt, die werden mir doch die Haut vom lebendigen Leibe abziehen. Da hat er mir gesagt: Du bist einer, der das aushält. Du musst hier sein. Herbert Wehner, Sohn einer Schneiderin und eines Schuhmachermeisters. Geboren 1906 in Dresden. O-Ton 26 Breloer Moskau 40:23 Sei gehen in ein Archiv, wollen hochbrisante Akten haben und holen jetzt Spielzeug für die Kinder raus. Weihnachten, dann holen sie Süßigkeiten raus, dann hatte ich ganz viele Dollar vom WDR in den Taschen. Große und kleine Noten. Rechts war die Akte. Sascha saß neben mir. Sascha was steht da? Das ist eine wichtige Akte, die brauchst du. Dann habe ich die nach links getan. 20 Dollar. Dann haben wir mehr oder weniger die wichtigsten Akten gekauft, ohne Unterschrift. Dann wurden wir in einem raum eingeschlossen und dann haben wir die ganze Akte durchfotografiert. // also so geht man vor. Man geht wie ein Ethnograph zu fremden Völkern, sucht diese Exponate zu finden, von der Geschichte erzählt , die Interviews zu kriegen, ohne dass die Leute tot sind. Das ist mir ja oft passiert, wenn der Film lief, waren viele meiner älteren Gesprächspartner schon tot // so geht man los, sammelt erst einmal alles ein, sichtet das Material und schreibt dann danach das Drehbuch. Für welche Szenen brauchen wir jetzt was // wer noch da war wurde zur Geschichte gefragt, um sie dann spannend zu erzählen. Sprecher: Historiker sehen in Breloers Methode allerdings einen fahrlässigen Umgang mit Fakten. Zeitzeugen ersetzten nicht die Fakten, mahnen einige Kritiker. O-Ton 27 44:01 Breloer Das Gedächtnis ist ein lebendes Organ und baut Geschichte um. Wenn es die Erinnerung hoch holt und mit dem Material von heute sieht, deutet es Geschichte um. Du kannst nicht die Bilder, wenn du nicht Tagebuch geschrieben hast, wirklich exakt erinnern. Dennoch kann man abschätzen, ob jemand einen Film gedreht hat, ein Kopftagebuch hat. // man kann auch sehen, wenn einer lügt...das sieht man schon. // Dann muss man natürlich trotzdem versuchen, mit allem, was man weiß, eine Szene zu schreiben, die die Wirklichkeit so trifft, dass man sagen kann: so könnte es gewesen sein., das ist der Grundgestus dieser Filme, wenn sie ehrlich sind . sie sagen nicht so war es, bei mir wenigstens nicht, andere sagen: so war es. // Wir haben natürlich auch Akten und Unterlagen. /7 es geht ja auch um Stimmungen, die nur diese Leute erzählen können/ wenn Karen Reach, die Sekretärin von Thomas Mann, mit mir in Pacific Palisades //durch die räume geht und sagt- dann kam er da oben herunter wie ein Halbgott, und ich lasse ihn runterkommen, dann diktierte er mir ein paar Sätze, und dann über die Fremdheit erzählt, dass man ihm nicht nahe kommen konnte, dann kriegt man sehr viel über Gefühle mit, das versuche ich ja auch immer, nicht nur erzählen, es war am 7., als er mir den Anfang vom Faustus diktierte, so was will ich gar nicht wissen. Aber wenn sie Felix Krull abtippt, dann kommt sie beim Abtippen nicht drauf, dass der schwul ist, sie kam nicht mal drauf , dass der Hauptdarsteller Horst Buchholz schwul ist, nicht mal beim Drehen. //wie froh wären wir, wenn jemand solche Filme über Schiller und Goethe gedreht hätte. Über die Beziehung und natürlich auch den Klatsch in Weimar // also ich bin dankbar, dass ich das immer wieder ins Haus unserer Geschichte zurückholen kann, was sonst mit den Zeugen verschwindet. O-Ton 28 Filmszene Todesspiel 5:06 Spielszene: Es sind 87 Personen an Bord, das hat uns die Lufthansa mitgeteilt. Trotz aller Verantwortung hat sich die Lage im Wesentlichen nicht geändert. Bei einer Freilassung der RAF Häftlinge ergibt sich für eine unbestimmte Zahl von Menschen Lebensgefahr. Atmo Flugzeug (1:02:21) Your , your hands. Stop Interview Breloer /Schmidt 6:00 Breloer: Schleyer war im Volksgefängnis, die Terroristen saßen in Stammheim, das Flugzeug war weit weg. Sie waren in Bonn. Was war der Moment der Nähe. Wann ist es ihnen Nahe gekommen? Schmidt: Das war die ganze Zeit unmittelbar an der Haut. Da gab es nicht einen Moment. Das waren sechs bis sieben Wochen. Breloer: was heißt an der Haut Schmidt: Das heißt, wenn Sie es fertiggebracht haben, dann sind Sie damit eingeschlafen und auch wiederaufgewacht. Sprecher: Manche Forscher seien sogar beleidigt gewesen, weil Breloer nicht sie, sondern lieber Zeitzeugen befragte. Auch bei seinen großen TV-Ereignissen wie dem Zweiteiler „Das Todesspiel“ von 1997 über die Entführung der Landshut und die Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer greift er auf die Mischung von Spielfilm und Dokumentation zurück. 20 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ schildert sein zweiteiliger Fernsehfilm erstmalig das Geschehen aus der Sicht des Staats und betonte die Entschlossenheit und Legitimität staatlichen Handelns. Breloer stellt in akribischer Detailtreue die Ereignisse von der Entführung Hanns Martin Schleyers bis zur Befreiung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ und dem Selbstmord der RAF-Führungsriege nach. Er führt etwa 70, teilweise mehrere Tage dauernde Interviews mit Zeitzeugen. Darunter ist auch der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt. Legendär sind Schmidts Erinnerungslücken. O-Ton 29 Schmidt Bonusmaterial Todesspiel 3:42Schmidt: Die Entführung des Flugzeuges in ein Land von dem sie glauben konnte, dass eher auf der Seite der Gegner Deutschland oder des Atlantikpaktes stand, war ein Zeichen dafür, dass mein Verdacht, vielleicht spielt doch ein kommunistischer Geheimdienst auch mit, sich gefestigt hatte. Breloer: Gab es dafür Hinweise? Schmidt: Das kann ich nicht erinnern. Das erinnere ich nicht.. Sprecher: Das Medienecho auf „Todesspiel“ ist gewaltig, aber auch kontrovers. Die Süddeutsche Zeitung preist den Film als ein „Stück Geschichtsschreibung“, das die Möglichkeiten der Historikerzunft souverän überschreite, da es Archivdokumente, Spielhandlungen und Interviews zu einer fugenlosen Einheit führe. Die Witwe von Jürgen Ponto indessen reicht eine Klage wegen verfälschter Darstellung der Ermordung ihres Manns ein. Dennoch sorgt „Todesspiel“ für Diskussionen und war mit über 2,4 Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film zum Thema RAF. O-Ton 30 Speer und Er, Anfang DVD 1 oo.30 Sie sind der Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Sie haben das Recht sich selbst zu verteidigen oder einen Verteidiger selbst auswählen. Hier ist eine Liste von deutschen Anwälten. Wir erwarten bis morgen eine Entscheidung. (Musik) Sprecher: 2005 dreht Heinrich Breloer „Speer und Er“ über Hitlers Architekten Albert Speer. Wieder montiert er Fakten, Fiktion und Interviews zusammen. Der Dreiteiler rekonstruiert Aufstieg und Fall von Albert Speer. O-Ton 31 Filmszene (Forts. von oben) 1.27 Der angeklagte Speer beteiligte sich an den Kriegsverbrechen und Völkermord, während der Führung von Angriffskriegen nahm er an diesen Verbrechen teil... Sprecher: Teil eins zeigt Speer als selbstverliebten Utopisten, der Hitlers Träume von Germania in Stein meißeln will. Teil zwei spielt in der Zeit der Nürnberger Prozesse und beschreibt, wie geschickt sich der Architekt und ehemalige NS-Rüstungsminister Albert Speer versucht reinzuwaschen. Teil drei rückt seine Jahre im Gefängnis von Spandau in den Mittelpunkt. O-Ton 32 Breloer 48: 55 Wir haben eine ganz große Verantwortung, gerade, wenn wir über das dritte Reich arbeiten. // Man muss so sauber arbeiten, wenn wir den Bunker erzählen, wie ein Chirurg am offenen Herzen. Kann man, wenn Frau Goebbels die Kinder vergiftet, zeigen, wie sie die Kapsel reinschiebt, dann das Tuch drüber legt und man sieht noch die Füße? Mir hatte der Funker mal erzählt, dass sie in der Zeit, als der Zahnarzt die Kinder abgespritzt hat, Patiencen gelegt hat. Das ist natürlich nicht filmisch und da haben wir jetzt einen Trend bei der Verfilmung von Geschichte, wo die Gäule durchgehen, weil das ist natürlich ein toller Einfall- zack, zack. Das sieht grauenhaft aus. Man kann mir dann auch sagen- am Ende hat sie die doch ermordet, die Kinder. Natürlich, aber wenn wir so was machen und wir wissen, sie hat Patiencen gelegt und der Zahnarzt hat sie abgespritzt und der Zahnarzt hat gesagt, sie hat es gemacht, als die Russen kamen, klar. // und so geht das in diese Geschichtsverfilmungen rein, dass man eine Dramaturgie, im schlimmsten Fall über diese Geschichten legt, eine Dramaturgie, die vom Hollywoodkino entwickelt wurde, mit bestimmten / point of interest usw/ und die wahre deutsche Geschichte einpasst und damit auch verändert// wir haben da eine große Verantwortung //der Wahrheit so nah wie möglich zu kommen und sich mit einem Fall auch mal Jahre zu beschäftigen. Dann zu sagen, so dreh ich das jetzt und dann kann es immer noch sein, dass man einen Fehler macht. // diese Verantwortung kostet auch Zeit und vielleicht auch Quote, weil man das nicht so reißerisch macht. // Sprecher: Speer inszeniert sich in der Nachkriegszeit als guter Gentleman-Nazi, ein verführter, eigentlich unschuldiger Intellektueller und Technokrat. Um sich ihm anzunähern, lässt Breloer für „Speer und Er“ auch die Kinder von Albert Speer zu Wort kommen. Albert Speer Junior ist ein kleiner Junge während des NS-Regimes. Er erinnert sich an Adolf Hitler als einen gütigen Onkel, der Bonbons spendiert und ihm über den Kopf streichelt. Der Obersalzberg ist für ihn und seine Schwester Hilde als Kind ein attraktives Ausflugsziel. O-Ton 33 Speer und ER (Albert Speer jun. Und Hilde Schramm) 8.20 (Musik) //Guck und wir fühlen und wohl da. Das war ein äußert liebenswerter Mensch für uns Kinder. Hilde Schramm: Ich erinnere mich nicht, dass ich da oben war. Ich muss das verdrängt haben. Ich muss das mit Gewalt in mich versenkt habe, dass es nie mehr hochkommt, weil das ist eine schreckliche Erinnerung für mich, dass ich mit diesem Hitler und den anderen Personen, die ich nur verabscheuen kann, in meiner Kindheit so einen engen Kontakt hatte. Das wollte ich dann wohl nicht mehr wahrhaben. Albert Junior: Kinder haben ja kein Sensorium, Verbrecher zu erkennen. Sprecher: An die Zeit danach, als sein Vater im Gefängnis sitzt, hat er weniger positive Erinnerungen. Albert Speer Junior stottert als Kind, versagt in der Schule und weiß nie, was er seinem Vater während seiner Gefängnisbesuche erzählen soll. O-Ton 34 DVD 1, 11.20 Filmszene ///00.15 Hatten Sie damals das Gefühl, dass Ihr Vater was damit zu tun hat? Ich glaube nicht. Es ist bei mir ja nicht so eindeutig, oder klar. Ich weiß ja auch nicht, wann ich das Stottern begonnen habe. Es kann sein, dass das damit was zu tun hat. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß. Sprecher: Das Verhältnis von Albert Speer Junior zu seinem Vater bleibt auch nach dessen Entlassung 1966 gespalten. Heinrich Breloers Verdienst ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Angehörigen öffnen und ihm und dem Zuschauer derart private Einblicke in ihr Innerstes zu gewähren. Mit Albert Speer Junior und seinen fünf Geschwistern, von denen nicht alle zum Interview bereit sind, können sich viele aus der Generation identifizieren. Das Bild des schweigenden Vaters, der von nichts gewusst haben will, kennen viele Nachkriegskinder. Ebenso schwer fällt ihnen die Vorstellung, dass der Vater tatsächlich Täter war. Hilde Schramm, eine Tochter Albert Speers, hadert während der Dreharbeiten damit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. O-Ton 36 Breloer 0:25 der Älteste, Albert, der wusste ziemlich Bescheid, wenn wir nach Obersalzberg gingen, hat er sehr offen geredet. // Hilde Schramm konnte sich den Vater nicht als Verbrecher vorstellen, und wurde immer ärgerlicher über meine Fragen. Hat dann auch mal abgebrochen, dann aber weitergemacht. // warum war sie nicht wütend auf ihren Vater, warum war sie wütend auf mich? Da gab es solche Momente, dann war ich doch wieder dankbar, dass sie doch wieder mitgegangen ist in der Geschichte, das war ein sehr schwieriges Verhältnis. / und der Jüngere, der Doktor, auch sehr sympathisch/ der konnte zum Beispiel Erinnerungen des Vaters nur bis zum Beginn des Untergangs lesen, dann musste er das Buch zuschlagen, dann konnte er es nicht weiterlesen. Ich musste ihm im Interview Luft geben und sagen, wollen sie noch durch eine Tür gehen, soll ich ihnen noch eine Akte zeigen? Das hat ihn sehr sehr mitgenommen// ich bin froh, dass sie überhaupt mitgemacht haben, aber man sieht an diesem Beispiel, wie wir alle unsere Eltern glorifizieren- ach die waren nicht in der Partei. Sprecher: Auch mit „Speer und Er“ löst Breloer eine Kontroverse aus. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ verreißt das Doku-Drama und bezeichnet es als Geschichtsklitterung: Zitator „Wie die historische Gestalt Adolf Hitler im Titel bereits ins Übermenschliche, Legendäre entrückt wird, so bleibt auch bei der stundenlangen Darstellung seines Gefolgsmannes vieles unscharf, manches ganz unberücksichtigt. Wir erfahren nichts über den virtuosen Machtmenschen Speer, der sich im NS-Herrschaftssystem wie kaum ein anderer durchzusetzen wusste und der schon als Hitlers Architekt, aber erst recht als Rüstungsminister alle Konkurrenten ausstach. Bei Breloer bleiben seine Rivalen Goebbels, Göring, Himmler und Bormann bloße Randfiguren. Umso mehr Raum wird dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg 1946 eingeräumt: Speer in der Zelle, Speer vor Gericht, laufend Rückblenden in die Zeit vor 1945. Mit riesigem Aufwand hat man die historische Szenerie originalgetreu rekonstruiert, den Nürnberger Gerichtssaal ebenso wie das "Führer"-Arbeitszimmer der Neuen Reichskanzlei. Überhaupt: die Dominanz der Architektur! Langsame Kameraschwenks über effektvoll illuminierte Modelle von Berlin-Germania hinweg. Dazu in andächtiger Stimmung Sebastian Koch als Albert Speer und Tobias Moretti als Adolf Hitler“. O-Ton 36 Breloer 4:50 ///Es ist mir vorgeworfen worden, dass ich Speer nicht scharf genug verurteilt habe. Ich habe immer gesagt, ich mache kein Hinrichtungsfernsehen// es ist ein suchendes Fernsehen. Ich zeige die Akte von Speer und in der Tscheslowakei heißt sie Akte Speer, da hat er die Öfen mitgezeichnet usw. und dann schauen wir mal was der Sohn dazu sagt, was sagen die Zuschauer dazu und ich rechne jetzt nicht hoch und verurteile ihn. Er war dabei, als Himmler geredet hat, // und ich zeige nur, dass er in Nürnberg sagt- ich übernehme die Verantwortung für diese taten. // er hat sich unglaublich schlau daraus geholt. Sprecher: Auf die Kritik an dem Dreiteiler „Speer und Er“ reagiert Heinrich Breloer mit einem so genannten „Nachspiel“, kein Doku-Drama, sondern eine reine Dokumentation, die an Teil drei anknüpft. Darin kommen Speers Biograph Joachim Fest und der Verleger Wolf Jobst Siedler zu Wort. Beide erzählen, wie sie während ihrer Arbeit am Buch von Albert Speer verführt wurden. Der Charme des ehemaligen Nazi-Baumeisters war auch nach Haftende noch ungebrochen. Im Nachhinein sehen sie Speer in einem anderen Licht. Joachim Fest distanziert sich von der von ihm verfassten Biographie und Wolf Jobst Siedler bewertet Speers Rolle neu. Für ihn ist Speer eine tragende Säule der NS-Diktatur gewesen. O-Ton 37 7:17 Breloer Der Siedler war der, der offen mit mir gesprochen hat. Der gesagt hat, er war nicht nur ein Rädchen, er war ein Dynamo, der es angetrieben hat.//Da sind die mit Schuld, dass diese Lügengeschichte verbreitet wurde. Eigentlich darf man die Akte Speer, das sage ich jetzt schon, weil ich noch einmal ein Buch mit dem Titel mit Anmerkungen rausgegeben habe. Eigentlich darf man Speers Erinnerungen, wie „Mein Kampf“, nur mit solchen Anmerkungen rausgeben. Sprecher: Mit den Gedanken von Heinrich Breloer geht die erste Stunde dieser Langen Nacht über Geschichte im Film zu Ende. Weiter geht es nach den Nachrichten mit einem Blick auf die filmische Verarbeitung der deutsch-deutschen Teilung und der Wiedervereinigung. O-Ton 38 (Trailer) „Harald: Unerlaubter Grenzübertritt eines Hundes. Jetzt haben wir ein Problem“. 7. Musik 2. Stunde 8. Musik Soundtrack: Der Turm: Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit Sprecher: 1989 fällt die Mauer, Deutschland feiert seine Wiedervereinigung. Auch in der Film-und Fernsehindustrie werfen Regisseure und Programmacher einen Blick auf die andere Seite. Es folgt eine Reihe von Filmen, die das Ende der DDR in Szene setzen, die letzten Jahre kritisch beleuchten und das Regime mal heiter, mal hämisch unter die Lupe nehmen. Der erste abendfüllende Spielfilm, der sich kritisch mit der DDR auseinandersetzt, ist Florian Henckel von Donnersmarks oscarprämiertes Werk „Das Leben der Anderen“ aus dem Jahre 2006. Die Repressalien des Stasi-Apparats werden von einem Starensemble mit Martina Gedeck, Ulrich Mühe, Sebastian Koch oder Thomas Thieme publikumswirksam dargestellt. Ob es für die Geschichte eines Offiziers, der vom Saulus zum Paulus wird, reale Vorbilder gibt, ist allerdings umstritten. In der folgenden Auseinandersetzung geht es auch darum, dass die gezeigte DDR in diesem Film fast nur aus Stasi-Tätern und -Opfern besteht, obwohl nur ein kleiner Teil der Bevölkerung dieser Gruppe angehörte. 9. Musik: Das Leben der Anderen Sprecher: In der zweiten Stunde dieser Langen Nacht über Geschichte im Film stehen Produktionen im Mittelpunkt, die das Ost-West-Verhältnis beschreiben - aus der Sicht der Drehbuchautorin Annette Hess, die mit „Weissensee“ eine Serie geschaffen hat, die wie keine andere einen detaillierten Blick auf das Leben zweier Familien im Osten wirft und den Untergang der DDR schrittweise begleitet. Außerdem kommt die Produzentin und studierte Historikerin Gabriela Sperl zu Wort, die sich mit dem schwierigen Ost-West-Verhältnis in „Die Flucht“ und „Tannbach“ auseinandersetzt sowie der Neonaziszene vor dem Hintergrund des laufenden NSU-Prozesses. 10. Musik Filmmusik Novemberkind (Take 42) Sprecher: Der junge Regisseur Christian Schwochow gilt als Chronist des Ostens. Als Kind in Ostberlin aufgewachsen, kommt er als 11-Jähriger ins westdeutsche Hannover. Gemeinsam mit seiner Mutter, der Drehbuchautorin Heide Schwochow, engagiert er sich nach seinem Studium an der Filmhochschule Ludwigsburg für ein differenziertes Bild Befindlichkeiten in Ost und West. Er verarbeitet in seinen Werken auch sein eigenes Ankommen zu Beginn seiner Zeit in Hannover. O-Ton 39 Christian Schwochow 12.49 // Weil das eine Erfahrung ist, die jeder aus dem Osten so gemacht hat, du bekommst plötzlich deine Kindheit erklärt, du bekommst dein Leben erklärt, von Menschen, die dort nie gelebt haben, weil sie glaubten, alles zu wissen. Ich kam dort in der neuen Schule an und war der erste Ostler. Die Lehrerin, die viele Fächer dort unterrichtete, Religion, Gemeinschaftskunde und noch mehr, erklärte den anderen Kindern, was die DDR ist und das suggerierte, dass das ein unglückliches Kind ist, das da jetzt zu uns gekommen ist und als wäre ich aus einem katholischen Kinderheim vor 100 Jahren entkommen. Das wollte ich nicht so stehen lassen und ich habe versucht, das gerade zu rücken. Und so habe ich die DDR verteidigt und den Leuten erklärt, dass ich eine glückliche Kindheit hatte, was erst einmal ein Widerspruch zu sein schien. Und da gab es mehrere Diskussionen und ich weiß noch, dass die Lehrerin irgendwann sagte: dann geh doch zurück zu deinem scheiß Honecker. Das vergisst man nicht, das prägt einen sehr. Das ist, was man immer wieder hört und als ich in der 7., 8. Klasse in den USA war, was man da für ein Bild vom Kommunismus und überhaupt von Deutschland herrschte, das erinnerte mich an die Vorstellungen vom Steinzeitalter und daher kenne ich es nicht anders, als immer wieder meine Biografie erklären zu müssen. Sprecher: In „Novemberkind“, der Abschlussarbeit von Christian Schwochow an der Filmhochschule, fließen Erfahrungen aus seiner eigenen Familie ein. Eine junge Frau wächst im Osten bei ihren Großeltern auf. Sie denkt, ihre Eltern seien tot. Nach der Wende kommt ein Literaturprofessor in ihre Kleinstadt und stellt Fragen. Er nimmt sie mit in den Westen, wo sie erfährt, dass ihr Vater noch lebt, die Mutter in der Psychiatrie gestorben ist. O-Ton 40 Trailer Szene Novemberkind: Ich habe meine Mutter nie kennengelernt. Die ist in der Ostsee ertrunken. Und Ihr Vater? Den kennt keiner. Der muss ihr echt unangenehm gewesen sein. Vielleicht ne steile Nummer hinter der Disco. Und Sie haben nie nach ihm gesucht? Ich hab Eltern, die heißen Oma und Opa. Sprecher: Die junge Frau merkt, dass ihr jahrelang Lügen aufgetischt wurden. O-Ton 41: (Trailer) Hat sie nie nach mir gefragt? Die ganze Zeit nicht? Sie war doch unser Mädchen. Habt ihr eine Ahnung wo sie jetzt sein könnte? Sie kommen hierher und machen alles kaputt. Ich nehme ihr die Biographie. Ich nehm ihr die Identität und was biete ich ihr an? Lügen! O-Ton 42 Schwochow 02.04 In diese Geschichte ist ganz vieles hineingeflossen, was uns damals so umgetrieben hat, meine Mutter und mich. Das ist zum einen die Reflexion der Schwierigkeit des Ankommen in diesem wiedervereinigten Deutschland, die Menschen, die wie wir im Osten groß geworden sind oder geboren wurden. Damals war die Wiedervereinigung schon über 15 Jahre her und trotzdem gibt es in vielen Regionen des Landes große Unterschiede und die Mauer zwischen Ost und West war damals für uns sehr spürbar und zum anderen finden sich große Bausteine unserer Familiengeschichte wieder, wo es um Flucht ging. Mein Vater saß früh im Gefängnis wegen versuchter Republikflucht und es waren ganz viele Bilder, die für uns eine Rolle gespielt haben. Es sollten vor allem die Bilder Mecklenburg-Vorpommerns, wo meine Mutter geboren wurde und groß geworden ist, wo ich zur Welt gekommen bin, dann führt die Geschichte nach Baden-Württemberg, was maximale Distanz zu diesem Mecklenburg hatte, wo ich zur Filmhochschule gegangen bin in Ludwigsburg, da hatten sich viele Dinge angestaut, die in eine Geschichte wollten. Es hatte auch was mit dem Geschichtenerzählen und erfinden zu tun, wie kommt man an seine Geschichte, wie missbraucht man Menschen für Geschichten. Meine Mutter war Journalistin und ich hatte damals drei Jahre als Journalist fürs Fernsehen gearbeitet. Es war ein großer Rucksack an Gedanken und Auseinandersetzungen, die in die Geschichte wollten. Obwohl wir vorher viel an Geschichten gearbeitet hatten, war das hier der Debütroman, wo man erst mal ganz viel von sich selbst zusammenbringen und was so raus muss. Sprecher: In den folgenden Jahren widmet sich der Regisseur Christian Schwochow vorwiegend dem Ost-West-Verhältnis. Vor allem macht er mit Literaturverfilmungen auf sich aufmerksam, die er gemeinsam mit seiner Mutter, Heide Schwochow, für Film und Fernsehen adaptiert. So wagen sich die Mutter und Sohn an den Roman „Lagerfeuer“ von der Deutschen Buchpreisträgerin Julia Franck. Doch zunächst arbeitet Christian Schwochow allein an einer Literaturverfilmung: „Der Turm“ von Uwe Tellkamp.“ Ein Roman, der in der Intellektuellenszene von Dresden spielt. Im Zentrum steht das Leben im Villenviertel „Weißer Hirsch“. „Der Turm“ galt als unverfilmbar, als „Buddenbrocks des Ostens“, zu sperrig und komplex für den Bildschirm. Zentrale Figur ist der Arzt Richard Hoffman, gespielt von Jan Josef Liefers. Er liebt seinen Beruf, seine Frau, seine Geliebte, sein Leben. Im Hause Hoffmann wird musiziert, gelesen, gestritten. Ein bourgeoises Dasein mitten im Sozialismus. O-Ton 43 Filmausschnitt Der Turm??? /// Wir werden unsere Kontakte auf den Donnerstag beschränken. Ich bitte um Bedenkzeit. Wir sind doch nicht beim Wunschkonzert. Ihr Studium hat viel Geld gekostet. Ist es da nicht legitim, dass der Staat wissen will, wie derjenige so steht zum Staat? O-Ton 44 12:30///// Und vor „Westen“ habe ich noch den Turm verfilmt von Tellkamp fürs Fernsehen, wo es auch um eine Geschichte geht, wie der einzelne sich eingerichtet hat, wo die Grenzen sind zwischen Anpassung und Auflehnung und das sind Themen, die mich auch heute noch sehr umtreiben, die nicht nur mit DDR zu tun haben. Und beim Turm war es wichtig erstmal das Leben da so saftig und prall zu zeigen, anders als es der Roman vorgibt, aber mit einer großen Leichtigkeit und Freude den Alltag zu beschreiben. Sprecher: Der leichte Alltag, das Anderssein, das Ankommen. Themen, die so bislang kaum in den Wendekomödien oder in einem Stasifilm wie „Das Leben der Anderen“ vorkommen. Die Zeit nach der Wende ist auch im Filmbereich ein Herantasten an das „andere“, unbekannte, ostdeutsche Land. Zunächst sind es Filmkomödien wie „Sonnenallee“ die vom Leben „drüben“ erzählen. Sie sind so erfolgreich, dass ein Kritiker in der „Zeit“ schreibt: „Die Fälschung (Sonnenallee) triumphiert über das Original (DDR).“ Doch es dauert lange, bis eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Geschichte in der DDR stattfindet. Christian Schwochow zählt zu den Regisseuren, die davon erzählen wollen: Wie haben die Menschen tatsächlich gelebt, geliebt, gestritten? O-Ton 45 (8:00???) Es gab da Komödien, die viel erzählt haben, die an nostalgische Gefühle, die Ulkigkeit, Schrulligkeit der DDR erinnert haben. Dann gab es einige düstere Stasigeschichten. Dazwischen gab es aber so wenig. Wo wir das Gefühl hatten, es wird vom Leben erzählt. Von der Identitätslosigkeit nach der Wende erzählt. Das hat uns beschäftigt, Einerseits die DDRgar nicht zu verteidigen, sondern die Komplexität und den Wahnsinn von diesem Land zu fassen, indem von den Menschen erzählt und gar nicht so das Gefühl vermittelt, da war ein unterdrücktes Volk und es gab ein paar alte Herren, die das regiert haben. So einfach war das nicht. Es gab Menschen, die haben dort gelebt und geliebt und haben das System System sein lassen. Einige haben versucht das System zu verändern und sind daran zugrunde gegangen. Es war sehr viel komplexer, als das was die Filme damals behauptet haben. Wir hatten das Gefühl, wir haben einen Standpunkt hinzuzufügen. Und vor allem wollen wir erzählen, wie die Historie weiterlebt und was macht das mit unserem Leben heute und was ist das für eine Stimmung in Ost und West. Sprecher: Auch junge Literaten wie Ingo Schulze erzählen früh von ihren nicht immer glücklichen Wendeerlebnissen, die Christian Schwochow dann in Szene setzt. Vor allem im Kinofilm „Westen“, der auf einer Romanvorlage von Julia Francks Roman „Lagerfeuer“ beruht, dürften sich viele Ostdeutsche wiederfinden, die schon vor 1989 ausreisten. Der Film erzählt von einer alleinerziehenden Mutter im Auffanglager „Marienfelde“ und ähnelt nicht nur in weiten Teilen die Geschichte der Autorin, sondern erinnert auch an Christian Schwochows eigene Ausreise. O-Ton 46 „Westen“ (Trailer) Na, gerade angekommen. Ja vor 14 Minuten. Und du? 18 Monate. Es gibt hier so ne Art Lagerfluch. Entweder du bist gleich wieder weg oder du bist hier gefangen. O-Ton 47 10.07 wir sind auch gegangen, hatten einen Ausreiseantrag. wir waren nicht im Lager, aber es hat immer eine Rolle gespielt. Wir haben in Hannover in einem kleinen Zimmer angefangen. In einem Zimmer einer Freundin meiner Großmutter, das fühlte sich ein bisschen an wie ein Lager. Obwohl es komfortabler war, ich will das nicht gleichsetzen. Aber diese Unmöglichkeit in einem anderen Land, das eigentlich ein Deutschland ist, anfangen können normal zu leben nach einer Ausreise. Das ist das Thema von Lagerfeuer und das war unser Familienthema. O-Ton 48: Westen Ausschnitt (Trailer) Sie haben die DDR verlassen. Warum? Ich sage Ihnen warum ich aus der DDR weg wollte. Wegen solcher Fragen. 11. Musik Filmmusik Soundtrack „Westen“ bzw Komposition Lorenz Dangel O-Ton 50 weiter 11:00 //Es gibt so viele Filme, die jede Woche starten, wir wollten eine andere Provokation, die steckt in der Geschichte von Julia Franck drin. Nicht alle, die den Osten verlassen haben, sind glücklich geworden. Das ist eine westdeutsche Annahme, die wir bis heute hören. Wer gegangen ist aus dem Unrechtstaat DDR, der hat doch das gelobte Land gefunden. Unsere Wahrnehmung war eine andere: wir haben nicht nur gelitten, aber es war das Gefühl bei meinen Eltern, dass man neu laufen lernen musste, dass man die Codes der Kommunikation bei null begreifen muss und, dass es eine ganz andere Vorstellung vom Leben im Westteil gab und „Westen“ ist ein Titel, der die Provokation anders auf den Punkt bringt. Westen der goldene Westen, das gelobte Land, die Seite des Lichts. Hatte eine andere Härte. Daher haben wir uns dafür entschieden. 12. Musik Soundtrack „Westen“ hoch Sprecher: Wie Filme unser Geschichtsbild prägen, das ist inzwischen auch Gegenstand der Forschung. Christian Schwochow spürt eine besondere Verantwortung, die ostdeutsche Vergangenheit so facettenreich wie möglich darzustellen. Viele Zuschauer schätzen genau das an seinen Filmen. O-Ton 51 17.16 ich gehe ganz fest davon aus, einmal weil ich eine Dankbarkeit erfahren habe von Leuten aus dem Osten, von welchen, die gegangen sind, dass sie dankbar waren, weil sie ihnen ein stückweit ihre Biografie zurückgab. Weil man musste sie ja auch abgeben, um in diesem vereinten Deutschland überhaupt anzukommen. Das ist eine Erfahrung, die ich häufig gehört habe und dann glaube ich, dass sie ein Leben beschreiben, dass man sich so nicht vorstellen konnte. Ich höre öfters von Leuten, dass sie sich ganz anders auch über ihr Westdeutschland gestellt haben, über die Haltung. Da glaube ich sehr dran. Ich habe das auch jetzt erfahren. „Westen“ ist jetzt noch mal im TV gelaufen. Ich kriege da unheimlich viel Rückmeldung, weil „Westen“ ist natürlich ein Film, der vor dem Hintergrund der deutschen Teilung stattfindet. Es geht um Flucht und die Schwierigkeiten anzukommen. Das ist etwas, was Deutschland und Europa seit einem Jahr sehr sichtbar beschäftigt, die Flüchtlingsfrage, was müssen Flüchtlinge leisten, um hier aufgenommen zu werden, aber es ist ein Thema, das immer schon Thema in unserem Lande gewesen ist und das begreifen Leute durch so einen Film, da bin ich ziemlich überzeugt. Sprecher: Der Filmemacher kann sich auch heute noch sehr gut erinnern, wie es sich anfühlte, als seine Welt zusammenbrach. Der Ausreiseantrag seiner Familie wird am Tag des Mauerfalls bewilligt - Ironie des Schicksals. Und trotzdem gehen er und seine Eltern wie geplant nach Hannover. O-Ton 52 Schwochow 35.00 die erste Erfahrung war nicht Hannover, sondern Westberlin. Am 9. November nachts ich war alleine zu hause, das war normal, meine Eltern waren nachts schon drüben. Sie waren im Wedding, sind Bornholmer Straße rüber. Dann standen sie morgens an meinem Bett und haben: „ gesagt wir waren im Westen und ich habe geantwortet: das will ich auch.“ Und meine Schule war direkt neben der Mauer. Am Falkplatz, 200 Meter Luftlinie. Nach der Schule haben mich meine Eltern abgeholt und wir sind nach Westberlin rüber. Ich habe in Erinnerung, dass der Wedding auf der anderen Seite genauso trüb aussah wie der Prenzlauerberg und es waren nur Ostler zu sehen. Man wurde im Westen vom Osten empfangen. Das war sehr prägend. Natürlich wenn man sich anguckt die Schlangen der Ostdeutschen vor den Supermärkten, die Schlangen vor den Banken, das hat etwas Erbärmliches gehabt, ihr tut als hättet ihr alle nichts zu fressen gehabt, deshalb war das Bild von der anderen Seite der Stadt erstmal eine Enttäuschung. Als wir ausgereist sind, waren wir eine kurze Zeit später Bahnhof Friedrichstraße, hat meine Mutter gesagt,: Oh Gott, jetzt kommt die ganze DDR mit in das andere Land, wo wir hinwollen. Das wollen wir doch gar nicht. Hannover war dann erstmal so relativ ruhig und gar nicht so schlecht, es war bald Vorweihnachtszeit, es roch nach Bonbons, es gab schöne Momente, das ging dann aber schnell, dass ich in die Schule ging und ich merkte, ich bin anders und die sind überfordert mit mir, mit einem Kind, das über Politik spricht. Und was über den Zusammenbruch der Heimat redet. Und ich wusste auch nicht, wie ich da ankomme. Ich war alleine am Anfang und auch meine Eltern waren einsam und verunsichert. Die hatten in der DDR Berufe, die gab es im Westen gar nicht. Ich habe meinen Vater in Erinnerung, wie der getrieben und rastlos durch die Straßen des weihnachtlichen Hannover ging und alles, was wir zurückgelassen hatten erschien viel aufregender, weil die letzten Monate waren von Aufbruchstimmung geprägt. Ich habe realisiert, ich war Teil von etwas ganz Großem und das war in Hannover dann erstmal vorbei. Sprecher: Fünfundzwanzig Jahre nach dem Mauerfall erhält er den Auftrag, den Film zum Jubiläum zu drehen. In „Bornholmer Straße“ erzählt er die Geschichte des Grenzsoldaten Harald Jäger, der als Maueröffner gilt. Diesmal glänzt Christian Schwochow mit einer Komödie. O-Ton 53 (trailer) (3) Bornholmer Straße Atmo Macht das Tor auf. Wieviel mögen das sein? Harald? 100, 1000? Womöglich die ganze Stadt. Und wie viel Männer haben wir? Das weißt du doch. 16. Sprecher: Der „echte“ Grenzer darf im Anschluss an die Ausstrahlung des Films in einer Sonntagabendtalkshow der ARD auftreten und dem Filmteam zu einem späteren Zeitpunkt einen Preis überreichen. Diese Art, die „echten Personen“ im Anschluss an den Spielfilm auftreten zu lassen, um der „Geschichte im Film“ Glaubwürdigkeit zu verleihen, ist unter Historikern umstritten. Auf den Spielfilm eine Dokumentation folgen zu lassen, ist längst Standard, wenn Geschichte fürs Fernsehen aufgearbeitet wird. 13. Musik Soundtrack Tannbach 1-2 Minuten stehen lassen Sprecher: Auch der Dreiteiler „Tannbach“ folgte diesem Prinzip: zuerst wird der Spielfilm ausgestrahlt, dann folgt die Dokumentation. „Tannbach“ schildert das Leben direkt nach der Kapitulation der Deutschen 1945. O-Ton 54 (64) Teil 2 Tannbach; 10:00 Wir werden aufräumen und ein neues Deutschland aufbauen. Sprecher: Der Krieg ist zu Ende, Deutschland ist geschlagen, die Siegermächte teilen das Land unter sich auf. Ein kleines Dorf an der bayerisch-thüringischen Grenze bekommt die Absurditäten der Teilung besonders hart zu spüren. Der Dreiteiler „Tannbach“ erzählt von der Grenze, die mitten durchs Dorf verläuft, entlang des Flusses Tannbach, den es tatsächlich gibt. Auch das Dorf existiert wirklich. Allerdings unter dem Namen Mödlareuth. Auch bekannt als „Klein Berlin“ O-Ton 55 /67, Tannbach , Teil 1: 56:40 Was soll denn jetzt für eine Zeit kommen? Unsere Zeit... Atmo, unter Text.. O-Ton 56 Sperl: //, da hat das ZDF, das besonders in den Neuen Bundesländern nicht so hohe Quoten hat, hatte plötzlich 32 % Zuschauer, was einfach wahnsinnig ist, weil auch jeder dort in den Familien eine Fluchtgeschichte, eine Bleibensgeschichte hat, der eine Bruder ist geflohen, der andere ist geblieben, die einen sind vertrieben worden, die anderen haben sich engagiert. Also jeder hat in seiner Familie irgendwo so eine Anknüpfung an diese Vergangenheit und ich weiß nur von vielen befreundeten Familien, die ihre Kinder vor den Fernseher geholt haben, weil sie gesagt haben, schaut euch das an, so war das damals. Das ist für uns als Filmemacher natürlich sehr beglückend und das ermunternd einen, dass man auf dem richtigen Weg ist. Sprecher: Gabriela Sperl ist promovierte Historikerin und damit eine Ausnahme im Filmbusiness. Sie ist nicht nur die Produzentin von Tannbach, sondern zahlreicher weiterer Geschichtsstoffe im deutschen Fernsehen. Ihr Antrieb, früh hinter die Kulissen zu blicken, liegt auch in ihrer eigenen Familiengeschichte. O-Ton 57 Sperl: Da meine Mutter von 39 bis 45 in der Schweiz gelebt hat und ins Exil gehen musste und mein Vater der Jaspers promoviert war und an der LSE in London war, dann ins AA gegangen ist, für mich war sozusagen diese Bipolarität in der Familie. Das einerseits mein Vater, der Musiker immer werden wollte und dann Pianist im AA landet und meine Mutter irgendwie im Widerstand, darüber haben wir einfach zu Hause viel debattiert und gestritten. // Und ich als Kind nicht begriffen habe, warum sieht man das oder sieht man das nicht. So ist es ja im Prinzip heute auch: es gibt bestimmte Dinge, die sind ganz eindeutig erkennbar, aber man schaut einfach nicht hin und man will sie nicht wahrhaben, weil sie auch ungemütlich sind. Insofern hat mich immer interessiert, was sieht man, was erkennt man, was konnte man wann wie nicht wissen und mein Vater hat damals ganz klar gesagt- ab der Wannsee Konferenz wusste man, dass es die Endlösung der Juden gibt und jeder der behauptet, dass man das auch im AA nicht wusste, das ist eine Lüge und der hat sich dann 42 an die Front gemeldet und war dann in Italien, aber hat das bis 42 komplett ausgeblendet. Er wollte das nicht sehen und insofern betrachte ich auch meine Aufgabe als Historikerin beim Fernsehen so , dass ich sage, wir können über Bilder die auch eine große Macht haben und eine große Emotionalität haben einfach Menschen genau diesen Konflikt: Wann schaut man hin, wann schaut man nicht hin, was will man wahrhaben, was nicht sehr emotional erzählen und für die heutige Zeit den Spiegel vorhalten. Sprecher: Gabriela Sperl hat nicht nur in „Tannbach“ den Blick nach Osten gewagt. Bereits ihr Zweiteiler „Die Flucht“ erzählt vom Einmarsch der Russen 1941, dem Wunsch in den Westen zu gehen, dem harten Leben auf dem Treck und den Gefahren. O-Ton 58 Die Flucht Ausschnitt (Trailer) (10) die flucht Du bist jetzt allein verantwortlich, Nein. Das kann ich nicht, Vater. Doch, du bist stark. Das ist die Stunde der Frauen. Wir ziehen! O-Ton 59 Sperl: Bei „Der Flucht“ wusste ich immer, dass ich das erzählen will, weil das einfach ein Endpunkt des 2. Weltkriegs war, wo dann 20 Millionen Menschen, heute sind es 66 Millionen die auf der Flucht sind, plötzlich ihr Land verloren haben, ihr Hab und Gut verloren haben und auf „Der Flucht“ waren, das hat einfach unheimlich viel umgewälzt in Europa. //das war so ein tiefeinschneidendes Erlebnis und auch eine Wende, so dass auch dieses Land sich durch diese Umwälzung als Demokratie auch neu erfinden konnte, nach diesen Verbrechen des 2. Weltkrieges. Das war ein ganz wichtiger Punkt. Das hat mich immer interessiert. „Tannbach“ ist ja eigentlich die Fortsetzung der Flucht // Das ist einfach so ein großer historischer Komplex mit vielen herzergreifenden Geschichten, Familientrennungen und Leid und Unrecht. // Ich finde das gehört einfach zu einer Identifikation mit seinem Land dazu, das man genug weiß und wenn man das nicht weiß, dann verliert man so auch die Anbindung an Strömungen die auch einfach bis heute nachwirken. Denn Opfer tragen die Traumatisierung, wenn sie sie nicht aufarbeiten an ihre Kinder und Kindeskinder weiter, man erkennt die Zusammenhänge einfach besser, wenn man es weiß. 14. Musik Filmmusik Die Flucht Sprecher: Kritiker bemängeln, dass im Zweiteiler „Die Flucht“ Realität und Fiktion zu stark auseinanderdriften. In dem Film aus dem Jahr 2007 spielt Maria Furtwängler eine Gräfin, die einen Treck aus dem Osten gen Westen führt. Zu sehen sind verzweifelte Familien, die sich 1944 von Ostpreußen auf den Weg in den vermeintlich sicheren Westen machen, die Rote Armee bombardiert die Trecks, viele sterben, Frauen werden vergewaltigt. Was bleibt, ist das Mitgefühl für alle, die ihre Heimat aufgeben mussten, egal, ob es Franzosen, Polen oder Deutsche sind. Und die ostpreußische Junkerstochter gilt als Heldin, weil viele Zuschauer in ihr vor allem die sympathische Darstellerin Maria Furtwängler sehen und deren Integrität auf die historische Figur übertragen. Ein Problem, das immer wieder bei Verfilmungen von Geschichte auftritt. Obwohl der Film versucht, auf eindeutige Schuldzuweisung zu verzichten, wird am Ende dennoch ein Schwarz-Weiß-Bild gezeichnet: Die Russen stehen als die Bösen da, so das Ergebnis einer Studie der Hochschule Magdeburg. Studenten haben nach dem Zweiteiler genau jenes einseitige Geschichtsbild im Kopf. Ein Bild, das so überhaupt nicht im Sinne von Gabriela Sperl ist. O-Ton 60 Sperl: Nein, das war nicht meine Absicht. //Denn wir erzählen gerade in der Flucht und deswegen war es mir so wichtig, dass man die Flucht vor der Flucht beginnt, dass man einfach erzählt, dass da eine ganze Welt nämlich die Adelswelt untergeht, und da ist sehr genau erzählt von den Verbrechen der Deutschen und das die Verbrechen der Deutschen den Verbrechen der Russen vorangegangen sind und das ist für mich dann immer eine Problematik der Rezeption, dass natürlich dann es immer viele Menschen gibt die das dann benutzen um das dann genau in so eine Richtung zu drehen. Und es gibt natürlich auch Ansichten, dass man nicht von vergewaltigten deutschen Frauen erzählen darf, man darf auch nicht vom Leid der deutschen Zivilbevölkerung erzählen und da sage ich, man muss erzählen, dass wir Deutschen den Holocaust verursacht und perfektionistisch wie wir sind verursacht haben, aber man muss dann auch erzählen, dass die Zivilbevölkerung auf Grund der Verbrechen von Nazischergen und zwar nicht ein paar, sondern vielen hunderttausend die da mitgeholfen haben, die Zivilbevölkerung in der Rachebewegung, wenn man das so nennen darf, sehr sehr gelitten hat und da auch wieder Verbrechen passiert sind. Und ich finde diese Ausgewogenheit ist einfach wichtig. Sprecher: Immer wieder entzünden sich bundesweite Debatten an der Verfilmung von Geschichte. Gabriela Sperl arbeitet stets mit einem großen Team, lässt alle Details prüfen, zieht Experten zu Rate zieht und befragt Zeitzeugen: O-Ton 61 Sperl Wenn Sie sich Tannbach anschauen, da hatten wir ja nach dem ersten Teil, da gehen ja die Amerikaner aus Tannbach raus und die Russen kommen rein. Und kommen ja auf diesen einen Bauernhof, wo der Bauer ein Hitlerbild versteckt hat und die dann diesen Hof einnehmen und es dann zu einem Gerangel kommt, weil der kleine Enkel zu seinem Opa rennt und dann wird diese Familie erschossen.// aus dem Osten kam dann die Kritik, die Russen haben doch Kinder geliebt und die Russen haben das doch nicht gemacht und da kann ich nur sagen: Kinder, das ist eine totale Geschichtsverfälschung, wenn wir behauptet die Russen hätten keine Verbrechen begangen, das stimmt einfach nicht. // Und das war sicher immer das, was in der DDR die offizielle Lehre war, dass die Russen immer lieb waren und es gab keine Faschisten im Osten. // Ich finde, man muss dann eben beide Seiten zeigen und wir haben dann in Teil 2 und in Teil 3 auch versucht das Bild des Russen, des Kommandanten, der auch den Auftrag hatte die Nazis irgendwie zu bestrafen , haben wir den auch als Bewahrer einer neuen Ordnung dargestellt und haben gesagt, die haben als sie kamen, zunächst mal gewütet und da sind dann noch viel schlimmere Sachen passiert als wir sie in Tannbach zeigen, aber wir haben jetzt nicht gesagt die Russen sind die Bösen und die anderen sind die Guten. Das ist genau diese Art von Geschichstklitterung die mir absolut fern liegt. Sprecher: Die Vorbereitung für ihre Filme dauert oft mehrere Jahre. Die Inszenierung der Inhalte sagt zunächst nichts über die Fakten aus. Wie jeder Zeitzeuge mit seinen Erinnerungen lebt, so sieht auch jeder Zuschauer einen Spielfilm vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen. O-Ton 62 Sperl: Ich glaube, man kann historische Stoffe nur erzählen, wenn man eine klare Haltung hat, weil sie sonst in der Masse des Materials ertrinken. Also sie müssen genau wissen, was sie erzählen, mit welcher Haltung sie es erzählen und wie sie dazu stehen, persönlich. Und dann ordnet sich diese Vielfalt der Quellen, ist egal, ob es sich um damals oder um heute handelt, sie ertrinken immer in Informationen und Quellen. Und wenn sie sich widersprechende Quellen haben, dann geben sie diese verschiedenen Haltungen einfach verschiedenen Figuren und lassen die aufeinander prallen und auch dann kriegt es wieder eine große Authentizität, dadurch das manche Menschen Dinge wissen und andere nicht. Und ob sie es dann wollten, das kann man dann dramatisch in so einer Geschichte dann schön rausarbeiten Sprecher: Die deutsch-deutsche Teilung, das Verhältnis von Ost und West, zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk der Münchener Produzentin. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Gabriele Sperl und Christian Schwochow sich irgendwann begegnet sind. Gemeinsam haben sie einen Teil der von Kritikern hochgelobten NSU-Trilogie verfilmt. „Die Täter“, „Die Opfer“ und die „Ermittler“ heißen die Fernsehfilme, die den Werdegang und den Tod der NSU-Terroristen aufrollen. O-Ton 63 Filmszene Die Gauleitung in Berlin ist stolz auf Thüringen. Das sind Anleitungen zum Aufbau eines Schulungsnetzwerks. Wir kümmern uns schon um die Ausländer. Und um die Schwulen kümmert sich Aids. O-Ton 64 Sperl: //Mich hat bei NSU interessiert, und deshalb die drei Perspektiven, wie kommt es dazu, dass Jugendliche in Ostdeutschland sich nach der Wende so in einem Vakuum befinden und so offen sind für Radikalisierungen und an dem Täterfilm zeigen wir ja auch, dass jeder Jugendliche, ob Junge oder Mädchen auch eine Möglichkeit hatte sich dagegen zu entscheiden , wir betten das aber einfach ein in diese damalige Übergangszeit, deswegen erzählen wir das aus der Sicht von 3 Jugendlichen, wir erzählen das nicht aus der Sicht von Beate alleine, sondern aus der Sicht von dreien. //und in der zweiten Folge erzählen wir die Opferperspektive aus der Sicht einer jungen türkischstämmigen Deutschen, die glaubt, am Beginn der Geschichte sie sei eine junge Deutsche und dann feststellt, weil ihre Familie 10 Jahre für Täter gehalten wird, dass sie eben doch keine Deutsche ist und dass sie nie eine Deutsche sein wird. Und der dritte Teil, da gibt es eigentlich überhaupt keine weibliche Hauptfigur , weil in dem Bereich von Verfassungsschutz. Sprecher: Die NSU Trilogie ist – auch - ein Erklärungsversuch: Regisseur Christian Schwochow fragt im ersten Teil „Die Täter“, wie aus den orientierungslosen Jugendlichen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gewissenlose Neonazis werden konnten. Dafür hat er sich tief in das Milieu eingearbeitet. O-Ton 65 Schwochow 19.30 es ist immer leicht, die Dinge von sich wegzuschieben. Und wenn ich mich frage, wie kommen junge Leute dahin, sich so zu radikalisieren, dann ist es wichtig erstmal die Zeit und die Umgebung zu schauen, aus der sie kommen. Es waren keine, die aus dem asozialen Milieu kamen, sondern Kinder von Akademikern. Sondern Kinder, aus denen alles hätte werden können. Und der Film hatte auch nicht die Schlussfolgerung, es hätte nur das aus ihnen werden können. Ich glaube aber, dass die Zeit ihnen hier konkret in Jena dass die /das Gefühl Teil oder Opfer einer feindlichen Übernahme durch den Westen zu sein etwas war, das viele Menschen hatten und auch nicht nur zu unrecht, weil diese neuen Angebote, viel zu überfordernd war und man mit vielem nicht fertig wurde und dass die Stimmung, das zeigt der Film sehr gut, die hatte etwas mit Wildwest zu tun, es war Chaos, es war Anarchie und diese Generation von Zschäpe, Mundlos und Böhnert, das war die, die keinen richtigen Platz hatte. Sie waren zu alt, um sie wie Kinder zu behandeln, dass man sagt, die nimmt noch mal in Schutz, aber sie waren zu jung, um sich einen eigenen Platz zu erkämpfen. Die Generation der 18/19jährigen, die haben schnell profitiert von der Wende, das sind wilde Karrieren, wenn du im Osten Anfang Mitte 20 warst, konntest du alles werden. Ich war elf zum Fall der Mauer und die haben es auch gut geschafft, aber die Generation dazwischen, die war verloren und das war mir ein Bedürfnis das filmisch zu konstatieren, ohne Anhaltspunkte zu lokalisieren, warum konnten die sich so radikalisieren, warum haben die sich an den Rand gestellt gefühlt. O-Ton 66 NSU Szene Gesang: „Beate hat Geburtstag heute, wir knallen ihr einen Ali ab, das freut sie gar sehr...“ O-Ton 67 Schwochow 28.41//. Bei NSU habe ich versucht, den Blick zu weiten und diese Kids erst einmal zu Beginn als Teil einer Gesellschaft zu verorten und nicht von vorneherein als psychopathische Mörder. So einfach sollte man es dem Publikum nicht machen. Sondern wie damit konfrontieren: wo seid ihr, wo sind eure Kinder. Ich glaube nicht, dass man das messen kann, was unsere Filme erreichen und welche Verständigung. Ich kann nur hoffen, dass meine Geschichten von Leuten gesehen werden, wo ein Bild sich verschiebt, sich was öffnet, eine Diskussion entzündet. Auch bei „Bornholmer Straße“, das ist ja eine komödiantische Auseinandersetzung mit jemandem der sein Leben in den Dienst der Staatssicherheit stellt, und in dieser Nacht trotzdem das richtige tut. Und ich glaube, dass das Diskussionen anstoßen kann, wie weit kann der Einzelne sich gegen ein System stellen oder eben nicht. Dass wir zu Verständigung von Ost und West in großem Maße beitragen, ist eine falsche Hoffnung. Aber zumindest öffnen diese Filme den Blick, wenn die Menschen merken, dass da ein authentischer Kern drin ist. Sprecher: Die NSU-Trilogie ist Geschichtsfernsehen, das sich auf dünnem Eis bewegt. Die Ermittlungen gegen Beate Zschäpe laufen noch, die Ermittlungen ziehen sich seit Jahren hin. Ein Ende ist nicht in Sicht. Immer neue Ermittlungspannen kommen ans Licht. Innovatives Fernsehen, herausragende Drehbücher, die Kritiker sind voll des Lobes. Zu wenige Menschen haben Lust, sich diese filmische Auseinandersetzung mit den Folgen der Wendezeit anzuschauen. Hat das Thema, die jahrelange Berichterstattung über den Prozess inzwischen zu einem Ermüdungsprozess geführt? Oder sind die Ereignisse zu nah am eigenen Erleben? O-Ton 68 Schwochow 22.15 //man wird dabei mit sich selbst konfrontiert. Das ist sehr hässlich, was dabei zutage kommt. Und wir neigen bei der filmischen Aufarbeitung von Geschichte dazu, den Leuten ein wohliges Gefühl zu verpassen, sehr häufig, das muss ich jetzt leider so allgemein sagen, geht der Zuschauer mit dem Gefühl raus, am ende kommt einer, der es schon richtet und das ist beim Thema Rechtsradikalismus, Rassismus in Deutschland einfach nicht möglich, weil es ist eine Gesellschaft, wo Teile sehr offen sind und wo Teile sich sehr bemühen, dass wir weltoffen sind und offen auf andere Kulturen zugehen, versuchen zu integrieren, aber ein großer Teil sich sehr radikalisiert hat und wie Uwe Mundlos damals propagiert hat, ist im Mainstream angekommen, das ist eine unschöne Wahrheit, die der Film genau benennt und so das ganze Volk mitanklagt und sich dem auszusetzen, 20.15 Uhr am Feierabend ist sicher keine Freude. Sprecher: Das Risiko, dass die NSU-Trilogie n vielleicht nicht die breite Masse erreicht, geht Gabriela Sperl ein. Ein solch brisantes Thema fürs Fernsehen umzusetzen, ist ihr immens wichtig. O-Ton 69 Sperl: . // und dann tritt hier wieder dieses Phänomen wieder ein, das mich dazu veranlasst hat, Geschichte zu studieren, dass man sich fragt: Warum wollen Menschen gewisse Dinge nicht wissen und bei gewissen Dingen nicht hinschauen? /////Vor dem Hintergrund ist natürlich auch interessant, dass die ARD bei diesem Dreiteiler eine sehr viel höhere Jugendquote hat, als sie normalerweise hat, es haben sehr, sehr viele Menschen diese Filme in der Mediathek geschaut. // Ich bin sehr, sehr glücklich, dass die ARD uns solche Filme hat machen lassen. man weiß vorher, dass solche Filme im Gegensatz zu Tannbach und der Flucht nicht die große Quote kriegen werden, aber, dass sie sehr sehr wichtig sind, weil sie auch noch einmal auf Dinge hinweisen und sagen: es ist alles ungeklärt. Vor allem ist auch noch die Rolle gewisser Behörden in unserem Staate so, dass sie nicht einer parlamentarischen Kontrolle unterworfen sind. O-Ton 70 (71) Lied von Katrin Sass aus Weissensee zur Überleitung: In dem Cafe hoch über der Stadt... Sprecher: Besser kommen fiktive Geschichten über das Ost-West-Verhältnis an wie beispielsweise die Fernsehserie „Weissensee“. „Nie wurde das Politische so gut mit dem Privaten verbunden“, schreiben begeisterte Kritiker. Das Publikum liebt die Serie, die im weitesten Sinne an Shakespeares Romeo und Julia erinnert, nur eben mit Ostprotagonisten. O-Ton 71 72 „Weissensee“, Staffel 1, Folge 1: 37:30 Lass die Finger von Martin Kupfer, Warum? Die Familie Kupfer bezieht ihr Geld von der Stasi. Die stürzt dich ins Unglück. Sprecher: Zwei Familien bilden den dramaturgischen Rahmen von „Weissensee“. Die Kupfers: linientreu, die Hausmanns: Opfer der DDR. Vater Kupfer ist ein hochrangiger Stasioberst, Mutter Hausmann seine ehemalige Geliebte und eine kritische Liedermacherin des Ostens, die in ihren Werken kein Blatt vor den Mund nimmt. Als sich ihre Tochter in einen Kupfersohn verliebt, plagen die Mutter Ängste. O-Ton 72 (74) Staffel 2, Teil 4 23:25 Martin hat niemanden verraten. Ich liebe ihn. Ah, du liebst ihn oder liebst du die Macht der Bonzen. Die Macht über Menschen? Sprecher: Auch international wird „Weissensee“ hoch geschätzt. Im Museum of Modern Art in New York gezeigt, mit Preisen überhäuft, von den Russen geliebt und mit hohen Einschaltquoten belohnt. Gleichbleibend fast fünf Millionen Zuschauer sehen alle Folgen der bislang auf drei Staffeln ausgedehnten Serie. O-Ton 73 (80) Weissensee, Staffel 1, 1 31:58 Ich will nicht woanders leben. Das ist irgendwie lebendig. Hast du nicht manchmal das Gefühl zu ersticken? Dann fang ich an zu singen. Sprecher: Gerade das Leben des gehobenen Bürgertums und der intellektuellen Kreise in der DDR ist bis zu diesem Zeitpunkt selten im Fernsehen aufgearbeitet worden. Viele Zuschauer bezeichnen „Weissensee“ als „Dallas des Ostens“ oder als ostdeutsche Variante von „House of Cards“. Erzählt werden die Jahre 1980, 1987, 1990. Der Untergang der DDR wird anhand der beiden Familien exemplarisch geschildert. Es ist die Authentizität der Figuren, die diese Serie so einmalig macht. Der Zuschauer wird in die Gefühlswelt eines Stasigenerals genauso eingeführt wie in die Kreise der Dissidenten. Und überall sind es Menschen, die Geschichte schreiben, mit großen, kleinen Sorgen, mit Machtanspruch, Machtfülle und Machtverlust. Die Drehbuchautorin Annette Hess, die ursprünglich aus Hannover stammt, hat die Serie entwickelt. O-Ton 74 1:53 ich habe gerne eine Initialzündung, die liegen kann in einem historischen Ereignis, aber noch viel mehr in einer Atmosphäre, in einer Zeit. Also was mich immer interessiert ist die Mentalität einer Zeit, also was bei „Weissensee“ auch meine erste Intention war, eben nicht über den Boykott der Olympiade in Moskau zu erzählen , sondern über die Atmosphäre 1980 in der DDR und dann gucke ich erst, was waren da eigentlich an politischen Ereignissen. //ich suche nach einer Mentalität einer Zeit, mehr als nach konkreten Ereignissen. O-Ton 75 (81) Lied Katrin Sass: Was rettet die Welt? Sprecher: Annette Hess beschreibt die Mentalität jener Zeit und den langsamen Verfall der DDR in „Weissensee“, ohne je hämisch zu werden. Ihre Geschichte verfasst sie fernab vom Großstadttrubel. Sie lebt auf dem Land in Niedersachsen. Ihr Schreibtisch steht in einem umgebauten Bauernhaus. In dieser Zurückgezogenheit findet sie die Ruhe, um sich den komplizierten Recherchen zu widmen. O-Ton 76 3:13 Natürlich lesen, ohne Ende. DVDs gucken, Filme gucken auch aus der DDR, da gibt es ja Geschichten überm Gartenzaun, da gibt es ja herrliche Serien. Oder eben Lilo Pulver Komödien, um so ein Gefühl für den Sprachduktus zu bekommen. Natürlich ist es schon gestalteter Dialog in Filmen, aber trotzdem bekommt man ein Gefühl für Sprache, wie man sich begrüßt hat, wie man miteinander umgegangen ist. Also Filme sehr gerne aus der zeit. Dann natürlich Zeitzeugen sofern das möglich ist. Was das lesen angeht so weniger chronologische Werke , sondern private Texte, Briefe und Tagebücher, weil das auch wieder viel von der Umgangssprache der Zeit transportiert und eben von Sorgen und Nöten der normalen Menschen. Also es gibt ein deutsches Tagebucharciv in Emmendingen und die sammeln Tagebücher, also wenn jemand verstorben ist und Tagebücher hinterlassen hat, kann man die da stiften und dann nehmen die das auf in den Katalog. Und dann kann man da hin schreiben: ich brauche ein Tagebuch einer jungen frau, am besten die in der Stadt gelebt hat und dann gucken die in ihren Katalog und sagen: ja, haben wir . da haben wir so 3 Bücher die umfassen den Zeitraum von 1953-56 oder so und interessiert sie das? Dann kann man dahin fahren und das lesen. Wunderbar, das hat mich sehr inspiriert. Sprecher: Einige Kritiker fragten, was weiß eine Westdeutsche über ein Leben im DDR-Funktionärsviertel Weissensee oder über die Gefühlswelt der Ostdeutschen in jenen Jahren kurz vor und während der Wendezeit?! O-Ton 77 8:16 ich war eben 1980 das erste Mal in der DDR mit meinen Eltern // wir waren in Westberlin im Hotel und sind da rübergefahren, da war auch ein entfernter Verwandter und diesen Besuch kann ich noch minutiös von vorne bis hinten durcherzählen, da war ich 13, weil ich den so beklemmend, irritierend fand. Also diese Atmosphäre, überhaupt dieses eingeschlossen sein. Die Gefahr, die Angst meiner Eltern, dann hat mein Vater versucht so einen Witz zu machen gegenüber diesen Grenzern, das ging ja gar nicht und er hat den beinahe mitgenommen in die Baracke gleich. Furchtbar, und dann die Atmosphäre in der Wohnung von meinem Onkel und meiner Tante, wo erst so fröhlich Mittag gegessen wurde und dann so schlagartig mittendrin im Essen plötzlich: „wir müssen jetzt flüstern, die Nachbarin ist zurückgekommen, die ist nicht ganz sauber, die meldet uns sofort“. Und Westbesuch war ja extrem beobachtet. Und das saugt man als Kind schon auf. Und das hat mich immer weiter beschäftigt, natürlich die Wende, ich war dann auch in Berlin in 91, hab da gelebt 6, 7 Jahre. Habe auch dieses Zusammenwachsen der Stadt sehr aktiv miterlebt, was auch eine großartige Zeit war. Auch viele Ossis kennengelernt, mich mit denen angeschrien, gestritten, vertragen. // da kann ich auch aus eigenem Erleben schöpfen Sprecher: Gerade historische Filme, die viele Zuschauer vor den Fernsehschirm locken sollen, setzen auf subjektive Zugänge. In scheinbar privaten Geschichten wird große Geschichte lebendig. O-Ton 78 Hess 10:24 also ich suche immer nach einer einfachen Grundkonstellation, nach der griechischen Tragödie wenn man so will, nach einer Aufstellung die einem bekannt vorkommt, wie bei „Weissensee“ Romeo und Julia, also der der sich die völlig falsche Frau verliebt. Und da ist jedem sofort das Drama klar und dann habe ich einen Rahmen in dem ich die Figuren zu Menschen werden lassen kann. In dem ich sie widersprüchlich gestalte, sie nicht immer erwartbar zu führen und da dann auch die Gesellschaftskritik reinzubringen, die Moral. Sprecher: Annette Hess will unterhalten, nicht aufklären. Aber sie hofft natürlich, dass ihre Geschichten bewegen. O-Ton 79 12:00 ich will keinen Geschichtsunterricht geben, weil ich mich an meinen eigenen Gesichtsunterricht nur mit Horror erinnere, also es ist wirklich so, wenn Langeweile körperlich weh tun kann, // wir hatten nur schlechte Geschichtslehrer in meiner gesamten Schulzeit und ich saß da immer und habe gedacht, das kann doch nicht sein, dass das so langweilig ist , mich hat auch immer interessiert , wie haben die Menschen gelebt 1613, was haben die gegessen und dann haben die dann immer wieder von irgendwelchen Königen, irgendwelchen Reichen und den Welfen und wer mit wem und vorne und hinten und so , das geht ja auch links rein und rechts wieder raus und vielleicht war das ja auch die Inspiration, das irgendwie anders zu machen, also Geschichtsunterricht ist ja schrecklich. Ich will eigentlich menschliche Geschichten erzählen und ich will schon, dass die Zuschauer am eEnde vielleicht so ein bisschen bessere Menschen sind., das hat aber erst einmal nichts mit Geschichte zu tun. Sprecher: Das Leben der Ost-Deutschen hat Annette Hess sehr beschäftigt. Doch die Recherchen für „Weissensee“ gestalteten sich schwierig: O-Ton 80 6:32 zeitsprünge gemacht weissensee... //. Als ich angefangen habe mit „Weissensee“ war fast nichts zu finden über Stasi, also da musste ich über ZVAP , zentrales Antiquariat, so mühsam zusammen suchen so Bücher über Stasi, wie geht man mit Leuten um die ausreisen wollen, so Zersetzungsratgeber, also habe ich dann entdeckt. Inzwischen gibt es vom Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen, die haben eine großartige Internetseite, wo man Beispiele findet, Akten, wo man auch anrufen kann und sagen kann , ich brauche dazu was. Also es ist eine Fülle an Material inzwischen zu finden. Manchmal verliert man sich auch drin, aber es hat sich sehr geändert in den letzten 5. 6 Jahren. O-Ton 81 Weissensee „Weissensee“, Trailer Staffel 3 (12) Ich brauch meine Verpflichtungserklärung. Wenn die in falsche Hände kommt, bin ich erledigt. Sprecher: Die Geschichte der Familie Kupfer und Hausmann wird weitererzählt, eine vierte Staffel ist in Arbeit. Annette Hess steht aber nicht mehr als Drehbuchautorin zur Verfügung. Es gab Streit hinter den Kulissen, und sie hat sich ein neues Thema gesucht: Das Berlin der 50iger Jahre. Berlin als alte und immer wieder geschätzte Filmkulisse, auch darum geht es in der dritten Stunde dieser Langen Nacht über Geschichte im Film. 15. Musik Evtl hier Marlene Dietrich- ich hab noch einen Koffer in Berlin 3. Stunde 16. Musik : Neutrale Musik O-Ton 82 Ernst Reuter: „Völker dieser Welt, schaut auf diese Stadt“ Sprecher: Keine andere Stadt spiegelt so deutlich die Umwälzungen in der deutschen Geschichte wieder wie Berlin. Mit Gründung der „Ufa“ im Jahr 1917 befindet sich in der deutschen Hauptstadt die größte Filmfirma, außerdem werden hier die meisten Filmzeitschriften verlegt. Und schon immer interessieren sich Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten für die Stadt als Zeitgeistphänomen und inszenieren Geschichten und Geschichte in Berlin. Das pulsierende Leben in der Großstadt beschäftigt die Drehbuchschreiber schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wie das Beispiel „Symphonie einer Großstadt“ von Walter Ruttmann aus dem Jahr 1927 zeigt, oder ein Jahr später „Asphalt“ von Joe May. 17. Musik : „Die Mörder sind unter uns“ Sprecher: Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, inmitten von Bombentrichtern und Trümmerbergen, entsteht in Berlin der erste Spielfilm über eine Vergangenheit, die noch ganz frisch ist: „Die Mörder sind unter uns“ in der Regie von Wolfgang Staudte. Eine junge Jüdin kehrt aus dem Konzentrationslager zurück nach Hause. In ihrer Wohnung im zerbombten Berlin lebt der Arzt Hans. Traumatisiert vom Krieg bilden die beiden eine Notgemeinschaft. Sie versuchen in der zerstörten Stadt zu überleben und das Erlebte zu verdrängen. Die Vergangenheit holt sie aber immer wieder ein. O-Ton 83 Filmszene: Wie lebt so ein Mensch jetzt? Sehen sie mich an. Ich habe eine Fabrik, 120 Angestellte, sehen sie selbst. Sprecher: In dem Film „Die Mörder sind unter uns“ hat Hildegard Knef ihre erste bedeutende Filmrolle als junge KZ-Überlebende, die sich in den Arzt Hans verliebt. Sie ist die einzige Lichtgestalt inmitten von Greisen, Kriegskrüppeln und Heimatlosen. 1947 sorgt ein weiterer Film für Aufsehen. „Ehe im Schatten“ von Kurt Maetzig erzählt die wahre Geschichte des Schauspielers Joachim Gottschalk. Er trennte sich nicht von seiner jüdischen Ehefrau Meta und wählte mit ihr und dem gemeinsamen Sohn 1941 den Freitod. "Ehe im Schatten" wird am 3. Oktober 1947 uraufgeführt. Die Premiere findet gleichzeitig in allen vier Berliner Sektoren statt: im "Filmtheater am Friedrichshain" in der sowjetischen Zone, im "Cosima", das in der amerikanischen Zone liegt, in der französischen Zone im "Prinzenpalast", und in der "Kurbel" im britisch besetzten Charlottenburg . Das ist für die damalige Zeit absolut ungewöhnlich. Normalerweise feiern die unter einzelnen Besatzungsmächten hergestellten Filme nur im jeweiligen Gebiet Premiere. „Die Mörder sind unter uns“ und „Ehe im Schatten“ locken viele Besucher ins Kino. Doch sowohl die Ost- als auch die Westberliner wollen in den 50er Jahren statt Berliner Tristesse lieber Heiteres zur Ablenkung sehen, wie den Heimatfilm „Der Förster vom Silberwald“. 18. Musik: Marlene Dietrich singt „In the Ruins of Berlin“ Sprecher: Es sind die Amerikaner, die den deutschen Filmzuschauern schon bald nach Kriegsende Bilder eines zerstörten Berlins zumuten. Allen voran der gebürtige Österreicher Billy Wilder. Billy Wilder, der bis 1933 als Journalist und Drehbuchautor in Berlin arbeitet, und unter anderem die Geschichte zu dem erfolgreichen Großstadtportrait „Menschen am Sonntag“ verfasst, verlässt Nazi-Deutschland und flieht über Paris nach Hollywood. Im Sommer 1945 kehrt Wilder im Auftrag der US-Regierung als Filmbeauftragter der "Information Control Division" nach Deutschland zurück und kümmert sich um die Abteilung Film und Propaganda. Er sorgt dafür, dass sich die Deutschen im Kino Dokumentationen über die Konzentrationslager ansehen müssen. Nebenbei schreibt er weiter Drehbücher und führt Regie. Einer seiner erfolgreichsten Filme aus jener Zeit entsteht 1948. "Eine auswärtige Affäre" erzählt die Geschichte einer jungen, republikanischen Kongressabgeordneten, die nach Berlin kommt und eine Stadt in Ruinen vorfindet. Gemeinsam mit einer Delegation soll sie die Moral der amerikanischen Truppen überprüfen. Sie entdeckt, dass die Nachtklubsängerin Erika von Schlütow, gespielt von Marlene Dietrich, einst gute Kontakte zum Naziregime hatte und nun von einem hochrangigen amerikanischen Offizier geschützt wird. Die Originalaufnahmen aus der zerstörten Stadt Berlin hat Billy Wilder 1945 aufgenommen und sie dann drei Jahre später für „Eine auswärtige Affäre“ verwendet. 19. Musik: Eins, zwei Drei: Ausgerechnet Bananen Sprecher: Sechzehn Jahre nach Kriegsende kommt ein weiterer Berlin-Film Billy Wilders in die Kinos. Seine Komödie „Eins, Zwei, Drei“ spielt im geteilten Berlin vor dem Mauerbau und erzählt von den Schwierigkeiten, die Marke Coca-Cola auf dem deutschen Markt einzuführen und einen Jungkommunisten in einen idealen Schwiegersohn für amerikanische Kapitalisten zu verwandeln. Billy Wilders Witz macht auch vor den immer noch sehr obrigkeitshörigen Deutschen nicht Halt. O-Ton 84 Filmszene (Trailer) Schlemmer Guten Morgen Mr Mc Namara Schlemmer, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, ich will nicht, dass die Angestellten aufstehen, wenn ich ins Büro komme? Ich weiß, ich habe den strikten Befehl erteilt. Geht es denn nicht in ihre preußischen Schädel, dass wir jetzt in einer Demokratie leben? Das ist es ja gerade. Wenn ich denen früher befohlen habe, dass sie sitzenbleiben sollen, dann blieben sie sitzen. Jetzt in der Demokratie tun sie was sie wollen. Und sie wollen aufstehen. Sprecher: Der wirtschaftliche Aufschwung ist in Berlin angekommen. Die meisten Trümmer sind zur Seite geräumt. Trotzdem können nur die Wenigsten über den subversiven Humor von Billy Wilder lachen. Zu sehr ist das geteilte Berlin mit sich selbst beschäftigt. Die Filmarbeiten werden von der Geschichte gleichsam überholt: Während des Drehs wird die Mauer gebaut. Berlin wird endgültig zu einer geteilten Stadt, zum Symbol eines geteilten Landes. Und mit dem Beginn des Mauerbaus ändert sich die Stimmung. Ost-Berlin erstarrt in einer Art Eiszeit, der westdeutsche Teil entwickelt sich zu einer Insel inmitten der DDR. Die Sorgen der West-Deutschen über diese neuen Zustände passen nicht zum heiteren Ton von „Eins Zwei Drei“. 20. Musik : Eins Zwei Drei: Sprecher: Das Werk des gebürtigen Österreichers Wilder wird zwar für den Oscar nominiert, aber die Berliner Zeitung bezeichnet ihn als „einen der scheußlichsten Filme über Berlin“. Erst Mitte der 80er Jahre, als der Film erneut in den Kinos läuft, entwickelt sich „Eins, zwei, drei“ vor allem in Westberlin, zum Publikumsrenner. O-Ton 85 Hacken zusammenschlagen (Atmo) Schlemmer, Sie fliegen raus, wenn Sie nicht endlich aufhören, die Hacken zusammenzuschlagen. Oh, Verzeihung. Ich vergesse das immer wieder. Das gute, alte Gestapotraining, oder? Bitte, Mr. Mc Namara, das dürfen Sie nicht sagen. Na, also unter uns, Schlemmer, was haben Sie während des Kriegs gemacht? Ich war in der Untergrund. The underground. Ah, Widerstandskämpfer. Nein, Schaffner. In der U-Bahn. Und natürlich waren Sie kein Nazi und nie für Adolf. Welcher Adolf? Wissen Sie, ich war so tief unter der Erde, ich wusste gar nicht was oben los war. Kein Mensch hat mir was erzählt. Das wäre alles Schlemmer. Rausmachen. 21. Musik Akzent Sprecher: In den 80er Jahren verfilmt Rainer Werner Fassbinder den Roman „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin und sorgt damit für großes Aufsehen. O-Ton 86 (18) take 7 ?? Musik Berlin Alexanderplatz Sprecher: Fassbinder legt den Finger in eine Wunde, die auch 35 Jahre nach Kriegsende noch nicht verheilt ist. Wie kann sich der Nationalsozialismus ab 1933 so rasant in Deutschland ausbreiten? Die Verfilmung von „Berlin Alexanderplatz“ ist Geschichtsunterricht und Melodram in einem. Der Regisseur selber nennt es noch zu Lebzeiten „seine Doktorarbeit“. Mehrere Jahre lang beschäftigt er sich immer wieder mit dem Roman. Der Antiheld in Buch und Serie heißt Franz Biberkopf. Ein Gestrauchelter, der das Gefängnis in Tegel verlässt und in den Moloch Berlin eintaucht. O-Ton 87 (22) take 13 Franz hat seine Braut Ida erschlagen. Der Nachname tut nichts zur Sache. In der Blüte ihrer Jahre. Dies ist passiert bei einer Auseinandersetzung zwischen Franz und Ida, wobei vorher folgende Organe des Weibes leicht beschädigt wurden... Sprecher: Das Jahr 1929 schreibt Weltgeschichte. Der Schwarze Freitag führt zum Börsencrash in New York und zu politischen Unruhen in Deutschland. Die Weimarer Republik verliert an Stärke. Der Einfluss der Nationalsozialisten wächst. Berlin spiegelt damals den Irrsinn einer Zeit im Umbruch wieder. Auf der einen Seite: wilde Tänze in Clubs, Drogen- und Damenwahl, auf der anderen Seite: eine aufstrebende rechte Szene. O-Ton 88 (23) Filmszene „Berlin Alexanderplatz“ take 19 Bist du ein deutscher Mann? Du bist deutsch? Kerndeutsch? Wusste ich doch, dass du kerndeutsch bist... Sprecher: Fassbinders Regiefantasie ist schier grenzenlos und muss es auch sein, denn: Die Originalschauplätze, vor allem der titelgebende Alexanderplatz, liegen hinter der Mauer. Auf Außenaufnahmen muss er deshalb fast ganz verzichten. Um die Atmosphäre der Berliner Halbwelt der 20er Jahre zu schaffen, zieht er beim Dreh teilweise sogar Strumpfhosen über die Kameras. Den Großteil der Dreharbeiten verlegt er gezwungenermaßen auf das Gelände der Bavaria in München. So ergeht es Fassbinder ähnlich wie zuvor Billy Wilder, der während der Dreharbeiten zu „Eins Zwei Drei“ vom Mauerbau überrascht wird und, weil er nicht vor dem Brandenburger Tor drehen kann, ebenfalls nach München ausweichen muss. 22. Musik Berlin Alexanderplatz Peer Raben Sprecher: „Berlin Alexanderplatz“ ist das bis dahin größte Filmprojekt des Westdeutschen Rundfunks. Uraufgeführt wird es aber nicht im Fernsehen, sondern 1980 im Olymp des Kinos: den Filmfestspielen von Venedig. O-Ton 89 (19) Filmszene Berlin Alexanderplatz Ab 1.45 //Alle diese Menschen, die Welt und ick. Und dann diese Stadt...Jetzt mach keine Schwierigkeiten Junge. Wirst dich schon wieder zurechtfinden. Und vergiss nicht. Du darfst dich nicht umdrehen. Sprecher: „Berlin Alexanderplatz“ ist nicht nur in Deutschland erfolgreich. Auch in den USA feiern die Zuschauer und Kritiker das vierzehnteilige Werk. Fassbinder gelingt mit „Berlin Alexanderplatz“ ein Filmdrama, das in den USA heute noch zu den besten Filmen aller Zeiten zählt. Zum ersten Mal läuft 1983 ein deutscher Film im Original mit Untertiteln in den USA. Der Filmkritiker Vincent Canby warnt vor müden Augen. Denn der Filmmarathon dauert fünfzehneinhalb Stunden im Lincoln Place Cinema und im Vandam Theater. Die New York-Premiere ist ein riesiger Erfolg. O-Ton 90 (21) Filmszene take 10 Franz singt: „Ick habe mir ergeben mit Herz und Hand. Der Kaiser überreicht den Degen. Er muss mir den Degen wiedergeben...“ Lachen Sprecher: Ist „Berlin Alexanderplatz“ die Zukunft? Fragt der Kritiker Vincent Canby am 10. Juli 1983 in der New York Times. „Vierzehn Monate nach dem Tod des brillantesten und unkonventionellsten Regisseurs im Alter von 36 Jahren erscheint die Serie Berlin Alexanderplatz, die so experimentell ist, dass sie neue Maßstäbe setzt.“ Der Blick auf die jüngere deutsche Geschichte und auf die Stadt Berlin zieht die Zuschauer in den Bann. In den USA wird „Berlin Alexanderplatz“ deshalb auch wahrgenommen als „Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, die eine Bereicherung für eine Nation hätte sein können, die noch immer nicht mit ihrer eigenen Vergangenheit zu Rande gekommen ist, und deren Jugend zu Zeiten in einem gewollten Zustand antigeschichtlicher Gedächtnisstörung zu leben scheint.“ Diese Sätze schreibt eine Journalistin im September 1983 und wundert sich über den großen Erfolg von „Berlin Alexanderplatz“ in den USA. Was in Deutschland bislang nicht möglich ist, gelingt jenseits des Atlantiks: statt sich über die Dunkelheit der Filmbilder zu erregen, wie es die deutsche Presse, vorneweg die Bild-Zeitung tut, erkennen die Amerikaner das künstlerische Potenzial von „Berlin Alexanderplatz“. Und obwohl es sich um eine TV-Produktion handelt, laufen die Filme in den Kinos und sogar im Museum of Modern Art in New York. Die Amerikaner sind begeistert, gibt ihnen der Film doch Antworten auf die brennende Frage: Wie konnten aus normalen Menschen Nazis werden? O-Ton 91 (24) Filmszene „Berlin Alexanderplatz“ take 19 ab 01.05 2.08 das ist es, was ich immer wieder sage: Deutschland muss den Deutschen gehören... 23. Musik als Trenner Sprecher: Fast 40 Jahre nach „Berlin Alexanderplatz“ dreht Tom Tykwer - seit seinen Kinoerfolgen „Lola rennt“ und „Das Parfum“ auch international ein Star - zum ersten Mal eine Fernsehserie. „Babylon Berlin“. Zitator: (Volker Kutscher aus „Der nasse Fisch“, S. 16) „Der Mannschaftswagen hielt direkt vor einer großen Mietskaserne in der Hermannstraße. Misstrauisch schauten die Passanten zu, wie die jungen Uniformierten von der Pritsche sprangen. Polizei war in diesem Teil der Stadt nicht gern gesehen. Im Halbdunkel des Torbogen, der zu den Hinterhöfen führte, wartete Jänicke, die Hände in die Manteltaschen gegraben, den Kragen hochgeschlagen und die Hutkrempe in die Stirn gezogen. Rath musste ein Lachen unterdrücken. Jänicke gab sich große Mühe, wie ein abgebrühter Großstadtbulle auszusehen, doch die ewig roten Wangen verrieten den Jungen vom Lande. „Da müssen jetzt ungefähr ein Dutzend Leute drin sein“, sagte der Frischling und versuchte mit Rath und Wolter Schritt zu halten. „Ich habe einen Hindenburg gesehen, einen Bismarck, einen Moltke, Wilhelm eins und Wilhelm zwo und sogar einen Alten Fritz.“ 24. Musik Alexanderplatz: evtl Alexanderplatz Foxtrott Sprecher: „Babylon Berlin“ basiert auf einer Romanvorlage: der Krimireihe um Kommissar Gereon Rath von Volker Kutscher. Genau wie zuvor Fassbinder mit seinem Mammutwerk „Berlin Alexanderplatz“ spielt auch Tykwers Serie, die 2017 im Fernsehen laufen soll, in Berlin. „Der nasse Fisch“ zeichnet ein detailgetreues Sittenbild der 1920er Jahre. Wie Franz Biberkopf in „Berlin Alexanderplatz“ ist der Protagonist Gereon Rath ein Neuankömmling in der Großstadt Berlin. Größter Unterschied der beiden zentralen Figuren: Während Döblins Held ein Verbrecher ist, spielt Gereon Rath seinen Widerpart: einen Kriminalkommissar, der ausgerechnet aus dem katholischen Rheinland ins preußische Berlin strafversetzt wird. Auch in Tykwers Serie hat der Alexanderplatz eine zentrale Rolle. O-Ton 92 zum Dreh Tom Tykwer von Website /Pressebereich Ja, wir stehen hier auf dem Alexanderplatz, der Fernsehturm war 1929 noch nicht da, den müssen wir weglassen... Sprecher: ....heißt es auf einer Website zu „Babylon Berlin“. Interviews gibt Tom Tykwer nicht. Sein Projekt soll bis zur Ausstrahlung geheim bleiben. Doch so viel ist bekannt: Die Handlung setzt im Schicksalsjahr 1929 ein und verwebt die tatsächlichen blutigen Unruhen des 1. Mai mit fiktiven Mordgeschichten. „Der nasse Fisch“: das ist das hektische Berlin der Zwanziger Jahre mit seinen kriminellen Milieus. Auch wenn der Regisseur und die beteiligten Sender, WDR und Sky, ein großes Rätsel um das Werk machen. Fest steht, dass Volker Bruch, bekannt aus dem Historiendrama „Unsere Mütter, unsere Väter“, die Hauptrolle des Kommissars Gereon Rath spielen wird. O-Ton 93 Gereon Rath ist ein Kommissar aus Köln, der nach Berlin versetzt wird und mit dem wir diese wunderbare Stadt in den 20iger Jahren kennenlernen. Sprecher: erzählt Volker Kutscher auf der Website, auf der schon einige Bilder vom Set und von den Darstellern zu sehen sind. „Babylon Berlin“ lassen sich die verantwortlichen Sender einiges kosten. Das Budget für eines der größten deutschen Serienprojekte der letzten Jahre klingt rekordverdächtig. Rund 40 Millionen Euro stehen Tom Tykwer und den beiden anderen Regisseuren Achim von Borries und Hendrik Handloegten zur Verfügung. Zwei Staffeln mit acht Folgen à 45 Minuten sind geplant. Tom Tykwer will das Berlin der 20er Jahre so originalgetreu wie möglich auferstehen lassen. Zitator Kutscher, Der nasse Fisch „Wann würden sie zurückkommen? Er lauschte. In der Dunkelheit geriet jedes kleinste Geräusch zu einem Höllenlärm, jedes Flüstern wuchs zu einem Brüllen heran, die Stille selbst lärmte in seinen Ohren. Ein immerwährendes Dröhnen und Rauschen. Der Schmerz machte ihn halb wahnsinnig, er musste sich zusammenreißen. Das Geräusch der Tropfen nicht beachten, so laut es auch war. Tropfen, die auf einen harten, feuchten Boden fielen. Er wusste, dass es sein eigenes Blut war, das da auf den Beton tropfte. Er hatte keine Ahnung, wohin sie ihn verschleppt hatten. Irgendwohin, wo ihn niemand hörte. Seine Schreie hatten sie nicht aus der Ruhe gebracht, die hatten sie eingeplant. Ein Keller, vermutete er. Oder eine Lagerhalle? Jedenfalls ein fensterloser Raum.“ O-Ton 94 ( Tykwer, später rein... Wir haben gedacht, wir müssten alles neu bauen, aber vieles funktioniert, wir haben ein paar alte Straßenbahnen mitgebracht, drei Gebäude sind schon vor unserer Drehzeit entstanden. O-Ton 95 „Das war für mich schon in dem Moment legendär, als ich über den Alexanderplatz gegangen bin. Das hätte ich nie gedacht, dass ich mal über den abgesperrten Alexanderplatz gehen würde. Als ich ankam und gerade alle Komparsen stehen blieben, da bin ich komplett in die Zeit eingetaucht. Und dann die alte Straßenbahn war mit Pankow betitelt. Da wohn ich, ich hatte das Gefühl, die könnte mich direkt nach Hause bringen.“ Sprecher: Sagt Liv Lisa Fries, die in „Der nasse Fisch“ Gereon Raths Freundin Charlotte spielt. In den Büchern wird sie als emanzipierte Frauenfigur beschrieben. 25. Musik Cabaret Liza Minelli oder Mein kleiner grüner Kaktus Comedian Harmonists Sprecher: „Babylon Berlin“ will auch dabei helfen, zu verstehen: Warum liegt der Nationalsozialismus bis heute als düsterer Schatten über der Gefühlswelt der Nachkriegsgeneration. Die 68er-Generation Rainer Werner Fassbinder hat diese Auseinandersetzung schon Ende der 1970er Jahren angefangen. Aber damals fehlt offenbar noch die Bereitschaft und Offenheit, dieses Thema anzugehen. Und es fehlt ein deutsches Publikum, das gewillt ist, die Geschichte neu aufzuarbeiten und sie in einem anderen Licht zu sehen. 26. Musik Filmmusik aus „Unsere Mütter, Unsere Väter“ Katharina Schüttler singt „Mein kleines Herz“ Sprecher: Während „Berlin Alexanderplatz“ und „Babylon Berlin“ die Zeit vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beschreiben, und Berlin als eine Stadt zeigen in der wild gefeiert und getanzt wird, startet die Miniserie „Unsere Mütter, unsere Väter“ mitten in den Kriegswirren. Der Dreiteiler lief 2013 im deutschen Fernsehen, sorgt aber noch heute für Debatten. Die Geschichte, die der Autor dem Drehbuch zugrunde legt, ist eigentlich ganz einfach. Fünf Freunde geraten in die Fänge des Nationalsozialismus. Jeder von ihnen auf seine Weise. Im Berlin des Sommers 1941 nehmen sie Abschied voneinander: Die Brüder Wilhelm und Friedhelm müssen als Wehrmacht-Soldaten an die Ostfront, Charlotte folgt ihnen im Freiwilligeneinsatz als Krankenschwester. Greta möchte Sängerin werden. Ihr Freund Viktor, der fünfte im Bunde, ist Jude. Schon Weihnachten 1941 wollen sich alle wieder in Berlin treffen. Doch dazu kommt es erst nach Kriegsende. Zwei von ihnen sind dann tot. „Unsere Mütter, unsere Väter“ orientiert sich an amerikanischen Geschichtsfilmen und kommt mit seiner Umsetzung von Krieg und Gewalt beim Publikum gut an. O-Ton 96 (1) Unsere Mütter, unsere Väter, Trailer 0:31: „Hör doch auf. Das hat doch keinen Sinn. Es gibt keinen Sinn. Gott hat uns verlassen“ Sprecher: Die Kritik ist gespalten. „Unsere Mütter, unsere Väter“ versucht einen anderen Blick auf den Krieg im Osten zu werfen und auch die Kriegsverbrechen zum Thema zu machen. So zeigen die drei Teile unter anderem die Erschießung eines sowjetischen Kriegsgefangenen, oder Zivilisten, die in Minenfelder getrieben werden. In Berlin beginnt die Geschichte der fünf Freunde. In Berlin endet sie auch wieder. O-Ton 97 (46) Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“(Tom Schilling- O-Ton Trailer...): „Erinnerst du dich noch an unseren letzten Abend in Berlin? Ich hatte Recht. Der Krieg wird nur das Schlechteste in uns zum Vorschein bringen“. Sprecher: „Unsere Mütter, unsere Väter“ entwickelt sich zum Exportschlager des Historienfernsehens aus Deutschland. Der Krieg bringt das Schlechte in den Menschen hervor, so eine These, die dem Mehrteiler zugrunde liegt. Dahinter steckt das Bedürfnis, die Gegenwart aus der Vergangenheit heraus zu verstehen. Kritik muss die Serie vor allem aus Polen einstecken. Die Darstellung der Heimatarmee als antisemitische Partisanentruppe sorgt im Nachbarland für heftige Reaktionen. Im Sommer 2016 müssen sich die Macher des Kriegsdreiteilers sogar in Krakau vor Gericht verantworten. Der Weltverband der Soldaten der polnischen Heimatarmee wirft der Produktionsfirma Ufa Fiction und dem ZDF vor, mit der Serie über Deutsche im Zweiten Weltkrieg die Persönlichkeitsrechte der Soldaten verletzt zu haben. Benjamin Benedikt, Produzent der Serie, und Drehbuchautor Stefan Kolditz haben nicht mit so heftigen Vorwürfen gerechnet, da gleich mehrere Historiker als Berater an dem Projekt beteiligt waren. O-Ton 98 Kolditz 25:52 Kritik // Ich verstehe, dass die Polen mit dieser unglaublichen Leidensgeschichte auch was die Deutschen betrifft, auch was die Sowjetunion und die Russen, aber vor allem die Deutschen betrifft, sich im Grunde von Deutschen nicht ihren eigenen Antisemitismus vorhalten oder nachsagen lassen wollen. Ich muss aber auch sagen, dass ich finde, dass die Kritik zum Teil sehr eindimensional ist und dass die Behauptung, dass die Deutschen sich im Film eigentlich zu Opfern machen und sich quasi mehr oder weniger die Polen zu Tätern erklären, dass das, wenn man sich den Film genau anguckt nicht berechtigt ist. O-Ton 99 48 Serie- Trailer- Die Figuren Wir waren 5 Freunde. Wir wussten, dass uns die Zukunft gehören würde. „Spätestens Weihnachten ist der Krieg vorbei“. Ja! Weihnachten in Berlin. Sprecher: Auch aus den USA hagelt es Kritik: Die "New York Times" zieht Parallelen zu Propagandafilmen aus der Nazizeit. Doch wegen ihrer Bildästhetik, die auf Kinoformat setzt, ist „Unsere Mütter, unsere Väter“ in vielen anderen Ländern gefragt. Regisseur Philipp Kadelbach ist zum Zeitpunkt der Dreharbeiten Mitte 30. Er zählt zu einer neuen Generation von Filmemachern, die zur deutschen Geschichte ein unverkrampfteres Verhältnis zu haben scheinen als die Nachkriegsregisseure. In seinem Dreiteiler ist es neben den Schauspielern auch wieder die Stadt Berlin, die den roten Faden bildet und den Verfall des Landes zeigt. Je länger der Krieg dauert, desto desolater ist nicht nur der Zustand der Bevölkerung, sondern auch der Stadt, in der sie leben. Und während der Ausstrahlung redete ganz Berlin, ganz Deutschland über den Film, erinnert sich der Berliner Drehbuchautor. O-Ton 100 : 29:40 es gibt ne ganz verrückte Geschichte. // Es gab also den ersten Teil der lief an einem Sonntag und der lief gut. Und die Presse ist ja eine Woche vor Beginn des Films explosionsartig auf den Film eingestiegen, das hatten wir nicht vorausgesehen. Dann gab es den ersten Teil. Dann gab es am Montag den 2. Teil und am Dienstag morgen stand ich auf dem S Bahnhof in Pankow, weil wir an dem Tag nach Buchenwald fuhren, „Nackt unter Wölfen“, um mit der Buchenwald Stiftung zu sprechen. Ich stand da, noch relativ verschlafen und dann stand ich vor diesem Zeitungsaussteller und sah plötzlich auf den Titelseiten der Zeitungen Riesenschlagzeilen und Riesenfotos. Ich hatte nicht damit gerechnet , da dachte ich – was passiert denn hier. Und dann stand neben mir ein junges Pärchen, das über den Film redete und dann saß neben mir in dem Zug auf dem Weg nach Weimar die Dramaturgin ...und der Produzent Benjamin Benedict und ich . Niemand wusste von den Leute im Zugabteil wer wir waren und – nicht übertrieben- das ganze Abteil redete über den Film. Es war relativ gut besetzt das Abteil. Und dann saßt du sozusagen da mit großen Augen und niemand von uns hat sich auch geoutet und den Finger gehoben und gesagt: Dat haben wir jemacht oder so und dann dachstest du: hier passiert gerade etwas, was wir uns erhofft hatten, was wir aber in dem Ausmaß nicht voraussagen konnten. Das ging ja dann erst richtig los , über Monate... 27. Musik : „ Hildegard Knef“? Sprecher: Inzwischen dreht ganz Hollywood in der deutschen Hauptstadt. Berlin ist ein Sehnsuchtsort für die Filmszene. Auch wenn in US-Produktionen wie „Operation Walküre“ oder „Stauffenberg“ die Orte meist nur als Hintergrund herhalten, nutzen deutsche Filmemacher das große Interesse an Berlin, um die einzigartige Geschichte der Metropole in Szene zu setzen. UFA -Fiction-Produzent Benjamin Benedikt: O-Ton 101: 15:00 Was sicher ein großes Thema ist, dass Berlin jetzt als Ort eine weltweite Faszination bekommt oder bekommen hat oder ein Faktor ist. Sie gehen in New York in einen Apple Store und die Leute sagen nicht: „Mensch wie schön ist New York“, sondern ich wäre so gern in Berlin, anekdotisch verkürzt. Die Faszination ist sicher weltweit und man merkt in der Tat, dass es im letzten Jahrhundert keinen Ort gab, der in irgendeiner Weise vergleichbar ist, weil in ihm im tragischsten und schlimmsten und auch im berührernsten, wenn man an 89 denkt, Geschichte wirklich konkret binnen weniger Kilometer stattgefunden hat. Von den 20er Jahren, in all ihrer Aufbruchshoffnung, über den Nationalsozialismus, über die Stunde Null, den Kalten Krieg der bis in die 80er ging, bis hin zur Wiedervereinigung, das ist so ein unfassbares Reservoir an Geschichte und Geschichten , dass man sozusagen idiotisch sein müsste, um das nicht wahrzunehmen, und deswegen gibt es auch zurecht einige Projekte, die sich damit in den unterschiedlichen Epochen beschäftigen. Sprecher: Benjamin Benedikt und seine Firma Ufa Fiction realisieren fast jährlich ein neues Geschichtsdrama, das Berlin und die deutsche Historie zum Thema hat. Wie: „Ku’damm 56“. 28. Musik: Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm O-Ton 102 Filmszene aus Ku’damm 56 14:04 Rumba ist nichts anderes als ein Balztanz. Cha Cha hat nur ein Ziel: Die Aufforderung zum Beischlaf. Aber die Krönung von allem ist dieser Rock’n Roll. Da springt die Dame dem Herrn breitbeinig auf den Schoss. Nein, nein. Nicht in meiner Tanzschule. (Trailer Zusammenschnitt) Sprecher: Anfang des Jahres 2016 entwickelt sich „Ku’damm 56“ zu einem Quotenhit, als Sittengemälde aus der Frühzeit der Bundesrepublik. Der Dreiteiler setzt Berlins Prachtboulevard der Nachkriegszeit glamourös in Szene. Hauptschauplatz ist die dort ansässige Tanzschule „Galant“. Geleitet wird sie von einer alleinerziehenden Tanzlehrerin, die nebenbei versucht, ihre drei Töchter standesgemäß unter die Haube zu bringen. Das Drehbuch zu diesem viel gelobten Dreiteiler stammt aus der Feder der Autorin Annette Hess, die schon mit „Weissensee“ ihr Können bewiesen hat. O- Ton 103 13:58// Ich hab z.B. bei Ku’damm überlegt, wo siedele ich das an in den 50er Jahren, ich wollte weg aus dieser Trümmerzeit, klar waren da noch viele Ruinen zu dieser Zeit , aber der Aufbruch war schon deutlich zu sehen und dann war es historisch ungeheuer wichtig, weil der Rock´n Roll eine große Rolle spielt. Wann kam der denn wirklich? Wann hat der noch diese Brisanz und Sprengkraft gehabt, das war 58/59 schon nicht mehr so. also die Eltern fanden es immer furchtbar, aber dass das was ist, als ob man die Pest mit ins Haus bringt. Das war Mitte der 50er so. 56 war eben Bill Haileys Tour in Deutschland und da ist eben sein Film „Rock Around the Clock“ gezeigt worden und da wurden die Sitze rausgerissen in den Kinos , also da wurde randaliert, da stand im Spiegel dauernd, was das für eine schreckliche Rowdy-Jugend ist, die müssten doch alle weggesperrt werden. Also das war 56. 29. Musik Bill Haley Rock Around the Clock Sprecher: Der Ku’damm ist Mitte der 50er Jahre die pulsierende Ader des Westens, eine Art Schaufenster des Wirtschaftswachstums. Riesige Werbetafeln zieren den Ku’damm, und machen den Westberliner Prachtboulevard zum Aushängeschild für Wohlstand. West-Deutschland als Wirtschaftswunderland in Abgrenzung zum abgespaltenen kommunistischen Ost-Berlin. Der Kalte Krieg hat die Welt geteilt. In keiner anderen deutschen Stadt spüren die Menschen die Angst vor einem dritten Weltkrieg so sehr wie in Berlin. Zwischen Prüderie und Emanzipation verläuft die Gefühlsskala: Die Menschen sehnen sich nach den entbehrungsreichen Jahren in den Trümmern wieder nach Vergnügung und Entspannung. Doch darüber legen sich die Schatten der Vergangenheit. Frauen gehören an den Herd. Homosexualität steht genauso unter Strafe wie vorehelicher Geschlechtsverkehr. Annette Hess: O-Ton 104 507 Also erst mal ist es die Jugend meiner Eltern auch und die drei Schwestern die da zu sehen sind, sind im Grunde aus Erzählungen meiner Mutter über Freundinnen, über Bekannte, über Verwandte zusammengebaut. Also jede Einzelne hat ein Schicksal, was ich so auch erzählt bekommen habe von meiner Mutter . // diese Geschichten habe ich schon als Kind gehört// Die Eltern werden alt. Also es hat auch immer viel mit mir persönlich zu tun, was mich so beschäftigt.// Sprecher: Eine Tanzschule zwischen Tradition und Aufbruch mitten in Berlin als Schauplatz, um die 50er Jahre zu beschreiben. 0-Ton 105 Ku damm 56 8:37 Hier sehen wir all die Peinlichkeiten des Parketts die man vermeiden soll. Als erstes sehen wir den Nackenkraller. Man weiß nie, will er die Dame erwürgen oder hat er es auf ihre Halskette abgesehen. Und hier der Rückentaucher. Die Hand verschwindet im Kleid der Dame. Und hier mein Liebling: Der Schlimmste von allen: Der Tieftaster. So ab jetzt meine Herren: Anständig weiter. Sprecher: „Ku’damm 56“ leuchtet auch die unaufgearbeiteten Seiten der 50er Jahre aus, mit all ihren Verstrickungen in die NS-Zeit. Ausgerechnet ein Jurist mit besten Karrierechancen treibt sich nachts unter der Löwenbrücke im Tiergarten herum. Ein Ort, an dem sich damals verbotenerweise die Homosexuellenszene trifft. Insgeheim hofft der junge Staatsanwalt, diese Gefühle zu überwinden, indem er glaubt, durch die Heirat mit einer der Tanzschultöchter wieder auf den vermeintlich „normal“ Weg zurückzufinden. Dafür nimmt er sogar Elektroschocktherapien in Kauf. O-Ton 106 37:30 Ich bin nicht normal. Sie müssen mir helfen.“ O-Ton 107 Annette Hess 6:17 es gab in meiner Familie einen Onkel, der war verheiratet aber auch homosexuell und ich habe den immer erlebt auf Familienfeiern, habe gemerkt, dass der so eine Traurigkeit in sich hat. Dann ist die Frau relativ früh gestorben, die haben sich sehr geliebt und ich habe jetzt noch mal mit meiner Mutter drüber gesprochen, aber es war eben eine freundschaftliche Ehe und beide haben sehr darunter gelitten und sie ist eben 46 gewesen und an Nierenversargen gestorben, also es ist im übertragenen Sinne an die Nieren gegangen und er hat dann sofort den Hof verkauft, ist sofort in die Großstadt gegangen, hat ein ganz anderes Leben geführt, sofort einen Lebenspartner gehabt, der aber auch immer geheim war.// O-Ton 108 Take 38 Neues Kleid Fräulein Andrea, sehr ansprechend. Fräulein Elke, was ist auf Ihrem Kopf passiert. Ist da eine Wasserstoffbombe explodiert. Ist das etwa Nagellack. So etwas möchte ich nie wieder sehen. Nagellack ist etwas für Volljährige. Die Herren fordern die Damen und eins, zwei, bitte... O-Ton 109 20:31 Bei Ku’damm war es mir auch wichtig, dass es komisch ist, dass es eine gewisse Leichtigkeit hat, obwohl die Geschichten natürlich dramatisch sind, weg von dieser Eventschere noch der Nullerjahre. . Sprecher: Übrigens die Geschichte vom Kudamm 56 geht weiter. Annette Hess arbeitet derzeit an einer Fortsetzung. 30. Musik/ Musikakzent Sprecher: Auf die prüden 50er folgen die wilden 60er mit Studentenprotesten, dem skandalösen Schah-Besuch in Berlin. Neben der Nazizeit sind es aber vor allem die Jahre des Kalten Krieges, die die Filmemacher und wohl auch die Zuschauer noch immer interessieren. Gerade ist „The same Sky“ auf der internationalen Fernsehmesse in Cannes vorgestellt worden. Erzählt wird die Geschichte eines so genannten Romeos. Eines ostdeutschen Spitzels, der in Zeiten des Kalten Krieges, im Jahr 1974 nach Berlin kommt, um Informationen des britischen Geheimdienstes zu stehlen. Sein Führungsoffizier setzt ihn auf eine wesentlich ältere Frau an. Seine Eltern sind dennoch stolz, dass der Junge seinem Land dient. Wiederum eine Produktion aus dem UFA Fiktion Reich wie Benjamin Benedikt erzählt. O-Ton 110 Bendedikt 16:15 Wir selber werden ab Herbst mit Oliver Hirschbiegl in der Regie in den 70er Jahren Berlin von beiden Seiten, also Ost West erzählen.//, auch spannend weil es eine englische Autorin, eine wunderbare Starautorin aus England geschrieben hat- Also das ist schon ne internationale Perspektive, die da reingeht, also das sind wir auch beschäftigt. Es gibt noch ein anderes Projekt was sozusagen in der Frühphase des Kalten Kriegs angesiedelt ist bei uns – Berlin „Conspiracy“ und den Berlinbesuch von Kennedy zum Hintergrund hat, was natürlich auch so ne Weltsekunde für Berlin war. Sprecher: Weltsekunden gibt es viele in Berlin und viele historische Momente sind filmisch dokumentiert. Mit dem Fall der Mauer entwickelt sich ein neuer Blick auf die Darstellung der DDR im Fernsehen. Die deutsch-deutsche Teilung bringt eine Reihe von Komödien hervor. Der Film „Sonnenallee“ von Leander Haußmann, nach der Romanvorlage von Thomas Brussig, verlegt den Kalten Krieg in eine Straße an der Ost-Berliner Mauer. In „Good Bye Lenin“, einem Film von Wolfgang Becker, lebt die DDR auf 79 Quadratmetern weiter. So wie jeder Zeitzeuge von anderen Erinnerungen geprägt ist, so sieht auch jeder Zuschauer einen Spielfilm auf seine Art. O-Ton 111 (take 39) Deutschland 83 Take 34 (Musik) Sprecher: Kalter Krieg als Thriller, das Jahr 1983 als Ausgangspunkt, das ist die Idee der Serie „Deutschland 83“. 31. Musik Deutschland 83 (wieder hochziehen) Sprecher: „Unsere deutschen Serien-Helden erobern die USA“ titelt die Bildzeitung, als die Serie „Deutschland 83“ im Juni 2015 in den USA gezeigt wurde. So etwas hat es seit Berlin Alexanderplatz nicht mehr gegeben: eine deutsche Serie läuft zuerst in den USA, und dazu im Original mit Untertiteln! Erst danach strahlt das deutsche Fernsehen aus. Auch die „New York Times“ zeigt sich nach der Ausstrahlung im US-amerikanischen Privatfernsehen begeistert. Zitator: „Hier handelt es sich um fiktionale, aber durchaus realistische Blickwinkel auf die jüngere Geschichte, die aufregender sind als aufgeblasene amerikanische Erfindungen wie die Serien „Scandal“ oder „House of Cards“, die beide im Weißen Haus spielen.“ Sprecher: Der Achtteiler „Deutschland 83“ hat alles, was spannendes Eventfernsehen mit historischem Tiefgang braucht: gesamtdeutscher Hintergrund, Spione aus West und Ost, Kalter Krieg, Wettrüsten. O-Ton 112 (85) 3.05 (Winger) Es geht um einen jungen Mann in der DDR, der in Klein-Machnow aufgewachsen ist in einer DDR-Familie, die sehr parteinah ist, er ist Grenzsoldat und er wird gegen seinen Willen in den Westen geschickt, in die BRD, um dort in der Bundeswehr im Umfeld der Pershing II Stationierung 1983 zu spionieren Sprecher: Jörg Winger ist nicht nur der Produzent der Serie „Deutschland 83“. Gemeinsam mit seiner Frau, der gebürtigen US-Amerikanerin und Autorin Anna Winger, hat er auch das Drehbuch geschrieben. O-Ton 113 Anna Winger 3.44 es ist Living History, die Leute leben noch, man kann mit so vielen Leuten sprechen über ihre Erinnerungen, man kann mit ihnen leben mit Politikern oder auch normalen Leuten, jeder hat starke Erinnerungen an diese Zeit und die persönlichen Stories von Freunden, Familie, Bekannte, Leute in der U-Bahn, man lernt so viel über diese Zeit mit Diskussionen von Leuten hier für mich als Ausländerin war das sehr interessant, ein interessanter Prozess. O-Ton 114 Jörg Winger 4.58 Wir haben viel gesprochen, informelle Gespräche geführt, mit Leuten wie John Kornblum, dem ehemaligen amerikanischen Botschafter, der lange Jahre in Berlin war und sich hervorragend auskannte in dem Metier und wir haben mit Hans-Otto Bräutigam, der damals als ständiger Vertreter der BRD in Ostberlin war. Wir haben gesprochen mit Lukas Beckmann von den Grünen und unzähligen Zeitzeugen, der neben den Alltagsgeschichten, die wir alle mitgebracht haben inklusive des Casts unserer ganz jungen Schauspieler, weil die in der Mehrzahl nach der Wende geboren wurden und so hat sich allmählich diese Serie zusammengesetzt aus den verschiedenen Ideen. Am Ende ist es Fiktion. Wir haben keine Figuren nach dem Vorbild real existierender Personen kreiiert, sondern wir haben eine Reihe von Figuren erfunden, die für die Zeit stehen und unser Ziel war psychologische Wahrheit und nicht historische Wahrheit, aber wir lassen unsere Geschichte vor dem Hintergrund historischer Fakten spielen. Sie beginnt im Sommer 83 und endet mit dem berühmten Nato-November Abel Archer im November. Sprecher: Die Idee, eine Geschichte in den Wirren des Kalten Krieges zu erzählen, die in Berlin ihren Ursprung hat, entstand aus einem persönlichen Erlebnis, das Jörg Winger allerdings nicht in der Hauptstadt, sondern in der Eifel hatte. O-Ton 115 (87) 2.03 (Anna Winger) Ich habe das Idee gehabt, weil mein Mann hat sein Militärdienst gemacht in der Eifel und er hat als Funker gearbeitet und damals die russische Truppen haben ihn gegrüßt an Weihnachten mit seinem Namen, sie haben Frohe Weihnachten Jörg direkt gesagt, deswegen wusste er, dass es einen Maulwurf in der Kaserne gab, aber er wusste nie, wer es war. Ich fand das interessant und meine Idee war, dass wir die Geschichte erzählen aus der Perspektive des Maulwurfs. Das war der Ursprung von Deutschland 83 O-Ton 116 (89a,) take 41 Ich bringe Dir bei, wie man Mikrokameras bedient, um Dokumente zu fotografieren. Wie man Text auf dem Kopf liest und Sicherheitsschlösser knackt. Wir üben die verdeckte Übergabe, bist Du davon träumt. Stell keine Fragen. Von jetzt an isst du Brötchen und nicht Schrippen zum Frühstück. Sprecher: Vom Röhrenfernseher, in dem Helmut Kohl und Ronald Reagan historische Ansprachen halten, über angesagte 80er Jahre-Pophits, die illegal in der DDR gehört werden, bis hin zur Schlaghose oder auch exklusiveren DDR-Modetrends: Sowohl der Osten als auch der Westen Deutschlands werden mit großer Liebe zum Detail dargestellt. Die Schaltzentrale der Stasi in Ostberlin rückt genauso in den Fokus, wie das in der 80ern noch im Vergleich zu heute wenig glamouröse Berlin oder das beschauliche Bonn, das noch Hauptstadt ist. O-Ton 117 Filmszene Take 41 00. 00.40 Dein Name ist Moritz Stamm. Intern führen wir Dich unter dem Deckname Kolibri. Sprecher: Anna und Jörg Winger sind selber ein bisschen erstaunt über das große Lob, das sie für ihre Serie „Deutschland’83“ ernten. Einen Grund für ihren Erfolg sehen sie darin, dass sich das Deutschlandbild in den letzten Jahren im Ausland gewandelt hat und Berlin für immer mehr junge Kreative eine Alternative zu London, Paris, New York ist. O-Ton 118 (93) 22.30 Anna Winger also wir uns kennengelernt haben, zusammen gekommen sind, Jörg und ich. Es war so extrem mit einem Deutschen zusammen zu sein in meinem Freundeskreis. Und jetzt irgendwie alle gucken Fußball und essen Bratwurst, etwas hat sich verändert, JW: Deutschland ist sehr en vogue in den USA, das hat uns sehr geholfen. Es hilft sicher auch, dass wir so etwas haben wie Ereignisse, die heute an den Kalten Krieg erinnern, als wir die sechste Folge geschrieben haben, in der es um den Abschuss der koreanischen Passagiermaschine ging, oo7, die von Russen 1983 abgeschossen wurde, ist gerade an diesem Moment die Maschine aus den Niederlanden abgeschossen worden über der Ukraine, es gibt so viele Parallelen, die heute an den Kalten Krieg erinnern, die dazu beitragen, dass die Serie nicht nur in den USA, sondern weltweit verkauft wird. O-Ton 119 (94) Filmmusik take 41/take 42 Soundtrack 99 Luftballons... Sprecher: Das Jahr 1983 ist nicht zufällig gewählt: In Berlin regiert Richard von Weizäcker und versucht die immer größere werdende Bedrohung durch den Kalten Krieg in den Griff zu kriegen. Denn 1983 gibt Ronald Reagan so viel Geld wie nie für nukleare Rüstung aus. Der Kalte Krieg erreicht seinen vorläufigen Höhepunkt. O-Ton 120 97 Filmszene (englisch) Rede von Reagan über das Evil Empire O-Ton 121 98 Jörg Winter 10.10 es ist ein spannendes Jahr, weil es extreme Gegenbewegungen gab, es gab die ersten Zeichen für eine eventuelle Wiedervereinigung durch eine gesamtdeutsche Friedensbewegung, der kommende Bankrott der DDR zeichnete sich ab, es gab die neue Deutsche Welle, die auf beiden Seiten gehört wurde und es gab auf der anderen Seite globalpolitisch eine militärische Eskalation durch die aggressive Außenpolitik von Reagan. auch durch die Rhetorik, die erste Szene mit der Rede von Reagan zum Evil Empire, die ist sehr eindrücklich, wenn man das mit der historischen Distanz hört und auf der anderen Seite gab es den alten Andropov in der Sowjetunion, das war eine unglückliche Kombination. O-Ton 122 99 Filmszene Take 38 (Tagesschau mit Meldung über Aufrüstung) Sprecher: „Deutschland 83“ nimmt Weltpolitik in den Blick, ohne West- bzw. Ostdeutschland zu verlassen. O-Ton 123 100 Winger 5.58 //////// Am Ende ist es Fiktion. Wir haben keine Figuren nach dem Vorbild real existierender Personen kreiert, sondern wir haben eine Reihe von Figuren erfunden, die für die Zeit stehen und unser Ziel war psychologische Wahrheit und nicht historische Wahrheit, aber wir lassen unsere Geschichte vor dem Hintergrund historischer Fakten spielen. Sie beginnt im Sommer 83 und endet mit dem berühmten Nato-Manöver Abel Archer. 32. Musik : Udo Lindenberg - Sonderzug nach Pankow Sprecher: Es fällt auf, dass vor allem die späte DDR vor dem Mauerfall im Film auftaucht. Der Systemwechsel und die Auseinandersetzung mit der Zeit nach dem Mauerfall werden – bisher - eher selten in Filmen thematisiert. „Good Bye, Lenin“ von Regisseur Wolfgang Becker läuft 2003 im Kino. Der Film erzählt eine Mutter-Sohn-Geschichte in Berlin kurz nach dem Mauerfall. O-Ton 124 (Filmszene Trailer) Mein Name ist Alexander Kerner, ich bin Bürger der demokratischen Republik und ich habe ein Problem. Eigentlich ist es kein Problem. Meine Mutter hat von alldem nichts mitgekriegt. Sie legt seit Monaten im Koma. Nur jetzt ist sie aufgewacht. Was soll ich denn jetzt machen? Sprecher: Good Bye Lenin spielt zwischen dem 7. Oktober 1989 und dem 3. Oktober 1990. Alexander Kerner, dargestellt von Daniel Brühl, versucht mit aller Kraft, die DDR weiterleben zu lassen. Seine Mutter ist eine sozialistische Musterbürgerin. Als sie zufällig ihren Sohn bei einer Demonstration gegen den Staat sieht, bricht sie zusammen. Fast ein Jahr später wacht sie auf und die DDR ist Vergangenheit. Davon darf Mutter Kerner, gespielt von Kathrin Sass, nichts erfahren. Die Ärzte haben ihr aus gesundheitlichen Gründen jegliche Aufregung verboten. Alexander und seine Schwester tun alles, um die DDR in der 79 Quadratmeter Wohnung weiterleben zu lassen. Die alten Möbel werden wieder aus dem Keller geholt, DDR Lebensmittel kommen auf den Tisch und der neue, westdeutsche Freund der Schwester kriegt eine lupenreine ostdeutsche Pioniervergangenheit. Die Mutter hütet das Bett und soll vom Untergang der DDR keine Notiz nehmen. Alle Nachbarn und Freunde spielen mit und halten für die Kranke das Fortbestehen des sozialistischen Staates aufrecht. O-Ton 125 (Filmszene Trailer) Gesang.. Es hat sich ja gar nichts verändert. Was soll sich denn verändert haben. Ich habe so einen Hunger auf Spreewaldgurken. Spreewaldgurken? Mensch Junge, wo lebst Du denn, wir haben jetzt hier D-Mark. Sprecher: Alexander Kerner erschafft einen Staat, der so niemals existiert hat. In seiner Fantasie-DDR ist der Sozialismus das perfekte System. Der Sohn dreht den Spieß um: Nicht der Osten kollabiert, sondern der Westen. Um die Täuschung so echt wie möglich zu machen, inszeniert er die DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ und lässt einen falschen Nachrichtensprecher verkünden, dass kapitalismusmüde Westdeutsche über die Botschaft in Ungarn in den Osten fliehen. O-Ton 126 Filmmusik Good Bye Lenin Sprecher: Das Drehbuch für den Film „Good Bye, Lenin!“ legte der Kölner Bernd Lichtenberg schon drei Jahre nach dem Mauerfall vor. Doch zunächst konnte sich kein Geldgeber für die Geschichte finden. Erst 1999 interessierte sich der Regisseur Wolfgang Becker für eine filmische Adaption. Die Dreharbeiten in Berlin gestalteten sich schwieriger als angenommen und dauerten drei Jahre. Unter anderem gab es Probleme, eine der Schlüsselszenen zu drehen. Die Demontage der Lenin-Statue, auf die sich der Filmtitel „Good Bye, Lenin!“ bezieht, scheiterte. Zwei Mal sperrten die Filmemacher die Karl-Marx-Allee, in deren Nähe Familie Kerner wohnt. Doch es gelingt ihnen nicht, die Szene umzusetzen. Die Sequenz, in der die Lenin-Statue am Haken eines Hubschraubers an Frau Kerner vorbeischwebt, wird schließlich digital produziert. O-Ton 127 Trailer Honecker: Müssen wir denn allen Dreck, der aus dem Westen kommt, kopieren? Sprecher: Die westdeutsche Kritik feiert „Good Bye, Lenin!“ als Komödie, in Ostdeutschland wird der Film – auch - als Tragödie wahrgenommen. Die Zuschauer sind berührt vor allem vom respektvollen Umgang mit ihrer Vergangenheit. Drehbuchautor Lichtenberg und Regisseur Becker werfen einen unvoreingenommenen Blick auf die DDR. Auch nachfolgende Generationen erfahren mit „Good Bye, Lenin!“, wie Berlin im Umbruch ausgesehen hat. Verlassene Wohnungen von Republikflüchtlingen dienen als Liebesnest für Alexander Kerner und seine Freundin. Plattenbauten mit Satellitenschüsseln und Automärkte voller Westmarken dienen als Kulissen von Ost-Berlin. Geschichte wird gemacht, lautet das Credo von „Good Bye, Lenin!“. Alexander Kerner schreibt nicht nur die DDR-Geschichte für seine Mutter neu, sondern auch für sich selbst. O-Ton 128 Filmszene „Nicht jeder möchte bei der Karrieresucht mitmachen. Nicht jeder ist für die Ellenbogenmentalität geschaffen. Diese Menschen wollen ein anderes Leben. Sie merken, dass Autos und Fernseher nicht alles sind. Sie sind bereit, mit nichts anderem als Tatkraft und Hoffnung ein anderes Leben zu verwirklichen. (Hymne dranlassen..). 33. Musik Das war die Lange Nacht: Von falschen Freunden, echten Feinden und wahren Ereignissen - Geschichte im Film, Von Sabine Oelze und Susanne Luerweg Sprecher: Tom Jacobs, Martin Schaller und Christoph Wittelsbürger Ton und Technik: Ernst Hartmann und Christoph Schumacher Regie: Jan Tengeler Redaktion: Monika Künzel Musik Musikliste 1. Stunde Titel: Katharina Länge: 01:56 Interpret: Kammerensemble Athen Komponist: Nikos Mamangakis Label: BELLA MUSICA Best.-Nr: BM15.6001 Plattentitel: Die Heimat Trilogie - Die original Soundtracks (CD 1: Heimat/CD 2: Die zweite Heimat/CD 3: Heimat 3) Titel: Epilog Länge: 02:02 Interpret: Kammerensemble Athen Komponist: Nikos Mamangakis Label: BELLA MUSICA Best.-Nr: BM15.6001 Plattentitel: s.o. Titel: Maria, Variation 1 Länge: 01:15 Interpret: Kammerensemble Athen Komponist: Nikos Mamangakis Label: BELLA MUSICA Best.-Nr: BM15.6001 Plattentitel: s.o. Titel: Film im Film (Titelfolge) Länge: 01:07 Interpret: Laverne Childs Label: BELLA MUSICA Best.-Nr: BM15.6001 Plattentitel: s.o. Titel: Aus der Heimat Länge: 01:44 Interpret: Salome Kammer Komponist: Robert Schumann Label: BELLA MUSICA Best.-Nr: BM15.6001 Plattentitel: s.o. Titel: Gral Länge: 02:37 Interpret und Komponist: Ernst-Ludwig Petrowsky Label: Colosseum Best.-Nr: CST8206.2 Plattentitel: Das Leben der Anderen - Original motion picture soundtrack Titel: E.W. als Gruß Länge: 02:33 Interpret und Komponist: Ernst-Ludwig Petrowsky Label: Colosseum Best.-Nr: CST8206.2 Plattentitel: Das Leben der Anderen - Original motion picture soundtrack Titel: Die unsichtbare Front Länge: 02:43 Interpret: Philharmonisches Orchester Prag Komponist: Gabriel Yared, Stéphane Moucha Label: Colosseum Best.-Nr: CST8206.2 Plattentitel: Das Leben der Anderen - Original motion picture soundtrack 2. Stunde Titel: tendency Länge: 01:00 Interpret: Jan Jelinek Komponist: Jelinek Label: Scape-Music Best.-Nr: 27107-2 Plattentitel: Loop finding jazz records Titel: In dem Cafe hoch über der Stadt Länge: 02:00 Interpret: Katrin Sass Komponist: Sass Label: CONTENT Best.-Nr: 3392604 Plattentitel: Königskinder Titel: Ich habe noch einen Koffer in Berlin Länge: 02:50 Interpret: Johannes Haage Trio Komponist: Siegel Label: meta records Best.-Nr: oA Plattentitel: Johannes Haage plays Marlene Dietrich Titel: Die Mörder sind unter uns Länge: 02:38 Interpret: Deutsches Filmorchester Babelsberg Komponist: Ernst Roters Label: EDITION BERLINER MUSENKINDER Best.-Nr: 06323 Plattentitel: Rauschende Melodien - Musik aus DEFA-Filmklassikern Titel: Ruins of Berlin Länge: 02:06 Interpret: Marlene Dietrich Komponist: Friedrich Hollaender Label: Bear Family Records Best.-Nr: BCD16009/5-6 Plattentitel: Wenn ich mir was wünschen dürfte (CD 5: USA Hits & Filmsongs, Folge 2, The 5000 Fingers of Dr. T. (Soundtrack) / CD 6: Das Spukschloß im Spessart (Soundtrack), Hoppla auf's Sofa) Titel: Ausgerechnet Bananen Länge: 02:20 Interpret: Tanzorchester Efim Schachmeister Komponist: Frank Silver, Irving Cohn Label: Bear Family Records Best.-Nr: BCD16592 Plattentitel: Sinfonie der Sterne, Folge 1: Die zwanziger Jahre Titel: Freund Meck Länge: 04:03 Interpret: Streichergruppe der Münchner Philharmoniker Komponist: Peer Raben, David Ambach Label: ALHAMBRA Best.-Nr: 8938 Plattentitel: Fassbinder, Vol. 1-3 3. Stunde Titel: aus: Berlin Alexanderplatz. Film Länge: 01:20 Interpret: Streichergruppe der Münchner Philharmoniker Komponist: Peer Raben, David Ambach Label: RCA Records Label Best.-Nr: PL328393 Plattentitel: [Obertitel wird nachgetragen] Titel: Rose Rauch singt in Tonfilmen Länge: 00:48 Interpret: Rose Rauch Komponist: Siehe Einzeltitel Label: KOCH MUSIC Best.-Nr: 324748 Plattentitel: Tonfilm-Chansons (1932-1952) Titel: Ich hab' noch einen Koffer in Berlin Länge: 01:05 Interpret: Marlene Dietrich Komponist: Ralph Maria Siegel Label: Electrola Best.-Nr: 525103-2 Plattentitel: Marlene - Die Originalmusik aus dem Film Titel: Rock around the clock Länge: 01:11 Interpret: Bill Haley Komponist: Jimmy DeKnight, Max C. Freedman Label: MEMO MUSIC Best.-Nr: RC9621 Plattentitel: See you later alligator Titel: Berlin Länge: 01:09 Interpret: Ideal Komponist: Annette Humpe Label: SPV Recordings Best.-Nr: 085-88502 Plattentitel: Rock around Berlin Titel: Sonderzug nach Pankow Länge: 00:57 Interpret: Udo Lindenberg Komponist: Harry Warren Label: Polydor Best.-Nr: 543401-2 Plattentitel: 30 Jahre Lindenberg Titel: Dishes Länge: 00:47 Interpret und Komponist: Yann Tiersen Label: Virgin Best.-Nr: 582020-2 Plattentitel: Good bye Lenin! Der Soundtrack zum Film Titel: Ich habe noch einen Koffer in Berlin Länge: 02:50 Interpret: Johannes Haage Trio Komponist: Siegel Label: meta records Plattentitel: Johannes Haage plays Marlene Dietrich