COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur, Länderreport, 31.3.2010, 13.07 Uhr Landgang. Bremen. Moderator: Claus Stephan Rehfeld Autor Christina Selzer (Beitrag 1 – 2’34“ / Beitrag 3 – 2’38“) Ottmar Willi Weber (Beitrag 2 – 2’53“) Klaus Jochims (Beitrag 4 – 2’45“) Julia Meichsner (Beitrag 5 – 2’54“) Red. Claus Stephan Rehfeld Sendung 31.03.2010 - 13.07 Uhr Länge 18.59 Minuten LIZENZ MUSIK Haindling LC 00116 Vivaldi & vier Jahreszeiten BMG 8276 61219 2 daraus: Haindlings Frühlingsthema 2’48“ Moderation (in vorproduzierter Sendung) -folgt Script Sendung- Script Sendung M 01 Haindling REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen Moderator Herzlich willkommen zum Landgang. Der schreitet heute Bremen ab. Als Reiseleiter vom Dienst begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator ausspielen Wäre da Werder nicht, wer würde außerhalb der Stadtmauern noch an Bremen denken? Früher sprach man von der ruhmreichen alten Hansestadt, heute hört man nur Pizarro oder wie das heißt, Abdennour, Özil und so. Ein Herr Ayik hat jetzt einen Profivertrag erhalten. Ist das der neue Bürgermeister? „’nen Eimer Wasser, / ’nen Eimer Sand / und fertig ist das Fischkopp-Land.“. E 01 (Mann schimpft) „Erzähl doch nicht so ein Scheiß! Du hast doch gar keine Ahnung! Du bist ja gar kein richtiger Bremer. Ich bin Bremer. Ich bin richtiger Bremer. In dritter Generation, ne!“ Damit haben die Beiträge heute irgendwie alle zu tun. Nun ja. M 02 Haindling Wann der Bremer in die Luft geht Moderator „Greife lieber zur HB“ – der Spruch ist deutsches Kulturgut geworden, weil das Strichmännchen so wunderschön in die Luft gehen konnte. Wann denn nun der HB, also der HanseBremer, sich ärgert und wie? Die Frage bewegte nicht nur uns, sondern auch unsere Berichterstatterin, die uns zwischenzeitlich mitteilen musste, dass es mit Humor und Ärgern bei denen da an der Weser doch irgendwie … na sagen wir mal mühselig sei. Beitrag 1: Ärgern / Selzer – 2’24“ AUT Wann der Bremer in die Luft geht? E 01 (Böhling) „Er geht immer dann in die Luft, wenn er eine Heißluftballonfahrt gewinnt. Oder wenn Flugtag auf dem Bremer Flughafen ist und er mal umsonst obenrüberdüdeln kann, denn sonst hält er das Geld bisschen fest.“ AUT Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit und hoffentlich auch nicht ganz ernst gemeint, sonst wäre dieser Beitrag jetzt schon zu Ende. E 02 (Böhling) „Es geht ja schon bei der Begrüßung los. Wenn Du irgendwo rein kommst und sagst „Guten Tag, ich muss mit Ihnen reden!“, dann hast Du schon ein Dampfpotential. Wenn Du aber sagst “Moin“, dann bist Du ja schon fast weg genuschelt.“ AUT Der Mann der das behauptet, heißt Dirk Böhling, ist Schauspieler, Regisseur, Moderator, schreibt Bücher, auch über Bremen – und ist somit Bremen-Kenner. E 03 (Böhling) „Ich glaube, dass man in anderen Bundesländern mit anderen Mentalitäten schimpft: „Die sind doch bescheuert, was machen die denn da!“ In Bremen ist schon ein wirklicher Aufregersatz: „Das tat nu aber nicht not, wirklich nicht.“ AUT Bremer können also nicht schimpfen. Soso... E 04 (Mann schimpft) „Erzähl doch nicht so ein Scheiß! Du hast doch gar keine Ahnung! Du bist ja gar kein richtiger Bremer. Ich bin Bremer. Ich bin richtiger Bremer. In dritter Generation, ne!“ AUT Geht doch! Jetzt kommen noch mehr Sachen ans Licht, die hier für richtig Ärger sorgen. Es gibt nämlich Leute, die ihr Geld zwar in Bremen verdienen, aber im Umland wohnen und somit das schöne viele Geld den Finanzämtern in Niedersachsen in den Rachen werfen. E 05 (Mann schimpft in Bremer Slang) „Dass die blöden Niedersachsen immer sagen, Bremen ist doch viel zu teuer. Die geben so viel Geld aus, die sollen mal mit dazu kommen. Aber was sollen wir denn da. Die haben ja auch kein Geld. Bringt doch überhaupt nix.“ AUT Dieser Mann mit dem hochroten Kopf, der da so schön in die Luft geht, heißt Peter Mertsch, ist aber ein ganz seltenes Exemplar. Das will uns jedenfalls unser Bremen-Kenner Dirk Böhling weismachen. Und dabei total bremisch. E 06 (Böhling) „Wenn der Bremer sich aufregt, regt er sich ganz schnell wieder ab. Man muss sich das wie eine Silvesterrakete vorstellen. Die geht hoch, dann sagst Du: Oh, dann macht’s Bumm und dann fällt sie runter und dann ist wieder gut.“ AUT Vielleicht sollte noch etwas erwähnt werden, was auch den geduldigsten Bremer sofort auf die Palme bringt: Die kleine feine Seestadt Bremerhaven, die zwar zum Bundesland gehört, aber irgendwie nicht so recht für Begeisterung sorgt. Kostet nur Geld und ist immer am Jammern. E 07 (Mann schimpft in Bremer Slang) „Ach Bremerhaven! Tut einem einfach nur leid. Da will ich auch nicht wohnen. Willst Du da wohnen? Nee, Bremerhaven ist doch ganz furchtbar! Das würd ich verkaufen! Bremerhaven würde ich an Niedersachsen verkaufen! Dann hätte man Geld, da könnte man super was mit machen.“ AUT So ist das nämlich in der schönen Hansestadt. Alles so schön unaufgeregt. E 08 (Böhling) „Das habe ich kommen sehen, so, das ist Bremen.“ -ENDE Beitrag 1 / Schimpfen- M 02 Haindling Ach, die Hamburger Moderator Jeder von uns ist sein eigener Widerspruch, so ist er, der Mensch. Und als solcher definiert sich über seinen Gegenüber. Also ist Bremen eine sehr menschliche Stadt, denn nicht wenig an Selbstbewusstsein schöpft dort sich aus dem ewigen Vergleich zu Hamburg. Der Hamburger hält die Straße nach Bremen noch für das Schönste an der Stadt, so wurde uns gesagt. Und der Bremer, so erfahren wir gleich, schaut gerne mal nach Hamburg, um sich etwas Bestätigung zu verschaffen. Beitrag 2 – Ach, die Hamburger / Weber – 2’53“ AUT Sagen wir es einfach gerade heraus: Hamburg ist eine tolle Stadt! ... außer beim Wetter. Und auch sonst so. Sie liebt es, ihre Klunker auch öffentlich vorzuzeigen ... würden Bremer nie und nimmer nicht machen und sich auch nicht leisten. Beispiel: Die Elbphilharmonie - ein protziges Millionengrab. M 01 Trauermarsch/A Midsummer Night’s Dream/Mendelssohn Bartholdy/Wiener Philharmoniker REGIE Musik kurz frei & unter Autor langsam weg AUT 2.150 Sitzplätze. Aber wer wird den Supersaal füllen? Spitzenorchester wie die Deutsche Kammerphilharmonie ... aus Bremen. M 01 Robert Schumann/5 Stücke im Volkston/Deutsche Kammerphilharmonie Bremen REGIE Musik kurz frei & unter Autor weg AUT Dolles Event in Hamburg: Dutzende Bremer geben auf der Bühne den Ton an. Keine HH-moll-Messe, sondern Schumann, im Volkston... mit Humor... AUT Ach, wo wir schon bei Elbphilharmonie und damit beim Elend... bei der Elbe sind ... Ein wahrlich stolzer Fluß, der aber wenig Kompromisse macht. Wie anders doch die Weser, die, zum Beispiel auf Wunsch der Fußballfans, mal eben das Weserstadion umfließt und nicht auf geradeaus beharrt. E 01 „Wo die Weser einen großen Bogen macht ...“ REGIE Musik kurz frei & unter Autor weg AUT Für Bremen macht nicht nur die Weser einen Bogen, sondern auch der Ball. Und warum? Das originellste Fußball-Museumsstück überhaupt, das findet sich in Bremen, im Werder-Wuseum. Eine Papierkugel, die im Fußballjahr 2009 Geschichte schrieb, denn die von einem Hamburger Fan auf den Platz geworfene Kugel sorgte beim UEFA-Cup-Halbfinale HSV gegen Werder für den entscheidenden Richtungswechsel des Balles. Es gab Eckball für Werder und im Anschluß fiel das alles entscheidende Tor. Hamburger sind halt nur auf dem Papier die Besseren, nicht mit dem Papier... Ja, ja, und auch in Sachen Beatmusik sieht sich Hamburg gerne vorn und vergißt, dass die Beatles nach kurzem Gastspiel sich wieder nach Liverpool verzogen und der Beat sich nach Bremen orientierte: E 02 Beat-Club-Melody/ „A Touch of Velvet – A Sting of Brass“ AUT Der Beat-Club. Uschi Nerke trug die kürzesten Röcke und auch Hamburger Jungs schwärmten und: lachten sich schlapp über die Bremer-Humorproduktionen am laufenden Band. Loriot, Rudi Carrell, Hape Kerkeling ... wenn es dann wieder ernst wird, dann gings nach Hamburg ... E 03 Intro Tagesschau... AUT Da bleibt den Bremern nur in den Hamburger zu beißen und mit einem Be … also Bier nachzuspülen. Und das in der Gewißheit, daß Hamburg zwar das Tor zur Welt ist, aber Bremen hat den Schlüssel dazu hat. -ENDE Beitrag 2/Weber- M 02 Haindling Nach Hans im Glück kam Omaknutscher Moderator Der Bremer Stadtteil Orlebshausen wird „Endzone“ genannt, wegen des Knasts dort. Bremerhaven ist „Fischtown“. Der Bremer Stadtteil „Neue Vahr“ wurde im Volksmund zu „Boljahnograd“, die Stadthalle zu „Boljahneum“, ihr Erbauer Boljahn ward „König Richard“ genannt und ganz Bremen war „boljahnisiert“. Der früherer CDU-Wirtschaftssenator Hattig war der Herr Zackzack und ein Moderator stieg auf zum „Alten Fritz“ von Radio Bremen. Und „König Otto“ Rehhagel nannte Verteidiger Eilts den Ostfriesen-Alemao, der sich später zum „Eisen-Dieter“ wandelte, was den wiederum in etwa so interessierte „wie eine geplatzte Currywurst im Wattenmeer“. Beitrag 3 : Spitznamen / Selzer – 2’38“ AUT In Bremen gibt es für wenige Dinge Spitznamen. Es beginnt mit dem ehrwürdigen Staats-Utensil, das am Rathaus weht. Die Flagge der Hansestadt ist, wie eine Scheibe Speck, rot-weiß gestreift, also nennt sie der Bremer Speckflagge. Wegen rot-weiß eben, naja. Die Die Bremer sind nicht gerade Meister im Spitznamengeben, was zum Kern des heutigen Themas führt. Wer unter den Journalisten der Hansestadt nach Spitznamen fragt, bekommt solche Antworten. E 01 „Spitznamen in Bremen? Die man sich in Bremen gibt?“ /// „Von einem Bremer Politiker einen Spitznamen?“ /// „Die haben keine Spitznamen.“ /// „Nee, überhaupt keine, nee, ich überleg gerade.“ /// „Nee, fällt mir im Moment überhaupt niemand ein.“ AUT Denn Spitznamen in Bremen – das ist nur was für ganz Eingeweihte. Obwohl: Der berühmteste Bremer war ja Bürgermeister Henning Scherf und der hat es sogar zu zwei Spitznamen gebracht. E 02 „Henning Scherf war immer der Lange.“ AUT Die einen nannten ihn „Der Lange“, was natürlich an seiner Körpergröße lag. Mit 2.04 Meter ist er eben eine herausragende Persönlichkeit. Sein zweiter Spitzname: E 03 „Der Omaknutscher!“ ( lacht) AUT Omaknutscher. Das ist doch schon mal etwas. Diese Bezeichnung spielt auf eine häufig gesehene Tätigkeit des ehemaligen Bremer Landesvaters an. Er liebte es, vor allem seine weiblichen Untertanen zu umarmen. Das verstand er unter Bürgernähe, das war sein Verständnis von Politik. Ein ebenso berühmter Bremer Politiker war Hans Koschnik und der war als „Hans im Glück“ bekannt. Beliebt war er bei den Bremern, und für die SPD fuhr er Wahlergebnisse ein, wie es sie seitdem nie wieder gab. Der „große Manitou“ - so wurde er außerdem genannt. Das waren die glanzvollen Zeiten der Bremer Spitznamenkultur. Heute sieht es trostlos aus, zum Beispiel für Finanzsenatorin Karoline Linnert E 04 „Naja, Karoline Linnert heißt Karo.“ AUT So wie Karo-Kaffee. Klingt ein bisschen fad. Aber wahrscheinlich ist ein selbst verliehener langweiliger Name besser, als ein vom politischen Gegner lancierter fieser Spitzname. Da klingt „Karl-Marx von der Weser“ schon fast respektvoll. So wird von manchen Peter Erlanson genannt, der Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft. Erlanson trägt einen dicht wuchernden Bart und graue Lockenpracht – so signalisiert er auch optisch, wes Geistes Kind er ist. Weil die Bremer aber dezent sind, müssen wir den Hörern leider ein wichtiges Detail der Spitznamenkunde vorenthalten: E 05 „Ein Bremer Spitzname? Nee, tut mir leid, auch nicht, was hier tauglich wäre.“ /// „Ich wüsste einen, aber den kann ich nicht sagen.“ -ENDE Beitrag 3 / Selzer- M 02 Haindling Immer der Nase nach Moderator In Bremen geht man der Nase nach. Vor noch nicht langer Zeit brachte dies wenig, denn die Stadt hatte kein Sterne-Lokal innerhalb der Stadtmauern. Dies hat sich geändert, was uns hier nicht beschäftigen soll, denn wir gehen ja der Nase nach, weil des Hiesigen eigentliche Leidenschaft ist die Bratwurst. Wir machen uns darauf unseren eigenen Reim, wiewohl der Bremer noch keine Lobeshymne auf die Bratwurst und seine Neigung verfasst hat. Also bedient er sich eines Thüringers Lobsängers, gesangstechnisch. Beitrag 4 : Imbissstand / Jochims – 2’45“ M 01 (Udo Hemmann) „Ohne Bratwurst wär‘ ich längst schon Vegetarier, doch diesem Duft dem kann ich einfach nicht widerstehen …“ AUT Vielleicht nicht ganz so wie in Thüringen, aber die Bremer lieben ihre Bratwurst. Und am Bahnhof, da ist schon seit urdenklichen Zeiten eine Bratwurstbude, und dazu haben die Bremer ein ganz besonderes Verhältnis. Ihr Kommentar im Internet : „Immer, wenn ich am Bahnhof bin, esse ich eine. Das hat Oma mit uns Kindern schon gemacht, und meine Eltern praktizieren es so und ich mit meinem Sohn auch immer.“ G 01 Biß in Bratwurst AUT Dabei hat es um die Bude am Bahnhof einen richtigen Kampf gegeben. Vor gut zehn Jahren sollte der Vorplatz schöner und sauberer werden. Busse und Bahnen sollten neue Fahrwege kriegen und natürlich mussten alle Buden weg. Da aber ging ein Sturm der Entrüstung durch die Medien. Unsere Bratwurstbude darf nicht weg, hiess es, und der Besitzer kam dann auf die glorreiche Idee, die Bude unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Denn, das wußte zwar längst keiner mehr, aber die Bratwurstbude war 1931 vom Bremer Architekten Gildemeister gebaut worden. Der war eigentlich durch seine Kirchenbauten berühmt geworden, hatte aber eben auch diese Bratwurstbude für Kiefert entworfen. G 01 Biß in Bratwurst AUT Also heftiger Streit, und das Ganze endet mit einem Kompromiss. Kein Denkmalschutz, die Bratwürste kommen in einen neuen Verkaufsstand, in dem auch die anderen Läden untergebracht werden, und der Gildemeisterpavillon soll dann irgendwo anders in der Stadt wieder aufgebaut werden und wird deshalb erst einmal bei der Stadt eingelagert. Und da lagert der fast denkmalgeschützte Pavillon noch heute. Und keiner weiß, ob der nach zehn Jahren Lagerung überhaupt noch wieder aufgestellt werden kann. M 01 (Udo Hemmann) „Ohne Bratwurst wär‘ ich längst schon Vegetarier, doch diesem Duft dem kann ich einfach nicht widerstehen …“ AUT Erfolgreicher duftet die Kiefertbratwurst dafür in der Liebfrauenkirche. Also die Bratwurstbude ist nicht direkt in der Kirche, sondern da ist im 17. Jahrhundert ein kleines Häuschen direkt an die Kirche dran gebaut worden, wie das damals so üblich war. Und da die Kirche sonst ganz allein neben dem Rathaus steht, sieht es tatsächlich so aus, als ob die Bratwurstbude in der Kirche wäre. Übrigens ein optimaler Platz, direkt neben dem Blumenmarkt. Den hatte sich Kiefert nach dem Krieg ganz geschickt gesichert. Der hat der Kirche eine grosszügige Spende gemacht, damit sie schöne neue Fenster kriegen konnte und dafür durfte er im Organistenhaus seine Bratwürste verkaufen. G 01 Biß in Bratwurst AUT Und da muss ich jetzt doch mal was zu den Bratwürsten sagen. Also gerade die Kiefertwurst ist hier wunderbar auf dem Rost gebraten, so dass das überflüssige Fett gut abtropfen kann, eine eher grobe gut gewürzte Wurst, die gerade auch im Sommer ein kleines Bremer Bier hinterher sehr gut vertragen kann. Für Feinschmecker die volle Punktzahl. -ENDE Beitrag 4 / Jochims- M 02 Haindling Klinken putzen – ein Brauch Moderator Männlich, 25 Jahre alt und unverheiratet – das hat an der Weser Folgen. Jedenfalls was den Ruf besagter Person oder Personin betrifft. Regelrecht in Arbeit kann es ausarten, gehört der- oder diejenige 5 Jahre später immer noch dem Stand der Ledigen an. Manches ist dann zu erleiden. „Alte Socke“ oder „Alte Flasche“ sind da noch ehrenhafte Titel für den Ungepaarten, „alte Schachtel“ für die Ungepaarte. Beitrag 5 – Alte Socke / Meichsner – 2’54 G 01 Atmo: Telefongeklinge AUT Die große Strafe beginnt in Bremen mit einem harmlosen Anruf. Denn Ordnung muss sein. E 01 „St. Petri Domgemeinde, Mönnich. Guten Tag!Ja, Domtreffen fegen, da sind Sie hier richtig. Das muss ich dann hier bei uns eintragen. Welcher Termin sollte das denn sein? AUT Domtreppen fegen. Das muss angemeldet werden, denn der Andrang ist groß in Bremen und die verschiedenen Festgesellschaften sollen sich schließlich nicht im Wege stehen. Denn bei dem so harmlos klingenden Fegen handelt es sich um eine ausgeklügelten Prozedur: G 02 Atmo: geschüttete Kronkorken AUT Tausende Kronkorken ergießen sich auf die breite Treppe des Doms, mitten in der Bremer Innenstadt. Marcel steht inmitten der glitzernden Masse, einen Besen in der Hand, auf der Nase eine übergroße Brille, deren strassverziertes Gestell die Zahl 30 um die Augen formt. E 02 „Ich muss die Domtreppen frei fegen. Alter bremischer Brauch. Normalerweise macht man das mit einem heilen Besen, aber wie sie sehen, durfte ich jetzt mit einem nicht mehr ganz so funktionstüchtigen Gerät anfangen.“ AUT Der Besen ist fast borstenlos. Unten am Fuss der Treppe rund zwei Dutzend Freunde. Mit Bier, Schnaps, Sekt und mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Warum, weiß in Bremen jedes Kind. E 03 „Er ist dreißig Jahre alt und noch nicht verheiratet. Er muss von einem Mädchen geküsst werden.“ AUT Und wäre der ledige Marcel eine ledige Frau, so müsste sie an ihrem 30-Geburtstag die Klinke der mächtigen Domtür putzen. Klare Regeln also, doch woher sie kommen, dass wissen nur Kenner. Bremen-Experte Wilhelm Tacke ist so einer: E 04 (Tacke) „Und zwar war es so, im Mittelalter glaubte man, die sich in der Lebenszeit nicht fortgepflanzt haben, dass die nach ihrem Tod im Jenseits unmögliche und überflüssige Arbeiten ausführen müssen.“ AUT Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Glaube variiert, die Zeit der Strafe wurde ins Diesseits verlegt. E 05 „Das ist natürlich die Zeit, wo es noch keine Singles gab und wo man einfach davon ausging, dass der Sinn des Menschen ist, eine Familie zu gründen und Kinder zu zeugen. Und wer das nicht brachte, der musste sich hänseln lassen. Insofern ist das ein sogenannter Hänselbrauch. Doch dieser Hänselbrauch hat sich natürlich mit dem sogenannte Domtreppen fegen sozusagen umgekehrt, denn die Leute kommen ja freiwillig.“ G 03 Atmo AUT Doch ganz so freiwillig sieht es bei Marcel inzwischen nicht mehr aus. Seit gut 20 Minuten ist er bereits am Werk. Eine unendliche Arbeit, denn die Freunde verteilen die Kronkorken immer aus neue. Zeit, nach Erlösung zu suchen. E 06 „Jungfrauen? Ihr müsst mir nur mal kurz einen Kuss auf die Backe geben. Mehr nicht.“ AUT Marcel ist hinter einer Gruppe von Mädchen her gespurtet und bittet sie nun inständig um den erlösenden Kuss. E 07 „Kuss auf die Backe. Mehr nicht.“ (Gejohle) AUT Geküßt, erlöst, die Geburtstags-Party wird jetzt in die nächste Kneipe verlegt. Marcel ist glücklich. Und sicherlich gewarnt, hofft ein Freund. E 08 „Und wenn er sich nicht in den nächsten zehn Jahren entscheidet, muss er sich sogar mit 40 und immer noch Single, mit einem Esel rückwärts durch die Stadt reiten. Das möchte ich ihm schon ersparen, er sollte schon in den nächsten zehn Jahren heiraten.“ -ENDE Beitrag 5- M 01 Haindling Moderator Das war der Landgang Bremen. Beiderseits der Weser waren fußläufig mit dem Notizblock unterwegs Ottmar Willi Weber, Christina Selzer, Klaus Jochims und Julia Meichsner. Als Reiseleiter vom Dienst moderierte sich Claus Stephan Rehfeld durch die Sendung. Den nächsten Landgang gibt es am 30.April, das Reiseziel Nordrhein-Westfalen ist schon gebucht. Und die Themen, die es heftig in sich haben. Das wird was werden. Nen schönen Tach noch. -ENDE Sendung- 2