COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Kleine bairische Sprachgeschichte - Oder: Warum die da so anders sprechen ? Autor Gerald Huber Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 26.01.2010 - 13.07 Uhr Länge 18.03 Minuten Moderation Unter der Woche an Dienstag in 2010 haben wir heute ? jedenfalls nach bayerischer Denk- und Sprechart. (Wobei in ja dem Finanzwelsch entspringt.) Nun, nicht nur in einem preußischen Mund macht sich der Geschmack von Zitronensäure breit, zieht sie ihm den Gaumen zusammen. Unter ... an ... egal, landes- und medienweit breitet sich dieser Sprachgebrauch wie ein Modegetränk a la Prosecco aus. Und uns perlt der Schweiß aus allen Sprachporen. Bairisch also, mit ai geschrieben, ist heute das Thema. Ist es echtes, dann versteht es keiner oberhalb des Weißwurstäquators. Vielleicht ist Bairisch deshalb so beliebt, man muss sich nicht mit dem Inhalt beschäftigen, weil: man versteht ja nichts. Wir wollen verstehen, deshalb wird uns nun Gerald Huber eine kleine Lektion erteilen. Bairisch für Flachländler. Bitte. -folgt Script Sendung- Script Sendung AUT Alte Sprachvexiere, bairische Scherzrätsel, spielen mit dem Vokalreichtum einer südlichen Sprache, die demjenigen, der glaubt, ebenfalls Deutsch zu verstehen, gänzlich unverständlich bleiben muss. Hans Jürgen Buchner, alias Haindling, macht solche Sprachrätsel gern zu Musiktexten. M 01 (Musik) Haindling Mo mah Du AUT Mo mah Du. Mann mähe Du. Derlei Sprachspielereien sind in Bayern nicht selten. Denn Bairisch kann sich nicht nur afrikanisch anhören, wie bei Moh ma Du, Mann mähe Du, Ja mäht denn der Pater auch, jamat denn da padda r a - sondern auch sehr nach Latein. E 01 Lenidradantumprozenta! AUT Was das heißt fragt man gern den Lateinschüler. Und wenn der verwirrt den Kopf schüttelt, heißt es, dass er noch viel lernen muss. E 02 Leni, dreh die Ente um, brate sie auf der anderen Seite auch! Lenidradantumprozenta! AUT Baiern kokettieren zuweilen eben damit, dass sie ihre eigene Sprache nicht verstehen. Aber jetzt im Ernst. Die Baiern wissen schon lang, dass sie anders sind als die anderen, zumindest die andern Deutschen. Das wird ihnen gern einmal als borniertes Mir-san-mir ausgelegt, ist es aber eigentlich gar nicht. Der Baier will sich nicht absondern. Be-sonders sein dagegen schon ? weil man eben be-sonders ist ? auch wenn die meisten gar nicht so genau wissen, woran das liegt. Irgendwo tief im Innern wissen sie aber, dass ihnen die Poebene nicht nur geographisch näher ist als die Lüneburger Heide. Und sie schätzen das "italienische" Flair ihrer Städte. E 03 Vo de Bauten her, des hat mehr an italienischen Einschlag. Südliches Flair. Von der Optik her und auch von der Lebensauffassung her. Die Münchner kommen dem südlichen Flair auch im Charakter etwas näher. AUT Das mit dem Italienertum ist keinesfalls Attitüde, sondern viele hundert Jahre lang eingeübt. Schließlich ist die Kultur des Mittelalters nur die Fortsetzung der antiken Kultur mit christlichen Mitteln; und die antike Kultur konnte nur fortgesetzt werden, wo sie eben war: Im Süden Deutschlands und am Rhein. Und genau da hat sich das Deutsche, genauer: das Hochdeutsche entwickelt. Hochdeutsch deswegen, weil der Süden höher liegt als die norddeutsche Tiefebene, wo eben Niederdeutsch gesprochen wird. Damit ist mit Vorurteil Nummer 1 aufgeräumt: Die Bayern, die Badener und Württemberger, auch die südlichen Hessen sind Hochdeutsche sowieso, sogar Oberdeutsche. E 04 Wir können alles außer hochdeutsch. AUT ist also bloß ein - zugegeben witziger - Slogan von Werbefachleuten, die sich auch sonst, was die deutsche Sprache angeht, eher selten mit Ruhm bekränzen. Stimmen tuts jedenfalls nicht. Hier, in Oberdeutschland vor allem, ist auch das Wort "deutsch" entstanden. "Deutsch", das bedeutet ursprünglich soviel wie "die Sprache des Volkes" im Gegensatz zur damals üblichen lateinischen Schriftsprache. Und diese Sprache des Volkes war in Süddeutschland ein ziemlicher Mischmasch aus alten romanischen und neuen germanischen Wörtern. Vor allem im bairischen Land zwischen Alpen und Donau haben sich bis ins zehnte Jahrhundert zahlreiche Dörfer und Städte romanisch sprechender Menschen erhalten. Und deren Sprache ging in die neue bairische Stammessprache ein, die dadurch eben keine rein germanische war. Das ist auch der Grund, warum die Baiern viele Dinge ganz anders nennen als der Rest der Deutschen, warum es etwa im Süden Semmel heißt, wo die andern Deutschen Brötchen sagen. E 05 Des wird no vom Valentin sei, weil der immer Semmelnknödeln gsagt hat. Semmel, Semmel. Des is hoit von de Eltern überliefert. So hammas glernt von de Eltern, des san Semmeln und da woaß ma wenn ma hinaufkummt auweh, des san Preißn. AUT Wenn das mit den Gründen immer so einfach wär. Die Semmel gehört wie unzählig viele andere bairisch-süddeutschen Wörter zum sprachlichen Erbe der Römer. Das Land zwischen Alpen und Altmühl mit guten Böden und mildem Klima war für die Römer eine Kornkammer. Und deswegen haben sie hierzulande auch den Weizen eingeführt. Und aus diesem hochwertigen Getreide "simila" oder "semola" hergestellt, das ist feinstes Weizenmehl. Im althochdeutschen wurde simila dann zu semala und hat damals auch schon das weiße Gebäck bedeutet. Semmel ist also zunächst nichts andres als Weißes oder Weizenbrot. Nördlich des Limes ist bloß der grobe Roggen gewachsen. Daraus kann man nur dunkles Brot machen. Semmel ist deswegen in der Mitte und im Norden Deutschlands bis heute kein Begriff. E 06 Doppelsemmel, Sternsemmel, Mohnsemmel, Kürbissemmeln. Die Standardsemmel ist die kaisersemmel. Gewürzsemmeln ? x Semmeln gibt's. Vollkornsemmel AUT Die Vollkornsemmel grad nicht. Denn Vollkornsemmel ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Weil sie nämlich grad nicht aus weißem Semmelteig gemacht ist. Eine bayerische Bäckerin dagegen hat aus uraltem traditionellen Sprachgefühl für alle möglichen Sorten von Kleingebäck spezielle Namen. E 07 Normale weiße Semmel, a Brezensemmel, a Mohnzipferl, a Sesamzipferl, a Kässtangerl, a Kuppel, Zwiebellaiberl, Schinkenlaiberl, Kuppel hamma scho. AUT Merke: Eine Semmel is eigentlich bloß eine Semmel, wenn ein feiner weißer Flaum drin is. Sie wissen schon, der weiche Semmelinhalt. Den haben auch die Römer schon gekannt und eben Mollis, das Weiche, zu bairisch Molln genannt. Eine solche Molln hat das Brot nicht. Andererseits gilt aber auch: Nicht alles, was keine Semmel sein kann, ist automatisch ein Brötchen. In der Grundschule haben wir gelernt: Chen und Lein machen alle Dinge klein. Im Bairischen, im ganzen süddeutschen Raum aber gilt das nicht. Da gibt's die Verkleinerungsform "chen" nämlich gar nicht. Hier gilt nur "lein". Das hat romanische Wurzeln. Im Italienischen wird bis heute auf "lino" verkleinert. "Topo" ist die Maus und Micky Maus heißt deswegen "Topolino" ? Mäuslein ? oder Mäuschen im Norden. Dort, im niederdeutschen Sprachraum nämlich, ist "chen" oder "ken" die ursprüngliche Verkleinerungsform. Weswegen die Brunnenfigur in Brüssel "Männeken pis", heißt, während das ursprünglich süddeutsche Volkslied ein "Männlein" im Wald stehen lässt. Folgerichtig heißt im Bairischen wie überall im Süddeutschen ein Mädchen Madl, also Mädlein, ein Täubchen Taubal, also Täublein, ein Häuschen Heisl, also Häuslein und so weiter. Schon allein aus dem Grund also kann und darf es im Süden kein Bröt-chen geben. Unzählige Wendungen und Wörter besonders im Bairischen sind eindeutig romanischen Ursprungs. So hat beispielsweise fast alles, was mit Land- oder Almwirtschaft zusammenhängt lateinische Wurzeln: Alma, die Almwiese, Caseus, der Kas, Butyrum, der Butter. E 08 Die Butter. Die Butter. Heißt ja auch die Kuh, also is es die Butter. Der Butter sogt ma aber die Butter hoaßts. AUT Nein, nur der Butter. E 09 Hm. Das Butter. Also, wie hoaßts richtig? Der, die, das. AUT Das di der Deife holt. Ein Schmarrn! Lateinisch "butyrum" kommt aus dem griechischen "bouthyron" ? beide sind sächlichen Geschlechts, Neutra. Und in allen romanischen Ländern wurden Neutra in männliches Geschlecht, in Maskulina umgewandelt. Deswegen heißt es in Baiern der Butter. In Italien il burro, in Frankreich ebenso le beurre ? alles männlich, maskulinum, der Butter. Und nicht, wie die, mit Verlaub, ignoranten Nichtbayern und der ebenso ignorante Duden ständig behaupten femininum. Die Butter. Wie sich des schon anhört. Übrigens: Die Sennerin, die den Butter macht, die kommt auch aus dem lateinischen: Seniora, die Dame, genauso wie Senner: Senior, der Herr. E 10 Sappralot, des hob i scho amoi glesen. AUT Übrigens auch in Österreich und Südtirol wird bairisch gesprochen. Baiern und Österreich waren sechshundert Jahre lang bis ins hohe Mittelalter ein regnum bavaricum, ein bairisches Reich, das Kaiser Barbarossa im Jahr 1156 unter zwei verschiedenen Fürstenhäusern aufgeteilt hat, um unangefochtener herrschen zu können. Bis ins 19. Jahrhundert haben dann Wittelsbacher hier und Habsburger dort zäh um die Vorherrschaft über das ganze Land miteinander gekämpft. Mit dem Erfolg, dass sich ein lachender Dritter gefreut hat: Preußen. Das Erbe der alten staatlichen Selbständigkeit hat Österreich, das bayerische Ostreich, angetreten. Bayern hat nur den Namen behalten und wurde in ein neues Großpreußen, das 1871 Deutsches Reich genannt wurde, eingegliedert. Was nichts daran ändert, dass sich die im Süden und die im Norden bis heute schlecht verstehen - auch wenn die Norddeutschen in den letzten Jahrhunderten ihr angestammtes Niederdeutsch weitgehend abgelegt und samt und sonders die hochdeutsche Schreibsprache übernommen haben. Schriftdeutsch: eine künstliche Sprache, nur dazu geschaffen, gedruckte Texte in ganz Deutschland verständlich zu machen. Diese künstliche Sprache wird im Norden, versetzt mit zahlreichen niederdeutschen Wörtern als Hochdeutsch propagiert. Wobei das schöne weiche und vokalreiche Hochdeutsch ziemlich verunstaltet wird; unter anderem mit heftigen harten Konsonanten. Nehmen wir zum Beispiel das hochdeutsche "gucken", aus dem im norddeutschen Mund "kucken" geworden ist. Ein ungeheuer zackiges Wort, das das alte "gucken" völlig verdrängt. Was wiederum dazu führt, dass eingefleischte Baiern mittlerweile auch das weiche "guggen" für unbairisch halten und nicht mehr verwenden. E 11 Ja,ja wer guggdn in Bayern scho, mir sogn Schaun, weilma in Bayern san. In Bayern sogdma schaun. AUT Da hat er Recht. Gebräuchlich ist das Wort nur noch in Zusammensetzungen. Wie Operngugger zum Beispiel oder Haferlgugger. E 12 Da Haferlgugger, der Ferngugger. Aber wenn i was oschaun möchte, na guggis ned o. AUT Ja, und das hat, wie gesagt, seinen Grund darin, dass die Nordlichter den Baiern das Wort verleidet haben. E 13 Guggen im Sinn von Schauen, des song mir ned, weil des is zu nördlich. AUT Dabei is des Wort so schön. Alles fängt nämlich mit dem Kuckuck an. Das lateinische "cucullus" hat "Kuckuck" bedeutet, aber auch "Hülle", "Versteck". Im mittelalterlichen Bairisch hat "cucullus" dann schon die "Mönchskutte" und im engeren Sinn die "weite Kapuze, die das ganze Gesicht verbirgt", bezeichnet, eingedeutscht: "Gugel" oder "Gugelhaube". Weil der Kuckuck in einer Tour Kuckuck ruft, hat man im Mittelalter außerdem "guggezen" gesagt, wenn einer geseufzt, gestottert oder närrisch dahergeredet hat. Der Narr oder Hofnarr, Mit seiner typischen Narren-Gugel hat deswegen auch "Guck", "Gauch" oder "Geck" geheißen. Die Engländer sagen heute noch zum Witz Gag. Der Guglhupf, ein typisch bairisch-österreichischer Kuchen, hebt sich heute noch beim Backen aus seiner bergenden, gugligen Form. Und in manchen Gegenden Bayerns kennt man immer noch die Starlgucken für ein Starenhaus oder eine Zuckerguggn. E 14 Guggn, ja Guggn - a Guggn is a Düdn, oder?! AUT Genau. Wobei das Wort "Tüte" schon wieder so ein Nordsprech im Hochdeutschen ist. Auch wenn man im Süden mittlerweile eingebairischt "Diddn sagt". "Tüte" bedeutet in Norddeutschland alles Trichterförmige, spitz zulaufende. Weswegen das Schiffshorn dort auch "tutet". Auch die norddeutschen, mit Verlaub, "Titten", gehören hierher. Sie heißen in Baiern ohne Umlaut "Duddn". Egal also ob er von der Verkäuferin eine "Duddn" oder eine "Diddn" verlangt - eigentlich muss das dem Baiern peinlich werden. Weswegen man an der Kasse lieber nach einer Guggn oder Stranitzen verlangen sollte. Und wenn manche Baiern außerdem auf so einen typischen bayerischen Namen hören wie Guggenbichler, Guggenberger oder Guggenmos, dann ham s den letzten Beweis dafür, dass Guggen eigentlich ein typisch bairisches Wort ist. E 15 Mir song, also der Baier sagt "guggen" mit "g" und net mit "k". "Kucken", des is preißisch. Kuckmal, Kuckmal! AUT Eigentlich hätt also der Monaco Franze immer sagen müssen: Spatzl - E 16 "Gugg, wie i Gugg" Des hört se ja blöd o. "Schau wie i Schau" des kennt doch a jeder, oder?! AUT Richtig. Wie gesagt: Die Norddeutschen sind schuld. Die ham den Baiern das Guggen verleidet. Und sie werdens so schnell nicht wieder einführen, oder? E 17 Ja, i dat a song. Schaun ma mal. M 02 (Musik) Haindling Du Schaugst aber guat aus heit ha AUT Dieses Schaumamal, zugegeben, hat ein bayerischer Kaiser mittlerweile auch im Norden populär gemacht. Wie überhaupt einige wenige Bavarismen als Exoten nördlich des Weißwurstäquators heimisch werden. Das, mit Verlaub kann man damit erklären, dass man sich halt im Norden, obwohls aus südlicher Sicht meist nicht so ausschaut, doch um korrektes Hochdeutsch bemüht. Das "Guggen" übrigens ist ein gutes Beispiel für die weiche südliche Hochsprache. In Baiern gibt es, ähnlich wie in den romanischen Ländern, allen voran Italien, keine harten Verschlusslaute t, k, p. So wird die Tüte zur Diddn, der Kuckuck zum Guggugg und der Papa zum Babba. Nebenbei, unser Papa Joseph Ratzinger, wird in einer Tour wegen seiner guten italienischen Aussprache gerühmt ? das bairisch-romanische Erbe eben! Schon im Lateinischen werden p, t und k lediglich als verdoppelte b, d und g gesprochen. Die scharfe Aussprache der Verschlusslaute ist eine germanische Zutat. Kein Baier würde auf die Idee kommen "Topolino" zu sagen. Die italienische Micky Maus ist und bleibt der "Dobbolino". Deswegen übersetzt der Fredl Fesl in seinem Preißn-Jodler sogar den Jodler: M 03 Musik Preißn-Jodler AUT Übrigens, weil wir grad bei der Maus sind: Haben Sie gewusst, dass unzählige Nord- und Ostdeutsche täglich Mäuse fressen. Tatsache! "Müsli" heißt auf Schwyzerdytsch "topolino", "Mäuslein". Wenn Sie statt einer Maus lieber Haferbrei mit allerlei Zutaten haben wollen, sollten Sie ausschließlich ein "Müesli" zu sich nehmen. Das "e" im "Müesli" ist nämlich mitnichten ein norddeutsches Dehnungs "e", das nicht gesprochen wird, wie in der Stadt "Soest", sondern ein "e", das den süddeutschen Diphtong "üe" anzeigt. Man könnte noch viel erzählen. Zum Beispiel über die Goten, die in der Frühzeit Bayerns eine gewichtige Rolle spielten und die so bedeutende Wörter wie "Samstag", "Maut" oder "Dult" nach Baiern und damit ins Hochdeutsche gebracht haben. Man hat die Bayern einmal die Fußkranken der Völkerwanderung genannt. Da ist schon was dran. Die Bajuwaren, das war eine bunte Mischung aus einheimischen Keltoromanen und zugewanderten Germanen - Alemannen, Franken, Goten - diese, quasi angeborene, Toleranz gegenüber dem Fremden, dem "Zuagroasten", besitzen die Baiern heute noch. Wer hier eine Heimat finden wollte konnte sie schon immer finden. Vorausgesetzt, er bekennt sich voll und ganz zu seiner neuen Heimat und hilft mit, sie gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Und als den schrecklichsten aller solchen möglichen Angriffe verstehen die Bayern immer noch einen Angriff auf die Eigenständigkeit ihres Landes, ihrer Kultur und damit ihrer Sprache. E 18 Mir san mir und schreim uns uns AUT Heißt ein berühmtes bayerisches Diktum. Bayer kann halt nur werden, wer Bayer sein will ? und wer den Unterschied kennt zwischen "daheim" und "zuhause". E 19 Dahoam hätt i gsagt. Zuhause is eigentlich, wo ma sich zuhause fühlt und dahoam, wenn i sog, i fahr hoam, dann bin i hoit dahoam, verstennas? AUT Na, wenn i ehrlich bin hab i des net verstanden. Kann man des net anders erklären? E 20 Daheme is daheme. Ond zuhauseis do wo ma herkummt. AUT Ja, vielleicht bei Eahna in Sachsen. E 21 Hättnse lieber den gefracht, is a Bayer. AUT Guat. Also?! E 22 Daheim und zuhause. Des oane is bei de Baiern und des andere bei de Preißn. Dat i scho sogn. AUT Und ob einer heimlich oder häuslich is ? des is ein Unterschied. Ein unheimlicher Unterschied. E 23 Ja unheimlich is wenns ma dahoam graust, weil i übaroi Spinnawem hob. Dann bin i a Saubär. AUT Aber des bloß nebenbei. Wir stellen fest: E 24 I sog normal i geh hoam und ned nach Hause. AUT Vorausgesetzt, i bin a Baier. Denn unsereinem gilt das Heim als was anderes als wie ein Haus. E 25 Heim is mehr wo ma innen lebt, also des Heim und des Haus is mehr drumrum. Also des Haus is des Gebäude dann und des Heim des Innere, wo sichs Leben abspielt. AUT Wobei das Werbewort vom Eigenheim besonders tückisch ist. Weil das Eigenheim macht das Heim schmackhaft ? das aber kann man sich nicht kaufen. Nur das Haus. Das Heim muss man schon haben. Eigentlich müsst das Eigenheim also Eigenhaus heißen. Aber des bloß nebenbei. Interessant beim "daheim" ist das "da" am Anfang. Weil des mit dem normalen "da" nix zu tun hat. Des heißt nämlich ursprünglich "dar". Wie in "dar-bringen". Wenn ich etwas "dar-bringe", dann bringe ich dieses etwas wohin. An einen Ort. Und so ist "Dar-Heim" der Ort, wo ich hingehör. Wo ich hinein-gehör. Das ist nicht unbedingt da, wo ich grad hause. Mit dem Zu-Hause oder dem nach Hause gehen, überhaupt mit dem ganzen Hausen der Norddeutschen kann ein Baier vielleicht deswegen wenig anfangen. Dem Baiern reichts halt nicht, bloß ein bisserl zum Haus hinzu zu gehen. Mir möchten schon hinein. Mit der Schule is es des gleiche. Es langt halt nicht, bloß "zur Schule zu gehen". Man muss schon "in" die Schule gehen. E 26 Und wos mitnehma, haha. Sunst hoifts net. AUT Genau. E 27 Ja, de song a auf de Arbeit. Is da gleiche Schmarrn. I geh auf die Arbeit. Ich geh auf Arbeit. Des macht bloß a Preiß net. AUT Wobei es is meistens so, dass alle möglichen Deutschen in der Heimat der Bayern gern auf Arbeit gehen und sich dort auch ein Zuhause schaffen. Was vielleicht erklärt, warum den Bayern ihre Heimat vielleicht manchmal ein bisserl unheimlich is. M 04 (Musik) Ringsgwandl Dahoam is net dahoam -ENDE Script Beitrag- 1