COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Nachspiel vom 13. Juni 2010 "Vom Keeper zum Künstler - Rudi Kargus" Autor: Knut Benzner Groß, schlank, lichteres Haar, leger gekleidet, kantiges Gesicht, eindrucksvolle Hände. 0-Ton Rudi Kargus: "Ja, wir stehen jetzt hier in der `Fabrik der Künste´, in Hamburg, in meiner Ausstellung, Titel ist `Idurisch´, und, ja." `Idurisch´, so Kargus, sei ein Sprachrätsel und, vor allem, eine Wortschöpfung des Malers selbst. Rudi Kargus - in wenigen Wochen 58. Er hatte, ein paar Jahre nach dem Leben mit dem Ball, einen anderen Weg genommen: Kein Manager geworden, kein Spielerberater, nicht einmal Trainer, abgesehen von der erwähnten Zeit - Kargus beschäftigte sich mit Literatur, Musik, Theater UND mit der Malerei. Die Rolle seines Lebens spielte dabei, Ende der 90er, Jens Hasenberg von der Kunstschule Blankenese. 0-Ton: "Das ist mein Kunstdozent und Mentor, sage ich immer, also das ist eigentlich der, ... der mich gelenkt hat und mir also ganz viel in Richtung Malerei erzählen konnte und der mir bis heute noch sehr wichtig ist, mit dem ich meine Bilder bespreche, das ist also immer meine Rückmeldung." Kargus bespricht seine Bilder?... 0-Ton: s.o. "Ja natürlich, ja." Was heißt `natürlich´? 0-Ton: s.o. "Ja, also das ist schon für mich sehr wichtig, eigentlich so´n Ansprechpartner zu haben für meine Bilder." Spricht er mit ihm über die Form oder den Inhalt? 0-Ton: s.o. "Sowohl als auch." Interessant... 0-Ton: s.o. "Ja. He." Die Bilder. Vorweg: Öl auf Leinwand. 0-Ton: "Öl auf Leinwand, und manchmal ist es Öl und Acryl auf Leinwand, aber es ist schon Ölmalerei, ja." Das Bild vor uns hat er wie das genannt, was er mal war: Profi. Wann entstanden? 0-Ton: s.o. "Ahhm, also entweder 2008 oder 2009, nee, 2009 ist das auch entstanden, die meisten der Werke hier sind in den letzten zwei, zweieinhalb Jahren entstanden." Was man relativ klar sieht ist ein Kameramann. Der Kameramann ist relativ klar konturiert und strukturiert. Der Kameramann steht auf einem Stein und blickt in´s Bild, hinter dem Kameramann eine weiße Fläche, in seinem Blick das desaströse Durcheinander. 0-Ton: "Ahm, gut, ... Sie erzählen für Radio, insofern sei es mal gestattet, das alles jetzt über dieses Bild hier los zu lassen, ähm, also ich finde das Bild im Gegensatz zu Ihnen nicht interessant, weil da ein Kameramann steht, sondern ich finde es als Bild interessant, äh, und äh, dass der Titel, um zu dem Titel noch mal zu kommen, habe ich zu meinem Erstaunen hier auch gesehen, dass ja ein Beruf wäre, aber es war gar nicht so angelegt, dass das jetzt speziell was mit meiner Profikarriere zu tun hat." Er will und kann nichts über seine Bilder sagen - täte er das, nehme er ihnen ihr Geheimnis. Die Ambivalenz sei der rote Faden, der durch gehe. Ein Kameramann hat im übrigen mit Radio nichts zu tun, doch der Kameramann beobachtet. Das, was man nicht erkennt, kann ein Stadion sein oder eine Kabine... Rudi Kargus: 0-Ton: s.o. "Ja, jetzt haben Sie ja dieses Wort beobachten in den Mund genommen, und diese Beobachtungssituation, unter Beobachtung sein, wie hier, wer beobachtet wen?, beobachtet der, oder wird der, der beobachtet, beobachtet?, das ist ja so´n Thema, dem ich mich in auf gewisse Weise immer nähere." Die wenigsten seiner Bilder bilden seine Vergangenheit - wie auch immer -, ab. 0-Ton: "Ich glaube, ich sehe gar keinen Sportler hier in der ganzen Ausstellung, haha, ich bin ja kein Sportbildmaler, hahaha, nein, es wäre jetzt viel zu banal, das ist jetzt nicht mein Ansatz." Die meisten sind hoch und breit formatiert, achtzig auf hundert, hundert auf einhundertzwanzig, ein Diptychon mit dem Titel ´Global Player`, der ist ein Ölkonzern, ´Bad Boys`, `Der wahre Jakob`,... 0-Ton: "´Der wahre Jakob´, ja." Ein Trauerkranz... 0-Ton: s.o. "Siegerkranz, da haben wir das schon wieder mit der Ambivalenz." Wuchtige Bilder... 0-Ton: s.o. "Auch das sagen Sie." Expressionistisch - und somit voller Ausdruck. Zur zeitnahen Zukunft, der Fußballweltmeisterschaft. Die Torwartfrage der Nationalmannschaft. Der ehemalige Torwart: 0-Ton: "Oh Gott, eigentlich beschäftige ich mich da nicht mehr groß mit, also eigentlich möchte ich da gar nichts zu sagen, weil das kein Thema ist, ... mein Lieblingstorwart ist so und so ausgefallen, das war Adler, der ist ja jetzt verletzt." Kein Interesse mehr am aktuellen Fußballgeschehen. 0-Ton: s.o. "Ja, nur am Rande, also ich will da nichts groß kommentieren." So wird Kargus die Spiele dort sehen, wo sie alle anderen auch sehen. Im Fernsehen. 0-Ton: s.o. "Ja, wo sonst, hahaha." Hätte ja sein können, dass er hin fährt... 0-Ton: s.o. "Nein, nein nein, bin hier." Er war schließlich mal bei einer Weltmeisterschaft dabei. 0-Ton: s.o. "Äh, das war 78 in Argentinien. Aber Sie wollten es jetzt mal belassen, ne?" o.k. "Fußball als Ausrede" -Der argentinische Schriftsteller Eduardo Sacheri" Autor: Ole Schulz Sprecher: Buenos Aires im Frühjahr: Wenn der "Superclásico" zwischen den Boca Juniors und River Plate ausgetragen wird, hängen in Argentiniens Hauptstadt fast alle vor dem Fernseher. Es gibt aber auch Ausnahmen - zum Beispiel den Schriftsteller Eduardo Sacheri. Ihn lässt das Derby zwischen Boca und River weitgehend kalt, denn Sacheri ist Anhänger des "Club Atlético Independiente", des drittwichtigsten Vereins in Argentinien. Eduardo Sacheri ist eigentlich Geschichtsprofessor und erst durch seine Leidenschaft für den Fußball und über den Umweg des Radios zur Literatur gekommen. Mit Mitte Zwanzig hatte er als Hobby zu schreiben angefangen. 1. O-Ton: Edurado Sacheri "Damals gab es beim Sender "Radio Continental" jeden Samstag ein Programm des Sportjournalisten Alejandro Apo, in dem er den Fußball mit Literatur und Musik zusammenbrachte. Meine Freunde überredeten mich, dort meine ersten drei Fußballerzählungen einzureichen. Und Apo las in seinem Programm tatsächlich eine davon vor. Es folgten weitere und nach drei Jahren hatte ich mein erstes Buch mit 15 Erzählungen zusammen." Sprecher: Sacheris Fußballerzählungen handeln dabei weniger von den Stars im Rampenlicht, sondern davon, was auf dem Bolzplatz um die Ecke passiert. Hier geschehen Dinge, die weit über die sportliche Betätigung hinausgehen. 2. O-Ton: Edurado Sacheri "Ich denke, wenn wir Fußball spielen, zeigen wir offener als gewöhnlich, wie wir wirklich sind - im guten wie im schlechten Sinne. Viele meiner Erzählungen benutzen den Fußball als Hintergrund, vor dem sich die Charaktere bewegen und wo letztlich andere, wichtigere Dinge als im Fußball geschehen. Es ist schwierig, abstrakt über Liebe, Schmerz oder den Tod zu sprechen. Mit der Ausrede des Fußballs kann zumindest ich mich diesen großen Fragen leichter nähern." Sprecher: Eine von Sacheris Geschichten dreht sich dann doch um einen Star, um den bekanntesten Argentinier überhaupt: Diego Armando Maradona... 3. O-Ton: Edurado Sacheri "Ich erkläre darin, dass ich mich gegenüber Maradona schuldig fühle. Der Gewinn der Weltmeisterschaft 1986 war etwas Wunderbares für Argentinien - besonders der Sieg gegen England. Auch wenn man den Fußball zu Recht nicht mit Politik vermischen sollte, bedeutete es uns damals nach dem Falkland-Krieg doch eine Menge, im Viertelfinale gegen England gewonnen zu haben. In diesem Spiel hat Maradona Unmögliches vollbracht, weshalb ich mich ihm gegenüber schuldig fühle. Und öffentlich bezahle ich meine Schuld durch Schweigen." Sprecher: Eduardo Sacheri bestreitet zwar nicht, dass es nach dem ausschweifenden Lebenswandel Maradonas eine überraschende Entscheidung war, dass er zum Nationaltrainer berufen wurde. Aber Sacheri will dennoch kein schlechtes Wort über "Diegito" verlieren. 4. O-Ton: Edurado Sacheri "Ich wiederhole: Ich werde Maradona nicht kritisieren, auch wenn ich zustimme, dass es eine seltsame Entscheidung war, ihn zum Nationaltrainer zu machen. Es steht auch außer Zweifel, dass seine Art, die Mannschaft zu führen, ungewöhnlich ist. Aber ich hoffe, dass es für die Nationalmannschaft bei der WM gut ausgeht." Sprecher: Ein versöhnlicher Ausgang ist Sacheri auch in seinen Romanen wichtig. Und im Falle der Nationalmannschaft Argentiniens ist Sacheri trotz der fast verpassten WM-Qualifikation ohnehin optimistisch. Schließlich hat die argentinische "selección" einige der besten Stürmer der Welt: Neben Higuaín von Real Madrid, Inter Mailands Diego Milito und Carlos Tévez von Manchester City auch einen aus dem Nachwuchs von Independiente: 5. O-Ton: Edurado Sacheri "Kun Agüero. Er spielt mittlerweile bei Atletico Madrid, aber er kommt aus der Jugend von Independiente. Der beste von allen ist aber Leo Messi, daran habe ich keinen Zweifel. Nur war er im Trikot der Nationalmannschaft bisher noch nicht so überragend wie beim FC Barcelona, was ihm viele in seiner Heimat verübeln. Das liegt auch daran, dass wir Argentinier uns gerne schnell aufregen. Aber ich habe Geduld mit Messi, und ich glaube, dass er bei der Weltmeisterschaft explodieren wird. "Die Palacio-Brüder - eine Fußballgeschichte aus Honduras" Autorin: Erika Harzer ATMO A Training von Kindern und Jugendliche, Ballgeräusche u Zurufe SPRECHERIN Im honduranischen Karibikstädtchen La Ceiba trainieren am späten Nachmittag Kinder und Jugendliche der Hafenstadt auf einer holprig staubigen und zugemüllten Wiese. Mehrere Gruppen spielen da auf provisorisch abgesteckten Plätzen, von denen einige sogar Tore besitzen. In diesem Fußball besessenem Land wird jedes freie Feld schnell zur "Cancha" - zum Fußballplatz umfunktioniert. Und hier auf dieser Wiese ohne Clubheim, Umkleideräume, Duschen oder Toiletten, sind es keine Freizeitkicker, hier trainieren die Jugendteams des Vereins La Merced. O-Ton 01 Eulogio Palacios (Ansprache an die Spieler) Die A-Jugendlichen sind schon gefährdet. Einige trinken schon oder gehen abends mit der Freundin in die Disco. Und zum Spiel müssen wir um 7 Uhr hier sein. SPRECHERIN Im eng anliegenden Trikot der Tottenham Hotspurs steht vor einer Reihe Jugendspieler ein älterer dunkelhäutiger Mann mit grau gekräuseltem Haar. Eulogio Palacios ist nicht der bekannteste aber sicherlich einer der erfolgreichsten Trainer des Landes. Auch seine eigenen fünf Söhne lernten bei ihm das Spiel mit dem Ball. O-Ton 03 Milton Palacios Wir sind eine Fußballfamilie und mit 8, 9 Jahren fingen wir im Team unseres Papas zu trainieren an. SPRECHERIN So erinnert sich Milton Palacios an die Anfänge im Club Deportivo La Merced seines Vaters. O-Ton 04 Milton Palacios Ich war als erster von uns Brüdern dabei, dann kam Jerry, danach Wilson, danach Johnny und auch Edwin. Wir sind alle Jugendteams durchgelaufen, bevor wir dann die ersten Berufungen erhielten und die großen Teams der nationalen Liga uns haben wollten. SPRECHERIN Milton wohnt mit seinem sechs Jahre jüngeren Bruder Johnni als Nachbarn in einer bewachten Wohnsiedlung, einer gated comunity am Stadtrand von Tegucigalpa. Beide stehen in der Hauptstadt beim Rekordmeister Club Deportivo Olimpia unter Vertrag und im Laufe der letzten Saison eroberte sich Johnni einen Stammplatz als Abwehrspieler, den bisherigen Platz von Milton. Nicht einfach für Milton, damit klar zu kommen. O-Ton 05 Milton Palacios Irgendwann mal sagten mir Freunde, dass Johnni für mich wie die Chronik des angekündigten Todes sei, da er auf der gleichen Position wie ich spielt und so kam es auch. Heute gehört ihm der Platz. SPRECHERIN Wie für so viele Geschichten hat Vater und Trainer Palacios auch für diese Bruderkonkurrrenz ein Lachen parat. O-Ton 06 Eulogio Palacios Der Älteste war 5-mal Meister mit Olimpia und jetzt ist er 29, während der jüngste grade mal 22 Jahre alt ist. Klar schmerzt es uns zu Hause, wenn wir sehen, dass der Älteste jetzt auf der Bank sitzt, aber wir sagen ihm, dass seine Zeit zu Ende geht und dann ist es doch allemal besser, sein Bruder übernimmt seinen Posten als jemand anderes. Da sind wir stolz drauf. ATMO Weitere Trainingsgeräusche -Geplapper SPRECHERIN Es gibt so vieles, auf das Don Eulogio stolz sein kann. Man sieht es ihm auch an, wenn er da am Rand des Spielfelds steht und den Spielern zuruft, was sie tun und worauf sie achten sollen. In großen Lettern ist auf seinem Rücken der Name Palacios zu lesen. Gemeint ist damit Wilson, der drittälteste, gut einen Kopf kleiner als Milton geraten und damit eher in der Statur des Vaters. Wilson ist Leistungsträger bei Tottenham Hotspurs und zurzeit der international bekannteste honduranische Spieler mit Stammplatz in der Nationalelf. Auch Johnni ist im WM Kader für Südafrika nominiert und der zweitälteste Jerry, der seit Anfang des Jahres in der chinesischen Liga spielt, gehörte auch zum vorläufigen WM-Kader. Der fünfte und jüngste Bruder Edwin Rene lebt nicht mehr. Auch er war ein guter Fußballer, war schon in der U-17 Auswahl bevor er im Herbst 2007 entführt wurde. O-Ton 07 Eulogio Palacios Edwin Rene ist meinen Jungs immer gegenwärtig. Sie haben Momente beim Fußballspiel, da können sie vergessen. Aber das lässt uns alle nie mehr los, hat Spuren in uns hinterlassen. SPRECHERIN Die Entführung des jüngsten Palacios Bruder fand kurz nach Wilsons Transfer in die Premier League statt. Die Medien überschlugen sich damals mit Berichten über die hohen Ablösesummen für diesen Transfer. O-Ton 08 Eulogio Palacios Diese Medienberichte haben uns damals so sehr geschadet und deswegen spricht Wilson bis heute nicht mehr mit der Presse darüber. Alle Welt glaubte, wir hätten die Transfersumme für Wilson kassiert, dabei ist das ein Geschäft zwischen den Vereinen. SPRECHERIN Trotz Lösegeldzahlung und allen möglichen Appellen an die Entführer, kam Edwin Rene nicht frei. Eineinhalb Jahre später wurde seine Leiche gefunden. Ein heftiger Schicksalsschlag für die Palacios. Auch Reinaldo Rueda, der kolumbianische Trainer der honduranischen Nationalelf, sah sich durch diese Tragödie in seiner Arbeit mit der seleccion tangiert. O-Ton 09 Reinaldo Rueda Das waren schwierige Momente für uns alle, für die gesamte Fußballfamilie. Und besonders für Wilson. Er sah sich konfrontiert mit seinem großen Erfolg und der familiären Tragödie. Das wirkte sich natürlich auch auf die Nationalelf aus. Das Schicksal der Palacios traf die gesamte Fußballfamilie des Landes. Man musste Wilson mit all den dadurch entstandenen psychischen Schwierigkeiten wahrnehmen. Ihn in die Nationalelf zu berufen, obwohl er nicht in bester Form war, war eine der Herausforderungen. Für ihn war es ein Problem, nach Honduras zu kommen und in der Nationalelf zu spielen. Vielleicht bot es ihm aber auch die Möglichkeit, dem ganzen inneren Drama zu entfliehen, diesem Wahnsinn, über Monate nicht zu wissen, was mit dem Bruder los ist, bis dann die fatale Wahrheit offenkundig wurde, die Bestätigung dessen, dass der Bruder umgebracht worden war. ATMO Radio: Honduras al Mundial SPRECHERIN Wenn Honduras in Südafrika zum ersten Spiel gegen Chile am 16.6. antreten wird, werden etliche dunkelhäutige Spieler dieses mittelamerikanische Land vertreten. Auch darauf ist Eulogio Palacios stolz. O-Ton 10 Eulogio Palacios Das ist hervorragend, dass ein großer Teil des Kaders Garifunas sind, Leute meiner Hautfarbe, und wir in diesem Land, wo unsere Vorfahren herkommen vor Zuschauern unserer Hautfarbe in den Stadien spielen. Darauf sind wir stolz und werden ein gutes Spiel machen. SPRECHERIN Ob er, der zumindest seinen Söhnen die Grundschule im Kicken beibrachte dabei sein wird? O-Ton11 Eulogio Palacios Ja klar müssen wir dort sein, ich auf alle Fälle. Ich muss doch meinen Jungs dort zur Seite stehen. "Das Reporter-Paar - die Geschwister Töpperwien" Autor: Günter Herkel Vor sechs Wochen im ZDF. Nach einem Auftritt in der Sendung "Volle Kanne" stellt Reporterlegende Rolf Töpperwien einen prominenten Gast vor. Gemeinsam werden die Ergebnisse des vorletzten Bundesliga-Spieltags getippt. Take 1 (0:20) Rolf und Sabine T. Prominente Tipperin ist heute Sabine Töpperwien, die Sportschefin des Westdeutschen Rundfunks in Köln, zufälligerweise oder nicht - meine Schwester. Grüß Gott und leg los: Welches Spiel machst du am Samstag? Ich bin natürlich auf Schalke gegen Bremen. Und was tippst du? Ich tippe 2:1 für Schalke. Dann tipp ich mal n glattes 2:2... Hier irrten die Geschwister Töpperwien. Zwei Tage darauf unterlag Schalke dem SV Werder Bremen glatt mit 0:2 und verspielte damit seine letzte Chance auf die Deutsche Meisterschaft. Seit 1973 arbeitet Rolf Töpperwien oder Töppi - wie Freund und Feind ihn nennen - für den ZDF-Sport. Rekordverdächtige 1440 Fußballpartien hat er kommentiert. Legendär sein eigenwilliger Umgang mit komplizierten Namen ausländischer Kicker. Während eines DFB- Pokalspiels Werder Bremen kontra MSV Duisburg klang das so: Take 2 (0:13) R.T. Andröhsen - die dickste Möglichkeit, Unterkante Latte durch den dänischen Nationalspieler Andräsen, der nicht Andreásen heißt, nicht Andréasen heißt und auch nicht Andresen - er heißt Andröhsen. Später musste sich Töppi korrigieren. Take 3 (0:10) RT Ich werde heute die neue und hoffentlich richtige Variante bringen. Ä - Andräsen. Nicht Andröhsen, sondern Andräsen. E und A werden in Dänemark zusammengezogen - Andräsen. Ändröhsen? Andräsen! Vor diesem familiären Hintergrund fiel Sabine Töpperwien die Berufswahl nicht schwer. Take 4 (0:13) ST: Mein Bruder ist 10 Jahre und 10 Tage älter als ich, und da gibt's ja eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man lehnt genau das ab, was der große Bruder macht und macht das Gegenteil. Oder man eifert ihm ein bisschen nach, weil man ihn anhimmelt. Und bei mir war Letzteres der Fall. Es dauerte eine Weile, bis sich die kleine Schwester mit ihrem charakteristischen Reportagestil in der männerdominierten Fußballszene durchsetzen konnte. Take 5 (0:25) Sabine T. Es hatte am Anfang doch einige Widersprüche gegeben von Machos, die vor allem sich nicht daran gewöhnen konnten, von einer Frauenstimme jetzt etwas Authentisches aus den Fußballstadien zu hören. (...) Ein Trainerguru wie Otto Rehagel damals beispielsweise sagte: Was kommen Sie denn zu mir, schicken Sie mir Ihren Bruder, mit Ihnen rede ich über was anderes. Auch ein Christop Daum war damals anfangs etwas zögerlich... Dabei hatte auch Bruder Rolf zu Beginn seiner Karriere gelegentlich mit Widerständen zu kämpfen. Etwa nach dem legendären 6:6-Pokalkrimi zwischen Schalke 04 und Bayern München 1984 im Gelsenkirchener Parkstadion. Erst mit reichlicher Verspätung gelang es dem verunsicherten Reporter, angesichts glückstrunkener Fans den dreifachen Torschützen Olaf Thon vor Mikro und Kamera zu bekommen. Take 6 (0:18) Töppi: Schalke, Schalke... Leute, Ruhe mal! Interview! Interview Olaf! Wir wollen mit dem Olaf mal n Interview machen, ganz ruhig! Achtung! MAZ ab! MAZ ab jetzt! Gebt doch mal die Kamera frei hier! Der Olaf muss doch ins Bild... Einmal in Fahrt vermochte Töppi dem Schalker jedoch erstaunliche Informationen zu entlocken. Take 7 (0:22) Töppi-Thon Stimmt es eigentlich, dass Sie den FC Bayern zu Ihrer Lieblingsmannschaft auserkoren haben und dass Sie in Bayern-Bettwäsche schlafen? Ja, stimmt schon. Stimmt, ja? Bayern war von früh an mein Lieblingsverein, aber jetzt spiel ich in Schalke und schieß da meine Tore. Wie erklären Sie sich Ihre Kopfballtore, obwohl Sie nur 1,60 m groß sind? 1,70 - muss ich korrigieren! Oh, 1,70. Ja wenn man zur richtigen Zeit hochgeht, dann erwischt man die Bälle auch so... Viele Sportreporter pflegen neben ihrer Spezialdisziplin aus Entspannungsgründen noch eine Liebhaberei. Bei Sabine Töpperwien ist es der Eiskunstlauf. Erst Anfang des Jahres begab sich die WDR-2-Sportchefin bei der EM in Tallin aufs Glatteis. Wenn die Leidenschaft mit ihr durchgeht, ist sie schwer zu bremsen. Take 8 (0:30) Sabine T: Die Musik "Jenseits von Afrika", diesen wunderschönen Kinofilm kennen Sie, er ist theatralisch, und so versuchen auch die beiden, in ihren letzten 30 Sekunden über's Eis zu gleiten... Für Bruder Rolf ist am 25. September Schluss. Kurz vor seinem 60. Geburtstag wird er zum letzten Mal eine Bundesligapartie als Reporter begleiten. Viele werden seinen unnachahmlichen pseudo-investigativen Stil vermissen. Wie gegen Ende der letzten Saison, als Töppi mit Bayern-Trainer van Gaal den verbalen Schulterschluss suchte. Take 9 (0:10) Töppi-van Gaal: Heute hatte Frankfurt mehr Torschüsse und Torchancen. Der Sieg für Frankfurt ist meines Erachtens verdient. Können Sie das bestätigen? Nein, das kann ich nicht bestätigen, es tut mir leid. 1