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Aber eine Frage konnte auch er nicht eindeutig klären: Woher kommt der Name der Stadt, die dem Land ihren Namen gab: Brandenburg? Hypothesen sind viele auf dem Markt zu haben. Aber Gewissheiten nicht. Also hat Nana Brink nicht alles, aber doch vieles zu Ortsnamen in Brandenburg zusammentragen können. folgt Script Sendung Script Sendung G 01 Holzwagen holpert über Feld- oder Steinweg REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 01 (Reinhard Fischer) Die Germanen, die lebten seit dem 5. Jahrhundert vor der Zeitrechnung schon hier und sind dann in der Völkerwanderung abgewandert nach Westen. Germanische Ortsnamen sind nicht überliefert, nur die Namen der großen Flüsse sind noch germanische, also Elbe, Oder, Notte, Nuthe, die sind noch germanisch und man nimmt an, dass einzelne Siedler, also die Fußkranken der Völkerwanderung, dass die noch hier geblieben sind, denn als die Slawen einwanderten - die sind im 6. und 7. Jahrhundert eingewandert von Süden und von Osten - müssen sie noch auf Germanen getroffen sein, weil sie ja diese Flussnamen übernommen haben. REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg G 02 Feldarbeit mit Hacke (alternativ Kutsche) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 02 (Fischer) Die Slawen haben hier gesiedelt, haben ihre Siedlungen genannt und von den Namen, die heute sind, sind ungefähr die Hälfte slawisch, - ich habe mal aufgeschrieben: Bis zum Jahr 500 gabs in Brandenburg ungefähr 3.200 namentlich belebte Siedlungen, also Städte, Dörfer, Burgen, Wüstungen - und davon haben knapp 1579, das sind knapp 50 Prozent, einen slawischen Namen. G 03 Feldarbeit mit Hacke REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 03 (Fischer) Na typisch slawische Namen wären zum Beispiel Buckow, - Buch ist die Buche gewesen, und ow - also Siedlung, wo Buchen wachsen... oder ... Ja warten Sie mal... Seelow auch? ... Seelow, na da gucken wir doch mal nach, einen Augenblick ... (blättert im Buch)... habe ich nicht im Kopf .... Seelow? Ja das ist auch slawisch, und zwar das ist eine Siedlung eines Mannes namens Jel, - ow.... und er wurde so genannt, - ow ein besitzanzeigendes Suffix, ja und da wurden viele Siedlungen mit ow an Personennamen gebildet. Die andere Bildungsweise ist mit -itzi, ja, das viele Namen mit -itz, die auch mit Personennamen gebildet wurden, das ist ungefähr dem deutschen mit -ingen entsprechend... na das fällt mir gerade keiner ein...(lacht)....(Autor :Ketzin?) Ach, das ist ja leider nicht ganz klar. Ketzin hat den alten (blättert im Buch) ... die alte Form ist Kosezin, glaube ich ... und ... mal gucken (blättert) ... ich guck mal nach, ja doch, eine Siedlung eines Mannes namens Kosika, ja Ko-si-dschin, wenn -in, dann wird k zum dsch .... G 04 Feldarbeit mit Hacke REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 04 (Fischer) Naja die ow-Endung ist slawisch, aber es gibt auch sehr viel Namen (blättert im Buch) mit ow, die sind deutsch. -ow ist einmal slawisch von Personennamen, wo ich schon gesagt habe oder von Appellativen, also Buckow, Grabow, - Buch ist die Rotbuche, Grabow ist die Weißbuche, aber es gibt auch viele deutsche Namen mit dem Namen -aue, und das ist dann ow geschrieben worden, mittelniederdeutsch aue, und das sind 34 in Namen, die in Brandenburg mit ow enden und auf deutsch -aue sind. Glindow, Reichenow und andere. AUT Über tausend Jahre, so der Sprachwissenschaftler Reinhard Fischer, haben die Slawen das Gebiet, welches wir heute als Brandenburg kennen, geprägt - länger als die Deutschen. E 05 (Fischer) Na nicht Spuren hinterlassen (lacht laut), die haben die meisten Namen gebildet!!! Die Deutschen sind seit Mitte des 12. Jahrhunderts eingewandert. Die Bistümer Brandenburg und Havelberg wurden zwar schon 948 gegründet, nachdem 941 die Brandenburg erobert wurde, das war ein Hauptsitz der slawischen Stammes der Heveller, aber dann gab es ja 981 den großen Slawenaufstand, und dann gabs erstmal keine deutsche Besiedlung. Und die fängt dann erst Mitte des 12.Jahrhunderts an, als hier das Land deutsch wurde, als die slawische Herrschaft zu ende war. G 05 Auto fährt übers Land (Innenaufnahme, etwas ruckelnd) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 06 (Fischer) Typisch deutsche Namen sind erstmal die vielen Namen auf Dorf, die dann eben nach dem Ortsgründer benannt wurden. Es war ja nicht so, dass die Slawen vertrieben wurden oder das sie ausgerottet wurden, im Gegenteil, denn den Herrschenden war ja an Steuerzahlern gelegen, an Siedlern gelegen, die haben ja Siedler gelockt. Und das auch viele Slawen - man spricht von Landesausbau - teilgenommen haben, sieht man an den so genannten Mischnamen, - d.h. ein Name wie Teschendorf : Dorf eines Mannes namens Teschek. Und Teschek ist ein slawischer Personennamen und davon gibt es sehr viele dieser Art in Brandenburg. G 06 Auto fährt übers Land (Außenaufnahme: Auto fährt vorbei) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel langsam weg E 07 (Fischer) Neuendorf? Kommt 27 mal in Brandenburg vor, also heute, damit es unterschieden wird, Hohen-Neuendorf, Nieder-Neuendorf, Nächst-Neuendorf, Neuendorf am See, Neuendorf im Sande. Aber außerdem gibt es noch 4 Neudorf und 3 Niendorf, nien ist die niederdeutsche Form von neu. Und dann 8 Nauendorf, nauen ist die mitteldeutschen Form von neu, die Niederlausitz ist ja zum Teil mitteldeutsch schon in der Mundart, also die häufigsten Namen sind Neuendorf. Und dann mit -schön gebildet... also das gibt es, soll ich das alles?... Schöna, Schönau, Schönberg, Schönborn, Schönebeck, naja bis Schönewalde, Schönwerda, - schön war das Wort, was Siedler anlocken sollte, naja man benennt ja, wenn man einen Ort gründet, man will Siedler anlocken, dann möchte man ja nun nicht einen hässlichen Namen geben ... (lacht) Und von der Anzahl folgt dann Buchholz, 14 mal Buchholz gibt es in Brandenburg und dann gibt es Waltersdorf oder Woltersdorf, Friedersdorf, Friedrichsdorf gibt es 13, Birkholz, auch als Bergholz gibt es 12 mal. Und im Slawischen sind die häufigsten Buckow und Briesen, - ach das hatte ich schon gesagt (blättert). AUT Natürlich. Und - Friedrich nicht zu vergessen. Der häufigste Personenname. Allein 12 Orte sind nach preußischen Königen benannt. Ein Herrscher prägt sein Land, auch sprachlich. G 07 Marktplatztreiben (Mittelaltermarkt) REGIE Geräusch kurz frei & dezent unter Einspiel legen E 08 (Fischer) Die meisten Ortsnamen, wo der Name Friedrich in der heutigen Form ist, die stammen dann mit Ausnahme von Friedrichsluga, die stammen aus dem 18. Jahrhundert, also Friedrichsaue, Friederichsburg, Friedrichsdorf, Friedrichsfelde. Die sind nicht nur nach Friedrich II, sondern auch nach dem Kurfürsten Friedrich dem III, der ist ab 1701 Friedrich I gewesen, König, der ist der Namensgeber für Berlin-Friedrichsfelde, dass hieß vorher Rosenfelde, oder für Friedrichsthal im Kreis Oberhavel, das hieß früher Grabsdorf. Und außerdem ist nach ihm die Berliner Friedrichstadt benannt. REGIE Geräusch kurz frei & abrupt beenden (etwas Hall) E 09 (Fischer) Jetzt war ich im 18. Jahrhundert, jetzt kommen wir zurück ins 12. Jahrhundert. Da wurden die Siedler direkt aufgefordert. Da war in Holland eine große Überschwemmung und da hat Albrecht der Bär sie eingeladen in die Mittelmark. Und da sind hier in die Mittelmark, also Havelland, nicht nur viele aus Holland gekommen, sondern auch viele aus der Altmark und aus Süden. Und die Leute haben zum Teil ihre Namen mitgebracht, sie übertragen. Zum Beispiel Velten ist von Veltheim oder Markau ist von Markee im Havelland, Markau ist über die Altmark aus dem heutigen Belgien. Wenn wir von Holland sprechen im Mittelalter, dann ist auch das heutige Belgien und sogar Namen aus Nordfrankreich, das war damals auch noch nicht romanisiert oder zum Teil nur - z.B. Phoeben bei Potsdam, das ist aus Nordfrankreich übertragen. REGIE Geräusch kurz frei & abrupt beenden (etwas Hall) AUT Schon lange vor dem Toleranzedikt des preußischen Staates unter dem Großen Kurfürsten also war Brandenburg ein Einwanderungsland. Beliebt bei Glaubensflüchtlingen, die im 18. Jahrhundert ihre ganz eigenen Namen mitbrachten. Zum Beispiel: Gosen. E 10 (Fischer / lacht) Denkt jeder ist ein slawischer Name, dabei stammt er aus Ägypten, aus dem Alten Testament, Gosen ist die Landschaft, wo nach dem Alten Testament der Vater und die Brüder Josefs ansiedelten. Das liegt daran, dass im 18. Jahrhundert besonders zur Zeit Friedrich des Großen sind ja hier viele Glaubensflüchtlinge gekommen, aus Baden-Württemberg, aus Böhmen, aus Frankreich, daher die vielen Hugenotten. Und die haben den Namen nicht gebracht, aber die haben gesagt, so wie Josef und seine Brüder sich ansiedelten, so siedeln wir uns auch an. Genauso haben das auch französische Glaubensflüchtlinge gemacht, die kamen 1716 hier nach Berlin und nannten das Moabit und die Moabiter wohnten zu biblischen Zeiten in Moab, einer Landschaft östlich vom Toten Meer, wahrscheinlich haben sie die Landschaft hier auch irgendwie ...(lacht)... als öde empfunden und so benannt. G 08 Schritte auf Kiesweg REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen E 11 (Fischer) Und was man auch immer fragt, diese merkwürdigen Namen wie Philadelphia und Neu-Boston (sagt auch Neu-Boston wörtlich auf deutsch!) im Kreis Oder-Spree, das sind nun keine Übertragungen im dem Sinne, - das sind amerikanische Namen, zu der Zeit wollten ja viele Siedler nach Amerika auswandern, aber da hat doch der preußische Staat den Oderbruch urbar gemacht. Und da wurden diesen Leuten dann eben eine Lebensgrundlage gegeben in den neuen Siedlungen und sie sind nicht nach Amerika ausgewandert, sondern haben ihre Orte so genannt, wo sie hinwollten eigentlich. AUT Namen sind zwar nicht Schall und Rauch sind, aber der Willkür ihrer Namensgeber preisgegeben. Umbenennungen waren - und sind - ein beliebtes Spiel über die Jahrhunderte. G 09 Ton-Aufnahme rückwärts spulen & Stop-Taste E 12 (Fischer / blättert in Papieren) In Brandenburg sind sehr viele Namen umbenannt worden und wieder rückbenannt, weil es politische Motive waren und dazu gehört auch Neuhardenberg. Der ist 2x umbenannt und 1x rück benannt im Kreis Märkisch-Oderland, heute ist es ja auch bekannt als Kulturzentrum, - hieß bis 1814 Quilitz, das ist ein slawischer Name, ein Spotname, Ort eines Mannes mit dem Namen Quila, - und quila, quilitz heißt Jammern, Greinen ...also so ein Spottnamen ... 1814 wurde Quilitz dem Fürsten Karl-August von Hardenberg als Dotationsgut verliehen und im zu Ehren in Neuhardenberg umbenannt. Es gibt für Umbenennungen von Dörfern und Städten nach königlichen und adligen Besitzern gibt es schon Beispiele. Bötzow wurde 1652 Oranienburg, Burg Rosenfelde, hier in Berlin wurde 1698 Friedrichsfelde oder Lietzenburg wurde 1715 Charlottenburg hier in Berlin, also nach adeligen wurden in dieser Zeit eben auch viel umbenannt.... so. Und 1949 hat man dann Neuhardenberg aus politischen Gründen umbenannt in Marxwalde zu Ehren von Karl Marx, es ist der einzige Ort in Brandenburg, der amtlich 2x umbenannt wurde ... und nach der Wende wieder zurückbenannt. G 10 Ton-Aufnahme vorwärts spulen & Stop-Taste E 13 (Fischer) Die meisten Umbenennungen in Brandenburg geschahen aus politischen Motiven. Von 1544 bis 1933 wurden 25 Dörfer und Städte umbenannt, von 1933 bis 1945 dann allein in der kurzen Zeit 41! G 11 Ton-Aufnahme kurz rückwärts spulen & Stop-Taste E 14 (Fischer) Es gab also vom Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg eine Anweisung, dass es aus nationalpolitischen Gründen erwünscht ist, dass alle Ortschaften, Flüsse und Bäche die slawischen Namen nach und nach verschwinden und durch rein deutsche, also reindeutsche Bezeichnungen ersetzt werden. Und das hat man dann bei vielen gemacht, aber es lag offenbar auch an der Beflissenheit der Leute, denn im Kreis Cottbus ist nichts umbenannt worden in der Nazizeit und in anderen Kreisen eben viel! Ich kann ja mal ein paar Beispiele nennen: Lipsa wurde Lindenort, Zschornegosta wurde Schwarzheide, Buckowin wurde Buchhain, Bylobure würde Geroburg, Bylen wurden Waldseelendorf, also na das sind 41, da könnte ich jetzt so weiter fortfahren. (lacht). G 12 Heidelandschaft REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen E 15 (Fischer) Also Zschornegosta heißt Schwarzheide, der sorbische Name für Schwarzheide übersetzt. Zschorne ist schwarz und gosta ist Heide, also auch ein Zeichen dafür, dass man das Sorbische noch verstanden hat. G 13 Kaffeeetasse E 16 (Fischer) Na Sie müssen nicht im Deutschen, sondern im Hochdeutschen, ja, im Hochdeutsch ist Heide sozusagen, naja das was wir eben kennen, diese öde Landschaft, aber Heide ist im Brandenburgischen, das Wort Heide bedeutet Nadelwald und Busch bedeutet Laubwald, und alle Namen mit - heide bezeichnen Nadelwald, es ist keine Heide im dem Sinne, dass das da eine Landschaft für Schafe ist! Heide ist ein Nadelwald in Brandenburg. AUT Die Heide ist also ein Nadelwald - im Brandenburgischen. Besser im Sorbischen, was in einigen Ecken auch heute noch gesprochen wird. Und was man zu einer bestimmten Zeit auch am liebsten ganz getilgt hätte, - weiß der Sprachwissenschaftler Reinhard Fischer. E 17 (Fischer) Naja, warten Sie mal... also ... (stellt Kaffeetasse ab) ... von den 35 Orten ... ach so, dass muss ich noch nachtragen: Die Umbenennungen hörten 1938 auf, aber auch auf Anweisung von oben, aber nicht wegen Einsicht, sondern wegen der Kriegsvorbereitungen, man mussten die Karten für die Wehrmacht machen und da konnten die Ort nicht anders heißen als auf der Karte ... (lacht) ... und da hörte dann die Umbenennung aus wehrpolitischen Gründen auf. G 14 Seiten blättern (hörbar) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen E 18 (Fischer) Also in der DDR-Zeit? Von den 35 Orten haben nach 1945 acht ihren alten Namen zurückerhalten, Bylogure, Bylen, Goyatz, Lipsa, Trepatsch, Wendisch-Rietz und Tschorno und die anderen haben den Namen bis heute behalten. In der DDR wurden naja doch einige umbenannt... (blättert)...i ch wollte noch mal sagen, Fürstlich-Drehna hat man in Drehna umbenannt, Hinderburg in der Uckermark wurde in Lindenhagen umbenannt, aber es gibt noch ein zweites Hindenburg in der Uckermark, das hat seinen Namen behalten. Königshorst wurde in Friedenhorst umbenannt (lacht verschmitzt) ... also das (blättert) sind die aus politischen Gründen, Stalinstadt wurde zu Eisenhüttenstadt, Guben bekam den Zusatz Wilhelm-Pieck-Stadt Guben, die wollten es ursprünglich Wilhelm-Pieck- Stadt nennen so wie Karl-Marx-Stadt, aber da haben sich die Webereien, habe ich gehört, gewehrt, weil das einen internationalen Namen hat, Guben, Waren aus Guben und da haben sie sich durchgesetzt und sie haben nur den Zusatz gemacht. Und nach der Wende wurden dann Fürstlich-Drehna, Neuhardenberg, Königshorst und Guben zurückbenannt. G 15 Seiten blättern (hörbar) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen E 19 (Fischer) Bei den Umbenennung ist ja noch eines, so wat Lustiges, (lacht und blättert im Buch) ... Die älteste Umbenennung in Brandenburg ist schon um das Jahr 1540 gemacht worden, und zwar hieß das Dorf Scheißendorf, und das wurde in Rosendorf umbenannt (amüsiert sich) Das Dorf gibst nicht mehr, das liegt bei Senftenberg und das ist abgebaggert worden. War aber ein amtlicher Namen, Scheißendorf, der sorbische Name hieß anders, es war auch so eine Art Spottnamen. Aber es gibt noch mehr: Allmanskniep ist Niederdeutsch, alleman ist jedermann, und kniep ist kneifen, also wo es den Leuten schlecht geht. Die Umbenennungen, das hat die Gemeinde sich sehr bemüht, das das umbenannt wird. Allmanskniep wollte man nicht heißen. Oder Schweinekofen (blättert), das hat man dann in Grenzhain umbenannt ... Diese Mischung, es gibt eben deutsche, slawische Namen, und was bei den Namen ist, man kann die nur erklären, wenn man die alten Belege hat und in Brandenburg ist eben diese Mischung aus slawische Namen, aus deutschen Namen und übertragenen Namen. AUT Fast 30 Jahre hat der Sprachwissenschaftler Reinhard Fischer damit zugebracht, die slawischen und deutschen Wurzel der brandenburgischen Ortsnamen herauszufinden. G 16 Seiten blättern REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen E 21 (Fischer) Ich war im Institut für Slawistik. Und die Aufgabe der deutschen Slawistik besteht darin, die Hinterlassenschaft der hier einst lebenden Slawen - in der Niederlausitz und im Obersorbischen ist sie ja noch da - eben zu erforschen. Und da, wo sie ausgestorben ist, da möchten wir die sprachlichen Hinterlassenschaften erforschen. Und die ist in den Ortsnamen, in den Flurnamen, da gibt es auch noch viele, in den Gewässernamen, und es gibt auch einige Wörter, die vom Slawischen in Deutsche gelangt sind, z.B. Lanke - das ist ein slawischen Wort aus dem Mittelalter, ist nur in Brandenburg bekannt, das ist so eine Flussbiegung. AUT Und in 30 Jahren wissenschaftlicher Arbeit hat Fischer viel erklärt: Auch das Busendorf nichts mit der weiblichen Anatomie zu tun hat. - Namen sind eben nicht Schall und Rauch. E 22 (Fischer) Naja, wenn wir slawische Namen erklären, dann haben wir auch die Hilfe, dass wir sie mit den slawischen Namen in den heutigen slawischen Ländern vergleichen, oder auch bei den deutschen Namen. Zum Beispiel Busendorf - da denken ja alle.. das steht dann überall und das liegt an einem See und das ist nach einem Busen des Sees benannt. Das ist aber ein Personenname, Boso, der wurde im Mittelalter Bursow ausgesprochen, der war im Mittelalter bekannt. Es gab einen Bischof in Magdeburg, der hieß Boso. Man spricht von Volksethymologien, die Namen so erklären, mit einem gleichlautenden deutschen Wort, aber man muss Wissenschaftler sein, um das alles richtig zu erklären. G 17 schweres Buch auf den Tisch knallen E 23 (Fischer) Die meisten Belege für die brandenburgischen Namen sind in dem "Codex diplomaticus brandenburgensis". Das ist ein vielbändigen Urkundenwerk, das sind alles Landschaften Brandenburgs, alle ältesten Urkunden Brandenburgs abgedruckt. Dann gibt es noch das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, da sind auch alle Orte drin. Und heute hat man es leichter, da kann man das Historische Ortslexikon für Brandenburg nehmen. Wir haben uns nach den alten Kreisen, wie das Historische Ortslexikon von Brandenburg, das ja nicht nur die alten Belege bringt, sondern auch, wem das gehört, Kirchen und Industrie und Landwirtschaft, also alles, Einwohnerzahlen, das bringt das Historische Ortslexikon, das gerade jetzt im Januar in einer neuen Auflage erscheint. G 18 Seiten blättern (hörbar) REGIE Geräusch kurz frei & unter Einspiel legen -ENDE Script- 1