COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur, Länderreport, 3 Dezember 2010 Versaute Gegend - Im vorpommerschen Tollensetal ist die Bürgerinitiatve unterlegen, aber nicht hoffnungslos Autorin: Alexa Hennings Redaktion: C. Perez Anmod: Eine industrielle Tierzuchtanlage soll gebaut werden, die Zahlen überschlagen sich, die Superlative auch. Deutschlandweit. In diesem Falle steht zur Debatte: Eine der größten Ferkelaufzuchtanlagen Europas, geplant im dünn besiedelten Vorpommmern in Alt Tellin. Vor zwei Jahren recherchierte Deutschlandradio vor Ort, dokumentierte die Spaltung des Dorfes, die Sorge ums zarte Pflänzlein Tourismus, von dem sich in der Region ums idyllische Tollensetal immerhin schon mehr Leute ernähren als von industrieller Landwirtschaft. Im Laufe der Jahre eskalierte der Konflikt, wurde sogar gewalttätig. Vor kurzem wurde das Mega-Projekt amtlich bewilligt. Was machte der Streit aus diesem Dorf? Alexa Hennings fuhr noch einmal nach Alt Tellin. ____________________________________________________________ Atmo Scheiben einschlagen Autorin Ein Oktoberabend in Alt Tellin. Die Storchenbar hat schon geschlossen. Da knallt es. Mehrmals . Die Fensterscheiben der Storchenbar gehen zu Bruch. O-Ton Bürgermeister Karstädt Wir waren schon zuhause. Es war gegen 23 Uhr, eigentlich eine Zeit, in der man noch überrascht werden könnte. Dat war ja das Komische. Atmo Kneipe, Kühlschrank, TV 1.03 Autorin Frank Karstädt ist der Bürgermeister von Alt Tellin und der Storchenbar- Besitzer. So wie schon vor zwei Jahren sitzt er in seiner Dorfkneipe, in der heute drei statt wie damals nur ein Besucher vor Bier und RTL hocken. Und gemeinsam schweigen. Die Stimmung ist im Tief. O-Ton Karstädt 0.10 Ungefähr 3000 Euro. Wer soll dat bezahlen? Ich glaub, bis auf drei waren wohl alle Scheiben kaputt. Sprecher Schweriner Volkszeitung, 7. Oktober. Kurz nach der Genehmigung der Schweinezuchtanlage in Alt Tellin haben Unbekannte die Gaststätte des Ortes angegriffen. Der Betreiber des Lokals , der sich für den Bau der bisher größtem Anlage dieser Art im Land eingesetzt hatte, vermutet einen Zusammenhang mit dem Streit um die Ställe. Atmo Kneipe Autorin Ein Monat später. Irgendwie ist sich der Bürgermeister jetzt doch nicht mehr ganz so sicher: Ihn wundert nicht nur, daß einer abends um elf die Scheiben einschmeißt, wo man da doch noch überrascht werden könnte. Noch rätselhafter ist ihm dieses: O-Ton Karstädt 0.25 Also untypisch für die Anlagegegner ist, daß hinterher im Internet kein Bekennerschreiben oder so gekommen ist. Wat sie ja bei allen anderen Sachen vorher gemacht haben. Und deswegen - Pause - Autorin Was ist die Strategie eines Vorpommern in derlei Angelegenheiten? O-Ton hoch ...Man muß abwarten. Autorin Warten ist der Bürgermeister gewohnt. Vier Jahre wartete er auf die Genehmigung der Anlage, denn er ist dafür - wegen der Arbeitsplätze und weil es in Vorpommern eben schon immer Schweine gab. Auch das Warten auf die Ermittlungsergebnisse der Polizei ist er mittlerweile gewohnt. O-Ton Karstädt 0.10 Auch hier ist kein Täter ermittelt und man möchte auch keinen Falschen beschuldigen und deswegen - müssen wir abwarten. Autorin Mit der Abwartetaktik hat der bedächtige Vorpommer immerhin sogar dem Schweriner Landtag etwas voraus; denn der verkündete - ohne daß es tiefer schürfende Erkenntnisse der Polizei gibt - gar eine Resolution: Sprecher Schweriner Volkszeitung, 17.November. Der Landtag hat gestern Gewaltaktionen radikaler Tierschützer verurteilt. Das Parlament bezog sich auf Anschläge auf Gebäude des Bürgermeisters von Alt Tellin. "Keine Gewalt unter dem Deckmantel des Tierschutzes", forderte Agrarminister Till Backhaus. Leider müßten Investoren und Bürgermeister immer öfter von der Polizei geschützt werden, wenn sie eine Tierzuchtanlage planen. Autorin Polizeischutz? Karstädt grinst. Das kommt bei ihm nicht so oft vor. O-Ton Karstädt 0.03 -lacht - ja, nix! Autorin Von Polizeischutz merkt er nichts, das wäre wohl auch etwas übertrieben, es geht ja Gottlob nicht um Leib und Leben in Alt Tellin. Er wäre ja schon froh, wenn die Polizei mal wenigstens irgendeines der "Vorkommnisse" aufgeklärt hätten, die sich in der letzten Zeit in seiner Gemeinde ereignet haben: Brandanschläge, Schmierereien, Sachbeschädigung, so Sachen. Ist die Polizei vielleicht überfordert? O-Ton Karstädt 0.04 Da sag ich lieber auch nix. Autorin Der Bürgermeister wüßte schon, wo er suchen sollte. Er kann sich denken, wer hier meist unterwegs war. O-Ton Karstädt 0.29 Zum Teil diese sogenannten Berufsdemonstranten. Man kann sie ruhig Krawallmacher nennen. Ich glaub nicht, daß das in der Absicht unserer Bürgerinitiatve hier lag, aber durch ihren teilweise großen Protest oder - oder - wurden die Leute natürlich auch mit angelockt. Atmo Scheiben O-Ton Jochen Löber 0.36 Auf der großen Seite stand eben: Und scheinbar haben Anlagegegner es nicht nur bei den Worten belassen. Autorin Jochen Löber,. Gemeinderatsmitglied für die Bürgerinitiative "Alt Tellin - wir sind ein Dorf." Gegner der von dem holländischen Schweinezüchter Straathof geplanten Anlage. O-Ton Löber weiter Und sofort rückt das natürlich in ein Verhältnis - ja, der Kneiper weiß, daß ich bei ihm die Scheiben nicht einschlagen würde, so weit hat man sich. Aber sie sagen eben immer wieder: Wir haben die rangeholt. Und sie verkennen, daß es Straathof ist, der die ranholt! Deswegen gibt's auch die überregionalen Schmierereien. Atmo Glocke 0.06 Autorin Jochen Löber istTöpfermeister. Eine Glocke an seiner Werkstatt in Neu Tellin meldet jeden Ankömmling - Löber hat eine alte Patronenhülse, die er in seinem Garten fand, umfunktioniert. O-Ton Löber 0.04 Das fällt unter die Kategorie: Schwerter zu Pflugscharen. Atmo Glocke Autorin Scherben sind in Löbers Metier ganz und gar unerwünscht, vielleicht schon deshalb sind sie ihm ein Greuel, ob aus Glas oder aus Ton. O-Ton Löber 0.30 Das hat aber die Diskussion vor Ort weitestgehend erschwert, weil wenn ich von aufgebrachten Bürgern der Gemeinde dazu befragt werde, ist es für mich auch sehr schwer, diesen Verdacht zu entkräften, wenn sie nicht wirklich bereit sind, hinzuhören und auf meine Person zu schauen. Das nützt letztendlich keinem was, außer einem Herrn Straathof, der dann weiß, in einer zerstrittenen Gemeinde kriegt er, wie auch geschehen, weitere Projekte immer noch mit Lockerheit durch. Autorin "Herr Straathof" - das ist Adrian Straathof - ist nicht in Alt Tellin. Da ist ja noch nichts los für ihn. Er sitzt am Telefon in Gladau, da hat er auch schon einen Ferkelstall. Der ist sogar noch größer als der geplante in Alt Tellin. Gladau liegt im Osten Deutschlands, ebenso wie die fünf anderen Anlagen des Niederländers. O-Ton Straathof 0.03 Wir sind ein Familienbetrieb. Sind wir glücklich, immer noch. Autorin Ein deutscher Familienbetrieb hat ungefähr 300 Tiere. Ein holländischer eben 10 000. Pro Stall. Mal sechs Ställe. Mit 10 000 Sauen sollen in Alt Tellin pro Jahr 250 000 Ferkel produziert werden. Das treibt den Töpfer um und er würde vom Schweinezüchter gern mal wissen, ob er dann auch noch eine Mastanlage plant, denn schließlich sollen aus 30 Kilo Ferkel ja mal 100 Kilo Schwein werden. O-Ton Straathof 0.14 Das ist zur Zeit nicht so geplant, weil unsere Hauptsache im Betrieb ist Ferkelproduktion und keine Mast. Aber was in ein, zwei Jahre ergibt, das weiß man nicht. Autorin Ein "Vielleicht" also, der Töpfer wird es nicht gern hören. Soll der Kampf etwa nochmal von Neuem losgehen - und man weiß eigentlich schon, daß man verliert? Löbers Frau Tine beruhigt ihre Nerven, indem sie Sterne und Monde in die noch weichen Tongefäße schneidet, der Adventsmarkt steht bevor. O-Ton Tine Löber 0.39 Wir haben immer gesagt : die Hoffnung stirbt zuletzt. Die stirbt auch sowieso zuletzt - lacht. Aber letztlich war jetzt doch 'ne Situation, wo man ein bißchen resigniert ist. Weil wir haben ja die ganzen Anhörungsverfahren mit Rechtsanwälten vom BUND gehabt und haben so viele Argumente, die offensichtlich gegen so eine Schweinemastanlage sprechen. Und es ist so viel ehrenamtliche Arbeit reingeflossen, Lebensenergie reingeflossen. Aber all das zählt nicht. Das wird einfach übergangen. Atmo Jochen Löber, Ton schlagen 0.21 Darauf Autorin Die Luftblasen müssen aus dem Ton, also wird er geschlagen. Frust ablassen kann man dabei auch. Atmo hoch, Löber ...Wenn die Luft raus ist und eine bestimmte Struktur dann erreicht ist, dann geht's eben deutlich besser...schlägt... Autorin Wenn beim Ton die Luft raus ist, ist das gut. Wenn aus einer Bürgerinitiative die Luft raus ist, ist das eher nicht gut. Das erlebten die Löbers. O-Ton Jochen Löber 0.25 Wir haben uns auch im Freundeskreis - man kann nicht sagen zerstritten, aber es gab unterschiedliche Positionen, die absurderweise zu mehreren Wählergemeinschaften und Einzelkandidaten geführt hat. Wo ich gesagt habe: Man muß den gemeinsamen Nenner suchen! Ich muß leider sagen, ich habs nicht geschafft. Man muß dort auch aus Fehlern lernen. Autorin Irgendwann fand man sich in einem Monty-Python-Film wieder: Dort haben sich die, die gegen die Römer sind, in zwei unversöhnliche Gruppen gespalten und vergessen vor lauter Hickhack untereinander gegen die Römer zu kämpfen. In Alt Tellin löste sich also die Bürgerinitiative auf, gründete zwei neue, marschierte im Kommunalwahlkampf getrennt statt zusammen und : Der alte Bürgermeister, Storchenbar-Besitzer Karstädt ,war der Sieger. Atmo Scheiben O-Ton Straathof 0.14 Das ist enttäuschend, daß solche Sachen passieren. Aber kann ich weiter auch nix dafür, tut mir leid für die Leute, die es betrefft. Aber was kann man dagegen? Radikal ist niemals gut. Autorin Irgendwann, ganz am Anfang, zertrümmerten Freunde des Schweineprojekts das Gartentor eines Gemeinderatsmitglieds und Gegners der Anlage. Mit Knüppeln. Damals verlas der Landtag keine Resolution. Dann blieb es ruhig. Später reisten Tierschützer aus dem ganzen Land an. O-Ton Löber 0.31 Ich hab mich dann zum Teil mit den Leuten unterhalten. Auf der Anlage, in der Ruine, gabs ja dann ein Camp und ein Widerstandshaus. Ich hab gefragt: Na, was macht ihr jetzt gerade? Ja, wir kämpfen jetzt dort, wir kämpfen jetzt da. Alles richtig, die Jugend sucht nach ihren eigenen Positionen und Geschichten. Aber ich habe im Vorfeld immer wieder versucht, mit ihnen zu sprechen: Was ihr jetzt hier macht, damit müssen wir dann leben. Also findet 'ne Form, die sozial bleibt und nicht asozial wird. O-Ton Hesse 0.17 Die, die da kamen, das waren Leute, die sind gegen alles. Die sind montags gegen die Startbahn, mittwochs gegen das Atomkraftwerk und donnerstags gegen die Schweine. Autorin Carl Hesse, Landwirt in Plötz. Die Plötzer wohnen am nächsten an der geplanten Anlage. O-Ton Hesse weiter Und wenn ich dann mit denen gesprochen habe und gefragt: Wie ist denn das jetzt mit der Genehmigung? In welchen Verfahren befindet sich das denn jetzt? Keine Ahnung! Die wußten nichts! Autorin Carl Hesse, ein Niedersachse, hat das Gut und das Gutshaus seiner Vorfahren wieder auf Vordermann gebracht. Er züchtet Raps, Getreide, Zuckerrüben. Konventioneller Anbau. Die Mega-Schweineanlage geht ihm gegen den Strich. Das hat nichts mit artgerechter Tierhaltung zu tun für ihn. Punkt. Deshalb stellte er den Tierschützern damals auf seinem Gelände auch ein Gebäude zur Verfügung, das diese dann als "Widerstandshaus" deklarierten und sich , groß angekündigt, "international vernetzten" wollten. O-Ton Hesse 0.29 Die sehen natürlich bunt aus, das paßt nicht in die Bevölkerung. Und die Nachbarn haben das mit Argusaugen beguckt. Und ich frag sie: Was habt ihr denn jetzt vor in dem Widerstandshaus? Wie wollt ihr denn jetzt vorgehen, wenn ihr die Bevölkerung hier mobilisieren wollt? Ja, also, wir fangen erstmal an und machen ein vegetarisches Grillen, da laden wir alle ein! Ich sag: Vegetarisches Grillen??? Da lockt ihr hier keinen hinterm Ofen vor, wirklich nicht! Wow! - lacht... Autorin Hesse ist des Vegetarismus unverdächtig, bis vor kurzem hielt er noch selbst Kühe. 120 Tiere, Auslauf auf der Wiese. O-Ton Hesse 0.28 Aber es hat sich eben nicht gerechnet. Dann muß man irgendwann entscheiden: Wird man ein industrieller Betrieb und vergrößert das Ganze auf Fünf?Oder gibt's man's auf? Und wir haben uns aufgrund der schwierigen finanziellen Lage fürs Aufgeben entschieden. Sicherlich weil wir auch keine Kredite für diese Fünfach-Vergrößerung gekriegt hätten. Und dann hätten wir auch garantiert nicht mehr artgerecht gewirtschaftet - lacht... Autorin Der holländische Investor der Ferkelzuchtanlage will 10 Millionen Euro investieren, dann stehen jedem Schwein 1,2 Quadratmeter zu. Stroh nicht. Kredite vom Land bekommt er nicht, Mecklenburg-Vorpommern fördert nur kleinere Anlagen: Bauern, die auch Land haben, die Fäkalien der Tiere als Dünger auf dem Acker auszubringen. Nun könnte Carl Hesse eigentlich ein gutes Geschäft machen und Adrian Straathof die Gülle abnehmen, die seine 65 000 Tiere - so viel Sauen und Ferkel befinden sich dann in der Anlage - hinterlassen. O-Ton Hesse 0.10 Was natürlich für uns eine Frage ist, die wir uns stellen ist, daß wir eben nicht nur billigen Dünger kriegen sondern was kriegen wir für Dünger? Also, was ist denn das eigentlich für ein Zeug? Autorin Durch die hormonelle Behandlung der Sauen und den in einem Stall von solcher Dimension unvermeidlichen Einsatz von Antibiotika ist die Gülle, so fürchtet der Landwirt, eben nicht gut zur Düngung geeignet. Gerade neulich wurden Juliane und Carl Hesse, Eltern von fünf Kindern, von einer Meldung aufgeschreckt: Das Robert-Koch-Institut teilte mit, daß es in Deutschland pro Jahr 15 000 Todesfälle gäbe, weil immer mehr Menschen nicht mehr auf Antibiotika ansprächen. Als Grund wurde die Medikamentengabe in Tierzuchtbetrieben gesehen, die über die Gülle ins Grundwasser gelangen und auch, wenn man kein Fleisch ißt, irgendwann in der menschlichen Nahrungskette auftauchen. O-Ton Juliane Hesse 0.24 Für uns ist es ein Familienbetrieb. Und wir denken in Generationen. Auch wenn wir jetzt kein Öko-Betrieb sind. Aber wir sind schon auf die Nachhaltigkeit unserer Bewirtschaftung auch angewiesen. Wir können ja nicht verseuchte Flächen zurücklassen. Und deswegen wollen wir diese Gülle eben nicht auf unserem Acker haben. Wenn alle so denken würden, hätte er hier keine Chance. Weil er nämlich die Gülle nicht loswerden würde. O-Ton Carl Hesse 0.30 Diese Sauenanlage in dieser Größenordnung in Niedersachsen z.B., da müßte er mit 30, 40 Betrieben reden, um diese Fläche zusammenzukriegen und seine Gülle loszuwerden. Da gibt es ja dieses Sprichwort: Fünf Bauern, sechs Meinungen. Das wird nie funktionieren! Und hier braucht er nur mit einem zu sprechen. Weil die Größenstrukturen hier so groß sind - Autorin Die Daberkower Landhof AG ist der König der Felder in dieser Gegend: 10 000 Hektar bewirtschaftet diese LPG-Nachfolgerin, die Hesses 700. O-Ton Hesse weiter Also dieser Betrieb kann die Gülleproblematik für den holländischen Großinvestor mit einer Unterschrift erledigen. Nur deswegen ist so eine Größenordnung überhaupt möglich. Autorin So passen ostdeutsche Land-Multis perfekt zu holländischen Tier-Multis. Das blieb auch den an - und wieder abgereisten Tierfreunden nicht verborgen, und so richteten sie ihre ganze Wut auf die Daberkower Landhof AG. Sprecher Internet-Forum "Schweineblogsport.de": In der Nacht zum 26.1.2010 zündeten wir in Brook die Lagerhalle der Daberkower Landhof AG an. Diese will ein Grundstück in Neu Plötz an Adrian Straathof verkaufen. Autorin Oder besser: Sie richteten ihre Wut auf eine Person: Wilfried Kosalla. Sprecher Brief an Wilfried Kosalla. "Guten Morgen. Hoffentlich war diese Nacht für dich geruhsam. Wenn Mörder überhaupt ruhig schlafen können. Du wirst die Erholung für die kommenden Tage, Wochen, oder Jahre brauchen. Wir haben die Lagerhalle der Daberkower Landhof AG in Brook angezündet. Wenn du an Straathof ein Grundstück verkaufst, wird weiterer Schaden folgen." O-Ton Kosalla 0.39 Ansonsten ist es für uns von der Menge her für uns nicht das Problem, daß es 'ne Überbelastung der ganzen Gegend wird - Autorin Winfried Kosalla, Chef der Landhof-AG Daberkow. O-Ton Kosalla weiter Wir sehen da eigentlich keine Probleme und wir gehen einfach davon aus: Wir können unser Futter relativ günstig vor Ort bei ihm loswerden. Wir bekommen die Restklärstoffe zurück. Und in der Summe wird sich das für uns sogar etwas günstiger gestalten die ganze Geschichte: Wir sparen ein paar Düngerkosten ein, wir brauchen die Sachen gar nicht mehr zur Trocknung zu fahren, das kann da gleich feucht konserviert werden. Also wir hoffen auf ein paar Effekte, daß man sagen kann: Es macht sich auch finanziell günstig für uns die Geschichte. Sprecher Brief an Kosalla. "Wir werden insgesamt so viel Eigentum der Landhof AG zerstören, bis der Schaden drei mal so hoch ist, wie der Preis, den Straathof euch für das Gelände zahlt. Wir werden auch Privateigentum von dir zerstören." O-Ton Kosalla 0.17 Das ist natürlich dann nicht mehr so spaßig. Daß man sagt: Ich kann keine Maschinen mehr draußen stehen lassen, weil man nicht weiß, was damit passiert. Man kann seine Hallen - ja wir können nichts weiter machen als die Türen und die Tore zuschließen. Daß man da Angst haben muß, daß da was passiert. Autorin Zum Glück wurde das Feuer an der Maschinenhalle früh entdeckt. Dann wurde Kosallas Wohnhaus beschmiert, das Gelände der Landhof AG am Tor besetzt, so daß die Maschinen nicht zur Arbeit ausrücken konnten. O-Ton Kosalla 0.21 Eigentlich haben wir gedacht, das ist was, wo die Leute alle sagen werden: Okay, jetzt kommt alles wieder ins Lot, so wie es mal gewesen ist. Aber es hat keiner damit gerechnet, daß alle sagen: Wir wollen nicht, wir wollen nicht, wir wollen nicht! Wir wollen nur noch Tourismus, was weiß ich, blühende Landschaften. Aber es gibt eben auch Leute, die müssen ihr Geld im Territorium hier verdienen. O-Ton Ramm 0.06 Sollen sie anfangen! Ick brauch bloß 'n Spaten, dann wär ich schon da! Autorin Sylvio Ramm, Gast in der Storchenbar. O-Ton Straathof 0.18 Das ist vielleicht einer, die wir vielleicht mal aus einem anderen Betrieb heranholen, um das er einfach mehr Erfahrung hat. Aber im Stall brauchen wir vierzig Mitarbeiter, und ich hoffe, daß die alle im Kreis von 20, 25 km zu finden sind. O-Ton Meier 0.18 Ja, auf jeden Fall, wenn er anfängt zu bauen, kriegt er auch von mir ´ne Bewerbung. Ich hab 12 Jahre in dieser Branche gearbeitet - Autorin Thomas Meier, Gast in der Storchenbar. O-Ton Meier weiter Besser kann ich es gar nicht haben, ich hab meine Arbeit auf der Haustür, keine Fahrerei groß . Wir warten ab - wenn er baut, kriegt er die Bewerbung. O-Ton Kosalla 0.31 Hier ist nun mal der Kreis Demmin, Statistik letzter Platz, ganz, ganz, ganz hinten. Wir hoffen ja, daß das dazu beiträgt, daß bißchen Leben reinkommt. Aber - wir müssen jetzt eben nach vorne gucken und sagen: Wir müssen aufpassen, daß Herr Straathof nicht irgendwo - naja, in dem Sinne aus dem Ruder läuft. Weil er hat ja in der Nachbargemeinde auch eine Anlage übernommen, hat uns versucht, das zu erklären, daß er da auch in bestimmte Sachen reingestolpert ist. Und er hat sich bestimmt seinen Namen schon versaut. Und er hat auch aus Holland Sachen mitgebracht, die ihm an den Hacken hängen. Autorin Adrian Straathof wurde mehrmals rechtskräftig verurteilt, weil er in seinen Ställen behördliche Auflagen nicht eingehalten hatte. O-Ton Nina Pohl, liest Gedicht vor 0.34 Mich kotzt alles an. Autorin Nina Pohl, Hohenbüssow. Sie trägt ein Gedicht vor. Selbstverfaßt. O-Ton Nina Pohl weiter Mich kotzt alles an. Die Inaktivität und Zerrissenheit der Gemeinschaft. Das Geschwurbel der Schönredner. Die Rückzugspossen der Familiengrufties. Die Miesmacherei und Volksspalterei der Machthaber. Die Brisanz und die Unentrinnbarkeit der Lage...liest weiter Darauf Autorin Als sie das schrieb, war die Wut groß: Sie hatte gerade erfahren, daß die Schweineanlage nun genehmigt ist. O-Ton Pohl 0.07 Wenn das vor der eigenen Nase ist, kann man nicht mehr so abducken. Da kann man jetzt nicht mehr so vor sich hin schlawinern. Autorin Die Wut der Poetin ist immer noch groß. Gerade hat die Region Tollensetal und Peenetal den Eaton-Award bekommen, einen Preis für aufstrebende Tourismusregionen. Erster Platz bei 28 Mitbewerbern in ganz Deutschland. O-Ton Pohl 0.13 Das ist schon ein Bemühen, uns das nicht kaputtmachen zu lassen. Und natürlich ist klar, daß die Investoren damit rechnen, daß die Leute hier nicht viel Schlagkraft haben. Naja. Autorin Mit der Schlagkraft soll man sich nicht täuschen. Vor einem Jahr haben einige Alt Telliner das Bundesnetzwerk "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" mit gegründet. Nun geht's gemeinsam weiter. Man hat aus Monty Python gelernt. O-Ton Nina Pohl, singt 0.14 Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun wird sich die Welt verändern...wiederholt... Darauf Abmoderation 1