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Auch das katholische Gemeindehaus in der schmalen Campbell Street ist ein ziemlich unscheinbarer Bau. Atmo, Layola: "We will follow you." Atmo: Drinnen aber ist richtig was los. Die Männer haben sich an diesem Freitagabend schon mächtig in Fahrt gebracht. Atmo, Layola: "Over and over...." Autor: Fahles Licht. Ein paar Reihen Tische. Zigarettenrauch hängt in der Luft. Rotgesichtige Männer in billigen Anzügen sitzen auf rot gepolsterten Stühlen. Die Krawatten gelockert singen sie aus vollem Herzen und trinken aus großen Büchsen - schwarzes Guinness. Atmo: "´cause we are Celtic supporters!" Autor: Drei Flaggen hängen an der Wand des großen Festsaals. Die Irische: Grün, Weiß, Orange. Die der Katholischen Kirche: Gelb und Weiß. Und die Grün-Weiße von Celtic -Das Kleeblatt in der Mitte. 48 Stunden noch bis zum großen schottischen Fußball-Derby: Celtic gegen Rangers. Paul Brennan: "This is it! This is the beginning, the end. There is no other football match in the world. It's huge, it's enormous and it always has been and it always will be." Autor: Für Paul Brennan geht nichts über das legendäre Derby, das überall wegen der großen Rivalität nur Old Firm genannt wird. Der 43jährige ist ein schmächtiger Mann. Rotblonde Haare, blasser Teint, irische Wurzeln. Im Layola Center sitzt er heute Abend zusammen mit seinem Vater an einem der langen Tische. Vor fünf Jahren gründet er das Blog "Celtic Quick News". Bei den Fans von Celtic hat Paul großen Einfluss. Atmo, Layola: - Festsaal, Gelächter - Paul Brennan: "I think Celtic always have been a relatively modern club. Celtic were formed in the 19th century by a Catholic priest to feed the poor people in the east end of Glasgow." Autor: Celtic wird Ende des 19. Jahrhunderts von einem katholischen Priester gegründet, er will den armen Leuten im Glasgower Osten helfen: mit Essen und Kleidung. Paul Brennan hält Celtic für einen relativ modernen Klub. Paul Brennan: "From day one, from the very first team, they were open to all and the very first goalscorer was a Church of Scotland member. That's the way the club has been. It's been at the vanguard of change throughout Scottish football history, especially in the industrial west where it's had quite a colourful history." Autor: Vom ersten Tag an ist Celtic offen, sagt Paul. Offen für alle. Ein Vorbote des Wandels. Der erste Torschütze ist sogar Mitglied der Church of Scottland, der reformierten, evangelischen Nationalkirche Schottlands. Atmo, Layola: - Reden, Erfolge, Podium - Autor: Im Festsaal ist die Zeit der großen Reden gekommen. Gedacht wird der Helden, die einst stolz das Celtic Trikot trugen und nun nicht mehr da sind. All die großen Erfolge und geschlagenen Fußballschlachten werden heruntergebetet. Die Meisterschaften. Der legendäre Europa-Cup-Sieg 1967, vor über 40 Jahren. Die ganze Litanei. Berauscht vom Guinness nicken ein paar Männer ein; sacken auf den weich gepolsterten Stühlen in sich zusammen. Die gestärkten, blütenweißen Tischtücher sind jetzt befleckt. Bierdosen kullern über das Linoleum. Atmo, Layola: - Tombola - Autor: Der Priester von Wishaw, ein stattlicher Mann Mitte fünfzig in traditioneller, schwarzer Tracht und mit weißem Kragen, zieht sich zurück. Gesagt hat er nichts, aber gesehen hat er viel. Genug für heute Abend. Paul Brennan kann dagegen nicht genug bekommen von dieser emotional aufgeladenen Atmosphäre. Diese Messe elektrisiert ihn. Paul Brennan: "We need to tell each other that this is important, we need to tell each other the stories of our history and about why we're a different football club and the values we have as a support." Autor: Paul, der seit 14 Jahren eine IT-Firma in Glasgow leitet, hat im Gemeindesaal von Wishaw eine Rede gehalten, die sich gewaschen hat. Vom Podium herab hat er den Geist von Celtic beschworen. Wie der Prediger von der Kanzel. Paul Brennan: "The values that our fathers and grandfathers had still have merit and are still relevant for the Celtic of today and tomorrow. It's our responsibility to pass that on. Openness and respect to all people first and foremost. Celtic are an inclusive football club and you need to make sure you stick to that." Autor: Offenheit und Respekt, das sind die Werte, für die Celtic immer stand und auch jetzt noch steht, sagt Paul. Den Rangers, den Rivalen aus dem Glasgower Westen, kann man nicht helfen, sagt er. Die müssen schon selbst drauf kommen, dass sie sich ändern müssen. Paul Brennan: "We can't do anything about Rangers. It's their responsibility to go and do that and if Celtic fans attempted to preach to Rangers fans it would simply be taken wrongly." Autor: Immerhin gesteht Paul den Rangers zu, dass auch sie sich inzwischen geöffnet haben. Ein bisschen jedenfalls. Auch wenn sie erst 108 Jahre nach ihrer Vereinsgründung den ersten Katholiken in ihrer Mannschaft spielen lassen. Paul Brennan: "I was in my 20s before Rangers signed a Catholic football player. Growing up you can't imagine what it was like living with a huge institution that simply wouldn't employ Catholics in the west of Scotland. It created this sense of who and what that club were." Autor: Paul ist 22, als die Rangers Maurice Johnston verpflichten. Und das obwohl der Katholik vorher sogar für den Erzrivalen Celtic spielt. Vor 20 Jahren in Glasgow eine Sensation. In der Zeit davor war Paul Brennan in der Gewissheit aufgewachsen, dass eine große Institution wie die Rangers mitten in West-Schottland, einfach keine Katholiken aufnehmen wollte. Eine Erfahrung, die ihn tief geprägt hat. Paul Brennan: "Our values in that small sense can never be pinned down. They will change to some extent over the generations but we've got to maintain what we can maintain. And what we can maintain is openness and respect to others and guard against the kind of things like bigotry and sectarianism and racism that influence clubs and do influence other clubs." Autor Jetzt kommt es darauf an, das Erbe der Großväter und Väter an die nächste Generation weiterzureichen, sagt Paul. Gegen Sektiererei, religiösen Fanatismus und Rassismus vorzugehen, darin sieht er seine Mission. Dieses Vermächtnis möchte er an seine beiden Söhne weitergeben. So wie sein Großvater es mit seinem Vater gemacht hat und sein Vater mit ihm. Aber seine beiden Jungs sind erst sechs und acht. Paul Brennan: "I don't know how I could handle if they started supporting Rangers.Why on earth it would hurt." Autor: Schlägt ihr Fußballherz eines Tages für die Rangers - hört der Spaß aber auf. Das hat für Paul dann nichts mehr mit Offenheit zu tun. Männer könnten sie heiraten, kein Problem. Aber die Rangers, nein, da spielt er nicht mit. Paul Brennan: "They can do what they like. They can marry who they like. They can marry a man or a woman but just don't support Rangers! Rangers isn't open. For one of my sons to follow a very much closed organisation is something that I would really want to discourage." Atmo Layola: - Tombola - Autor: In Westschottland sind die Fronten also noch immer verhärtet, die Fußballgräben sehr tief. Die Einen fühlen sich als katholische Söhne irischer Einwanderer immer noch ungeliebt, missverstanden und fremd. Bis heute sind sie in Schottland eine Minderheit. Nur 15 Prozent der fünf Millionen Schotten sind Katholiken. Für sie ist Celtic, 1888 im armen Glasgower Osten gegründet, der Fels in der Brandung. Die Anderen, die protestantischen Rangers, waren schon immer da. Sie sehen in Celtic nur einen irischen Klub in Schottland. Die Rangers sind ihr ganzer Stolz. Ihr Verein, der Schottland in der ganzen Welt vertritt. Atmo: - BBC, Newsroom, Stimmen, Gelächter - Autor: Glasgow, BBC Scottland, Newsroom. Chick Young: "I don't know how many I've covered over the last 40 years, countless, but the atmosphere is like nothing else I've ever seen in a football match and I've travelled round the world covering football." Autor: Chick Young ist eine Institution. Seit 40 Jahren berichtet er über Fußball auf der ganzen Welt. Er sitzt in einem Konferenzzimmer der BBC in Glasgow. Der Raum, ein Würfel in lila und grün. Drei mal drei Meter. Chick Young, der Fußballkorrespondent, rückt im Sessel nach vorn. Zugewandt, interessiert. Wie viele Old-Firm-Derbys der waschechte Glasgower in seiner Laufbahn gesehen hat, weiß er nicht. Chick Young: "A Celtic-Rangers, Rangers-Celtic game is quite unbelievable. The atmosphere is electric but obviously at times it's for totally the wrong reasons. The songs that are being sung from one end to the other. And anyone that tells you that Rangers or Celtic didn't get rich on the back of religion is absolutely wrong." Autor: Das Spiel fesselt Chick Young immer noch. Auch nach all den Jahren. Für ihn ist die Atmosphäre beim Glasgower Derby etwas ganz besonderes. Hoch aufgeladen; aber leider meistens aus den falschen Gründen. Der grauhaarige Fußballexperte bedauert, dass beide Clubs, Rangers und Celtic, noch immer so viel Kapital aus den religiösen Gegensätzen schlagen. Atmo: - Ibrox Disaster, 2. Januar 1971 - Autor: Auf einem Laptop spielt Young einen BBC-Bericht vom Ibrox Disaster vor. Am 2. Januar 1971 sterben 66 Menschen im Stadion der Rangers. Kurz vor Spieschluss bricht eine Tribüne weg. Chick Young: "No, I didn´t attend the Ibrox Disaster although I remember it very well. My brother was at the game." Autor: Chick Young ist an diesem Tag nicht im Stadion. Atmo: - Ibrox Disaster, 1971 - Chick Young: "It was a very tragic day for Glasgow and the west of Scottland. And through the disaster, what happened at Ibrox that day there was a city a bit more united than it had been in previous times." Autor: Nach der Tragödie in Ibrox rücken die verfeindeten Lager in Glasgow enger zusammen als jemals zuvor. Für eine Weile stellen Rangers- und Celtic-Fans fest, dass sie eigentlich gar nicht so verschieden sind, sagt der 64-Jährige. Beide Lager sind dem Fußball bedingungslos verfallen. Nur befinden sich ihre Clubs am jeweils anderen Ende des Spektrums. Chick Young: "I think in the wake of the Ibrox Disaster there was a period when people realised...while Rangers and Celtic fans are worlds apart they actually are the same kind of people, who worship the same kind of thing, who are addicted to the same kind of football club - just on different ends of the spectrum." Autor: Der nächste große Schritt aufeinander zu: 17 Jahre später. 1988 nehmen die Rangers Maurice Johnston unter Vertrag. Der gebürtige Glasgower ist nicht nur der erste Katholik im blauen Rangers Trikot. Johnston spielt zuvor drei Jahre für Celtic. Für Glasgower Verhältnisse ist der Transfer damals eine unglaubliche Geschichte. Chick Young: "Rangers and Celtic need one another: They go commercially into deals together. At the moment you have the big brewers in Scotland, Tennents, who sponsor the jerseys They couldn´t do Rangers und not do Celtic or do Celtic and not do Rangers.." Autor: Rangers und Celtic sind aufeinander angewiesen, sagt der BBC-Veteran. Für ihn sind die beiden unzertrennlich. Im Moment ist eine große schottische Brauerei Trikotsponsor für beide Teams. In Schottland ist es undenkbar, dass die Brauerei nur einen der beiden Vorzeigeklubs unterstützt. Die ganze Geschichte steckt voller Irsinn und Ironie. Chick Young: "Someone once said they´re like a couple of old tarts walking down Sauciehall Street flashing their wares. They do go hand in hand. That´s the irony." Atmo: - Annie Millers, Rangers Fankneipe, St. Enochs. Stimmen Musik - Autor: Mitten durchs Herz von Glasgow fließt der Clyde. Einen Steinwurf vom Fluss entfernt liegt die Ropework Lane. Eine winzige, zugige, gottverlassene Seitenstraße im Stadtteil St. Enochs. Nummer 39 ist ein dunkler Backsteinbau mit zugemauerten Fenstern. Atmo: - Annie Millers, Rangers Fankneipe - Autor: Drei Flaggen hängen über der schwarzen Eingangstür Die Schottische: Weißes Andreaskreuz auf blauem Grund. Der blau-weiß-rote Union Jack für Großbritannien. Und: Red Hand of Ulster. Ein rotes Georgskreuz auf weißem Grund, in der Mitte ein sechszackiger Stern mit einer Krone und einer roten Hand. Die inoffizielle Flagge Nordirlands. Ein Symbol der Unionisten. Sie möchten, dass die nordirische Provinz Ulster, ein Teil des Britischen Königsreichs bleibt. Atmo: - Annie Millers - Autor: 24 Stunden vor dem Derby ist das Annie Millers, ein Pub für Anhänger der Rangers, gut besucht. Die Fans bringen sich in Stimmung. Sie sind voller Optimismus. Douglas Dickie: "It´s important....it´s a one-up on them until the next one, no matter what happens in-between." Autor: Douglas Dickie ist Rangers Fan, seit er denken kann. Ein Sieg über Celtic ist für den 29jährigen extrem wichtig. Douglas Dickie: "You´ve got the bragging rights, not just for the rest of the week, but until you play them again. It´s just so important. It´s a cultural thing. It´s a social thing. There isn´t a feeling in the world like beating Celtic. I can´t think of anything that´s better." Autor: Nach einem Sieg ist Douglas Dickie nicht nur die ganze Woche oben auf, sondern bis zum nächsten Spiel gegen Celtic. Douglas ist Historiker, in Glasgow geboren. Dreitagebart, modischer Drei-Viertel-Mantel. In der Hand ein Glas Whisky. Ein Sieg im Old Firm Derby ist für Douglas eine wichtige kulturelle und soziale Angelegenheit. Für ihn gibt es nichts Besseres, als dieses Überlegenheitsgefühl. Und er will es auskosten, so oft und so lange es nur geht. Douglas Dickie: "We´ve earned our place here. We´ve earned our right to be the biggest club in Scotland." Autor: Douglas sagt, die Rangers sind zu Recht der größte Klub in Schottland. 53 Mal Landesmeister - öfter als irgendein anderer Klub auf der Welt. Douglas Dickie: "Rangers were built up by four boys in Glasgow Green. And we were elevated to the top of the tree in Scotland because we had the best players, because we had the best team and that´s why we´ve got a massive support. We´ve also got a massive support because we´ve come to represent a certain section of Scottish society." Autor: 15 Jahre mehr als Celtic haben die Rangers auf dem Buckel. 1873 wird der Verein von vier protestantischen Studenten in Glasgow Green gegründet. Die Rangers haben es an die Spitze des schottischen Fußballs geschafft. Weil sie die besten Spieler und großen Erfolg haben, werden sie von einem bestimmten Teil der schottischen Gesellschaft stark unterstützt, sagt Douglas Dickie. Obwohl sich der Klub geöffnet hat und mittlerweile Spieler verschiedener Konfessionen und Nationalitäten aufnimmt, haben die Rangers ihren größten Rückhalt noch immer im Lager der protestantischen Unionisten und die sind heute auch im Annie Millers. Letzte Runde vor dem Spiel. Noch einmal werden die Gläser gefüllt. Douglas Dickie: "I want to see us in a position where we can compete with the best in Europe. I do think we all want to see us compete on a bigger stage." Autor: Am liebsten wäre es Douglas Dickie natürlich, wenn seine Rangers mit den besten Teams in Europa mithalten könnten. Aber obwohl sie als schottischer Meister auch in dieser Saison wieder einen Platz in der Gruppenphase der Champions League hatten, haben sie den Anschluss an die europäischen Spitzenteams längst verloren. Mit nur zwölf Vereinen ist die schottische Liga einfach zu klein und viel zu provinziell. In den Stadien von Inverness, St. Mirren oder Kilmarnock sind am Spieltag selten mehr als ein paar Tausend Zuschauer. Autor: Nur das Old Firm Derby reißt es für Schottlands Fußball raus. Früher spielen manchmal Dundee oder Aberdeen um den Titel mit. Aber das ist lange her. Seit Jahren machen es die beiden Großen, Rangers und Celtic, nur noch unter sich aus. Bei nur einem Dutzend Klubs in der Scottish Premier League gibt es vier Mal pro Saison den Glasgower Klassiker. Douglas Dickie: "This is going to sound very weird but I always wear the same boxers on Old Firm day. Actually the are green and gold" Autor: Douglas Dickie ist abergläubisch. Seit Ewigkeiten zieht er zum Match immer dieselben grün-goldenen Unterhosen an. Als er sie das erste Mal trägt, gewinnen die Rangers. Douglas Dickie: "I wore them one day and Rangers won. And I thought, well you know what, I´m not going to change that. So that´s my little secret for tomorrow." Atmo: - Celtic Park, Paradise - Autor: Draußen: Ein sonniger, knackig-kalter Sonntagvormittag. Douglas Dickie ist längst auf dem Weg zum Stadion. Anstoß ist um 12 Uhr 45. Die Polizei hofft, durch den frühen Termin weniger Schnapsleichen zu haben. Diesmal ist es ein Heimspiel für Celtic. Celtic Park, die Arena, liegt in Parkhead, einem eher ärmlichen Stadtteil drei Kilometer östlich vom Glasgower Zentrum. Paradise, der große Friedhof, ist ganz in der Nähe. Jedes Geschäft und jeder kleine Kiosk auf der London Road, der Hauptstraße, die, leicht ansteigend, zum Stadion führt, ist mit irischen Fahnen geschmückt: Grün-Weiß-Orange. In Parkhead ist dieser Sonntag ein Festtag. Atmo: "Welcome to Celtic Park. Let´s make some noise for the Boys in Green." - Let the people sing. Autor: 63.000 sind im Stadion. Ein Meer in Grün-Weiß mit einer kleinen blauen Rangers-Insel darin. Seit Wochen ist das Spiel ausverkauft; bis auf den allerletzten Sitz. Paul Brennan: "In the last decade Rangers have visited Celtic Park 23 times, losing 15, drawing five and only winning on three occasions. They don´t like coming to Celtic Park." Autor: Paul Brennan, der fanatische Celtic-Fan aus dem katholischen Gemeindehaus in Wishaw, ist angespannt. Die Nervosität vor dem Spiel. Aber noch wirkt der rotblonde Schotte mit den irischen Familienwurzeln gefasst. In den vergangenen zehn Jahren waren die Rangers 23 Mal zu Gast bei Celtic. Sie haben fünf Mal unentschieden gespielt, nur drei Mal gewonnen, 15 Mal verloren. Die Statistik gibt Zuversicht. Ein bisschen. Paul Brennan: "There´s maybe around seven miles between them. Rangers can go anywhere on the planet and will not feel further away from home than they are at Celtic Park. It´s culturally so different from them." Autor: Zwischen Ibrox, der Heimat der Rangers, und Parkhead liegen nur ein paar Kilometer. Aber Paul Brennan ist sicher, dass sich die Rangers nirgendwo sonst auf dem ganzen Planeten fremder fühlen als hier im Stadion von Celtic. Eine ganz andere Welt. Paul Brennan: "They are who they are, it´s a different organisation. Their club and their supporters like nothing about Celtic Park. They don´t like anything about Celtic. And they certainly don´t like coming there to play football." Autor: Paul, 43, frommer Katholik trägt um den Hals einen grün-weißen Celtic Schal. Er hat eine Dauerkarte, sitzt auf der Nordtribüne, Block 404, Reihe BB, Sitz 25. Immer, bei jedem Heimspiel, alle 14 Tage. Rechts neben ihm sein 68jähriger Vater, zur Linken Pauls jüngerer Bruder. So geht das seit Jahrzehnten. Paul Brennan: A goal against the rangers is one of those occasions when my 64 year old father heaped me off the ground and I am in my forties now and that does not happen apart from those occasions and he has done it to me and my brother. Autor: Ein Tor gegen die Rangers ist für Paul und die männlichen Familienmitglieder natürlich etwas ganz besonderes. Sein Vater springt dann auf und hebt ihn hoch. Eine der wenigen Gelegenheiten, wo die Männer Gefühle zeigen. Generationenübergreifend. Paul´s Vater hebt dann nicht nur ihn und seinen Bruder hoch, sondern jeden x-Beliebigen in der Nähe, der gerade greifbar ist. Für Paul ist es ergreifend. Ein großer Moment, ein Band für die Familie und die ganze große katholische Gemeinde. Paul Brennan: "It´s a great moment. It´s a great family moment for ourselves. It´s a great community moment. People across the generations, men find it difficult to have things in common. It´s a real bond. We´ve been doing this for decades and we´ll continue to do it for decades to come." Atmo: - Walk on through the wind and the rain- Autor: Das Old Firm Derby ist nicht nur ein Fußballspiel. In Parkhead ist es auch ein katholischer Gottesdienst. Eine gigantische Freiluftmesse vor 60.000 Gläubigen. Und wenn Celtic am Ende gewinnt, ist es ein neuer Beweis für die Überlegenheit der eigenen religiösen Philosophie. Auch wenn man 100 Jahre lang vom Gegner gedemütigt wurde, bleibt man fröhlich, hält man trotzdem auch noch die andere Wange hin. Vom Opfer zum Märtyrer ist es nur ein ganz kleiner Schritt. Celtic ist ein moderner Verein, hat Paul Brennan gesagt. Offen für jedermann. Celtic gegen die Rangers in Paradise ist ein Erlebnis, ein Event für die ganze Familie. Aber die Frauen der Brennans sind heute - wie sonst auch - nicht im Stadion. Bei den wirklich wichtigen Spielen kann Paul seine Frau nicht gebrauchen. Er hat einfach keinen Nerv, ihr bei so einem Spiel zu erklären, was abseits ist. 1