COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Forschung und Gesellschaft am 24. Mai 2007 Red.: Peter Kirsten Neue Perspektiven auf die Vergangenheit. Nationalmuseen in der globalisierten Welt Von Otto Langels Take 1 Ottomeyer 0.35 Es ist einigermaßen klar, die Menschen heutzutage wollen nicht mehr über die Schönheit keramischer Oberflächen belehrt werden und haben oft auch die Nähe zu den literarisch und religiös vermittelten Inhalten der Gemäldesammlungen und der großen Museen verloren. Aber die lebendige Neugier an Geschichte, der Versuch, sich zu orientieren, ist ein starker und immer stärker werdender Impuls geworden. Aut. meint Hans Ottomeyer, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums. Nach 20jähriger Vorbereitungsphase öffnete das DHM im letzten Sommer seine Pforten. Seitdem ist es zum meistbesuchten Museum Berlins geworden. Über 600.000 Personen haben die neue Dauerausstellung im renovierten Zeughaus Unter den Linden bereits gesehen. Das Prestigeprojekt in der deutschen Hauptstadt gehört zu einer Reihe nationaler Geschichts- und Kulturmuseen, die in den letzten Jahren entstanden sind und sich regen Zuspruchs erfreuen. Das kanadische Museum der Zivilisation in Ottawa z.B. verkaufte im vergangenen Jahr 1,3 Millionen Eintrittskarten. Eine beeindruckende Bilanz, meint der Direktor des Museums, Victor Rabinovitch. Take 2 Rabinovitch 0.50 (Übers. ca. 0.35) That number is now going up again ... Übers.: Und die Zahlen steigen weiter an. Zum Vergleich: Die Nationalgalerie hatte 2006 ungefähr 365.000 Besucher, das Wissenschafts- und Technologiemuseum 375.000. In das Königliche Museum von Ontario in Toronto, ein sehr großes und bekanntes Museum, kamen 890.000. Ich vergleiche unsere Zahlen gerne mit denen des Eishockey-Profiteams von Ottawa, den Senators, eine großartige Mannschaft, fast so gut wie Manchester United im Fußball. Sie hatten insgesamt 720.000 Zuschauer. ... 720.000 spectators. Aut. Neben Kanada und Deutschland sind in jüngster Zeit auch in anderen Industriestaaten Nationalmuseen errichtet worden oder in Planung. Die Gründungswelle reicht von Polen bis Japan, von Österreich bis Neuseeland und Australien. Doch was ist überhaupt ein Nationalmuseum? Auch altehrwürdige Häuser wie der Pariser Louvre, der Prado in Madrid oder das British Museum in London mit ihren Sammlungsbeständen aus aller Welt gelten als nationale Einrichtungen. Den Experten fällt eine klare und befriedigende Antwort schwer. Rosmarie Beier-de Haan, Sammlungsleiterin des Deutschen Historischen Museums und Professorin an der TU Berlin: Take 3 Beier-de Haan 1.10 Wenn man sich die Museumslandschaft anschaut, gibt es sicherlich sehr unterschiedliche Typen, z.B. das Nationalmuseum von Finnland in Helsinki ist eher ein Museum, das einen Querschnitt durch die Kultur und Kunst des Landes gibt, das wäre etwa ein Nationalmuseum. Denkt man an das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das ist ein Museum für Kunst- und Kulturgeschichte mit großen Sammlungen, angefangen in einer Zeit im 19. Jahrhundert, als es noch nicht den Nationalstaat gab, aber als es eine zunehmende Wahrnehmung der Deutschen als Deutsche gab. Also auch das ist ein Nationalmuseum. Natürlich ist auch das Deutsche Historische Museum ein nationales Museum, auch wenn es das nicht im Titel trägt, aber allein schon deswegen, weil es sich mit Fragen der Geschichte der deutschen und europäischen, internationalen Geschichte auf einer übergeordneten nationalen Ebene beschäftigt. Also von daher kann man jetzt nicht sagen, der und der genau definierte Typ ist ein Nationalmuseum, sondern man kann es vielleicht auf den Nenner bringen, daß in Nationalmuseen verhandelt wird, nachgedacht wird über das, was eine Nation bewegt, in welche Richtung auch immer. Aut. Die vielfältige Genesis nationaler Sammlungen erlaubt offenkundig keine eindeutige Definition. Renommierte Häuser wie der Louvre, der Prado oder das British Museum mit ihren universellen Sammlungen schmücken sich ebenso mit dem Attribut ?national? wie die später, im Verlauf des 19. Jahrhunderts entstandenen Einrichtungen, darunter das Nationalmuseum von Versailles und das Museum Nazionale del Risorgimento in Turin. Sie akzentuieren die Unterschiede zwischen den Nationen, die Besonderheiten einer bestimmten Kultur. Das Interesse gilt vor allem den Spuren der eigenen Geschichte. Take 4 Beier-de Haan 0.25 Wenn man zurückschaut, ist ja eigentlich das Nationalmuseum vom Typus her an die Etablierung von Nationalstaaten gebunden gewesen. Im 19. Jahrhundert ist es mit dem großen Auftreten der Nationen, oft auch mit einer kolonialen Geste verbunden gewesen, also im Grunde ein völlig anderer Typus. Und das dieser Typus aber so wandlungsfähig gewesen ist, denke ich, das war schon auch eine überraschende Erfahrung. Aut. Denn Ende des 20. Jahrhunderts folgte eine weitere Welle von Museumsgründungen, erstaunlicherweise in einer Zeit, die als postnational beschrieben wird; eine Zeit, in der z.B. immer mehr Staaten der Europäischen Union beitreten und die Regierungen die gemeinsamen, grenzüberschreitenden kulturellen Werte ihrer Länder betonen. Steht hinter diesem Museumsboom ein wachsendes historisches Interesse, die Suche nach den ethnischen und kulturellen Wurzeln der Nation oder ein gesellschaftliches Bedürfnis nach Orientierung? Soziologen sprechen von einer zweiten Moderne, in die die Museumsgründungen fallen, gekennzeichnet durch die zunehmende Vereinzelung des Menschen und den Verlust an Traditionen. Take 5 Baier-de Haan 1.00 Auffällig ist ja, daß dieser Boom stattfand in Ländern, die in gewisser Weise alle eine schwierige Identität hatten. Also Deutschland als geteiltes Land, mit den Anfängen eigentlich der Beschäftigung mit dem Holocaust, mit der NS- Vergangenheit; ein Land wie Kanada mit der Frage, wer gehört eigentlich zur Nation, wie gehen wir mit der first nation um, wie ist das Verhältnis zwischen englischen und Franco-Kanadiern; oder auch Neuseeland, wo man auch gefragt hat, wie verhalten wir uns gegenüber den Indigenen. Also im Grunde ? wenn auch immer im Erscheinungsbild sehr unterschiedlich, aber von der Struktur her war es ähnlich ? waren es Gesellschaften, die sich gefragt haben, wer sind wir eigentlich, wer gehört zu uns, wie können wir uns auch neu definieren, wie können wir uns erweitern? Und da hat sich dann das Museum als überraschend tragfähiges Medium erwiesen, auch solche Fragen im öffentlichen Diskurs anzugehen. Musik Aut. 1989 wurde in der kanadischen Hauptstadt Ottawa das Museum der Zivilisation eröffnet ? als Nationalmuseum. Man sei sich der Schwierigkeiten bewußt gewesen, diesem Anspruch in einem riesigen Land gerecht zu werden, berichtet Victor Rabinovitch, Präsident des Museums. Take 6 Rabinovitch 0.33 (Übers. ca. 0.25) How do you here create stories ... Übers. Wie erreichen wir hier Menschen, die Tausende von Kilometern entfernt leben? Wir sagen, daß wir eine nationale Einrichtung sind. Wir sagen, daß wir nationale Geschichte erzählen. Wir sagen, daß wir die nationale Identität beeinflussen wollen. Und doch gibt es den Widerspruch: Wenn man eine nationale Einrichtung ist, aber an einen Ort gebunden ? wie kann man dann auf nationaler Ebene kommunizieren? ... communicate in a national manner. Aut. Eine Herausforderung für ein riesiges Land wie Kanada, das sich dazu bekennt, eine multikulturelle Nation zu sein, mit über 100 verschiedenen ethnischen Gruppen - neben Ureinwohnern zahlreiche Migranten, die im Laufe der Jahrhunderte ins Land kamen. Take 7 Rabinovitch 0.35 (Übers.: ca. 0.25) Diversity and multiculturalism is really .. Übers.: Verschiedenheit und Multikulturalität gehören zu den Grundlagen des kanadischen Selbstverständnisses. Die Idee einer multikulturellen Gesellschaft hat ihren Ursprung in der kanadischen Politik und wurde 1970 vom Ministerpräsidenten erstmals erwähnt - als Leitlinie, wie Kanada mit seinen Kulturen umgehen sollte. 1988 wurde dann schließlich ein Gesetz zur Multikulturalität beschlossen. ... multiculturalism act in 1988. Aut. Ein Jahr später öffnete das Museum der Zivilisation seine Pforten und versuchte, die Grundlagen der kanadischen Verfassung und Gesellschaft zu visualisieren. Die Rauminstallationen einer chinesischen Wäscherei oder einer Flughafenlounge thematisieren z.B. die Herkunft, den Aufstieg und die Integrationsprobleme der Immigranten. Take 8 Rabinovitch 1.10 (Übers. ca. 1.00) This whole installation .. Übers.: Die Installation einer Wäscherei steht symbolisch für den Zwang chinesischer Immigranten, bestimmte Steuern zahlen zu müssen. Sie steht für schwierige Arbeitsbedingungen, für Rassismus in der populären Kultur, wie er z.B. in der damaligen Musik zu hören war. Insofern ist die Installation eine Metapher für den Erfolg dieser Immigranten, aber auch dafür, welche Hindernisse sie überwinden mußten, um Erfolg zu haben. Eine weitere Installation stellt eine Lounge des Flughafens von Vancouver dar, ungefähr im Jahr 1968 - als Metapher, daß unsere Immigranten damals zunehmend aus dem pazifischen Raum kamen und nicht mehr von der atlantischen Seite. Die Deutschen verließen nicht mehr ihre Heimat, weil sich ihre Lebensbedingungen zu Hause verbessert hatten. Gleiches läßt sich von den Italienern sagen. Aber zum Glück kamen viele Menschen z.B. von den Philippinen oder aus Indien und China über den Flughafen Vancouver ins Land. .. through the Vancouver Airport. Aut. Das kanadische Museum der Zivilisation steht stellvertretend für einen Trend in den westlichen Industriegesellschaften: Die neuen Geschichtsmuseen greifen zunehmend komplexe Themen wie kulturelle Vielfalt oder Migration auf. Sie beschränkten sich nicht mehr nur darauf, typische, seltene oder kostbare Exponate auszustellen, erklärt Rosmarie Baier-de Haan. Take 9 Baier-de Haan 0.30 Die Identität, die Selbstwahrnehmung der Institution hat sich verändert. Man hat sich früher stärker auch als ein Ort der Aufbewahrung, der Präsentation des Schönen gesehen. Heute versteht man sich viel mehr als ? was die Amerikaner immer Mediator nennen - sozusagen ein Ort der Vermittlung, des Austauschs, ein Forum, ein Ort der Begegnung, an dem durchaus auch Kontroversen, die eine Gesellschaft bewegen, unterschiedliche Wahrnehmungen, einen Raum finden. Musik Aut. Als geradezu vorbildlicher Ort der Begegnung und Vermittlung gilt das Te Papa-Nationalmuseum von Neuseeland. Die Bezeichnung aus der Sprache der Maori, der Ureinwohner, bedeutet so viel wie: Ort der Schätze des Landes. Seit der Eröffnung im Jahr 1998 haben mehr als 10 Millionen Besucher die Ausstellung gesehen. Sie erzählt die Geschichte der Maori gleichberechtigt neben der Geschichte der britischen Einwanderer. Der doppelte Blick reicht bis in die Architektur des Hauses, die Gestaltung der Räume und die verwendeten Sprachen in den Ausstellungstexten. Sogar das Museumspersonal und die Aufsichtsgremien setzen sich aus beiden Bevölkerungsgruppen zusammen. Den Wandel vom kolonialen Besitzdenken zum respektvollen Umgang mit Exponaten illustriert Seddon Bennington, Leiter des Te Papa Museums, am Beispiel alter Maori-Masken: Take 11 Bennington 1.00 (Übers.: 0.40) In the 1860ies it was ... Übers.: In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts konfiszierte die neuseeländische Regierung die Masken während der Kriege gegen die Maori und brachte sie ins Kolonialmuseum nach Wellington. Die Eigentumsfrage war ein Jahrhundert lang aus Sicht des Museums eindeutig: Die Masken gehörten dem Nationalmuseum. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde diese Ansicht dann grundsätzlich in Frage gestellt. Und im Jahr 2000 wurden die Masken symbolisch an den Maori-Stamm zurückgegeben. Man könnte auch sagen: Sie hatten immer dem Stamm gehört, aber erst jetzt wurde ihr Eigentum auch formal anerkannt. So ist Te Papa heute ein Wächter des Schatzes im Namen des Stammes. ... behalf of the tribe. Aut. Die doppelte Sichtweise im Te Papa-Nationalmuseum stößt allerdings in Zeiten weltweiter Migrationsbewegungen an Grenzen. Welchen Raum bietet das Museum neuen Bevölkerungsgruppen wie z.B. den Indern, die ihren Platz in der neuseeländischen Gesellschaft suchen? Take 12 Bennington 0.20 (Übers.: ca. 0.12) We find that telling these stories ... Übers.: Wir meinen, daß es sehr wichtig ist, ihre Geschichten nicht zu mediatisieren, sondern sie in der ersten Person zu erzählen. Wir wollen sie anschaulich und direkt präsentieren. Die Stimmen ihrer Gruppe sollen Gehör finden. ... can come through. Aut. Die Museen bedienen sich inzwischen häufig der biographischen Perspektive, um Empathie zu erzeugen. Historische Prozesse und Ereignisse werden aus der Sicht einzelner Personen dargestellt. Sie stehen stellvertretend für ganze Bevölkerungsgruppen oder eine Nation. Geschichte soll lebendig, abwechslungsreich und nachvollziehbar, der Museumsbesuch zu einem unterhaltsamen Erlebnis werden. Musik Aut. Klassische Nationalstaaten wie Japan, Frankreich oder Deutschland haben, ihren imperialen Ansprüchen gemäß, bis in die jüngere Vergangenheit ein heroisches Bild ihrer Geschichte zu zeichnen versucht, mit traditionellen Darstellungen, die sich auf Herrscherhäuser, ruhmreiche Schlachten und nationale Symbole konzentrieren. Erst die in den letzten Jahrzehnten in diesen Ländern entstandenen neuen Nationalmuseen berücksichtigen auch die dunklen Seiten der Vergangenheit. Sie bemühen sich zusehends um ein differenziertes, pluralistisches Geschichtsbild. Tsuneo Yasuda vom Nationalmuseum der japanischen Geschichte in Tokio, das vor 20 Jahren eröffnet wurde: Take 13 Yasuda 0.25 (Übers.: ca. 0.20) The national history museum ... Übers.: Das nationale historische Museum muß nicht mehr Regierungshandeln rechtfertigen. Militärgeschichte reduziert sich nicht mehr auf die Darstellung von Kriegen. Und Geschichte wird nicht mehr ausschließlich aus einer nationalen Perspektive betrachtet. Stattdessen ist die Sozialgeschichte zum vorherrschenden Thema geworden, man könnte auch sagen: die Volksgeschichte. ... people history. Aut. Allerdings gilt die Präsentation des Nationalmuseums inzwischen bereits als veraltet und soll überarbeitet werden. Wie schwierig es jedoch sein kann, die genannten Prämissen umzusetzen, läßt sich daran ablesen, daß die japanische Geschichte seit 1930 im Museum noch nicht vorkommt. So konnte das Vorhaben, bei der Militärgeschichte auch das Leiden der Zivilbevölkerung anzusprechen, bislang nur ansatzweise in einer Sonderausstellung realisiert werden. Take 14 Yasuda 0.25 (Übers.: ca. 0.15) We had an exhibition .. Übers.: Wir hatten eine Ausstellung über ein Militärregiment. Wir wollten dabei zeigen, was es für den Durchschnittsbürger bedeutet, Soldat zu werden. Wir wollten zeigen, wie der Alltag beim Militär abläuft und wie das Verhältnis zwischen den Soldaten und der Bevölkerung des Regimentsstandortes aussieht. .. residents was like. Aut. Nicht nur in Japan fällt der Umgang mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts schwer. Im Staatlichen Historischen Museum Moskau sucht man vergeblich nach Zeugnissen aus dieser Zeit. Die Räumlichkeiten dafür würden gerade errichtet, heißt es. Obwohl die Dauerausstellung nach dem Untergang der Sowjetunion neu konzipiert wurde, reicht sie nur bis ins 19. Jahrhundert. Geschichte in einem Nationalmuseum wiederaufleben zu lassen, gestaltet sich schwierig, je mehr sie sich der Gegenwart nähert. Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit, die mit den Erinnerungen von Zeitzeugen und Emotionen verbunden sind, rufen Kontroversen hervor und verzögern oder verhindern sogar eine museale Darstellung. Das australische Nationalmuseum in Canberra wurde im Jahr 2001 eröffnet, nach zwei Jahrzehnten Vorbereitung. Doch es war von Beginn an umstritten. Die Museumsgründer sahen sich bereits nach kurzer Zeit mit der Forderung konfrontiert, die Ausstellung zu überarbeiten. Mathew Trinca, Chefkurator des Nationalmuseums: Take 15 Trinca 0.25 (Übers.: ca. 0.15) Substantial majorities within .. Übers. Wichtige Bevölkerungsgruppen meinten, daß sie in der Ausstellung nicht ausreichend berücksichtigt würden. Und wenn ihre Vergangenheit vorkäme, dann nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit, wie sie bedeutenden australischen Einwanderer- oder Eingeborenengruppen zustünde. ...was thought to be reiceiving. Aut. Inzwischen hat das Aufsichtsgremium des Nationalmuseums Sachverständige berufen. Sie sollen die Dauerausstellung überarbeiten und andere Sichtweisen auf die australische Gesellschaft präsentieren. Take 16 Trinca 0.25 (Übers.: ca. 0.15) The committee of review ... Übers.: Die Kommission hat es begrüßt, wie die Vergangenheit der Eingeborenengruppen im Museum dargestellt wurde. Aber sie hat gleichzeitig deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das Museum die genauen historischen Umstände bestimmter Epochen stärker berücksichtigen sollte. ... evolution of a time. Aut. Aus den vagen Worten des Chefkurators ist herauszuhören, in welchem Dilemma Museumsexperten sich befinden, wenn sie politischem Druck von außen ausgesetzt sind. Können sie ihre Unabhängigkeit bewahren und unbequeme Darstellungen gegenüber der Öffentlichkeit verteidigen oder geben sie den Forderungen nach, weil sie sonst personelle und finanzielle Konsequenzen fürchten müssen? Musik Aut. Am 8. Mai 2005, 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde in Ottawa das Kanadische Kriegsmuseum eröffnet, organisatorisch angebunden an das Museum der Zivilisation. Victor Rabinovitch: Take 17 Rabinovitch 0.45 (Übers. ca. 0.40) The messages of the War Museum .. Übers.: Die Botschaften des Kriegsmuseums sind eindeutig: Die erste lautet, daß der Krieg die kanadischen Grenzen geformt hat. Wir sind uns dessen nicht mehr bewußt, aber tatsächlich war Kanada im 18. und 19. Jahrhundert ein Kriegsschauplatz. Der Krieg hat die kanadische Industrie und das Land insgesamt kolossal geprägt. Die zweite Botschaft: Krieg ist grausam, es gibt nichts zu beschönigen und nichts zu verherrlichen, er ist brutal. 3. Der Krieg hat Auswirkungen auf den einzelnen Menschen, direkt oder indirekt. Und die vierte Botschaft: Wir sollen uns erinnern, wir dürfen nicht vergessen. ... we must not forget. Aut. Die bizarre Architektur des Gebäudes soll die museumspädagogischen und didaktischen Absichten des Hauses als Geschichtsmuseum und Erinnerungsort verstärken: Schräge Wände sollen eine Atmosphäre der Instabilität und Bedrückung erzeugen. In einem Gedenkraum befindet sich das Grabmal eines unbekannten Soldaten. Darauf fällt zu einem bestimmtem Zeitpunkt ein Lichtstrahl durch ein Fenster. Das Kriegsmuseum wird so zu einem hochsymbolischen Ort. Entsprechend umstritten sind einzelne Aspekte der Ausstellung, insbesondere wie die Verantwortlichen die Bombardierung deutscher Städte während des Zweiten Weltkriegs sehen. Take 18 Rabinovitch 0.15 (Übers. ca. 0.15) It is a criticism ... Übers.: Es gibt Kritik, es gibt vor allem vehemente Kritik von Seiten der Kriegsveteranen. Sie meinen, daß ein kanadisches Kriegsmuseum nicht die schlimmen Seiten der Kriege ansprechen sollte, an denen sie beteiligt waren. Wir tun es aber. ... what we do. Aut. Empörung provozierte vor allem eine Texttafel, die die Luftangriffe als nutzlos und inhuman bezeichnet: Zitat Das Ergebnis der massenhaften Bombenangriffe auf Deutschland waren große Zerstörung und der Verlust von Menschenleben. Erfolg wie moralische Berechtigung der Angriffe bleiben stark umstritten. Ziel der Bomber- Kommandos war es, die Moral der Zivilbevölkerung zu erschüttern und Deutschland durch die Zerstörung seiner Städte und Industrieanlagen zur Kapitulation zu zwingen. Obwohl das Bomberkommando wie auch amerikanische Angriffe 600.000 deutsche Ziviltote und mehr als 5 Millionen Obdachlose hinterließen, führten die Angriffe nur zu geringfügigen deutschen Produktionsrückgängen am Ende des Krieges. Aut. Die Veteranenverbände drohten mit einem Boykott des Museums, wenn der Ausstellungsteil nicht geändert und die Texttafel entfernt würde. Inzwischen haben die Verantwortlichen den Text korrigiert: Die Zahl der Zivilopfer fehlt, ein Video zeigt die Bombardierung deutscher Städte, aber keine Toten mehr. Musik Aut. 1850 lebten in Frankreich 400.000 Zuwanderer, 100 Jahre später waren es bereits 1,7 Millionen. Immigranten haben jahrhundertelang die französische Gesellschaft geprägt, doch im kollektiven Gedächtnis, in den Museen kamen sie so gut wie nicht vor. Stattdessen schmückte sich das Land lieber mit den Insignien kolonialer Eroberungen und errichtete dafür in der Hauptstadt ein eigenes Gebäude. Ausgerechnet im ehemaligen Kolonialmuseum entsteht jetzt ein Museum zur Geschichte der Immigration. Das Palais der Kolonien werde umgewandelt in ein Palais der Einwanderer, berichtet Agnes Arquez-Roth, Kuratorin des Projekts. Take 19 Arquez 0.30 (Übers.: ca. 0.25) You must know, that the ... Übers.: Das Palais an der Porte Dorée ist ein bedeutendes Bauwerk, das eigens für die Kolonialaustellung im Jahr 1931 errichtet wurde. Die Mauern dieses Gebäudes erzählen die Kolonialgeschichte Frankreichs und damit das Gegenteil dessen, was wir beabsichtigen. Aber es ist ein Weg, die Vergangenheit zu akzeptieren, sie nicht zu vergessen, und zugleich nach vorne zu schauen und gemeinsam etwas Neues aufzubauen. ... that we are building together. Aut. Das Museum will das Thema der Migration nicht aus der Perspektive der Muttergesellschaft beleuchten. Deshalb sollen die verschiedenen Immigrantengruppen den Aufbau begleiten. Rosmarie Baier-de Haan: Take 20 Baier 1.05 Man hat bei der Planung schon gesagt, man bezieht alle gesellschaftlich relevanten Gruppen mit ein: Es gibt über 200 Migrantengruppen, die einen großen, begleitenden Beirat bilden. Und daß das nicht einfach zu handeln ist, das denke ich, liegt auf der Hand. Das erfordert auch ein enormes Management, was den Diskurs angeht, was die Kommunikation angeht. Da ist es sicher so, daß Museen auch neue Erfahrungen machen, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen. Und es ist eigentlich auch interessant zu beobachten, daß sich auch das Berufsprofil derer, die im Museum arbeiten, verschiebt. Also der klassische Kurator, der Kunsthistoriker oder Historiker ist, ist ja im Grunde heute einer neben anderen. Es gibt viele ?Quereinsteiger? in Museen, die aber sehr viel soziale Kompetenz, sehr viel Erfahrung im Sozialmanagement mitbringen, und deren Erfahrungen die Museen dann nutzen können. Diese neue personelle Struktur zeigt im Grunde auch wieder die neuen Aufgaben und die Wandlungen des Museums. Musik Aut. Die neuen Häuser in Frankreich, Kanada oder Deutschland richten den Blick auf Minderheiten, auf den Einzelnen, auf den Alltag, auf soziale und grenzüberschreitende Zusammenhänge. Um komplexe Themen anschaulich darzustellen, bedienen sich die Museen moderner multimedialer und interaktiver Technik. Dabei stoßen die Experten freilich an Grenzen. Take 22 Baier 0.45 Das Museum ist ja immer noch der Ort, an dem eine materielle Überlieferung aufbewahrt wird, und sie wird in Ausstellungen gezeigt. Also das ist ja im Grunde das, was das Museum unterscheidet von anderen Einrichtungen. Wir argumentieren mit den Dingen, wenn man so will, mit den Gegenständen einer Epoche, mit Zeitzeugen, in denen sich etwas spiegelt, in denen sich eine Zeit spiegelt. Und natürlich ist nicht jedes Thema oder nicht jede Herausforderung der Gegenwart etwas, was sich auch in die Form einer Ausstellung bringen läßt; also Fragen der Globalisierung oder vieler Aspekte des Immateriellen, was Wertungen, Haltungen und dergleichen angeht, das ist ja immer nur sehr vermittelt über Ausstellungen zu kommunizieren. Aut. Die neuen Geschichtsmuseen in den westlichen Gesellschaften tragen dem Wertewandel der zweiten Moderne Rechnung, indem sie sich mit kultureller Vielfalt, Individualisierung oder transnationalen Zusammenhängen beschäftigen. Dagegen beginnen die ehemaligen sozialistischen Länder Osteuropas erst, ihre jahrhundertealte Geschichte ohne ideologisches Korsett des Sowjetkommunismus neu zu entdecken. Take 23 Baier 0.50 Was man in Osteuropa beobachten kann, ist ja vielfach eine, was die Sozialwissenschaftler eine Renationalisierung nennen, also die Hinwendung zur Frage, was ist eigentlich unsere Nation, was zeichnet sie aus, was ist unsere Geschichte, was sind die Eckdaten, die großen Ereignisse, die unsere Nation bewegt haben. Und in Osteuropa sind viele Museen bis heute noch dabei, sich gewissermaßen von sowjetischen ideologischen Überformungen auch der Geschichtsschreibung zu befreien, sind dabei, überhaupt wieder ein eigenständiges Geschichtsbild zu entwickeln. Und das spiegeln eigentlich auch diese Häuser, die sehr bestrebt sind, sehr genau auf die eigene Geschichte zu schauen und erst mal ein neues Narrativ zu entwickeln, was das Eigene angeht. Aut. Polen plant z.B. ein großes nationales Geschichtsmuseum, das in Warschau entstehen soll. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung und Teilungen sei das Land erstmals völlig souverän und könne ohne Vorbehalte auf die eigene Vergangenheit schauen, erklärt Robert Kostro, Gründungsdirektor des nationalen Geschichtsmuseums. Take 24 Kostro 0.50 (Übers. ca. 0.30) First of all we want to show ... Übers.: Zu allererst wollen wir zeigen, daß Polen ein Teil Europas ist. Wir wollen seine Vielschichtigkeit darstellen. Zweitens ist es wichtig, den totalitären Terror und seine Gräuel zu thematisieren. Weiterhin wollen wir auf wichtige Momente unserer Geschichte blicken, auf die wir stolz sein können, aber auch auf Ereignisse, die uns mit Scham und Schuld erfüllen. Und schließlich wollen wir, soweit notwendig, die Kriege thematisieren, nicht weil wir sie für wichtiger halten als alles andere, aber manchmal muß man einfach darauf eingehen. ... refer to that things. Aut. Wer heute eines der modernen Geschichts- und Kulturmuseen besucht, wird kaum eine erschöpfende Antwort auf die Frage nach dem Selbstverständnis einer Nation finden. Insofern tragen Nationalmuseen nur bedingt zur Identitätsbildung einer Gesellschaft bei. Sie verstehen sich zwar als Gedächtnis der Nation, aber sie können nur das Rohmaterial liefern, historische Prozesse besser zu verstehen, sie bieten keine fertigen Geschichtsbilder. Take 25 Baier 1.20 Es gibt Erinnerungen, die treten in einer bestimmten Phase verstärkt in den Vordergrund und andere treten zurück. Auch die Wahrnehmung, wie man etwas erinnert, die eigene Werthaltung demgegenüber verändert sich. Und ich denke, in so einem Sinne sind Nationalmuseen schon ein Gedächtnis, in diesem dynamischen Sinn sind sie Gedächtnis der Nation. Und es ist auch etwas, was wir im Museum immer wieder feststellen, daß die Besucher sagen, es ist ihnen wichtig, vor Ort, an den Dingen, im Rahmen einer Führung, im Gespräch mit den Referenten, manchmal auch im Gespräch mit anderen Besuchern, der eigenen Geschichte, der deutschen Geschichte, der europäischen Geschichte nachzuspüren. Und da denke ich ist tatsächlich das Museum fast der einzige Ort, wo so etwas überhaupt stattfinden kann. 1 1