DEUTSCHLANDFUNK Redaktion Hintergrund Kultur / Hhörspiel Redaktion: Barbara Schäfer Feature Das Geheimnis der Schranktür Das Architektenpaar Alison und Peter Smithson Ein Feature von Dirk Meyhöfer Produktion: DLF 2014 Regie: Friederike Wigger Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Sendung: Freitag, 20. Juni 2014, 20.10 - 21.00 Uhr ALISON+PETER (Darunter: O-Ton "Peter Smithson im Diavortrag") "Was für eine wundervolle Erfindung ist doch die Schranktür, dieser einfache Schutzschild für einen der intimsten Bereiche im inneren Territorium. SPR 2 Das Geheimnis der Schranktür! Das Architektenpaar Alison und Peter Smithson Ein Feature von Dirk Meyhöfer [Musik: Nils Frahm, Water 1...] SPR 1 Bad Karlshafen an der Weser. Der Weser-Skywalk, eine weit auskragende Plattform auf den Hannoverschen Klippen bei Würgassen bietet eine grandiose Aussicht, fast 100 Meter über dem Wesertal. Gleich darunter: Ein unscheinbares Anwesen, versteckt in einer Villenstraße im Wald. ZUSP 1 (Bruchhäuser: wo ist Karlchen, ab 2:30) Das Hexenhaus ist ja gemacht für einen Mann und eine Katze, eine Harmonie zwischen Mensch, Tier und Pflanze, und Licht, Luft und Wasser, [...]. Es geht ja auch um die Beziehung Haus und Stadt und Territorium. SPR 1 Ein Weserkapitän hat sich kurz nach dem Krieg das kleine Holzfachwerkhaus mit der bescheidenen Länge von kaum sieben Metern als Ruhesitz in den östlichen Weserhang gebaut. Mit schlichtem Satteldach und in der Form bekannt, etwa so, wie Kinder ein Haus malen. Mehr als 20 Jahre Umbau haben dieses Waldhäuschen in ein Baukunstwerk verwandelt. Hausherr heute ist der Möbelfabrikant Axel Bruchhäuser, ein Mann mit Katzen, die seit Generationen immer Karlchen heißen. ZUSP 1 ff (Bruchhäuser: wo ist Karlchen, ab 2:30) Es geht hier um die Beziehung - [...] - zwischen den Einwohnern, den Menschen, den Tieren, egal welcher Art, den Bäumen und Pflanzen, die zum Leben dazu gehören und den Respekt und dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Dreien, einschließlich des sauberen Lichts, der Luft und des Wassers [...], Rücksichtsorte, Energiequellen, um den verloren gegangenen inneren Frieden wiederzufinden. Und das funktioniert mit dem Hexenhaus phantastisch. SPR 1 Ein Hexenhaus. Im Märchenwald. Die Verwandlung nahm das englische Architektenpaar Smithson vor. Die Smithsons bauten nicht einfach Häuser. Sie bearbeiteten - so hätten sie es ausgedrückt - ein "Territorium" aus Haus, Natur und Luft. Im Bad Karlshafener Hexenhaus gibt es keine Zimmer im herkömmlichen Sinn. Nur ein Raumkontinuum. Sorgfältig gesetzte Fenster. Und Öffnungen, in Außen- und Innenwänden oder auch in den Decken. Bisweilen asym-metrisch oder rund. Schränke mit Türen? Sehr wenige, sehr wenige für einen Möbelfabrikanten. Axel Bruchhäusers Geschichte mit den Architektenpaar Alison und Peter Smithson beginnt 1983. Er beauftragt sie mit dem Umbau und der Erweiterung des Kapitänshäuschens, mit Möbeldesign und mit der landschaftsplanerischen Gestaltung des Geländes der Firma Tecta. ZUSP 2 (Bruchhäuser Hexenhaus 0:26) Alison kam zu Tecta und wir wollten zusammen arbeiten, Möbel zusammen machen, obwohl sie Architekten waren, das war aber eigentlich nicht unser Interesse. Im Hexenhaus hatte ich zwei einfache französische Fenstertüren, die mir in den Proportionen nicht gefielen. [...] Dann habe ich Alison gefragt, ihr seid doch Architekten, könnt ihr nicht eine bessere Tür mit schöneren Proportionen machen? Und sie schwieg und ich war richtig irritiert: Alison - das ist eine Order, make an new door! Drei Monate später, so lange dauerte es immer, bei den Smithsons mit der Denkzeit, da rief sie an: Axel, kann es denn ein bisschen mehr sein als die beiden Türen? Natürlich, Alison.[...] Hauptsache macht was Besseres. ALISON+PETER Darunter möglich: O-Ton "Peter Smithson im Diavortrag" (ggf. Ton aus BBC-Film von Alison (Youtube), diese Konstruktion dann immer wieder für ALISON+PETER in Variationen darunterlegen) "Schranktüren bringen den bunt gemischten Inhalt unter den tausenden von Dingen, die uns innerhalb und außerhalb des Hauses umgeben, zur richtigen Geltung. Sogar wenn wir das meiste von dem, was wir besitzen, wegwerfen, kann das Auge dennoch durch die offene Tür oder das Fenster wandern. Dabei folgen ihm der Verstand und manchmal auch das Herz." ZUSP 2 ff (Bruchhäuser Hexenhaus 0:26) [Wieder drei Monate später haben sie dann an einem Porch gearbeitet, ] Axels Porch genannt, es war der erste Eingriff ins Haus, ein wunderschöner winziger Anbau, der wie alle anderen Eingriffe, die im Laufe von 20 Jahren im Hexenhaus entstanden sind, Verbindungen von innen und außen demonstriert haben, das Grüne, die märchenhafte Umgebung des Brüder Grimm-Landes nach innen holt und eine ganzheitliche Sichtweise schafft, eine Harmonie zwischen Mensch, Tier und Pflanze. SPR 1 Umgebaut, ausgebaut und quergebaut. Von 1983 an verwandelt das Architektenpaar Smithson das alte Gebäude in ein Wunderwerk aus Zubauten und Anbauten, Terrassen, mit einem Tempelchen und einem Hochsitz, den Axel Bruchhäuser das Hexenbesenhaus nennt. Zunächst ist Alison federführend, nach ihrem Tod 1993 dann Ehemann Peter bis zu seinem Tod im Jahr 2003. ALISON+PETER (darunter Vortrag) "Wir haben das Kompositionsprinzip später Conglomerate Ordering genannt, in Ihre Sprache übertragen heißt das etwa: Komplexe Gewöhnlichkeit. Wir benutzen den Begriff für die Natürlichkeit, die Erfahrung, dass ein Gewebe geordnet ist, auch wenn wir den Ort nicht auf dem ersten Blick verstehen oder das Gebäude nicht kennen, Diese kleine Hausanlage für Axel Bruchhäuser ist der Prototyp dafür - ein Gedankengebäude der besonderen Art. Nach unseren Interventionen ist es kein monolithisches Haus mehr, sondern ein Hauskosmos mit Satelliten." SPR 1 Die Smithsons waren bedeutende Architekturtheoretiker, schon seit den 1950er Jahren im post-war-England, als sie sich recht bewusst von ihren architektonischen Ziehvätern, allen voran Le Corbusier emanzipierten. Ihre damalige Kampfschrift und heute noch ein viel zitierter Essay trägt den Titel: Alison+Peter "Without Rhetoric. An Architectural Aesthetic 1955-1972." ZUSP 3 (Bruchhäuser: wo ist Karlchen, ab 2:30) Wie ein Tentakel ragen diese verschiedenen Anbauten verbunden mit Brücken um das Hexenhaus herum, in die umliegende Landschaft, wie der Hexenbesenraum, wie ein kleines Wochenendhäuschen in 11 Meter 50 Höhe, um sich zurückzuziehen in eine Höhle, oder der Tea Pavillon oder der Lantern Pavillon, alle verbunden mit Brücken zum Kernhaus des Hexenhauses, das wiederum verschiedene kleine Ausbuchtungen, die Porches enthält, und immer mit dem Gesamtziel [...], dass außen die Landschaft, die märchenhafte Landschaft in das Innere hinein zu holen und umgekehrt eine Verschmelzung zwischen Mensch, Tier und Pflanze, Licht, Luft und Wasser entsteht. [Musik; Frahm; Wasserplätschern] ZUSP 7 Soraya Smithson [ 2:45- end ] There is a connection between of all of their buildings but you can also put them into kind of groups, in periods or so. But they are addressing also the site and that what the function was [...], they did housing, museums, universities, schools ...all is reflected to what the clients need and where it was... SPR 2 Voice Over Es gibt eine Verbindung zwischen allen ihren Häusern, aber man kann ihre Projekte durchaus einzelnen Gruppen zuordnen, oder auch in Perioden einordnen. Aber immer berücksichtigten ihre Häuser Aspekte des jeweiligen Grundstückes, also des Kontextes und nicht nur wie es damals üblicher war, der Funktion. Also: Sie bauten Wohnungen, Museen, Hochschulen und Schulen. Und alle reflektierten das, was die Bauherren wollten und das Grundstück vorgab... SPR 1 Anderer Ort. Ähnliche Philosophie. In Stamford, eine gute Viertelstunde vom Londoner Flughafen Stanstead entfernt, lebt Soraya mit ihrer Familie. Und Katzen. Eine intakte Kleinstadt nordwestlich von London. Soraya, jüngste Tochter der Smithsons, ist Künstlerin. Die schlichte Buntheit ihrer Landhausküche stammt nicht aus dem Versandhaus sondern wurde vom Leben zusammengestellt. Das Reihenhaus umgibt ein leicht verwilderter Garten. Weder Gartenschau, noch Schrebergarten. Pretty english eben. Draußen singen die Vögel, London und unsere übliche Welt aus Beton, Stahl und Lärm ist weit, weit weg. Sorayas Eltern würden es für eine optimale Wohn- und Lebenssituation halten. Modelle, Planalben, Fotos. Und ebenfalls ein Holztempelchen: An diesem grünberankten Ort in ihren Garten pflegt Soraya ein Privatmuseum der Smithsons. Reliquien ihres Berufslebens, liebevoll aufbereitet. Ein langes Architektenleben archiviert auf 20 Quadratmetern, eine geordnete Hall of Fame in Wohnzimmergröße mit vielen Hinweisen auf die Quintessenz ihrer Arbeit als eine Art Gesamtkunstwerk. ZUSP 5 Soraya Smithson [Grundsätzliches 0:38 - 2:30] I think it is very difficult to explain in a few sentences to somebody who has no idea, because the perception to what an architect does and the realities they did are quite distinguished. It is total upgain to the period they worked, which change: the society changed, so globalisation did... they have massively altered. Lot of their ideas how my parents designed, how they designed... dealt with good living spaces not only with spaces within the building also the spaces without to occupy the whole landscape well. Because of the changing of the major of the world may seeming their work rather old fashioned or irrelevant, politically unpopular and financally people don´t want to spend money on the things meant to make the architecture is good. SPR 2 VOICE OVER Es ist schwierig, in wenigen Sätzen jemanden das zu erklären, weil das, was gemeinhin ein Architekt tun sollte sich von dem, was meine Eltern wirklich gemacht haben, ziemlich stark unterscheidet. Im Vergleich zur damaligen Zeit hat sich unsere Gesellschaft im Zuge der Globalisierung total verändert. Viele der Ideen meiner Eltern, auch die Art wie sie entwarfen, beschäftigten sich damit, wie man gute Lebensräume nicht nur mit Zimmern in Häusern bauen kann, sondern auch mit Räumen draußen, um die gesamte Landschaft erleben zu können. In Folge der rasanten Veränderung in der Welt mag das heute irrelevant und altmodisch wirken und politisch ist das auch unpopulär. Und die Leute aus der Finanzwelt mögen es gar nicht, viel Geld auszugeben, um damit die Architektur ein bisschen besser zu machen. [Steve Reich - Music For 18 Musicians; Pulse, Section I] SPR 1 Peter Denham Smithson wurde am 18. September 1923 geboren. Alison Sargret Gill am 22. Juni 1928. Sie lernten sich kennen an der School of Architecture of the University of Durham in Newcastle-upon-Tyne. Heirateten 1949. Und ab 1950 führten sie ein gemeinsames Büro mit dem Namen A+P S. ALISON+PETER (darunter ggf O-Ton Smithsons) "Architektur muss auf Bedürfnisse der Menschen im Alltag eingehen: Stadt, Haus und Wohnung sollen zur angenehmen Behausung und Umgebung der Menschen werden. Das ist unser Credo! Anthroposophisch im ureigenem Sinne meinen wir das - nicht misanthropisch, wie man es den späten Bauten und dem Städtebau der modernen Architektur des 20. Jahrhunderts unterstellen darf." SPR 1 Schon früh fallen die Smithsons auf. Sie zeigen ihr "House of the Future" in einer Ausstellung der Daily Mail Ideal Home Exhibition 1956 in London ein provozierendes Modell und ein Pop-Art-Event avant la lettre. ALISON+PETER "The words house of the future flashed on and off, projected onto one of the longer walls." SPR 2 "Eine schmale Öffnung dient als Eingang. Im Innern befindet sich eine weitere Installation, aber keine rechtwinklige Box, sondern eine aus geschwungenen Wänden. Die Ausstellungsbesucher umkreisen diese und können durch ein paar Öffnungen hineinlugen, bevor sie die Treppe zu einer ringsum den inneren Ausbau verlaufenden Aussichtsplattform erreichten, von deren oberem Absatz aus sie das Innere aus der Vogelperspektive betrachten können." SPR 1 Die amerikanische Architekturhistorikerin Beatriz Colomina hat in dem 1990er Jahren unter dem Titel "Unverbrauchte Luft" das "House of the Future" wissenschaftlich untersucht. [popartig ineinanderschachteln:] SPR 2 Das H. O. F. ist ausgestattet mit der allerneuesten Technik - sowohl bereits existierender als auch imaginierter. Das Telefon hat Lautsprecher, um das Gespräch in das ganze Haus übertragen zu können. Es gleicht einem Luftschutzbunker. Es gibt kein Außen, sondern lediglich ein Inneres. Das Innere eines Inneren eines Inneren eines Inneren... SPR 2 Das H. O. F. wird geprägt durch Luft. Die halsstarrige Verteidigung des Hauses gegen die Außenwelt setzt sich im Innern fort in Gestalt einer Schlacht gegen jegliche Art von Kontamination. Die wenigen Besucher, die das Haus betreten, indem sie die Luftschleuse in seinem Rumpf passieren, werden unverzüglich einer Dekontaminationsprozedur unterzogen, die dafür sorgt, dass keine Außenluft eindringen kann... Somit ist nicht Plastik, sondern Luft das eigentliche Material des H. O. F. Unverbrauchte Luft... SPR 2 Das H. O. F. war auch ein exhibitionistisches Haus, eine Peepshow. Angesichts seiner fensterlosen Fassade und des verbotenen Zutritt konnte man das Haus nur in Augenschein nehmen, indem man durch Öffnungen lugte, die eigens zu diesem Zweck in die Wände geschnitten waren. Was man erblickte waren Menschen, ein Paar mitunter auch, die einem das häusliche Leben der Zukunft vorführten. Das H. O. F. ging von einer Freizeit aus, die Mann und Frau gemeinsam zu Hause verbrachten... ALISON+PETER "Wir wollten "wachrütteln". Das H.O.F war unser Musterhaus für ein neues Gesellschaftsbild, eine Life-Bühne. Das schwungvolle Haus im Haus wurde mit Modeschauen und futuristischen Outfits bespielt und zur Freude von Alison mit Szenen zur Bühne einer veränderten Rolle für die Bisher-Nur-Hausfrau." SPR 1 Als das Architektenpaar Alison und Peter Smithson seine Arbeit in 1950er Jahren aufnahm, herrschte der "Brutalismus" in der Architektur. Darunter ist ein Stil zu verstehen, der schlimmer klingt als er war. Der Begriff stammte ursprünglich aus Schweden, vom architektonischen Umgang mit rohem Beton in Frankreich gebräuchlich als "betón brut". Besonders Le Corbusier war für den Stil richtungsweisend. Man bildete beim neuen Baustoff Sichtbeton gern alle Unebenheiten der üblichen, rohen Holzschalung ab. Aber auch Metalle, Ziegel und andere Materialien wurden entsprechend rau und grob eingesetzt. Vordergründig zeichnen sich solche Architekturen durch ihre streng geometrischen Baukörper aus. Der Brutalismus und der englische New Brutalism, der auch eine Städtebau-Theorie verfolgte, gelten als unterschiedliche Architektur-Strömungen. [Steve Reich - Music For 18 Musicians; Pulse, Section I] Zusp. Karl Unglaub 9 (Ende) Es gibt von Peter Smithson, in diesem letzten Buch, das wir zusammen herausgegeben haben, Interpretationen von Landschaftsbäumen und ich glaube, er hat sogar den Musiker und Künstler Steve Reich dafür benutzt, wie er seine Bäume platzieren würde... SPR 1 Barcelona, inmitten der energiegeladenen katalanischen Kapitale. Karl Unglaub ist leitender Architekt im katalanischen Architekturbüro EMBT - Enric Mirralles und Benedetta Tagliabue. Ein Architekt, der zum Inner Circle der Smithsons zählt. Ein Jahrzehnt lang hat er mit den Smithsons zusammengearbeitet. Jetzt hat er seinen Arbeitsplatz in einem kleinen Palau hinter den Ramblas. Die Klimaanlage im Wintergarten schuftet. ZUSP 9 Karl Unglaub: [Unglaub 0:58 -3:31] Die Smithsons wurden[[, wie es letztendlich auch bei Mies van der Rohe und letztendlich der ganzen Moderne war, beeinflusst durch Japan. Das war]] auch ein Teil von diesem falsch verstandenen Brutalismus. Interessant war es wie die Smithsons dann aus dem Brutalismus herauskamen, wie dann eine Weiterentwicklung vollzogen haben. Das steht bei Ihnen in den Büchern und heißt the shift, was noch einmal eine ganz andere Bewegung war [...] Wenn man in ihre neueren Gebäude, gerade die Wohngebäude hineingeht, dann erkennt man eindeutig, dass das wichtigste für sie die Lebensqualität geworden ist. Sie nennen es, ‚die Aufenthaltsqualität' im Gebäude [...] sie nennen es [...] the small pleasures of life. Also die kleinen Freuden am Leben wie man die in der Architektur und der Gestaltung der Räume umsetzen kann. ALISON+PETER "Ja richtig, wir wollten andere Dinge, wir wollten uns sozial engagieren, was im Vereinigten Königreich der 1950er und 1960er Jahre dringend notwendig war, um den heftigen Einschnitt des Krieges, auch wenn er gewonnen worden war, zu kompensieren. Wir sind für einfache Häuser und die Beschäftigung mit den Möglichkeiten der "Behausung". Anders als Le Corbusier lehnten wir das Haus als "Maschine" ab. Ein Haus ist ein besonderer Ort, mit der Fähigkeit, die alltäglichen Anforderungen des Lebens zu erfüllen und den individuellen Nutzungsmustern der Bewohner Platz zu geben. Kurioserweise sorgte aber gerade ein solches Engagement dafür, dass wir von der architektonischen Bühne Englands verschwanden." ZUSP 6 Soraya Smithson [0:592 - end] It took place from the end of the seventies, [...] things like social houses, schools and universities they did change dramatically [...] My parents and a number of architects became a kind of victims of social changings. ...The British don´t like particularly intellectual thinkers and people which do not their job in the way they should - like architects mentioned they should draw straight lines and not think about and write about that projects and that's was what my parents did. [B14h38 Fifties 0:44 -1:46] [...] Something that happened very early when they started, they went to see on conferences and from that Team X was born ...and that network of the group of young and enthusiastic architects from across Europe came together as regulary they could; at that time you know, there was a little money. Europe was recovering from war and travelling was not to be compared to what is it now and always handout to that European outlook... SPR 2 VOICE OVER Es geschah am Ende der siebziger Jahre, der soziale Wohnungsbau und auch das Hochschulwesen änderten sich dramatisch. Meine Eltern und einige andere britische Architekten wurden Opfer des sozialen Wandels. Die Briten mögen Intellektuelle nicht besonders und auch nicht solche Leute, die ihre Arbeit anders als erwartet tun. So wie die erwähnten Architekten. Architekten sollen ihre Grundrisse zeichnen, nicht denken und auch nicht darüber schreiben. Genau das aber haben meine Eltern gemacht. Vor allem ganz am Anfang ihrer Karriere waren sie häufig auf internationalen Architekturtagungen. Und daraus entstand Team X [sprich engl. ten], dieses neue Netzwerk junger und enthusiastischer Architekten kam nun so häufig wie möglich zusammen. Sie wissen, Geld war damals knapp. Europa erholte sich nur langsam vom Weltkrieg und Reisen war absolut nicht vergleichbar mit heute und man musste immer irgendwie versuchen, optimistisch zu bleiben. SPR 1 Team X [sprich: Ten] war eine Gruppe von Architekten, die 1953 begann, den Säulenheiligen der klassischen Moderne zu widersprechen - vor allem Le Corbusier. Sie kritisierte sehr hart. Neben Alison und Peter Smithson zählten Georges Candilis und Shadrach Woods aus den USA, Jacob Bakema und Aldo van Eyck aus den Niederlanden, der Italiener Giancarlo De Carlo und Stefan Wewerka aus Deutschland zu den Mitgliedern. Sie galten als junge Rebellen, die sich von der zeitgemäßen Funktionstrennung von Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr im Städtebau abwandten. Besonders die Smithsons forderten schon damals wieder: SPR 2 ein Typologisieren und Hierarchisieren nach Haus, Straße, Stadtviertel und Stadt SPR 1 ... wie es der niederländische Architekturtheoretiker Max Risselada beschreibt. Im Laufe der Zeit experimentierten die Mitglieder mit neuartigen Raumsystemen von Gebäuden und Stadtvierteln, mit denen sie ihre städtebaulichen Forderungen umsetzen wollten. Die Smithsons entfernten sich dabei schon stark von der bekannten Ideologie der funktionsgetrennten, aber autogerechten Stadt und stellten eine Art "Alltagskunst des Wohnen" in Haus, Garten und Landschaft in den Mittelpunkt. [Steve Reich - Music For 18 Musicians; Pulse, Section I] ZUSP 8 Karl Unglaub: [Unglaub 0:58 -3:31] Die Smithsons gehörten ja zu der Zeit nach dem Krieg, als sie anfingen zu bauen und arbeiten, zu den In-Architekten. Sie haben sich eine besondere Kultur aufgebaut, über ihre Veranstaltungen und Ausstellungen und alles, was sie mitgenommen haben. Die berühmteste Architektenschule ist ja die der Architectural Association, ... und dort gibt es einen sehr bekannten Architekten, der dort studiert hat: Peter Cook, der uns dann erzählt hat, als er das erste Mal auf der selben Toilette war wie Peter Smithson, da hat er gedacht, jetzt sei er ein richtiger Architekt. [[Die Smithsons haben das erste Metallgebäude in Großbritannien verwirklicht, die "Hunstanton School", es war das erste Gebäude, das auf einer Grundkonstruktion wie bei Mies van der Rohe aufgebaut war... ]] SPR Alison 1915 End of Summer Startpoint: The rain had stopped, leaving the pavement very wet. A blustering wind covered up the usual summer evening sounds of Göttingen. As German stood on the steps an uplifting gust of air swirled around him, splattering droplets, and lightening his heels, as if he were the gott mercury. Inspired, he set out to walk, knowing he would be too late for family dinner. ZUSP 11 Karl Unglaub: [4:41 - 5:23] Alison hat mehrere Romane geschrieben. Einer dieser Romane heißt 1916, A. S. U. Earth of the modern Movement. Darin geht es um einen deutschen Flugzeugführer, der im 1. Weltkrieg zum Einsatz kam und die Tatsache, dass im 1. Weltkrieg deutsche Ästhetik der Kriegsflugzeuge und der anderen Ausrüstung stilbildend wurden und sie darin die Wurzeln für die Moderne sieht. SPR Alison Leaving behind the building allocated to the Department of Aerodynamics, he crossed the Lenekanal, heading for the Markt. After passing the Goosegirl in her wrought-iron gazebo, he would turn towards the Junkerhaus and walk on the Schillerwiese with its Scharnhorst Tempel on the grass. The pleasures of walking on such a wild but warm evening were intensified by the old town. Deutschland had now been at war for over a year... ZUSP 11 Karl Unglaub: [4:41 - 5:23] Bei ihrer Suche nach dem Ursprung der Moderne ist ein starker Bezug zu Deutschland besonders mit Berlin vorhanden. Der sich dann auf die Architekten und besonders mit Mies van der Rohe ausweitet. SPR 1 Die starke Affinität zu Deutschland trägt zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Früchte. 1956 werden die Smithsons zum Wettbewerb "Hauptstadt Berlin" eingeladen und gewinnen einen 3. Preis. Ein damals sensationeller und auch heikler Wettbewerb, weil westliche Pläne auch für das Terrain der DDR gemacht werden sollen. In einem Ausstellungskatalog über diesen Wettbewerb heißt es 1990: SPR 2 "Dem realen stattfindenden Ausbau der Bundeshauptstadt Bonn wurde die "Hauptstadt Berlin" als Identifikationsobjekt für ein zukünftiges bedeutendes Deutschland als praktischer Beweis der politischen Versprechungen entgegengesetzt. Der Wettbewerb sollte als Beweis für die Existenz einer neuen Gesellschaftsform in Deutschland erscheinen und zur Rehabilitierung der Stadt Berlin und damit des deutschen Staates und des Nationalbewusstseins beitragen." SPR 1 Der Siegerentwurf plante in aufgeräumten und durchgrünten Bandstrukturen nach den Leitbildern der klassischen Moderne. Die radikalen Entwürfe einer autogerechten Stadt, so auch der von Alison und Peter Smithson, wurden nicht umgesetzt. Doch bis heute richtungsweisend für die Stadtentwicklung gilt die Diskussion um die Stärkung der City als Wohnort anstelle der einseitigen Bevorzugung von Gewerbe und Einzelhandel. Für die Smithsons eine Quadratur des Kreises, da sie so ihren Leitspruch Calm as Ideal ausgerechnet im Dunstkreis der pulsierenden Berliner Friedrichstraße zu verwirklichen suchten. ALISON+PETER "Wir wollten nicht mehr die in der Vergangenheit eindeutig definierten Begriff wie Straße, Distrikt und Stadt verwenden, sondern den Begriff des Cluster für den Ort der Zusammenkunft. Wir benutzten, in einer Zeit, als das Auto begann, die Städte zu bedrängen und zu ersticken, auch den Begriff eines "Hafens für Menschen" in der autogerechten Stadt. Hier sollten wieder goldene Zeiten für die Fußgänger anbrechen, auch wenn die Autos unten 120 Kilometer die Stunde hätten fahren können." SPR 2 Alison und Peter Smithson wollten mit ihrem Entwurf eine vollkommene Umwelt für den Menschen schaffen und gleichzeitig die ihrer Meinung nach strukturellen Fehler der Le Corbusier-Projekte korrigieren. Anstatt deren "Rue interieure", die viel kritisiert worden war, schlugen sie Straßendecks an der Außenseite des Gebäudes vor, die über ihre Verkehrsfunktion hinaus als öffentlicher Raum dienen sollte. Das Gebäude stellte sich als eine kompakte Stadt in verschiedenen Geschossen dar. Evt O-Ton BBC tv Film Smithsons on Housing ALISON+PETER "Zur Abgrenzung der neuen City nach außen diente eine Art chinesische Mauer, aus bis zu hundert Meter hohen Hochhausbändern für Büros, die schwungvoll um das neue Quartier gezogen werden sollten. Sie ahnen es, dieser im Westen entstandene Entwurf auf dem damaligen Gebiet der Hauptstadt der DDR durfte nicht realisiert werden. Und unser Durchbruch als erfolgreiche Architekten ließ auch in Deutschland weiter auf sich warten." ZUSP 12 Karl Unglaub: [Unglaub 15:21- ] Ich habe manchmal das Gefühl, dass man in Deutschland seine Position unterschätzt hat. Im internationalen Vergleich wird er immer als eine der führenden Persönlichkeiten der sechziger und siebziger Jahre anzusehen sein. Wird so angesehen. Speziell in Spanien wird er sehr geschätzt. Die ganze englische Tradition, die dann aus Archigram entstanden ist, hat teilweise Wurzeln in Peter Smithson, in dem was die Smithsons gemacht haben. Peter Smithson würde natürlich sagen, sie haben nur teilweise verstanden, was er beabsichtigt hatte. Es sind viele Architekten, die das aufgegriffen haben, selbst Stararchitekten von heute. Ein Rem Koolhaas würde sich immer sehr positiv über die Smithsons auslassen, wenn er sich mit Ihnen intensiver beschäftigt hätte. SPR 1 Tatsächlich beschäftigt mit dem wohl größten Bauwerk der Smithsons hat sich Peter Eisenman, ein anderer Stararchitekt. Dem Housing Project Robin Hood Gardens: SPR 2 "Ein heutiger Architekt der sich den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Realitäten gegenübersieht, hat drei Möglichkeiten in diesen besonderen Zeiten: Er kann Gebäude, so wie er sie ganz persönlich möchte, vorschlagen. Die aber keine echten Realisierungschancen haben. Er kann zweitens überleben, wenn er praktischerweise Häuser baut, die irgendwie die gesellschaftlichen Gegebenheiten und Wünsche erfüllen. Und er kann auf irgendeine Weise einen Weg finden, beides miteinander zu verknüpfen." SPR 1 Mit diesem Wohnprojekt, das in den Jahren 1966 bis1972 im Londoner Norden entstand, sollten Ansätze des "Hauptstadt Berlin"- Vorhabens verwirklicht werden. Heute sind die Robin Hood Gardens zwar nach wie vor bewohnt, aber verwahrlost, energietechnisch überholt und umstritten - zahlreiche Universitäten in England kümmern sich um einen neuen Entwurf für diesen architektonischen Nachlass der Smithsons. Alison+Peter "Ein heutiger Architekt der sich den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Realitäten gegenübersieht, hat drei Möglichkeiten in diesen besonderen Zeiten: Er kann Gebäude, so wie er sie ganz persönlich möchte, vorschlagen. Die aber keine echten Realisierungschancen haben. Er kann zweitens überleben, wenn er praktischerweise Häuser baut, die irgendwie die gesellschaftlichen Gegebenheiten und Wünsche erfüllen. Und er kann auf irgendeine Weise einen Weg finden, beides miteinander zu verknüpfen." SPR 1 Peter und Alison haben nach den Robin Hood Gardens auf weitere große Wohnprojektbauten verzichtet. Sie sahen Wohnhäuser als Experiment an, als Ausprobieren ihrer Ideen, die im Laufe der Zeit mehr und mehr durch ihre eigene Wohnerfahrungen und theoretischen Überlegungen geprägt wurden. Beispielsweise reflektierten sie dabei den Wechsel von Jahreszeiten, Feiertage und das Wetter für ihre Konzepte. Kleine, so genannte Case Study Houses führten ihren experimentellen Geist weiter. Begleitet wie von Beginn an durch theoretische Textarbeiten, was den meisten praktizierenden Architekten eher fremd ist. In der Tat werden die Smithsons heute vor allem für ihre theoretischen und schriftstellerischen Leistungen geschätzt. SPR 2 Für einen wesentlichen Teil dieser Wertschätzung hat Karl Unglaub in seiner Rolle als Mitherausgeber zweier Bücher gesorgt. "Italienische Gedanken. Beobachtungen und Reflexionen zur Architektur" erschien 1996 und die Fortsetzung "Italienische Gedanken, weitergedacht" 2001. Darin enthalten sind Peter Smithsons Vorlesungen der Jahre 1976-1990 am International Laboratory für Architecure and Urban Design. Sie erörtern in der Tradition ihres italienischen Gründers Francesco di Giorgio vor allem architektonische Themen der Moderne, die in den Projekten und Bauten der Smithsons weiterentwickelt und umgesetzt sind. Alison+Peter (Darunter: O-Ton "A. -Peter Smithson) "Wind and Bind - Winden und Binden" ZUSP 10 Karl Unglaub [Unglaub 9:50 -11:00] Es hat damit angefangen, dass ich mit einem Freund im Büro von Peter Smithson war. Wir wollten ein Buch von den Smithsons lesen [...] Aber so einfach ist es dann doch nicht, wir mussten es für uns persönlich übersetzen - sollten wir nicht gleich daraus ein Buch machen? Aus dieser Überlegung ist dann eine Zusammenarbeit mit Peter Smithson entstanden, so dass wir dann Kapitel für Kapitel übersetzt, Rückfragen gestellt haben und im Grunde dadurch sein gesamtes Gedankengut aufgenommen haben. Alison+Peter (Darunter: O-Ton "A. -Peter Smithson) "Die Dichte des Territoriums!" ZUSP 10 ff Karl Unglaub [Unglaub 9:50 -11:00] Einmal kam ich zu Peter und habe ihm gesagt, diese Stelle kann ich inzwischen auswendig sagen. Oh - I like it that you can read it by heart. Das ist wohl so seine Persönlichkeit. Erst einmal liegt ein Witz darin, aber sehr profund und immer offen für etwas Außergewöhnliches. Nie den Standardweg gehen.[...] Alison+Peter (Darunter: O-Ton "A. -Peter Smithson) "Den Pfad ändern!" ZUSP 13 Karl Unglaub: [Unglaub 15:21- ] Was sie gemacht haben, genau wie Le Corbusier, sie haben ihre Vorträge gesammelt, redigiert und herausgegeben. Diese beiden Bücher umfassen die letzten Texte ihres Lebens. Diese Texte haben alle etwas auf ihre Weise bewirkt - so der set of mind - ihre Denkweise. Das ist ein kurzer Text am Ende des ersten Bandes: ALISON+PETER (Unterlegen mit O-Ton Peter von Peter Smithson aus einem Vortrag) "Unsere Arbeit folgt nicht einem geraden ideologischen Kurs. Essays und Ephemeres sind ein notwendiger je wesentlicher Bestandteil jedweden Verständnisses unserer Aktivitäten. Sprünge, das Wiederauftauchen früherer Ideen, ereignen sich oft zufällig. Zum Beispiel die Begrenzung eines Feldes auf einer Karte, die plötzlich graphisch als Linie gesehen wird, eine Linie mit einer bestimmenden Kraft, die zum Anfang einer Ordnung wird, anscheinend ohne eine andere Linie mit einer bestimmenden Kraft, anscheinend ohne eine andere Logik außerhalb ihrer Existenz als Linie. Diese Linie hatte vielleicht in unserer Arbeit eine vorhergehende Existenz, der wir uns zu dieser Zeit nicht bewusst waren. Dieses Muster der Beständigkeit ist durch das getrübt worden, was eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns zu sein scheint. Das Gehirn scheint eine neue Einsicht zu haben; aber oft stellt diese sich als alte Einsicht heraus, die man auf eine neue Art erreicht hat, in einem völlig neuen Zusammenhang und durch andere Gedankengänge." ZUSP 14 Karl Unglaub: [12:13 - 14:10] In diesem Text geht es darum, was ist an einem Gebäude gut gelaufen, was nicht und was kann ich besser machen. Überlegungen aufgreifen. ...Da kann es weiter gehen... Sie haben zum Beispiel, nachdem ein Wettbewerb abgegeben worden war, jahrelang nachgezeichnet, weil es noch nicht perfekt gelöst war. Genauso ist es mit Texten und gebauten Projekten gewesen, was kann uns beeinflussen? Wenn ich was gemacht habe, kriege ich eine Anregung. Was eine Assoziation ist. Alles hat eine geschichtliche Reflexion, wie es früher gemacht und betrachtet worden ist, können wir es heute noch so ausdrücken. Was möchten wir damit ausdrücken [...] [14:20] Diese Art Denkweise ist das Interessante an dieser Fähigkeit, in einer Kleinigkeit die Welt zu Entdecken, das gibt es auf vielen Ebenen. Es gibt einen Text, der heißt "Winden und binden" und fängt mit Pluderhosen aus dem Mittelalter an und endet damit wie Gebäude vernetzt werden können. Und diese Fähigkeit, Bilder zu vernetzen, ist eine der großen Fähigkeit der Smithson. ALISON+PETER "Was für eine wundervolle Erfindung ist die Schranktür! Schränke sind notwendig; sie vereinfachen das Auffinden und erleichtern die Handhabung von bunt gemischten Inhalten. Was für eine wundervolle Erfindung ist doch die Schranktür, dieser einfache Schutzschild für einen der intimsten Bereiche im inneren Territorium." SPR 1 Die Schranktür selbst gibt keinerlei Hinweis auf das Leben dahinter. Hinter ihr kann sich alles befinden, aus vielen Zeitepochen, gestapelt oder ungeordnet. ALISON+PETER "Hinter Schranktüren können Geheimnisse stecken, verborgene, zukünftige Freuden, zu verschiedenen Jahreszeiten gezeigte Gegenstände, Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke - denn die Vorfreude ist die schönste Freude. Hinter Schranktüren lassen sich gefährliche Dinge verstecken. Hinter Schranktüren können Dinge in großer Anzahl so aufbewahrt werden, dass gesunder Menschenverstand nicht wie Verschwendung aussieht." SPR 1 Von den Schranktüren kommen die Smithsons in ihrem Essay wieder elegant auf die Architektur zurück: ALISON+PETER "Was der Schrank für das Haus ist, ist das Haus für die Stadt. So wie der Schrank seine Türen hat, so hat das Haus eine Straßenansicht, die wie Schranktüren den bunt gemischten Inhalt des Hauses unter den zehntausenden Dingen, die unsere Aufmerksamkeit überfordert, in der Stadt richtig zur Geltung bringt. Architektur ist immer sichtbar, aber darunter besitzt sie Inhalte, Räume Strukturen, die oft durch eine falsche, ja zu "laute" Visualisierung verdeckt wird. Wir haben deswegen für unsere Bauwerke immer ganze Schichten und Gitterwerke vorgesehen, statt über Häuser reden wir über "Territorium". [Musik] SPR 1 Zurück an der Weser. Auf der Nahtstelle eines Industrie- und Gewerbegebiets und einer Naturlandschaft aus Weiden und Wiesen liegt die Manufaktur Tecta. Weiße, unauffällige Gebäudekuben, von einem gelbeingefassten Glasturm gekrönt. Dahinter leuchten durch das Grün der Bäume merkwürdige Glaswürfel - das heißt, große Hallen, auf deren Dachkanten Stühle tanzen. Das Signal ist eindeutig, die Smithsons waren hier! Diagonale Fenstersprossen bilden ein rotes Netzmuster, das Spiderweb, wie es die Smithsons nennen. Dank der Rundumverglasung ist das Tecta-Kragstuhl-Museum wohl das einzige Museum der Welt, das man auch besichtigen kann, wenn es geschlossen ist. ALISON+PETER "Wir wollten keine glatten und abweisenden Glasflächen, wie wir es von Mies van der Rohe und Co. gewohnt sind, sondern eine humorvolle Annäherung an niederdeutsches Fachwerk. Es ist ein Fächerwerk ohne Ziegel, dafür sind die Streben und Sprossen knallrot. Seriös betrachtet präsentieren wir hier das Prinzip der Schichtungen. SPR 1 Die Smithsons wollten nicht mehr Künstlerarchitekten oder einsame Helden der Moderne sein, die nach dem großen architektonischen Wurf suchen. Sondern Menschen, die anderen Menschen zuhören und herauszufinden versuchen, was für alle zusammen gut ist. ZUSP 16 Karl Unglaub: [Unglaub 5:24-] Diese Bauten in Lauenförde und Bad Karlshafen sind [...] der Abschluss der Karriere der Smithsons und damit das Hauptwerk der Smithsons in der Spätphase. Wo alle Überlegungen, die anfangs gemacht wurden, zusammengefasst wurden, und so nirgendswo anders zu sehen sind. Wichtig ist dabei das Wohnhaus des Axel Bruchhäuser. Es ist ein altes und wird von Alison Stück für Stück erhalten. Es entsteht ein Haus, das niemand in Deutschland so davor erlebt haben kann. Man muss wirklich hineingehen. Ausblicke genießen. Oder erleben, wie das Licht ins Haus fällt, wie selbst an Sitzplätze für die Katze gedacht worden ist. Es ist alles bis ins Kleinste bedacht, nicht rein funktional, das alles nur funktionieren muss [...] Nein, was wirklich wichtig ist die Freude am Wohnen, wenn ich zum Beispiel aus dem Fenster rausschaue, wenn ich morgens in den Spiegel schaue, dann ist ein kleines Fenster neben der Tür angebracht und ich sehe wie die Sonne morgens aufgeht. Gehe ich durch die Tür, ist ein Glasboden über mir. Ich würde wirklich sagen: die Freude am Wohnen ist das Entscheidende. SPR 1 Axel Bruchhäuser, der Möbelfabrikant, zückt eine Visitenkarte, ein kleines papiernes Artefakt, das wie eine geöffnete Hand aussieht. Neben Axels Adresse steckt im Handrücken die Zeichnung einer Katze. Darunter steht klein, sehr klein gedruckt: SPR 2 Karlchen@ccw.de: Karlchens email-Adresse. ZUSP 18 ff Axel Bruchhäuser: [1:19 - 3:00] Ganz vorsichtig, ganz verdeckt [...], wenn der Mensch aus Körper, Geist und Seele besteht, dass Architektur nicht nur Schutz vor Licht, vor den Unbilden der Natur ist, sondern auch das seelische und geistige Wohlbefinden, das dazu gehört eben auch diese mystische Komponente bildet, [...]. Das ist die Urfunktion für die Architektur, eigentlich für jeden Architekten, aber besonders für die Smithsons. ZUSP 17 Soraya Smithson: [1:40 -] My mother was a phantastic reader in belles lettres of British stories where the animals give this human nature. The animals communicate between themselves and others. It was a very nice way from my mother to Axel to communicate playfully but also formally, the cats in a way became for both the conduit of having a client working relationship... SPR 2 VOICE OVER Meine Mutter war ein Fan von Phantastischer Literatur, in der Tiere menschliche Eigenschaften annehmen. Geschichten, in denen die Tiere mit sich selber sprechen und natürlich auch mit den Menschen. Es war doch ein hübscher Versuch meiner Mutter, mit Axel Bruchhäuser spielerisch und gleichzeitig formal zu kommunizieren. Die Katzen haben also für beide Parteien stellvertretend die Aufgabe übernommen, eine gute Architekten/Bauherren-Verbindung herzustellen. [Musik Frahm ] ZUSP 19 Axel Bruchhäuser: [2:10 - Ende] Wenn man 20 Jahre mit ihnen zusammenarbeitet, dann hört man zu. Das ist auch heute noch so. Was würde Peter dazu sagen? "Axel be carefully!"[...] Sie gaben ihren Bauherren nur eine Grundstruktur vor, um ihren Kindern beispielsweise oder den Bauherren ihre Freiheit zu lassen. Andere Gebäude und Architekturen sind irgendwie eine Diktatur und zwingen etwas auf und funktionieren deswegen nicht. Die Smithsons wollen einfach nur einen Rahmen setzen. Der Rest spielt gar keine Rolle, Kitsch und Kunst, das kann jeder so ausbreiten wie er will, das spielt gar keine Rolle, wenn die Grundstruktur ehrlich und gedacht ist, dann hält sie die Individualität eines jeden Bauherrn oder Nutzers aus. ZUSP 20 Soraya Smithson [Father a. Mother 0:28] Some of the stuff they fall into the klischees, I think my mother did a lot more of the interior sort of working spaces, ...but people find it more quite unusual to work so closely for someone that were married for such a long time and how close they were. Even when they were writing... [ich kann es nicht wirklich beurteilen] ... My experience was going in to the studio, there they were talking and talk about, when one of them was writing. I am sure they have discussed it... [B 14 g 26:] I can't really answer the question, I think things like to the agenda politics which changed dramatically from the start of their carrier particularly for my mother to the end of their carrier... SPR 2 VOICE OVER Bei einigen Arbeiten verfielen sie schon in Klischees. Ich glaube, meine Mutter hat sich mehr um die Innenarchitektur gekümmert. Aber die Leute fanden es vor allem sehr ungewöhnlich, wie zwei Menschen, die schon so lange miteinander verheiratet waren, so eng miteinander verbunden waren. Das galt für vieles, auch wenn sie zusammen etwas schrieben. Also ob Klischee, ich weiß es nicht wirklich. Aber, wenn immer ich im Studio war, diskutierten sie gemeinsam, wenn einer von ihnen etwas aufschrieb. Sie haben immer alles zu gemeinsam diskutiert. Man muss auch bedenken, viele Themen auf der politischen Agenda haben sich besonders für meine Mutter während ihres Berufslebens stark verändert. ALISON+PETER Schranktüren bringen den bunt gemischten Inhalt unter den tausenden von Dingen, die uns innerhalb und außerhalb des Hauses umgeben, zur richtigen Geltung. Sogar wenn wir das meiste von dem, was wir besitzen, wegwerfen, kann das Auge dennoch durch die offene Tür oder das Fenster wandern. Dabei folgen ihm der Verstand und manchmal auch das Herz." SPR 1 Der Weltöffentlichkeit blieb das Architektenpaar Smithson und seine Arbeit weitgehend verborgen. Man kennt Peter Eisenmann, aber nicht Peter Smithson, man kennt Zaha Hadid aber nicht Alison Smithson. SPR 2 "Die Smithsons haben eine individuelle Annäherung an die Architektur entwickelt, die eine generelle geschichtliche Kultur der Architektur, immer direkt mit ihrer persönlichen Erfahrung verwebt. Der Prozess des Aufnehmens, Mitnehmens und Anschiebens prägt die ganz persönliche Poesie der Smithsons." SPR 1 ....schreibt der niederländische Architekturprofessor Max Risselada im Katalog zur Ausstellung "From the House of the Future to a House of Today" 2003 in London, an der Peter Smithson noch beteiligt war. Vom 1953er H. O. F. bis zur Beendigung der Arbeiten am "House of Today", dem Bad Karlshafener Hexenhaus an der Weser, vergingen 50 Jahre Architekturschaffen eines ungewöhnlichen Paares. Für die moderne Architektur bilden sie ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist in der Moderne eher die Ausnahme. Frauen sind zwar als Künstler, Designer und Architekten anerkannt, aber es sind die Männer, die die Erfolge verzeichnen. [Musik: Frahm...verwandelt sich in Steve Reich Electric Counterpoint III, fast] ALISON+PETER Für das Resümee unserer Arbeit brauchen wir nur zwei Wörter: "As found". Das heißt auf Deutsch: "Wie vorgefunden!", wir nehmen das auf, was schon da ist. Verglichen mit den vorherrschenden Paradigmen unsrer lieben Freunde der klassischen modernen Architektur, war das eine Art exotische Nische für uns. Wir hoffen, es bleibt was übrig von unserer Haltung! Absage SPR 1 Epilog. ZUSP 4 Bruchhäuser [1.5: 59 Zur Architektur gekommen ...] Ich habe in den letzten Jahren, als ich ein ganz enges Verhältnis zu ihm hatte, einmal gefragt: Wie bist du eigentlich zur Architektur gekommen? Als kleiner Junge hätte er vor ganz vielen Jahren unter dem Wohnzimmertisch seiner Eltern gesessen, Tischdecke darüber, und hat sozusagen in einer Höhle gesessen. Dieses Raumgefühl, das Kinder dann so haben - das wäre so das erste Mal das Motiv gewesen, Architekt werden zu wollen. 2