COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. DEUTSCHLANDRADIO KULTUR "AUS DEM NICHTS HERAUS" DIE ALTE KAMPFKUNST NINJUTSU FINDET IMMER MEHR ANHÄNGER Nachspiel VON PETER KAISER Redaktion: Hanns Ostermann Sendung am 1.März 2009 Sprecherin: "...Der Ninja war ganz in Schwarz gekleidet...." Ninja-Lehrer/Tino Schilinski-Chemnitz Shikinharamitsu dai-komju Klasse antwortet Shikinharamitsu dai-komju Sprecherin: "....mit Stiefeln, Wollhose, langärmligem Hemd, mattschwarzer Jacke, Handschuhen..." Ninja-Klasse -Chemnitz Domo arigato kuseimashda Sprecherin: "...und einer Maske mit Kapuze, die sein Gesicht - bis auf die Augen, die durch einen schmalen Schlitz sichtbar waren - verdeckte." Ninja-Lehrer/Tino Schilinski-Chemnitz Also Ninjutsu hat nichts mit Magie zu tun. Ninjutsu hat auch nichts mit Guerillakriegern zu tun.( ...) Sprecherin : "Sein Opfer, Barry, war schon auf dem Weg ins Haus. " Ninja-Lehrer/Tino Schilinski-Chemnitz (...)Also Hollywood-Filme dienen dazu den Zuschauer zu begeistern. Das ist aber nicht das, was wir hier trainieren und was uns Großmeister Hatsumi lehrt. Sprecherin: "....der Schmerz in Barrys Brust kam ohne jede Vorwarnung. Dumpf dachte er, er könnte einen Herzanfall erlitten haben....". Ninja -Lehrer Heiko/Ninja-Dojo-Berlin Diese Shuriken, oder auch Bo-Shuriken, diese Wurfpfeile, die sind ja schon seit einigen Jahren verboten in Deutschland. (...) Sprecherin: "....Der Ninja kniete über dem Toten. Seine Finger tasteten nach etwas Metallischem, das im leblosen Körper unter der rechten Herzseite steckte. Mit einem Ruck war es herausgezogen. Kurz darauf war der Ninja wieder eins geworden mit der Dunkelheit....." Aus dem Roman: "Der Ninja" von Eric van Lustbader Ninja-Lehrer Carlo/ Ninja-Dojo Berlin/ (...) Das Ninjutsu, was heute jeder im Kopf mit sich herumträgt, die denken an erster Linie an Mörder, Spione, das waren andere Zeiten (...) Sprecher: Montagabend, zwanzig Uhr. Ort: die Turnhalle des Camille Claudel- Gymnasiums in Berlin, Prenzlauer Berg. Sprecher: Nur wenige Vorwärtsrollen reichen den 20 Männern des Ninjutsu-Dojo- Berlin aus, um zur anderen Turnhallenlängsseite zu kommen. Jeder der Schüler und Lehrer führt die Rollen so leise wie möglich aus. Was zählt, ist die elegante, flüssige Bewegung, und der sichere Stand danach. Ninja-Lehrer Sören/ Ninja-Dojo Berlin ....und wenn ihr rollt, die Hand hier aufsetzen und so, und immer Blickkontakt zu eurem Freund oder Feind halt, und gucken ( Shidoshi rollt) und gucken.... immer so, gucken...(rollt) ....tiefer Stand.. mit Sukiyo... Sprecher: Schüler und Lehrer sind in schwarzen Hosen und Jacken gekleidet. An den Füßen tragen manche schwarze Turnschuhe, andere haben wie die Lehrer spezielle Stiefel an, "Ninja-Tabi" genannt, die den großen Zeh abteilen. Die meisten Ninja hier tragen grüne Gürtel, die die Jacken zusammenhalten. Andere gelbe, und ein paar Schüler weiße Gürtel. Die schwarzen Gürtel sind Meistergrade, DAN genannt. Sprecher: Der bekannte schwarze Ninja-Anzug plus Kapuze ist eher eine Erfindung Hollywoods. Denn das Schwarz des Anzugs, sagen die Lehrer, würde selbst in der Nacht harte Schatten werfen. Zudem dämpft die Kapuze die Geräusche, was die Orientierung verschlechtert. Die historischen Ninja verkleideten sich meist als Wandermönche, Bauern oder Händler, um nicht aufzufallen. Lehrer Carlo/Ninja-Dojo-Berlin (...) Natürlich gibt es immer irgendwo welche, die sagen, die machen nicht unbedingt das Ninjutsu, wie wir das hier machen. Sollen die anderen erzählen Sprecher: Aus den Vorwärtsrollen wird ein ganz und gar untypisches Aufwärmen für Ninja: Ballspielen in der Halle. Lehrer Carlo Avallone. Lehrer Carlo/Ninja-Dojo-Berlin Es gibt Leute, die interpretieren ihren eigenen Kram irgendwo als Ninjutsu. Ninjutsu ist mehr als nur diese eine Technik, oder eine spirituelle Geschichte. Da sind viele Faktoren irgendwo entscheidend. Aus traditioneller Sicht von damals in heute, jetzt, übertragbar ist es eigentlich nicht mehr. (...) Ninjutsu lebt von den Umständen im Moment. (...) Sprecher: Es gibt keine verläßlichen Angaben darüber, wie viele Männer und Frauen in Deutschland das Ninjutsu des Dr. Hatsumi trainieren. Doch es werden inzwischen mehrere Zehntausend sein, und täglich kommen Anfänger in die ersten Kurse. Was genau macht Ninjutsu so anziehend? Die Antworten von Anfängern in Berlin und Chemnitz ähneln sich. Schüler Martin Göbel/ Chemnitz (...) Man wird offener im Geist. Man nimmt Gefahrensituationen viel eher wahr und kann anders reagieren, als es notwendig ist. Peter Ulrich/Berlin Faszinierend ist die Umsetzung der ganzen Techniken. Das ist, wie schon gesagt, eine sehr simple Sache, die aber sehr komplex ist. Und mit einfachen Mitteln große Wirkung erzielt wird. Das ist sehr faszinierend und auch erstrebenswert, das irgendwann mal umsetzen zu können. (...) Um für einen Ernstfall vorbereitet zu sein, der nicht unbedingt eintreten sollte, den es zu vermeiden gilt. Niko Schmidt/ Berlin (...) Die Techniken sind halt sehr effektiv, und es wäre zu gefährlich, sich mit jemandem auseinander zu setzen. Tom Gottschalk/Chemnitz Mich hat das schon immer interessiert. Zum einen weil es sehr simpel aussieht. Man braucht aber ein sehr langes Training, um das zu perfektionieren. Also man muss schon ehrgeizig sein. Das ist eine Eigenschaft, die ich schon mitbringe. Sprecher: Heiko Nowak ist 38 Jahre alt und Tischler. Gleichzeitig ist er Inhaber des 4. Dan im Ninjutsu-Dojo Berlin, und unterrichtet seit mehreren Jahren. Lehrer Heiko/Ninja-Dojo-Berlin Ich betreibe seit 1990 Ninjutsu. Warum? (...) Weil die halt viel mit unterschiedlichsten Waffen unter anderem kämpfen Die anderen Sportarten sind ziemlich beschränkt auf kleinere Sachen. Ninjutsu ist ein richtiges Kampfsystem. Da ist man nicht eingeschränkt auf ....beim Karate ist man eingeschränkt auf Schläge, Tritte, von mir aus noch mal kurz einen Feger oder so....beim Aikido ist man eher eingeschränkt auf defensive Arbeiten, sprich Hebeltechniken, Würfe, beim Jiujitsu sind es schon mehr Sachen, aber da ist man eingeschränkt von mir aus auch in den Waffen. Man hat (...) drei Standardwaffen. Man arbeitet recht fair zwar, aber beim Ninjutsu heißt es immer, da wo die anderen aufhören beginnt Ninjutsu. Das heißt wenn man am Boden ist, und das heißt draußen Straßenkampf, da ist am Boden noch nicht Ende. Deswegen Ninjutsu ist wirklich ein komplettes Kampfsystem. Ninjutsu bedeutet halt wirklich, man will überleben, egal wie. Und im Straßenkampf ist es nicht anders. Wenn man da mit Regeln kommt, hat man wahrscheinlich sowieso schon verloren. Sprecherin: Laut Wikipedia heißt das japanische Wort "Ninjutsu""die Kunst des Erduldens" oder auch "die Kunst des ausdauernden Herzens", weil Ausdauer, Geduld und Selbstdisziplin zu den wichtigen Tugenden der Ninja gehörten. Der Ninja selbst ist, wieder japanisch, ein "Verborgener". Sprecherin: Die Anfänge des Ninjutsu lassen sich nur schwer bestimmen. Erste Techniken sollen aus China, Indien und Tibet nach Japan gekommen sein. Vor etwa 800 bis 1000 Jahren - in der japanischen Heian-Periode - wurden dann Ninja zu Aufklärungs- und Spionagezwecken eingesetzt. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Ninjutsu ist (...) ein System, was aus 9 verschiedenen Schulen besteht. 6 davon sind Samurai- Schulen, also die Schulen der Kriegerkaste des alten Japan. (...) Sprecher: Tino Schilinski ist Lehrer an einer Ninjutsu-Schule in Chemnitz. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz (...) Und 3 Schulen dieses Systems sind reine Ninjutsu-Schulen, und ja, die älteste Schule ist der Togakure-Ryu, das ist der Ryu, mit dem Ninjutsu im Westen bekannt wurde, weil eben dort die Wurfsterne und all die bekannten Waffen aus den Filmen verwendet werden. Die Schule ist über 900 Jahre alt und Großmeister Hatsumi ist dort in der 34. Tradition. Sprecherin: Die 6 Samurai-Schulen beinhalten Waffenanwendungen mit Schwertern, Sicheln, Stöcke, Ketten. Gleichzeitig werden aber auch Tritt-, Sprung- und Schlagtechniken unterrichtet. Sprecherin: Die 3 Ninja-Schulen lehren Krallentechniken, Rollen, Sprünge, Blöcke, Würfe, undsoweiter. Zudem wurde früher auch der Gebrauch von Ninja- Waffen, wie die berühmten Wurfsterne, unterrichtet. Sprecher: Es gibt viele Fähigkeiten, die den historischen Ninja zugerechnet werden, die meisten davon gehören ins Reich der Phantasie. Bestenfalls sind sie noch als akrobatische Choreographie in einem Film zu bewundern. Sprecher: So heißt es, dass Ninja übers Wasser gehen konnten, oder sich unsichtbar machen, und fliegen, aus geschlossenen Räumen verschwinden. Das Ninja-To, das Ninja-Schwert, dass auf dem Rücken getragen wurde, konnte neben dem direkten Kampf von Mann zu Mann auch zum Erklettern von Mauern oder als Brechstange benutzt werden. Sprecherin: Und Wolfgang Ettig behauptet in seinem 1980 erschienenen Buch "Ninja, die Schattenkrieger", dass die Ninja anders als die edlen Samurai regellos kämpften. Sprecher: Doch die Wahrheit ist, dass viele berühmte Samurai gleichzeitig Ninja waren, oder wenigstens Ninjutsu-Techniken beherrschten. Zudem ist auch zweifelhaft, ob es das Ninja-Schwert überhaupt gegeben hat. Auch wenn es das Ninja-To gab, so wird es niemand als Kletterhilfe benutzt haben, um eine Burgwand hochzukommen oder als Brechstange für eine massive Eisentür. Und was den oft zitierten Ehrenkodex der Samurai, Bushido genannt, angeht, der galt nur in Friedenszeiten, und auch erst spät, als nämlich die Samurai meist nur noch Beamte waren. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Und in dem Zusammenhang möchte ich noch ein Wort zum Thema Budo verlieren. In der kriegerischen Zeit (...) galt es für jeden Samurai und Nicht-Samurai zu überleben. In der friedlichen Periode hatten sich die Samurai überlegt, ok, was machen wir denn jetzt mit unseren Fähigkeiten? Also wurden diese friedlichen Perioden genutzt, um Techniken aufzuschreiben, die man dann an die jeweils nächste Generation weitergeben konnte. Und man hat begonnen auch andere Fähigkeiten zu entwickeln. So gibt es in Japan verschiedene Künste, die nichts mit Kampfkünsten zu tun haben, und die aber darauf abzielen Harmonie zu finden, sich weiter zu entwickeln. Da denke ich jetzt zum Beispiel an die Teezeremonie, an die Kunst Papier zu falten, also alles Wege, die für unterschiedliche Menschen zum gleichen Ziel führen können. Und für den Samurai, für den Krieger, war das Budo einfach ein Weg, sich weiterzuentwickeln. Sprecher: Fast zeitgleich mit den Ninja-Schülern in Berlin haben sich die fünf anwesenden Chemnitzer Schüler in der Halle mit Vorwärtsrollen warm gemacht. Jetzt werden Würgetechniken geübt. Sprecher: Das heutige Ninjutsu, sagt der Ninja-Lehrer Tina, geht auf den inzwischen 78jährigen Japaner Hatsumi Masaaki zurück. Seit 1997 wird sein Ninjutsu in fast 500 Schulen in Deutschland von Tausenden Schülern und Lehrern trainiert. In einem Video demonstriert Großmeister Hatsumi die Abwehr eines Messerangriffs. Dabei wird der Meister im Sitzen von einem der amerikanischen Schüler angriffen. Durch eine bltzschnelle Seitwärtsbewegung Hatsumis fällt der Angreifer, und stöhnt auf. Synchronsprecher ( voice over) : So etwa kann man diesen Wurf gebrauchen, bei einem Messerangriff. Synchronsprecher: ( voice over) Das schnelle Aufstehen aus dieser Sitzposition ist sehr wichtig. Und ihr dürft nicht den Kontakt zum Gegner verlieren. Synchronsprecher: (voice over) Euer augenblickliches Handeln muss sich nach den Gegebenheiten richten, muss sensibel sein. Sprecherin: Auch der 1931 geborene Masaaki Hatsumi entspricht so gar nicht dem Klischee vom furchtbaren Ninja. Denn der in Noda, nahe Tokio geborene Hatsumi besitzt Doktortitel in Philosophie, Theaterwissenschaften und Osteopathie, in Japan Seikotsu genannt. Außerdem gilt Hatsumi als begnadeter Sänger, Musiker und Buchautor. Und bei allem ist er zugleich der Großmeister aller 6 Samurai- sowie der 3 noch existierenden Ninja- Schulen, die er in den 1970er Jahren zu einer einheitlichen Kampfkunst unter dem Titel "Bujinkan" zusammenfasste. Das Begriff basiert auf dem Wort "Bujin" "göttlicher Krieger" zusammen. Das ist die Ehrenbezeichnung für Hatsumis verstorbenen Lehrer. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Also er ist eine sehr beeindruckende Persönlichkeit aufgrund seiner Vielfalt. Das, was er im Training an Techniken zeigt, das wirkt sehr simpel, sehr einfach. Und wenn man dann denkt, ach, man kann das einfach nachmachen, dann scheitert man hoffnungslos. Also er hat das im Laufe der Jahre geschafft zum einen die Techniken, die er anwendet intuitiv anzuwenden. Und zum anderen auf ein Minimum zu reduzieren. Man sieht gar nicht, was er macht, man sieht nur die Wirkung an seinem Gegenüber. (...) Sprecher: Tino Schilinski hat Großmeister Hatsumi mehrmals in Japan besucht. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz (...) Und auch das ist ein wichtiger Punkt, den er uns mit dem Ninjutsu lehrt. Techniken auch ein Stück weit im Verborgenen zu machen. Und verborgen ist all das, was man nicht sieht, auch wenn es weit von dem entfernt ist, was viele als Zauberei bezeichnen. Also es hat nichts mit Magie zu tun. Sprecher: Es sind anscheinend einfache Dreh.- und Hebelbewegungen, die Masaaki Hatsumi anwendet. Doch die meist größeren und erheblich kräftigeren Angreifer, selbst Ninja-Meister, schreien auf oder winden sich auf der Matte, wenn der kleine Japaner ihre Angriffe abwehrt. Sprecher: Auch im Bujinkan-Ninjutsu-Dojo in Berlin werden an diesem Abend Hebel- und Blocktechniken geübt. Dabei wehrt einer der zwei Übenden einen Faustschlag ab, in dem er zur Seite geht, und gleichzeitig gegen den Unterarm des Angreifers schlägt. Denn dort gibt es Nervenpunkte. Sören Olson, einer der 3 anwesenden Lehrer erklärt, was passiert. Lehrer Sören/Ninja-Dojo Berlin "...es ist ja alles im Prinzip, was mit empfindlichen Strukturen zu tun hat, ganz gut schlagbar. Also wenn ihr Knochenhaut habt oder sowas, die ist sehr empfindlich, weil das Nerven drin hat. Oder auch Muskeln, wie gesagt, er hat einen dicken Muskelbauch, den könnt ihr schlagen, oder Gelenk, also alles, was sehr empfindlich ist. Nicht nur die Meridianpunkte oder so, sondern auch andere Gegenden. Den gesamten passiven Bewegungsapparat oder auch Muskeln, die kann man mit Shinden-Fudo-Ryu, also im Prinzip mit Kralltechniken, die kann man auch ganz gut bearbeiten. Und dann habr ihr auch die Möglichkeit aktive Strukturen zu (lacht) belasten. Gesicht, kann man jetzt nicht beschreiben über Funk ( Carlo schreit laut, alles lacht ) Also versucht mal, ihr könnt ja auch gegensetzen, etwas anspannen, und gleich gehen wir mal zu Würgetechniken (...) Sprecher: In Chemnitz wird ebenfalls diese Technik eingeübt. Dabei endet auch hier die Abwehr nicht mit dem Schlag gegen den gegnerischen Unterarm. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Also wenn mich Uke mit einem Fauststoß zum Gesicht angreift, dann blocke ich mit meiner Faust in seinem Unterarmbereich, der Bereich wird Nagari genannt. Hier befinden sich verschiedene Schmerzpunkte auf der Unterseite des Arms, und nach dem Block schlage ich mit der Handkante in den Bereich der Halsschlagader, der wird Uko genannt dieser Bereich. Dort befinden sich auch verschiedene Schmerzpunkte, wenn man beispielsweise die Halsschlagader doll trifft, wird kurzzeitig die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen, wodurch so ein kurzzeitiger Beneblungseffekt entsteht, kann sehr schmerzhaft ausgeführt werden mit den entsprechenden Konsequenzen. Sprecher: Das Training in den wohl meisten Bujinkan Dojos weltweit besteht aus drei Blöcken oder Themenkomplexen. Der erste Themenkomplex hat seinen Ursprung in den 9 Schulen. Darin geht es um die optimale Bewegung sowie Techniken im Kampf Mann gegen Mann. In der Kombination von richtiger Bewegung und Kampftechniken wird die Grundlage des Ninjutsu im Schüler angelegt. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Das ist in unserer Kampfkunst ähnlich wie in anderen. Also die typischen Aspekte wie körperliche Fitness, Selbstbewusstsein trainieren, usw., das gibt es bei uns auch. Darüber hinaus lernen wir hier eine Sensibilität für Situationen zu entwickeln, um einfach Gefahren frühzeitig zu erkennen. Und Gefahren beginnen weit vor dem körperlichen Konflikt. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Es geht einfach darum, dass man im Laufe des Trainings lernt, (...) seinen Körper besser einzusetzen und auch die Umgebung intuitiv einschätzen zu können. Also das ich einschätzen kann, auf welchem Untergrund befinde ich mich, wie ist die Umgebung beschaffen für den Kampf, um zu fliehen. Sprecherin: Das historische Ninjutsu war nicht nur der Kampf mit oder ohne Waffen. Auch das Überleben in der Natur wurde gelehrt, und Chemie, Geografie, Pflanzenkunde, Meteorologie, Astronomie, Wassertraining, und sicher noch etliches, von dem heute kaum einer etwas weiß. Ninja-Lehrer Tino Schilinski/ Ninja-Dojo Chemnitz Im Training achten wir da natürlich auch drauf. Im Sommer beispielsweise auch draußen auf der Wiese. Am Hang, da gibts ja eine schöne Gegend im Stadtwald in Chemnitz, wo wir immer trainieren. Einfach auch um die unterschiedlichen Untergründe und das Verhalten eines jeden Einzelnen auf dem unterschiedlichen Untergrund kennen zu lernen. Sprecher: Der zweite Themenkomplex beginnt eigentlich erst mit dem Erreichen des schwarzen Gürtels. Dann nämlich werden Techniken mit Waffen wie Schwerter, Stöcke, Ketten, Messer geübt. Doch neben diesen üblichen, als Waffe sofort erkennbaren Gegenständen, kann alles in der Hand eines geübten Ninja zur Waffe werden. Dabei heißt alles wirklich alles. In Berlin demonstriert Heiko Nowak zum Beispiel eine Abwehr mit einer Plastik-Karte. Lehrer Heiko/Ninja-Dojo Berlin (...) Ich bin mit der Payback-Karte an seinem Unterarm, habe seinen Angriffsarm nach unten gedrückt, und gedreht. Ziehe noch einmal die Karte weg, und bin mit der Karte in Richtung Hals zum Drücken gegangen. Meine linke Hand drückt seine rechte Hand nach hinten, Richtung Schulter, so dass er sich jetzt in einer sehr instabilen Stellung befindet. Das heißt, wenn ich jetzt die Karte hier nehme, an den Hals, ans Ohr oder hier hin drücke....das ist nur, damit er sich auf mehrere Punkte gleichzeitig konzentrieren muss. Und was ich dann mache ist völlig egal. Er hat sowieso schon eigentlich verloren. Das ist nur, damit ich eine günstige Position komme, um gucken zu können, ob da noch andere Leute da sind, um ihm helfen zu können. Oder einen Fluchtweg suche, um schnell wegzukommen. Sprecher: Die dritte Stufe im Bujikan oder der dritte Themenkomplex beinhaltet die mentale und intuitive Seite dieses Kampfsystems. Denn der jetzt meist zum Lehrer gewordene Schüler soll in der Lage sein, bei einem Konflikt intuitiv das Richtige zu tun. Das heißt selbst zu entscheiden, welche Technik er wie verwendet, ohne nachzudenken. Und insgesamt, meint Lehrer Carlo Avallone aus Berlin, geht es sowieso nur um das Prinzip des Überlebens. O-Ton: Lehrer Carlo/Ninja-Dojo Berlin Das Prinzip ist das A und O. Eine Visitenkarte, eine Brille, im Fallen, weil uns einer geärgert hat, den Bügel, das ist auch eine Waffe, eine Handvoll vom Boden, das heißt alles, was ich in die Hände bekommen kann eignet sich zur Waffe. Im Grunde genommen kann ich machen was ich will. Ich muss ihn noch nicht mal groß anfassen. Sprecher: Carlo Avallone ist 42 Jahre alt, Gas-Wasser-Installateur und Inhaber des 6. Dan im Bujinkan-Ninjutsu-Dojo Berlin. Das heißt, auch er hat jenen Test bestanden, bei dem der Prüfer hinter dem knieenden Prüfling steht und mit einem Schwert nach dessen Kopf schlägt. Der Prüfling muß spüren, woher der Hieb kommt, und ausweichen. Sprecherin: Das Bujinkan in Deutschland ist wie Karate, Judo oder Taekwondo ein legaler und anerkannter Sport. Sprecher: In Chemnitz etwa wird die riesige Judo-Halle des Sportforums genutzt. Während dort die Ninja trainieren, üben auf der anderen Hallenseite Aikido-Schüler. Und in Berlin ist das Ninjutsu-Dojo eine der 32 Unterabteilungen im Polizeisportverein wie Bogenschießen, Fussball, Tanzen undsoweiter. Und wenn es auch keine Wettkämpfe im Bujinkan gibt, eben weil die Beherrschung der Techniken keinen Regeln folgt und intuitiv ist, so gibt es dennoch Treffen überall in der Welt. Ausgewählte Meister geben ein Seminar, oder man trifft sich mit Maasaki Hatsumi in Japan. Sprecherin: Der erste Nicht-Japaner übrigens, dem jemals in der jahrhundertealten Ninjutsu-Tradition der Titel Shidoshi, Lehrer, verliehen wurde, war der Amerikaner Stephen K. Hayes. 1975 gründete Hayes die erste Ninjutsu- Schule ausserhalb Japans. Hayes sagt über seine erste Zeit mit Hatsumi in Japan... Synchronsprecher: ( voice-over) Als ich nach Japan kam, war der Lehrer meines Lehrers Hatsumi vor einigen Jahren gestorben. Ich wußte das nicht, ich wollte nur einen Großmeister finden mit einer großen Schule, und religiös-kulturellem Hintergrund. Ich hatte vorher Judo ausprobiert, ein bisschen Aikido, und einiges mehr. Aber als ich beim Meister ankam, begann er gerade seine Schule zu entwickeln. Er hatte schon eine kleine Gruppe Schüler um sich, und sein Training war sehr hart. Aber Ninjutsu, das wollte ich studieren. Sprecher: An einem anderen Abend beginnt das Ninja-Training in Berlin unerwartet. Lehrer Sören/Ninja-Dojo Berlin (...)Und dann wollte ich zu meinem Part (...) ein bisschen mal im Dunkeln rollen und Sachen machen im Dunklen. Also mal Orientierung im Raum, wenn es ein bisschen dusterer ist. Das ihr nicht nur im Hellen rollt, da ist es schön und gut, sondern aber wenn es plötzlich dusterer wird, dann wisst ihr plötzlich nicht mehr wo ihr hinmüsst. Auch mal so ein bisschen Körperkontakt auf die leichte Art und Weise, schauen wir mal, wie weit es dann geht. Ich habe genug Verbandszeug bei, ist kein Problem, Eisspray, machen wir so, wie gesagt, fangen wir gleich mit dem Rollen, würde ich gerne machen, ich sehe das alles, weil das auch alles so ein bisschen auf Night-Shot gemacht wird, Bundeswehr ist hier. Und danach, wen ich meine Sache gemacht habe, würde ich an den Heiko oder den Carlo übergeben, so wie die Lust haben, und dann schauen wir mal (...) Sprecher: Und wieder wird die Anfangsformel als Ritual aufgesagt. Hier in Berlin wie in Chemnitz oder anderswo in der Welt. O-Ton: Ninja-Lehrer Sören/Ninja-Dojo Berlin Shikinharamitsu dai-komju Klasse antwortet Shikinharamitsu dai-komju und Klatschen, rhythmisch. Sprecherin "Aus jedem Ereignis gibt es eine Lehre zu ziehen". Sprecher: Kurz darauf steht Lehrer Sören in der finsteren Turnhalle, mit einem Bundeswehr-Nachtsichtgerät in der Hand. Um ihn herum schwarze Gestalten, die von Wand zu Wand rollen, aus dem Nichts heraus, wie es scheint. Später wird Lehrer Carlo zu den Schülern sagen, dass das hier kein realistisches Training ist, aber.... Lehrer Carlo/Ninja-Dojo Berlin Wir versuchen das Feeling aufzubauen, dass es, wenn wir es dann brauchen, in der richtigen Richtung funktioniert. Auch wenn ihr letztendlich gar nichts macht und euch nur verpisst aus der Situation, das ist schon sehr sehr wichtig. Eine Situation rechtzeitig zu erkennen, ist schon lebenswichtig. Man muss nicht jedem zeigen, dass ich hier der(...)Krieger bin. (...) Musik und Literaturangaben Literatur 1. 2 Zeilen aus " DER NINJA" von Eric van Lustbader, Heyne Verlag MünchenNr. 01/6381, 1980, Deutsche Übersetzung von Juscha Zoellner, Zeilen entnommen aus S.9 und Seite 10 ISBN 3-453-01943-1 Musik: 1. Soundtrack,"Teenage Mutant Ninja Turtles II ", Music von John Du Prez. Daraus Track 2, Vanilla Ice "Ninja Rap". 1991, 15 Sekunden, CDP 796204-2 DLR-Archiv- Nr.: 90-16033 2. The Art of Koto, Nanae Yoshimura, 2003, Celestrial Harmonies, Track 3 "Moegi", davon 2 Minuten, LC 7869 DLR-Archiv-Nr.: 91- 93563 3. Soundtrack " Hanami", 1. Track "Japan", gesungen von Namwei Chin Sun, 2008 Stereo Deluxe GmbH, LC 10648, etwa 2 Minuten 4. Füllmusik Nachspiel " Aus dem Nichts heraus" Interpret Japan Titel "Canton" Komponist Sylvian, David; Jansen, Steve Labelcode 03098 Virgin Bestellcode 204169 Ca. 2:30