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Karin Petzold Musik Titelmusik Oton - und dann ist das Theater so atmosphärisch und akustisch so toll, dass wir hier ohne Verstärker spielen können, Jochen Busse Musik Titelmusik Oton Ich würde das so sagen, dass Putbus noch weit unter seinen Möglichkeiten oder seinen Potentialen ist, Till Jaich Musik Titelmusik Sprecher(in) v.D. Circus am Meer - die Stadt Putbus auf Rügen Eine Deutschlandrundfahrt von Paul Stänner Regie Ludwig v. Beethoven, Wellingtons Sieg, Berl. Philharmoniker, H. v. Karajan Autor Da steht er selbst - in voller Größe - ein Bild von einem Mann. Die doppelreihig geknöpfte, eng anliegende Uniformjacke mit geflochtenen Schützenschnüren behängt, ein großflächiger Orden ist mittig über dem Herzen platziert. Der Mantel ist von der Schulter mit einem energischen Schwung um den Körper geschlagen und liegt auf der linken Hand, die den Degen hält. Die Haare sind nach vorn gebürstet, als ob der Mann den Wind im Rücken hätte. Ein schmales Gesicht, Koteletten, ein kleiner Schnauzbart, den Blick selbstbewusst in eine weite Ferne gerichtet - westwärts übrigens. Die kalten Winde auf Rügen kommen aus dem Osten. Regie Für die Szenen im Park gibt es Atmos Bruhn Dieses gesamte Denkmal, das aus italienischem Carraramarmor hergestellt worden ist, steht auf einem geschliffen norwegischen Granitquader und mit dem Granitquader auf einem gemauerten Backsteinsockel. Fürst Malte ist geboren worden 1783 und er starb im Jahre 1854. Autor Fürst Malte zu Putbus bekam dieses Denkmal, das heute im Park von Putbus steht, der früher einmal der Schlosspark von Putbus war, von seiner Witwe verehrt. Der Berliner Bildhauer Friedrich Drake, der auch die schöne Viktoria auf die Berliner Siegessäule gestellt hat, war der Schöpfer - Material und Künstler waren vom Feinsten. Das heute etwas heruntergekommene Putbus auf Rügen spiegelte einst den Glanz der großen Welt. Christian Bruhn führt uns durch den Park von Putbus. Bruhn Hier ist eine Krönungsfeierlichkeit zu erkennen, auf diesem Relief hier ist sitzend dargestellt worden der schwedische König Gustav der IV. Adolf und er verleiht hier in dieser Szene dem gerade knienden Grafen Wilhelm Malte zu Putbus die Fürstenwürde, indem er ihm hier den Fürstenhut, beziehungsweise die Fürstenkrone aufsetzt. Autor Weil Friedrich Drake ein so großer Künstler war, sehen wir auf diesem Flachrelief die Verleihung der Fürstenwürde in Stralsund vor uns, als sei sie ein Filmtableau, detailgetreu und mit all der Würde und den Emotionen des Augenblicks. Dieser Moment im Jahr 1807 ist eine Schlüsselszene in der Geschichte von Putbus. Regie Atmo Verkehrsgeräusche auf Markt Autor Karin Petzold ist mittelgroß und zierlich, gelernte Archivarin und gut beheimatet in der Geschichte des Ortes. Wir stehen auf dem rechteckigen Marktplatz von Putbus. Petzold Anlass war eigentlich die Verleihung der Fürstenwürde 1807 durch den schwedischen König. Das war natürlich ein bisschen eine Prestigefrage, mit dem Fürstentitel verbunden muss ich mich auch von meiner Grafschaft so ein bisschen entwickeln, repräsentieren und er wollte auch so ein bisschen diese Einsamkeit des Ortes ... überwinden, so ein bisschen europäisches Flair hier reinbringen, was er auf seinen Reisen kennen gelernt hatte und dadurch kam die Initiative der Stadtbildung, Stadtgründung. Autor Bevor Fürst Malte auf die Idee kam, sich eine Stadt zu bauen, die er Putbus nannte, so wie Alexander der Große sich eine Stadt baute, die er Alexandria nannte, war hier eigentlich nichts. Die Familie bewohnte einen ländlichen Grafensitz, ringsum lagen die Felder im Wind und es ging sehr "ländlich-sittlich" zu, wie Karin Petzold sagt, also: öde. Petzold Diese Parkanlage oder der Gutshof beinhaltete auch eine Brauerei hier und aufgrund der Geruchs- und Lärmbelästigungen hatte sich Malte entschlossen, diese Brauerei an die Fahrstraße nach Stralsund zu verlegen, um die so ein bisschen auszusiedeln aus seinem Schlossbereich, das wirkte auch sehr störend auf die Gäste und hat mit diesem Geschäftsbau begonnen, die Stadt von westlicher in östlicher Richtung zu entwickeln. 1816 kam dann die Idee des Seebades hinzu. Autor Die Gründung der Stadt aus dem Geist der Brauerei - man muss als Städtegründer wissen, wo man die Prioritäten zu setzen hat. In Berlin, damals der Maßstab aller deutschen Kultur, war der Klassizismus modern, Schinkel beherrschte die Architektur, hatte aus Italien die Ideen und Anschauungen des klassischen Rom mitgebracht und baute mit weißen Fassaden, Säulen und Giebeldreiecken. Malte hatte ein Vorbild gefunden. Petzold Er hat auch selbst ein bisschen Bauunterricht genommen, Bauzeichenunterricht genommen und wollte hier diesen Traum, diesen antiken Traum einfach verwirklichen. Was ihn nun ganz genau dazu angehalten hat, dazu müssten wir ihn sicherlich selbst noch einmal befragen, es ist nirgendwo dokumentiert, man weiß es eben bloß von den Vorlagen und von diesem Zeitgeist, also Berliner Mode, dass das hier aktuell war. Autor Bauen ist eine Sache - aufregend genug. Aber wenn man gebaut hat, muss man auch Leute finden, die auf diesem Flecken Erde, den vorher niemand bewohnt hat, leben wollen. Malte dachte wiederum großzügig Petzold Und es gab dann eine offizielle Ausschreibung in der damaligen Stralsundischen Zeitung, in dem man Leute aufrief, nach Putbus zu kommen, also sich in Putbus anzusiedeln, man hätte dort genügend Grundstücke, Landplätze, man würde hier auch Arbeit schaffen, beziehungsweise Landwirtschaft betreiben können und daraus entwickelte sich dann Schritt für Schritt der Ort. Autor Malte ließ in die Anzeige schreiben, er suche Bewerber, - Sprecher(in) - die hinlänglich Beweise eines ordentlichen und stillen Betragens Autor - vorweisen könnten - man musste als Neusiedler regelrecht ein Führungszeugnis vorlegen. Wobei anzumerken ist, dass Malte seinerzeit richtig Geld in der Tasche hatte, dass er vermutlich nach den Kollegen aus dem Haus Thurn und Taxis der zweitreichste Vertreter des Adels in Deutschland war. Malte hatte also die Möglichkeiten, sich einen Ort zu schaffen, der seinem schwedischen, und später auch noch preußischen, Fürsten-Titel angemessen war. Petzold Er hat immer Zuschüsse dazu gewährt, Baudarlehen von tausend Talern, das Bauholz teilweise gestellt, das Grundstück dann auch in Erbpacht gegeben, also er hat den Bau unterstützt und gefördert. Autor Der Ort besteht aus dem Dreiklang Schloss, Park und Stadt. Die Stadt wiederum hat zwei charakterbildende Flächen - ein Rechteck und einen Kreis. Im Rechteck stehen wir - Karin Petzold und ich - von kleinstädtischem Verkehrslärm umbraust. Karin Petzold erklärt, und ich höre zu. Petzold Das ist etwas diffizil, das war früher auch mal ein ganz klassizistisches Handwerkerhaus eines Schustermeisters, also man hat hier wirklich auch klein angefangen in Putbus, wurde dann eine so genannte Bäckerei, die Bäckerei Stüdemann, damals auch immer noch so ein klassizistischen Traufenhaus und ist erst 1898 so zu einem Hotelbau umgestaltet worden. Wir sehen schon, das ist der Stil des Historismus oder der Gründerzeit und jahrelang Hotel Deutsches Haus gewesen, noch zu DDR-Zeiten unter dem Namen bekannt war eigentlich das erste Haus am Platze. Autor Was gewissermaßen an einem Haus des Markplatzes erklärt, wie die Geschichte über Putbus hinweg gegangen ist. Jetzt ist das ehemalige Hotel eine heruntergekommene Schönheit zwischen dem Rathaus der Stadt, einer Apotheke, einer Bank und fast exakt gegenüber dem bereits sanierten Theater der Stadt, das eine Schönheit ist und eine Stein gewordene Vision dessen, was aus dem alten Hotel noch werden kann. Nebenher erfahre ich, dass das Vorbild für den Entwurf von Putbus die englische Stadt Bath war, die auf römischen Fundamenten steht und ein großes Badezentrum der römischen Legionen war. So schließt sich der historische Kreis, was ganz schön ist, denn eben sind Karin Petzold und ich auf dem Gang durch die Stadt selbst in einem Kreis angekommen. Regie Atmo Geräusche Circus Petzold Wir sind jetzt am Zirkus, dem berühmten Rondellplatz von Putbus nach dem Vorbild des ebenfalls Zirkus in Bath, oder Circus, wie man das im Englischen sagt, genannt und das ist eigentlich so unser Stolz und Hauptblickpunkt der Stadt. Autor Und es ist wirklich ein Platz, für den man den Erbauer loben muss- Fünfzehn weiße Gebäude im klassizistischen Stil umstehen den tellerrunden Rasenplatz in der Mitte, der von acht Wegen durchschnitten wird. Diese Wege laufen strahlenförmig auf den Mittelpunkt des Platzes zu, auf dem ein 21 Meter hoher Obelisk mit einer Fürstenkrone steht, den Malte gewissermaßen zur Erinnerung und zur Krönung seiner Stadt Putbus errichten ließ. Während der rechteckige Marktplatz mit seinen Gebäuden eher der normalen Infrastruktur eines kleinen Ortes diente, war der Circus der Wohnort für die gehobenen Kreise. Petzold ... der feinere Kreis, der inner circle sozusagen. (lacht) Musik Interpret: The Philadelphia Orchestra, Mariss Jansons Titel: Jazz Suite Nr. 1 CD: Complete Symphonies, CD 9 Komponist: D. Shostakovich LC/Best.-Nr.: EMI Regie Atmo Theater Gemurmel des Publikums , der ganzen Passage unterlegen Autor Die Stadt Putbus auf Rügen hat ein Theater, und das Theater hat einen Theaterdirektor, und der heißt Klaus Möbus: Möbus Sechs Jahre war das Theater zu, von 1992 bis 98, und es hat nicht deshalb so lange gedauert, weil die Bauarbeiter so langsam waren, sondern weil man nur so weit bauen konnte, wie man das Geld zur Verfügung hatte. Autor Von 1992 bis 1998, sechs Jahre lang, war das Theater geschlossen wegen Renovierung und tröpfelnder Finanzen. Sechs Jahre können für ein Theater sehr lang sein. Möbus Ach, das fand überhaupt keine Begeisterung, wobei die Putbuser nicht so die ganz großen Theaterfans sind, also wir haben mehr Besucher aus dem anderen Teil der Insel als aus Putbus. Regie Atmo endet, unterlegen "Schön Rosmarin" , Hans-Georg Arlt, Kaffeehausträumereien Autor Was dem Theater zu einer 70%igen Auslastung verhilft. Malte hatte für die Stadt, die seinen Namen tragen und die dem Renommee eines zweifachen Fürsten gerecht werden sollte, einen Theaterbau vorgesehen. Theater - und später auch das Kasino - spielten für den Amüsierbetrieb eines Bades für die gehobenen Stände eine wesentliche Rolle. Im Sommer 1821 war das Haus im Großen und Ganzen fertig, ein Abbild der Architektur, die in Berlin die ganz großen Meister der angesagten Baukunst inszenierten. 1824 bereiste ein Herrn namens Klopsch die Insel Rügen und sah auch das Theater in Putbus. Er schrieb: Sprecher(in) Der Schauplatz zeichnet sich durch zweckmäßigen Bau und fürstlichen Glanz, die Bühne selbst aber durch reiche und geschmackvolle Dekoration aus. Möbus Es wurde relativ modern gespielt, zum Beispiel von Bellini Die Nachtwandlerin zum Beispiel, die war zwei Jahre nach der Uraufführung schon in Putbus auf dem Spielplan, was ich toll finde. Sprecher(in) Die Logen des ersten Ranges umgibt ein kunstvoll gearbeitetes eisernes Geländer, so dass man den ganzen Staat der Damen, selbst den Faltenwurf der Kleider sehen kann. Regie Musik endet Autor Am Ende der jahrelangen Renovierung ist dieses - einst moralisch mit schwerem roten Brokat verhüllte - durchbrochene Geländer wieder leicht und durchlässig und gibt - wie in den Anfangsjahren - den Blick frei auf die Garderoben der Damen, so sich das lohnt. In hellem Lack mit blauen Bordüren zeigt sich der Zuschauerraum, ein imposanter Kandelaber ziert die Decke der hohen Halle. Gerade einmal 270 Zuschauer fasst das Haus, ein angenehm intime Atmosphäre. Möbus Das ist wirklich querbeet, es betrifft unterschiedliche Bildungsschichten, wir haben ja auch ein sehr breit gefächertes Programm, auch einen großen Teil Unterhaltung, Kabarett und dann bis zum klassischen Schauspiel oder bis zu Oper, ist ja eigentlich alles dabei und wir machen eben auch Heinz Rennack, Unterhaltungssachen, die wirklich für jeden geeignet sind, das ist ja der Vorteil an so einem Bespieltheater, dass man alles das anbieten kann, was die Leute sehen möchten und deshalb hat man ein sehr breites Publikum... Autor Das Theater von Putbus ist für die Architektur des Ortes das leuchtende Vorbild. Viele Gebäude warten noch auf ihre Sanierung und wenn man sie so saniert wie das Theater, dann wird diese Stadt die weiße Perle auf Rügen. Regie Applaus , Akkordeonmusik beginnt, dann Auftritt Venske, Busse "...der einzige kulturelle Veranstaltungsort im Umkreis von 60 km..." Gelächter, Applaus bei 56 sec Autor "Legende trifft Urgestein" heißt das Programm der Kabarett-Größen Jochen Busse und Henning Venske. Das Programm läuft im Rahmen der zwölften Rügener Kabarett-Regatta, die eine regelmäßige Veranstaltung im Theater von Putbus ist. Wer hier die ruhmvolle Legende ist oder nur alt gewordenes Urgestein, wird im Verlauf des Programms nicht deutlich, erfahrene Streitrösser des politischen und soziales Spottgewerbes sind sie beide. Regie Absage Busse, Akkordeon , Applaus und Gehgeräusche unterlegen Autor Das Kabarett der Herren Venske und Busse ist zu seinem Ende gekommen, das Publikum applaudiert sich müde und trödelt zu den Autos. Die Herren Venske und Busse entledigen sich in der Garderobe ihrer Bühnenkleidung, die aussieht wie normale Straßenkleidung und schlüpfen in ihre normale Straßenkleidung, mit der sie auch auf die Bühne könnten: Anzüge eben und gebügelte Hemden. Das Theater, in dem sie gerade aufgetreten sind - es antwortet Herr Busse, der entweder Urgestein ist oder Legende. Busse Etwas Schöneres als so einen Raum kann man sich überhaupt für Kabarett gar nicht vorstellen, erstmals ist es wunderbar gepflegt, alles, was sehr schön ist, wenn man herum reist, und dann ist das Theater selbst so atmosphärisch und akustisch so toll, dass wir hier ohne Verstärker spielen können, was viel ausmacht. Sie können also direkt sich an die Leute wenden.. Autor Herr Busses Hund ist ungehalten über die Störung in der Garderobe und wird zur Räson gebracht. Das Halbrund des Zuschauerraumes, die Fürstenloge im Zentrum des Bogen, die charaktervollen Risse in der Holzvertäfelung - Busse - das haben wir bei der Probe gesehen, als wir uns das hier eingerichtet haben, und das ist ja sehr schön restauriert , ein wunderbares Theater, vielen Städten gewünscht. Autor Henning Venske, der entweder Legende ist oder Urgestein: Venske Dieses Theater meinen Sie? Autor Herr Venske hat jahrzehntelange Bühnenerfahrung im Nacken, er hat auf nahezu allen deutschen Brettern gespielt und soll das Haus in Putbus, das nördlichste in einer Kette der Historischen Theaterhäuser, kommentieren. Venske Ja - soll ich jetzt eine Nummerierung vergeben wie im perfekten Dinner? Autor Soll er - auf einer Skala von eins bis zehn. Venske Eine neuneinhalb würde ich geben, ja ja , würde ich schon geben. Autor Letzte Frage vor dem Feierabendbier - wäre er nicht Kabarettist, sondern ein normaler Staatstheaterschauspieler, was würde er gern spielen wollen in Putbus: Venske langer Atmer: Molierekomödien, so was, so in die Richtung, Klassiker kann man natürlich auch spielen, im Kammerton, Leonce und Lena, Kabale und Liebe, so was, mit Allongeperücken. Musik Interpret: Orchestra Filarmonica della Scala, Ricardo Muti Titel: Luisa Miller Komponist: Giuseppe Verdi LC/Best.-Nr.: Sony Bruhn Putbus wurde 1816 zum Seebad erhoben, als Putbus-Bad, eigentlich als fürstliches Luxusseebad Autor Luxusseebad - vielleicht ist das das richtige Stichwort für die Kirche. Sie steht im Park von Putbus auf Rügen. Die großen Bogenfenster aus durchsichtigem, unbemaltem Glas lassen das volle Licht des Nachmittags herein, und als sei dies nicht genug, hat auch das Obergeschoss der Kirche noch eine Reihe großer, rechteckiger Fenster. Bruhn - und ungefähr an der Stelle, wo jetzt die Schlosskirche steht, hat Steinmeier in Zusammenarbeit mit August Stüler, dem persönlichen Haus- und Hofarchitekten des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV, diesen Kursaal hier errichten müssen im Auftrage des Fürsten Malte in den Jahren von 1844 bis 1846 Autor Und das erklärt, warum die Kirche so wenig nach Kirche aussieht: Im Anfang war nicht das Wort, sondern die Spielkarte. Das Gotteshaus entstand aus einer Spielhölle. Herren mit Zylinder und Vatermörderkragen, die feineren unter ihnen mit zwei Westen übereinander, eng tailliert den Rock mit dem langen Schoß. Waren Damen zugelassen? Mit einer Haube, die die Augen wohlerzogen nach vorn lenkten und keine koketten Seitenblicke zuließen, dafür mit großem Ausschnitt, der die Herren vom Spiel ablenkte? Taille wie eine Wespe und der Rock wie eine Kirchenglocke? Man spielte Pharao oder Roulette? Ein Blick aus den großen Fenstern verwischt die Illusion - der Blick geht in den Tiergarten von Putbus, in dem traditionell weiße Rehe gehalten werden. Weiße! Rehe! Bruhn Es sind auch weiße Tiere darunter, einige sind hier noch vorhanden, und man kann gut aus diesem Fenster schauen und sieht diese Tiere hier laufen, was Ungewöhnliches ist es schon, durch das westliche Seitenfenster dieser Kirche zu schauen, um dann ins Tiergehegeblicken zu können. Regie Atmo Park Autor In der Kirche hängen die Bilder einer Ausstellung. Sie zeigen das Schloss, gewaltig, wie es einmal war mit dreigeschossigem Mitteltrakt, der von einem dreieckigen Giebel gekrönt war, und rechts und links in ausgewogener Symmetrie zwei trutzige Rundtürme. Efeu rankte über Treppen und Säulen. Bruhn Bedingt durch den verlorenen 2. Weltkrieg, durch die Entwicklung der beiden deutschen Staaten, auch im Zuge des kalten Krieges waren diese Bauten auch der hier in Putbus in diesem Baustil nicht mehr gefragt, man hat hier Umbauversuche gestartet. Autor Das Problem besteht für die Stadt Putbus in gewisser Weise noch heute: Das Erbe ist viel zu teuer für eine 5000-Einwohner-Gemeinde. Das Schloss, der Park, die Stadt waren errichtet worden auf der Grundlage eines großen Vermögens. Durch die Enteignung nach 1945 war das Vermögen verloren, aber die Unterhaltskosten waren geblieben. Die Stadt musste sich irgendeine Nutzung einfallen lassen. Bruhn Es wurde der Mitteltrakt herausgerissen, es wurde die Schlossrampe entfernt und die Schlossterrasse des Schlosses, so hat das Schloss gestanden ohne Mitteltrakt, die Putbuser behaupteten damals, jetzt hätten wir drei Schlösser, links ein Schloss und rechts ein Schloss und in der Mitte ein Luftschloss, Autor Was ja doch in schönster Weise das Wirken der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beschreibt. Der Hass der Revolutionäre von der SED auf das Alte, Überkommene war so groß, dass sie lieber auf das reparaturbedürftige, aber vom Krieg verschonte Gebäude verzichteten. Bruhn Am 9.4.1957 fiel dann in Berlin die Entscheidung zum totalen Abriss, bedingt durch einige Proteste hat sich dieser Abriss noch hinausgezögert und man hat dann begonnen 1959 den Dachstuhl des Nordflügels zu entfernen und das zweite Obergeschoss. Weil man nur Hammer und Fäustel hatte, kam man nicht so richtig voran, man kam dann auf die grandiose Idee, im Jahre 1960 zu sprengen. Weitere Sprengungen folgten dann noch 1962 und hartnäckige Teile wurden dann noch in der Nähe des Marstalles 1964 dann gesprengt. Autor 1964 besuchte der SED-Parteichef Walter Ulbricht die Insel Vilm, die vor Putbus in der Ostsee liegt. Damit der wichtigsten Figur der damaligen DDR kein Ungemach ins kunstsinnige Auge stach, wurde eine Steinzerkleinerungsmaschine herangeschafft und das Schloss geschreddert. Der Platz wurde eingesät und ist heute eine Rasenfläche, auf der mit weißen Seilen die Umrisse des verschwundenen Gebäudes nachgezeichnet sind. Bruhn Und so endet quasi im Jahre 1964 die Fürstenherrlichkeit. Musik Interpret: Berl. Philharmoniker, H.v. Karajan Titel: Bilder einer Ausstellung - La Porte de Kiew CD: Karajan - The complete EMI Recordings Track: Track 1 Komponist: Modest Mussorgsky LC/Best.-Nr.: EMI Regie Atmo mit Motor und Wasser in schneller Fahrt Autor "Julchen" tuckert über die Ostsee. Die Fahrt vom Hafen Lauterbach, der zur Stadt Putbus auf Rügen gehört, bis zur Anlegestelle auf der Insel Vilm, die man mit "V" schreibt - die Fahrt dauert nur knapp eine enttäuschend kurze Viertelstunde. Dann verwandelt sich Andreas Kuhfuß vom Kapitän zum Fremdenführer und heißt die Besucher willkommen: Kuhfuß Meine Damen und Herren, ich möchte Sie als erstes ganz herzlich hier auf dem Vilm begrüßen. Wie Sie vielleicht bereits wissen, gehört diese Insel auf dem Gebiet der Stadt Putbus, diese Insel ist aber integriert in das Biosphärenreservat Südostrügen. Und dadurch, dass wir uns jetzt im Biosphärenreservat aufhalten, und - wie das überall so Mode ist in Deutschland - einige Verhaltensregeln für Sie. Als erstes muss ich Ihnen mitteilen, dass das Rauchen auf der Insel für uns nicht gestattet ist, das ist also eine Nichtraucherinsel für uns, zweitens bitte benutzen Sie nur die vorhandenen Wege und wenn wir nachher in den Bereich des Waldes kommen und es sollte knacken in den Ästen, dann schauen Sie bitte nach oben, damit Sie den Ast sehen, der ihnen auf den Kopf fallen möchte. Autor (über den einleitenden O-ton) Die Insel Vilm ist bereits seit 1936 ein Naturschutzgebiet und bleibt der natürlichen Entwicklung überlassen. Wenn also Bäume dazu neigen, auseinander zu fallen, dann wird niemand etwas unternehmen. (jetzt das Ende des O-Tons). Wegen des Naturschutzes dürfen nur geführte Besuchergruppen die Insel besichtigen. Was Herrn Kuhfuß dazu zwingt, mit lauter Stimme zu sprechen. Natürlich, die Insel hat eine gewisse Reputation, und so geht zunächst einmal darum, dass die Naturschutzinsel Vilm exklusiv die Urlaubsinsel des Ministerrates der DDR war. So wie im Alltag in Wandlitz, war man auch im Urlaub auf Vilm unter sich. Dazu gibt eine Vorgeschichte, nämlich die touristische Nutzung der Insel von 1956 bis 1959. Kuhfuß Wenn sie drüben auf Rügen unterwegs sind, hören Sie sehr viel Gerüchte über diese Insel und ich muss auch leider immer wieder feststellen, dass in den Reiseführern sehr viel Unsinn drin geschrieben wird. Der Hauptgrund, dass man sich diese Insel herausgesucht hat, dass hängt mit diesem Tourismus zusammen, den man in dem Zeitraum 1956 bis 1959 auf dieser Insel durchgeführt hat. Es gibt eine Studie an der Universität Greifswald, damals haben Studenten versucht, die Besucher, die rüberkamen auf diese Insel, dass die naturschutzrechtlich gelenkt und geleitet werden sollten. So hieß dieser Ausdruck wirklich, und man muss wissen, dass an Sommertagen teilweise 500 bis 700 täglich auf dieser Insel waren. Jetzt musste man 1959 eingestehen, so eine kleine Insel mit der Natur und dann so eine große Besuchergruppe in Einklang zu bringen, dass ging gar nicht, dass ist ein Ding der Unmöglichkeit. Autor Jetzt hatte man aber das Problem, dass man diesen Fehler - nämlich die Insel für den Tourismus freizugeben - nicht eingestehen wollte, weil die Führung der DDR keine Fehler machte. Also traten - sagt Herr Kuhfuß - die Genossen die Flucht nach vorn an und sperrten die Insel, um dem Ministerrat eine hübsche und sichere Ferienanlage einzurichten. Nach dem Beispiel des Fürsten Malte zu Putbus betätigten sich auch die SED- Spitzen als Ortsgründer, und sorgten dafür, dass sie unter sich blieben. Kuhfuß So hat man es auch durchgeführt, so hat man es auch dargestellt, ich möchte es nicht beschönigen, dass man dann diese Insel über vierzig Jahre lang gesperrt hat, dass man hier diese Privilegien doch gehegt und gepflegt hat, dass ist korrekt, aber man muss immer dazu sagen, dass diese Sperrung über die vierzig Jahre hinweg für die Natur, die wir jetzt noch vorfinden, das Beste war, was man überhaupt machen konnte, Autor Die ehemaligen Minister-Häuser sind reetgedeckte, eingeschossige Anlagen, die an die Fischerkaten der Region erinnern sollen. Es gab einen gemeinsamen Speise- und Unterhaltungsraum, wo man schon wieder auf die traf, die man im normalen Leben sowieso jeden Tag sah. Die Minister- Siedlung hatte etwas grauenhaft Spießiges wie von einem Jugendlager. Kein Wunder, dass eines Tages ein veritabler Minister und ein Segler von außerhalb am Strand in eine Prügelei gerieten. Wahrscheinlich hatte der Minister den Lagerkoller. Das Ergebnis der Prügelei war jedenfalls, dass auf Vilm ein permanenter Polizeiposten eingerichtet wurde, 365 Tage im Jahr. Man fragt sich, wer sich mehr gelangweilt hat: die Minister beim gemeinsamen Mittagessen oder die Polizisten im Winter, wenn nichts los war. 1990 war es dann vorbei mit dem privilegierten Wohnort Wandlitz, mit dem privilegierten Jagdrevier Schorfheide und der privilegierten Ferieninsel Vilm, die Fürstenherrlichkeit der SED war Geschichte und seit dem ist in den ehemaligen Ferienhäusern eine Internationale Naturschutzakademie untergebracht, was angemessen vernünftig erscheint, angesichts der überwältigenden Fülle an Pflanzen. Regie Atmo, man geht Kuhfuß Allein hier in diesem Bereich habt man 435 Arten (Pflanzen) festgestellt, wenn man noch davon ausgeht, dass man im Bereich des kleinen und des mittleren Vilm noch Arten existieren, die hier nicht vorkommen, wird von 500 Arten auf dieser Insel gesprochen. Verglichen mit Rügen, diese Kartierung hat man auch mal dort durchgeführt, obwohl ja Rügen 1000mal größer ist, hat man dort lediglich 600 festgestellt, und das ist auch ein Teil, der diese Insel so wertvoll macht. Autor Andreas Kuhfuß lockt seine Gruppe auf schmalen Wegen durch den Wald wie eine Entenmutter ihre Jungen. Der Blick geht weit über den Bodden, am Horizont ist Greifswald zu erkennen. Kuhfuß verweist auf eine flache Furt, die Vilm mit der Insel Rügen verbindet und die gern von Wildschweinen und Rehen genutzt wird, die hier bis zum Bauch im Wasser laufend und dann eine kurze Strecke schwimmend die Reviere wechseln. Aus historischen Aufzeichnungen weis man, dass der Baumbestand gerade einmal 400 Jahre alt ist, aber dieser Zeitraum reichte aus, um auffällige Charaktere wachsen zu lassen. Kuhfuß Der wohl am eigenartigsten gewachsene Baum, den wir überhaupt auf dieser Insel haben, das ist diese Eiche, die Sie da vorn sehen. Da muss man aber dazu sagen, dieser Doppelast, der so links weg geht, der ist wahrscheinlich durch einen Bruch entstanden und danach erst wieder zusammengewachsen, trotzdem von der Statik her, von der Gewichtsverteilung her, ist das schon etwas Besonderes, denn das sind mehrere Tonnen, die da einfach so an der Seite dran hängen. Regie Atmo Motorengeräusch , Brücke und Verabschiedung, darüber Autor Zurück auf Rügen, auf der Insel Vilm verbleiben nur die Mitarbeiter der Naturschutzakademie. Fürst Malte, der Gründer von Putbus, hatte seine Kindheit auf dieser Insel verbracht und er war es auch, der ihren Baumbestand rettete, als 1813 die Franzosen unter Napoleon hier Holz schlagen wollten. Malte opferte eine andere Insel. Später war Malte Delegierter auf dem Wiener Kongress, der die europäische Ordnung nach dem Ende des napoleonischen Reiches beraten sollte - da hatte er noch eine Rechnung zu begleichen. Musik Interpret: Titel: Wellingtons Sieg CD: Track: Komponist: Beethoven Text: LC/Best.-Nr.: DLR-Archiv#: Autor Da Putbus richtig im Lande lag, brauchte der Ort einen Hafen. Und da Putbus ein richtiges Bad, ein Luxusbad, sein sollte, brauchte es auch ein repräsentatives Badehaus. Malte schuf Lauterbach, einen kleinen Flecken am Wasser und benannte ihn nach dem Familiennamen seiner Frau. Das Badehaus Goor in Lauterbach ist ein lang gestrecktes Haus im klassizistischen Stil mit 18 Säulen und einer Freitreppe über die gesamte Vorderfront. Unser Reisender des Jahres 1824 notierte: Regie "Schön Rosmarin" , Hans-Georg Arlt, Kaffeehausträumereien unter Sprecher Sprecher(in) Die innere Einrichtung des Badehauses, welches wir besahen, entspricht seinem Äußeren, das sich durch Eleganz empfiehlt. Ein von Säulen getragener und mit den Büsten alter Dichter und Philosophen geschmückter Korridor zieht sich längs der Front hin. Der Haupteingang führte in den mit großen Spiegeln ausgelegten Speisesaal. Regie Musik endet Autor Das weiße, strahlende Badehaus Goor ist vor kurzem erst renoviert und groß ausgebaut worden, nachdem es jahrelang leer gestanden hatte. Noch in der DDR diente es der Erholung der Werktätigen, und manche von ihnen kommen, stehen im Korridor, aus dem die Büsten der Dichten und Philosophen verschwunden sind, und blicken in den Speisesaal. O-ton Sie: Hier vorn waren Zimmer, Einzelzimmer möchte ich sagen und wir haben rechts gewohnt und da war ein großes Zimmer, denn wir waren ja fünf Personen, und einmal hatten wir hier unten gewohnt und waren mit Doppelstockbetten, und duschen konnte in den Flur gehen und da war ein großer Duschraum und Waschraum, weil war noch nichts in den Zimmern mit Duschen. Autor Das Ehepaar Raute. Herr Raute nimmt den Hut ab und stellt sich vor, Joachim Raute, ehemals Kombinat Eisenhüttenstadt, dort hat er 40 Jahre als Schlosser gearbeitet. Und wann immer es ging, haben sie in Lauterbach im Haus Goor Urlaub gemacht, denn nebenan war ein Kinderlager, da waren die Kinder der Rautes in Ferien. O-Ton Sie: Und dann hatten sie auch noch hier unten die Konditorei gehabt - Er: wenn man rein kam rechts, da war die Konditorei und der Essenraum - und da haben sie Kuchen gebacken und der hat ganz lecker geschmeckt immer. Autor Vom ehemaligen und aktuellen Restaurant geht der Blick über die wenige Meter entfernte Ostsee, hinüber zum Yachthafen von Lauterbach, und ein wenig weiter nach rechts zu der langen Allee, die nach Putbus führt. Ein wenig ist die Erinnerung an das realsozialistische Urlaubsvergnügen verschwommen - O-ton Aber gucken Sie mal, nach so viel Jahren, da kann man - wir kommen schon das dritte oder vierte Mal hierher, bloß um zu gucken was aus Haus Goor geworden ist. Autor - aber die Empfindung der schönen Zeit ist geblieben. Das Haus ist grundsaniert und erweitert worden - gefällt es dem Ehepaar Raute? O-ton Sehr gut, wundervoll, kann man bloß den Hut abnehmen, hat auch bestimmt sehr viel Geld gekostet, aber sieht gut aus, sehr sehr schön. Regie "Schön Rosmarin" , Hans-Georg Arlt, Kaffeehausträumereien unter Sprecher und Autor Sprecher(in) Die Badezimmer - Autor so schrieb unser Berichterstatter von 1824 Sprecher(in) - vereinigen in sich den größten Geschmack mit der möglichsten Bequemlichkeit. Eine Badewanne ist von Marmor, die anderen aus einer feinen, der Fayence ähnlichen Masse verfertigt. Auch ein Dusch- und ein Tropfbad befinden sich hier - Regie Musik läuft aus Autor Eine der alten Wannen steht noch dekorativ im Innenhof des neu ausgebauten Hotels, man kann sie vom Wellnessbereich aus sehen und ist froh, dass die Badetechnik Fortschritte gemacht hat. In der weißen Kleidung seines Berufes steht Helmut Dittrich, der Leiter des Wellnessbereichs und sagt: Dittrich - wir haben jetzt gemeinsam vor, eine Kreidepackung anzulegen bei Ihnen, das heißt, ich müsste jetzt die Kreide anrühren, in der Zeit müssten Sie duschen gehen, in der Zeit bin ich auch fertig und dann kann's los gehen. Autor Die Kreide, werde ich belehrt, stammt von einem Ort mit dem lustigen Namen Klementelvitz, ist sechzig Millionen Jahre alt und wird all ihre Mineralien, Bakterien und sonstigen heilenden Kräfte dazu aufwenden, mich zu einem Brad Pitt mit der Haut einer Angelina Jolie zu verjüngen. Regie Atmo Duschen , darüber Dittrich Die Kreide ist dafür da, erstens das Immunsystem zu stärken, es hat eine reinigende Wirkung, die Kreide, das heißt, wenn wir jetzt die Kreidepackung anlegen, setzen sich die kleinen Kreidepartikel in der Haut fest, ziehen die Schlackestoffe aus der Haut, binden diese und wenn sie dann in die Dusche gehen und das abspülen, ist nicht nur dass Sie die Kreide runterspülen, sondern dadurch, dass die mit der Hand die Kreide vom Körper waschen, gibt es noch einen Peeling-Effekt. Regie Ende Duschen Autor Man kann sich nicht vorstellen, woher in der sauberen Luft Rügens etwas kommen sollte, was ein Peeling wieder abspülen müsste, aber Frauenzeitschriften schwören auf den reinigenden Effekt des Peeling. Dittrich Atmo Kreide wird angerührt Die Packung solle eine schöne cremige Konsistenz haben,... Atmo.... sie hat die Eigenschaft, dass sie die Wärme zu speichert, die Kreide... und so eben auch hervorragend geeignet bei chronischen Erkrankungen , dass sie die Wärme unheimlich lange hält und dem Körper zuführt...sieht schon mal sehr gut aus. Autor Auf mich wirkt es eher wie die weißliche Spachtelmasse, mit der ich alte Bohrlöcher zugipse, aber wahrscheinlich ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem ich besser das Nachdenken und Kritikastern bleiben lassen sollte. Regie Wellnessmusik und Atmo Auftragen der Kreidemasse, darüber Autor Ich liege nackt auf einem Tisch, der mit einer Gummimatte abgedeckt ist. Ich werde eingerieben mit der frisch angerührten Kreide, dann mit einer Art Frischhaltefolie überzogen. Zusätzlich werden noch die überhängenden Seitenteile der Gummimatte des Tisches über mich gedeckt, so dass ich ganz und gar eingehüllt bin. Dann füllt sich unter mir eine Kunststoffblase mit warmen Wasser, nach wenigen Sekunden liege auf einem Wasserbett. Im Hintergrund läuft glücklich machende Musik und von Zeit zu Zeit wird ein dunkler, warmer Brummton durch das Wasser geschickt, das mich umgibt. Der Ton lässt das Wasser vibrieren und gibt mir eine leichte Massage. Mir wird warm, sehr warm. Regie Wellnessmusik frei Autor Dreißig Minuten liege ich unter den Gummilaken, schwappe auf dem Wasserbett und schwitze, wie ich nicht einmal beim Marathonlaufen geschwitzt habe. Die Kreide, hoffe ich, tut mit Hochdruck ihre heilende und pflegende Wirkung. Mir wird sehr heiß. Vielleicht hätte ich mir nicht noch Kreide ins Gesicht schmieren sollen, damit ist die einzige Hautfläche, durch die Wärme entweichen kann, auch versiegelt. Später wird mir Helmut Dittrich versichern, es gäbe Klienten, die er aus dem Tiefschlaf wecken müsse, in den sie durch die Wärme und die sanften Bässe eingelullt worden seien. Mir ist es deutlich zu warm geworden, ich habe keine Probleme, mich auspacken zu lassen. Und wirklich - das Brad Pitt-Ziel habe ich nicht erreicht, aber ich fühle mich deutlich erholt und wie von altem Unrat befreit. Regie Wellmusik Ende Dittrich Ich würde jetzt nicht unbedingt gleich schwimmen gehen. Ich würde es erst mal ein bisschen nachwirken lassen, jetzt haben sich ja die Poren geöffnet, die Kreide konnte rein, hat die Schlackestoffe entfernt durch das Peeling ist jetzt noch zusätzlich die erste Hautschicht weg, die locker sitzenden Hautschuppen und jetzt würde ich erst mal wirklich eine halbe Stunde noch ein bisschen nachruhen, also hinlegen, Reue passieren lassen genießen, dann Schwimmbad, Sauna, je nach dem was Sie gern möchten. Autor Was ich möchte, - vielleicht einfach einen gemütlichen Gang am Wasser entlang, zu den Häusern und Booten, die im Yachthafen von Lauterbach liegen. Musik Interpret: Staatskapelle Berlin, Chor d. dt. Staatsoper Berlin, Barenboim Titel: Steuermann halt die Wacht! CD: Der Fliegende Holländer Komponist: Wagner Text: Wagner LC/Best.-Nr.: Teldec Autor Lauterbach auf Rügen - der Ort Putbus ist wenige hundert Meter entfernt, und auch nur zweieinhalb Kilometer sind es bis zur Insel Vilm. Lauterbach ist Badeort und Hafen von Putbus. Und hier, in Sichtweite des weißen, säulenbestandenen Badehauses Goor, arbeitet Till Jaich. Jaich sieht nicht aus wie ein Städtegründer - er hat die langen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden; ein Drei-Tage-Bart und eine randlose Brille zieren sein Gesicht, er trägt ein quergestreiftes T-Shirt und sieht eher aus wie ein Seglerlehrer. Regie Atmo Jaich Ich bin Segler, ja ich bin quasi auf dem Boot groß geworden, wenn man so möchte, also ich hab meine erste eigene Jolle mit fünf Jahren schon gehabt... Autor Der Yachthafen von Lauterbach ist eine ausgedehnte Anlage mit riesigen Bootsschuppen, in denen große Segelboote gewartet und repariert werden können, einem entsprechend großen Kran, um sie aus dem Wasser zu heben und langen Stegen, mit Booten und Häusern. Boote an Stegen kennt man - Häuser an Bootsstegen, das ist erstaunlich. Jaich Das hat viele Gründe. Zum einen: Ausgang war, dass wir selbst als Segler und Wassersportler wussten, dass jeder Wassersportler davon träumt, dass er ein Haus hat mit einer Terrasse, an dem das boot gleich längsseits anlegen kann. oder mit einer Terrasse mit einer eigenen Badeleiter, von der man ins Wasser springen kann, Und das ist auf Rügen, quasi nicht möglich, weil aufgrund von Naturschutzrichtlinien im 200-Meter-Uferbereich neu bauen gar nicht möglich ist, sondern nur Bestand Bestandsschutz hat. Autor Der Traum vom Haus mit Garage und Bootsanleger funktioniert also auf Rügen nicht. Jaich - und so haben wir uns überlegt, wie können wir das dann machen damals d.h. vor nunmehr zehn Jahren, das waren damals auch die ersten schwimmenden Häuser Deutschlands, sind wir davon ausgegangen, dass es sich hierbei wohl um Boote handelt und das wurde uns auch so bestätigt von den genehmigungserteilenden Behörden, ... dass heißt nicht, dass wir keine Genehmigungen brauchten, aber eben nicht für Häuser, sondern für Boote. Autor Der Steg, auf dem wir sitzen, führt hinaus in die Ostsee. Rechts und links dümpeln auf rechteckigen Pontons die Häuser verschiedener Größen. Sie sind ein oder zweigeschossig, sind mit farbigen Hölzern verschalt und haben an der Seeseite kleine Veranden, von denen es direkt ins Wasser der Ostsee geht. Sie liegen immer so weit auseinander, dass dazwischen noch Liegeplätze für fünf bis sechs Segel- oder Motorboote passen. Im Augenblick ist es ruhig, es ist Mittagszeit, die Bewohner schlafen, sie sind Touristen und dürfen das. Jaich Und was wir hier neu gemacht haben ist, dass wir die Stege wir sonst üblich 2-50 breit, sondern sechs Meter breit gebaut haben, so dass wir Plattformen von sechs mal zwölf Meter hatten, wo wir Häuser drauf gesetzt haben. das hört sich einfach an, aber das war doch mit vielen Problemen behaftet, die gelöst werden mussten. So stellte sich die Frage, wie kriegen wir Abwasser- und Frischwasser frostfrei aufs Haus, wie beheizen wir die Häuser, wie werden die gekoppelt wie ... was passiert im Winter, wenn es Eis gibt, also es gab viele Fragen die gelöst werden mussten ... und wir unser eigenes schwimmendes Hauskonzept entwickelt haben. Autor Nachdem Malte mit Putbus und Lauterbach einen Ort am Wasser geschaffen hat, hat Till Jaich mit zwölf Häusern im Jachthafen wieder einen Ort geschaffen - auf dem Wasser. Unternehmerisch ist es günstiger, die Häuser als Ferienhäuser kurzfristig zu vermieten, aber es hat schon reichlich Bewerber gegeben, die hier gern ihren Dauerwohnsitz eingerichtet hätten. Jaich Die kleinen Häuser sind hauptsächlich vielleicht Paare, und dann haben wir aber auch große, die haben noch ein Stockwerk oben drauf, und haben insgesamt drei Schlafzimmer für sechs Personen geeignet also, und die werden besonders bevorzugt von Familien gemietet, also auch da ist es so, dass die Kinder von der Terrasse aus plantschen können oder angeln - man fängt sogar sehr gut hier im Hafen oder dann ihr Schlauchboot mitbringen, wir selber haben für diejenigen, die Boot fahren wollen, Boote im Angebot ... so dass man quasi rund ums Wasser hier ein tolles Erlebnis hat , was eben was ganz anderes ist als ein herkömmliches Apartment an Land. Autor Was auch ein Autor und Regisseur aus Berlin so empfand. Er mietete sich ein, um in der Abgeschlossenheit des kleinen Ortes, mit Blick über das Wasser oder zum klassizistischen Badetempel vor der Kulisse eines kleinen Wäldchens, seiner Arbeit nachzugehen. So erfolgreich, dass Jaich daraus gleich ein Angebot gemacht hat - in der Nebensaison vermietet er unter dem Titel "Einen Monat kreativ" die Häuser als Arbeitsplätze in einer besonders entspannenden und inspirierenden Umgebung. Malte zu Putbus, der die Stadt mit Circus und Theater und Badehaus gründete, wäre von diesem Konzept wohl fürstlich enthusiasmiert. Jaich Ich würde das so sagen, dass Putbus noch weit unter seinen Möglichkeiten oder seinen Potentialen ist, denn eigentlich ist es so ein Kleinod, welches wirklich einmalig ist und sich nicht neu aus dem Boden stampfen ließe sondern mit einer ganz tollen Umgebung, mit einer wunderschönen Natur, tollen Historie, wunderschöner Bausubstanz, wunderschönem Schlosspark und eben mit dem ältesten Hafen der Insel.... Sie merken schon - ich bin ein großer Fan von Putbus. Regie Schlussmusik Sprecher(in)v. Dienst Circus am Meer - die Stadt Putbus auf Rügen Eine Deutschlandrundfahrt mit Paul Stänner 1