COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur, Literatur, 1.2.2009, 0.05 Uhr " Sonst gibt es nur noch die Kalaschnikow ? Literatur in Pakistan von Margarete Blümel Atmo 1 Zugansage ( ? May I have your attention, please... ? ) Länge: ca. 8 ? 10 Sek., dann bitte bis kurz vor Beendigung d. ersten Zitatabschnittes unterlegen Sprecher 1 / Zitator: Wenn um zehn Uhr dreißig der Passagierzug aus Delhi einfährt, ist das Leben in Mano Majra bereits in seinen Alltagstrott gefallen.Die Männer arbeiten auf den Feldern. Die Frauen verrichten ihre alltägliche Hausarbeit. Die Kinder weiden am Fluss das Vieh. Die hölzernen Schöpfräder für die Bewässerung setzen sich ächzend und knarrend in Gang, angetrieben von Ochsen, die im Kreis trotten und von Flüchen und Stockschlägen auf ihre Hinterteile angespornt werden. Die streunenden Hunde flüchten sich in den Schatten der langen Lehmmauern. Die Fledermäuse legen ihren Streit bei, falten ihre Flügel zusammen und hängen sich kopfüber schlafen. ( Übersetzer: Axel Monte ) Atmo 2 Zuggeräusch Länge: etwa 6 ? 7 Sek., dann bitte bis kurz vor Zitatende unterlegen Sprecher 1 / Zitator: Wenn der mittägliche Schnellzug durchfährt, legt Mano Majra eine Ruhepause ein. Sobald dann der abendliche Personenzug aus Lahore eintrifft, machen sich alle wieder an die Arbeit. Das Vieh wird gesammelt, zum Melken nach Hause getrieben und zur Nacht eingepfercht. Die Frauen bereiten das Abendessen zu. Der Mullah mahnt die Gläubigen zum Gebet, indem er mit lauter Stimme ? Gott ist groß! ? ruft. Der Sikhpriester murmelt vor einem Halbkreis schläfriger alter Männer und Frauen das Abendgebet. Dann warten die Menschen darauf, dass sie der Güterzug mit seinem Geratter beim Überqueren der Brücke in den Schlaf wiegt. So ist es immer gewesen, bis zum Sommer des Jahres 1947. ( Übersetzer: Axel Monte ) Musik 1 N. F. A. Khan / Qawali Länge: etwa 10 ? 12 Sek., dann bitte unter Text Sprecherin 1 / RT ( = Rahmentext ): " Das Grauen begann im Jahr 1947 " heißt es in Khushwant Singhs Klassiker " Zug nach Pakistan ". Der Roman spielt in Mano Majra, einem Dorf, das in der Nähe der Grenze zu Indien liegt. Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. O ? Ton legen O ? Ton 1 Khushwant Singh ? It?s a sense of belonging... because I was in university circles where.. doesn?t exist.? Sprecher 2 / VO ? Ich fühle mich in erster Linie Indien zugehörig ? ja, ich bin Inder! Obwohl ich zeitweilig auch in England und in den Vereinigten Staaten gelebt habe... Anders als in Pakistan oder in Indien musste ich im Westen nicht gegen Rassenvorurteile kämpfen. Ich war allerdings auch in einer privilegierten Situation: Ich habe mich in akademischen Kreisen bewegt, wo solche Dinge in der Regel keine große Rolle spielen. ? Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT ( = Rahmentext ): Khushwant Singh. Am frühen Nachmittag eines besonders heißen Sommertages sitzt er im Wohnzimmer seines Apartments und wartet auf einen seiner Hausangestellten, der einen Botengang erledigt. Der Deckenventilator ist ausgefallen. Ein Standgerät vom nahe gelegenen Markt soll nun für Erleichterung sorgen. Khushwant Singh hat seinen Turban auf dem Tisch abgelegt und wischt sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Am 2. Februar wird der Autor vierundneunzig Jahre alt. Khushwant Singh ist in Hadali, im heutigen Pakistan, geboren, lebt aber schon seit langem in New Delhi. Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. O ? Ton legen O ? Ton 2 Ahmad Faraz ? I don?t stop Well threats are there.. extremely touchy on that subject. ? Sprecher 2 / VO ? Drohungen gibt es immer wieder. Trotzdem lasse ich mich nicht davon abbringen, die Wahrheit zu sagen. Eigentlich liegt es mir fern, andere Menschen zu verletzen. Unsere religiösen Hardliner sind allerdings aber auch sehr schnell beleidigt! ? Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT: Ahmad Faraz. Einer der populärsten Dichter Pakistans. Im April vergangenen Jahres sitzt der damals siebenundsiebzigjährige Schriftsteller noch energiegeladen und optimistisch im Büro seines kleinen Hauses in Lahore. Die Teilnahme an einer großen Mushaira ? einem Dichtertreffen ? in Indien liegt vor ihm. Eine Lesungsreise in die Vereinigten Staaten ist für Ende des Jahres geplant. Im August 2008 aber stirbt Ahmad Faraz in seiner Heimat an einem Nierenleiden. Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. O ? Ton legen O ? Ton 3 Christina Oesterheld ? Die Literaturen Pakistans waren eigentlich von Anfang an sehr politisch. Man kann das schon auf die Vorgeschichte zurückverfolgen. Also die Zeit vor der Unabhängigkeit, in der natürlich die Unabhängigkeitsbewegung selbst, aber auch die Bewegung für Pakistan, dann auch in der Literatur Niederschlag fand und in der auch die Schriftsteller sich organisiert haben. ? Musik 1 N. F. A. Khan bitte hoch, dann unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT: Dr. Christina Oesterheld. Sie ist Lektorin am Südasien ? Institut der Universität Heidelberg und übersetzt seit langem Gedichte und Erzählungen aus dem Urdu ins Deutsche. Musik 1 N. F. A. Khan bitte hochziehen, dann allmählich unter d. nächsten Text blenden Sprecherin 1 / RT: Im Sommer des Jahres 1947 hatte die englische Kolonialmacht Britisch - Indien in die Unabhängigkeit entlassen. Überstürzt gaben die Kolonialherren der Forderung der Muslime nach einem eigenen Nationalstaat nach ? Pakistan, das ? Land der Reinen ?. Die britischen Kolonialherren hatten das seit jeher zwiespältige Verhältnis zwischen Muslimen und Hindus nach Kräften geschürt.Um sich solange wie möglich an der Spitze Indiens zu halten, hatten sie die bereits bestehenden Unsicherheiten zwischen den beiden Religionsgruppen immer wieder angeheizt. Hindu ? und Muslimführer waren schließlich soweit voneinander abgerückt, dass nur noch die Zwei ? Staaten ? Lösung in Frage kam. Der politisch geschürte Hass entlud sich jetzt an den religiösen Trennlinien: Innerhalb weniger Wochen fanden Hunderttausende ihren Tod: Hindus, die in Zügen Richtung Indien unterwegs waren und an den Bahnhöfen von aufgebrachten Muslimen niedergestochen, erschlagen oder erschossen wurden. Muslime, die gen Pakistan strebten und von erzürnten Hindus zu Tode gebracht wurden. Die zwischen Indien und Pakistan kursierenden Züge wurden zu fahrenden Friedhöfen. Musik 2 Länge: ca. 8 ? 10 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Dem Friedensrichter war unbehaglich. Auf einmal fielen ihm wieder die Leichen ein. ? Wie stehen die Dinge unten an den Bahngleisen?? ? Es lagen viele Totenschädel herum. Ich weiß nicht, was wir mit ihnen anstellen sollen. ? ? Habt ihr sie gezählt? ? ? Nein, Sir. Der Sikh ? Offizier meinte, es seien über tausend gewesen. Ich glaube, er hat einfach gerechnet, wie viele Leute in einen Waggon passen und dann mit der Anzahl der Waggons multipliziert. Er sagte, dass weitere vier ? bis fünfhundert auf Dächern, Trittbrettern und Puffern getötet worden sein müssen. Das Dach war mit getrocknetem Blut bedeckt! ? Musik 2 bitte hoch, dann unter d. Rahmentext legen Sprecherin 1 / RT: Der Roman - Klassiker ? Zug nach Pakistan ? ist 1956 erschienen, wurde seitdem mehrfach aufgelegt und in viele Sprachen übersetzt. In Indien und in Pakistan nehmen Autoren auch heute noch immer wieder Bezug auf diesen Roman. Denn die Wunden der Teilung sind alles andere als verheilt. Davon zeugen nicht allein die blutigen Ausschreitungen zwischen Muslimen und Hindus in Indien oder die Zerstörung von Moscheen und Hindu ? Tempeln, sondern auch die immer aufs Neue aufflammenden Konflikte zwischen Indien und Pakistan. Musik 2 bitte hoch, dann unterm O ? Ton blenden O ? Ton 4 Khushwant Singh ? I am born Sikh. I live reasonably well here...I rather be here than be a millionaire in Europe. ? Sprecher 2 / VO ? Ich bin weder Muslim noch Hindu, sondern Sikh. Hier geht es mir ziemlich gut. Ich habe zwei Autos und drei Bedienstete, die für mich kochen und sauber machen. Verzeihen Sie, ich bin ein alter Mann. Ich sage, was mir gerade durch den Kopf geht! Nun, definitiv ziehe ich Indien Pakistan vor. Hier ist es vergleichsweise friedlich. Zugegeben, auch in Indien ist es schmutzig. Strom und Wasser folgen höheren Prinzipien und kommen immer dann aus der Leitung, wenn man überhaupt nicht damit rechnet...Aber: Selbst wenn ich als Millionär in Europa leben könnte, ich würde mich doch dafür entscheiden hier zu bleiben! ? Atmo 3 Händler / Geräuschkulisse Connaught Pl. Market Länge: etwa 6 ? 8 Sek., danach bitte unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT: Khushwant Singh wohnt nicht weit vom Connaught Place entfernt, dem Geschäftszentrum New Delhis.Hier finden Touristen und Inder in gutsortierten Ladengeschäften alles, was gut und teuer ist. Während die Straßenhändler auf dem Trottoir so lange, bis ein paar knüppelschwingende Polizisten sie wieder vertreiben, ihre Waren anpreisen: billige Hemden, täuschend echt aussehende Markenuhren ? Imitate, Ersatzriemen für Badelatschen und ? La Coste ? ? T ? Shirts made in India. Atmo 3 Händler / Geräuschkulisse Connaught Pl. Market bitte hochziehen, dann bitte Kreuzblende mit Atmo 4 Bahnstation Länge: etwa 6 ? 8 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Am Morgen nach dem Überfall war die Bahnstation belebter als sonst. Einige Dorfbewohner hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, dort um zehn Uhr dreißig der Einfahrt des Bummelzugs von Delhi nach Lahore beizuwohnen. Sie wollten sich die wenigen Passagiere ansehen, die in Mano Majra ein ? und ausstiegen.Und sie vertrieben sich die Zeit mit endlosen Diskussionen darüber, wie viel Verspätung der Zug an einem bestimmten Tag haben würde und wann er wohl das letzte Mal pünktlich gewesen sei. ( Übersetzer: Axel Monte ) Atmo 4 Bahnstation bitte hoch, dann wieder unter d. Text legen Sprecher 1 / Zitator weiter: Seit der Teilung des Landes trat noch ein weiteres Interesse hinzu. Jetzt kamen die Züge oft vier oder fünf Stunden zu spät, manchmal sogar zwanzig. Und wenn sie dann eintrafen, waren sie überfüllt mit Sikh ? und Hindu ? Flüchtlingen aus Pakistan oder mit Muslimen aus Indien. Die Leute hockten auf den Dächern und ließen ihre Beine herabhängen, oder sie hatten sich mit ihren Bettrollen auf die Radgestelle gezwängt. Einige Wagemutige saßen sogar rittlings auf den Puffern. ( Übersetzer: Axel Monte ) Atmo 4 Bahnstation bitte hoch, dann bitte bald unter d. Zitat blenden Musik 3 Länge: ca- 10 ? 12 Sek., dann bitte unter d. O ? Ton legen O ? Ton 5 Ahmad Faraz ? When we were children we were influenced . .. very deep impact on the new generation and people who were budging writers. ? Sprecher 2 / VO ? In meiner Kindheit gab es ein paar Schriftsteller, die großen Einfluss besaßen. Einer von ihnen war Faiz Ahmad Faiz. Er war der Meinung, dass Literatur nicht allein um ihrer Schönheit willen geschaffen werden dürfe. Seine Gedichte handeln oft davon, wie schwer es viele Pakistaner hatten und wie sie verzweifelt versuchten, ihr Leben irgendwie zu meistern. Zu dieser Zeit ? um 1930 / 1940 herum ? sprach man hierzulande viel von sozialer Gerechtigkeit. Mit dem Tenor, jeder Pakistaner solle endlich Zugang zu Bildung und medizinischer Grundversorgung bekommen und genug zu essen haben. Dieser Anspruch schlug sich in den Werken einiger Schriftsteller deutlich nieder. Und die neue Generation, die nachrückenden Autoren, übernahmen diese Forderungen. ? Musik 3 bitte hochziehen, dann wieder unter Text Sprecherin 1 / RT: Nachdem Ahmad Farazs Tod im vergangenen August öffentlich bekannt gegeben worden war, ging eine Woge der Trauer durch Pakistan. Musik 3 bitte hochziehen, dann unter dem nächsten Text blenden Sprecherin 1 / RT: Ahmad Faraz hatte immer wieder die Wunden der Teilung thematisiert. Er beschrieb die Hoffnungen, welche die von Indien und Pakistan verabschiedete ? Deklaration von Lahore ? ausgelöst hatte ? ein im Februar 1999 abgeschlossener Vertrag, den man als bedeutsames Signal für die Annäherung der miteinander verfeindeten Länder gewertet hatte. Vor Ort, in seinem Haus in Lahore, drückte Faraz aber auch die Ernüchterung aus, die der anfänglichen Euphorie bald folgte: Denn bereits kurz nach der Unterzeichnung des Vertrages eskalierten die Streitigkeiten von Neuem, um wieder einmal in militärische Auseinandersetzungen zu münden. O ? Ton 6 Ahmad Faraz ? Well, I was never liked by generals...And I was released. ? Sprecher 2 / VO ? Bei den Generälen und beim Rest der Machthaber war ich nicht gerade beliebt. Ich war ein paar Mal in Haft. Während meiner Amtszeit als Leiter des Literaturinstitutes ? Academy of Letters ? zum Beispiel holte man mich eines Tages ohne jede Vorwarnung ab, verband mir die Augen und schaffte mich ins Gefängnis. Nachdem ich mehrere Monate in Einzelhaft verbracht hatte, gelang es einem meiner Freunde, mich ausfindig zu machen. Er besorgte mir einen Anwalt, der mich schließlich wieder herausboxte. Kurz darauf ließen die Militärmachthaber mich wieder inhaftieren. Zum Glück setzte der damalige Premierminister Bhutto sich damals für mich ein, so dass ich bald darauf wieder frei kam. ? Sprecherin 1 / RT: Ahmad Faraz war ein guter Bekannter Khushwant Singhs. Anders als ? der alte Herr der indischen Literatur ? lebte der Dichter Faraz allerdings in Pakistan. Immer wieder hatte sich Ahmad Faraz für soziale Gerechtigkeit und für eine Veränderung der politischen Bedingungen in seiner Heimat eingesetzt. Während der jahrzehntelangen Militärherrschaft brachte er häufig seinen Widerwillen gegenüber den Obrigkeiten zum Ausdruck. Dafür bezahlte Ahmad Faraz mehrmals mit langjährigen Gefängnisaufenthalten. Andererseits wurde er mit literarischen Ehren überhäuft. Die Universität Karachi verlieh ihm die Ehrendoktorwürde. Faraz nahm zahlreiche Literaturpreise entgegen - darunter auch staatliche. Seiner Popularität und seiner Verbindungen wegen konnte Faraz sich immer wieder weit vorwagen. Musik 4 Länge: 7 ? 8 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Mein Feind hat mir die Botschaft geschickt, dass seine Truppen mich umzingelt haben. Auf jedem Turm der Stadtmauer steht ein Soldat, den Bogen gespannt. Alle, die den Mund aufrissen, haben jetzt zerrissene Körper, alle Aufmüpfigen wurden an den Galgen geknüpft. Alle Sufis und Gläubigen, alle Sheikhs und Imame hoffen im Palast der Narren auf bessere Zeiten. Die ehrenwerten Richter sitzen wie aufdringliche Bettler am Wegesrande, um ihren Eid abzulegen. ( Übersetzerin: Dr. Christina Oesterheld ) Musik 4 bitte hoch, dann Musik 5 Länge: 6 ? 7 Sek.,dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Sie sichern dir dein Leben zu, wenn du Feder und Papier dem Richter übergibst. Die Bogenschützen haben jetzt nur dich zum Ziel. So trenne dich von jedem Ehrgefühl. Als ich diesen Kontrakt sah, sagte ich dem Boten, sie wissen nicht, was die Geschichte lehrt: Wenn sie des Nachts eine Sonne meucheln, bringt der nächste Morgen eine neue hervor. Drum ist dies meine Antwort an den Feind: Ich suche keine Gnade, noch fürcht? ich seine Rache. Er ist sehr stolz auf die Macht seines Schwertes, die Macht der Feder kennt er nicht. Meine Feder ist nicht der Rosenkranz des Predigers, der den Glauben nach der Zahl der Gebete misst. Meine Feder ist nicht die Waage des Richters, der mit zweierlei Maß misst. Meine Feder gehört meinem Volk, meine Feder richtet über mein Gewissen. Darum habe mit dem Feuer meines Herzens geschrieben, darum hat es die Spannkraft des Bogens und ist spitz wie ein Pfeil. Ob man mich tötet oder ob ich weiterlebe, ich weiß, jemand wird diese Belagerung der Unterdrücker durchbrechen. Ich schwöre bei den Leiden der Verfolgten: Der Weg meiner Feder wird nicht umsonst gewesen sein. ( Übersetzerin: Dr. Christina Oesterheld ) Musik 5 bitte hochziehen, dann unterm Text blenden Sprecherin 1 / RT: Ghazal lautet die arabische Bezeichnung für ein Ghasel ? ein Gedicht, das sich durch ein striktes Reimschema und durch eine stete rhythmische Bindung auszeichnet. Die Ghasele sind in Pakistan ausgesprochen beliebt. Ihr Thema ist meistens die Liebe - eine Liebe, die sowohl fleischlicher als auch mystischer Natur sein mag und dann zum Beispiel auch als völlige Hingabe an Gott oder an ein Ideal gedeutet werden kann. Diese Zusammenhänge sind den pakistanischen Ghasel ? Liebhabern vertraut, während sie sich dem westlichen Leser ihrer Bildsprache wegen nur bedingt erschließen. Außerdem verliert sich das strenge Reimschema der Ghasele in der Übersetzung, womit ein wichtiges Element ihrer Wirkung unweigerlich verloren geht Atmo 5 Mushaira ( 1 ) / Urdu ? Dichterlesung Länge: etwa 7 ? 8 Sek., danach bitte unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT: Islamabad, im Literaturinstitut ? Academy of Letters ?. Eine Mushaira, eine Dichterlesung, findet statt. Atmo 5 Mushaira ( 1 ) / Urdu ? Dichterlesung bitte hoch, dann wieder unter Text Sprecherin 1 / RT: Eine junge, sehr schöne Dichterin steht auf der Bühne und trägt ihre Verse vor. Unter ihrem mit vielen kleinen Spiegeln bestickten Rock zeichnen sich üppig gerundete Hüften ab. Ein eng geschnürtes Mieder betont den Busen. Sie hat langes, schwarzes Haar, das offen auf die Schultern fällt. Atmo 5 Mushaira ( 1 ) bitte hochziehen,dann wieder unter d. Text legen Sprecherin 1 / RT: Das Publikum besteht aus um die tausend Ghasel ? Liebhabern. Etwa zwei Drittel davon sind Männer. Gefällt den Zuhörern eine Reimfolge besonders gut, so bekunden sie das durch ein Schnalzen, durch spontanen Applaus oder durch ein begeistertes ? Wah! ? Atmo 6 Mushaira ( 2 ) bitte u. a. mit ? Wah ? kurz hochziehen,dann unter den O ? Ton legen O ? Ton 7 Christina Oesterheld ? Die gehen sofort in den Bauch. Man muss nicht jedes Wort verstehen, sondern das funktioniert über so einen Klang, über so eine Stimmung, die vermittelt wird. Und dieses Singen, das ist ? Kantillieren ?. Das ist also eine bestimmte Art des Vortrags. Wenn man früher einem Urdu ? Wala gesagt hätte, er singt, dann wäre das eine Beleidigung gewesen. Denn singen ist etwas, was eher einer bestimmten sozialen Schicht zugeordnet wird, während dieses Kantillieren durchaus angesehen ist. ? Atmo 6 Mushaira ( 2 ) / Dichterlesung bitte nochmals kurz hochziehen,dann unter d. nächsten O ? Ton blenden O ? Ton 8 Faizal Khan ? In Mushaira poets of different groups ...years ago the Mushaira was not on such a large scale. ? Sprecher 2 / VO ?Die Dichter, die zu einer Mushaira kommen, drücken in ihren Ghaselen ihre Ansichten, ihre Stimmungen, ihre Lebenshaltung, aus. Manche sind Romantiker. Andere haben einen revolutionären Einschlag und wollen vielleicht auch politisch etwas bewegen. Mushairas existieren hier bereits seit langem. Sie waren immer schon sehr beliebt, doch in der Größenordnung, in der sie heute manchmal stattfinden, hat es sie früher kaum gegeben. ? Sprecherin 1 / RT: Ergänzt der Autor Faizal Khan, der regelmäßig zwischen Karachi und New Delhi hin ? und herpendelt. Er ist ein kleiner, schlanker Mann um die Vierzig, der seine Ausführungen mit ausladenden Gesten begleitet. Dabei rutscht ihm eins ums andere Mal die Brille von der Nase. Er habe selbst schon mehrere Mushairas mitorganisiert, sagt Faizal Khan. Das Interesse seiner Landsleute an solchen literarischen Darbietungen sei immens. Die Pakistaner liebten die Ghasele und sie verehrten ihre Dichter. Aber: Bis auf den inzwischen verstorbenen Ahmad Faraz und seinen nicht minder berühmten Vorgänger Faiz Ahmad Faiz sei es bisher keinem pakistanischen Poeten gelungen, von der Dichtkunst zu leben. O ? Ton 9 Faizal Khan ? Unfortunately in Pakistan people are not having so much money ...this habit not fully developed. ? Sprecher 2 / VO ? Leider können viele Pakistaner es sich nicht leisten, Bücher zu kaufen. Selbst eine Tageszeitung wird oft von zwei oder drei Familien gelesen... Außerdem haben wir eine hohe Analphabetenrate ? kein Wunder also, dass die Neigung zum Lesen von Büchern nicht besonders ausgeprägt ist! ? Musik 6 Länge: etwa 8 ? 10 Sek.,dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Kommt da doch endlich einer gegangen, oh du mein leidvolles Herz? - Nein, keiner kommt. Es wird ein Wanderer gewesen sein, er wird sich anderswohin wenden. Die Nacht schwindet. Es zerstreut sich der Sternenstaub. In den Kuppelbögen stolpern die schlafenden Lampen. Nach langem Warten, nach langem, sehnlichem Erwarten Hat ein jeder Pfad sich schlafen gelegt, auf dem noch Fremder Staub die Spuren unserer Schritte verdüstert. Blas? die Kerzen aus, räume Wein, Karaffe und Kelch weg, Schließe deine Türflügel, die den Schlaf nicht finden. - Keiner, keiner kommt jetzt mehr zu dir. ( Übersetzerin: Ursula Rothen ? Dubs ) Musik 6 bitte hoch, dann unter d. nachfolg. O ? Ton blenden O ? Ton 10 Gulnar Afreen ( Urdu ) Sprecherin 2 / VO ? Die meisten meiner Kollegen können sich vom Schreiben nicht ernähren. Sie müssen zusätzlich arbeiten ? als Literaturkritiker zum Beispiel, als Lehrer, als Dozent an der Universität. In diesem Land leben mehr als hundertsechzig Millionen Menschen. Aber: Wenn ein Roman herauskommt, besteht die Erstauflage aus tausend bis zweitausend Exemplaren. Viele meiner Landsleute haben ganz andere Probleme als die Anschaffung des neuesten Gedichtbandes von Gulnar Afreen! Lesen ist hier bei uns immer noch so etwas wie Luxus! ? Sprecherin 1/ RT: Gulnar Afreen lebt von kleinauf, also seit fünfundfünfzig Jahren, in Karachi. Sie ist eine angesehene Dichterin. Auf den ersten Blick wirkt sie ziemlich unscheinbar: Sie ist eher klein, trägt die traditionellen Pluderhosen, dazu ein weites Oberteil in tristem Grau. Sie macht einen angenehm bescheidenen Eindruck. O ? Ton 11 Gulnar Afreen ( Urdu ) Sprecherin 2 / VO ? Es gibt Dichter und Romanschriftsteller, die Themen wie Armut, soziale Ungerechtigkeit und Analphabetentum behandeln. Oder die Situation der Frau. Seitdem die Militärherrschaft im vergangenen Jahr zu Ende gegangen ist, können wir all diese Themen offener behandeln. Vorsehen muss man sich natürlich immer noch. Schließlich möchte man ja auch veröffentlicht werden.... ? Musik 7 Länge: ca. 7 ? 8 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Bevor ich ins Exil gehe: Nachdem ich die Nachricht erhalten habe, mache ich die Fenster meines Hauses zu, schalte alle elektrischen Geräte aus, verschenke die Lebensmittel aus dem Kühlschrank in der Nachbarschaft, gebe die übrig gebliebene Milch der Katze auf der Gasse und trinke ein Glas kaltes Wasser. Ich schließe alle Türen ab und trete hinaus auf die Straße. ( Übersetzerin: Christina Oesterheld ) Musik 7 bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator weiter: Bevor es Mittag wird oder irgendwann in der Nacht wirft man mich mit den anderen Exilanten in ein behördliches Auto oder ein staatliches Leichenschauhaus. Dann wird die Nachricht veröffentlicht, dass in einer alten Truhe im Hause der Angeklagten Soundso, Tochter des Soundso, zahlreiche Gedichte in anstößigem Zustand vorgefunden wurden. ( Übersetzerin: Christina Oesterheld ) Musik 7 bitte hoch, dann unter d. Text blenden Sprecherin 1/ RT: Neben der Amts ? und Landessprache Urdu gibt es vier weitere Literatursprachen von Bedeutung: Pashto, Punjabi, Sindhi und Belutschi. Jede dieser Regionalsprachen hat ihre eigene Tradition. Sachkundige Übersetzungen von einem dieser Idiome ins andere sind bis dato kaum zu finden. Übertragungen ins Englische oder auch ins Deutsche gibt es am ehesten aus dem Urdu. So wurde der schon 1955 in Lahore verstorbene Autor Saadat Hassan Manto unter anderem ins Deutsche übersetzt. Manto, der nur dreiundvierzig Jahre alt wurde, schrieb vor allem Kurzgeschichten. Sein spätes Material bezog der Autor aus der 1947 nach religiösen Kriterien vollzogenen Teilung Indiens. Mantos kompromisslose Darstellung der damaligen Gräueltaten brachte ihm viel Kritik ein. Viele seiner Landsleute wollten das kollektive Trauma lieber unter der Decke halten. Doch Saadat Hassan Manto rührte mit seinen Geschichten immer wieder an die Wunden. Zugleich versuchte er mit seinen Darstellungen, die Würde der Leidtragenden wiederherzustellen. Musik 8 Länge: ca. 8 ? 10 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Zwei bis drei Jahre waren seit der Teilung des indischen Subkontinents vergangen, als es den Regierungen von Pakistan und Indien einfiel, dass man nun auch die Geisteskranken in den Anstalten untereinander austauschen müsse. Demnach sollten muslimische Geisteskranke, die sich zur Zeit immer noch in indischen Irrenanstalten aufhielten, nach Pakistan geschickt werden, während man Hindus und Sikhs aus pakistanischen Anstalten nach Indien bringen wollte. ( Übersetzung: Christina Oesterheld ) Musik 8 bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Im Irrenhaus von Lahore entwickelten sich jedenfalls höchst interessante Gespräche, als die Insassen von dem Austausch erfuhren. Ein muslimischer Geistesgestörter, der immerhin seit nahezu zwölf Jahren Tag für Tag den ? ZAMINDAR ?, die führende Zeitung der Großgrundbesitzer, las, wurde von seinem Freund gefragt: ? Maulbi Sahib, was soll dieses Pakistan eigentlich bedeuten? Wo liegt es denn? ? Worauf der Gefragte nach tiefem Nachdenken mit dem vergeistigten Gesichtsausdruck eines Weisen erklärte: ? In Hindustan, in Indien, gibt es einen solchen Ort. Man stellt dort Rasierklingen her. ` Durch diese wunderliche Antwort gewann der beunruhigte Freund seinen Seelenfrieden wieder. ( Übersetzung: Christina Oesterheld ) Musik 8 bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Seit fünfzehn Jahren befand sich nun schon ein geistesgestörter Sikh in dieser Anstalt. Aus seinem Munde ertönten immer wieder völlig unverständliche Wortfetzen, die er immer in einer ganz bestimmten monotonen Reihenfolge herunterleierte. Weder am Tage noch des Nachts konnte er Schlaf finden. Er legte sich auch niemals hin. Statt dessen lehnte er sich zuweilen gegen eine Wand, um sich auf diese Weise etwas Erleichterung zu verschaffen. Von dem vielen Stehen waren seine Füße und Beine bis hinauf zu den Waden angeschwollen. ( Übersetzung: Christina Oesterheld ) Musik 8 bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Der Name jenes kranken Sikhs war Bishan Singh. Man nannte ihn auch Toba Tek Singh. Denn er stammte aus Toba Tek Singh, wo er einige Ländereien besaß. Als Bishan Singh an die Reihe kam und der Grenzposten gerade dabei war, seine Personalien einzutragen, fragte Bishan Singh ihn unvermittelt: ? Wo ist Toba Tek Singh? In Pakistan oder Indien? ? - ? Pakistan ?, lächelte der indische Grenzbeamte. Als Bishan Singh dies vernahm, sprang er blitzschnell beiseite, drehte sich um und rannte wieder zurück zu seinen früheren Anstaltsgenossen, die immer noch an der pakistanischen Grenze auf den Austausch warteten. Als man mit Gewalt versuchte, ihn zur indischen Grenze zu schleifen, stellte er sich inmitten des Niemandslandes so fest auf seine geschwollenen Füße, dass man einsehen musste: Keine Macht der Welt konnte ihn je wieder von hier fortbewegen! ( Übersetzung: Christina Oesterheld ) Musik 8 bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Kurz bevor die Sonne aufgehen wollte, ertönte ein himmelzerreißender, fürchterlicher Aufschrei aus dem Munde des vor Kälte völlig erstarrt daliegenden Bishan Singh. Als die aufgeschreckten Grenzoffiziere von allen Seiten herbeistürzten, sahen sie, dass der Mensch, der fünfzehn Jahre lang Tag und Nacht unentwegt auf seinen Beinen gestanden hatte, nun ausgestreckt mit seinem Angesicht im Staub vor ihnen lag. Drüben hinter dem Stacheldrahtverhau lag Indien, und hier, diesseits der Stacheldrahtumzäunung lag Pakistan. Dazwischen aber, auf einem namenlosen Fleckchen Erde im Niemandsland, ruhte Toba Tek Singh. ( Übersetzung: Christina Oesterheld ) Musik 8 bitte hoch, dann unter d. nächsten Text blenden Sprecherin 1/ RT: In ganz Pakistan gibt es nur einige wenige Verlage. Sie verfügen über geringe Mittel. Der Kundenkreis besteht in erster Linie aus den Mitgliedern der Mittel ? und der Oberschicht. Wegen des zahlenmäßig doch eher kleinen Klientels lohnt es sich nicht, größere Buchprojekte zu lancieren und Autoren zu fördern. In Eigeninitiative sind eine Hand voll Literaturzeitschriften entstanden. Sie arbeiten am Existenzminimum und bringen in unregelmäßigen Abständen Hefte zu diversen Themenschwerpunkten heraus. Sprecherin 1/ RT: Was die Literatursprachen Pakistans eint, ist ihre Liebe zur Lyrik. Traditionell bestand die Literatur Pakistans mehrheitlich aus Lyrik. Auf diese Weise vermittelte man mystische und religiöse Inhalte, aber auch volkstümliche Begebenheiten. Außerdem ließ sich die Lyrik seit jeher auch zu anderen Zwecken nutzen: O ? Ton 12 Christina Oesterheld ? Was man natürlich sehen muss, dass gerade in der Lyrik eine bestimmte Symbolsprache existiert, die man für jede politische Situation benutzen konnte. Also die tyrannische Geliebte, die Unterdrückung, die Sklaverei, das kann man dann auch wunderbar übertragen auf politische Inhalte. Faiz Ahmed Faiz hat das gemacht und spätere Autoren. Und das sind dann natürlich bestimmte feste Begriffe, die jeder kennt. Also für den Tyrannen, für den Schlächter, für Unterdrückung und so weiter. Für die Trennung, die natürlich dann auch Trennung von der Freiheit ist oder von der sozialen Gerechtigkeit oder was auch immer, von meinem politischen Ideal. ? Sprecher 1 / Zitator: Stadt, komm mit, heraus aus diesem Hexenkessel von Schreien, Streit und Lärm, Ausgangssperren und Demonstrationen. Deine Augen brennen wie von Sand - seit Jahren hast du wohl kein Auge zugetan. Eine tödliche Verfettung bemächtigt sich deines Leibes. Stadt, du platzt ringsum aus den Nähten. Bevor es dich in Fetzen reißt wie einen zu prall aufgeblasenen Luftballon, komm! Gehen wir weit weg in ein einsames Dickicht, hacken Zwiebeln und lassen den Tränen freien Lauf, bis wir uns ausgeweint haben und in einen tiefen Schlaf sinken. ( Übersetzerin: Dr. Christina Oesterheld) Sprecherin 1/ RT: Seit langem verstellen korrupte Politiker und konservative religiöse Vertreter ihren Landsleuten in Pakistan den Weg zu einer funktionierenden Zivilgesellschaft - und oft genug auch den Zugang zu einer Literatur, die diese Hintergründe kritisch begleiten könnte. Der Journalist und Buchautor Syed Aziz: O ? Ton 13 Syed Aziz ? In this time because of the satellite television... people are improving they are learning from rest of the world. ? Sprecher 2 / VO ? Wir haben Satellitenfernsehen und können weltweit Radio hören. Vice versa hat der Rest der Welt Zugang zu Pakistan,unter anderem per Internet.Es besteht also mehr Transparenz. Das ist gut so! Neunundneunzig Prozent der Pakistaner sind Muslime.Zwar hat sich nur ein kleiner Teil davon dem Extremismus verschrieben, aber es bleibt dabei, dass eine konservative Grundhaltung da ist. Wenn Sie zum Beispiel irgendetwas gegen den Islam sagen, bringen Sie sofort eine ganze Reihe Ihrer Landsleute gegen sich auf. Und die Regierung stützt das auf ihre Weise. Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Situation der Frauen werden nicht vorangebracht. Die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen und Demokratiebestrebungen werden regelmäßig torpediert.Aber wir lernen - der Widerstand regt sich. Auch in den Medien und über die Literatur. ? Musik 9 Länge: ca. 8 ? 10 Sek., dann bitte leise unter d. Text u. d. Zitat legen Sprecherin 1/ RT: Saadat Hassan Manto:? Schwarze Randnotizen ? Die Teilung ?. Anekdote 1, 2 und 3. Sprecher 1 / Zitator: Der erste Zwischenfall ereignete sich bei dem Hotel an der Straßenecke. Sofort stellte man dort einen Wachposten auf. Der zweite Vorfall ereignete sich am nächsten Abend vor dem Lebensmittelladen. Man zog den Polizisten vom ersten Ort ab und postierte ihn am Ort des zweiten Vorfalls. Zu dem dritten Fall kam es nachts um zwei Uhr in der Nähe der Wäscherei. Als der Inspektor dem Polizisten befahl, am dritten Ort Stellung zu beziehen, überlegte dieser eine Weile und sagte dann: ? Lassen Sie mich doch da Posten beziehen, wo sich der nächste Vorfall ereignen wird! ? ( Übersetzerin: Christina Oesterheld ) Musik 9 bitte hochziehen, dann unter d. nächste Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Der Zug wurde angehalten, alle Angehörigen der anderen Religionsgemeinschaft wurden herausgeholt und niedergemetzelt oder erschossen. Nachdem das erledigt war, bewirtete man die übrigen Fahrgäste mit süßem Halwa, Milch und Obst. Bevor der Zug weiterfuhr, wandte sich der Organisator der Bewirtung an die Reisenden: ? Brüder und Schwestern! Wir haben leider sehr spät von der Ankunft des Zuges erfahren, deshalb konnten wir euch nicht so bewirten, wie wir es gern getan hätten. ? ( Übersetzerin: Christina Oesterheld ) Musik 9 bitte hochziehen, dann unter d. nächste Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Beim Überfall auf das Viertel wurden einige Männer der Minderheit ermordet. Wer sich retten konnte, suchte das Weite. Einem Mann gelang es aber, sich mit seiner Frau im Keller zu verstecken. Zwei Tage und zwei Nächte verbrachte das Ehepaar im Keller in Erwartung seiner Mörder. Vier Tage vergingen. Schließlich war den beiden alles egal. Gemeinsam verließen sie das Versteck. Der Mann wandte sich mit schwacher Stimme an die Leute ringsum: ? Wir ergeben uns. Bringt uns um! ? Die Angesprochenen begannen zu grübeln. In ihrer Religion war das Töten eine schwere Sünde. Sie waren Jainas. Nach eingehender Beratung übergaben sie das Ehepaar schließlich zur weiteren Bearbeitung an die Männer eines anderen Viertels. ( Übersetzerin: Christina Oesterheld ) Musik 9 Quawali ? Pop ? Bule Bule Larka ? bitte hochziehen, dann bitte in Kreuzblende verbinden mit Atmo 7 Hintergrundgeräusche am Sufi ? Schrein Länge: ca. 6 ? 8 Sek., dann bitte unter d. Text legen Sprecherin 1/ RT: Vor Stunden schon hat sich die Nacht über Lahore gesenkt. Und noch immer versuchen Hunderte von Menschen am Schrein des Sufi - Heiligen Data Ganj Baksh Einlass zu finden. Die meisten Besucher sind Männer ? Gläubige, die mit gesenktem Haupt, Gebetsformeln murmelnd, vorm Grabmal des Sufis Rosenblätter niederlegen. Um dann in den Lobgesang des Vorsängers einzustimmen. Atmo 7 Hintergrundgeräusche am Sufi ? Schrein bitte hoch, dann wieder unter Text Sprecherin 1/ RT: Rechts und links des Eingangs recken sich den Eintretenden Dutzende von Bettlerhänden entgegen. Während ein Mann ohne Arme, ohne Beine, in einer Schubkarre der Gönner harrt. Ein kleiner Junge mit einem gewaltigen Buckel stopft sich das Fladenbrot, das ihm ein Pilger hingeworfen hat, augenblicks und ohne hinzuschauen in den Mund. Am Eingang des Schreines befestigt eine schwarz verhüllte Frau eine von Hand gefertigte kleine Wiege an einem Fensterkreuz. In stumme Zwiesprache mit ihrem Sufi - Heiligen versunken, bekräftigt sie das Anliegen, das sie hierher geführt hat - den inständigen Wunsch nach einem Kind. Atmo 7 Hintergrundgeräusche am Sufi ? Schrein bitte hoch, dann bald unterm nächsten Text blenden Sprecherin 1/ RT: Vor zwölfhundert Jahren kamen die ersten mystischen Sucher - die Sufis ? in die Region. Mit sich brachten sie die Religion der Hingabe und der Ergriffenheit, den Sufismus. Längst ist der Sufismus in Pakistan zu einer Art ? Volksislam ? geworden. Seine Vertreter, die Sufi ? Heiligen, gelten als Mittler zwischen dem Gläubigen und Allah. Und die Aussprüche der großen Sufi ? Meister kennt in Pakistan jedes Kind. Musik 10 Länge: ca. 8 ? 10 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: " Ich bin der mystische Wanderer, den man Qualandar nennt; ich habe weder ein Herdfeuer noch einen Konvent. Am Tage wandere ich durch die Welt und in der Nacht schlafe ich mit einem Ziegelstein unter meinem Kopf. " ( Volkstümliche Überlieferung ) Musik 10 bitte hochziehen, dann unter den O ? Ton legen O - Ton 14 Yasser Nomann " Sufis have great importance here.... ...Sufi mysticism ... Otherwise there is Kalashnikov! " Sprecher 2 / VO " Sufis sind bei uns von großer Bedeutung und das werden sie auch bleiben - weil sie nun einmal der letzte Rückhalt sind für all die Menschen, die so viele Schwierigkeiten in ihrem Leben haben. Der Mystizismus der Sufis, das ist ihre letzte Zuflucht. Sonst gibt`s nur noch die Kalaschnikow! " Musik 10 bitte hochziehen, dann allmählich unter d. nächsten Text blenden Sprecherin 1/ RT: Sagt der Sozialwissenschaftler Yasser Nomann aus Islamabad. Etwa fünfzig Millionen Pakistaner ? fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung also - müssen ums schiere Überleben kämpfen. Ihr Staat ist dem Bankrott nahe. Die internationale Finanzkrise hat auch in Pakistan ihren Tribut gefordert. Und: Über Jahrzehnte hinweg erhielt die Militärdiktatur eine viel zu große Armee am Leben. Allein diese Ausgaben haben ein Loch in die Staatsreserven gefressen, das kaum zu stopfen ist. Dazu die immer weiter steigenden Öl ? und Lebensmittelpreise - binnen kurzem hat Pakistan knapp fünfundsiebzig Prozent seiner Devisenrücklagen verloren. Der Staat hat seinen notleidenden Bürgern nichts zu bieten: keine Wohnungen, Unterkunft, keine Gesundheitsfürsorge, keine Arbeitsstellen. So suchen viele Menschen Zuflucht und Rückhalt an den Sufi - Schreinen. Hier kommen sie auch immer wieder mit den Versen der Sufis in Berührung. Die Sufi ? Gedichte sind in die Schreinwände gemeißelt, die Vorsänger rezitieren sie und die CDs mit besonders berührenden Darbietungen der sogenannten Quawali ? Musiker werden allenthalben angeboten. Musik 11 Länge: ca. 8 ? 9 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: " O Herr - die Sterne scheinen und die Augen der Menschen sind geschlossen. Die Könige haben ihre Tore verriegelt. Jeder Liebende ist allein mit seiner Liebe. Und ich bin hier, allein mit dir. " ( Volkstümliche Überlieferung ) Musik 11 bitte hochziehen, dann unter d. nächste Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: " Mein Herr - wenn ich dich anbete aus Furcht vor der Hölle, verbrenne mich darin. Wenn ich dich verehre in der Hoffnung aufs Paradies, schließe mich daraus aus. Doch wenn ich dich um deiner selbst willen anbete - dann halte mich nicht fern von deiner ewigen Schönheit. " ( Volkstümliche Überlieferung ) Musik 11 bitte hochziehen, dann bald unter d. nächsten Text blenden Sprecherin 1/ RT: Die Geschichten, die sich um das Leben und Wirken der Sufis ranken, sind meist schlicht und schnörkellos verfasst. Besonders unter den armen Pakistanern sind sie sehr beliebt. Diese Erzählungen zeugen vor allem von der Wundermacht der Sufis und von ihrer tiefen, friedvollen Gottesgläubigkeit. Atmo 8 Koranverse Länge: ca. 7 ? 8 Sek., danach bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Während seines Noviziates machte Ibrahim sich auf, um Muslim-i Maghribi zu besuchen. Er fand ihn in seiner Moschee, wo dieser das Gebet leitete. Doch sprach Muslim-i Maghribi das ` al-hamd ', das ` Lob sei Gott! ` nicht richtig aus, so dass Ibrahim sich sagte: ` Nun ist meine Mühe umsonst gewesen! ` ( Volkstümliche Überlieferung ) Atmo 8 Koranverse bitte kurz hoch, dann wieder unter d. Zitat Sprecher 1 / Zitator: Am folgenden Tag, als er zum Fluss ging, um seine religiöse Waschung zu vollziehen, sah er einen schlafenden Löwen auf dem Weg. Als er sich umwandte, gewahrte er einen zweiten Löwen. Als Muslim-i Maghribi sein verzweifeltes Geschrei hörte, kam er aus seiner Zelle heraus. Die Löwen aber duckten sich vor ihm nieder. Er fasste zunächst den einen, dann den anderen Löwen bei den Ohren und sprach zu ihnen: ` Ihr Hunde, habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt meine Gäste nicht stören? ` Dann sprach er zu Ibrahim: ` Du hast dich damit beschäftigt, dein Äußeres um der Geschöpfe Gottes willen zu korrigieren; deshalb hast du Angst vor ihnen. Ich aber habe mein Inneres um Gottes willen korrigiert, und darum fürchten seine Geschöpfe mich. ` " ( Volkstümliche Überlieferung ) Atmo 8 Koranverse bitte hochziehen, dann bald blenden Sprecherin 1/ RT: Die große Beliebtheit der Sufi ? Literatur nagt vor allem am Selbstverständnis der Fundamentalisten Pakistans. Die Verse und Erzählungen der Sufis seien weltfremd und völlig unorthodox, wettern die Vertreter aus dem fundamentalistischen Lager. In den Gedichten und Geschichten der mystischen Sucher tritt oft eine ziemlich unkonventionelle Lebensweise zutage. Denn die Sufis und ihre Anhänger benötigen keine Moscheen. Sie beten, wo und wann es sie danach verlangt ? ohne auf die im Islam vorgeschriebenen fünf Gebetszeiten Rücksicht zu nehmen. Für sie gibt es auch keine besondere Bekleidungsetikette. Außerdem frönen die Sufis der Musik und sie tanzen, was in den Augen der Fundamentalisten eine große Sünde darstellt. Auch rauchen einige von ihnen Haschisch oder nehmen andere Drogen. Solche Verhaltensweisen sind den Islamisten ein Dorn im Auge. Doch die mystischen Frommen treten friedlich auf und sie bieten auch sonst keine weitere Angriffsfläche. Deshalb lassen es die Fundamentalisten bei gelegentlicher Kritik bewenden. Darüber, dass die schmalen Bände mit den Sufiweisheiten an den Schreinen in Umlauf gebracht werden, sehen die religiösen Hardliner geflissentlich hinweg. Dagegen werden die Publikationen der konservativ ? islamischen Autoren von den Islamisten sehr gepriesen. O ? Ton 15 Christina Oesterheld ? Wenn man mal jetzt die Romane anschaut, die Romanliteratur, da hat sich seit dem neunzehnten Jahrhundert eine Dreiteilung herausgebildet: Man hat die Romane, die vor allen Dingen Frauen - / Familienprobleme behandeln. Die werden als soziale Romane bezeichnet. Dann hat man die Jazuzi ? Richtung. Das sind Thriller, das ist also Spionage, Detektivromane und dergleichen. Und dann hat man die islamische oder historische Richtung. Und das ist natürlich ein Themenbereich, in dem man sehr gut auch fundamentalistische Themen unterbringen kann. Da geht es also zum einen um die Größe des Islam, es geht um Heroismus. Es geht um die großen Heldengestalten der islamischen Vergangenheit. Aber da wird natürlich auch ein gewisses Islambild vermittelt und auch gewisse normative Vorstellungen können da schon mit transportiert werden. Und diese Autoren sind zum Teil auch ungeheuer populär. ? Sprecherin 1/ RT: Daneben existiert das literarische Angebot der jüngeren Autoren und Autorinnen. Sie schreiben meist in englischer Sprache. Englisch wird in Pakistan nur von einer Minderheit beherrscht. Einer einflussreichen Minderheit, deren Vertreter zum Militär gehören, an Universitäten beschäftigt sind oder höhere Positionen in Wirtschaft und Administration bekleiden. Die jüngeren Autoren widmen sich in ihren Romanen und in ihren Kurzgeschichten Themen wie der Entfremdung des Einzelnen vom Staat, dem Zerfall von Familien und der schwindenden Bedeutung von Traditionen. Auch die Geschichte Pakistans spielt immer wieder eine Rolle. Doch die meisten jüngeren Autoren können mit der im Jahre 1947 erfolgten Gründung ihres Staates nichts verbinden. Sehr viel eher beziehen sie sich auf die Vorgänge von 1971 und ihre Konsequenzen. Damals war ein Krieg zwischen den Bewohnern West ? und Ostpakistans ausgebrochen. Mit dem Resultat, dass die Ostpakistaner sich von Pakistan abspalteten: Bangladesch, das ? Land der Bengalen ?, war geboren. Musik 12 Joan Baez ? Bangladesh ? Länge: ca. 10 ? 12 Sek., dann bitte unter Text Sprecherin 1/ RT: Im Roman ? Kartographie ? von Kamila Shamsie zum Beispiel geht es um die politischen und ethnischen Unruhen, die im Gefolge des damaligen Bürgerkriegs in Pakistan ausbrachen. Um zwei junge Menschen, deren freundschaftliche Beziehung in Liebe mündet. Und um ihr gespaltenes Verhältnis zu ihrem Heimatland. Musik 12 Joan Baez ? Bangladesh ? bitte hochziehen, dann unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: ? Kaum zu glauben, dass Bürgerkrieg herrscht ?, sagte Maheen und lehnte sich an Zafar. ? Es ist fast, als würde er in einem anderen Land stattfinden. ? Sie sah den Möwen zu, die auf die Wasserfläche hinunterstürzten und wieder aufstiegen, ohne dass ein einziger Wassertropfen von ihren Flügeln fiel. ? Laila hat von einem ausländischen Journalisten gehört, dass die Armee in Dhaka Tausende von meinem Volk abschlachtet. ? Mein Volk. Zafar fröstelte. ? Maheen, hör? mir zu. ? ? Nein. Zaf, wir werden das Land nicht verlassen. Ich will keine Fremde unter Fremden sein. Kriege tun den Menschen verrückte Dinge an, aber Kriege enden.Ich werde mich verstecken, das verspreche ich dir. Und wenn es vorbei ist ? hoffentlich bald! -, werden wir heiraten und Kinder bekommen. Und eines Tages, jeden Tag!, werden wir ihnen erzählen, wie wir dieses Inferno überlebt haben. ? Er schüttelte den Kopf. ? Im Augenblick fällt mir kein Grund ein, warum du ein Jota Loyalität für dieses Land empfinden solltest. ? ( Übersetzerin: Anette Grube ) Musik 12 Joan Baez ? Bangladesh ? bitte hoch, dann blenden Sprecherin 1/ RT: Die meisten Pakistaner beschäftigten sich zu wenig mit ihrer eigenen Geschichte, werfen jüngere Autoren wie Shamsie ihren Landsleuten vor. Wenn sich ihre Mitbürger aber auf dieses Thema einließen, so die jungen Schriftsteller, dann engten sie es auf die Ereignisse ein, die sich während der Gründung Pakistans zugetragen hätten.Und: Die Ressentiments gegenüber Indien täuschten immer wieder darüber hinweg, dass zum Beispiel im Land selbst der Rassismus grassiere. Gegenüber den Bengalen etwa, die selbst in einer so kosmopolitischen Stadt wie Karachi nur geduldet seien. Musik 13 Pakistani Rap Länge: etwa 10 ? 12 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: In dieser Nacht träumte ich, dass wir zusammen durch die Straßen von Karachi gingen. Als die Schießerei anfing, waren wir in der Nähe unserer alten Schule, und wir liefen auf das Schulgelände, über die Sportplätze auf den Parkplatz zu. Staub stob um unsere Füße und um die Kugeln auf, als sie auf der Erde aufprallten, rechts und links von uns, härter als Hagelkörner. ( Übersetzerin: Anette Grube ) Musik 13 Pakistani Rap bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Kugeln trafen mich in den Rücken. Und zwischen einem Augenblick der Agonie und dem nächsten hörte ich die Schreie der Verwundeten auf der anderen Seite der Mauer. Karim drehte sich um. Breitete die Arme weit aus. Und dann konnte ich nicht mehr weiterlaufen und blickte zu ihm und den Kugeln, die in hohem Bogen über die Mauer auf uns zuflogen. Aber es waren keine Kugeln.Es waren Diamanten. Nein. Es waren gefrorene Tränen. ( Übersetzerin: Anette Grube ) Musik 13 Pak. Rap bitte hochziehen, dann in Kreuzblende verbinden mit Atmo 9 Hintergrundgeräusche Sufi ? Schrein ( diese dann bitte unter Text ) Sprecherin 1/ RT: Tag und Nacht herrscht in Lahore, am Schrein des Sufi - Heiligen Data Ganj Baksh, ein Kommen und Gehen. Die Gläubigen begeben sich hierher, um den Sufi ? Versen zu lauschen, um zu reden, um zu lachen oder um ihr Schicksal zu beweinen. Und um den Beistand des Sufi ? Meisters zu erflehen. Atmo 9 Hintergrundgeräusche Sufi ? Schrein bitte kurz hoch, dann wieder unter Text Sprecherin 1/ RT: Hier, am Schrein des Sufis, gelingt es manchem, zumindest für die Dauer einiger Stunden Abstand vom Alltag zu nehmen. Zu verdrängen etwa, dass seit September vergangenen Jahres ein Mann von sehr fragwürdigem Ruf das Land führt.Pakistans Staatspräsident - Asif Ali Zardari - wurde in der Vergangenheit der Geldwäsche, des Mordes und der Erpressung beschuldigt. Seitdem er als ehemaliger Minister für öffentliche Ausgaben viel in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll, heißt Zardari im Volksmund nur noch ? Mr. 10 Prozent ?. Ob dieser ? Mr. 10 Prozent ? sein Land aus der wirtschaftlichen Bredouille herausführen kann ? eine Sorge, die viele Pakistaner an ihrem lokalen Sufi ? Schrein vielleicht für kurze Zeit verdrängen mögen. Atmo 9 Hintergrundgeräusche Sufi ? Schrein bitte kurz hoch, dann wieder unter Text Sprecherin 1/ RT: Ebenso wie die Angst vor den allgegenwärtigen Anschlägen. Die Befürchtung, schon bald womöglich selbst an der Reihe zu sein, zu einer Zahl zu werden in der Totenstatistik der Attentate. Atmo 9 Hintergrundgeräusche Sufi ? Schrein bitte kurz hoch, dann wieder unterlegen Sprecherin 1/ RT: Und wenn nicht das, dann deshalb vorzeitig den Tod zu finden, weil ein bärtiger Fanatiker die Zündung der Atombombe auslöst. Atmo 9 Hintergrundgeräusche Sufi ? Schrein bitte kurz hoch, dann bis z. Ende des 1. Absatzes wieder unter Text Sprecherin 1/ RT: Sorgen, die man auch an einem Schrein wie diesem nur in stummer Zwiesprache mit dem Sufi ? Heiligen kundtut. Ahmad Faraz hätte einer solchen Einschränkung vielleicht nicht zugestimmt. Kategorisch erklärte er noch im vergangenen Jahr seinen Widerstand: Angstschweigen? Tabu ? Themen?! O ? Ton 16 Ahmad Faraz ? No, no, not for me... then I can talk my heart. ? Sprecher 2 / VO ? Für mich zumindest nicht. Trotz all der Drohungen.Wann immer es einen Weg gibt, sich intellektuell einzubringen, würde ich freimütig meine Meinung äußern. ? O ? Ton 17 Christina Oesterheld ? Was gibt es an Tabu ? Themen... Ich hab? das Gefühl, dass es einen gewissen vorauseilenden Gehorsam gibt. Also zum Beispiel die Frage: Wie ist die Position zur Teilung? Gibt es überhaupt eine Basis für diesen Staat Pakistan? Ist das eine Basis, die tragen kann? Oder muss man eigentlich dieses ganze Konzept in Frage stellen? Das ist ein ziemliches Tabuthema. ? O ? Ton 18 Faizal Khan ? In Pakistan there are some taboos... bitterly criticizes that set ? up, he will be in trouble. ? Sprecher 2 / VO ? Natürlich gibt es Einschränkungen und Tabus. Zum einen sollte man die Traditionen, die im Islam begründet sind, nicht an den Pranger stellen. Zum anderen darf man die politischen Strukturen in diesem Land nicht kritisieren. Ein Schriftsteller, der das tut, handelt sich großen Ärger ein. ? Atmo 10 Zug Länge: ca. 7 ? 8 Sek., dann bitte unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Alle Augen starrten angestrengt in das graue Nichts, aus dem das Rattern des Zuges drang. Dann wanderten sie zum Seil hinüber, das so straff gespannt war, als sei es eine Stahlstange. Wenn der Zug schnell führe, würde es viele der Menschen, die auf dem Dach mitreisten, zweiteilen - wie ein Messer, das Gurken in Scheiben schneidet. ( Übersetzer: Axel Monte ) Atmo 10 Zug bitte hoch, dann wieder unter d. Zitat legen Sprecher 1 / Zitator: Ein Mann kletterte den Stahlbogen empor. Er zog einen kleinen Kirpan aus dem Gürtel und begann damit, auf das Seil einzudreschen Schließlich war nur noch eine dünne Faser übrig. Er bearbeitete sie mit dem spitzen Dolch und dann mit den Zähnen. Die Lok hatte ihn fast schon erreicht, als eine Salve von Gewehrkugeln seinen Körper durchsiebte. Der Mann sackte in sich zusammen. Als er herabstürzte, riss das Seil in der Mitte durch. Der Zug rauschte über ihn hinweg, Richtung Pakistan. ( Übersetzer: Axel Monte ) Atmo 10 Zug bitte hochziehen, dann in Kreuzblende verbinden mit Musik 14 ( bitte mit Ende des Musikausschnittes ausklingen lassen ) 46