COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Next Generation (8) - Die Jugend im Ruhrgebiet auf Zukunftssuche - Autorin Schulz, Friederike Redaktion Stucke, Julius Sendung 02.08.2010 - 13.07 Uhr Moderation Next Generation - Jugendliche im Ruhrgebiet arbeiten in zehn sogenannten Zukunftshäusern an ihren Visionen für die Metropole Ruhr. Sie fragen nach ihrer Zukunft, nach der Zukunft der Stadt. Sie arbeiten an Theaterstücken, machen Musik, drehen Filme und vieles mehr. Next Generation ist ein Projekt im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Initiiert von Schauspiel Essen und Schauspielhaus Bochum - unterstützt durch die Bundeszentrale für politische Bildung. - Wir im Deutschlandradio Kultur geben diesem Projekt, geben den Jugendlichen eine Stimme. Im Länderreport berichten wir jeweils am Monatsanfang aus den Zukunftshäusern. -folgt Manuskript Beitrag- Manuskript Beitrag ATMO (Werksbahn) AUTORIN Langsam fährt die Werksbahn am Tor vorbei. Die ersten Sonnenstrahlen scheinen auf das Fabrikgebäude aus rotem Backstein. In kleinen Grüppchen gehen die Arbeiter über den Parkplatz zur Frühschicht. Montagmorgen kurz vor sechs im Bochumer Opelwerk. Schichtbeginn auch für die rund 300 Auszubildenden. Noch etwas müde und mit langsamen Schritten gehen Christine, André-Michael, Sinan und Verena die lange schmale Straße entlang zum Werk II, ihrem Arbeitsplatz. Sie machen eine Ausbildung zum Mechatroniker oder Industriemechaniker. OT (Azubi, Opel) Also, mein Tagesablauf ist so, dass ich morgens um vier Uhr aufstehen muss. Danach frühstücke ich erst mal, mach mein Butterbrot, so um halb fünf bin ich dann mit allem fertig, mache mich auf den Weg. AUTORIN So beginnt die erste kurze Reportage der Dokumentarfilmer Ulrike Franke und Michael Loeken. Ein Jahr lang begleiten die Beiden 30 Auszubildende im Bochumer Opelwerk in ihrem Alltag, sprechen mit ihnen im Rahmen von "Next Generation" über ihre Zukunft. OT (Loeken) Die Idee des Projektes ist, eine Aussage darüber zu haben, wie die Jugendlichen, die bei Opel eine Lehre machen, in die Zukunft blicken, was ihre Wünsche sind, was ihre Ängste sind. Es ist noch nicht ganz klar, ob es ein klassischer Dokumentarfilm wird oder eher eine Videoinstallation. Im Moment tendiert es eher zu einer Videoinstallation. AUTORIN Bevor der Dreh überhaupt beginnen konnte, mussten die Dokumentarfilmer das Vertrauen der Geschäftsleitung gewinnen. Nicht leicht - denn als die Idee für das Projekt im vergangenen Sommer entstand, steckte Opel bereits voll in der Krise. Der Mutterkonzern General Motors hatte angekündigt, die deutsche Tochter verkaufen zu wollen, die Bundesregierung dachte über Staatshilfen nach - und die Beschäftigten zitterten wie schon so oft um ihre Arbeitsplätze. Kein guter Zeitpunkt, um auf die Geschäftsführung zuzugehen und um eine Drehgenehmigung zu bitten, erzählt Michael Loeken. OT (Loeken) Eigentlich gab es Bedenken von Anfang an, eher auch von der Öffentlichkeitsarbeit von Opel. Die haben gedacht: Mann, da haben wir die Medienleute irgendwie hier drin sitzen, gerade in solchen Krisenzeiten, und wir wissen nicht, wie die dann damit umgehen werden, wenn irgendwelche Sachen sich zuspitzen. Dann wären wir nicht vor dem Tor, sondern wir wären da drin. AUTORIN Es kostete Ulrike Franke und Michael Loeken einige Überzeugungsarbeit, die Geschäftsführung für das Projekt zu gewinnen. Beide berichten seit Jahren über die Entwicklung im Ruhrgebiet und wissen, wie man mit sensiblen Themen umgeht. Sie verpflichteten sich, nur über die Jugendlichen zu berichten, und die Manager gaben ihr Einverständnis. Doch noch immer ist die Geschäftsleitung vorsichtig, deshalb war es bisher für DeutschlandRadio Kultur nicht möglich, die Beiden in das Werk zu begleiten, da sie das Vertrauen der Manager nicht überstrapazieren wollten. Sie waren selbst zunächst vollauf damit beschäftigt, das Vertrauen aller Beteiligten zu gewinnen: Mehrere Besuche bei den Ausbildern waren nötig, und auch die ersten Gespräche mit den Protagonisten verliefen ohne Kamera. OT (Loeken) Die Lehrlinge bei Opel sind zurückhaltend. Die kommen nicht so nach vorne, aus sich raus, und sagen: Au ja, ich sag's dir. Die machen da ihre Lehre, die sind sehr stolz darauf, dass sie diesen Platz haben in diesem großen Werk. Man muss sie für sich gewinnen. Die haben auch erst mal Bedenken. Die sagen: Ja, hm, und was wird das dann? Wie soll das dann aussehen? Und dann muss man denen sagen, das ist ja auch ein Prinzip von Next Generation, dass man es mit ihnen zusammen erarbeitet. AUTORIN Noch sind es nur kurze Szenen, die die beiden Dokumentarfilmer zusammengestellt haben. Die Jugendlichen - zwischen 16 und 19 Jahre alt - sind in Nahaufnahme zu sehen, sie blicken ruhig in die Kamera, die Statements kommen aus dem Off. OT (Collage Azubis) Verheiratet wäre ich gern, zwei Kinder, ein Haus. Ich will auf jeden Fall noch weiter lernen, um nach der Ausbildung mehr erreichen zu können. Mein Traumberuf wäre später Ingenieur oder Techniker. Ich hätte später gern mal, wenn ich genug Kapital habe, eine eigene Firma. AUTORIN Es ist ein positiver Blick in die Zukunft, den die Jugendlichen in den Interviews vermitteln - ganz anders als die Einschätzung der erwachsenen Kollegen, die die Dauerkrise des Konzerns seit vielen Jahren mitmachen und mehr als eine Entlassungswelle miterlebt haben. Bei den älteren Mitarbeitern ist das Misstrauen gegen Journalisten groß, sie stehen Medienvertretern sehr reserviert gegenüber. Wenn mal wieder die nächste Opelkrise ansteht und die Übertragungswagen der großen Fernsehsender vor dem Tor stehen, ist kaum noch jemand für eine Stellungnahme zu gewinnen. OT (Loeken) Die Stimmung unter den Jüngeren ist zuversichtlich. Das ist ja eigentlich gut. Es wäre ja furchtbar, wenn diese jungen Menschen in der Depression leben würden, dass alles den Bach runter geht. Irgendwie haben die sich eine gewisse Zuversicht und ein Vertrauen in sich selbst bewahrt, was ich gut finde. AUTORIN Dennoch: Die Jugendlichen sind nicht naiv, sie wissen sehr wohl, wie die Lage auf dem Arbeitsmarkt aussieht und auch wie es um ihren Konzern steht. Und so sprechen sie mit den Filmemachern auch offen über ihre Ängste. OT (Azubi, Filmausschnitt) Dass ich dann irgendwann zu Hause hocke, 100 Bewerbungen geschrieben habe und keinen Job bekomme. Weil Deutschland ist eigentlich noch ein reiches Land. Eigentlich - und es gibt Hartz 4, kaum Ausbildungsplätze, dass Jugendliche nicht wissen was sie machen sollen - und es wäre mir schon wichtig, dass sich das ändert. AUTORIN Ob sie nach der Lehre übernommen werden, wissen die Auszubildenden nicht. Doch an eines glauben sie alle: Dass Opel eine Zukunft hat - mit einer Zuversicht, die Michael Loeken sehr erstaunt hat. Einmal Opelaner, immer Opelaner, der Spruch gilt auch für die Jugendlichen, meint der Filmemacher. OT (Loeken) Opel ist im weitesten Sinn die Fortsetzung der Familie, da war der Opa bei Opel, da war der Vater bei Opel, und jetzt machen sie eine Lehre bei Opel. Man hat manchmal den Eindruck: Wenn sie Kinder haben, dann sollen die eigentlich auch noch eine Lehre bei Opel machen. ATMO (Musik, Modenschau) AUTORIN Montagmittag, 20 Kilometer westlich von Bochum: Modenschau an der Essener UNESCO-Schule. Zu elektronischen Klängen aus dem Ghetto- Blaster gehen sechs Schülerinnen mit schwungvollen Schritten einen langen Flur entlang. Sie tragen bunte selbstgeschneiderte Kleidung: vom froschgrünen Mini-Kleid aus Leinen bis hin zu einem türkisfarbenen knöchellangen Seidengewand. Sie präsentieren die ersten Ergebnisse eines Workshops mit der Kölner Designerin Eva Gronbach vor ein paar Mitschülern. Die UNESCO-Schule ist ein Aufbaugymnasium und richtet sich speziell an Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Zahlreiche außerschulische Aktivitäten haben ihr den Titel "UNESCO-Projektschule" eingebracht, eine von 190 in ganz Deutschland. Im Kulturhauptstadtjahr gibt es das ganze Jahr über regelmäßig Workshops im Rahmen von Next Generation. ATMO (Kurs, Eva Gronbach macht Vorschläge) AUTORIN Im Kurs von Eva Gronbach sind 15 Schülerinnen aus verschiedenen Klassenstufen. Jede hat selbst ein Kleid entworfen, doch noch sind nicht alle fertig. Die Designerin gibt Tipps für den Schnitt.. Denn wie auf der gesamten UNESCO-Schule kommen auch die Schülerinnen des Mode- Kurses aus vielen verschiedenen Nationen: Kirgistan, Libanon, Guinea. So ging es zunächst darum, den anderen die Mode des eigenen Heimatlandes näher zu bringen, erzählt die 17jährige Nila, die aus Afghanistan stammt. OT (Nila) Vorher hat mich nur interessiert: Sieht das schön aus, sieht das nicht schön aus? Aber seitdem wir das hier gemacht haben, die verschiedenen Kulturen...Jeder hat was anderes. Ich kannte bisher eigentlich nur afghanische Kleider. Ich weiß, es klingt komisch, aber ich habe jetzt ein ganz anderes Bild von der Mode. ATMO (Diskussion) AUTORIN Begeistert erzählt die Libanesin Rafa ihren Mitschülerinnen aus der Türkei und Kirgistan von den Gewändern, die die Frauen auf Hochzeiten in ihrer Heimat tragen. Die 19-jährige schneidert auch in ihrer Freizeit, näht Kleider für viele Anlässe. Für sie ist klar: Sie will Abitur machen und Designerin werden. OT (Rafa) Mein erster Traum ist auf jeden Fall, eine eigene Kollektion in der Modebranche zu haben, bei der ich sagen kann: Ich habe es geschafft, ich kann stolz auf mich sein, beziehungsweise meine Eltern können stolz auf mich sein. Ich muss ja nicht groß rauskommen, aber dass ich später schon in der Modebranche arbeite. AUTORIN Rafa hat ihr Kleid für die Modenschau bereits fertig und gleich angezogen: ein weites, knielanges Oberteil mit langen Ärmeln, darunter eine Pluderhose. Beides in Weiß mit braunen Stickereien. Dazu ein passendes Kopftuch, ohne das geht es nicht, sagt die zierliche 19jährige. Das Kopftuch trägt sie aus Überzeugung, und es stört sie überhaupt nicht, dass sie die Einzige im ganzen Kurs ist, die ihr Haar bedeckt. OT (Rafa) Ich bin sehr kreativ, was mein Kopftuch angeht, ich habe voll die verschiedenen Styles, da denkt man: Wie hat sie das jetzt hinbekommen? Manchmal mach ich es hoch, manchmal habe ich den Ägypten-Style. Ein Kopftuch ist wie eine Schachtel, man weiß nie so genau, was dahinter steckt. Der Mann oder der Freund, der mich heiratet, der weiß nicht: Hat die lange Haare, hat die kurze Haare? Okay, was kommt jetzt? AUTORIN Die Designerin Eva Gronbach hat bereits öfters mit Jugendlichen zusammengearbeitet. Als sie von Next Generation erfuhr, war sie sofort begeistert und schlug vor, ein Projekt zum Thema Mode zu machen, Mode als sehr konkreter Ausdruck von Zukunftsvisionen: OT (Gronbach) Mode ist natürlich ein wunderbares Mittel, um sich auszudrücken und sich zu einer Gruppe zugehörig zu fühlen oder sich von einer Gruppe abzugrenzen. Das ist natürlich in der Pubertät eigentlich das große Thema. Mode ist immer eine Zukunftsvision. Wenn ich an einem Teil arbeite, an einer Kollektion oder die Schüler an einem Projekt, was sie drei oder fünf Monate später präsentieren, ist es ja ein in die Zukunft gerichtetes Projekt. Eine Idee, wie ich in Zukunft gesehen werden will. AUTORIN Ende des Jahres werden die Schülerinnen ihre Kollektion auf der Abschlussfeier von Next Generation präsentieren. Bis dahin bleibt noch einiges zu tun: Denn bis auf Rafa hat noch keine der Teilnehmerinnen je an einer Nähmaschine gesessen. ATMO (Klassenzimmer) AUTORIN Einen Tag später, ein Stockwerk tiefer: 14 Schüler stehen im Kreis in der Mitte eines schlichten Klassenzimmers, die Tische und Stühle sind an die Wand gerückt. OT (Katiga) Mein Traum ist es, dass alle Menschen zufrieden leben können. Alle beeinträchtigten Menschen, wie Taube, Blinde, Stumme und geistig oder körperlich behinderte Menschen sollten die Chance haben, äh, genau den gleichen...Entschuldigung, darf ich noch mal anfangen? AUTORIN Die 19jährige Katiga stammt aus Sri Lanka. Sie trägt einen Text vor, den sie selbst geschrieben hat. Vorn am Pult steht der Regisseur Nuran Calis, kurze schwarze Haare, drei-viertel-Hose, Turnschuhe. Der 35jährige trifft sich einmal in der Woche mit einer anderen Schülergruppe des Gymnasiums, um im Rahmen von Next Generation ein Theaterstück über ihren Traum von der Zukunft zu entwickeln. Nuran Calis will ein szenisches Porträt der jungen Generation zeichnen, die in dieser Region lebt. Das Ruhrgebiet wird in den kommenden 20 Jahren rund ein Drittel seiner Einwohner verlieren, in manchen Gegenden liegt die Arbeitslosenquote bei 20 Prozent. Der Regisseur will herausfinden: Worüber denkt die Jugend hier in der Gegend nach? Daher hat er die Teilnehmer aus allen zehn Zukunftshäusern gebeten, ihm per E-Mail die Frage zu beantworten: Was ist dein Traum? ZITATE Dass sich die Welt mal wenigstens nur für eine Woche verträgt! Das wünsch ich mir vor allem bei den Kurden und den Türken. Wenn wir Jugendliche uns meist immer vertragen warum dann nicht alle? Ich denke, dass meine Zukunft in meinen Händen liegt. Deshalb sollte ich das Beste daraus machen. denn mit welchem Standard ich mein Leben leben kann, wird zum Großteil von meinem Job bestimmt. Wie viel verdiene ich? wo wohne ich? Ohne gutes Geld zu verdienen, kann ich mir meine teuren Hobbys wie die Fotografie von der Backe schmieren. Man muss mehr Geld ins Ruhrgebiet reinstecken - also weniger Geld nach Osten und keine Hilfe zu den Griechen. AUTORIN Nun müssen die Jugendlichen lernen, diese selbstgeschriebenen Texte einem Publikum vorzutragen. Denn daraus soll am Ende das Theaterstück werden, das im Schauspielhaus Bochum aufgeführt wird. Eine große Herausforderung für Schüler, die kaum Bühnenerfahrung haben. Alle Blicke sind auf Katiga gerichtet, nervös streicht sie sich eine Strähne ihrer langen schwarzen Haare aus der Stirn. ATMO (Nuran und Katiga) Wenn du jetzt noch mal anfängst: ganz langsam! Okay. AUTORIN Katiga nickt, setzt noch einmal an, diesmal langsamer und deutlicher. Sie blickt dabei ihrem Nachbarn Tim in die Augen und spricht ihn direkt an. Nuran Calis bedeutet den anderen mit einer Handbewegung, still zu sein. OT (Nuran) Sehr schön, siehst du, je ruhiger du das machst, desto mehr verstehst du auch selber, was du da sagst. Und desto mehr verstehen wir, was du da sagst und was deine Wünsche sind. Und jetzt gehen wir weiter... OT (Schüler, Collage) Mein Traum für mich ist es eigentlich nur, dass ich glücklich werde, egal wie. Mein Traum ist es, eine bessere Welt zu haben, wo man leben kann ohne Krieg, Armut, ohne die schlechten Sachen dieser Welt. Mein Traum wäre es, dass viele Deutsche mal verstehen, dass die meisten Ausländer genauso nett, toll, cool sind wie andere Menschen auch. AUTORIN Als nächster ist Tim an der Reihe: Er trägt ein graues T-Shirt, schwarze Jeans, die langen dunkelblonden Haare zum Zopf gebunden. Er wünscht sich mehr Toleranz für Menschen, die anderen Religionen angehören, eine andere Hautfarbe haben oder eben als Mann lange Haare haben. Ein sehr persönliches Anliegen, da er selbst oft mit Vorurteilen konfrontiert wird. OT (Tim) Ich habe lange Haare, ich trage meistens schwarz, heute zwar nicht, aber dann wird man oft als Satanist abgestempelt. Ein sehr guter Freund von mir hat große Probleme mit Rassismus. Ich würde mir wirklich wünschen, dass man mehr Sachen toleriert und akzeptiert. Jeder Mensch ist so wie er ist. Ich bin so wie ich bin. AUTORIN Tim ist einer der wenigen Deutschen in der Gruppe. Er geht in die 11. Klasse - vorher war er auf einer Hauptschule, wegen guter Noten konnte er aufs Gymnasium wechseln. Nach dem Abitur möchte er studieren und Schriftsteller werden. Precious aus Nigeria will Ärztin werden, Sandy, deren Eltern aus Polen stammen, hofft auf eine Karriere als Musikerin. Die ganze Gruppe hat sehr konkrete optimistische Träume von einer Zukunft mit eigener Familie und mit gutem Job formuliert. Doch genau wie die Auszubildenden bei Opel haben auch sie Angst vor Arbeitslosigkeit - das gehört zu unserer Generation dazu, meinen Sandy und Tim. OT (Sandy, Tim) Ein bisschen Angst schon, dass man sich vielleicht nichts leisten kann oder viele Probleme kriegt, aber ich hoffe, das wird nicht so. Ich versuche, mit Optimismus in die Zukunft zu schauen. Ich bin der Meinung, solange man sich gut anstrengt, man sollte nicht zu viel planen. Ich stecke mir eher kleinere Ziele. Erst mal Abitur schaffen, dann weitersehen. AUTORIN Mit ernstem Blick tragen die Schüler nacheinander ihre Texte vor, hören sich gegenseitig konzentriert zu. Man merkt ihnen an, wie gut sie die Frage nach ihrem Traum finden und wie begeistert sie die Antworten formuliert haben. Nuran Calis lächelt, nickt zufrieden. OT (Nuran Calis) Ich muss sagen, dass alle Jugendlichen eine extreme Antriebskraft haben. Das hat mich wirklich überrascht. Ich dachte, dass man die Leute mehr anglühen muss, aber es ist so, dass man eigentlich auf einen Vulkan trifft, wo man eigentlich nur ein bisschen die Kruste abmachen muss und dann sprudelt die Energie. Und ich habe eigentlich nichts mehr zu tun als diese Energie in richtige Bahnen zu lenken. AUTORIN In der kommenden Woche wird er die Zukunftshäuser in Duisburg besuchen, um mit den dortigen Teilnehmern zu arbeiten. Ab Mitte August beginnen dann die gemeinsamen Proben am Schauspielhaus Bochum. Wie das Theaterstück am Ende genau aussehen wird, weiß der Regisseur noch nicht. Erst muss er alle E-Mails sichten und sortieren, die inzwischen mehr als 50 Seiten füllen - darauf die ganz persönlichen Zukunftsvisionen von Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet. OT (Calis) Das alles in Einklang zu bringen, vielleicht auch Dinge zu benennen, die vielleicht weh tun, die Wahrheiten herausbringen, an die man gar nicht so gedacht hat. Aber dann auch zu zeigen, dass am Horizont eine ganz starke Sonne für die brennt hier und dass sie sich auch von der angezogen fühlen und auch den Zugang suchen wollen zu diesen verschiedenen Stadtteilen hier im Ruhrgebiet und den Städten. Es ist großartig und die Menge ist kaum zu bewältigen. -ENDE- 7