COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Die Macht von Tornados und von Erlassen Von gefällten Bäumen und einem Rechtsstreit in Dresden Autor Annegret Faber Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 25.05.2012 - 13.07 Uhr Länge 19'15" Musik "Die Musik ist aus meinem Soundprogramm und GEMA - frei." - Autorin in Email vom 11.05.12 Moderation Da fallen Bäume einfach so um. Erst durch die Macht eines Tornados, dann auf Weisung von Menschen. Im folgenden Fall führte das dazu, dass im Freistaat Sachsen seit Monaten der Volksmund einen neuen Begriff für menschliches Handeln gebraucht : "Tornadoerlaß". Die Grüne Liga (Sachsen) klagte beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Fällerlaß, der vom Sächsischen Umweltministerium "Deichsicherungserlaß" genannt wird. So oder so, zehntausende Bäume mussten sich dem Erlaß beugen, nicht so viele Bürger vor Ort. Annegret Faber macht uns nun mit den Einzelheiten in Sachen "Tornadoerlaß" vertraut. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag Regie: im Hintergrund Flussgeräusche, Bagger O Ton 1 Aussagen der verschiedenen Parteien 45 sek Nico Singer: "Also wir haben links und recht viele hundert Meter Auwald. Und hier sind mittendrin die Bäume gefällt wurden, um dann eine 40 Meter breite Schneise durch den Auwald zu schlagen." Leiterin Umweltamt Leipzig Freifrau von Fritsch: "Wir hatten eine sehr kräftige Hochwassersituation ..." Prof. Martin Socher, Sächsisches Umweltministerium: "Das ist nicht gemacht wurden über den Baumfällerlass, der so genannten Tornadoerlass. Sondern das ist direkt mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen und erlaubt wurden." Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Deutschland: "Also nach vielen Erfahrungen, die wir bundesweit damit haben, hängt das damit zusammen, dass es natürlich das Einfachste ist, die Bäume abzuhacken und damit so genannten Hochwasserschutz zu verbessern." Regie: Streicher, Baum fällt. Danach nur noch Flussgeräusche O Ton 2 Volkmar Weiß auf dem Deich an der kleinen Luppe im Auwald 22 sek "Da vorne, wo der abgebrochene Baum steht, der eine, da stand eine 350 jährige Eiche. Und als man das hier gebaut hat vor 90 Jahren, die Luppe Begradigung, da hat man den Baum extra stehen lassen. Das ist alles radikal innerhalb von wenigen Tagen abgeholzt wurden." Autor Volkmar Weiß steht an der kleinen Luppe, einem drei bis fünf Meter breiten Flüsschen, im Naturschutzgebiet Leipziger Auwald. Für den Rentner ist der Wald einzigartig. Ein Ort der Erholung. Direkt im Stadtgebiet erstreckt er sich an den Flüssen Pleiße, Weiße Elster und Luppe. 30 km lang ist der Wald, drei bis 5 Kilometer breit. Für viele Menschen sei diese Oase der Grund in Leipzig zu bleiben oder hierher zu ziehen, glaubt Peter Pistivsek, der mit Volker Weiß über Sinn und Unsinn des Deichaufbaus diskutiert. O Ton 3 Peter Pistivsek auf dem Deich an der kleinen Luppe im Auwald 42 sek "Ich war, als ich das mitbekommen habe, richtig empört. Ich bin jetzt noch wütend, wenn ich das sehe, wenn ich hier vorbei komme." Frage: Gehen Sie hier öfter spazieren? "Ja, natürlich. Das ist für mich eines der Besonderheiten dieser Stadt. Ich erinnere mich, ich wohne ja schon über 20 Jahre in der Stadt, dass Anfang der 90er der damalige Oberbürgermeister Lehman Grube das auch besonders hervor gehoben hat. Deswegen war ich völlig verwundert, dass die Stadtverwaltung das einfach so geschehen lässt. Ich finde, man hätte sich mit Händen und Füßen dagegen wehren müssen, jetzt ist es zu spät. Jetzt braucht es wieder 300 Jahre, bis solche Bäume hier stehen. Das ist ja so, als hätten die hier ne Autobahn bauen wollen." Weiß: "Also wo man nur sagen kann, hier wird nur Geld verdient, also völlig sinnlos!" Autor Es wird viel diskutiert und spekuliert. Axel Bobbe, der Leiter der Landestalsperrenverwaltung Untere Pleiße, kurz LTV, könnte Antworten geben. Doch er findet seit Monaten keine Zeit für ein Interview auf dem Deich. Die Rodung sei schon ein Jahr her und Schnee von gestern, teilt er durchs Telefon mit und fragt, ob es denn keine besseren Themen gäbe. Regie: Wald, Maschinenlärm, Bagger Autor 300 Meter weiter wird noch gearbeitet. Deicharbeiter Herke macht gerade eine Pause. Mit zwei Kollegen steht er neben einem orangenen Bagger, 20 Meter vom Wasser entfernt, mitten im Auwald. O Ton 4 Arbeiter 48 sek -Wozu wird die Deichsanierung durchgeführt? - "Wegen Hochwasserschutz. -Ist das ein gefährdetes Gebiet? -So war´s ausgeschrieben -Was passiert jetzt hier? -Dann ist der Deichkörper abgetragen worden, neu gefräst worden, die Wurzeln alles zerkleinert und neu aufgebaut worden und verdichtet, dass er besser trägt, gegen Hochwasser -(ich wende mich an seinen Kollegen) Darf ich Sie auch etwas fragen? - Ich muss arbeiten ... " schmeißt den Bagger an und fährt los Regie: Streicher Bagger Autor Wenige Meter entfernt steht Nico Singer mit seinem Fahrrad auf dem Waldweg und beobachtet das Treiben. Der Geschäftsführer des Leipziger Umweltvereins Ökolöwe kann immer noch nicht fassen, was hier passiert. O Ton 5 Nico Singer im Hintergrund hört man die Arbeitsmaschinen 1:09 min "An diesen Gewässern gab es nie einen Deich. Vorher hatten wir große, dicke, alte Bäume, Eichen, Linden, Ahorn, die bis ran an das Gewässer wuchsen. Das war auch dahingehend kein Problem, weil dieses Gewässer schon vom Oberlauf her so geregelt wurden ist, dass es hier nie zu einer Gefahr kommen konnte. Frage: Das heißt, es war ein kleiner Fluss, der durch den Auwald geflossen ist. Genau, relativ natürlich, er hatte sehr hohe ökologische Werte gehabt und die hat man jetzt alle komplett beseitig; und das noch in Anbetracht dessen, das man hier die europäische Wasserrahmenrichtlinie zukünftig zu beachten haben, haben wir jetzt hier ein Gewässer, was hohe ökologische Werte hatte, so massiv beeinträchtigt, dass wir hier in naher Zukunft wieder sehr viele Geld, Millionen in die Hand nehmen müssen, um hier wieder einen guten ökologischen Zustand herzustellen. Und das ist ja einfach die Katastrophe an dieser ganzen Geschichte." Autor 11 km Deichrasur, innerhalb weniger Wochen im Natur- und Vogelschutzgebiet Leipziger Auwald. Die Frage, ob die Deichsicherungsmaßnahmen so flächendeckend notwendig waren, beantwortet Nico Singer mit einem klaren: Nein. O Ton 6 Nico Singer 23 sek "Erst Mal wird sie im Hochwassermanagement im Oberlauf geregelt, sie wird abgeregelt. Da gibt es ein Wehr, da werden die Wassermassen, die dieses kleine Flüsschen nicht mehr aufnehmen könnte, in die Elster u.s.w. umgeleitet und zum anderen fließt sie auch mitten durch den Auwald und der braucht eigentlich Überschwemmung." Autor Ruhig fließt die kleine Luppe in der überdimensionalen Wasserrinne. Der neue Erd-Deich wurde mit einem groben Netz bespannt. Neu ist auch ein 10 Meter breiter Deichverteidigungsweg auf beiden Seiten des Flusses. Bei Hochwasser sollen hier schwere Maschinen fahren können. Dies sei wichtig, um die Bevölkerung zu schützen, heißt es im Staatsministerium in Dresden. Dort wundert man sich über die ganze Aufregung. Prof. Martin Socher, Referatsleiter Oberflächengewässer. O Ton 7 Socher 21 sek "Im sächsischen Wassergesetzt steht zudem drinne, dass Bäume und Sträucher auf Deichen nichts zu suchen haben und auch nachträglich zu entfernen sind. So dass es auch eine ganz klare rechtliche Grundlage gibt in Sachsen, eine fachliche Grundlage, die über die DIN kommen wird, und eine rechtliche Grundlage aus dem sächsischen Wassergesetz, dass Bäume und Sträucher auf Deichen nichts zu suchen haben." Autor Socher sitzt gemeinsam mit dem Pressesprecher des Umweltministeriums an einem Tisch: Frank Mayer, ehemals selbst Mitarbeiter der Landestalsperrenverwaltung. Mayer ist sehr aufgebracht. Den Unmut der Leipziger kann er nicht nachvollziehen. O Ton 8 Mayer 13 sek " ... man muss auch die Frage stellen, kann man, oder wenn eine Gefahrensituation ist, jedes Mal eine Volksabstimmung machen? Das ist wirklich so, also das entbindet uns ja nicht von der Verpflichtung, den Deich funktionsfähig zu halten." Autor Von einer kräftigen Hochwassersituation spricht auch das Leipziger Umweltamt. Amtsleiterin Angelika Freifrau von Fritsch. O Ton 9 Freifrau von Fritsch 32 sek. "Wir hatten im Bereich der neuen Luppe eine Deichabsenkung gehabt und dies veranlasste, die Landestalsperrenverwaltung auch einigen Bereichen die Deichunterhaltung schnellstmöglich im Rahmen des Hochwassers vorzunehmen. Und das bedeutete in dem Falle für die Landestalsperrenverwaltung bei uns, bei der unteren Naturschutzbehörde die naturschutzrechtliche Befreiung für das Abholzen der Deiche zu beantragen. Dies ist erfolgt." Autor 11 Kilometern Deiche und Hochufer befreite die Leiterin des Umweltamtes von Naturschutzrechten, nachdem die ihr unterstellte Naturschutzabteilung die Genehmigung verweigerte. Noch während des Hochwassers fuhren schwere Maschinen in den Wald und begannen die Bäume zu roden. Das laut Gesetz geforderte Planfeststellungsverfahren und die Befragung der Umweltverbände fielen der amtlichen Schnellholzung zum Opfer und fanden nicht statt. Dies sei auch nicht notwendig, denn in Sachsen gibt es seit Mai 2010 den Deichsicherungserlass, erklärt die Leiterin des Leipziger Umweltamtes. Dieser Deichsicherungserlass heißt im Volksmund "Tornadoerlass", denn Grund für diesen Erlass, war tatsächlich ein Tornado, der in Sachsen wütete, erklärt Prof. Martin Socher vom sächsischen Umweltministerium. O Ton 10 Socher 31 sek "Weil während des Tornados am Pfingstmontag 2010 umfassend die Bäume entlang des Rödersystems geworfen wurden, vom Tornado, in das Gewässer rein, von den Deichen herab gerissen wurden, im Gewässer als Stau wirkten, der Deich massiv beschädigt war und der Unterhaltungspflichtige, hier die Landestalsperrenverwaltung, größte Mühe hatte, diese Gefahrenstellen zu beseitigen und den Wasserabfluss zu gewährleisten." Autor Mit dem "Tornadoerlass" sieht sich die Landestalsperrenverwaltung aufgefordert, die sächsischen Deiche unverzüglich in einen ordentlichen Zustand zu versetzen - ohne Bürger und Umweltverbände einzubeziehen. Selbst die Behörden sind NUR zu informieren. Zitat aus dem Tornadoerlass: Tornadoerlass: Zitat Sprecher "Die Landestalsperrenverwaltung wird aufgefordert die Standfestigkeit aller Deiche in ihrem Zuständigkeitsbereich auf mögliche Gefährdungen durch Bäume und Sträucher zu überprüfen, ...Maßnahmen zu bestimmen ... und mit der zuständigen Naturschutzbehörde eine Begehung durchzuführen. -außerdem ... dem Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft bis November 2010 einen Zwischenbericht und bis Januar 2011 einen abschließenden Bericht über den Vollzug der Maßnahmen nach zu übergeben. Die Landestalsperrenverwaltung wird aufgefordert, unverzüglich die Durchführung ... naturschutzrechtlicher ... Verwaltungsverfahren zu beantragen, gegebenenfalls auch nachträglich oder parallel zur Durchführung der Maßnahmen." Autor Leipzig musste nur noch die Deiche von Naturschutzrechten befreien. Alles andere war längst entschieden. Und selbst diese Befreiung kann laut Tornadoerlass während oder nach der Maßnahme eingeholt werden. Hier würden Gesetze einfach ausgehebelt und zwar in vielerlei Hinsicht, kritisiert der Umweltverband Grüne Liga und verklagte das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft beim Landesverwaltungsgericht. Der Leipziger Rechtsanwalt Wolfram Günter hat die Klage verfasst. O Ton 11 Günther 22 sek "Das ist ein absolutes Unding, nach dem demokratischen Rechtsstaat. Also wenn man sich schon allein die Grundlagen des Staates anguckt, mit gesetzgebender Gewalt und Verwaltung als ausführende Gewalt, der Basis des Rechtsstaats überhaupt, ist völlig klar, dass die Verwaltung Recht anzuwenden hat. Das ist ihre Aufgabe. Aber die kann sich nicht selbst einen Erlass schreiben, Gesetzt gelten für uns nicht. Das hat sie aber gemacht hier in Sachsen." Autor Der Tornadoerlass würde Kompetenzen überschreiten und sei ganz klar: O Ton 12 Günther 4 sek " ... für sich genommen schon ein völlig unglaubliches Vorgehen." Autor Das sehen auch Mitarbeiter beteiligter, sächsischer Behörden so. Interviews möchten sie zu diesem Thema nicht geben. Wegen ihres Arbeitsplatzes. Bei den Gesprächen wird ein entscheidender Fakt mehrmals erwähnt. Der Anlass für die radikalen Baumfällungen war eine Deichabsenkung, die angeblich durch das Hochwasser 2011 entstanden sein soll. Diese Absenkung wird aber bereits im Hochwasserschutzkonzept des Jahres 2005 festgestellt. Der triftige Grund, schnell zu handeln, war also schon über sechs Jahre alt, so die mündlichen Aussagen. Weiter heißt es. Axel Bobbe, der Leiter der Landestalsperrenverwaltung Untere Pleiße, sei in Wirtschaftskreisen sehr beliebt. Er würde es verstehen mit den Medien umzugehen und vor allem Geld auszugeben und die Wirtschaft anzukurbeln. Dem Duz-Freund des Leipziger Umweltbürgermeisters und der Leiterin des Umweltamtes würden dabei alle Türen offen stehen. Die EU Wasserrahmenrichtlinie, die naturnahe Flüsse verlangt, würde in Sachsen als ein Übel angesehen, dass man versucht auszusitzen, sagen Mitarbeiter. Durch die Gänge der sächsischen Amtsstuben scheint noch ein kräftiger Ostwind zu wehen, der wenig mit Demokratieverständnis zu tun hat. Für die Rodung auf den Leipziger Deichen und Hochufern hätte es ein ordentliches Planfeststellungsverfahren geben müssen, Alternativen abgewogen, Umweltaspekte berücksichtigt. Bäume und Tiere hätten zwingend im Vorfeld kartiert werden müssen. So sei nicht nur gegen Deutsches, sondern auch gegen das Europäische Naturschutzrecht verstoßen worden, erläutert Rechtsanwalt Wolfram Günther. Das Naturschutzrecht schreibt außerdem Ausgleichmaßnahmen vor, die langfristig festgelegt werden. Bis heute seien sie aber nicht vollständig geplant. O Ton 13 Günther 26 sek "Da ist die Reihenfolge falsch und da kommt man auch wieder in die Verhältnismäßigkeit rein. Da muss ich mir als Freistaat mal überlegen, wenn ich nämlich einen Deich, der quer durch den Wald geht und den Auwald davor schützt, dass er überflutet wird, was er eigentlich sollte. Ob ich dann eine Maßnahme durchführe, die für sich schon sehr viel Geld kostet und dann noch diese Ausgleichsmaßnahmen woanders durchführen muss, ob das überhaupt noch ne sinnvolle Maßnahme ist oder ob das nicht schieres verbrennen von Geld ist." Autor Hier gehe es um Investitionen, nicht um Bürgerschutz. Geld sei genügend da. Nach der Jahrhundertflut von 2002 wurde im Freistaat Sachsen ein großes Investitionsprogramm für den Hochwasserschutz aufgelegt. Eine Milliarde Euro stehen bis 2020 zur Verfügung. Bislang sind 530 Millionen Euro ausgegeben wurden, so das sächsische Umweltministerium. Deiche wurden gebaut und saniert, Rückhaltebecken, Schutzmauern. Hinzu kommt nun die Baumfällung auf sächsischen Deichen mit 500 000 Euro. Folgekosten für den Deichaufbau: 5 Millionen, so die Angaben der Landestalsperrenverwaltung. Eine weitere, nicht in Zahlen zu fassende Folge ist der handfeste Streit zwischen Umweltschützern und Beamten. Der Tornadoerlass diene dazu, den 650 Mitarbeitern der Landestalsperrenverwaltung eine Existenzberechtigung zu geben, meinen die Umweltverbände. Im Juli 2011 wurde die Klage eingereicht. Seitdem gebe es im Umweltministerium eine neue Sprachregelung, erklärt Rechtsanwalt Wolfram Günther. Die Bäume seien unabhängig vom Tornadoerlass gefällt wurde. Prof. Martin Socher aus dem sächsischen Umweltministerium bestätigt das. O Ton 14 Socher 11 sek "Das ist nicht gemacht wurden, über den Baumfällerlass, der so genannten Tornadoerlass, sondern das ist direkt mit der unteren Naturschutzbehörde so abgestimmt und erlaubt worden." Autor Ja, wir haben unsere Zustimmung geben, aber nur, weil es den Tornadoerlass gibt, heißt es aus Leipzig. Heiko Rosenthal, Umweltbürgermeister. O Ton 15 Rosentahl 11 sek "Grundlage für die Entscheidung der Stadt, das naturschutzrechtliche Einvernehmen zur Fällung der Bäume auf den Deichen zu treffen, war der Tornadoerlass des Umweltministeriums." Autor Wurde der "Tornadoerlass" angewendet oder nicht? Am Ende wird das Verwaltungsgericht in Dresden entschieden. Auch was die Naturschutzgebiete anbelangt. Auch hier sei einzig und allein Leipzig verantwortlich, sagt Pressesprecher Frank Mayer. O Ton 16 Mayer 14 sek "Wir haben eine Wasserrechtliche Anordnung der unteren Naturschutzbehörde gehabt, die diese Fäll-Maßnahmen dort genehmigt hat, und dann kann man davon ausgehen, dass die unteren Naturschutzbehörde diese FFH relevanten Aspekte berücksichtigt hat." Autor FFH - EU Fauna Flora Habitat Richtlinie. Gebiete, die in diese Kategorie fallen, sind streng geschützt, so wie auch weite Gebiete des Leipziger Auwaldes. Das Leipziger Umweltamt habe die Bereiche neben dem Fluss einfach zum Deichverteidigungsweg umbenannt. Somit zählten diese Gebiete, mitten im Natur- und Vogelschutzgebiet, nicht mehr zum Wald. Bäume auf einem Deichverteidigungsweg stehen nicht unter Schutz. Von den 11 Kilometern Deich und ungezählten Hektar Wald sind mit dieser Rechnung nur noch 1,3 km schützenswert, berichtet Rechtsanwalt Wolfram Günther. Umweltrechtlich sei das alles eine Katastrophe, meint auch Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND Deutschland, des Bundes für Umwelt und Naturschutz. O Ton 17 Weiger 30 sek "Und was wir sehr bedauern ist, dass es offensichtlich kein geregeltes Verfahren gegeben hat im Vorfeld, um auch mit der Bevölkerung oder den Natur und Umweltverbänden die geplanten Maßnahmen zu besprechen. Damit unterstützen wir auch die Klage generell der Grünen Liga gegen diese Maßnahmen, weil sie in unseren Augen in dem jetzt geplanten und realisierten Umfang durch nichts zu rechtfertigen sind." Autor Wenn es um sächsische Hochwasser gehe, seien diese Maßnahmen völlig übertrieben, schätzt auch Gisela Kallenbach ein, Grünenpolitikerin im Sächsischen Landtag. Einen Tornado als Anlass zu nehmen sei außerdem völlig absurd. O Ton 18 Kallenbach 64 sek "Weil gesagt wurde, auf allen Deichen sind Sträucher und Bäume zu entfernen und das wurde begründet mit dem Tornado in Großenhain zu Pfingsten 2010. Die Begründung will mir auch bis heute partout nicht einleuchten, weil wenn sie von einem Tornado getroffen werden, dann hilft nichts, da können sie keinen Schutz bieten. Und deswegen sage ich, das ist ein Konjunkturprogramm für die Industrie, die solche Deichaufbauten, Wasserbauwerke schafft. Und der Minister hat kürzlich erst die Bürgermeister aufgefordert, dass die doch mal ihre Bürger zur Räson bringen möchten, damit die sich nicht gegen solche sinnvollen Maßnahmen wehren. Es ist unglaublich, was man dort mit viel Geld bauen will, wieder mit technischen Maßnahmen." Autor Naturschutz spiele im sächsischen Umweltministerium keine Rolle. Da seien saubere Betondeiche angesehener als naturnahe Flüsse. Atmo Deich, Wasser O Ton 19 Nico Singer 20 sek "Hier stand auch in der Nähe die dickste Linde Leipzigs, die auch Fledermausquartier war, und das war alles miteinander verwachsen; und die sind jetzt mittlerweile entsorgt wurden und die Reste kann man sich auch anschauen. Die liegen am Cospudener See aufgetürmt, weil man nicht weiß, wo man mit dieser schieren Masse hin soll. Man muss sich das vorstellen, es ist eine ungeheure Masse an Holz, was hier abtransportiert werden musste." Autor Der Verantwortliche bei der Landestalsperrenverwaltung, Axel Bobbe, schweigt. Die Umweltverbände fordern nun wenigstens in die Ausgleichmaßnahmen einbezogen zu werden. Bislang ohne Erfolg. O Ton 20 Singer 12 sek "Nein, wir werden nicht eingebunden. Wir sind lediglich kurz informiert worden, konnten, wenn wir wollten, noch eine Stellungnahme abgeben. Aber das ist keine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände, so wie es das Gesetz zwingend vorschreibt, in diesem Falle." Autor Auch Werner Keller fährt regelmäßig mit dem Rad durch den Leipziger Auwald und quert die kleine Luppe, die nun einer Autobahntrasse gleicht. Ohne zu zögern mischt er sich in das Gespräch der beiden Leipziger ein. O Ton 21 Umfrage auf dem Deich 58 Sek. "Keller: Ich kenne das. Das ist ratz batz alles weggemacht wurden. Es fehlt schon ein Stück von dem Bild, was man hier an dem Gewässer kennt. Es fehlt schon was. Über Sinn und Unsinn... ich bin kein Experte, aber es sah vorher schöner aus. Pistivsek: Waren die jetzt berechtigt hier die Bäume abzuhacken oder hätte es nicht andere Möglichkeiten gegeben? Also die führen sich hier auf, als würden sie ne Autobahn bauen! Weiß: ...ja, wir nehmen an ... Pistivsek: ...die Stadtverwaltung sagt, dass sie auch dagegen war ... Weiß: ...ja, vielleicht sagen die das hinterher! Pistivsek: ...und schiebt es auf die Landesregierung. Weiß: Also hier auf dem Abschnitt ist Lobbytätigkeit der Firmen. Ich weiß nicht, was ein Kilometer kostet hier, das sind Millionen! Pistivsek: Das vermute ich auch die ganze Zeit, man muss da noch mal nachhacken." Regie Streicher / Fluss / Baum fällt -ENDE Beitrag Faber- MOD Die Macht von Tornados und von Erlassen. Von gefällten Bäumen und einem Rechtsstreit um den sächsischen "Tornadoerlaß". Annegret Faber war vor Ort unterwegs. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Sendung- 1