COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Kann Mann das? - Männer als Erzieher in brandenburger Kindergärten - Autor Axel Flemming (Beitrag 1 - 3'51") Grampes, Timo (Beitrag 2 - 14'19") Kuball, Maximilian (Co-AUT Beitrag 2) Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 21.01.2011 - 13.07 Uhr Länge 20.01 Minuten Moderation (siehe Ablaufplan) -folgt Ablaufplan Sendung- Ablaufplan Sendung M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD Kann Mann das? Männer als Erzieher in Kindergärten und Umschulungsprogramme in Brandenburg. Am Mikrofon begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Ist Erziehung Frauensache? Längst nicht mehr, eigentlich, und eine unzeitgemäße Frage auch, eigentlich, aber uneigentlich ... Sieht man sich die professionelle Erziehung der Kleinsten an, gilt weiterhin: viele Kindergarten-'Tanten', die 'Onkels' sind noch die Ausnahme. Das soll nicht so bleiben, weil es nicht mehr länger so bleiben kann. Also bekommen die Erzieherinnen in Brandenburger Kindertagesstätten hier und dort und nun auch da männliche Verstärkung. "Männer für Kitas" heißt ein Projekt des Bildungsministeriums in Potsdam und der Berichterstatter mit dem Blick für das Bundesland heißt Axel Flemming. LR-k Brandenburger Programm/Flemming - 03'51" AUT Der Plan klingt kinderleicht: G 01 Kinder zählen bis zehn, darauf Autor: AUT Die Analyse: nur etwas mehr als zwei Prozent der Erzieher in brandenburgischen Kitas sind männlich. Das liegt sogar noch unter dem Bundesschnitt mit "immerhin" 2,4 % Männern unter den vielen Frauen. Holger Rupprecht, Minister für Schule, Jugend und Sport: E 01 (Rupprecht) "Das ist natürlich viel zu wenig und da wollen wir gerne gegensteuern. Das ist nicht ganz einfach, also in Größenordnungen werden wir da nicht so schnell was verbessern können, aber wir wollen auf jeden Fall mehr Männer in die Kitas." AUT Die Idee: Männliche Erzieher entwickeln und bilden die Identität von Jungen und Mädchen mit einer anderen Art Autorität. Außerdem können Männer gerade bei den Jungen viel besser typische Interessen wecken, wie Begeisterung für Technik; oder sie testen mit ihnen körperliche Grenzen. Brandenburg setzt auf das Projekt 'Mehr Männer für Kitas' des Bundesbildungsministeriums, in dem Männer, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, zu Kindererziehern weitergebildet werden. E 02 (Rupprecht) "Wir haben ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass viele Kinder, auch gerade kleine Jungs aufwachsen in einem Umfeld, wo kaum Männer auftauchen: die allein erziehende Mutter, anschließend die Erzieherin in der Kita dann die Grundschullehrern, denn wir haben ja auch dort sehr wenig Männer in den Grundschulen also erst beim Übergang in die weiterführenden Schulen in Brandenburg mit Beginn der 7. Klasse tauchen dann mal Männer auf, die diesen Jungs was anzusagen haben." G 02 Kinder zählen, darauf Autor: AUT Die Quote. Mehr als die Hälfte aller Kinder unter 3 Jahren werden in Brandenburg täglich in Kitas betreut, mit 51% weit mehr als doppelt so viele wie im Bundesschnitt; nur Sachsen-Anhalt steht noch besser da. Nach dem Willen der Landesregierung soll die Betreuung für die unter Dreijährigen noch ausgebaut werden. Um auf den steigenden Fachkräftebedarf zu reagieren, soll die Maßnahme demnächst für Männer und Frauen angeboten werden. E 03 (Rupprecht) "Wir haben festgestellt, wenn wir uns nur auf Männer fokussieren, dann werden wir wahrscheinlich gar nicht die Kapazitäten ausfüllen können, so wie wir uns das vorstellen. Und wir haben natürlich mit der Verbesserung des Kita-Betreuungsschlüssels einen richtigen Bedarf, also zusätzlich Erzieherinnen einzustellen und da brauchen wir dann auch Frauen. Weil nur über Männer werden wir diese Lücken nicht füllen können. Also haben wir das Programm geöffnet..." AUT ... und da braucht das Kind wohl einen neuen Namen, auch oder gerade weil der geschlechtsspezifische Ansatz den Bach runter geht. Marie Luise von Halem, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag Brandenburg: E 04 (von Halem) "Das macht das ganze natürlich besonders albern. Man kann allerdings das Bild, was in einer Gesellschaft existiert, nicht per Verordnung ändern, sondern man muss sich überlegen, welche Schritte muss man gehen? Und das können juristische Schritte sein, das kann aber auch bessere Bezahlung sein, die dann letzten Endes dazu führen, dass sich solch ein Bild in der Gesellschaft ändert." AUT Die Kritik: In Brandenburg geht zwar in den nächsten Jahren viel Kita-Personal in Rente. Aber mehr qualifiziertes Personal geht nicht mit weniger Ansprüchen, sagen Gewerkschaft und Opposition. E 05 "Die Debatte über ein hohes Niveau in Kindertagesstätten, die wird natürlich vollkommen konterkariert wenn wir uns jetzt eine ''Ausbildung light' damit schaffen, die dazu führt, dass Männer und Frauen gleichermaßen quasi als Schmalspur-Erzieherinnen und Erzieher in die Kindertagesstätten kommen können - da geht es nämlich nicht nur darum nur Kinder zu wickeln und ein bisschen "Eititeiti" zu machen, sondern es geht um ein qualifiziertes Niveau - und ich will da nicht drunter." G 03 Kinder zählen -ENDE Flemming- MOD Die Brandenburger Politik streitet über ein Programm, das arbeitslose Männer zu Erziehern umschult - Axel Flemming berichtete. Doch das ist nur ein Weg, um als Mann in einer der Brandenburger Kitas zu arbeiten, die Ausbildungswege sind vielfältig: Neben der klassischen Ausbildung ist der Bereich frühkindliche Bildung inzwischen auch Studienfach. Das Land Brandenburg ist dadurch eine Art Experimentierfeld in Sachen "Mehr Männer in Kitas" geworden. Timo Grampes und Maximilian Kuball haben zwei junge Männer mit unterschiedlichster Ausbildung getroffen. LR-l Kann Mann das? /Kuball + Grampes - 14'19" G 01 Kindergeschrei ... REGIE Geräusch kurz frei & weg E 01 (Klemcke) Ich wollte Erzieher werden, von Anfang an. Das war meine Motivation. Und natürlich mein großer Wunsch, Kinder zu verstehen: Warum sind sie so, wie sie sind, warum tun sie manche Dinge. Und ich glaube, dass ich innerhalb von den zwei Jahren diesem Ziel ein ganzes Stück nähergekommen bin. SPR 1 Nico Klemcke aus Cottbus, 29. E 02 (Kühne) Das ist eine Gefühlsentscheidung, das ist keine bewusste Entscheidung gewesen. Ich gehe gern jeden Tag zur Arbeit. Ich weiß: Ich habe heute wieder ein Stück weit geholfen, den Kindern beizubringen, sich selbst zu schätzen. Sich selbst zu orientieren und einfach das Selbst zu entwickeln. SPR 2 Kevin Kühne aus Potsdam, 24. Zwei Männer, ein Beruf. Erzieher in Brandenburger Kindertagesstätten. Tag für Tag. G 02 Atmo-Klangteppich für kommende drei Atmo-O-Töne. REGIE Geräusch kurz frei & durchgängig unter SPR 2 Sie schlichten Streit... E 02 (Kind) Der hat mich geschubst! SPR 2 ... machen das Schaf nach ... E 03 (Klemcke) Määääääh! SPR 2 ... singen und hüpfen mit den Kindern ... E 04 (Kinder) Wir wollen uns begrüßen und das macht froh. Wir wollen uns begrüßen und das geht so... SPR 1 Nico Klemcke macht vor und mit - der 29jährige mit der Glatze und dem Ring im Ohr, der vor allem eines ausstrahlt: Sanftheit, Vertrauen. Ein zierlicher Junge kuschelt sich an ihn, sucht Geborgenheit beim früheren Handwerker. Jeder Erzieher hat seine Vergangenheit. REGIE Atmo ausblenden SPR 1 Die Gegenwart führt Klemcke seit einigen Monaten in die Kindertagesstätte "Reggiohaus Emilia" in Cottbus. Im Flur hängen drei Uhren: Eine Vogeluhr lässt Pirol, Schopfmeise und Co. trällern, die zweite Uhr zeigt die Cottbuser Zeit an. Die dritte Uhr die New Yorker - im karg ausgestatteten Kita- Gebäude, das von Plattenbauten umzingelt ist. SPR 2 Potsdam tickt anders. Die Kita "Sternkinder" scheint aus einem Haufen bunter, wild durcheinander gestapelter Bauklötze errichtet worden zu sein. Ein Neubau aus Holz und Glas, die Arbeitsstelle von Kevin Kühne. Der 24jährige hat seine schwarzen Haare zu einer Tolle gegelt. Von jedem Kind kennt er den Namen, für jedes hat er ein freundliches Wort. Den Rest hat er an der Fachhochschule Potsdam gelernt. E 05 (Kühne) Der Unterschied zwischen Studium und Ausbildung liegt vielleicht in der Wissenschaftlichkeit. ... Dass man mehr reflektiert. Dass man gelernt hat, wissenschaftlicher zu arbeiten. SPR 2 Im vergangenen Frühjahr hat Kühne den Studiengang BABEK abgeschlossen. Das steht für den "Bachelor of Arts: Bildung und Erziehung in der Kindheit". In sechs Semestern und 19 Modulen, also Lernblöcken. "Rechtliche Grundlagen", "Spiel und Ästhetische Praxis" und "Fachenglisch" gehörten dazu. Und die praktische Umsetzung. E 06 (Kühne) Das ist ein Fachidiot, der hat doch alles nur aus Büchern - so ist es letztendlich nicht. SPR 2 Sagt er. Ob das Vorurteil damit aus der Welt ist? Mindestens 20 Wochen Praxiseinsätze, in Kinderhorten oder Kitas - das müsste doch eigentlich reichen. Der vermeintliche Theoretiker, ist er auch in der Praxis zu gebrauchen? SPR 1 Bei Nico Klemcke stellt sich die Vorurteils-Frage eher anders herum: Weiß der eigentlich, was er da tut? Nach langer Arbeitslosigkeit hat sich der gelernte Industriemechaniker zum Erzieher umschulen lassen. Der offizielle Titel der Maßnahme: "Tätigkeitsbegleitende Qualifizierung zum Erzieher für den Bereich der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg" ist nicht unbedingt dazu geeignet, Vorurteile auszuräumen. Also muß auch Klemcke mit selbigen leben: E 07 (Klemcke) Es wird ganz klar in den Medien verbreitet die Meinung, dass man da asoziale Bauarbeiter genommen hat von der Straße, die nichts Besseres zu tun hatten. Und dann nehmen wir die mal schnell und tun die zum Erzieher umschulen und lassen die auf unsere Kinder los. Das ist die message die so rüber kommt. SPR 1 Das befürchtet auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft. Sie meint: Die in Brandenburg ausgebildeten Männer bringen nicht die Bildungsvoraussetzungen mit, um Kindern einen guten Start in die - Zitat - "Bildungskarriere" zu ermöglichen. Gezielt unter Handwerksgesellen nach neuen Erziehern zu suchen - das ist der falsche programmatische Ansatz, so die GEW auf ihrer Website. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, CDU, zeigt sich empört. E 08 (Schröder) Man darf nicht ein Bild über Arbeitslose verbreiten, als seien Arbeitslose grundsätzlich nicht in der Lage zu solch einem Beruf und hätten dafür nicht die Befähigung. Das wäre ein sehr mieses Bild über Arbeitslose. SPR 1 In 1.200 Theorie- und 2.100 Praxisstunden hat sich Nico Klemcke auf seinen neuen Beruf vorbereitet: Erzieher. Zwei Wochen Kita wechseln sich mit einer Woche im Seminar ab. Normalerweise verbringen Auszubildende bis zu fünf Jahre an der Fachschule. Klemcke und seine Kollegen bekamen nach zwei Jahren ihre Zertifikate als staatlich anerkannte Erzieher. Ist es also eine "Ausbildung light"? Nein, meint Wolfgang Tietze, Professor im Bereich Kleinkindpädagogik an der FU Berlin. Er hat die Brandenburger Maßnahme beobachtet und ausgewertet, kurz nachdem sie 2005 gestartet ist. E 09 (Tietze) Und wir finden, dass es keine Rückstände gibt bei diesen männlichen Erziehern gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen und das im Gegenteil in ganz bestimmten Bereichen - zu denen beispielsweise der Wissenschaftsbereich gehört, experimentieren, aber auch teilweise Motorik - sogar höhere Werte haben, als das üblicherweise bei den Frauen der Fall ist. SPR 1 Allerdings basieren diese Erkenntnisse bisher auf einer kleinen Stichprobe. Und: E 10 (Tietze) Ich sehe eine Schwäche unter anderem darin, dass wir fanden, dass praktisch nur die Hälfte derjenigen, die diesen Kurs begonnen haben, am Ende dann auch in dem Berufsfeld sicher gelandet sind. SPR 1 Nico Klemcke ist gelandet. Obwohl ihn die Ausbildung ziemlich gefordert hat. "Selbstreflexion des erzieherischen Handelns" hört sich anders an als Bauteile justieren. Er gehört zu einer wachsenden Gruppe in Brandenburg: Bei den Berufsanfängern zwischen 26 und 30 Jahren liegt der Männeranteil inzwischen bei 6,8 Prozent - weit über dem Brandenburger Durchschnitt von 1,6 Prozent: Es verändert sich etwas. SPR 2 Auch Kevin Kühne hatte kein Problem, fand gleich nach der Bachelor-Arbeit eine Anstellung. Mit seinem Potsdamer FH-Abschluss - der einzigen akademischen Ausbildung in Brandenburg - ist er bisher ein seltener Fall; auch wenn inzwischen über 50 deutsche Hochschulen einen solchen Studiengang anbieten. Die fachliche Qualifikation ist aber nur das eine: E 11 (Kühne) Wenn ich nicht persönlich geeignet bin, dann kann ich zehn Jahre studieren. Und werde es nicht hinkriegen, weil ich keine Autorität habe, nichts ausstrahle, überhaupt keine Nerven habe oder so. SPR 1 Starke Nerven müssen diejenigen mitbringen, die sich über das Berliner Institut für Frühpädagogik umschulen lassen. Da ist Frustrationstoleranz gefordert. Nico Klemcke ist da ein Experte - nach fünfeinhalb Jahren Arbeitslosigkeit, nach Fachoberschulreife, Industriemechaniker-Ausbildung bei der Bahn und Wehrdienst. Seinem 21. Geburtstag folgten lange nur Neben- und 1-Euro-Jobs. Die ehrenamtliche Mitarbeit in "Dumbos Kinderparadies" bringt erstmals den beruflichen Kontakt zu Kindern. Und seit langer Zeit mal wieder Lob - nicht nur von seinen Kolleginnen. E 12 (Klemcke) Man merkt einfach, wenn man früh in den Raum reinkommt, ein herrliches Gefühl, wenn da die Traube um mich rumsteht, mich umarmt und meinen Namen ruft: Dann weiß ich, ich muss irgendwas richtig gemacht haben. SPR 1 2008, Klemcke ist 27 Jahre alt, bietet ihm das Arbeitsamt an, sich zum Erzieher umschulen zu lassen. Er überlegt kurz, nimmt das Angebot an und besteht das Auswahlverfahren. SPR 2 Bei Kevin Kühne folgt dem abgebrochenen Wehrdienst der Zivildienst in einer integrativen Kindertagesstätte. Etwa die Hälfte der Kinder ist behindert. Es gefällt ihm, für die Kinder verantwortlich zu sein. Wie für das Mädchen, welches stark spastisch ist und die Hände eigentlich nicht bewegen kann. E 13 (Kühne) An einer Stelle, das habe ich so wahrgenommen - vielleicht war es auch Wunschdenken - hat sie diesen Stein selbständig bewegt und mich angelächelt dabei. Das war so das Schlüsselereignis. Auch um zu vergleichen: Was habe ich bei der Bundeswehr gemacht? - Drei Monate mit Platzpatronen in die Büsche schießen etc. Und welche sinnvolle Tätigkeit habe ich im Zivildienst gemacht? SPR 2 So viele, dass er nun täglich mit Kindern arbeiten wollte. Obwohl er mit seinem Studienabschluss auch andere Möglichkeiten hätte. E 14 (Kühne) Ich könnte als Sozialpädagoge auch im Jugendamt am Schreibtisch arbeiten und würde vielleicht mehr verdienen. Aber ich mag das Hin- und Hergerenne, das manchmal Hektische, manchmal aber auch ganz Ruhige. Es ist einfach jeden Tag was Neues! G 03 Atmo einblenden REGIE Geräusch kurz frei & ausspielen SPR 1 Nico Klemcke bräuchte jetzt mindestens 40 Augen und Arme. 20 Kinder zwischen drei und sechs Jahren tollen im Schnee. Einige bauen eine Eisdiele - es gibt Schoko-Eis aus Schneematsch. Bei anderen geht es auf dem Hof etwas konfliktreicher zu, es fließt auch manche Träne. Der Erzieher Klemcke muss entscheiden, wem er sich zuerst zuwendet und wirkt dabei etwas überfordert - wie viele Eltern auch. Noch mehr belastet ihn allerdings etwas anderes: Sein Bildungsauftrag. E 15 (Klemcke) Wir hier im Kindergarten, wir legen ja den Grundstein für die Persönlichkeit, für die Entwicklung des Kindes. Wenn man sich dem bewusst wird, dann wird dann erstmal klar, welcher Druck, welche Verantwortung auf unseren Schultern lastet vom Prinzip her. Damit hab ich eher zu tun, damit umzugehen, dem gerecht zu werden. REGIE Atmo ausblenden SPR 1 Ihm fällt es noch etwas schwer, sich abzugrenzen. Nach Dienstende ist er oft mit seinen Gedanken noch bei der Arbeit. Was war falsch im Umgang mit den Kindern? Welche Aufgaben sind liegengeblieben? SPR 2 Auch Kevin Kühne denkt oft darüber nach, ob er seinen eigenen Ansprüchen genügt. E 16 (Kühne) Was ich von einem Kind will, muss ich natürlich auch selber umsetzen. Wenn wir nicht bitte und danke sagen, können wir es von den Kindern nicht verlangen. Auch Empathiefähigkeit: Wie ist das jetzt eigentlich für das Kind? G 04 Trenner-Atmo: (Kita Maschine bauen] E 17 (Kühne) Hey, ihr baut ja ne Maschine! SPR 2 Zwei Zahnräder auf einem hölzernen Steckbrett. Johanna dreht am Schwungrad, ein hölzerner Zapfen springt von Zahn zu Zahn. G 04 Atmo: (Kita Maschine bauen) E 18 (Kühne) Jetzt funktioniert's! Siehste, das hab ich gedacht. So muss es doch funktionieren! REGIE Atmo ausblenden SPR 2 Ein Erfolg für die kleine Ingenieurin - dem Maschinen-Baukasten sei Dank. Kevin Kühne hat ihn vor kurzem angeschafft; es bringt ihm Spaß, zusammen mit den Kindern nach technischen Lösungen zu suchen. Typisch Mann eben. E 19 (Kühne) Ich versuche hier, meine Sonderrolle für die Kinder so interessant zu machen und da versuche ich natürlich, eher die männlichen Angebote zu unterstützen. SPR 2 Die dankend angenommen werden - auch von den Kolleginnen. Sie bitten um Hilfe, wenn es etwa darum geht, einen Papierstern aufzuhängen. Und wenn das Bobby-Car ein Rad verloren hat, repariert es Kühne zusammen mit den Kindern. SPR 1 Die manchmal Einwände haben. So wie ein Junge, dem draußen die Nase läuft. Nico Klemcke zieht ein rosa Hello-Kitty-Taschentuch aus seinem Mantel. E 20 (Kind/ Klemcke) Das will ich nicht! Die sind bloß für Mädchen! Weil du bist ein Mädchen und meine Schwester ist ein Mädchen und du bist auch ein Mädchen! - Ich bin ein Mädchen, woran siehst' n das? Weil du keine Haare hast! SPR 1 Klemcke nimmt's gelassen. SPR 2 Ein guter Weg, mit Vorurteilen umzugehen, findet auch der Potsdamer Kevin Kühne. Er erinnert sich an eine unfreundliche Begegnung: E 21 (Kühne) Ich hab's während Praktika erlebt, dass ein Vater zu mir kam, sein Kind abgeholt hat und zu mir meinte, warum ich keiner richtigen Arbeit nachgehe - einer Arbeit für Männer. Und dass es nur zwei Gründe geben kann, dass ich dort arbeite, nämlich: Dass ich mich einerseits zu sehr für Männer interessiere. Oder andererseits zu sehr für Kinder interessiere. Das ist so `ne Neandertaler-Vorstellung, die fehl am Platz war. Da brauch man gross nicht mehr darauf eingehen. SPR 2 Trotzdem nimmt er das Thema ernst: Denn besonders seit den Missbrauchs-Enthüllungen in weltlichen wie kirchlichen Einrichtungen stehen männliche Erzieher unter einem ständigen, unausgesprochenen Verdacht. In seiner Ausbildung hat Kühne beschäftigt: Wie sieht es aus, wenn ich ein Kind auf dem Schoß habe? Heute macht er sich keine Gedanken mehr darüber. Er meint: Um Kontakt zu den Kindern zu haben, darf er sich nicht distanzieren. G 05 Ggf. Atmo/ Trenner SPR 1 Bisher sind Nico Klemcke und Kevin Kühne zwei von etwa 200 männlichen Erziehern in ganz Brandenburg. Die Karriere-Chancen für männliche Erzieher sind außergewöhnlich gut. Erst recht, seit die ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen ab 2013 jedem Kind über drei Jahren einen Kita-Platz garantiert hat. Der Ausbau der Betreuung - auch für die unter 3-jährigen Kinder - ist in vollem Gange, viele neue Stellen entstehen. Doch von der Leyens Nachfolgerin Kristina Schröder schränkt ein: E 22 (Schröder) Wir werden niemals, durch kein Programm der Welt, eine Situation erreichen, durch die wir 50 % männliche Erzieher haben. Aber ich denke, es wäre schon unglaublich viel erreicht, wenn man erreichen könnte, dass in jeder Kita zumindest ein Mann ist. Und das ist mit Sicherheit ein realistisches Ziel. E 23 (Tietze) Wenn man Männer in einem Beruf haben will, dann muss es auch eine entsprechende Entlohnung geben. Und hier ist das Lohnniveau nach wie vor zu gering. SPR 2 Warnt der Erziehungswissenschaftler Wolfgang Tietze von der Freien Universität Berlin. Derzeit liegt das Mindestgehalt für Erzieher in Brandenburg bei 2130 Euro im Monat. Kevin Kühne, der bald Vater wird, rechnet durch: E 24 (Kühne) Meine Freundin ist zu Hause. Wir haben dann zwei Kinder. Ich bin dann Alleinverdiener. Und dann, wenn ich's mir aussuchen kann, suche ich mir bei der Berufswahl natürlich eher einen Job aus, mit dem ich die Familie gut oder besser ernähren kann. SPR 2 Auch deshalb denkt Kühne weiter und daran, eine Kita zu leiten. SPR 1 Für Nico Klemcke wäre das nichts. Wo sich der 29-jährige in zehn Jahren sieht? Vielleicht in Afrika oder Amerika, vielleicht aber auch immer noch in Cottbus. Heute ist er zufrieden mit dem, was er hat. E 25 (Klemcke) Ich hab diese Ausbildung, um die ich hart gekämpft habe, geschafft, bin jetzt Erzieher und bin in Arbeit. Was will ich mehr? -ENDE Beitrag Kuball/Grampes- MOD Kann Mann das? Männer als Erzieher in Kindergärten und Umschulungsprogramme in Brandenburg. Timo Grampes und Maximilian Kuball sowie Axel Flemming fassten den Stand der Dinge zusammen. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Sendung Länderreport- 5