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Atmo Treppe hoch zur Auktion Autorin: Die Fakultät für Angewandte Kunst Schneeberg hat zur Design- auktion geladen. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Dabei kann die Designausbildungsstätte auf eine lange Tradition zurückschauen. So scheint auch ein Barockschloss der angemessene Ort für die Auktion der Jungdesigner zu sein. Auf einem Bergsporn nicht weit von Chemnitz liegt das imposante Schloss Lichtenwalde. Einst residierte hier die ranghöchste sächsische Adelsfamilie. Bis 1945 waren die Grafen Vitzthum von Eckstädt auf Lichtenwalde ansässig. Geplündert, zerstört, zerfiel das Gebäude mit seinem prunkvollen Barockgarten. Vor vier Jahren ließ es die sächsische Regierung sanieren und heute erstrahlt Schloss Lichtenwalde wieder in seinem alten Glanz. Atmo Martin, bitte mal runter gehen ins Büro im Blechschrank ist Laut- sprecherkabel. Bitte mal hochbringen zusammen mit ner Schere und das Laut- sprecherkabel hier andoggen, das ist zu kurz... Autorin: Jochen Voigt kniet vor der Musikanlage und gibt letzte Anweisungen. In einer Stunde sollen die ersten Gäste kommen. Der Professor für Holzgestaltung steht auf und geht zu den kleinen Tischen, auf denen die Designobjekte stehen. Eine hauchdünn gedrechselte Holzschale aus Kiefer, ein schwingender Papierkorb, geklöppelte Ahornblätter aus Metalldraht. Auf einer Stange hängt ein dreiteiliger Kimono aus chanchierendem Taft. Alles sind Unikate, sagt Jochen Voigt und schaut ein bisschen stolz auf die Werke seiner Schützlinge. Vor vielen Jahren hat auch er in Schneeberg studiert, heute doziert er an der Fakultät für Angewandten Kunst. O-Ton Jochen Voigt: Gegründet wurde die Designausbildungsstätte Schneeberg eigentlich 1878. Das war die Königliche Klöppelschule in Sachsen. Und man hat die Schule gegründet aus der Erkenntnis heraus, dass die Gestalterinnen von Klöppelspitzen im 19. Jahr- hundert weit hinter der internationalen Konkurrenz zurück hingen. Autorin: Geklöppelt wird noch immer in Schneeberg. Wer sich für das Fach Textildesign immatrikuliert, muss im ersten Semester Klöppeln lernen. Die meisten Studierenden haben in diesem Fach keine Erfahrung, sagt der Hochschulprofessor. Allerdings klöppeln die Designanwärter heute nicht nur mit Leinengarn, sondern mit Metallfäden. Das Klöppeln mit Metall ist eine unserer Domänen, sagt Voigt. Erbpflege nennt er diesen Trend. O-Ton Jochen Voigt: Es ist unsere Meinung, dass in diesen traditionellen Techniken unglaublich viel kreatives Potential stecken kann. Und das be- weisen auch die Ergebnisse. Das heißt, dass eine solide Aus- bildung in einer historischen Technologie unglaublich viel Zünd- stoff birgt für neue Kreationen. Autorin: Schneeberg ist eine kleine Fakultät, die zur Westsächsischen Hoch- schule Zwickau gehört. Etwa 150 Studierende lernen dort, wie man Mode kreiert, Musikinstrumente baut oder Sitzmöbel entwirft. Was im Erzgebirge entsteht, ist schon mit vielen Designpreisen aus- gezeichnet worden. Jochen Voigt, der mit der Einrichtung des Schlosses und die Gestaltung des Schlossmuseums beauftragt wurde, kam auf die Idee, hier in einer Art Hochschul-Galerie die besten Schneeberger Objekte auszustellen. Seit ein paar Monaten können Besucher die beeindruckenden Arbeiten der Design- absolventen auf 500 Quadratmetern sehen. Studieren heißt in Schneeberg vor allem praktisches Arbeiten in den Werkstätten. Viele Entwürfe entstehen als eine Art Testobjekt für Praxispartner in der In- dustrie. O-Ton Jochen Voigt: Ein Studium am Computer, wie es weit verbreitet ist in der Welt heute schon, das finden sie bei uns nicht. Jeder Student hat sei- nen Computer, da sind wir auch stolz drauf und den kann er zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen. Aber das Studium findet vor- rangig doch in den Werkstätten statt und sie werden keinen Studenten finden, der am Computer was entwirft, von dem er gar nicht weiß, wie er das in die Praxis umsetzen müsste. Autorin: Vom ersten Entwurf über die perfekte Zeichnung bis hin zur richtigen Umsetzung lautet der Leitsatz der Hochschule. Die Ausbildung ist aber keine handwerkliche Ausbildung im klassischen Sinne. Wer hier- hin kommt, sollte schon einen handwerklichen Beruf haben. In Schneeberg studieren gelernte Drechsler, Spielzeugmacher, Zimmer- leute, Tischler, Schneider. O-Ton Jochen Voigt: Also der Idealfall ist natürlich künstlerische Kreativität, gepaart mit handwerklicher Ausbildung. Das ist der Idealfall. Und da gu- cken wir sehr genau, ob wir diese Leute finden können. Autorin: Wer in Schneeberg studiert, muss allerdings die Abgeschiedenheit mögen. Die 16.000 Einwohner große Stadt liegt idyllisch an der Sil- berstraße im Westerzgebirge. Bekannt wurde die Bergstadt durch ihr Erz. Bürgerliche Barockgebäude im Stadtkern zeugen von dem eins- tigen Reichtum der Stadt. Die 150 Studierenden aus den Fach- bereichen Gestaltung und Musikinstrumentenbau leben und arbeiten auf einem Mini-Campus. Ablenkung vom Studium bietet Schneeberg nicht wirklich. Cafés und Kneipen sind rar gesät. Trotzdem hat sich Anna-Sophie Günther nicht für ein Studium in Hamburg oder Düssel- dorf entschieden. Die 20-jährige studiert Modedesign. O-Ton Anna-Sophie Günther Weil´s so familiär ist, das ist irgendwie was Schönes. Man wird nicht fallengelassen, überhaupt nicht. Wir kochen zusammen, weil wir keine Mensa haben, weil wir zu wenige sind. Man sitzt abends zusammen, weil, es ist auch eine kleine Stadt, das ist nicht anonym alles. Man muss nicht irgendwie abends allein in seinem Zimmer hocken und sagen, gehe ich heute in die Disko oder nicht, es gibt keine Disko, O.K. Also hockt man sich zu- sammen und redet wirklich und das bringt wirklich viel viel wei- ter. Atmo Halle Glockenspiel Autorin: Neben Schneeberg ist die Burg Giebichenstein in Halle an der Saale die bekannteste Design-Ausbildungsstätte in der DDR gewesen. Seit kurzem hat die Kunst- und Designschule einen neuen Namen: Kunst- hochschule. Das sei eine Statusfrage, erklärt Rektor Axel Müller- Schöll. Mit dem neuen Namen soll der Bildungsauftrag sofort erkenn- bar sein. In Halle will man auf den ersten Blick verdeutlichen, dass man weder Fachhochschule noch Berufsakademie ist, sondern eben Kunsthochschule. Dem Design widmen wir uns aber nach wie vor mit derselben Intensität, betont Müller-Schöll. Der gebürtige Stuttgarter studierte Innenarchitekt und doziert seit sechzehn Jahren an der Burg, seit drei Monaten ist er ihr neuer Rektor und residiert in einer schicken Villa auf dem Designcampus. Ein in sich geschlossenes Bio- top der Ideen. Ein Ort mit hervorragendem Ruf, entsprechend sorg- fältig pflegen die Dozenten hier Tradition und Anspruch. Rektor Axel Müller-Schöll: O-Ton Axel Müller-Schöll: Wir glauben nicht, dass man das, was wir hier machen, erlernen kann. Das Wesentliche bringt einer schon mit. Das ist die Lei- denschaft, die Begabung. Und wir versuchen in der Zeit, wo die Studenten bei uns sind, sie in ihrer Künstlerpersönlichkeit oder Gestalterpersönlichkeit weiter zu entwickeln. Ihnen bestimmte Wege aufzuzeichnen, natürlich auch Handfertigkeiten zu trainie- ren. Aber wir sagen eben ganz bewusst, wir bilden eben nicht aus, sondern wir versuchen, Bildung auf dem gestalterischen, künstlerischen Bereich zu vermitteln. Autorin: Das Wesentliche ist, eine Idee zu haben. Design sollen die Studie- renden nicht nach, sondern vor machen. Technische Lösungen sind darum Nebensache. Es geht um Zeichen setzen, die Zeit prägen, Zeitgeist sein. Die Zusammenhänge zwischen dem Produkt, dem Nutzer, der Umwelt und der Gesellschaft stehen in allen fünf Studien- gängen darum im Vordergrund. O-Ton Axel Müller-Schöll: Also ich glaube, dass nach der Doktrin der Nützlichkeit, was ganz stark in den 60er Jahren im Vordergrund stand, es eben heute der überragende Aspekt der der Angemessenheit ist. Das muss, wenn sie es aus dem ökologischen Bereich nehmen, mit der Verträglichkeit mit der Umwelt harmonieren. Angemessen- heit, das ist die Richtschnur und was wiederum jeder für an- gemessen hält, das ist eben eine offene Frage, die der Zu- spitzung bedarf. Und deswegen gibt es unterschiedliche Formen für ein und dasselbe Ding. Autorin: Zum Fachbereich gehören Industriedesign, Kommunikationsdesign, Modedesign, Innenarchitektur und Multimedia. In Giebichenstein legt man Wert auf das Klassenprinzip. So können die Studierenden schneller ihre Stärken und Schwächen herausfinden, sagt Müller- Schöll. Der Rektor hofft, dass dieser Druck nicht in stumpfer Konkurrenz endet, sondern stattdessen Kreativität hervorbringt. Die meisten Designer arbeiten heutzutage schließlich im Team. O-Ton Axel Müller-Schöll: Niemand kann alles. Gestalterische Prozesse sind Mannschafts- sportarten, keine Einzelkämpfersportarten, das muss man ein- fach wissen. Und je besser man sich selber kennt, seine eigenen Stärken und seine Schwächen, umso besser kann er damit um- gehen und versucht das eben mit anderen gemeinsam im Team auszugleichen. Atmo Treppen hoch steigen Autorin: Den Gedanken der Teamarbeit haben sie an der Burg Giebichenstein noch ein Stück weitergedacht. Im Mai wurde das Designhaus eröffnet. Mit dieser Institution verfolgt die Kunsthochschule gleich drei Ziele: Es soll ein Zentrum für Weiterbildung werden, eine wichtige Kommunikationsplattform für die Kreativwirtschaft und ihre Partner sein und jungen Künstlern den Start in die Selbstständigkeit er- leichtern. In Sachsen-Anhalt arbeiten über 12.000 Kreative, es gibt 2.600 kreative Unternehmen. Die Kreativwirtschaft gewinnt zu- nehmend an Bedeutung. Dem muss sich auch die Kunsthochschule stellen, sagt Prorektorin Karin Schmidt-Ruhland und fügt hinzu, das Designhaus sei bundesweit ein Novum. O-Ton Karin Schmidt-Ruhland Das geht so ein bisschen nach der Win-Win-Situation. Die Men- schen, die hier einziehen, haben günstige Konditionen, können die Werkstätten benutzen, gleichzeitig geben sie natürlich ihr Know-How an die Hochschule zurück. Das ist eigentlich ein ganz schönes System, wo wir sagen, wenn wir mal eure Hilfe brauchen, könnt ihr uns unterstützen, könnt ihr mal einen Lehr- auftrag übernehmen, wir haben hier ganz tolle Leute in diesem Haus. Autorin: Eine von ihnen ist Susan Krieger. In ihrer Diplomarbeit wollte sich die Textildesignerin nicht mit den klassischen Materialien beschäftigen. Stricken, weben, filzen kam für sie nicht in Frage. Metallisierte Textilien, die in Brennstoffzellen und Katalysatoren eingebaut werden, brachten sie schließlich auf die Idee: Metall auf Textil. Mit viel Raffi- nesse und Geschick entwickelte sie ein oxidatives Veredelungsver- fahren für unterschiedlichste Materialien, das sie sich patentieren ließ. O-Ton Susan Krieger: In den Werkstätten der Burg habe ich dann angefangen, zu experimentieren. Wie kann ich Metallbeschichtung selber her- stellen, bin dann im ganz klassischen Handsiebdruck fündig ge- worden, und habe dann richtig wie in einer kleinen Hexenküche experimentiert. Autorin: Seide, Papier oder Tapetenvlies werden mit einer Farbmasse aus Gold-, Eisen-, Bronze- oder Kupferpigmenten bestrichen. Dann folgt ein Mittel, das den Oxidationsprozess in Gang setzt. Danach beginnt sie mit dem Druck der Ornamente. Oberflächen von ungewöhnlich räumlicher Tiefe entstehen und setzen den Betrachter in Verzückung. Mit nur 28 Jahren gründete sie in Halle an der Saale die Manufaktur Lydia in St. Petersburg. Dort entwirft sie heute mit zwei Angestellten exklusive Tapeten, Taschen und Sitzmöbel. Ohne die hervorragenden Werkstätten der Burg und die intensive Betreuung durch meinen Pro- fessor wäre ich niemals so weit gekommen, sagt Susan Krieger. Die junge Designerin will bei ihren Konsumenten ein neues Produkt- bewusstsein schaffen. Man sollte die Dinge in Würde altern lassen. Reife Oberflächen haben auch ihren Charme. Sie möchte eine Ästhetik schaffen, die nachhaltig ist und über den Moment hinausgeht - ganz im Sinne der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. O-Ton Susan Krieger: Die Materialien werden immer technoider, damit sie keine Schrammen, keine Spuren zeigen, aber das ist unser täglich Leben, dass man eben Spuren hinterlässt und dass man auch selber an seinen Objekten Spuren hinterlässt. Atmo Musik im Hintergrund Autorin: Helene Steiner steht im thüringischen Weimar vor einer über- dimensional großen Zeitleiste. Sie beschäftigt sich mit dem Produkt- design aus den vergangen 100 Jahren. Auf der weißen Wand hat die 23-jährige Studentin zwei Rubriken gegenübergestellt. Links sind Produkte aus der Realität aufgemalt, rechts die Produkte aus Filmen. Mittels dieser Zeitleiste will die Designstudentin herausbekommen, ob der Film die Realität mehr beeinflusst hat oder andersherum. Das Bildtelefon gab es beispielsweise schon 1924 in einem Film zu sehen, erst Jahrzehnte später kann es sich auf dem Markt durchsetzen. Mit- tels dieser Analyse will Helene Steiner Produkt-Zukunftsforschung be- treiben. Am Ende ihres Semesters bekommt sie einen Schein für dieses Film- und Science-Fiktion-Projekt. Zu einem ersten Ergebnis ist die Designstudentin schon jetzt gekommen. O-Ton Helene Steiner: Ich merke, dass das Schwierigste eines Produktes immer der Weg war. Dass die Menschen das akzeptieren und deswegen hat es sich oft am Markt nicht durchgesetzt, erst 50, 60 Jahre später. Von dem her würde ich sagen, für richtige Innovation ist gerade keiner bereit. Autorin: Ihr Polyp sei darum auch keine echte Innovation, sagt die 23-jährige. Aber ein origineller Wäschekorb, den man sich an die Wand hängen kann. Die Halbkugel hat vorn eine Öffnung, in die man die dreckige Wäsche steckt. Ein voller Polyp gleich eine volle Waschladung. Wer mag, kann mehrere Polypen aneinander hängen, dann wirken sie wie ein Ornament an der Wand. Mit dieser Idee gewann Helene Steiner den Wiener Designpreis Der Blickfang und setze sich somit erfolg- reich gegen etablierte Künstler durch. Die Idee kam ihr während ihres Studiums in Weimar. Sie hat sich für das Fach Produktdesign an der Bauhaus-Uni entschieden, weil ... O-Ton Helene Steiner: es nicht schulisch ist, sondern sehr frei, das heißt, wenn man seinen Weg gefunden hat, sich austesten kann. Dass man nicht eine Meisterklasse hat, nicht unter einem Professor ist, sich jedes Jahr irgendwie neu entdecken kann und in andere Richtun- gen gehen kann und dadurch viel mehr erlebt, sieht und sich weiter entwickeln kann. Autorin: Die Fakultät Gestaltung wurde 1993 an der Bauhaus-Uni neu ge- gründet. Am Anfang mit 47 Studierenden, heute sind es über 600. Weimar bezieht seinen Ruf aus der Gründung des Bauhauses vor über 90 Jahren. Die Weimarer Zeiten seien sehr experimentell ge- wesen, erklärt Heiko Bartels, Professor für Produktdesign. Geprägt von Spannungen zwischen den Künsten, der Architektur und der Produktgestaltung. An den Seminaren können darum auch Studie- rende anderer Fakultäten teilnehmen. In Weimar setzt man auf den Gestaltungswillen der Jungdesigner. Und auf das Projektstudium. O-Ton Heiko Bartels: Ich nenne das immer das Rückrat unserer Ausbildung. Ein Pro- jekt ist ein Arbeitsprogramm, das in der Regel ein Semester lang ist. Der Kern eines Projektes ist natürlich ein zeitgemäßes Thema. Ein zeitgemäßes Thema hat immer auch eine ge- sellschaftliche, eine ökologische, eine soziale Relevanz. Das heißt, es gibt kein vorformuliertes Ergebnis, keine Ziellinie, die zu erreichen ist. Autorin: In Weimar dürfen die Studierenden die schon im ersten Semester entwerfen. Grundlehre und praktizierendes Projekt stehen in einem gleichwertigen Verhältnis. Wer Fachspezifisches sucht, der sollte lieber nicht nach Weimar kommen. Die Hochschule will nicht den Feh- ler begehen und die Wirklichkeit simulieren, erklärt Gestaltungs- professor Heiko Bartels. In Weimar sind die meisten Jungdesigner darum auch nicht so produktaffin wie an anderen Designschmieden, sondern eher prozessaffin. O-Ton Heiko Bartels: Dass der Umkehrschluss fast richtiger ist, nämlich, dass wir die Impulse liefern müssen aus denen die Industrie und die Wirt- schaft ihre Kompetenzen dann auch zieht. Autorin: Ein Problem bleibt: Der Unternehmermut ist in Jahrzehnten durch den Blick auf ständiges Wachstums vielfach erstickt. Die Wirtschaft braucht zwar dauernd neue, kreative Köpfe, aber bitte nicht zu eigenwillige. Entwürfe sollen neu sein, aber nur ein bisschen und eher weniger innovativ. Damit sich das in Zukunft ändert, hat man in Wei- mar das Bauhaus-Transferzentrum-Design gegründet. Untergebracht ist es im Neufert-Haus. Ernst Neufert ist der Urvater der Bauentwurfs- lehre. Geschäftsführer Gregor Sauer beschreibt das Zentrum als Kon- zeptdienstleister für die Kreativwirtschaft. Um echte Innovation voran- zutreiben soll das Transferzentrum als Scharnier zwischen Kunst, Wissenschaft und Unternehmertum fungieren. O-Ton Gregor Sauer: Das ist so die Kunst, zu moderiere, wie kriegt man den wirklich hochbegabten Wissenschaftler, der eigentlich nicht in der Lage ist, gewisse Dinge normal zu formulieren, jetzt mit einem Wirt- schaftsunternehmen, das Gusseisenteile herstellt, zusammen. Dass die vielleicht gemeinsam mit guten Argumenten auch wieder ein Produkt weiterbringen. Da ist ein Defizit und dieses Defizit füllen wir hoffentlich in vielen Stellen auf. Atmo Hintergrund mit Gesprächen, möchten sie vielleicht ein Prosecco oder Rotwein? Autorin: Zurück zur Kunstauktion in Schneeberg. 60 Gäste sind inzwischen gekommen, begutachten die Objekte der Jungdesigner. Barbara Schindler aus Chemnitz steht vor einer Vitrine, in der ein kunstvoll handgefärbten und handgewebter Schal aus Wolle liegt. Der Ein- stiegspreis der Versteigerung liegt bei 50 Euro. Vielleicht ersteigere ich mir den Schal, sagt sie und schaut sich weiter um. Die Design- ausbildungsstätte in Schneeberg kennt sie seit langem. Früher wollte die Chemnitzerin Modedesignerin werden, studierte dann aber Archi- tektur. O-Ton Barbara Schindler: Ich bin Architektin und da ist man ja für Design sowieso offen und schaut sich das gerne an und möchte auch mal sehen, wie geht´s denn weiter, wo geht´s denn mal hin, was machen die jungen Leute heute. Aber so sehr grundlegend anders ist es auch nicht als damals bei uns. Atmo Guten Abend meine Damen und Herren, herzlich Willkommen zu unserer ersten Designauktion. Autorin: Jochen Voigt eröffnet die Auktion und erklärt den Besuchern das Pro- zedere. International, auf Messen und Ausstellungen sind die Arbeiten der Schneeberger bekannt und begehrt. Der Professor hofft, dass mit Hilfe der Hochschulgalerie und der Kunstauktion auch die Menschen aus der Region sehen, welches Potential in den Ab- solventen steckt. Voigt hält ein Rankenblatt in die Höhe. O-Ton Jochen Voigt: Es sind also geklöppelte Blätter, sehr schön, sie sind in Alt- kupferfarbe geklöppelt und eins in Goldfarbe. Autorin: Ein sicherlich schönes Beispiel für künstlerische Kreativität, gepaart mit handwerklicher Ausbildung. Nur für einen klitzekleinen Moment fragt sich der Betrachter, was er damit zuhause eigentlich anfangen soll. O-Ton Jochen Voigt: Haben wir ein Gebot? Wer bietet mehr als 25 Euro? Gibt es noch einen Interessenten? Wir sind dann bei 30 Euro, ist das ihr letzter Wille? Lachen ... Oder möchte jemand noch mehr bieten? 35 Euro zum Ersten, 35 Euro zum Zweiten, und 35 Euro zum Dritten. Hammer klopft auf den Tisch ... Herzlichen Glückwunsch ... Klatschen 1