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It?s a wonderful mountain, even from this distance. It?s a wonderful mountain. And everything is different, and every day, when it rains, you can see the waterfalls on the rivers. You see now, you can see with a light on it, if you look up there you can see where the heather is, you see the brown, that?s the heather, and you can see where the scree is, where it goes deep brown. You see near the peak? That?s all the scree. And over here, this side, you can see an old Scottish cottage, in actual fact it is a rock. But because the sun shines on it, it is an old cottage with a little roof on it. But today it?s too dark that side. The sun is this side. SPRECHERIN Der Berg ruft dich immer zurück. Ohne den Berg könnte ich nicht leben. Jeden Tag schau ich ihn an. Gleich morgens, wenn ich aufstehe, ziehe ich die Vorhänge zurück und schaue auf den Berg, um zu sehen, was er mir heute sagt. Und dann weiß ich, ob es regnen wird oder nicht, wie der Schnee ist, usw. Jeden Tag sieht er anders aus. Und schau, jetzt verschwindet die Wolke, gleich kannst du ihn ganz sehen. Ein wunderschöner Berg, selbst aus der Entfernung. Und wenn es oben regnet, kannst du die Wasserfälle sehen. Und schau, wo jetzt das Sonnenlicht drauf fällt, das ist die Heide, und ganz oben, beim Gipfel, wo es dunkelbraun wird, das ist alles Geröll. Und hier, an der Seite, siehst du ein altes schottisches Bauernhaus. Es ist nur ein Felsen, aber weil die Sonne drauf scheint, sieht es aus wie ein altes Bauernhaus mit einem kleinen Dach drauf. Aber heute ist es auf dieser Seite zu dunkel. ERZÄHLER Es gibt auch Schnee, sage ich zu Hazel Holmes, der weißen Farmerin. HAZEL Lovely snow! And that means we should have lots of water. But we haven?t got lots of water. And sadly the water is being taken off. It?s being stolen up her, for irrigation. It?s going for irrigation. SPRECHERIN Wunderbaren Schnee! Und eigentlich müssten wir deshalb viel Wasser haben. Aber wir haben kaum Wasser. Es wird weiter oben abgezweigt, gestohlen. Zur Bewässerung. ATMO Tee pflücken ERZÄHLER Dem Lärm und Staub Nairobis bin ich entkommen. Keine zwei Stunden dauerte es mit einem der gelb-weißen Minibusse bis zum Fuß des Mount Kenya. Hier ist das Siedlungsgebiet der Kikuyu, der größten Volksgruppe Kenias. Einmal bin ich umgestiegen und dann auf staubigen Pisten weiter hinauf, so weit, wie man mit dem Minibus kommt, bis dahin, wo der Wald beginnt. Das Dorf heißt Kimunye und liegt etwa 1800 Meter hoch an der Südflanke des Berges. Wie viele andere Orte in der Gegend lebt Kimunye vom Tee. LABAN I am plugging tea, two leaves and a bud. That is the quality which is needed. Two leaves and a bud. This is the one which make the quality of tea. Which may be exported to Germany, to the other countries of the world. That?s why you hear Kenya makes the best grade, because most of farmers they know how to plug the best quality. Because most of the countries, some of them you?ll see them plugging like this, like this. Now this one cannot make the best quality, because they are so hard, they are not soft like this one. SPRECHER 2 Ich pflücke Tee. Immer zwei Blätter und eine Knospe. Das ist die Qualität, die hier verlangt wird und dann nach Deutschland oder in andere Länder exportiert wird. Zwei Blätter und eine Knospe. Kenia ist bekannt für erstklassigen Tee. In vielen anderen Ländern wird so gepflückt? (Klang hartes Rupfen) Aber dann hast du keine erste Qualität, die Blätter sind zu hart, nicht zart wie diese hier. ERZÄHLER Bis 1958 gab es hier nur Wald. Das nächste Dorf lag ein Stück weiter unten am Berg, erzählt Laban, mit dem ich zufällig ins Gespräch komme. Doch dann wurde der Wald gerodet, das Land vermessen und an landlose Bauern verteilt. Die neuen Siedler begannen, Tee für einen britischen Teefabrikanten anzupflanzen. LABAN Eh, there is a European, known as George Williamson. That factory known as Kangaita, it was known as George Williamson Factory. (er spricht weiter Kikuyu) ERZÄHLER George Williamson ist längst verschwunden, verschwunden sind aber auch die Zeiten, als der Tee den Bauern ein Auskommen garantierte. Dabei sieht alles so ordentlich und gepflegt aus. Die Teebüsche, im gleichen Abstand zueinander gesetzt und akkurat auf Hüfthöhe gestutzt, bilden eine einzige weite, kräftig grüne Fläche. Doch Laban erklärt mir, dass das Grundstück, das auf den ersten Blick so weitläufig scheint, nur zu einem kleinen Teil ihm gehört. LABAN My father?s shamba was from here to the other part of the corner, all that way. But by that time they were not knowing about family planning. You know now, we are seven in number. Men. We divide 4.98 by seven, you see, it?s almost a half. Half an acre. Now my portion, my portion is from there, it comes all this way up to here. It's very narrow, you see? ERZÄHLER Das Land seines Vaters maß 100 mal 200 Meter, etwa zwei Hektar. Aber der Vater hatte sieben Söhne, und nach dem Erbrecht der Kikuyu wird das Land unter allen Söhnen aufgeteilt. So blieben für jeden gerade mal knapp 3000 Quadratmeter. Laban zeigt mir, wie schmal der Streifen ist, der ihm gehört. Das Erbrecht bringt es mit sich, dass nach spätestens zwei Generationen keiner mehr von seinem Stück Land leben kann. Als Beweis für die prekäre Lage holt Laban den Abrechnungszettel hervor, den jeder Bauer einmal im Monat von der Fabrik erhält. LABAN After going to the factory, this is the receipt they produce. You see, I had plugged 209 Kg, month of octobre. They are paying at 9 shs per? Just 9 shs per kg. When you multiply that one by 9, you get 1881. After getting 1881, you get the fertilizer pay. Because the fertilizer is ordered by the factory to the manufacturer. Then we were given at a credtit basis. Now they?ll cut one shilling per every kg to pay the fertilizer. Then after that you get, they cut the x, the the taxes at 1 %. Per every kg you pay 1 %. After all they have deducted, everything, I was left with 1653. SPRECHER 2 Wenn der Tee in der Fabrik ankommt, erhält man einen Beleg. Im Oktober zum Beispiel habe ich 209 Kilo abgeliefert. Sie zahlen neun Schilling pro Kilo, das sind etwa neun Cent. Multipliziert man 209 mit neun, kommt man auf 1881. Aber davon muss noch der Dünger bezahlt werden, den die Fabrik beim Hersteller kauft und uns auf Kredit gibt. Dafür wird ein Schilling pro Kilo abgezogen. Und dann müssen wir noch ein Prozent Steuer zahlen. Am Ende bleiben 1653 Schilling. ERZÄHLER Das sind etwa 17 Euro. Zu dieser monatlichen Zahlung kommt ein Jahresbonus, der bei Laban um die 150 Euro beträgt. Aber auch das reicht nicht, die Familie zu ernähren und schon gar nicht, das Schulgeld für die vier Kinder zu zahlen. Doch eine gute Ausbildung, das weiß Laban, ist für die Kinder die einzige Chance. So pflücken er und seine Frau nebenher Tee bei anderen Bauern, für vier Schilling das Kilo, umgerechnet vier Cent. Und er pflanzt Bäume an, um sie zu verkaufen. Die stehen jetzt dort, wo vorher Kaffee wuchs. Als die Preise auf dem Weltmarkt abstürzten, hat er die Kaffeesträucher als Brennholz verheizt. LABAN Now by that time, when the coffee industry go down, I was a coffee farmer. By that time. You see this is a coffee. But I cut it down! I could have stayed more than 10 years without getting even 100 SHs from this type of coffee. That?s why I did away with it?(Er spricht Kikuyu mit einem Kind, dann mit der Mutter?) ATMO Schritte, Stimmen ERZÄHLER Ich will weiter in den nächsten Ort, zu Fuß, immer am Hang entlang, an der Grenze zwischen Wald und Feldern, Wildnis und Zivilisation. Laban schließt sich mir an, auch seine Mutter begleitet uns ein Stück. Oben der Wald, als Nationalpark geschützt, aber immer wieder gelichtet durch illegalen Holzeinschlag. Bisweilen öffnet sich der Blick bis zur schneebedeckten Bergspitze. An den Hängen unter uns Teesträucher, so weit das Auge reicht. Dazwischen kleine Maisfelder, Baumgruppen, Wege aus roter Erde, eine Hügellandschaft, die an klaren Tagen den Blick über die unendliche Ebene im Süden öffnet. Die Sonne scheint, es weht eine leichte Brise; kein Wunder, dass den Weißen das Land auf Anhieb gefiel. Das Gebiet um den Mount Kenya bildet den südöstlichen Zipfel einer Region, die zu Kolonialzeiten White Highlands genannt wurde. Und der Einfluss der weißen Siedler ist noch immer groß. Obwohl heutzutage in manchen Gegenden kaum noch Weiße vorbeikommen. LABAN The kids of this area have never seen a white man. They have never seen a white man. Now the are enjoying you. (lacht) Their mother was telling them to go ahead of you so that they can see you properly? SPRECHER 2 Die Kinder hier haben nie einen Weißen gesehen. Deshalb freuen sie sich über dich. Ihre Mutter hat ihnen gesagt, sie sollen uns überholen, damit sie dich von vorn sehen können. ERZÄHLER Ich tue den Kindern den Gefallen und bleibe stehen. Sie schauen mich ebenso staunend wie schüchtern an. Laban fragt ein Mädchen nach seinem Namen. Angela heißt sie, und ist sechs Jahre alt. LABAN (er spricht zu den Kindern) ?Angela? 6 years? And you have never seen a white man? - No? Most of them have never seen a white man?Kikuyu? They have never. That means it is just like an exploration we are doing at the present (lacht)? okay? SPRECHER 2 Die meisten haben noch nie einen Weißen gesehen. Wir machen sozusagen gerade eine Art Forschungsarbeit. ERZÄHLER Kurz darauf sind wir am Haus einer Bekannten Labans angekommen. Lucy lädt uns zu sich ein, aber ich will lieber weiter. Also begleitet sie uns ein Stück, und dann erzählt sie ihre Geschichte. Auch darin spielt ein Weißer die Hauptrolle. LUCY I loved the guy very much. SPRECHERIN Ich habe ihn sehr geliebt. AUTOR And you could not forget him? LUCY Ah, I can?t. I cannot. ERZÄHLER Es ist lange her, Lucy war jung. Sie arbeitete in der Berghütte weiter oben im Wald, wo die Wazungu, die Weißen, gern ein paar Tage ausspannen. Einmal kam ein junger Deutscher, erzählt Lucy. LUCY We stayed with him, for two weeks. Then he left to Nanyuki, then he came back to Castle Forest, then he flied off to Germany. After that he told me, because he was sent by his country, here in Kenya, now he?s not coming again, and he?s sorry about it. Because he wanted us to, to meet again. But up to date (lacht) he has not yet come... He?s very far, I don?t know whether he's alive or not? SPRECHERIN Wir waren zwei Wochen zusammen, dann fuhr er nach Nanyuki, kam noch mal hier zur Castle Forest Lodge und ist dann nach Deutschland zurückgeflogen. Seine Regierung hatte ihn nach Kenia geschickt. Später schrieb er mir, dass er nicht wiederkommen könne, und dass es ihm leid tue, weil er mich gern wiedersehen wollte. Aber bis heute ist er nicht gekommen. Er ist so weit weg, ich weiß nicht mal, ob er überhaupt noch lebt. ERZÄHLER Lucy hat ein Kind, geheiratet hat sie nicht. LUCY I am not married, not yet. You know, all those years I was waiting for my friend, because I loved him. But, but all in vain, because he has not yet come. Yeah? And I still keep on waiting for him (lacht) praying god maybe he will do something about it. SPRECHERIN Ich hab? all die Jahre auf meinen Freund gewartet, weil ich ihn geliebt habe. Aber umsonst. Und ich warte immer noch und bete zu Gott, dass er irgendwas tut. LUCY In 1991? By then I was 21? (lacht) It is like dreaming. (lacht) ?dreaming with something that will never happen. (Schritte) You know the time I saw you I thought you are his brother. (lacht) I was very happy to see you. That?s why I was inviting you? (lacht) ? But anyway it is good? It is good? (Schritte, dann Lucy auf Kikuyu?) SPRECHERIN Es war 1991. Damals war ich 21. Es ist wie träumen. Von etwas träumen, das sich nie erfüllt. Und als ich dich heute sah, dachte ich, du seiest sein Bruder. Ich war so glücklich, dich zu sehen. Deshalb hab? ich dich gleich eingeladen. Aber, na ja, es ist schon gut. MUSIK Nancy and Naomi. Golden Hits of Joseph Wainaina ATMO Lehrer und Kinder, die im Chor englische Wörter nachsprechen ERZÄHLER Das Klassenzimmer der ersten Klasse besteht aus rohen, dünnen Bretterwänden, darauf ein Wellblechdach, der Boden aus gestampftem Lehm. Seit die neue Regierung das Schulgeld für die Grundschule abgeschafft hat, sind die meisten Klassen überfüllt. Sechsundneunzig Kinder hat der Lehrer hier zu unterrichten, und der Unterricht folgt nicht unbedingt modernen didaktischen Methoden. Trotzdem sind in Kenia alle froh, dass nun jedes Kind wenigstens die Grundschule besuchen darf. Doch in der Zeitung war zu lesen, dass sich die Kinder hier manchmal nicht in die Schule trauen, weil Elefanten ihren Weg kreuzen. Bevor ich mir selbst ein Bild vom Treiben der Elefanten machen kann, werde ich von zwei Herren herbeigerufen, die auch ohne Uniform schon von weitem als Ordnungshüter zu erkennen sind. ATMO Schritte AUTOR Good morning! How are you? POLIZIST Ah, fine, fine, fine. You are the reporter? AUTOR I am german, and I read about you and this area in the newspaper that you have problems with elephants here? ERZÄHLER Ich erkläre ihnen, dass ich aus Deutschland bin und in der Zeitung gelesen habe, dass es in Ndathi Probleme mit Elefanten gibt. POLIZIST You are with a company of? SPRECHER 2 Mit welcher Firma sind Sie hier? ERZÄHLER Dass ich allein unterwegs bin, scheint sie zu erstaunen. POLIZIST Aha! Do you have any assistance concerning those animals, those wild animals? And how can you take, nini, kind of things when you don?t have any kind of assistance? You know, we are police officers here, we must investigate what? SPRECHER 2 Bringen Sie denn irgendwelche Unterstützung, was diese Tiere angeht? Oder wollen Sie nur etwas mitnehmen, ohne etwas zu geben? Wir sind Polizisten, wir müssen das untersuchen? AUTOR But everybody here is living in a free country, as far as I know. ERZÄHLER Ich entgegne, dass dies doch ein freies Land sei, aber erst als ich meinen Presseausweis zeige, werden sie freundlicher. POLIZIST Press card. Okay. International card? (Kikuyu) ERZÄHLER Ich soll einfach Bescheid sagen, wenn ich fertig bin. POLIZIST After completing your mission? (Kikuyu). Sawa. MIKE So I?ll bring you back there. I?ll take you back. (Schritte) ERZÄHLER Ohne dass ich es bemerkt habe, hat sich während des Gesprächs ein weiterer Mann zu uns gesellt, und plötzlich habe ich einen Führer und Übersetzer. Als er jung war, führte Mike Touristen auf den Mount Kenya. Jetzt ist er Bauer und Kopf einer Initiative, die versucht, Geld für einen elektrischen Zaun aufzutreiben. Er soll den Wald, der Ndathi umgibt, von den besiedelten Flächen abgrenzen. Ich frage ihn, wovon die Bauern hier leben. MIKE We grow maize, this is corn, we have potatoes, we have, ah, beans, French beans, cabbages, then there are sorghums, yams. Yeah. And also bananas. But those are the only crops that are trying to give us something, French beans, yeah, those for export. But not all people grow those French beans. Because of problem of water. They need a lot of water. So for those people who have not been able to install water in their land, because it is very expensive, they don?t grow. They rely on rainfall. Which is very erratic. If you see now those crops there, let?s pass here, those crops now are dying? (Schritte) Those ones are dying, because there is no water. And there is no rain. (fern) You just wait for god to bring rain? (Schritte) SPRECHER 1 Wir bauen Mais an, Kartoffeln, grüne Bohnen, Kohl, Sorghum, Yams. Und Bananen. Aber nur die grünen Bohnen bringen ein bisschen was ein. Weil die für den Export sind. Es können aber nicht alle Leute Bohnen anbauen. Weil die viel Wasser brauchen. Und wer sich keine dieser teuren Bewässerungsanlagen leisten kann, kann auch keine Bohnen pflanzen. Die meisten hier sind vom Regen abhängig. Und der fällt unregelmäßig. Guck dir den Mais da an. Völlig vertrocknet. Man kann nur warten, bis Gott Regen schickt. ERZÄHLER Die Trockenheit ist unübersehbar, aber Grün bleibt die dominierende Farbe auf den Hügeln. Kleine Bananenplantagen und Maisfelder prägen das Bild, dazwischen Bohnenfelder und die Häuser der Bauern, meist einfache, aus Brettern gezimmerte Quader, mit Wellblech gedeckt. Die frühere Lehmbauweise ist so gut wie verschwunden. Mike zeigt mir ein zerwühltes Feld und die mächtigen Fußstapfen eines Elefanten, der hier nach Kartoffeln gebuddelt hat. MIKE This is the work of an elephant. That?s what it does. You see? This is the stepping of an elephant. He even dugs the potatoes. He eats everything. Especially he likes the corn, when they are just about to grow. An elephant eats everything that humans like. This is sugar cane, he likes sugar cane very much? (Schritte) SPRECHER 1 Elefanten fressen alles. Am liebsten Mais, wenn er noch grün ist. Aber eigentlich mögen sie alles, was Menschen mögen. Das hier ist Zuckerrohr. Das mögen sie auch sehr. ERZÄHLER Die Verwüstung ist massiv. Bei solchen Schäden geht es immer gleich um die Existenz, denn die Grundstücke sind auch hier selten größer als ein Hektar. MIKE You know, in Kenya 20% of the land is the productive land. 80% is the one that use the animals. So this is among the 20%. So it is not an area of animal. Plus, you know, the population is increasing. SPRECHER 1 In Kenia sind nur 20 Prozent des Landes Agrarland. Auf 80 Prozent leben Wildtiere. Aber das hier gehört zu den 20 Prozent. Da haben die Tiere nichts zu suchen. Und die Bevölkerung wächst weiter. MIKE Like I say like five. AUTOR Five. And you? How many children are you having? MANN Ah, kumini. MIKE Ten. ERZÄHLER Mike hat fünf Kinder, der Bauer, dem das verwüstete Kartoffelfeld gehört, hat zehn. MIKE So we go closer to the animals. That?s why we must fence them now? SPRECHER 1 Wir kommen immer näher an die Tiere heran. Deswegen müssen wir sie einzäunen. MIKE (Schritte, reden auf Kikuyu?) So this farmer could be killed last night. As he was doing this job, he was trying to, to nini, to harvest those beans. He was down there, and the animal came down there, so you know, you can?t see, when you are bending, so somebody else over there had to see, so he had to shout: hey, run away! ERZÄHLER Mike bringt mich zu einem Bauern, der gestern um ein Haar von einem Elefanten angegriffen worden wäre. Als sich das Tier näherte, war er gerade bei der Bohnenernte und spürte nichts von der Gefahr. Zum Glück sah ein Nachbar, was sich da anbahnte und konnte ihn gerade noch warnen. BAUER Very close! I was here, and it was here. Very close! I just ran? Here! Look! It is me! Not food! Look! It was not eating anything. It was chasing me! It was chasing! SPRECHER 2 Er war hier und ich hier. Ich bin gerannt! Der wollte nichts fressen, der hatte es auf mich abgesehen. Der war hinter mir her. MIKE They don?t like people. A people is an enemy to an elephant. And when it comes to eating it always knows, when it is here, it is on some body?s premises. And he want to get what you have. So he must start fighting you. So, that you go away. So that he can be able to eat. So when he chased him, back to the house, so it came back to land, to eat? SPRECHER 1 Sie mögen keine Menschen. Menschen sind ihre Feinde. Sie wissen, dass sie immer auf jemandes Land nach Futter suchen. Sie wollen das, was du hast. Also müssen sie dich bekämpfen. Deshalb ist der Elefant erst hinter ihm her und später dann zurückgekommen, um in Ruhe zu fressen? ERZÄHLER Mike erklärt mir auch, wie ein Elefant tötet. MIKE When it chase you, it takes his nose to bring you to the horns, then crush you to the horns, then throw you. It doesn?t like to catch somebody alone. Because it is like slippery. So it tries to holds with other things. Then it brings you to the horns, out of the horns, then throw you, then it comes steppin?. For those people who have died here, when you try to figure them, you can not even know what is it. People are completely disfigured. SPRECHER 1 Wenn er jemanden verfolgt, packt er ihn mit dem Rüssel, spießt ihn auf die Stoßzähne und wirft ihn zu Boden. Aber weil ihm das sonst zu rutschig ist, packt er den Menschen lieber zusammen mit Gestrüpp oder irgendetwas anderem. Dann spießt er ihn auf, wirft ihn auf den Boden und zertrampelt ihn. Oft ist von dem Menschen danach nichts mehr zu erkennen. ATMO Schritte MUSIK MWOBOKO ?1940?, Kuini Maritati BONGO Well, the main problem between humans and animals, particularly in a place like Mt. Kenya, is that you?ve got one of the most densely settled areas in the country, right up against a dense forest. Full of wild life. And no physical barrier between them. SPRECHER 2 Das Hauptproblem am Mount Kenya ist, dass hier eine der am dichtesten besiedelten Regionen Kenias an ein Waldgebiet voller Tiere stößt und Mensch wie Tier durch keine physische Barriere voneinander getrennt sind. ERZÄHLER Bongo Woodley ist oberster Wildhüter am Mount Kenya. Ich habe Glück, ihn zu erwischen, denn meist ist er mit dem einmotorigen Flugzeug, das für ihn vor dem Hauptquartier des Kenyan Wildlife Service bereitsteht, irgendwo unterwegs. BONGO And so you?ve got animals maroding into crops, impoverishing people, finishing crops, killing people, injuring them, on the one hand, and on the other you?ve got people going into the national reserve, poaching, logging, growing marihuana, all sorts of illegal activities, which actually does also have an effect on the movement of wild life within the protected areas. SPRECHER 2 Einerseits dringen Tiere in die Pflanzungen ein, mit der Folge, dass die Leute durch Ernteverluste verarmen, manchmal auch verletzt oder sogar getötet werden. Die Menschen dagegen wildern im Nationalpark, schlagen Holz, pflanzen Marihuana, alles illegale Handlungen, die wiederum die Bewegung der Tiere beeinflussen. ERZÄHLER Bauern, deren Felder das Überleben nicht mehr sichern, suchen sich notgedrungen andere Erwerbsquellen: Holz aus dem Wald wird zur Herstellung von Holzkohle geschlagen, Wildtiere aller Art werden mit Hilfe von Fallen gefangen. Man schätzt, dass mittlerweile 40 Prozent des Fleisches, das in Kenia gehandelt und verzehrt wird, von Wild stammt. BONGO The other factor is that Mount Kenya is now pretty much isolated, completely surrounded by humanity. So whereas before wild life, particularly elephant, which migrate a lot, they were able to move on and off the national reserve at will, no provision has been made to consolidate wild life corridors, because the political will is not there? SPRECHER 2 Hinzu kommt, dass das Mount Kenya Reservat mittlerweile rundum von Menschen umgeben ist. Früher konnten die Tiere und besonders die Elefanten, die viel umherwandern, im Reservat aus- und eingehen, wie sie wollten. Aber man hat ihnen keine Korridore für diese Wanderungen gelassen, weil dazu der politische Wille fehlt. ERZÄHLER 2000 Elefanten gibt es am Mount Kenya. Viele Siedlungen wie Ndathi sind meist erst vor einigen Jahren oder Jahrzehnten entstanden. MIKE Ndathi was settled back in 1991. Those are squatters that didn?t have land. So the government thought of giving them land. SPRECHER 1 Ndathi besteht seit 1991. Landlose haben sich damals einfach hier niedergelassen. Später hat ihnen die Regierung das Land gegeben? Bis dahin war es Elefantenland. MIKE It was elephant land, yeah. ERZÄHLER An manchen Stellen hat man angefangen, Zäune zu errichten, um die Elefanten von den Dörfern fernzuhalten. Dort aber, wo es keinen Zaun gibt, weil dafür das Geld fehlt, haben sich die Probleme verschärft. Mike zeigt auf ein Gebiet am Fuß der Aberdare-Berge, sicher an die 30 Meilen entfernt. MIKE Sangare farm is over there. The owner of the farm is known as Prettejohn. He?s a mzungu, those are the colonial people that came here a long time ago. It?s about 300 ha of land, accommodating about 300 elephants, among other animals. So when he has nothing to feed his animals, he just release them and they come all the way, then pass the Nyeri-Nanyuki-Highway, and then join this forest, we call it Hombe forest, then they come all the way, and then they meet us here. He doesn?t have a problem, because you just go in the hotel there, pay the gate fee, stay in his hotel, spot the game there, leave some money. While the farmer here is just grazing the animal. It's a huge animal! SPRECHER 1 Da drüben ist die Sangare-Farm. Der Besitzer heißt Prettejohn, er ist ein Weißer. Einer von den kolonialen Leuten, die vor langer Zeit hierher kamen. Dreihundert Elefanten hat er auf seiner Farm, neben anderen Tieren. Doch wenn er kein Futter mehr für sie hat, lässt er sie frei. Sie kommen den ganzen Weg, überqueren die große Straße nach Nairobi, laufen dann durch den Hombe-Wald, immer weiter hinauf, bis sie hier auf uns treffen. Dem Farmer ist das egal, weil Leute wie du in seinem Hotel absteigen. Sie zahlen Eintritt, beobachten vom Hotel aus die Wildtiere, lassen Geld da. Aber bei uns fressen sich die Tiere satt. Und es sind riesige Tiere! ERZÄHLER Über die Rechtmäßigkeit von Großgrundbesitz in der Hand der Nachfahren von Kolonialisten kann man durchaus streiten. Ebenso über die Verwendung der Einnahmen aus dem Safari-Tourismus. Doch Elefanten wandern nun mal, und es ist nicht am Besitzer der Sangare-Ranch, sie aufzuhalten. MIKE (spricht Kikuyu) Let?s go and see that elephant there. He?s saying there is an elefant that he has spotted over there. Let?s just go down there? SPRECHER 1 Komm, wir gucken uns den Elefanten da an. Er hat da hinten einen gesehen. MIKE (Schritte) That one, can you see it over there? Can you see something pickin? like that? (spricht Kikuyu) Let?s go see it. (Schritte) So the animal is just wasting time here, to wait for the time to come to the shamba at night. You see? Can you see the bushes moving? Over there? That one is walking over there. Did you see it? Just come here? (Schritte) SPRECHER 1 Da hinten, siehst du das? Siehst du da was an den Bäumen rupfen? Lass uns mal hingehen. Das Tier wartet nur darauf, nachts wieder in die Felder zu gehen. Siehst du, wie sich die Büsche bewegen? Da hinten. Hast du es gesehen? Komm her! ERZÄHLER Während wir uns der Waldgrenze nähern, schaut Mike sich immer wieder nach allen Seiten um. Was wir tun, ist nicht ungefährlich, denn jederzeit können wir einem Elefanten begegnen. Gut zweihundert Meter von uns entfernt bewegt sich ein Busch. Dann sieht man den Rücken des grauen Riesen. AUTOR This bush is moving down there. MIKE Oh yeah? AUTOR Now you see it. MIKE Yeah. AUTOR Now you can see the back? MIKE Yeah. MUSIK Franco et l?OK Jazz, Motema Na M.J. ATMO Nachts, draußen ERZÄHLER Ich wollte nachts dabei sein, wenn die Elefanten aus Ndathi vertrieben werden. Mit Lärm und Feuer. Davor haben sie Angst. Doch von Elefanten keine Spur. Nur die üblichen Tiere der Nacht. MIKE Some birds, and a tree hilax, making noise, sprinklers in the garden? And that?s where you can see Nyeri town, 40 km from here? It?s a long way? SPRECHER 1 Vögel, eine Baumratte und Wassersprenger auf den Feldern. Da drüben sieht man die Lichter von Nyeri, vierzig Kilometer von hier. Weit weg. ATMO Feuer anblasen ERZÄHLER Weil bei ihm zu Hause kein Platz ist, hat mich Mike für die Nacht im Haus von Freunden untergebracht. Die Familie hat eins ihrer beiden Zimmer für mich geräumt. Der Morgen ist kühl, und ich erlebe, wie hier der Tag anfängt: mit Feuer machen. Auf dem Feuer wird ein großer Topf Wasser erhitzt, um zuerst sorgfältig die Melkutensilien und danach die Teetassen zu spülen. Dann setzt die Tochter Wasser für Tee auf. Bis der Tee fertig ist, vergeht mehr als eine Stunde. Zeit spielt keine Rolle. ATMO Melken ERZÄHLER Währenddessen melkt der jüngere Bruder per Hand die drei kleinen Kühe. Fünf bis sieben Liter Milch kommen dabei zusammen und werden später zu Fuß den weiten Weg bergab an die Piste gebracht. Dort kommt der Sammelwagen der Molkerei vorbei, die pro Liter 18 Cent zahlt. Zum Tee gibt es ein Spiegelei, aber es ist gerade kein Geld im Haus, um im nächsten Laden Brot und Salz zu kaufen. ATMO Melken ERZÄHLER Dabei lebt die Familie nur nach unseren Maßstäben in Armut. Hier gilt sie als eher wohlhabend. Das Haus ist aus Stein, der Boden aus Zement, Wasser aus dem nächsten Fluss kommt per Schlauch bis vors Haus, und alle Kinder konnten die weiterführende Schule besuchen. Ein Cousin sitzt sogar im Parlament, das heißt, es gibt einen reichen Verwandten, der im Notfall helfen kann. MUSIK Kirchenlied: All things bright and beautiful? ERZÄHLER Gedenkgottesdienst in Nanyuki für Ann Wollen, eine weiße Kenianerin, die vor zwei Jahren gestorben ist. Die Kirche, von Weißen für Weiße gebaut, ist bis auf den letzten Platz besetzt. Alte Damen mit ausladenden Hüten und Rouge auf den Wangen sitzen neben weißhaarigen Herren in Schlips und Kragen. Einige schwarze Kenianer bleiben, gedrängt auf drei Bänken, unter sich. Niemand scheint das bemerkenswert zu finden. HAZEL I think they all came together. I think they all came together and all sat together. SPRECHERIN Ich glaube, sie sind zusammen gekommen und haben sich dann eben auch zusammengesetzt. ATMO Lunch, Stimmen, Gläser ERZÄHLER Zum Lunch treffen sich alle beim Haus der Verstorbenen. In der Mitte des Gartens ist für die Weißen ein Buffet aufgebaut. Die schwarzen Kenianer essen etwa fünfzig Meter davon entfernt local food. Auch das finden alle normal. HAZEL You see, there again they got a thing that they don?t eat our food. They like their own food. And so there is a difference there, and they don?t like to eat our food. SPRECHERIN Sie mögen unser Essen nicht. Sie wollen ihr eigenes Essen. DICK We?ve been to wedding feasts before, where you will find the peasant farmers supposed to be educated African, were going with their plate, and onto it he will put pudding, and ham, and sausages, and ugali, and you looked at it and said: my god, what is this man doing? SPRECHER 2 Wir waren auf Hochzeiten. Da sah man Bauern, die sich die Teller mit Pudding, Schinken, Würstchen und Maisbrei voll luden. Man sah das und dachte: Was macht dieser Mensch da?! HAZEL Because he doesn?t know! SPRECHERIN Er weiß es eben nicht besser. DICK Yeah, can you imagine somebody on the same plate putting Apfelstrudel and Sauerkraut? SPRECHER 2 Stell dir vor, jemand tut Apfelstrudel und Sauerkraut auf ein und denselben Teller! HAZEL We?re getting there. We?re getting there. We?re getting there, where everybody will eat together, but there are still a lot of people who don?t understand. We?re still behind 30 years, and it?s just as it used to be, isn?t it? SPRECHERIN Es wird schon werden. Eines Tages werden alle zusammen essen. Wir sind eben dreißig Jahre zurück. Eigentlich hat sich nichts geändert. ERZÄHLER Solange die Weißen auf die schwarzen Kenianer herabschauen, weil diese die westliche Denk- und Lebensweise nicht perfekt genug kopieren, nicht so gewieft sind wie sie selbst, verharren sie weiter im Denken der Kolonialzeit. Und übersehen dabei etwas ganz Wichtiges. ALPENA If the Africans we're cleverer than I was or whatever I wouldn?t be sitting here, I wouldn?t be leading the life that I?m leading. And so for every single day I have to remember that and to behave in such a manner that I am actually very, very grateful that you are the way you are. Cause I can live here and I can lead the life that I do... If they were actually cleverer than they are, we wouldn?t be here. SPRECHERIN Wenn die Afrikaner schlauer wären als ich, könnte ich nicht das Leben führen, das ich führe. Daran muss ich mich jeden Tag erinnern und mich entsprechend verhalten und ihnen dankbar dafür sein, dass sie so sind, wie sie sind. Weil ich nur deshalb hier so leben kann? Wenn sie cleverer wären, wären wir nicht hier. ATMO Settler?s Store ERZÄHLER Alpena Patel führt den Settler?s Store in Nanyuki. Der älteste Laden des Ortes ist nach wie vor Treffpunkt sowohl der ansässigen als auch der durchreisenden Weißen. Über das Angebot eines üblichen Supermarktes hinaus gibt es hier fast alles, was ein Europäer heutzutage nicht missen mag: von Olivenöl und Mozzarella bis hin zu Sonnenschutzcreme und englischer Seife. Alpena Patel ist in Kenia geboren, doch der Abstammung nach Inderin. Nach Jahren in London und Nairobi kehrte sie zu ihrer Familie zurück. Mittlerweile ist sie Mitglied im Polo Club, der sonst nur Weiße aufnimmt, ist Vorsitzende mehrerer Wohltätigkeitsvereine und gehört zur High Society Nanyukis. Doch sie erinnert sich auch an andere Zeiten. ALPENA Being born and brought up over here, the white people were always the bosses. And you grew up being terribly intimidated by them. And I think going abroad actually changed your entire perspective, you know? Seeing a white person sweeping the street or cleaning the dust bins for the first time in my life in Britain my mouth was wide open and I couldn?t believe it. I just couldn?t believe it. Em, also until then I had never actually said please or thank you. In my life. Cause everything was done for me. I expected things to be done for me. And having lived in England and having had to do things for myself, I suddenly came back and I said thank you and please to my house help. And I think they were very taken aback. But also I came back and I was never ever going to be intimidated by a white person ever again. SPRECHERIN Die Weißen waren für uns hier immer die Bosse. Wir waren furchtbar eingeschüchtert. Doch die Erfahrungen im Ausland haben meine Perspektive völlig verändert. Als ich in England zum ersten Mal Weiße sah, die die Straße fegten oder Abfallkörbe leerten, blieb mir der Mund offen stehen. Ich konnte es einfach nicht glauben! Bis dahin hatte ich auch nie bitte oder danke gesagt. Nie. Weil alles für mich gemacht wurde. Und ich erwartete auch, dass alles gemacht wurde. Doch nachdem ich in England für mich selbst sorgen musste, habe ich plötzlich bitte und danke zu meinen Haushaltshilfen gesagt. Ich glaube, sie waren völlig verblüfft... Aber ich hatte mir auch geschworen, mich nie mehr von einem Weißen einschüchtern lassen. ERZÄHLER Nanyuki ist das Zentrum der weißen Kenianer am Mount Kenya. Viele besitzen ausgedehnte Ländereien im Umland, bauen Weizen an, züchten Blumen für den Export nach Europa oder halten große Mengen Vieh. Sie sind die größten Arbeitgeber der Region. Nach Nanyuki kommen sie zum Einkaufen, hier pflegen sie ihre sozialen Kontakte. Im Sportsman?s Arms Hotel, im Golf Club und in der Mt. Kenya Safari Lodge, die früher den Großwildjägern als Basis diente. Und niemand hier scheint es mit Veränderungen übermäßig eilig zu haben. ATMO Mit Dick im Auto ERZÄHLER Ich bin unterwegs mit Hazel und Dick Holmes. Die 200 Hektar Land, die sie besitzen, hat Hazel von ihrem Großvater geerbt. Der war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Kenia gekommen. Bald gehörten ihm 10 000 Hektar. Land, von dem sie heute noch meinen, dass es damals schließlich menschenleer und unbewohnt gewesen sei. Aber voller Tiere. Heute ist ein guter Teil Nanyukis darauf gebaut. DICK im Auto So this area was completely empty. And when Hazel?s father moved in here, there we're no Africans at all. - Full of game, and that was all. - All of this was still his farm. Em, I?ll show you the boundary. Behind this station you can see a fence, you see it, with the trees on it? That was the line of the farm, you can see it there, the fence line, that is the line of the farm. And all of the land from there right down to the river, all was part of Hazel?s grandfather?s original farm. SPRECHER 2 All das gehörte noch zur Farm. Ich zeig? Ihnen die Grenze. Hinter der Tankstelle, sehen Sie den Zaun? Von dieser Linie bis hinunter zum Fluss gehörte alles Hazels Großvater. ERZÄHLER Die Landnahme durch die Weißen wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Vertreibung der Ureinwohner in Reservate besiegelt. Dort war wegen der Überbevölkerung ein Überleben kaum möglich. In den 50er Jahren begannen die Kikuyu sich gegen das koloniale Regime zu erheben. Daraufhin wurden sie in Straf- und Arbeitslager und streng überwachte Siedlungen gebracht, umgeben von Stacheldraht, jeglicher Willkür ausgeliefert. DICK im Auto Now, there is the line, you see it? Other side, that?s all part of the original farm. Here again, that?s all part of the original farm? SPRECHER 2 Sehen Sie die Linie da? Das gehört alles zur ursprünglichen Farm? ERZÄHLER Die Niederschlagung der Mau Mau-Bewegung, die in den 50er Jahren für die Unabhängigkeit kämpfte, bedeutete für das Volk der Kikuyu, soweit nicht ausdrücklich loyal gegenüber den Briten, Deportation, Enteignung, Folter und für Zehntausende den Tod. Die meisten weißen Siedler waren als Mitglieder der kolonialen Streitkräfte an diesen Maßnahmen beteiligt. DICK We had another farm over there. Hazel?s father?s farm?You see, Hazel?s father, his entire holding was at one time about 35 000 acres. Which is about 14 000 ha. That is a big farm. SPRECHER 2 Da drüben hatten wir noch eine Farm, von Hazels Vater. Dem gehörten mal 14 000 Hektar. ERZÄHLER Die weißen Siedler nutzen ihren Vorsprung an Besitz, Kapital und Know How bis heute. Und sie arbeiten viel. Hazels Kühe werden mit dem Samen amerikanischer Bullen befruchtet. Damit erzielt sie Milcherträge, von denen die schwarzen Bauern nur träumen können. Bis zu 1000 Liter Milch bester Qualität liefert Hazel täglich. DICK And then, when independence came, Hazel and I sat down and talked about it, and we felt really we had too much land. There were lots of people with no land, but we felt what we had was too big. And so we decided we would sell off the block of land over there. It was largely a political move, because a prominent politician had threatened to walk onto the farm and take it, much as you got in Zimbabwe. And I didn?t particularly want that sort of situation. And so I sold it fast. SPRECHER 2 Als dann die Unabhängigkeit kam, haben wir beide uns zusammengesetzt, weil wir fanden, dass wir tatsächlich zu viel Land hatten. Es gab ja eine Menge Leute ohne Land. Also haben wir beschlossen, das ganze Stück da drüben zu verkaufen. Aber letztlich war es eine politische Entscheidung, weil ein bekannter Politiker gedroht hatte, das Land einfach zu besetzen, genau wie in Simbabwe. Und eine solche Situation wollte ich um jeden Preis vermeiden. Also habe ich schnell verkauft. ERZÄHLER Simbabwe ist der Albtraum aller weißen Kenianer. Tatsächlich kam es in Kenia in den zurückliegenden Jahren immer wieder zu kurzfristigen Landbesetzungen durch verarmte Massai, doch die ungleiche Verteilung des Besitzes findet mehr in der Kriminalität ihren Ausdruck. Angst und Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit sind der Preis, den die Besitzenden zahlen müssen. HAZEL Crime is much higher than it used to be. Because there are so many people loafing around doing nothing. And so everybody?s locked up by seven. The staffs have gone by seven, and we?ve got dogs. And we?ve got a night watch man. There is a night watch man on the cattle as well; we?ve had that for years. It?s just got a little worse. SPRECHERIN Es gibt viel mehr Kriminalität als früher. Weil so viele Menschen herumhängen und nichts tun. Deshalb sitzen wir nach Einbruch der Dunkelheit alle hinter verschlossenen Türen. Die Angestellten sind um sieben weg, und wir haben Hunde. Und einen Nachtwächter. Auch einen für das Vieh, schon seit Jahren. Es ist eben alles etwas schlimmer geworden. ATMO Christliche Kirche, Singen ERZÄHLER Nanyuki mag auf den ersten Blick an einen netten Kurort erinnern, viele Touristen starten hier zur Besteigung des Fünftausenders. Doch das Trauma der besiegten Kikuyu wirkt fort. Das Landproblem ist ungelöst, andere Einkommensquellen gibt es kaum. Die Armut treibt die Menschen den evangelistischen Kirchen in die Arme, die ihnen den Himmel auf Erden versprechen. Alles Eigene wurde den Kikuyu von den britischen Kolonialherren und den Missionaren ausgetrieben, oft genug mit roher Gewalt. In den 50er Jahren beteten wenigstens die Mau Mau-Kämpfer noch zu ihrem Gott Ngai, der auf dem schneebedeckten Berg zu Hause ist. Doch mittlerweile sind alle Kikuyu zu Christen geworden. MUSIK Trommeln und Gesang, Akorino-Kirche ERZÄHLER Eines Sonntagnachmittags höre ich abseits der Straße Trommeln und Gesang aus einer Bretterbude mit Wellblechdach. Es ist eine Akorino-Kirche. Von den Christen haben die Akorino zwar die Bibel übernommen, verweigerten sich aber bis vor einiger Zeit allen anderen Segnungen des Westens. GACHANGA You remember what Mahatma Ghandi did? So one way of fighting the colonialism there was to reject all the colonial goods. Like industry made materials. So Akorino did the same, as a way of bringing down the colonial government. So they could not go to schools, missionary schools, they could not go to hospitals; anything that was associated with the colonial government was rejected. But they borrowed some aspects of African traditions, like for example the mountain, the relationship between the people and the sacred mountain. So when we are praying we pray facing Mt. Kenya. Or when we are constructing our churches, the doors face Mt. Kenya. SPRECHER 2 Weißt du noch, was Mahatma Ghandi tat? Zu seinem Kampf gegen den Kolonialismus gehörte es, alle kolonialen Produkte und Einrichtungen abzulehnen. Genau so machten es auch die Akorino. Sie gingen nicht zur Schule, nicht ins Krankenhaus, verweigerten alles, was mit der Kolonialherrschaft verbunden war. Stattdessen folgten sie der afrikanischen Tradition, zum Beispiel in ihrer Beziehung zum Heiligen Berg. Wir wenden beim Beten das Gesicht dem Mt. Kenya zu. Und wir bauen unsere Kirchen so, dass ihre Pforten zum Berg weisen. ERZÄHLER Selbst ihr äußeres Erkennungszeichen, der weiße Turban, wird von den Akorino als Zeichen ihrer Verbindung mit dem Berg interpretiert. GACHANGA Turban is white. Now when we look at Mount Kenya, it is snow capped. And snow is white. White is a symbol of peace. And it?s also a symbol of purity. SPRECHER 2 Der Turban ist weiß. Und schauen wir uns den Mount Kenya an, sein Gipfel ist schneebedeckt. Und Schnee ist weiß. Weiß ist ein Symbol des Friedens. Und der Reinheit. MUSIK Gesang, Akorino-Kirche ATMO Im Matatu ERZÄHLER Die Elefanten hatte ich schon aufgegeben. Aber einmal noch will ich mich dem Berg nähern und wenigstens auf halbe Höhe steigen, zur Castle Forest Lodge, dorthin, wo Lucy damals ihren deutschen Geliebten traf. Ich nehme den letzten Minibus von Kutus über die staubige Piste nach Kimunje und dann weiter hinauf durch den schon dunklen Wald, der den Mau Mau-Kämpfern als Unterschlupf diente. Da sind sie plötzlich vor uns? ATMO Im Matatu (Kikuyu) Look, the elephant! Just look it! It's there? (Kikuyu) ERZÄHLER Im Scheinwerferlicht steht ein ausgewachsener Elefant und schlägt sich dann seitlich in den Wald. Kurz darauf ein zweiter. ATMO Im Matatu: You have seen it? ? Yes. ? (er macht ein Geräusch, lacht etwas) You have seen it? ? Yes. ? It is very big. (Kikuyu)? Lachen, Tür zu, Schritte auf einer Holztreppe ERZÄHLER Die Nacht habe ich im Queen?s Room der Castle Forest Lodge verbracht, womöglich im selben Bett geschlafen wie die Queen. Denn die Überlieferung sagt, dass Queen Elizabeth Anfang der 50er Jahre ? damals war sie noch Prinzessin - während einer Kenia-Reise in diesem wunderbar gelegenen Landhaus genächtigt hat, das jetzt von einer Niederländerin als einfaches Hotel betrieben wird. ATMO Tür auf, dann Opernarie und Vögel ERZÄHLER Am Morgen tönen Arien aus der Küche herüber auf die Terrasse. Plötzlich steht ein kleiner Elefant auf der weiten Lichtung und schlägt sich seelenruhig seinen Wanst mit Blättern und Zweigen voll. Ein Bild des Friedens: Die Lichtung, umgeben von Urwald, über uns der Berg, majestätisch, Ehrfurcht gebietend, zum Süden hin die unendliche Ebene, bis Nairobi und weiter, ein wunderbarer Ausblick; die Wirklichkeit rückt weit in die Ferne. ATMO Opernarie, Vögel 1