Donnerstag, 26. Dezember 2013 (11:05-12:00 Uhr), KW 52 Deutschlandfunk / Abt. Musik und Information FREISTIL "Wo geht Glück hin?" - Auf den Spuren eines flüchtigen Phänomens Eine Sendung von Dieter Jandt Redaktion: Klaus Pilger [Produktion DLF 2011] M a n u s k r i p t Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - ggf. unkorrigiertes Exemplar - Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Tief, tief im Karakorum. Der Herbergsvater hat mit dem Bleistift den Weg vorgezeichnet, auf dünnem Papier. Bin seit Stunden unterwegs, aufgestiegen in diese mächtige Gebirgslandschaft, die bis nach Tibet reicht. Eine Welt, die so weit ahnen lässt. Wo niemand mehr ist, und auch sonst nichts. 1. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Glück ist nie laut. Weil, wer will laut sein in dem Moment? Jeder Lärm zerstört das Glück. 2. O-Ton: Konstantin Wecker Und ich hab immer mehr das Gefühl, // dass das das eigentliche Sein ist. Sprecher: Da ist längst kein Pfad mehr. Und irgendwann spüre ich es, bleibe stehen und lausche mit offenem Mund: Kein Ton, kein Vogelzwitschern, kein Zirpen, nicht einmal ein leiser Lufthauch, nichts. Eine Stille, so intensiv, dass sie Laut zu haben scheint. Wie ein Rauschen, von innen her. Musik 2 ausblenden 3. O-Ton: Konstantin Wecker Das ist ja ein glasklares Gefühl. 4. O-Ton: Justin Sebastian Wenn das einfach nur noch aus einem herausfließt, das ist Freiheit, und das ist Glück - Sprecher: Da bin ich Teil der Stille, eingetaucht. Die Felsen über mir, die immer schon da sind, der Himmel blau und kalt, und fern die schneebedeckten Gipfel. Nichts regt sich. Da ist nur ein Kribbeln auf der Haut. Musik 1 harter Schnitt Als ich mich umdrehe, raschelt der Anorak, da ist es vorbei. Ansagerin: Wo geht Glück hin? Zitator: Auf den Spuren eines flüchtigen Phänomens. Ansagerin: Ein Feature von Dieter Jandt. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Zitator: "Das Glück ist ein Schmetterling. Jag ihm nach, und er entwischt dir. Setz dich hin, und er lässt sich auf deiner Schulter nieder." Ansagerin: Anthony de Mello. Theologe. Atmo 1: Geräuschkulisse Straße einen Moment freistehen lassen, mit der Musik weiter folgend unterlegen: 5. O-Ton: Silke Kuske Das stärkste war, als der Gynäkologe mir gesagt hat, dass ich einen Jungen bekomme. // Danach habe ich mich total glücklich gefühlt, // ungefähr ne Viertelstunde. Ansagerin: Silke Kuske. Mutter eines mittlerweile 17-jährigen Sohnes. 6. O-Ton: Silke Kuske Ich bin durch die Stadt gelaufen, weiß ich noch, die Straße, bis ich, also selbst wenn ich heute noch lang laufe, fühl ich das, wie es damals war, da bin ich gelaufen wie ein Honigkuchen durch die Straße, und hab gedacht, ich krieg meine Mundwinkel nicht mehr runter. Atmo ausblenden Zitator: "Frage dich, ob du glücklich bist, und du hörst auf, es zu sein." Ansagerin: Der Philosoph John Stuart Mill. 7. O-Ton: Silke Kuske Dann guck ich irgendwo hin, und dann kommt das ganz plötzlich, dass ich dann im Bauch ein Glücksgefühl habe. Ganz kurz, paar Sekunden denke ich, dass es mir gut geht, // schwer zu erklären, wie das sich anfühlt. Aber es ist nur in diesen Momenten so. // Wenn man`s registriert, ist es auch schon wieder fast vorbei. Musik ausblenden Moderatorin: Glück ist nicht von Dauer, im Leben nicht. Und so erfährt man es und spürt bald darauf, dass es soeben weiter gezogen ist. Was anderes bleibt einem auch nicht übrig. Und die Feststellung: "Ich bin glücklich", ist unterschwellig wohl nur ein Versuch, dieses Gefühl zu zementieren. Vergeblich. Glück ist flüchtig wie nur was. Woher aber kommt es? Wie fühlt es sich an und wohin geht es? 8. O-Ton: Wilhelm Schmid Wo bin ich, wenn ich schlafe? Und wo werde ich sein, wenn ich tot bin? Das ist ungefähr dieselbe Frage, wie: Wo ist das Glück, wenn es grade nicht hier ist? Ansagerin: Wilhelm Schmid. Philosoph. 9. O-Ton: Wilhelm Schmid Ich nehme mal an, aber bitte, das ist eine Annahme, eine philosophische Annahme, // wir kommen aus Energie, wir leben aus der Energie heraus, und irgendwann verlässt diese Energie unseren Körper, und wohin geht sie? Vermutlich zum Gesamtpotential der Energie zurück, aus dem heraus wieder ein neues Leben entsteht. Und so stelle ich mir das auch für das Glück vor: Glück ist nichts anders als ein besonders energiegeladener Zustand. Wir fühlen uns deswegen glücklich, weil wir besonders stark Lebensenergie spüren. Wo kommt diese Lebensenergie her? Vom Gesamtpotential der Energie, von der der gesamte Kosmos erfüllt ist. Stelle ich mir vor. Zitator: "Glück ist nichts anderes als das Unfangensein, Nachbild der Geborgenheit in der Mutter." Ansagerin: Theodor W. Adorno. Zitator: "Darum kann kein Glücklicher je wissen, dass er es ist. Um das Glück zu sehen, müsste er aus ihm heraustreten: er wäre wie ein Geborener." Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 10. O-Ton: Silke Kuske Anderer starke Moment, in dem ich Glück gefühlt hab, war kurz nach der Geburt. Wir waren das erste Mal zu dritt, mein Mann und ich dabei, und das Kind war endlich, endlich nach vielen Stunden da, alles in Ordnung, und dann war`s ganz intensiv, das Glückgefühl. // Wo du nicht weißt, weinste jetzt, lachste, was ist los mit dir? Irgendwas ganz Neues, unbeschreiblich Gefühltes. // Mit dem Kind auf dem Bauch, und der Mann ganz dicht am Kopf. Moderatorin: Ist Glück womöglich nur eine Ahnung, der Hauch eines mächtigen Gefühls, wie ein Sog, ein Zipfel von etwas, das uns streift und weiterweht, ein Komet, der fern vorüberzieht, eine vage Verbindung? - Das immerhin. 11. O-Ton: Wilhelm Schmid Da mag das schon so sein, dass es Momente im Leben gibt, in denen fühlen wir uns so, wie wir glauben, dass es sei, wenn wir im Jenseits wären. Charakterisiert sind solche Momente immer dadurch, dass wir das Gefühl von Unendlichkeit haben und von Ewigkeit. Musik Kreuzblende in: Atmo 2, Archiv: irrisierende akustische Schallwellen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 12. O-Ton: Wolfgang Straßburger, Chemiker Da hat dieses limbische System spielt ne sehr große Rolle, da wird also Dopamin freigesetzt und das beeinflusst einfach die Wahrnehmung. Ansagerin: Wolfgang Straßburger, Professor für Chemie. 13. O-Ton: Wolfgang Straßburger, Chemiker Das ist natürlich wahnsinnig komplex, was da gerade jetzt im Gehirn alles stattfindet, // diese Freisetzung von Dopamin // das macht eben diese euphorisierende Wirkung aus. Moderatorin: Neurobiologisch betrachtet ist dies ein unspektakulärer Vorgang: Im Frontalhirn werden ein paar Eiweißkörper ausgeschüttet, nicht mehr und nicht weniger. Nervenzellen leiten Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin und Endorphine weiter, die in ihrer Wirkung dem Opium sehr ähnlich sind, mitten hinein ins Lustzentrum. Das kann in der Wahrnehmung ein plötzliches, kometenhaftes Erlebnis sein. Atmo ausblenden 14. O-Ton: Justin Sebastian Man hat wirklich das Gefühl, als würde die Brust gleich aufspringen // oder explodieren und alles ist irgendwie ja doch // sehr angespannt, // aber andererseits auch ganz gelassen und locker. Ansagerin: Justin Sebastian. Snowboarder. Musik 15: Gen/Der Berg, Frank Steiner aufsteigende Töne einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 15. O-Ton: Justin Sebastian Ich erinnere mich, dass ich früher ab und zu mit nem Freund Bergwanderungen gemacht hab, // und das Snowboard auf den Rücken geschnallt und sind dann halt mit Schneeschuhen den Berg hoch gewandert und es war, die Sonne hat geschienen, es war windstill, und // dass da oben kein Geräusch zu hören war und vielleicht ab und zu mal in der Ferne ein Grollen von ner Lawine, // und das sind schon so Momente, wo ich sagen würde, ja, da ist man einfach glücklich. Musik ausblenden Moderatorin: Wer im Neuland herumspürt, hat bessere Chancen auf ein Kribbeln auf der Haut. Reisende suchen es auf kleinen oder großen Fluchten aus Alltag: das Glück der Entdecker. Das kann ein schmaler Pfad über dem Bergsee sein, aber auch ein bislang unbekanntes Gewürz auf dem heimischen Markt oder ein schön geformter Stein am Strand. Manch einer stolpert einfach ins Glück hinein. Er nimmt es auf, und die Botenstoffe rauschen ins Lustzentrum. 16. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Man spricht vom Anfängerglück. Darin spiegelt sich diese Qualität auch wieder. Man hat keinerlei Erfahrung, man hat keinerlei Bild und deshalb ist man so spontan, - Ansagerin: Ramateertha Doetsch, Arzt und Therapeut. 17. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center ... und deshalb haben Anfänger oder auch Kinder Glück. Weil sie ohne großes Denken // dem Augenblick so begegnen, völlig offen und unvoreingenommen. 18. O-Ton: Justin Sebastian Man kommt in ein fremdes Land, in ne fremde Stadt, und egal, wo man hingeht, egal wann man geht, man entdeckt immer wieder neue Dinge, und das finde ich beispielsweise, wenn ich hier // fast jeden Tag dieselbe Strecke zum Bahnhof gehe oder was auch immer, finde ich das teilweise sehr schwer, immer wieder neue Dinge zu entdecken. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Mit dem klapprigen Local Bus durch den Dschungel von Sumatra. Lehne mit dem Ellbogen aus dem Fenster und rauche Kretekzigaretten, die die Zungenspitze betäuben - allein das! 19. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Es ist auch so fast, wenn ich darüber spreche, dass ich es spüre, wie ein Echo in mir. Sprecher: Draußen eine dichte, grüne Wand, hinter der man vermuten kann, was wild und begehrenswert ist: Orang Utan, die in den Wipfeln hängen und wie in Zeitlupe nach den Früchten langen. Die Pfoten eines Tigers, und wenn es nur die Abdrücke sind, während er mit schnellem Pulsschlag im nahen Gebüsch lauert. Ein schwarzer Büffel, der sich im sumpfigen Tümpel ablegt, während der Morgendunst aus den Wäldern wabert. 20. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Und diese Momente sind so gewaltig, dass sie eins nur hinterlassen: Das Gefühl einer unglaublich tiefen, großen Dankbarkeit. Sprecher: Irgendwo hier muss der Äquator sein, unsichtbar wie das Getier, das sicher da ist, so viel ist gewiss, in den Dickichten, wo niemand mehr hinkommt, außer mir, morgen, wenn ich dann losziehe, in diese dampfende Schwüle hinein, und alles abwerfen kann. Musik Kreuzblende in: Musik 3: Xu Fengxia, Saiteninstrumente und Gesang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 21. O-Ton: Justin Sebastian Wir haben in der Nähe von Huang Chan, also von den Gelben Bergen hatten wir etwas über eine Woche, waren wir da "artists in residents" in einem kleinen Dorf, also winzigen Dorf. Ansagerin: Justin Sebastian ist Improvisationsmusiker und angehender Sinologe. 22. O-Ton: Justin Sebastian Da waren 300, 400 Einwohner, und es gab keine Straßen, // die Bauern kamen abends mit ihren Wasserbüffeln ins Dorf zurück, // und wir haben dann jeden Tag da geprobt in einem alten Theater, // und dann haben wir eben eine Vorstellung da gemacht, und zu dieser Vorstellung waren unter anderem auch Politiker der Provinz, aber auch Politiker aus Frankreich // eingeladen, // Und dann war das ganze Dorf voll Polizei an diesem besagten Abend, und // die Dorfleute, die waren wirklich eine Woche lang, die waren super super nett zu uns, und die wurden dann aber nicht rein gelassen, die haben gesagt: "Nein, also die Dorfbewohner dürfen nicht diese Vorstellung, das Konzert sehen." Musik noch einmal hochziehen, folgend weiter unterlegen: Zitator: "Das Glück kann man nicht zwingen, aber man kann es wenigstens einladen." Ansagerin: Der Schauspieler Attila Hörbiger. 23. O-Ton: Justin Sebastian Und dann haben wir uns halt zusammengesetzt // und haben gesagt: Ja gut, dann spielen wir halt nicht. // Und dann war erst mal großer Aufruhr, haben die aber dann doch eingewilligt und haben gesagt: Gut, dann dürfen die Dorfbewohner eben rein, dann haben die Dorfbewohner ihre Stühle mitgebracht und Kinder, es war auf einmal Leben in diesem alten Freilichttheater, und ja dann haben wir gespielt und das war eben ein Abend, wo es einfach lief. // Das hing wahrscheinlich auch mit der ganzen Atmosphäre zusammen, // dass wir uns einfach alle gut gefühlt haben und dass wir ein tolles Konzert da gespielt haben. // Das passiert natürlich nicht so häufig, aber // das ist dann schon auch, ja, wirklich ein Gefühl, so`n Moment des Glücks. Musik mit dem Höhepunkt beim Gesang eine Weile freistehen lassen, dann Kreuzblende in: Musik 4: Emaho, Sina Vodjani heller Frauengesang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 24. O-Ton: Nusara mai ngarm über Vogelgezwitscher Ich hab // meinem Partner jetzt gleich am ersten Tag gesagt: Ich möchte dich immer kennenlernen. Ich hab das auf englisch gesagt: // I just want to know you for the rest of my life. Und das ist dann von eine Gefühl, dass man zu einem fremden Mensch sagt, das kam dann einfach richtig plötzlich raus, // und ich fand ihn unglaublich toll. Ansagerin: Nusara Mai ngarm. In Thailand geboren, in London aufgewachsen, in Deutschland lebend, der Liebe wegen. 25. O-Ton: Nusara mai ngarm über Vogelgezwitscher Ich glaube, verliebt zu sein, // ist fast so wie eine geschlossene Welt ist. Musik Kreuzblende in: Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Weit der Krater. Weit und wüst, bedeckt mit schwarzer Erde. Rundum ragen die Ränder des Vulkans zackig in die Höhe, dahinter wildes Kurdistan. Ich schlendere zwischen den Seen umher, auf der Suche nach nichts. Kein Ziel in dieser Einöde, nur Umherstreunen, schlurfenden Schrittes über ausgedörrter Erde. 26. O-Ton: Nusara mai ngarm über Vogelgezwitscher Was Geheimnisvolles zwischen zwei Menschen, irgendwas ist gerade entdeckt worden. Sprecher: Mit einem Mal die Schatten eines Schildkrötenpaares im Staub. Beide die Köpfe hoch aufgerichtet, das Männchen hinter ihr und in ihr, langsam, ganz langsam im Rhythmus der Liebelei. Ein Gemenge aus urzeitlichen, faltigen Häuten. Das Männchen mit geschlossenen Augen, im Verlangen, sich endlich zu entladen, das Weib davor, das weit aufgerissene Maul in die flirrende Hitze gereckt, ein stummer Orgasmus, so verharren sie, verharrt die Sonne, das trockene Gestein, so verharre ich. Sind die glücklich? Ich war es gerade. Musiken ausblenden Zitator: "Die Metapher vom kleinen Tod hat eine neurophysiologische Entsprechung: Während des Orgasmus wird unser Verstand ausgeschaltet. Der Orgasmus ist Ego-Lyse, Selbstvergessenheit. Man kommt sich so nah wie sonst nie." Ansagerin: Eckart von Hirschhausen, Arzt und Kabarettist. Moderatorin: Der amerikanische Lyriker Robert Lee Frost betrachtete solche Momente geradezu aus einem geometrischen Blickwinkel: Zitator: "Glück gleicht durch Höhe aus, was ihm an Länge fehlt." 27. O-Ton: Wilhelm Schmid Die Könner in dieser Hinsicht die sprechen ja davon, dass man kurz vor dem Höhepunkt verweilen sollte. Was allerdings sehr sehr schwer ist, braucht sehr viel Übung. Dann allerdings lässt sich der Augenblick strecken, allerdings nicht ad infinitum. Musik 4: Emaho, Sina Vodjani heller Frauengesang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Moderatorin: Psychologen reden von einer Limerenzphase, wenn Verliebte wochenlang auf Wolke sieben schweben. 28. O-Ton: Nusara mai ngarm über Vogelgezwitscher Man kann das nicht greifen, weil ist auch schwierig das zu beschreiben. Euphorie sagt man, ne. Moderatorin: Dennoch lauern dahinter immer auch Verlustängste, im Hinterstübchen, gerade weil das Gefühl so einzigartig ist. Das wollen wir behalten! Und schon ist das reine Glück weiter. Wir haben gezweifelt, hinterfragt, gedacht, heimlich und einen winzigen Moment nur, ob da vielleicht noch jemand ist, ob wir uns nicht die Finger verbrennen - und das war`s dann, erst mal. Hinter Wolke sieben schieben sich kleine, spitze Cirruswolken heran. 29. O-Ton: Wilhelm Schmid Wenn der Gipfel erst mal erreicht ist, dann ist er erreicht, wirklich wunderbare Rundumsicht, ein tolles Gefühl, da oben zu sein, aber nach allen Seiten geht der Blick runter. // Jetzt kommste nicht mehr weiter, jetzt musste runter. Und genauso ist das auch bei diesen Glücksmomenten. Moderatorin: Noch im Abstieg versuchen wir uns, so lange es geht, an dieses Hochgefühl zu klammern, oder es möglichst schnell wiederzubekommen - und überlegen, wie. 30. O-Ton: Nusara mai ngarm über Vogelgezwitscher In jetzige Beziehung, dann versuche ich, an die Beziehung nachzudenken, und warum ist das nicht so wie vielleicht früher. Oder warum gibt`s nicht diese Glücksgefühle. Und dann arbeitet man dran. Man macht Gedanken und man redet miteinander. 31. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center In dem Moment, wo wir das in Worte kleiden, berauben wir es ein Stück weit schon wieder dieser unglaublichen Präsenz und Faszination. Wir versuchen es in etwas einzukasteln, einzupacken, wo es zu groß ist, als dass wir das wirklich könnten. Ansagerin: Ramateertha ist einer der Gründer des Kölner Osho-UTA-Instituts, einer Anlaufstelle für Bhagwan-Jünger. 32. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Ich sag zu diesem Stadium der Verliebtheit: "Also wenn aus dem griechischen Gott dann gottverdammter Grieche geworden ist, ist das Glück vorbei, ja, das sind vorübergehende Momente, die im Moment schön sind, das ist gar kein Zweifel, aber zum Glück gehört auch, zu wissen, dass sich Dinge ständig verändern. Und dass man auch bereit ist, sie loszulassen. Musik harter Schnitt 33. O-Ton: Konstantin Wecker Einer der dümmsten Sätze ist: "Wenn`s dir schlecht geht, lass es gehen, ja, let it flow." Ich meine, damit kann niemand was anfangen, und es ist einfach nur ein pseudo-philosophischer Spruch, trotzdem birgt er natürlich eine Wahrheit, ja. Ansagerin: Konstantin Wecker. Liedermacher und Schauspieler. 34. O-Ton: Konstantin Wecker Wenn wir so weit sind, es mal wirklich gehen zu lassen in diesen Momenten, dann sind wir dem Glück sehr nahe oder sogar glücklich. // Weil es // ein Gefühl der Absichtslosigkeit ergibt. Man muss nicht immer was wollen, und man muss auch nicht immer was erreichen wollen, und man kann sich dem Fluss anvertrauen, nur, wir wissen, wie schwer das ist. Musik 5, Archiv: Konstantin Wecker, Liedtext von "Schlendern" CD ... ... statt sich mit der Zeit zu plagen. Glück ist flüchtig, kaum zu fassen. Es tut gut, sich sein zu lassen ... einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 35. O-Ton: Konstantin Wecker Ein ganz wichtiger Glücksmoment in meinem Leben war, als ich, allem beraubt zwar, // ich war praktisch ehrlos, ich war im Gefängnis, die ganze Presse fiel über mich her, ich hatte nichts mehr, ich hatte kein Geld mehr, ich war extrem verschuldet, und da ging ich spazieren im Berg, schau einen Baum an, denk mir noch kurz. "Au jeh, der Baum ist aber freundlich, dem ist es völlig egal, was ich gemacht hab, dem ist völlig egal, ob ich einen Prozess hab, und der spendet Schatten, egal für wen. Und dann, weiß ich, hab ich einen Moment höchsten Glückes erlebt, in der Verbundenheit mit diesem Baum. Und // je mehr ich drüber nachdenke und mein Leben durchforste, haben diese Glücksmomente mit Verbundenheit zu tun und mit Vereinigung zu tun. Musik Kreuzblende in: Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg, sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Nach Monaten zurück aus der Ferne. Wochenendbratenduft weht um die Häuser. Ich sitze gelangweilt auf einer Mauer und beobachte jemanden, wie er im Hinterhof einer Genossenschaftssiedlung an seinem Auto wienert, das recht neu aussieht. Aus der geöffneten Fahrertür schallt die Bundesliga-Live-Übertragung. Und immer wenn der Reporter eine Torchance ankündigt, hebt der Mann den Kopf und lauscht ins Wageninnere. Dann haucht er wieder seinen weißen Lappen an, fährt damit in Kreisbewegungen über die Seitenscheibe, prüft sie und nickt, als wäre ein Tor gefallen. Manchmal schaut er argwöhnisch herüber, so als würde ich ihm sein kleines Glück verhageln. Allein, indem ich dasitze und mich überlegen fühle, mit meinen großen Erfahrungen vom Kraterrand. Aber irgendwas stimmt damit nicht. Musik Kreuzblende in: Musik 5, Archiv: Konstantin Wecker, Liedtext von "Schlendern" CD ... einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 36. O-Ton: Konstantin Wecker Es gibt auch durchaus Leute, die sagen, sie führen ein glückliches Leben, weil sie ein zufriedenes Leben bis zum 90. Lebensjahr führen, das ist für mich was anderes. // Es hat nichts mit dem, was ich unter Glück verstehe, zu tun. Ich kann es als Musiker noch ein bisschen deutlicher erklären: Es gibt Momente im Konzert, wo ich mit anderen Musikern zusammen spiele, und wir aus irgendwelchen Gründen, aus geheimnisvollen Gründen heraus beim freien Improvisieren plötzlich genau zum gleichen Rhythmus, zur gleichen Harmonie kommen, zur gleichen Idee, als wenn unsere Herzen in diesem Moment synchronisiert schlagen würden. Das ist Glück. Musik Kreuzblende in: Musik 3: Xu Fengxia, Saiteninstrumente und Gesang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 37. O-Ton: Justin Sebastian Wenn ich einfach merke, dass ich mit meinen Mitspielern, mit der Gruppe, // dass ich mit der so ne Ebene gefunden habe. Auf der es einfach läuft, // und wenn das dann der Fall ist, dann ist das natürlich auch so`n Moment, wo man überhaupt nicht mehr über das, was man macht, nachdenkt, sondern es kommt einfach, es sprudelt aus einem heraus, // und dieser Fluss, also wenn man wirklich gar nicht mehr nachdenkt und denkt, oh, kann ich jetzt das spielen und soll ich jetzt das spielen, soll ich das spielen, wenn das einfach nur noch aus einem herausfließt, das ist Freiheit, und das ist Glück, // also dass man einfach dieses Gefühl hat, boah ich explodier gleich, also mein Brustkorb sprengt gleich auf, so. Musik ausblenden Moderatorin: Momente, die man festzuhalten sucht, vergeblich, wir wissen es schon. Wie aber kommt man damit zurecht, dass das, was man gerade so intensiv gespürt hat, verflogen ist und man nun gefälligst zu warten hat, bis es - warum auch immer - wiederkehrt, irgendwann. Musik 6: The Cult kurzer, harter Gitarrenriff, 38. O-Ton: Junkie Das sind Glückstreffer heutzutage, wenn ich immer treff, ne. Treff ich nämlich nich, dat is schon wieder Scheiße, Entschuldigung, // jetzt muss ich gucken hier, wo die Ader ist, und dann (Tür schlägt zu) aua, so jetzt bin ich drin, // und dann kann ich den Abbinder aufmachen und abdrücken. Fertig. So. Das war`s schon. Das war der Heroinknaller. Moderatorin: Jörg, 32 Jahre alt. Er sitzt in der Drogenhilfe am Wuppertaler Hauptbahnhof und führt sich eine gehörige Portion Glück zu. Täglich mehrere Male. 39. O-Ton: Junkie Jeder kennt, glaube ich, das Gefühl, wenn man sich ganz weit nach hinten lehnt, die Augen zumacht und dann urplötzlich nach vorne kommt, so`n Kribbeln im Kopf und im ganzen Körper, es wird warm, und ja es ist für mich persönlich ist es ein angenehmes Gefühl, - Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 14: Tibet, Sven Grünberg, dunkle Männerchöre beide Musiken einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Zitator: "Mir schien, das ganze Gesetz der Schwere gelte für mich nicht mehr, und frei flog ich hinter meinen Gedanken her. Eine tiefe, unaussprechliche Wollust erfüllte mich. Ich war frei von der Last meines Leibes. Mein ganzes Sein fühlte sich der still in sich dahin treibenden Welt der Pflanzen zugehörig, voll zauberisch lieblicher Formen und Farben." Ansagerin: Der iranische Dichter Hedayat im Opiumrausch. 40. O-Ton: Junkie Ett gibt en schönen Film, Trainspotting heißt der, da wird gesagt: Ein Heroinkick ist wie ein Orgasmus, nur hundert Mal besser. So. Hundert Mal würde ich vielleicht nicht sagen, aber zehn Mal besser auf jeden Fall. Zitator: "Im Zittern eines Blattes, im Summen einer Biene, in den vagen, dem Walde entsteigenden Düften entstand eine ganze Welt von Eingebungen, eine herrliche und bunte Prozession ungeordneter und rhapsodischer Gedanken." Ansagerin: Charles Baudelaire. Französischer Schriftsteller. Zitator: "Du verleihst zunächst dem Baum deine Leidenschaften, deinen Wunsch oder deine Melancholie. Sein Seufzen und sein Zittern wird zu deinem. Ebenso stellt der Vogel, der in der Tiefe des Himmels schwebt, zunächst die unsterbliche Lust, über den menschlichen Dingen zu gleiten, dar; aber schon bald bist du der Vogel selbst." Musiken ausblenden 41. O-Ton: Konstantin Wecker Jaja, hab ich auch, hab ich auch im Übermaße und versucht, es funktioniert ja auch manchmal, wenn es überhaupt nicht funktionieren würde, gäb`s ja in der Welt kein Drogenproblem, hahaha, das Problem gibt es ja nur, weil es am Anfang auch sogar ab und zu funktioniert. Moderatorin: Jörg steht immer gegen Mittag auf, mit großer Mühe. Er spritzt jeden Tag etwa 2,5 Gramm Heroin, für rund 150 Euro. Tendenz steigend. Und weil er das Geld dringend zum Glück braucht, geht er in einen Supermarkt, klaut Alkohol, verkauft ihn und sucht anschließend seinen Dealer auf. Jörgs Adern an beiden Armen lassen kaum noch Platz. Zitator: "Drogen sind wie Kurzschlüsse im Spannungsgenerator unseres Gehirns. Sich Heroin ins Blut zu spritzen ist so ähnlich, wie an der Steckdose mal gerade mit einem Schraubenzieher eine Verbindung der beiden Pole herzustellen. Es gibt kurz sehr viel Wärme und Licht - aber dann fliegt die Sicherung raus." Ansagerin: Eckhart von Hirschhausen. Zitator: "Glück muss vorbeigehen, um Platz zu schaffen für neues Glück und neue Lernerfahrungen. Dafür ist unser `Belohnungszentrum` eigentlich da. Aber weil wir Menschen findig sind, haben wir in der Kulturgeschichte viele Wege gefunden, den Weg über die Anstrengung abzukürzen, direkt ins Belohnungszentrum vorzustoßen und es zum Vergnügungsviertel zu degradieren. Unser Gehirn braucht den Schmerz als Vergleich, damit wir wieder wissen, was Glück ist." Moderatorin: Der griechische Philosoph Epikur definierte Glück als Abwesenheit von Schmerz und Bedürfnissen. Die Alchimisten des Mittelalters fanden Substanzen, die zeitweise Kranke von Schmerzen befreiten. Ende des 19. Jahrhunderts brachte die Pharma-Firma Bayer das Hustenmittel Heroin auf den Markt. 42. O-Ton: Wolfgang Straßburger Und das war, glaube ich, bis 1920 // ist Heroin gerade in den USA dann sehr stark frei in der Apotheke verkauft worden. // Dass dann irgendwann im Mittleren Westen die ganzen Hausfrauen sich natürlich mit diesem Heroin schönen Nachmittag gemacht haben, ist dann auch irgendwann aufgefallen. Ansagerin: Wolfgang Straßburger hat lange Jahre als Chemiker in der Schmerzmittelindustrie gearbeitet. 43. O-Ton: Wolfgang Straßburger Das Morphin geht eben an diesen bestimmten Rezeptor als Schlüssel passt da rein und macht die Schmerzlinderung, // und macht dann diese euphorisierende Wirkung über die Dopaminfreisetzung. // Und das führt dann dazu, dass eben diese Nebenwirkungen, die Suchtwirkung dann eintreten kann. Aber man muss sagen, dass Patienten mit Schmerzen diese Suchtwirkung im Prinzip, dass die bei denen extrem reduziert ist, // die können im Prinzip abhängig davon werden, dass sie keine Schmerzen mehr haben. Moderatorin: Übertragen auf die epikureische Philosophie: Ist Glück tatsächlich ganz banal nur ein Zustand, wenn Leben mal nicht weh tut? Wenn Seele oder Körper mal nicht zwicken? Reicht uns das? Ist Glück nicht als Highlight zu begreifen, nach dem wir streben, eben nicht frei von Bedürfnissen und Wünschen, sondern im Verlangen nach diesem besonderen Gefühl - auch wenn es bald wieder verfliegt? Musik 15: Gen/Der Berg, Frank Steiner aufsteigende Töne einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 44. O-Ton: Wilhelm Schmid Nehmen wir nochmal die Sexualität, ist ja mit das schönste Glücksmoment, der erreicht werden kann, // und bei etlichen Männern ist das, glaube ich, auch sehr naheliegend, dass sie sich denken, na, wenn das schon so toll ist, dann will ich das ständig haben. Das hat ein junger Sizilianer auch mal probiert, nachdem er geheiratet hat und also alles legal und legitim war von jetzt an, hat er sich mit seiner frisch angetrauten Frau in dieses Abenteuer gestürzt, drei Tage und drei Nächte am Stück, und dann musste er wegen totaler physischer und psychischer Erschöpfung ins Krankenhaus gebracht werden. Das ist also die Grenze des Glücks. Musik harter Schnitt Zitator: "Auf Dauer glücklich sein? - das wäre der Tod. Wir überleben, weil Glück vorbeigeht und wir weiter dazulernen. Kein Mensch ist dazu verdammt, dauerhaft glücklich zu sein. Das ist eine frohe Botschaft." Ansagerin: Noch einmal Eckhart von Hirschhausen. 45. O-Ton: Konstantin Wecker Und ich bin mittlerweile der Meinung, dass man es auf sich zukommen lassen muss und gar nicht krampfhaft danach suchen sollte, nach diesem Glück. Moderatorin: Doch das Verlangen danach scheint grenzenlos. Zitator: "Zumal das Glück von heute Morgen bereits schal geworden sein kann. Genau darin aber liegt der Ansatz." Ansagerin: Gert Scobel. Journalist und Moderator beim TV-Sender 3Sat. Zitator: "Der Weg zum Glück führt immer wieder über triste Hochebenen. In diesen kargen Gegenden müssen wir uns darüber klar werden, worunter wir wirklich leiden." Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 7: Andrzey Nendza Septett, düsteres Saxophon beide Musiken einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Dieser tote Vulkangrund mit seinem trockenen, dunklen Staub, so wüst und immer gleich, dass man kaum das Ende sieht, weit hinten, wo die Zacken des Kraterrandes hoch aufragen. Wo man nicht darüber hinwegschauen kann, was es dahinter wohl gibt. Wo man nur den immerblauen Himmel sieht und den Sonnenball, der die Erde verbrennt. Auf der die Schildkröten sich in die letzten Schatten verdorrter Sträucher ducken. Was soll ich hier? Musik 1 ausblenden, Musik 7 weiter folgend unterlegen: 46. O-Ton: Justin Sebastian Ist bei mir // meistens, nachdem ich von längeren Reisen zurückkomme, dass ich // wirklich in so`n Loch falle, ne, und // dass ich mich dann wirklich da rausarbeiten muss und mir überlegen muss, // was kann ich dagegen tun? Und ja, wie kann ich wieder glücklich sein? Musiken ausblenden Moderatorin: Dabei ist das meist kontraproduktiv. Das höchste, flüchtige Glück kommt unversehens daher, es lässt sich nicht erarbeiten. Oder etwa doch? Beim Sport können wir über Kampf zum Glück finden, in der Beziehung eher zum Krampf. 47. O-Ton: Nusara mai-ngarm Was tun, ich glaube, was ich da meine, ist zum Beispiel: // Einen Tee machen und dann meine Geliebte Tee zu bringen. Dieses Wort arbeiten ist vielleicht zu hart, aber irgendwas extra machen, Nettes, was Schönes, was Außergewöhnliches zu machen. Moderatorin: Was man dafür erhält, sind allenfalls Kopien des ursprünglichen Zustandes. Arbeit an einer Beziehung ist Wiederherstellenwollen. Eine Kopie und noch eine, Reproduktionen eines einmaligen Erlebnisses wie Heroinknaller, von denen man nicht mehr lassen kann. Wo doch gerade Absichtslosigkeit der beste Weg zum Glück ist. Wo gar kein Weg ist, sondern nur Warten. 48. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Ja das Wort warten ist kein schlechtes Wort, es hat was damit zu tun, dass man wach bleibt, dass man aufmerksam bleibt. // (05:18) Man kann ne Offenheit dafür schaffen. Moderatorin: Doch auch das wache Warten ist im Grunde ein Gieren, das uns von vornherein als Glückskandidaten disqualifiziert. Wie aber erlangen wir diesen flüchtigen Hauch wieder, was macht uns reif, was macht uns empfänglich? Sollten wir reich sein oder eben doch lieber arm? Lässt sich Glück verdienen oder stolpert man besser hinein als dass man hinterherläuft? 49. O-Ton: Justin Sebastian Im Prinzip glaube ich, dass jeder glücklich ist. Dass jeder das Glück in sich trägt und einfach es einem selber überlassen ist, das Glück hervorzukitzeln. Zitator: "Glück ist Scharfsinn für Gelegenheiten und die Fähigkeit, sie zu nutzen." Ansagerin: Der Filmproduzent Samuel Goldwyn. Moderatorin: Wenn wir unseren Scharfsinn ständig in Betrieb halten, fahren wir dem reinen Glück damit höchstens in die Parade. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 50. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Die Erfahrung ist so groß, dass dahinter das Denken verschwindet, und das macht die eigentliche Glückerfahrung aus. Weil in dem Denken sind wir gespalten, in dieser unmittelbaren Wahrnehmung der Stille, der Schönheit, der Tiefe, da ist auf einmal Einheit, Ganzsein. Musik harter Schnitt 51. O-Ton: Wilhelm Schmid Es gibt aber nach wie vor das Unglücklichsein. Und auch das Unglück. Es ist sinnlos, das auszublenden. Und darauf zu hoffen, das würde einen im eigenen Leben niemals antasten. Das kann zum eigenen Leben gehören, und das kann im eigenen Leben vorkommen, und was ist denn dann? Moderatorin: Unglück als Teil von Glück, als ambivalentes Gefühl, das uns vom Berg herabführt, uns im Tal ausruhen und verweilen lässt, bis wir wieder Kraft haben. 52. O-Ton: Wilhelm Schmid Daher dränge ich darauf, dass wir das Leben nicht festlegen nur auf eine bestimmte Sorte von Glück, denn das macht uns dann unfähig, wenn etwas anderes vorkommt, darauf auch gut zu reagieren. Also was vorkommen kann in einem Leben, ist nunmal unglücklich sein. Musik 8: Xu Fengxia, Peter Kowald, Gunda Gottschalk hektische schnelle, improvisierte Wechsel einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Moderatorin: Der Büchermarkt überschwemmt uns mit Glücksratgebern. Zitator: "Glück kommt selten allein." Ansagerin: "Lass los, was deinem Glück im Wege steht." Zitator: "Anleitung zum Unglücklichsein." Ansagerin: "Sorge dich nicht, lebe!" Zitator: "Die Angst vor dem Glück." Ansagerin: "Warum wir uns selbst im Wege stehen." Moderatorin: Vielleicht, weil wir uns selbst ein Bein stellen, wenn wir Glücksratgeber kaufen. Das flüchtige Glück ist mit einem Buch wohl kaum zu fassen. 53. O-Ton: Konstantin Wecker Jaja, viele dieser Glücksratgeber haben ja etwas besonders Heimtückisches an sich, die wollen einem ja praktisch sagen: "Du brauchst es dir nur wünschen, dann kannst du es erreichen. Also das ist einfach billige Bauernfängerei." Moderatorin: Dabei funktionieren Glücksratgeber mittlerweile nur noch, indem sie sich von anderen abzugrenzen versuchen und erklären, sie seien keine der üblichen Lebenshelfer - und sind doch nichts anderes als das, auf der Suche nach diesem verflixten Glück. Derweil ist es, je verzweifelter wir danach verlangen, umso seltener erfahrbar. 54. O-Ton: Wilhelm Schmid Meine große Sorge, und deswegen habe ich mein eigenes, kleines Buch übers Glück geschrieben, // dass Menschen dermaßen verrückt dem Glück hinterher jagen, dass sie sich unglücklich machen. Dass also genau das nicht entsteht, was sie sich erhoffen, denn das Glück ist was, was nicht pausenlos zur Verfügung stehen kann, // aber genau das ist, was Menschen sich vorstellen. Dauerhaft gesund sein, dauerhaft zufrieden sein, dauerhaft Spaß haben, dauerhaft Freude, dauerhaft Lust, und das kann nicht stattfinden. Ganz im Gegenteil: Wenn Menschen sich darauf kaprizieren, leiden sie umso bitterer. Moderatorin: Sie halten sich für Pechvögel, fühlen sich benachteiligt, sozial ausgegrenzt, weil sie nicht happy sind wie angeblich alle anderen. Und sind sie nicht gut drauf, meinen sie, irgendetwas falsch gemacht zu haben. Die Menschen verlangen geradezu hysterisch nach Glück, als hätten sie ein Recht darauf. Also kaufen sie Glücksratgeber. Zitator: "Die Tretmühlen des Glücks." Ansagerin: "Alles, was Sie darüber wissen müssen." 55. O-Ton: Wilhem Schmid Ungefähr in unserer Kultur seit zehn Jahren ist das angeschwollen, und mit einem konstanten Crescendo, ich habe den Eindruck, wir steuern jetzt langsam auf einen Höhepunkt zu, und von da an geht`s dann wieder bergab, und in zehn bis zwanzig Jahren hat das jeder wieder vergessen, dass es in seinem Leben partout um Glück gehen muss, das wird dann vermutlich wieder um andere Dinge gehen. Musik harter Schnitt Zitator: "Mir scheint, immer dort, wo ich nicht bin, wäre ich glücklich." Ansagerin: Charles Baudelaire, ohne Opium. Moderatorin: Was hat der Mann falsch gemacht? Auch ein Obdachloser mag Glück erfahren, wenn ihn nachts eine späte Passantin anlächelt, während er aus dem Schlafsack hervorlugt. Dann verlieren sich ihre Schritte im Dunkeln. Wie funktioniert Glück, wo geht es hin? Zitator: "Wenn ich mit intellektuellen Freunden spreche, festigt sich in mir die Überzeugung, vollkommenes Glück sei ein unerreichbarer Wunschtraum. Spreche ich dagegen mit meinem Gärtner, bin ich vom Gegenteil überzeugt." Ansagerin: Der Philosoph Bertrand Russel. Moderatorin: Immer diese Denker! "Glück ist mit den Doofen", sagt der Volksmund. Vielleicht, weil sie nicht viel denken. Weil sie das gar nicht können und sich daher die entsprechende Antenne bewahrt haben, ohne dass ständig jemand von innen her dazwischen funkt. Glück liegt im Garten, auf der Straße. Wo noch? Musik 9: Gruppe Vox, kirchlicher Frauenchoral einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 56. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Da wo es eingeladen wird. Da wo ne Öffnung dafür da ist. Und das ist völlig unabhängig, ob das in Afghanistan, ob das en Taliban, ob das en Mohammedaner, ob das en Christ, en Jude oder en Buddhist ist. Moderatorin: Wo hält Glück sich fern? Die großen Religionen verheißen es meist nur für das Jenseits. Wer frei von Sünden ist, darf ins Paradies. Zitator: "Da Glück auf Erden nicht zu haben ist, (das Realitätsprinzip fordert ständig seinen Tribut) solle man das Streben danach gänzlich sein lassen und sich anderen Dingen wie der Schönheit oder Wahrheit zuwenden." Ansagerin: ... zitiert Michael Hampe in seinem Buch "Vier Meditationen über das Glück" den Psychoanalytiker Antonio Rojaz, einen Vertreter des radikalen Skeptizismus. Zitator: "Das Unglück des Menschen rühre daher, dass er das letztlich unmögliche Glück möglich machen wolle. Doch das Glück sei, wie die Religion auch, eine Illusion. Nur sei diese im Unterschied zur Religion noch nicht entlarvt worden." Musik Kreuzblende in: Atmo 3, Archiv: 2. Weltkrieg, Bombardement, Flugabwehrraketen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Moderatorin: Doch was, wenn Glück überall zu erfahren ist? Überall, wenn es denn kommt. So auf Erden und dort auch im Krieg. 57. O-Ton: Wilhelm Schmid Ich lese Erfahrungsberichte von Soldaten, die in Afghanistan waren. Es kann passieren, dass genau dann, im Kampf, wenn das eigene Leben in Gefahr ist, ein Glücksmoment ohnegleichen entsteht. // Dass jemand sogar süchtig wird danach und den Kampf sucht. Warum sonst sollten Menschen freiwillig in Kriege ziehen? Zitator: "Bei Sonnenuntergang hielt ich ein Glas Burgunder, in dem Erdbeeren schwammen, in der Hand." Ansagerin: Ernst Jünger im Glücksrausch angesichts eines Fliegerangriffes. Zitator: "Die Stadt mit ihren roten Kuppeln und Türmen lag in gewaltiger Schönheit, gleich einem Kelche, der zu tödlicher Befruchtung überflogen wird. Alles war Schauspiel, war reine vom Schmerz bejahte und überhöhte Macht." Atmo ausblenden Moderatorin: Es scheint, als gäbe es keine Unorte für Glück. Musik 11: Kundalini, meditative Klänge einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 58. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Ich erinnere mich, ich habe einen Sonnenaufgang beobachtet, da lag auf dem roten Dach, rote Dachziegel noch Reste von Schnee, und die Sonne fiel dann, das goldene Licht der Sonne fiel dann auf diesen Schnee, und es war nur dieser visuelle Eindruck, und mein Denken hörte auf, ich war einfach so in Beschlag genommen, dass ich nicht dachte. Und ich glaube, das ist das entscheidende Kriterium für diese Art von Gipfelerfahrungen. Oder Erfahrungen von Göttlichkeit. Moderatorin: Völlig gelassen und gelöst sitzt Ramateertha Doetsch im Osho-Zentrum. Wen wundert`s? Er tut ja auch etwas dafür. 59. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Meditation ist also die Fähigkeit, das Denken auch hinter sich zu lassen, und in einen Raum zu treten, der nicht dominiert ist vom Lärm der Gedanken. // Dadurch entsteht auch ne tiefere Bereitschaft und Möglichkeit, diese Momente der Stille oder des Nichtdenkens und dann der Unmittelbarkeit der Verbundenheit mit dem, was ist, zu erfahren. Zitator: "Bereits vor einigen Jahren sorgte ein indischer Abt mit mehr als 10.000 Stunden Meditationserfahrung für eine große Überraschung. Die Aktivität in seinem linken Stirnhirn war sehr viel höher als bei den 150 Nichtbuddhisten. Optimistische Typen haben einen aktiveren linken Frontalcortex als unglücklichere Naturen." Ansagerin: ... schreibt Eckhart von Hirschhausen über einen Versuch des amerikanischen Hirnforschers Richard Davidson. 60. O-Ton: Konstantin Wecker Ich finde, im Buddhismus findet man sehr viel Wege, um zu einem glücklichen Leben zu kommen und auch diesen Zustand zu erreichen. Der Buddhismus ist keine Augenwischerei, // und er ist eine sehr klare Philosophie, und eine Psychologie geradezu, eine Anleitung zum Leben, also mir hat der Buddhismus als Philosophie mehr denn als Religion hat er mir im Leben immer sehr geholfen. Zitator: "Glück ist eine Fertigkeit, die sich erlernen lässt, wie eine Sportart oder das Spielen eines Musikinstrumentes. Wer übt, wird immer besser." Ansagerin: ... lautet Davidsons Schlussfolgerung. Moderatorin: Können sich am Ende Meditierende kaum retten vor Glück? 61. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Hahahaha. Eine Begebenheit ist gut, unendlich viele, unendlich viele, und dass es die immer wieder gibt, ist ein Geschenk des Lebens. // Das sind ekstatische Momente, das sind Höhepunkte, ja. Moderatorin: Das Osho-Zentrum empfängt täglich Menschen, die auf der Suche nach Glück sind, am besten nach dem ständigen, auf dem man wie auf einer Woge schäfchenweich dahingleiten möge. Dabei beschleicht einen der Verdacht, dass das dem tiefen Sehnen nach dem kleinen, dauerhaften Wohlfühlglück des Spießers entspricht, der sanft über das Leder seiner Sitzkombination streicht. Glück zu halten, kann verdammt anstrengend sein, selbst im Schneidersitz. 62. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Das Festhalten kommt aus ner Idee, aus ner Vorstellung, dass ich irgendetwas kontrollieren kann. // Hellinger nannte das vom Ich gesuchte Glück. Und das geht nicht. Das wird uns aus der Hand genommen, und es tut, glaube ich, gut, diese Einsicht: // dass man sich da anstrengen kann, so viel man will. Festhalten geht nicht. Musik ausblenden Zitator: "Glück kann man nur festhalten, indem man es weitergibt." Ansagerin: ... so der Aphoristiker Werner Mitsch. Moderatorin: Wie aber soll das funktionieren, wenn man laut Adorno gar nicht wissen kann, dass man gerade glücklich ist? Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 12: Mozart, Violine Sonatas Vol. 1 Sonata No. 9 in F Mayor, track 9 Theme and Variations, Andante beide Musiken einen Moment freistehen lassen, folgend unterlegen: Sprecher: Diesen Wein noch für den Abgesang, mitten auf dem Marktplatz, etwas abseits von den anderen Gästen. Haben gemeinsam getrunken, im Abendlicht die Gläser angestoßen und verlegen am Flaschenhals gefingert, der heute viel zierlicher ist als in der Woche zuvor, aber da war es schwerer Roter. Moderatorin: Gänsehaut im flüchtigen Unglück, in der Melancholie, tief empfunden, für Momente nur, wenn man nicht so recht weiß, wie man dem Partner die Trennung nahe bringen, und dass er am besten einfach loslassen soll. Sprecher: Und nun? Der Zeigefingernagel tickt gegen das Etikett der Flasche. Die Worte exakt gegen den mattglänzenden Körper gerichtet, während man eigentlich sein Geständnis mit offenem Blick anbringen wollte. Die ausgelebte Zweisamkeit noch einmal absingend, womöglich jetzt schon allein dasitzend, während das Flackern der Kerze spitz über das Kopfsteinpflaster zittert und im tiefen Grün der Weinflasche irrlichtert. Musiken ausblenden 63. O-Ton: Wilhelm Schmid Bei Aristoteles findet sich schon so ne Aussage, so ähnlich wie: "Freu dich darüber, wenn du Melancholiker bist." "Warum denn?" "Naja, weil du das Leben viel tiefer wahrnimmst und damit auch viel mehr vom Leben hast." Moderatorin: Trennung ist immer auch Befreiung. Ein tiefer Schnitt, der weh tut und gleichzeitig neue Horizonte freigibt, mit all den Hoffnungen, die da hinein projiziert werden. 64. O-Ton: Wilhelm Schmid Ich kann sogar jetzt erst die Fülle des Lebens ermessen, weil ich nicht nur die Wohlfühlzustände kenne, sondern auch den Zustand traurig zu sein. Und wenn ich beides gleichermaßen und gleich stark gelten lassen kann, dann habe ich ein ganz anderes Lebensgefühl, als wenn ich immer nur bei positiven Dingen gücklich sein kann. Das können die meisten. Die entscheidende, die ernsthafte Frage ist: Kannst du das auch eben dann, wenn du dich unglücklich fühlst. 65. O-Ton: Justin Sebastian Wehmut, also Traurigkeit hängt natürlich ganz eng mit dem Glück zusammen, wenn man immer glücklich wär, dann würde man ja nicht glücklich sein. // Das Glück wäre ja dann normal, // dann wäre das gar nicht so aufregend. // Und erst dadurch, dass man in Wirklichkeit relativ wenig Momente hat, in denen man wirklich glücklich ist, wird das ja zu so nem unglaublichen Erlebnis. 66. O-Ton: Wilhelm Schmid Wer immer nur die positiven Gefühle hat, der hat ja auch für die positiven Gefühle nicht mehr wirklich ein Wahrnehmungsinstrument. Wir können nur im Kontrast wahrnehmen. Deswegen brauchen wir leider zum Leben nicht nur Lüste, sondern ab und zu auch mal schmerzliche Zustände. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 13: Portishead, Dummy, glory box beide Musiken einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Sitze auf dem Korbstuhl eines Cafés und verliere mich über den kleinen Teich hinweg, in dem die Straßenlichter spielen. Schaue hinein und denke an den Mekong und die wilden Wasser, den alten Fischer am Ufer und ans Opiumrauchen bei den Bergvölkern. Was haben wir geträumt! Nun, wieder in der alten Fremde, gilt es, den letzten Hauch von Ferne auszukosten. Gestreckte Melancholie, von der man nicht lassen kann, die man konservieren will, zur immer gleichen Musik und noch einem Bier. 67. O-Ton: Nusara mai-ngarm über Vogelgezwitscher Ich weiß noch, als ich dann in Thailand war, in Nordost-Thailand, und dann fuhr ich zurück nach Bangkok, und diese Fahrt, als ich dann rechts rausguckte aus dem Reisebus, und die Felder vorbei gesehen hab, und dann plötzlich kamen dann Tränen ohne Ende. // Eine Freude, aber dann auch ein Trauer oder wie heißt? Sadness. A sense of sadness. Sprecher: Dann, im Morgengrauen wache ich verkatert an einem Tisch in der schäbigen Vorstadt auf. Schaler Geschmack im Mund. Schmecken so Seifenblasen? Musik 1 ausblenden, Musik 13 ausleiern lassen 68. O-Ton: Konstantin Wecker Die Schwermut ist die sanfte Schwester, // und die Melancholie, in die man sich hineintreiben lässt, na gut, das ist schon wie ne leichte Droge, aber das hat nichts mit diesem klaren Gefühl des Glücks zu tun, also für mich wenigstens. Das ist ja ein glasklares Gefühl. 69. O-Ton: Ramateertha, Osho-Center Glück ist nie laut. Weil, wer will laut sein in dem Moment? Jeder Lärm zerstört das Glück. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Sprecher: Manchmal sehe ich ein älteres Paar über die Straße gehen. Hand in Hand. Wohnen wohl in der Nähe. Sehen so natürlich aus, ungeschminkt, vom Leben gezeichnet. Moderatorin: Vielleicht gibt es ja doch das dauerhafte Glück, zu finden bei jenen, die nicht davon reden. Das stille Glück, das man über lange Zeit zu zweit erfährt, ohne großartig Wind darum zu machen. Das auch Phasen des Unglücks und der Wehmut als ambivalentes Gefühl akzeptiert. Gibt es das? Still, bescheiden und glücklich? Wer wollte den Finger heben und das von sich behaupten? Denn: Kaum hat man es erzählt ... 70. O-Ton: Wilhelm Schmid Einverstanden zu sein mit den Wechselfällen des Lebens, dann stellt sich dieses stille Glück ein, das sich in einer Grundheiterkeit und in einer Grundgelassenheit ausdrückt. Sprecher: Beide tragen tiefe Falten im Gesicht, die Augen sind hell und wach, und die Art, wie sie miteinander umgehen, lässt vermuten, dass sie tief verbunden sind. 71. O-Ton: Wilhelm Schmid Ich hatte selber Eltern, die zu diesem stillen Glück in hohem Maße fähig waren, die hatten ein sehr schweres Leben leben müssen. Und die haben die negativen Seiten des Lebens reichlich kennengelernt, aber sie haben dem Leben daraus niemals einen Vorwurf gemacht. Und genau deswegen konnten die sich glücklicher fühlen als viele, die auf das Augenblicksglück fixiert sind. Sprecher: Weiß nicht, was mit ihnen ist, aber ich glaube, sie sind auf eine Art glücklich, die mich, wenn ich sie näher kennen lernte, neidisch machen könnte. Einmal hätte ich sie fast angesprochen. Musiken ausblenden 72. O-Ton: Wilhelm Schmid Meine Eltern haben niemals ein Wort namens Glück in den Mund überhaupt genommen. Die waren glücklich. Genau diejenigen, die darüber sprechen müssen, sind ja diejenigen, die das Glück eher nicht kennen oder jedenfalls jetzt nicht empfinden, Begriffe entwickeln wir immer dann, wenn uns etwas fehlt und wenn wir etwas nicht haben. // Was heute bei sehr vielen der Fall ist. Sie haben sehr hohe Ansprüche an das Glück, und wenn das nicht kommt, dann heißt das, um einen Buchtitel zu zitieren: "Glück im Minus." // Das ist nicht nur ein Buchtitel, das ist ein Wahnsinn. // Ich lege einen bestimmten Maßstab fest, // und von dem ausgehend kann man dann messen, dass ich jetzt im Minus bin. Während alle anderen natürlich im Plus sind. Musik 16: Sunrise in Desert, Jean-Pierre Garratoni einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Moderatorin: Am Ende wird ohnehin abgerechnet. Auf Sumatra sieht man Glückliche am Totenbett. Sie feiern das erfolgreiche Leben des Verstorbenen und machen rund um den Leichnam Spiele, bei denen sie sich etwas wünschen dürfen. 73. O-Ton: Konstantin Wecker Also es muss noch ein anderes Geheimnis dahinter stecken, wann wir wirklich bereit sind, empfänglich zu sein fürs Glück. Ich glaube mittlerweile, dass es nichts anderes ist als eine Ahnung dessen, was sein könnte, wenn wir wieder ganz in unserem Innersten mit allem wieder verbunden wären, was ist. Vielleicht ist es eine Ahnung dessen, was uns nach dem Tod erreicht. // Es gibt so viele Sinne, die wir haben, es gibt die fünf bekannten Sinne, aber es gibt noch viele, viele mehr. Sinne, die wir noch gar nicht so richtig ausgelotet haben. // Vielleicht sterben ja nur die, die wir kennen, und die anderen, die machen weiter, die anderen, in denen lebt man weiter - Musik allmählich ausblenden Zitator: "Nicht müde werden sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten" Ansagerin: Hilde Domin. Lyrikerin. Musik 1: Prana Bun, Sven Grünberg sanfte Klänge in hohen Tönen einen Moment freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: 74. O-Ton: Konstantin Wecker Es ist ein Sein. Und ich hab immer mehr das Gefühl, und ab und zu passiert`s einem ja Gott sei Dank immer wieder, dass das das eigentliche Sein ist, dieser Zustand. Und wir uns, aus welchem Grund auch immer, aus dem hinaus manövriert haben als Menschen. Musik 2: Relaxation II tieferer, meditativer Klang einen Moment freistehen lassen, mit Musik 1 weiter folgend unterlegen: Sprecher: Da zieht er vorbei, noch einmal, der Lebensfilm mit seinen flüchtigen Momenten. Noch einmal das Kribbeln auf der Haut wie Pergament. Einmal noch die Stille der Berge, das weit aufgerissene Maul des geduckten Tigers und das eines Schildkrötenweibes im Liebesrausch. Fort ist das bald, und fort bin auch ich dann, noch einmal spürend dieses Hochgefühl in alten abgelegenen Laken, zum Aushauchen bereit zur letzten Reise. Dieses Licht aber, so hell über abgründige Dunkelheiten hinweg - es will mir scheinen, ich könnte es mitnehmen, dieses eine Mal, behalten. Musiken noch einmal kurz freistehen lassen, weiter folgend unterlegen: Ansagerin: Wo geht Glück hin? Zitator: Auf den Spuren eines flüchtigen Phänomens. Ansagerin: Von Dieter Jandt. Zitator: Es sprachen: Ansagerin: Sigrid Burkholder, Oliver Krietsch-Matzura, Thomas Lang und Bettina Scholmann. Ansagerin: Ton und Technik: Hans-Martin Renz und Petra Pelloth. Regie: Uta Reitz-Rosenfeld. Redaktion: Klaus Pilger und Adalbert Siniawski. Eine Produktion des Deutschlandfunks, 2011. Musiken ausblenden ENDE 36