Die Reportage Unten am Fluss Touristische Wegbereiter entlang der südlichen Donau Eine Reportage von Christina Rubarth A 1 Autogerumpel T 1 Ihr Haar verborgen unter einem dunklen Kopftuch, führt eine alte Frau ihr Pferd über den Acker, zieht hinter sich eine frisch gepflügte Spur heller Erde. Sanft wellt sich die Landschaft am Fuße der Karpaten. Weinreben trotzen dem Wind. Als sei die Zeit vor Jahrzehnten stehen geblieben. Doch wir sind in Europa unterwegs, in einem Kleinbus in Serbien - im Grenzgebiet zu Rumänien und Bulgarien. A 2 freistehen: Geholper / serbische Stimmen mit Busfahrer T 2 Wir, das ist eine fünfköpfige Gruppe Journalisten aus Deutschland und Österreich, der Busfahrer und Suzana Vrazitorovi?. Suzana, Anfang 30, dunkle lange Haare, dunkle Augen, kommt von hier, aus Negotin, der östlichsten Gemeinde Serbiens, aber wohnt in Belgrad. Sie zeigt hinein in eine Seitenstraße, ?den Weg herunter, da wohnen meine Großeltern.? Sie selbst, wie so viele, verläßt mit ihren Eltern vor zehn Jahren ihre Heimat, geht dann in Deutschland zur Schule, studiert dort. O Ton 1 Suzana "Es gibt Menschen, die in Negotin geblieben sind. Da gibt es leider keine Möglichkeit, viel zu verdienen, es gibt aus der ganzen Stadt vielleicht 2 oder 3 Familien, die reich sind ? die was produzieren, die anderen verdienen 100 Euro im Monat. Natürlich können die auch nicht damit leben.? A 3a und A 3b fahren T 3 Von den knapp 20.000 Einwohnern damals ist in Negotin gerade noch die Hälfte geblieben. Große, leer stehende Häuser bestimmen das Straßenbild. Die heruntergelassenen Rollläden werden nur hochgezogen, wenn die Besitzer in den Ferien für ein paar Wochen zurück in ihre Heimat kommen ? aus Österreich, aus Holland, aus Deutschland. O Ton 2 Suzana ?Jetzt kommen wir gleich zur serbischen Grenze mit Bulgarien, ich hoffe, dass wir nicht so lange warten müssen, aber es ist keiner da, wie ich sehe.? T 4 Suzanas Ziel heute: Raus aus Serbien, rein in die EU. Zur bulgarischen Donau-Stadt Vidin, gleich hinter der Grenze. Suzana arbeitet für das Donau-Kompetenz-Zentrum, unterstützt von der GIZ, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Ihr Job: Die Gegend, in der die Donau Serbien, Rumänien und Bulgarien verbindet, touristisch interessant zu machen, bekannt auch im Rest Europas. Auch darum fahren wir fünf Journalisten mit. Nur schnell geht hier gar nichts. O Ton 3 Suzana warten (klappt nicht, weil Ton doof) ?Zwei, drei Stunden Wartezeit sind normal.? A 4 aussteigen T 5 Der Busfahrer steigt aus, verschwindet in dem kleinen Grenzhäuschen. "Jugoslavija" steht in blau-roten Buchstaben auf einem Emaille-Schild neben dem Eingang. Rostende Andenken an ein längst aufgelöstes Land. Noch immer ist der Frieden brüchig, elf Jahre nach dem Sturz Slobodan Milosevics, noch frisch die Erinnerung an die letzten Konflikte an der Grenze zum Kosovo. A 5 ?Dobre dan...? T 6 Seit anderthalb Jahren erst kann Suzana auch ohne Visum Serbien verlassen, aber die Grenzer nehmen ihre Sache ganz genau. Schauen jedem von uns Besuchern prüfend in die Augen. Menschen, die freiwillig hier hinkommen, die sind selten. ?Sie haben erzählt, wir sind der erste Bus seit sechs Tagen!?, sagt Suzana. Eine halbe Stunde vergeht an diesem Morgen, bis die Papiere und Pässe kontrolliert sind, unser Bus weiterfahren darf. A 6 Grenze / Schlagloch T 7 Verblichene blaue Schrift auf weißem Grund: ?Willkommen in der Europäischen Union?. Der Busfahrer weicht meterbreiten Kratern im Asphalt aus, windschiefe, rostige Laternen säumen die Straße, noch eine gute halbe Stunde bis in die Donau-Stadt Vidin, im nord-westlichen Zipfel Bulgariens. A 7 ankommen (Musik schon leise drunter legen) T 8 Leise dringt Musik durch die von Maulbeerbäumen gesäumte Allee entlang des Donauufers. Ein einsamer Flusskreuzer liegt vertäut im Hafen von Vidin. A 8 a Stimmen und 8 b Musik (bitte ineinander blenden) T 9 Die Feier in der Festung ?Baba Vida? läuft schon. Dicke Mauern schützen den Innenhof der mittelalterlichen Burg. Im Torbogen reihen sich zur Begrüßung Mädchen in Tracht: schwarze, bestickte Schürzen über langen weißen Spitzenröcken, bunte Blumen im Haar. Der Anlass: Vertreter verschiedener Ministerien und Organisationen aus Deutschland, Österreich, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien sind hier versammelt. Eins haben sie gemeinsam: Sie wollen den Aufbruch in der südlichen Donauregion, in die sich bis jetzt kaum ein Geldgeber, kaum ein Tourist verirrt. Suzana mischt sich unter die Gäste, ein Glas Sekt in der Hand. A 9 andere Musik T 10 Auf dem Wehrgang, dem höchsten Punkt der Burg, reckt ein Mann, knappe zwei Meter groß, im dunkelblauen Anzug stolz die Arme in den Himmel, blickt runter auf das Ufer, auf die Donau. Die Sonne spiegelt sich in seiner Pilotenbrille, darunter ein schwarzer Schnauzbart: Rumen Vidov, der Bürgermeister der 50.000 Einwohner-Stadt Vidin, der die Einwohner weglaufen. A 10 wenn Musik zu Ende geht, dann Wind O Ton 4 Bürgermeister ?Kastell ist einzige in Bulgarien was so steht von viele Zeit, so wie war früher von türkische Zeit schon!? T 11 Auf seine eigene Stadt kann der Bürgermeister nicht bauen: Die Region rund um Vidin gehört zu den ärmsten der EU. Seine zwei Trümpfe im Kampf ums Überleben: die Burg auf der er steht, die hier auf jeder Postkarte prangt, und das, was vor ihm liegt: die Donau als Wasserstraße, die 14 Länder miteinander verbindet, 2850 Kilometer lang, vom Schwarzwald bis ans Schwarze Meer. O Ton 5 Bürgermeister ?Unsere Stadt Vidin steht auf Kreuzung EU-Korridor Nr. 7 ? das ist Donaufluss ? und Nr. 4 auf dem Kreuzung, auf dieses Grund wollen wir die Stadt in Tourismus entwickelt und Ökonomie langsam geht nach oben, aber langsam, ich will ein bisschen schneller!? T 12 Nach Norden wendet sich sein Blick, seine Hoffnung. Dahin, wo er die Geldgeber vermutet. Mit der Stadt Ulm steht er in regem Kontakt, einen deutschen Berater hat er auch schon, sagt er. Was jetzt noch fehlt: mehr Straßen, mehr Brücken, mehr Schiffe, mehr Touristen und vor allem eins, ein einfacherer Grenzverkehr in das wirtschaftlich etwas stabilere Nachbarland Serbien. O Ton 6 Bürgermeister ?Mit Serbien haben wir Grenze und verschiedene Formalität gibt es dort auf der Grenze, ich will Serbien in die EU ? dann alles wird perfekt.? A 11 Gerede T 13 Im Hof der Burg steht Suzana im langen Schatten, den die massiven Mauern spenden. Ihre Aufgabe: Netzwerken mit Donau-Experten aus Deutschland, Österreich und Ungarn, die zum ersten Mal so nah an der Donaumündung ins Schwarze Meer unterwegs sind. Damit die 250.000 Radfahrer und die Donauschiffe nicht schon in Wien wieder umkehren, sondern sehen, dass sich auch weiter südlich etwas tut. - Szenenwechsel - A 12 Schiff ?prawi, prawi?... T 14 Eine Stunde später, bulgarisches Schiff statt serbischer Bus. Suzana winkt zum Abschied. Zur nächsten Station der Reise, nach Kladovo in Serbien, nimmt sie den Bus, der ist schneller. Kapitän Vladimir steuert seine ?Elegant Lady?, 100 Meter lang, Platz für 130 Gäste, immer nach Nordwesten, immer Richtung Belgrad. Braungebrannt ist Vladimir, blütenweiß seine Uniform, kahl sein Kopf, ein ständiges Lächeln um die Mundwinkel. Weit und leer ist die Donau hier unten, nur wenige Schiffe kommen sich in die Quere. ?Aber ein bisschen was tut sich schon auf der Donau?, sagt er. O Ton 7 Vladimir ?Letzte zwei Jahre hier in diese Strecke komm mehr Passagierschiffe, früher nur zwei, drei pro Saison, jetzt 50, 60 Schiffe, alle Schiffe fährt bis schwarze Meer, Passau ? Schwarze Meer, lange Reise, 16 Tage.? T 15 50, 60 Schiffe, das sind höchstens 5000 bis 6000 Gäste pro Saison. Weiter flussaufwärts, in Belgrad, legen immerhin schon 50 000 Gäste an, in Budapest sind es fünf Mal so viele. Karg ist die Landschaft, die Donau die Grenze. Rechts, am rumänischen Ufer: nur ein paar vereinzelte Sträucher, ein Pferd grast einsam unter einem Baum. Am gegenüberliegenden Ufer, dem bulgarischen, tauchen hin und wieder kleine Häuser auf, verwaiste Frachthäfen, sonst kilometerlang nichts. Doch dann bohren sich riesige Betonträger aus dem Wasser, Kräne recken sich in die Höhe. A 13 Schiff und Kapitänsgeräusche T 16 Die Betonträger und Kräne: der Rohbau einer Brücke, die Bulgarien und Rumänien verbinden wird, die dann längste Donaubrücke Europas, über dreieinhalb Kilometer lang. Genehmigt schon vor elf Jahren, soll sie nächstes Jahr endlich fertig sein. Die große Hoffnung der Stadt Vidin. Denn auf fast 500 Kilometern ist die Donau nicht nur eine Grenze für die beiden Nachbarstaaten, sie ist ein tiefer Graben: Nur eine Fähre verbindet Vidin mit dem rumänischen Calafat gegenüber, und die ist teuer: über 20 Euro pro PKW, für knapp 15 Minuten Fahrzeit. Erst 375 Kilometer flussabwärts, in Ruse überspannt bis jetzt eine Brücke den Grenzfluss. A 14 Schiff ?piep... Durchsage...? T 17 Stunden später trennt die Donau Serbien und Rumänien voneinander. Bulgarien liegt hinter uns. Die ?Elegant Lady? nähert sich Djerdap I, der Schleuse zum Eisernen Tor, die größte der gesamten Donau. Doch vorher steigen wir aus: Ein Abstecher in die beiden Grenzstädte. A 15 Kladovo draußen mit Konzert (hab´s außen nur mit Musik) T 18 Am Strand im serbischen Kladovo. Das Konzert vor der barocken Kirche im Zentrum ist noch am Ufer zu hören. Hier ist die Stadt maritim herausgeputzt, lassen sich Einheimische in der Nachmittagssonne auf Bänke fallen, Radfahrer ihre Räder stehen, den Blick aufs Wasser gerichtet. Sa?a Obradovi? ist einer von ihnen. Auf dem Donauradweg ist er unterwegs, erzählt er. ?Als ich ein Kind war, da kannte niemand diese Radroute.? O Ton 9 Sa?a ?But now, there are map from Hungary to Bulgaria all the way near the Danube river.? (?Aber jetzt gibt es Karten und Wegweiser, die ganze Strecke von Ungarn bis Bulgarien, die Donau runter.?) A 16a reingehen und A 16b Hotel drinnen T 19 Direkt am Ufer der Donau, im Hotel ?Aquastar?, begrüßt Mileta Ad?i?, der Chef, seine Gäste persönlich. Nur selten hält hier ein Schiff, das Gäste in das erst drei Jahre alte 4-Sterne Hotel bringt, zu weit entfernt ist Kladovo von den Hauptzielen jeder Donaureise - von Budapest, von Wien, selbst Belgrad ist noch eine halbe Tagesreise entfernt. O Ton 10 Mileta Ad?i? ?I´m pioneer in investing, that was some risk but I have satisfied, eight months we`re practically full!? (?Ich bin hier so was wie ein Pionier. Ich wusste, das ist hier mit Risiken verbunden, aber ich bin zufrieden, wir sind praktisch ausgebucht!?) A 17 Hotel innen T 21 Hinter der Rezeption, im Büro, bald auch auf dem neuen Schnellboot, das Gäste in weniger als acht Stunden aus Belgrad holen soll, überall im ?Aquastar? arbeiten Menschen aus Kladovo. ?Einen von ihnen habe ich sogar aus der Karibik zurückgeholt?, sagt Ad?i?. Dasselbe Gehalt wie dort auf einem Kreuzfahrtschiff verdient der jetzt hier, zu Hause. A 18 Bus, Grenze T 22 Zurück im Bus mit Suzana. Für eine schnelle Tour ans andere Ufer, nach Turnu Severin. Djerdap I, der größte Staudamm der Donau, ersetzt die Brücke, die einzige Verbindungsstraße zwischen Serbien und Rumänien über viele Kilometer. Meterhohe Buchstaben formen auf serbischer Seite den Namen ?Tito? in die Anhöhe. Andenken an die alte Grenze zwischen Titos Jugoslawien und Ceau?escus Rumänien. O Ton 11 Suzana (leise) ?Früher war es verboten hier zu fotografieren.? A 19 fahren T 23 Am Donauufer geht es vorbei an rostigen Kränen einer Werft, stille Zeugen der brach liegenden Industrie in Turnu Severin. Ein Kreisverkehr, von der EU finanziert, verbindet eine Schotterstraße mit der nächsten. Ein Reiseführer, geschickt von der Stadt persönlich, will uns auch andere Seiten der Stadt zeigen. A 20 Tour T 24 Doch viel mehr als ein nervöses Kichern hat er nicht zu bieten. O Ton 12 Reiseführer ?The old bridge, but it´s closed... As you see we have problem with the street.? (?Die alte Brücke, die ist gesperrt und wie sie sehen, haben wir eine paar Probleme mit den Straßen.?) A 21 Tour T 25 Werbung für die eigene Stadt sie sieht anders aus. Versuch gescheitert. Wir fahren zurück: Raus aus Rumänien, rein nach Serbien. A 22 Grenzpolizist liest Namen vor ?Felix... Christina... Thomas...? T 26 Zweimal Passkontrolle, zweimal warten. A 23 ?Dobre dan...? / Kofferraum knallt - Szenenwechsel - A 24 Schiff fährt T 27 Langsam verschwindet die Sonne hinter dem Felsmassiv. Vor uns: das Eiserne Tor, die enge Schlucht, durch die sich die Donau hindurchzwängt. Zwei Schleusen muss Kapitän Vladimir mit seiner ?Elegant Lady? noch überqueren, 32 Meter nach oben. A 27 Wasser T 30 Im Scheinwerferlicht glänzen die Tropfen auf der Reling. Wasser strömt aus den Fugen der Betonplatten, die die Seitenwände der 40 Jahre alten Staudamm-Kammern bilden. ?Müssen die mal wieder reparieren?, sagt Vladimir und zuckt nur mit den Schultern. Die letzte Ampel springt auf Grün, volle Kraft voraus. A 28 fahren T 31 Immer enger wird die Fahrrinne, immer näher kommen die Felsen. Hinter der ?Elegant Lady? verschwindet der riesige Staudamm in der Dunkelheit. Vor ihr liegen die früher gefährlichsten Kilometer Donauweg. ?Hier?, sagt Vladimir, ?sind viele Schwaben auf dem Weg die Donau runter, gekentert und gestorben.? Dank des Staudamms aber sind die Untiefen und Schiffsunglücke, Geschichte. Jetzt ist es immer noch eng, aber: ?kein Problem?, sagt Vladimir. O Ton 14 Vladimir ?Wir haben sehr präzise Steuerung, für uns 10 bis 15 Zentimeter ist kein Problem.? A 29 draußen und A 29 extra Wasser plätschert T 32 Der nächste Morgen. Die ?Elegant Lady? macht Halt in Donji Milanovac, einer kleinen ostserbischen Stadt, am linken Donauufer-stromaufwärts. Wind peitscht über das Wasser, lässt Wellen an den kleinen Schiffsanleger schwappen. Frauen in Tracht nutzen die seltene Ankunft, bieten Brot und Selbstgehäkeltes an kleinen Ständen an. Nur ein paar Schritte sind es bis zur Touristeninformation. Donji Milanovac wirkt auf den ersten Blick verschlafen, auch hier, dasselbe Phänomen: In 30 Jahren hat sich die Einwohnerzahl auf 2000 halbiert. Aber die Maschinerie läuft. Die Zahl der Schiffe, die hier im Monat hält: 80 ? statt nur 10 noch vor fünf Jahren. A 30 Touriinfo T 33 So traditionell die Frauen im Hafen, so modern präsentiert sich die Stadt in dem frisch gestrichenen Neubau der Touristeninformation. Auf die Kundschaft warten Fahrradständer, ein kleines Internet-Café, viele Broschüren und ein dicker Ordner mit privaten Unterkünften. ?Hier sind die Broschüren mit all den Accomodations...? (evt. hoch ziehen) Der Donautourismus ist für die Republik Serbien so wichtig, denn anders als Kroatien oder Bulgarien kann das Land keine Sandstrände an der Adria oder am Schwarzen Meer bieten. Alle Hoffnung liegt auf der Donau, auch für die hohen Politiker. Goran Petkovi? nickt zwei Frauen hinter dem Info-Tresen zu. Hoher Besuch im Anzug, die kleinen Augen hinter der Brille versteckt. Der Staatssekretär für Tourismus. Er will wissen, wie weit Donji Milanovac schon ist. ?Wie müssen hier viel Nachhilfe leisten?, sagt er. O Ton 15 Goran Petkovi? ?In rural areas, hospitality is really famous. They are offering too much food, they are offering too much presents ? they don´t want to charge you for Schnaps if you come to their home because they feel obliged to offer you free Schnaps as a welcome, also the food for your journey when you are going out of their homes ? actually we are teaching them not only to give presents but also to sell something, to be professional.? (?Gerade hier auf dem Land wird Gastfreundschaft groß geschrieben. Doch das heißt hier traditionell: viel Essen, viel Schnaps, viele Geschenke. Und alles gratis. Wir bringen den Menschen bei, dass sie nicht alles verschenken sollen, sondern auch Geld verlangen, für Schnaps, für Proviant. Sie sollen Dinge verkaufen, sie sollen professioneller werden.?) A 31 quietschendes Tor T 34 Ein paar Straßen bergauf, vorbei an gepflegten Vorgärten, öffnet sich hinter einem schmiedeeisernen Tor das Reich von Slavica Popovic. Im Nachbargarten steht einsam eine Ziege. A 32 Garten T 35 In Slavicas Garten duftet es nach Lavendel und blühenden Rosen, Marillenbäume weisen den Weg zur Haustür. Der Blick zurück: runter über dunkelrote Ziegeldächer auf die jetzt wieder breite Donau, eine Traumaussicht: grün-blau schimmert der Fluss, eingebettet in das sanft aufsteigende Ufer. A 33 reingehen T 36 Slavica, eine Frau um die 50, die Kinder sind längst aus dem Haus. Sie ist schon Großmutter, und dabei jung geblieben. Slavica bietet eine Ferienwohnung an, im Erdgeschoss ihres Hauses. Platz für sechs Personen für 25 Euro am Tag. Um die 1000 Euro extra fließen so im Jahr in ihre Haushaltskasse. Viel Geld für Donji Milanovac. Stolz zeigt sie die sauberen Zimmer, die Küche mit Waschmaschine, das Bad mit Badewanne. Vor allem Radfahrer übernachten bei ihr. O Ton 16 Slavica (serbisch) ?Wir haben Gäste aus Slowenien, aus Kroatien, aus Bosnien ? aber nicht nur!? T 37 Die private Zimmervermietung schafft im kleinen Rahmen das, was der großen Politik so schwer fällt. Menschen aus allen Teilen des ehemaligen Jugoslawiens treffen hier friedlich aufeinander ? und ganz nebenbei genießt Slavica den Umgang mit Menschen aus der ganzen Welt, aus Ländern, die sie nur aus Büchern kennt und aus dem Fernsehen. A 34 blättern T 38 Slavica nimmt ihre Brille ab, blättert Seite für Seite in ihrem Gästebuch, ein kariertes Schulheft, voll geschrieben. O Ton 17 Slavica ?Novi Sad, Scotland, Chinese? French 3 months were here, working tourist organizations, lived here.? (?Novi Sad, Schottland, Chinesisch, ein Franzose... drei Monate war der hier, hat für eine Touristenorganisation gearbeitet und hier gelebt...?) T 39 Neben der Eingangstür hängt gerahmt ihr Zertifikat. Seit fünf Jahren ist sie offizielle Gastgeberin. Geschult von der GIZ, wie hoch die Preise sein sollen, was die Gäste erwarten, wie sie sich selbst vermarkten kann. Slavica will alles richtig machen. Bisher klappt das gut. A 35 Wohnung T 40 ?Der Ort hat sich verändert?, sagt sie, seit sie und knapp 50 andere Familien Gäste aufnehmen. O Ton 19 Slavica (serbisch) ?Zum einen sind die Menschen, die hier leben, die Serben, die eher rauer sind und gröber, feinfühliger geworden. Ich merke auch, dass viele einfach freundlicher sind und dass die ganze Gemeinde angefangen hat, Englisch zu lernen und zu sprechen, das ist anders als in den vorangegangenen Jahren.? A 36 Musik auf dem Berg / Kapitän sagt was ?...? T 41 Das Kontrastprogramm liegt 150 Meter höher, eingebettet in die ansteigenden Hügel über der Donau. Wie kleine Schuhkartons wirken die Passagierschiffe von hier oben, im Kunstgarten von ?ika Stefanovi?. Barfuß steht er auf dem frisch gemähten Rasen zwischen Skulpturen aus Holz, zwischen Bambis, Zwergen und Katzen. Sein Angebot: Folklore statt Moderne. Frisches Essen aus dem eigenen Gemüsebeet. Drei Männer, zwei Frauen begrüßen die Gäste mit Schnaps, Brot und Musik. Dann springen sie im Kreis, mit stampfenden Bewegungen buhlen die Männer um die Frauen. Schweiß liegt auf ihrer Stirn, sie tragen Fellmützen, schwere Baumwollhemden. T 42 Ein schönes Fotomotiv, aber vor allem viel Heimatklamauk. Auf dunklen Holzplanken, in krakeliger weißer Schrift, Entfernungsmarken von hier zum Rest der Welt: 2000 Kilometer nach Paris sind es von hier, 1500 bis nach Berlin. Nur noch knapp 200 bis Belgrad. - Szenenwechsel - A 38 ankommen Hafen Belgrad / Funk T 43 In Bronze gegossen thront ein nackter Mann, leicht grüne Patina auf Schultern und Haar, ein Schwert in der rechten Hand, über der Burg ?Kalemegdan?, dem Wahrzeichen Belgrads. Kapitän Vladimir verlässt mit seiner ?Elegant Lady? die Donau, biegt ab in ihren Zufluss, die Save. Legt ein letztes Mal an. A 39 aussteigen T 44 Er ist nicht mehr allein im Hafen. Eine Hand voll Schiffe liegt schon vertäut, entlässt ihre Passagiere. A 40 Straßenlärm vermischt, dann Straßenmusik unterlegen T 45 Nur eine steile Treppe verbindet den Hafen mit der Innenstadt. Voll ist der Platz der Republik zwischen Nationaltheater und -museum. Teenager hocken zu Füßen einer Reiterstatue. An der Ecke zur Fußgängerzone hängt ein ?Hostel?-Schild, eins von vielen. Belgrad ist schon da, wo die Untere Donauregion noch hin will: die Stadt existiert in den europäischen Reiseführern ? und hat einen festen Platz in den Plänen der Balkanreisenden. 16