Deutschlandradio Kultur deutschlandradiokultur.de Die Reportage Frau Illner und Herr Huber - Von der Leidenschaft im Talkshow-Publikum zu sitzen. Eine Reportage von Johannes Nichelmann Redaktion: Eberhard Schade Regie: Roman Neumann Sendung vom 22. Dezember 2013, 13 Uhr 07 (c) Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Erkennungsmelodie "Die Reportage" - darüber: Autor: "Es gibt Leute, die mehrmals die Woche - so oft wie nur möglich - in die Oper gehen, die völlig vernarrt in die Musik, die Künstler, die Bühnen sind. Und mit genau dieser Leidenschaft verbringen andere Leute ihre Freizeit mit Polit-Talkshows. Sie setzen sich drei-, viermal die Woche ins Studiopublikum und werden so Teil des Fernsehgeschäfts. Ich wollte wissen, was diese Menschen antreibt und habe Herrn Huber kennengelernt." Anmoderation: Unser Autor Johannes Nichelmann war nicht nur mit echten Talkshow-Fans unterwegs. Berlin ist die Hauptstadt des Polittalks und dahinter steckt eine Industrie, die sich mit der Beschaffung von Fernsehpublikum beschäftigt. Ein Blick hinter die Kulissen. Die Reportage: Frau Illner und Herr Huber - Von der Leidenschaft im Talkshow-Publikum zu sitzen. Erkennungsmelodie: Ende/ Blende M A N U S K R I P T 1. Szene 01. Atmo: Kurz vor der Sendung - darüber: 01. O-Ton: Das Gefühl, bevor es losgeht Hr. Huber: Es fühlt sich an, so ungefähr, ich bin sehr gespannt! Angespannt! Also positiv angespannt. Ja, wer sind heute die Gäste? Wer kommt heute und ich frage dann auch mal Mit-Teilnehmer: Wissen Sie, wer heute kommt? Nein? Und dann sage ich: Das erfahren wir dann schon rechtzeitig! 01. Atmo: Ende/ Blende 02. Atmo: Beginn von "Hart aber Fair" TV-Trailer: "Er ist dem Tod entronnen..." "Es ist wirklich sehr nett von Euch, dass Ihr mich aufnehmt." Aufnahmeleiter: Und Achtung!!! TV-Trailer: "Erzählst Du mir, wie es passiert ist? Vorspann, Musik: "Montagabend, im Ersten! Hier ist "Hart aber Fair" mit Frank Plasb... (stürmischer Applaus) - darüber: Autor Montagabend, 21 Uhr in Berlin-Adlershof. Studio 20 D. Fernsehliebling Frank Plasberg zum Anfassen. Der ARD-Talkmaster steht in der kleinen rot-blau-weiß- schwarzen Kulisse von "Hart aber Fair". Dazu gehören auch achtzig Zuschauerinnen und Zuschauer. In der vierten Reihe sitzt Erich Huber. Er lächelt. Knapp 800 Sendungen hat er in den letzten zwölf Jahren vom Publikum aus mitbestritten. Seit zwölf Jahren ist das hier seine große Leidenschaft, sein Hobby. Meistens besucht er Polittalks. Der 72-jährige trägt einen hellblauen Pullover, ein schwarzes Hemd, ein Halstuch. Seine Kleidung ist perfekt abgestimmt auf die Bedürfnisse der Fernsehmacher. Nichts was kariert ist - das würde flimmern. Kein blütenweises Hemd - das wäre zu grell. Und Erich Huber konnte eben auch das Warm-Up des Moderators, kurz vor der Sendung, quasi mitsprechen. Er wusste, dass Frank Plasberg zu Beginn fragen wird, wer denn den weitesten Anreiseweg gehabt hat. Dann wird er kumpelhaft ein paar Seitenhiebe auf die Berliner machen, weil er ja aus Köln kommt. Und schließlich wird der Ton-Mann singen müssen, bevor der Aufnahmeleiter die Notausgänge zeigen soll, als wäre er Steward in einem Ferienflieger. Alles, um das Publikum locker zu machen. Herr Huber freut sich jedes Mal auf die kleine Showeinlage vom sonst so seriösen WDR-Mann. Das hier sieht keiner der Zuschauer im Fernsehen. Atmoblende Sprecherin: Hannelore Kraft - die NRW-Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Chefin erklärt... Autor Die Sendung läuft. Siebzig Minuten lang stellen sich neben Hannelore Kraft unter anderem auch Gregor Gysi von den Linken und Anton Hofreiter von den Grünen dem Thema der Sendung. Es geht um die Große Koalition. Alles ist wie immer. Frank Plasberg drückt auf Knöpfe, um kleine Einspielfilme zu starten. Die Politikerinnen und Politiker nicken oder schütteln mit dem Kopf - tragen ihre Sicht der Dinge vor. Herr Huber hat sich entspannt zurück gelehnt und folgt konzentriert mit verschränkten Armen der Diskussion. Nur manchmal schiebt sich ihm eine der großen Kameras ins Blickfeld. Atmoblende Schließlich gibt der Aufnahmeleiter dem Moderator das Signal, dass die Sendezeit gleich rum ist. Frank Plasberg bedankt sich bei seinen Zuschauern zu Hause und bei den Gästen im Studio. Abspann. Applaus. Im Finale zeigt die Kamera noch einmal das Publikum. Dann gehen die Scheinwerfer aus. Neonröhren sorgen für fahles Licht. Die Zuschauerinnen und Zuschauer verlassen das Set. Herr Huber geht auf Frank Plasberg zu. Er hat eine Anmerkung. 02. Atmo: Ende/ Blende 02. O-Ton: Treffen mit Plasberg Hr. Huber: Wenn ich noch sagen darf, Herr Plasberg, manchmal kam das bei mir so an, wenn Sie sagen "Faktencheck", da kam das bei mir so an, als hätten Sie damit gedroht, dem einen oder anderen Diskutanten oder auch als "Ja! Das klären wir im Faktencheck." Frank Plasberg: Ja, das ist durchaus ein leiser Appell, nicht zu steil zu behaupten, was nicht durch Fakten gedeckt ist. Auch bei uns gibt es schon mal Politiker, die in die Diskussion gehen und sagen: Das werden wir im "Faktencheck" klären. Hr. Huber: Ja! Kann ich mich an eine Sendung erinnern. Frank Plasberg: Genau, wir tun das dann auch. Nicht immer, aber dann, wenn es wirklich sinnvoll erscheint, tun wir's. Hr. Huber: Ja! Ja. Ja, ganz herzlichen Dank! Frank Plasberg: Ich danke Ihnen für Ihr treues Interesse. 03. O-Ton: Espresso-Gäste Frank Plasberg: Das Publikum im Studio ist für Gäste oft gewichtig. Nehmen Sie so ein Beispiel, wenn da Politiker sitzen, die schon acht Stunden in Koalitionsverhandlungen saßen, die dann abends sich noch in eine Sendung begeben, da nützt dann nicht der vierte Espresso, aber ein Applaus. Der hat dann nämlich die Funktion von einem Wachmacher. 2. Szene 03. Atmo: Vorraum, Hart aber Fair - darüber: Autor Eine Stunde vor Beginn der Sendung. Erich Huber, Rentner und gebürtiger Hesse, betritt das Studiogebäude am Rande Berlins. Im Foyer warten zwei Damen an einem Stehtisch darauf, seinen Namen auf der Zuschauerliste abzuhaken. 04. O-Ton: Begrüßung Hr. Huber: Grüß Ihnen! Mitarbeiterin I: Hallo! Hr. Huber: Hallo! Mitarbeiterin I: Schön, dass Sie wieder da sind. Hr. Huber: Ja! Mitarbeiterin II: Genau! Hr. Huber: Freu mich auch. Mitarbeiterin I: Hier ist Ihr Kärtchen. Mitarbeiterin II: Bitte noch einmal ausfüllen! Adresse, Unterschrift... Hr. Huber: Ja, machen wir gleich. Ja. Kann ich ja am Tisch hinten... Mitarbeiterin I: Ja, genau. Das wäre nett, ja. Mitarbeitern II: Bis nachher! Autor Rote Sofas, Stehtische und eine kleine Auswahl an Getränken. Herr Huber gibt seinen Mantel ab, schaut sich um. Meistens bin ich nicht der einzige Dauergast, man kennt ja immer wen - sagt er. Zur Zeit sind aber noch keine bekannten Gesichter da. 05. O-Ton: Besonderheit Hr. Huber: Hier bei Plasberg ist so, die wollen nicht, dass man all zu oft kommt. Die wollen immer neue Gesichter wieder haben, weil das kann schon sein, dass das auffällt in der Redaktion, wenn man da jedes Mal da ist. Autor Erich Huber setzt sich auf eines der Sofas, beobachtet die anderen. Ein Ehepaar steht schüchtern in der Ecke. In der Hand hält sie eine Serviette mit Salzstangen. Er krümelt sein Hemd voll, was bei ihr Panik auszulösen scheint - schließlich geht es gleich ins Fernsehen. Die meisten sind zum ersten Mal hier. 06. O-Ton: Vox-Pop, Publikum Älterer Mann: Ja, wenn man im Fernsehen, wenn man zu Hause sitzt, da sieht man das Ringsherum nicht, wie die so untereinander agieren. Eben die Politiker mal live zu erleben. Junger Mann I: Das ist mal so von der anderen Richtung. Irgendwie, man sitzt nicht vorm Fernseher, sondern man ist hinten dran irgendwie. Junger Mann II: Ja, oder vielleicht Dinge zu sehen, die man sonst nicht mitbekommt. Also kleine Sachen, wie kurz vor der Aufnahme, zu sehen, wie sind die Kandidaten angespannt, entspannt, wie wird eingewiesen und so weiter... Autor Dinge, die auch alteingesessene Talkshow-Besucher wie Erich Huber noch immer faszinieren. Der hat inzwischen auch einen alten Bekannten getroffen. Steffen, 42 Jahre alt. 07. O-Ton: Alte Bekannte Steffen: Also wir kennen uns auch schon. Zehn Jahre bestimmt, wa? Hr. Huber: So lange schon, Steffen? Steffen: Ja, klar! Wir haben ja damals angefangen bei "Anne Will", nee "Anne Will" nicht. Ich komm nicht auf den Namen drauf. Jetzt die andere... Hr. Huber: Illner? Steffen: Illner! Genau. Hr. Huber: Meine Freundin! Steffen: Maybrit Illner. Hr. Huber: Meine Freundin! Steffen: Die hat das auch immer sehr interessant gemacht. Hr. Huber: Steffen, Entschuldigung! Steffen: Ja? Hr. Huber: Wir waren doch auch in der blauen Kugel öfters. Steffen: Ach, ja. Das ist ja noch... das war ja noch bei, bei... Hr. Huber: Ja! Steffen: Bei "Sabine Christiansen"! Mensch, das ist ja... Hr. Huber: Da war die Christiansen in der blauen Kugel. Steffen: Und hier (auch) "Hart aber Fair". Autor Will, Illner, Christiansen: Hauptsache nah dran an der großen Politik. Erich Huber ist bekennender CDU-Wähler. Und dennoch ein Fan von Gregor Gysi. Mit dem habe ich auch einmal sprechen dürfen, erinnert er sich. Und Steffen freut sich jedes Mal, wenn die Grüne Claudia Roth zu Gast ist. Von CDU-Frau Ursula von der Leyen weiß er, dass sie in einer Sendung mal barfuß saß. Die Schuhe hätten so gedrückt. Das macht die Leute ja menschlich, die sind so wie wir - resümiert Steffen. Seine erste Show: "Vera am Mittag". Aufgezeichnet draußen in Babelsberg, damals für Sat.1. Das ist vierzehn Jahre her. Während andere auf die ARD schimpfen, dass sie sich fast jeden Abend eine Gesprächsrunde leistet, freuen sich die beiden Männer über das große Angebot. 08. O-Ton: Talkshow-Gang Steffen: Eigentlich machen wir uns schon theoretisch Sorgen, wenn wir uns mal nicht eine Woche sehen oder vierzehn Tage nicht. Aber dann sagt auch meistens einer auch bescheid. Das sind ja mehrere. Wir sind ja schon irgendwie so eine kleine, sagen wir mal eine kleine Clique. Hr. Huber: Ja! Steffen: Oder eine Gang, wie man jetzt sagen möchte. Man sieht dann so viele neue Gesichter, die das nicht so gewohnt noch nicht sind. Die dann auch, wenn auch dreimal gesagt wird, nicht winken in die Kamera, was machen sie? Sie winken in die Kamera! Können sich dann sehen. Das haben wir schon oft gehabt, wa? Hr. Huber: Das hab ich gestern, bei "Günther Jauch" gesehen. Eine Reihe vor mir waren also eine Reisegruppe da, mit dem Bus und die haben das dann mitgebucht oder gebucht bekommen... Steffen: Genau, hm! Hr. Huber: ...durch den Reiseveranstalter. Und da hab ich gesehen, wie die Handkamera da so hingeht in die Reihe und die Frau hat gleich so gemacht. Also die ist... das ist ein Neuling auf dem Gebiet. Steffen: Oder sie sagen: Handy alle aus äh... abgeben. Was hörste? Immer: piep, piep, piep. Hr. Huber: Gell?! Steffen: Da kann man bloß lachen. Hr. Huber: Ja, ein Neuling. Das ist also, natürlich, das ist also... Steffen: Wenn manche sich gleich auch so versteift hinsetzen und: Ich bin in der Kamera! Oh, schön! Na gut, vielleicht haben wir das früher auch gemacht. Ich weiß es nicht. Aber vielleicht haben wir jetzt auch mehr Routine drinne. Hr. Huber: So am Anfang, dass man auch immer geschaut hat, dass man ins Bild kommt... Steffen: ...ins Bild kommt. Hr. Huber: Weil danach auch die Bekannten aus allen Ecken Deutschlands dann angerufen haben. Wir haben Dich im Fernsehen gesehen! Und, und, und... Steffen: Da haben sie mich auch schon drauf angesprochen. Das ist alles normal jetzt. Es ist normaler Alltag geworden. Hr. Huber: Hm! Steffen: Man kommt eben runter damit. 03. Atmo: Ende/ Blende 3. Szene 04. Atmo: Call-Center - darüber: Autor Berlin - Charlottenburg. Im Keller eines Altbaus befindet sich das Call-Center der Firma "TV Ticket-Service". Von hier aus sorgen sechs Telefonistinnen dafür, dass die Zuschauerränge in den Studios der Hauptstadt nicht leer bleiben. Egal ob für ARD, ZDF, die dritten Programme oder die Privaten. Egal ob Polittalk oder Castingshow. Margareta sitzt vor ihrem Computer, wählt die Nummer von Erich Huber. Absprachen für die kommende Woche. 09. O-Ton: Anruf bei Herrn Huber Margareta: Hallo, Herr Huber! Hier ist Margareta vom "TV-Ticket Service". Wie geht es Ihnen denn? ... Sehr gut, sehr gut, sehr gut. ... Wie sieht es denn die Woche danach aus bei Ihnen? ... Das sieht gut aus. ... Möchten Sie gerne vielleicht wieder am Montag zu "Unter den Linden" oder zu "2+Leif" oder am Dienstag zum "Duell"? Ähm... als, was möchten Sie denn lieber? Sollen wir Montag beide Sendungen erst mal eintragen, so dass wir uns am Freitag nochmal melden, wegen der Uhrzeit? Okay. Supi! Dann schönen Tag noch und viel Spaß heute Abend! Bis dann, Tschüß! Autor Bei bis zu vier Sendungen in der Woche ist Herr Huber dabei und gehört damit zu einem guten Dutzend von Menschen in Berlin, die den Besuch von Fernsehsendungen zu ihrem Hobby erklärt haben. Margareta trägt ihn im Computer ein. Das Programm zeigt an: 638 Mal war er schon dabei. Zusätzlich ist Herr Huber aber auch noch bei anderen Fernsehticket-Firmen angemeldet. 04. Atmo: Ende/ Blende 10. O-Ton: Stress am Telefon Michael Köhler: Michael Köhler, hallo? ... Lena, ich grüße Dich! Genau, es hat sich gestern Abend die Uhrzeit für "Unter den Linden" verändert. Und ähm... die Sendung geht zwölf Uhr dreißig los, statt siebzehn Uhr. Die Kollegen versuchen gerade das Publikum umzubuchen, was relativ schwierig ist. Deswegen wollte ich mal Fragen, wie es bei Euch aussieht... 05. Atmo: Büro, Köhler - darüber: Autor Ein Stockwerk höher sitzt Michael Köhler an seinem Schreibtisch. Er leitet das Berliner Büro der Firma. Auf seinem Tisch herrscht Chaos. Sein Blick geht ständig zum Telefon. Und unweit vom Mülleimer liegt ein Stapel von Eintrittskarten der ZDF- Sendung "Inka!" - die wurde vor einiger Zeit abgesetzt. War nicht leicht, da jeden Tag achtzig Leute reinzubekommen - meint Michael Köhler. Aber geschafft haben meine fünfzig Mitarbeiter und ich es immer. Der Markt ist gut aufgeteilt. Es gibt noch ein paar Konkurrenzfirmen. Nur in Köln wird noch mehr Publikum gebraucht. 11. O-Ton: Markt Michael Köhler: Der Markt "TV-Publikum" ist groß! Wenn ich jetzt nur mal unsere Basic-Sendungen nehme, sind es um die vierhundert, vierhundertfünfzig Zuschauer, die wir wöchentlich koordinieren. Wenn da jetzt nochmal eine große Samstagabendeventshow dazu kommt, dann sind's mal eben sechs, siebenhundert noch mal oben drauf. Wenn da zwei noch zu kommen, dann sind wir schon bei knapp zweitausend. Das kommt immer drauf an. Autor Kommen nicht genug Freiwillige zusammen, dann werden auch schon mal bezahlte Komparsen ins Publikum gesetzt. Oder es gibt einen Betriebsausflug für alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Studio. Auf keinen Fall - Michael Köhler hebt die Augenbrauen, als wolle er ein für alle Mal ein Gerücht aus der Welt schaffen - auf keinen Fall würden nur hübsche und junge Menschen in den ersten Reihen von Deutschlands Polit-Talkshows einen Platz finden dürfen. Und in die öffentlich- rechtlichen, führt er fort, wollen sich auch nicht nur Rentnerinnen und Rentner setzen. 12. O-Ton: Querschnitt Michael Köhler: Wir wollen natürlich ´nen Querschnitt der Bevölkerung drin haben. Also wir achten ein bisschen darauf, dass wir nicht zu jung oder nicht zu alt vom Alter her sind. Da fragt sich der Zuschauer davor einfach: Warum sitzen denn jetzt da so viele alte Menschen da? Autor Der Eintritt ist nicht immer frei. Für eine Visite bei "Günther Jauch", "Anne Will" oder "Maybrit Illner" werden zwölf Euro berechnet. Erich Huber bekommt inzwischen meist Freikarten. 05. Atmo: Ende/ Blende 4. Szene 13. O-Ton: Fernsehen Maybrit Illner (TV): Guten Abend, herzlich Willkommen, liebe Zuschauer! Es ist 22 Uhr 15, heute Abend. Ein herzliches Willkommen Ihnen allen im Zweiten Deutschen Fernsehen. Wenn einen der... Hr. Huber: In der ersten Reihe, ganz links. Maybrit Illner (TV): ...ausgerechnet die amerikanischen Freunde. Hr. Huber: Müssen wir mal gucken. Hm... 06. Atmo: Illner im TV - darüber: Autor Freitag, Nachmittag. Im Wohnzimmer von Erich Huber. Ein großer heller Raum mit gelbem Sofa und Kruzifix über dem kleinen Fernseher. Nach "Hart aber Fair" am Montag hat Erich Huber am Dienstag die N-TV Sendung "Das Duell" besucht. Und gestern noch den ZDF-Talk von Maybrit Illner. Gerade läuft die Wiederholung. Erich hat keine Kinder und ist nie verheiratet gewesen. Sein Leben hat der ehemalige Diakon der Kirche verschrieben, zölibatär. Damals in Erlangen arbeitet er unter anderem in einem Hospiz. Und tritt von Zeit zu Zeit als Zauberer für Kinder auf. Als er vor zwölf Jahren in Rente geht, fasst er den Entschluss, ein neues Leben anzufangen und zieht nach Berlin. Ohne zu wissen, was ihn dort erwarten wird. 14. O-Ton: Wie alles begann Hr. Huber: Eine Nachbarin, die hat mir also gesagt, sie ist vom Fernsehen eingeladen. Und da hab ich gesagt: Wie ist das möglich? Wie kann man vom Fernsehen eingeladen werden? Und dann hat sie vom "TV-Ticket Service" gesprochen. Und da hab ich gesagt: Kann ich da mal mitgehen? Ja, sie meldet mich an. Und da bin ich da auch mitgegangen und krieg dann auch immer Anrufe und auch Schreiben für bestimmte Sendungen. Jetzt arbeite ich ehrenamtlich beim Fernsehen! Ja... (lacht) 15. O-Ton: Klatschen Hr. Huber: Der Teilnehmer, jetzt so wie ich, der ist nur zum Klatschen zugelassen. Gell! Also zum Klatschen. Darf vielleicht auch mal "Buh" rufen. Autor Am häufigsten hat Erich Huber den Polit-Talk im ZDF besucht. Er ist ein großer Fan von Maybrit Illner. Vom ersten Aufeinandertreffen holt er ein Foto aus dem Flur. Es ist eingerahmt. Zusammen mit der Eintrittskarte. 16. O-Ton: Illner Hr. Huber: Hier, das war so mit die erste Begegnung. Diese Ehre, die mir da zuteil wurde. Gell. Wie will ich sagen? Wenn man jemand kennt, wie soll ich es beschreiben? Da spielt natürlich auch, wenn ich jemanden persönlich kenne, jetzt wie die Frau Illner, Sympathie und Antipathie mit. Ich sag nur auch, die kann für meine Begriffe, kann die nix falsch machen. Gell. Weil sie hat so einen, auch einen Humor! Eigenartig. Also nicht eigenartig. Es ist wunderbar! Es ist was ganz anderes, wenn man jemanden persönlich kennt und dann da sieht. Ja. Ja. 06. Atmo: Ende/ Blende 5. Szene 07. Atmo: Berlin, Alexanderplatz - darüber: 17. O-Ton: Zeitproblem Christopher: Ich meine, wenn ich die Zeit hätte, ich würde mich auch viel, viel mehr in Sendungen reinsetzen. Entschuldigung? Mal eine Frage! Kommen Sie aus Berlin? Frau: Ja, aber ich hab keine Zeit! Christopher: Keine Zeit? Ganz kurz, ganz kurz? Frau: Auch nicht. Tut mir leid. Christopher: Wir verschenken was. Autor Auf dem Berliner Alexanderplatz versucht der 25-jährige Christopher Hill die Passanten für einen Besuch in einer Fernsehsendung zu begeistern. Bis zu den Augenbrauen hat er eine Wollmütze gezogen, es ist kalt. Unter dem Arm trägt er ein Klemmbrett. Ein junges Paar bleibt stehen, als er sagt, dass er vom Fernsehen kommt. Christopher erklärt, dass er für den Ticket-Service arbeitet und dass dies die große Chance ist, einmal hautnah im Studio mit dabei zu sein. 18. O-Ton: ProSieben, bitte Christopher: Ne, Ihr könntet Euch einfach mal auf eine Kontaktliste eintragen. Dann werdet Ihr vom Büro angerufen und die sagen Euch in den nächsten vier Wochen haben wir diese Sendungen, ne. Und Ihr könnt Euch dann einfach mal aussu... Mann: Aber nur ARD und ZDF? Christopher: Nee, wir haben auch N-TV dabei. Wir haben hier die verschiedensten... Mann: Pro Sieben? Christopher: Pro Sieben ist auch dabei. Wir haben "Circus Halligalli", ne. Aber da haben wir eine Warteliste. Das ist natürlich äh... Mann: Und "TV-Total"? Christopher: "TV-Total" leider nicht, ne. Mann: Aber trotzdem danke, dass Ihr uns gefragt habt. Christopher: Schönen Tag noch! Tschüß! 19. O-Ton: Politshow vs. Gameshow Christopher: Manchmal ist es ziemlich schwer. Vor allem, wenn es dann um Polit- Sendungen geht, ne. Und da ist dann auch das Interesse, vor allem bei jüngeren Leuten, eher gesunken. Ähm... aber ja. Generell ziehen mehr die Unterhaltungssendungen, muss man ehrlich sagen. Politiksendungen sind schon ein bisschen schwieriger. Autor Christopher macht das hier erst seit zwei Monaten. Aber von den erfahrenden Kolleginnen und Kollegen hat er gehört, dass vor zehn, fünfzehn Jahren alles ganz einfach gewesen sei. Als noch mehr über Teenager-Schwangerschaften, übel riechende Nachbarn und kriminelle Klassenkameraden getalkt wurde, da hätten die Leute die Studios geradezu überrannt. "Arabella ", "Oliver Geißen" und "Britt " gehören der Vergangenheit an. Und überdies sind die Leute heute wählerisch geworden. Jeder, der ins Fernsehen will, war schon einmal dort. Es hat sich herumgesprochen, wie einfach es ist an der großen Medienwelt teilzunehmen. 20. O-Ton: Qualität Christopher: Ich muss leider sagen, dass das deutsche Fernsehen in den letzten Jahren auch ein bisschen abgenommen hat, von der Qualität her finde ich, ne. Und das Unterhaltungsfernsehen, muss ich sagen. Und deswegen reizt es mich auch einfach so ein bisschen die Leute ein bisschen zu mobilisieren und zu sagen: Gehen Sie doch einfach mal in eine Politiksendung, lassen Sie sich einfach mal berieseln, ne. Autor Denn zur Informationsvermittlung taugen diese Shows kaum. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Universität Wuppertal. Viel mehr geht es um Emotionen und darum, seine eigene Meinung bestärkt zu sehen. Christopher findet innerhalb der nächsten Stunde nur zwei junge Frauen, die sich auf seiner Kontaktliste eintragen wollen. Glückssache, meint er. 07. Atmo: Ende/ Blende 6. Szene 08. Atmo: Bahnsteig mit Gitarre - darüber: Autor Sonntagabend, letzter Termin für diese Woche. Die vierte Talkshow. Erich Huber steht im schwarzen Mantel auf dem Bahnsteig. Es geht nach Berlin-Schönberg, zu "Günther Jauch". 21. O-Ton: Nachteil Hr. Huber: Der einzige Nachteil ist jetzt hier bei "Günther Jauch", man muss immer so früh dort sein. Fast anderthalb Stunden. Und das ist mir manchmal zu lang dann. Die Warterei vorher. 22. O-Ton: Helmut Schmidt I Hr. Huber: Da fällt mir noch was ein! Sehr goldige Anekdote. Moment... (Zigarette anzünden) Autor Das Warm-Up, erinnert Herr Huber, ist ja am Ende eh immer das Gleiche. Bei einem Sender, wird man beispielsweise per Bandansage darauf hingewiesen, doch sein Mobiltelefon auszuschalten. Aber dazu gibt es noch immer eine Bemerkung, die ihn jedes Mal aufs Neue stutzen lässt. 23. O-Ton: Helmut Schmidt II Hr. Huber: Und dann noch eine Bitte. Das Rauchen ist gänzlich untersagt, im gesamten Studio. Außer für Mitwirkende vor der Kamera und da sag ich jedes Mal: Helmut Schmidt! Ganz laut. Bahn-Ansage: Sehr geehrte Fahrgäste. An Gleis 1, bitte beachten Sie... 08. Atmo: Ende/ Blende 09. Atmo: Schritte zu Jauch - darüber. 24. O-Ton: Geheimnisvoll Hr. Huber: Jetzt gehen wir gerade an der Bahnstrecke entlang. Zum Gasometer, an den geheimnisvollen Ort von "Günther Jauch". Die Einspielmusik gefällt mir auch immer so gut, von Jauch. Dat, dat, dat, dat - einmalig! Pförtner: Einen schönen guten Abend! Hr. Huber: Abend! Pförtner: Zur Sendung? Hr. Huber: Hm! 09. Atmo: Ende/ Blende 10. Atmo: Wartehalle - darüber: Autor Herr Huber geht über einen großen Parkplatz in ein rotes Backsteingebäude. Hier warten er und die anderen 270 Zuschauer bis es losgeht. Die Stimmung ist wie im Foyer einer Oper oder eines Theaters. Nur ist an diesem Abend die Wahrscheinlichkeit größer, von vier bis fünf Millionen Menschen gesehen zu werden. Publikums-Betreuerin Cornelia stürmt auf Erich Huber zu, begrüßt ihn. Einer dieser Momente, die er so liebt. Die ihm Kraft geben, wie er sagt. 25. O-Ton: Begrüßung Cornelia: Herr Huber! Hr. Huber: Ja, meine Freundin! Cornelia: Tag, Herr Huber. Hr. Huber: Sie ist immer so nett zu mir. Wie sagt man denn? Es gibt immer gute Plätze und ich werde freundlich begrüßt... Cornelia: Sie sind ja auch ein lieber Schatz! Hr. Huber: Das freut mich! Da geht das Herz einem auf. Cornelia: Ja, wir sehen uns öfter mal, ne? Hr. Huber: Ja! Cornelia: Ich arbeite und Herr Huber kommt zum Fernsehen. (lachen) 10. Atmo: Ende/ Blende 11. Atmo: Gang in die Arena - darüber: Autor Einlass. Durch einen langen Gang geht es in das runde Studio im Gasometer. Mit seiner Eintrittskarte in der Hand, nähert sich Erich Huber den gläsernen Drehtüren zum Zuschauerraum. 26. O-Ton: Gedanken Hr. Huber: Ja, also ich hab mir manchmal so vorgestellt, zum Beispiel wenn jetzt, wenn man im Zirkus ist und man sieht so einen Gang wie hier, wo die Löwen dann durchkommen. Und dann in die Arena gehen. So ungefähr. Man tut nochmal Luft schnappen. Im Studio ist es doch meistens immer recht warm. 11. Atmo: Ende/ Blende 12. Atmo: Platzierung - darüber: Mitarbeiterin: So. Sie brauchen einen Einzelplatz, richtig? Dann kommen Sie einmal bitte mit mir mit. 27. O-Ton: Platz Hr. Huber: Ja, oh. Sehr schöner Platz. Ja, ist alles frei. Man kann also... muss ich nicht hinter jemand durchschauen und freie Sicht. 12. Atmo: Ende/ Blende 13. Atmo: Beginn von Jauch - darüber: Autor Mit seinem roten Pullover ist Herr Huber ein paar Mal im Bild zu sehen. Morgen hat er einen Tag frei. Dienstag geht es zu N-TV, am Mittwoch zum RBB und am Donnerstag vielleicht zum ZDF. Ein Leben ohne Jauch, Plasberg, Illner und Co? Kaum vorzustellen, meint Herr Huber. Er nimmt Platz in deren Wohnzimmern, will dabei sein. Mehr sehen, als die anderen. Erich Huber ist glücklich. Die Woche endet mit Applaus. 13. Atmo: Ende/ Blende - Ende - DKultur - Die Reportage: Frau Illner und Herr Huber 2