COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen ab- geschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Forschung und Gesellschaft am 21. August 2008 Redaktion: Peter Kirsten HAARP oder das Unfassbare Figuren verschwörungsideologischen Denkens Von Walter van Rossum Zit.-in: "als ob du lieber himmel man plötzlich im eigenen Musik: (unterlegen) Zit.-in: gleichgewichtssystem, im innenohr die corioliskraft körperlich zu spüren kriegt (...): sonnenspektrum verfangen im himmelskreis über haarp, der blick davongezogen, hochgesaugt durchs loch im raum selber, flatternde feuchtigkeit und blinkende druckverände- rung, angezeigt präziser als jede technische temperaturmessung, einfach durch die höhenmessung der haare in meinem nacken, und mein kribbelnder skalp, durch den röntgenstrahlung, gam- mastrahlung in den kopf sickert,..." Autor: Dietmar Dath, Waffenwetter. Roman S. 262 Zit.-in: "... während die vertikale verschwindet, in der horizontalen, und die maschinen pulsen den himmel enger, bis er zusammenklappt und gelähmt aufhört zu schweben, abstürzt [ab hier langsam ausblenden] hier auf den boden fällt vor uns um uns für weil woraus...." Autor: So könnte es aussehen, wenn HAARP seine Saiten erklingen lässt und den Himmel beschießt. Musik: Autor: HAARP ist eine Abkürzung für High Frequency Active Auroal Re- search Programm. Musik: Autor: In Alaska, nahe der Ortschaft Gakona ca. 230 Meilen südlich von Fairbanks, stehen auf einem streng bewachten Areal zwölf Reihen à 15 Doppelantennen, jede etwa 24 Meter hoch. Musik: Zit.-in: ".. die hälse und arme der antennen, jede gitterknospe dreiwertig: verbunden durch vier kanten mit vier anderen knospen, der kür- zeste weg von jeder knospe ausgehend zu dieser selbst wieder zu- rück ist eine schlaufe, sechs kanten lang, jede knospe gehört zu vierundzwanzig solcher schlaufen..." Langsam ausblenden. O-Ton: (Dath) "In Gakona selbst, als wir dahin gefahren sind, ist das Auf- fälligste an diesem Riesending, das die dahin gestellt haben und das vom Pentagon stark bezuschusst und vom Militär mitgeleitet wird, dass man es fast nicht finden kann." Autor: Dietmar Dath ist als Journalist der Frankfurter Allgemeinen Zei- tung nach Gakona gereist. O-Ton: (Dath) Also auf Straßenkarten findet man es nicht, das Internet hat es - aber das ist ja auch wieder so ein Nichtort-Ort. Das heißt, im Internet sieht das so aus, als ob man da ganz leicht hinkommt. Die Fotos davon sind von einer Art, die muss entwe- der jemand gemacht haben, der auf dem Bauch liegt oder die sind aus einer Perspektive, die es in Natura nicht gibt. Also wenn man dahin fährt, die Antennen sind nicht zu sehen. Man muss erst durch dieses Gatter, was wir nicht geschafft haben, weil da niemand war. Und an diesem Gatter hängen ein paar Schilder, die so schöne Dinge sagen wie, dass man jederzeit kontrolliert werden kann und dass einem alles mögliche passieren kann. Und dass der wachhabende Offizier entscheidet, ob man je wieder das Licht des Tages sieht - und das war schon alles einigermaßen be- drohlich." O-Ton: (Garcia) VO: "Was HAARP macht? HAARP ist eine große Antenne, die in der Lage ist radiofrequente Energie in die obere Atmosphäre, die Io- nosphäre zu senden. Damit tun wir auf geringerem Niveau das, was die Sonne auch macht." Autor: Rich Garcia, der Pressesprecher von HAARP O-Ton: (Garcia) VO: "Warum wir das machen? Wenn wir elektrische Störungen in der Atmosphäre haben, können wir nicht mehr über Satelliten kom- munizieren." Autor: Die Ionosphäre der Erde beginnt in einer Höhe von etwa 80 Kilo- metern. Sie enthält signifikante Mengen von Ionen und freien E- lektronen. Ihr Ladungsmaximum erreicht sie bei 300 Kilometern. O-Ton: (Dath) "Das Gute war, dass sich auf den Artikel hin, den ich vor- ab als Testballon in der FAZ veröffentlicht habe, (...) dass sich je- mand daraufhin gemeldet hat von einer Klimaforschungsgruppe, der wohl mal drauf war auf dem Gelände, der hat einigermaßen technische Expertise; also so richtig entscheiden ob das glaub- würdig ist oder ob z.B. die Diskussion da drum stimmt, dass es da Patente gibt, die also gesperrt sind und wo einige der Leute, die Geräte entwickelt haben und die dann ausgeschlossen wur- den davon das Ding weiter zu nutzen und die sagen eben, wir können uns eigentlich nicht vorstellen, dass das, was die offiziell erzählen, was die da machen, dass das mit unserer Technik ge- macht wird. Da muss irgendwas anderes gemacht werden. Das sind für mich die Glaubwürdigsten, nicht die Spinner, sondern die Techniker, die ein Leben lang als Nietkanone für den militä- risch-industriellen Komplex gearbeitet haben und plötzlich gesagt bekommen ,Danke schön für die Patente, aber was wir jetzt damit machen, das sagen wir nicht'. Und die können, glaube ich, eini- germaßen beurteilen, ob das plausibel ist, ob die Bauteile, die sie entwickelt haben, auch tatsächlich der Verwendung zugeführt wurden, einfach mal die Ionosphäre zu beschießen. Und davon gibt es mindestens zwei. Ein gewisser Herr Eastlund und noch eine anderer, und die sagen: was immer die da machen, das stimmt so jedenfalls nicht." Autor: Der amerikanische Physiker Bernard J. Eastlund ist Ende letzten Jahres verstorben. Mit seinen verschiedenen Firmen war er öfter als Berater der amerikanischen Regierung tätig. Er ist auch der Inhaber des US-Patents No. 4686605. Dabei geht es um eine Technologie, die zu folgendem imstande wäre: 1. Zit.: "Verursachung von totaler Zerstörung von Fernmeldesystemen in einem Großteil der Erde. Nicht nur die Zerstörung landgestützter Fernmeldesysteme, sondern auch Fernmeldesysteme im Luft- raum und auf See (sowohl überirdisch als auch unterirdisch). Zerstörung, Ablenkung und Verwirrung von Flugkörpern oder Flugzeugen. Veränderung des Wetters durch die Veränderung der solaren Absorption. Autor: So meldet es die New York Times vom 15. August 1987. Bernhard Eastlund erinnert sich in einem Dokumentarfilm: O-Ton: (Eastlund 2, 15) VO: "1984 wurde ich angefragt, für die enormen Gasvorkommen im nördlichen Alaska eine Anwendung zu finden, da die nicht ver- kauft werden konnten. Um Ihnen eine Vorstellung von der Menge zu geben, um die es sich handelte: Es war genug Gas um die ge- samte Elektrizität der Vereinigten Staaten für ein ganzes Jahr zu erzeugen. Ich habe dann einige Ideen entwickelt für militärische Zwecke und für zivile Nutzanwendung. Dabei ging es darum, die- ses Gas in Elektrizität zu verwandeln, um Energie in gigantischer Intensität zu erzeugen." Autor: HAARP ist ein Ionosphärenheizer, der nur 1 Megawatt benötigt, um durch seine vernetzten 360 Antennen eine Leistung von einer Milliarde Watt in der Ionosphäre zu erreichen. HAARP nutzt zur Signalverstärkung den Transistoreffekt der Ionosphäre. Die Anla- ge ist zur Zeit der einzige Ionosphärenheizer, der in der Lage ist mit fokussierten Hochfrequenzstrahlen zu arbeiten, er kann also seine Energie konzentriert und punktgenau in die Ionosphäre schicken. HAARP kann nicht nur bestimmte Flächen der Iono- sphäre erhitzen, er kann auch Teile dieser wie mit einem Schneidbrenner erhitzen und anheben. Bernard Eastlund: O-Ton: (Eastlund) VO: "HAARP begann 1990 mit einer Initiative des amerikanischen Kongresses. Kurz gesagt, der Kongress hat das Verteidigungsmi- nisterium damit beauftragt, das Potential der oberen Atmosphäre zu untersuchen, um Kommunikation und Navigation zu verbes- sern. Und dann wurden Air Force und Navy mit der Leitung des Projekts betraut." O-Ton: (Dath) "Offiziell behaupten sie, was eine schöne Geschichte ist, so absurd, dass es fast stimmen könnte, behauptet wird, die schie- ßen irgendwas in die Ionosphäre und gucken dann mal, was pas- siert. D. h. der ganze milliardenschwere Aufwand ist noch nicht einmal - wie es bei Sir Karl Popper so schön heißt: - mit einer Hypothese ausgestattet, dass man sagt, wir testen jetzt das oder machen jetzt davon die Gegenprobe, sondern es wird ganz einfach behauptet, wir wissen eigentlich gar nicht so genau, was dann passiert, wenn wir hochfrequente Wellen in die Ionosphäre schie- ßen, aber wir wollen damit das Nordlicht erforschen." O-Ton: (Garcia 9,15) VO: "Am HAARP-Programm nehmen 18 verschiedene Universitäten und Colleges teil. Die Universitätsforscher sind natürlich interes- siert, denn es handelt sich hier schließlich um wichtige Themen und die wollen einfach wissen, was das ist. Aber HAARP hat keine Auswirkungen auf die Erde." Autor: Beteuert Rich Garcia, der Pressechef von HAARP in einer Doku- mentation über HAARP - gemacht von HAARP. Das sehen viele Kritiker ganz anders. Zum Beispiel Bernhard Eastlund: O-Ton: Eastlund VO: "Bei der Gründung wurde darüber gesprochen, wie man Raketen zerstören kann, Kommunikationskontrolle bzw. Kommunikati- onsstörung standen auf dem Plan. Eine andere Möglichkeit be- steht darin, das Wetter zu ändern, schließlich sogar einen Teil der oberen Atmosphäre höher in den Weltraum zu heben, in der Hoffnung Satellitenkommunikation zu stören." Autor: Dietmar Dath hat verschiedene Orte aufgesucht und zu Romanen und Essays verarbeitet: Roswell in New Mexiko, wo 1947 eine fliegende Untertasse abgestürzt sein soll, Nevada, wo auf dem A- rea 51 Trümmer aus dem Weltraum eingelagert sein sollen oder Tunguska in Russland, wo 1908 ein Meteorit eingeschlagen sein soll. O-Ton: (Dath) "Und schließlich wollte ich nach HAARP. Das einfach des- wegen, weil das alles Orte sind, die Repositorien oder Senken bil- den, in denen sich Mythologien ablagern, die für sich haben, dass es keine überkommenen Mythologien sind, keine Stammesge- schichten, keine Grimmschen Märchen, sondern neue Techno- Mythologien. Das heißt Mythologien, die damit zu tun haben, dass diese Gesellschaft, so wie sie ist, intransparent ist, un- durchschaubar für Leute, die in ihr leben und an die Technik und andere Mittel, die dazu da sein sollten, das Leben zu erleich- tern, knüpfen sich irgendwelche komischen Raunereien." Autor: Auch HAARP ist so ein Ort, um den sich seit Mitte der 90er Jahre zahllose Gerüchte und Spekulationen ranken. Allein, weil das amerikanische Militär die Leitung des Projekts hat, liegt der Ver- dacht nahe, hier ginge es weniger um zweckfreie Grundlagenfor- schung, sondern eher um gezielte militärische Experimente. Dar- über kann natürlich auch Dietmar Dath nur spekulieren. O-Ton: (Dath) "Einige dieser Wellenspektra, die da gefeuert werden, ent- sprechen, denen, die im menschlichen Gehirn passieren. So dass man natürlich überlegen kann, wenn es schon um Handystrah- len solche Diskussionen gibt und da die ja auch nicht vor Ner- vengas und solchen Sachen zurückschrecken und da inzwischen zugegeben wurde, dass Wellenwaffen entwickelt worden sind, die z. B. auch im Irak angewandt wurden, dass das also eine Technik ist, die eine Art von nichtgiftigem Nervengas- oder Lähmung bzw. eine Beeinflussung des Hirnstoffwechsels, dass das dahinter steckt." 1. Zit.: "Unter dem Verteidigungsminister und Alt-Sternenkrieger Donald Rumsfeld bekam die Strahlenoffensive oberste Priorität im Penta- gon: Während der letzten Jahre flossen mehrere Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung." Autor: So berichtete der Spiegel bereits im Jahre 2002. Und die Umwelt- aktivistin Jeanne Manning beklagt, dass HAARP seine Antennen nicht nur auf die Ionosphäre, sondern auch auf die Magneto- sphäre richtet: O-Ton: (Jeanne Manning) VO (w): "Man muss Menschen und Erde vergleichen. Die Erde hat ein Magnetfeld, auch Menschen erzeugen ein Magnetfeld, speziell in Hirn und Herz. Jeder Körper hat ein starkes Magnetfeld, das empfindlich auf die Magnetfelder in seiner Umwelt reagiert. Wenn HAARP in die Magnetosphäre eingreift - also in das Mag- netfeld, das die Erde umgibt - wird das selbstverständlich Aus- wirkungen auf unsere Gesundheit und unsere körperliche Ver- fassung haben." Autor: HAARP kann auch niederfrequente Signale erzeugen - wie Nick Begich 1995 in seinem Buch Angels don't play HAARP dargelegt hat. In einem Interview erklärt er: O-Ton: (19.10) VO: "Aber diese Sorte niederfrequenter Signale kann auch die menschliche Stimmung beeinflussen. Das menschliche Hirn ope- riert auf einer niedrigen Frequenz. Beispielsweise, wenn wir kon- zentriert nachdenken, dann erzeugen wir 14-15 Schwingungen pro Sekunde, wenn wir meditieren etwa acht und wenn wir schla- fen, dann sind es vier Schwingungen pro Sekunde. HAARP ist in der Lage all diese Frequenzen zu erzeugen. Und mit diesen Signa- len kann man das menschliche Gehirn beeinflussen. Wenn Sie die Frequenz kennen, kontrollieren und anwenden können, kön- nen sie alle menschlichen Gefühle manipulieren. Freude ebenso wie Traurigkeit." Musik: 2. Zit.: [anderer Raum] "So will ich denn die Verschwörung des Catilina so wahrheitsgetreu wie möglich in Kürze erzählen. Denn dieses Unternehmen ist wohl ganz besonders denkwürdig wegen des ungewöhnlichen Maßes von Ruchlosigkeit und Gefährlichkeit. Bevor ich jedoch beginne, muss ich über den Charakter des Mannes einige Worte vorausschicken." Autor: So heißt es in Die Verschwörung des Catilina aus der Feder des römischen Schriftstellers und Politikers Sallust. Die Schrift wurde um das Jahr 43 v. Chr. verfasst. O-Ton: (Dath) "Was sie auch zugegeben, ist, dass ihnen das die Möglich- keit gibt, da das Zeug reflektiert werden kann da draußen, bei- spielsweise mit sehr tief tauchenden U-Booten zu kommunizie- ren, ohne dass das abgefangen oder abgehört werden kann." Autor: Der Strahlenexperte Patrick Flanagan vermutet: O-Ton: (Flanagan, 18,55) VO: "HAARP dient dazu, Öl- oder Gasvorkommen zu entdecken. Im Prinzip funktioniert das, weil niederfrequente Signale tiefer in die Erde, das Wasser oder den Ozean eindringen können als die hochfrequenten Signale." O-Ton: (Dath) "Eine weitere Anwendungsmöglichkeit, die ebenfalls nicht bestritten, aber auch nicht bejaht wird, ist die Erdtomographie, d. h. sozusagen fledermausartig verteilen sich die Wellen nach un- ten nach oben, Echo, und dann weiß man,aha da gibt es irgend- welche Höhlensysteme, sagen wir mal Tora Bora und so, aber na- türlich auch Bodenschätze." Musik: [unterlegen] Zit.: [anderer Raum] "Als nun aber die Römer durch Tätigkeit und Ge- rechtigkeit ihren Staat vergrößert, mächtige Könige im Krieg be- zwungen, wilde Völker und große Stämme unterworfen hatten, Karthago, Roms Nebenbuhlerin, von Grund auf vertilgt war und nun alle Meere und Länder ihnen offenstanden: da begann das Schicksal seine Tücken zu zeigen und alles in Verwirrung zu bringen. (...) So wuchs zuerst die Begierde nach Geld, dann nach Herrschaft, und diese beiden Leidenschaften waren die Quelle ih- res ganzen Unglücks." O-Ton: (Dath) "Und schließlich die Wettergeschichte. Na ja, ich glaube, das Wetter ist ein dermaßen kompliziertes System, dass es fast nicht vorstellbar, dass es nichts bewirkt, aber genauso wenig ist es für mich jedenfalls, nach allem, was ich davon verstehe, vor- stellbar ist, dass man da sehr präzise drauf einwirken kann." O-Ton: (Flanagan;10.20) VO: "Was die nicht im Geringsten interessiert ist, was mit der Iono- sphäre geschieht, wenn die 80 Meilen draußen im All von den Radiowellen aufgeheizt wird. Alle Moleküle in diesem Teil der Io- nosphäre nehmen die Energie der Radiowellen auf und wenn sie die richtige Frequenz finden, dann kann diese Energie sich wieder entladen aus der Ionosphäre, die Radiowellen runter und auf die Erde treffen. Und das wäre dann die hundertfache Energie von Blitzen während eines Gewitters." Musik: [unterlegen] 2. Zit.: [anderer Raum] "Ungefähr um den ersten Juni des Jahres, in dem Lucius Cäsär und Gajus Figulus Konsuln waren, ließ Catili- na zuerst alle einzeln zu sich kommen: den einen redete er er- munternd zu, bei anderen versuchte er zu sondieren und wies auf seine Geldmittel, den Mangel an Gegenanstalten im Staate, die großen Vorteile einer Verschwörung hin." O-Ton: (Dath) "Verschwörungstheorien sind im Grunde genommen alle Theorien, die davon ausgehen, dass es so etwas wie Kartellab- sprachen gibt, dass die Leute, die das Sagen haben, das Sagen nicht nur Austeilen nach unten in der Hierarchie, sondern auch lateral zwischen den verschiedenen Fraktionen deren, die das Sa- gen haben, Absprachen stattfinden. Das halte ich erst einmal für das allerplausibelste auf der Welt." Autor: So sehen es auch die meisten Lexika: Verschwörungen sind ziel- gerichtete, vernetzte und verdeckte Operationen einer Gruppe von Personen zur Erreichung illegaler bzw. illegitimer Zwecke. Und entsprechend sind Verschwörungstheorien Mutmaßungen über solche verdeckten Operationen. Und sie können nichts anderes sein als Mutmaßungen. In dem Moment allerdings, da sich die Spekulationen beweisen lassen, sprechen wir meist nicht mehr von Verschwörungen, sondern von Komplotten, Affairen, Skanda- len, Intrigen oder kriminellen Machenschaften. Musik: [unterlegen] 2. Zit.: "Übrigens begünstigten die meisten jungen Römer, besonders vom Adel, Catilinas Unternehmen: diese Menschen, die in Ruhe prächtig oder doch behaglich leben konnten, zogen das Ungewis- se dem Gewissen, den Krieg dem Frieden vor." Autor: Es genügt, eine Ausgabe des Spiegel zu lesen und schon haben wir jede Menge Verschwörungstheorien kennen gelernt. Ein schwer lesbare Welt voller organisierter Täuschungen will entzif- fert werden. Nur sehen sich natürlich Spiegel-Redakteure nicht als Verschwörungstheoretiker, sondern als investigative Journa- listen. Allein, wo ist die Grenze? Es sieht so aus, als bezeichnete man mit dem Wort "Verschwörungstheorie" abwegige oder para- noide Spekulationen. Auch der Schriftsteller und Journalist Dietmar Dath warnt vor den spekulativen Ekzessen: O-Ton: (Dath) "Wenn eine Begründung ausreicht für etwas, dann brau- che ich keine zusätzlichen Fakten zu erfinden. Also bitte immer so minimalistisch wie möglich. Bei Verschwörungstheorien ist es jetzt so, dass da unglaubliche Mengen von Assoziationen aggre- giert werden. (...) Da habe ich manchmal den Eindruck, dass es eine Ersatzhandlung ist, weil man gegen die Schweine, die da ihre Sachen machen, nichts tun kann, dann kann man ja wenigstens ein bisschen vor sich hingraben." Autor: Allein, wann spinnen Verschwörungstheorien wann nicht? Die sogenannten Realisten in Politik und Medien führen in letzter Zeit gerne spöttisch die Kasperlefigur des Verschwörungstheoretikers vor. In der Regel wollen sie dann Denkverbote erteilen. Verschwö- rungstheorien sind unerwünschte Theorien. Deshalb werden auch investigative Journalisten gerne mal als Verschwörungsthe- oretiker abgewimmelt. Man tut gerne so, als wären Verschwörun- gen etwas Vormodernes, dass in einer hyperkomplexen modernen Gesellschaft gar nicht mehr stattfinden kann. 1.Zit.: "Verschwörungstheorien sind reine Kunstprodukte." Autor: Behauptet etwa der Mediziner Thomas Grüter in seinem Buch Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer. Wissenschaftler treten gerne im Namen der Aufklärung gegen Verschwörungsthe- oretiker auf. So erklärt etwa der Historiker Wolfgang Wippermann in seinem Buch Agenten des Bösen.Verschwörungstheorien von Luther bis heute: 1. Zit.: "Ausgangspunkt allen verschwörungsideologischen Denkens ist der Glaube, dass für alles Übel in der Welt der Böse schlechthin - der Teufel - verantwortlich ist." Autor: So gesehen wären die Verschwörungstheorien zu Haarp gar kei- ne, denn schließlich geht es nicht um den Teufel, sondern um Spekulationen über bestimmte Interessen des militärisch- industriellen Komplexes. Nun aber zu unterstellen, Spekulatio- nen über solche Interessen wären prinzipiell haltlos, ist besten- falls naiv. Wippermann unterstellt eine Welt, in der es anschei- nend keine Geheimdienste gibt, keine Mafia, keine Regierungs- kriminalität auf höchstem und schlimmstem Niveau. Die Theorie- sorte Verschwörungstheorie erledigt man nicht dadurch, dass man ein Dutzend längst widerlegter Verschwörungstheorien ge- nüsslich wiederkaut. Als gäbe es nicht Hunderte von Verschwö- rungstheorien, die sich bewahrheitet hätten. Diese Sorte von Ra- tionalisten scheint zu glauben, im Zeitalter der Aufklärung könne es keine Dunkelheit geben. Es ist aber eher umgekehrt: es gibt die Aufklärung, weil es Dunkelheit gibt. Und Aufklärung funktio- niert nicht über Gewissheiten, sondern über Suche. Wippermann verweist zu Recht darauf, dass Juden oft zu Opfern von Ver- schwörungstheorien geworden sind. Es gibt allerdings eine furchtbar bittere Pointe dieses Antisemitismus: die Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten funktio- nierte exakt auf der Basis einer riesigen Verschwörung. Und je- der, der es wagte, Gerüchte über die systematische Ermordung der Juden Ernst zu nehmen, wurden als durchgeknallter Ver- schwörungstheoretiker abgetan. Kurzum, man sollte endlich auf- hören, so zu tun, als gäbe es eine Textsorte "Verschwörungstheo- rie", deren paranoiden Charakter man auf Anhieb erkennen könnte. Musik: 2. Zit.: [anderer Raum] "Wer immer in jener Zeit politische Wühlereien betrieb, tat es unter ehrenhaft klingenden Vorwänden, die einen, als ob sie die Rechte des Volkes verteidigten, andere, um das An- sehen des Senats möglichst zu erhöhen - in Wirklichkeit aber, so sehr sie auch das allgemeine Wohl vorschützten, kämpfte jeder nur für seine eigene Machtstellung. Und sie kannten weder Maß noch Ziel in diesem Streit." Autor: Gewiss, HAARP hat in Scharen einen bestimmten Typ von Inter- preten angezogen, die in der weltentrückten Anlage in Alaska die neueste Büchse der Pandora entdecken, der jedes nur erdenkli- che Grauen entfleucht. Nur wie steht es dann um die scheinbare Lächerlichkeit dieser Verschwörungstheoretiker, wenn man ihre nervöse Skepsis, ihre manischen Ängste in der pedantisch büro- kratischen Sprache einer EU-Behörde wiederfindet. Denn 1998 hat sich ein EU-Untersuchungsausschuss mit HAARP beschäf- tigt. In seinem Bericht vom Januar 1999 heißt es unter anderem: 1. Zit.: "[Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz] betrachtet das ionosphärische Manipulati- onssystem des US-Militärs (HAARP), das in Alaska stationiert ist und einen Teil der Entwicklung und Anwendung elektromagneti- scher Waffen für den externen und internen Bereich der Sicher- heit ausmacht, als ein Beispiel einer höchst gefährlichen neuen militärischen Bedrohung der gesamten Umwelt wie auch der menschlichen Gesundheit, da dieses Projekt zum Ziel hat, zu mi- litärischen Zwecken in den höchst sensiblen energetischen Be- reich der Biosphäre einzudringen, obwohl die Konsequenzen die- ses Vorgehens in keinster Weise abzusehen sind." O-Ton: (Dath) "Warum Verschwörungstheorien für mich tatsächlich inte- ressant sind: Es sind einfach saugute Metaphern dafür, dass man sozusagen in einer undurchsichtigen - und undurchsichtig nicht nur auf der Ebene des Erkennens, sondern vor allem auf der Ebene des Handelns - in einer undurchsichtigen Gesellschaft lebt. D.h. man lebt in einer Gesellschaft, in der das, was man tut, im Grunde scheißegal ist, in der das angebliche Leistungsprinzip - wer es besser macht, der hat mehr Erfolg - natürlich längst nicht stimmt. Jeder weiß, dass mit zunehmender Konzentration der Verfügungsgewalt über die Reichtümer dieser Erde, dass die Abhängigkeit von Personen an die Stelle der Leistung tritt." Autor: Unser aller Orientierung beruht im Wesentlichen auf bestimmten Beglaubigungszeremonien, das können die Urkunden des Notars sein, das Wissen der Wissenschaft, die Unparteilichkeit der Ta- gesschau, die Verlässlichkeit der Gesetze. Orientierung beruht im hohen Maße auf Vertrauen und Glaube und sehr viel weniger auf Wissen - einerseits einfach deshalb, weil niemand über ein voll- ständiges Wissen verfügte und andererseits, weil immer unklarer wird, ob der Lauf der Dinge auf irgendeinem Wissen beruht. Musik: 2. Zit.: [anderer Raum] "In Rom aber hatte Lentulus mit den übrigen Häuptern der Verschwörung eine anscheinend große Streitmacht zusammengebracht und folgenden Plan entworfen: sowie Catilina in das Gebiet von Fäsula gekommen wäre, sollte der Volkstribun Lucius Bestia in einer öffentlichen Versammlung über Ciceros amtliches Verfahren Klage führen und, um ihn verhasst zu ma- chen, die Schuld am Kriege auf den so vortrefflichen Konsul schieben." O-Ton: (Dath) "Verschwörungen sind dann schwieriger, wenn gleichstar- ke Parteien miteinander wetteifern, sie werden dann plausibler, wenn es wenige sehr starke und viele sehr schwache gibt. Inso- fern ist es klar, dass Verschwörungstheorien im Kalten Krieg ein- facher gescheitert wären, weil die Russen dafür gesorgt hätten, dass die amerikanische Schweinerei herauskäme und die Ameri- kaner dafür gesorgt hätten, dass die russische Schweinerei he- rausgekommen wäre. (...) Insofern kann ich mir leicht vorstellen, dass in Kartellämtern und all diesen Gremien, die es da gibt: At- lantikbrücken und Vereine für gegenseitige Schweinereien ir- gendwelche unglaublichen Sachen abgesprochen werden, wo dann halt ein paar Hunderttausend über die Klinge müssen." Autor: So wie Dietmar Dath geht es wahrscheinlich immer mehr Men- schen. Der Stand der Dinge macht nicht gerade einen vertrauen- erweckenden Eindruck. Die Transparenz der Verhältnisse schwindet rapide. Und mehr und mehr sieht es so aus, als wären wir auf Verschwörungstheorien geradezu angewiesen. In dem Maße nämlich, wie die real existierende Realität sich ihren Selbstbeschreibungen dramatisch - und manchmal fast schon komisch - entzieht. So sind wir längst eingetreten in das Zeitalter des Verdachts. O-Ton: (Dath) "Das ist der Punkt, wo ich nichts gegen eine Koalition hät- te aus sehr aufgeklärten Menschen, die an allem zweifeln, und to- talen Verschwörungsspinnern. Was die gemeinsam herstellen können ist Druck: Die können einfach sagen: Wir wollen es wis- sen, und wir wollen es so wissen, dass es glaubwürdig ist, sprich: ihr dürft uns nicht bloß einfach versichern: Weitergehen Leute, es gibt nichts zu sehen, sondern, wenn es öffentliche Gelder gibt, die nicht nur Rüstung, sondern auch Forschung finanzieren, dann ist es auch im öffentlichen Interesse etwas darüber zu erfahren." Musik: [unterlegen] 2. Zit.: [anderer Raum] "Denn was soll ich Dinge erzählen, die kein Mensch, der es nicht mit eigenen Augen gesehen hat, glauben kann, dass nämlich einzelne Privatpersonen Berge haben abtra- gen und Meere anlegen lassen? (...) In einem so großen und ver- derbten Staate hatte es Catilina sehr leicht, Schandbuben und Bösewichter aller Art in ganzen Scharen wie eine Leibwache um sich zu versammeln." Autor: Es bliebe noch nachzutragen, dass Sallust - jener antike Ver- schwörungstheoretiker - keineswegs jener sittliche höherstehen- de Zeitzeuge war, als der er sich in seinen Schriften gibt. Er war nicht nur "Schandbube und Bösewicht", er war auch Partei in je- ner Verschwörung, über die er vermeintlich objektiv berichtet. Kurz nach diesen Vorfällen brach die Römische Republik zusam- men. 16